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Engagement, Commitment und Ehrenamt
Engagement, Commitment und Ehrenamt: Wie persönlicher Einsatz die Alumni-Community erst lebendig macht
Die Erfolgsgeschichte von HSG Alumni als beispielhaftes Netzwerk im Universitätsbereich ist eng verknüpft mit dem persönlichen Engagement unzähliger Alumnae und Alumni. Einige Beispiele zeigen stellvertretend für die vielen, die sich einsetzen, was ehrenamtliches Engagement alles möglich macht. Ein persönlicher Erfahrungsbericht von Daniel Knus, Geschäftsführer von HSG Alumni.
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Autor Daniel Knus
Wie aus einer E-Mail eine Konferenz entstehen kann – eines der für mich prägendsten Erlebnisse bei HSG Alumni nahm 2017 seinen Anfang. Florin Lanz, den ich damals noch nicht kannte, hatte sich per E-Mail bei mir gemeldet und in einem Nebensatz erwähnt, dass er sich in Boston gerne für HSG Alumni engagieren würde, falls es dafür eine Möglichkeit gäbe. Nachdem ich bei ihm ebenfalls in einem einzigen Satz die Idee platziert hatte, dass es nach langer Pause doch wieder einmal Zeit für eine HSG Alumni USAKonferenz wäre, nahm er diese spontan auf. Zwei Jahre später begrüssten wir fast 200 Alumni in New York, mit Florin als OK-Präsidenten: Das ist für mich bis heute eine unglaubliche Geschichte und ein Beweis dafür, wie aus etwas ganz Unscheinbarem unverhofft etwas Grosses entstehen kann. Geschichten wie diese entstehen in unserer Community sehr regelmässig.
Das «Give and Take» (von Wissen) über Generationen
Es ist schon beeindruckend: Jedes Jahr verpflichten sich mehr als 500 Mentor:innen, während zwei Jahren HSG-Studierende zu begleiten und von ihnen begleitet zu werden. Während meines Studiums hatte ich die Chance, selber Teil des Mentoring-Programms zu sein. Als Mentee wurde mir, vermutlich aufgrund meiner journalistischen Tätigkeiten neben dem Studium, die damalige stellvertretende Chefredaktorin des St.Galler Tagblatts zugeteilt. Ein riesiger Glücksfall, wie sich zeigen sollte – sie ist mir stets mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Dass ich meine Masterarbeit für das St.Galler Tagblatt verfassen durfte und auch journalistisch einzelne Zeitungsartikel und Kolumnen – wie etwa das «Salzkorn» – beisteuern konnte, war rückblickend eine einzigartige Chance. Ohne das Mentoringprogramm wäre dies nicht möglich gewesen. Noch heute tausche ich mit meiner damaligen Mentorin von Zeit zu Zeit aus – inzwischen ist sie pensioniert, und ich selbst habe die Rolle eines aktiven Mentors übernommen. Ich war direkt nach meinem Studium einer der damals jüngsten Mentoren, was natürlich per se überhaupt keine Leistung ist. Dazu entschieden habe ich mich, weil ich die positiven Erfahrungen aus meiner Mentoring-Beziehung rasch ebenfalls an Studierende weitergeben wollte. Meinen Master hatte ich erst kurz davor abgeschlossen, und entsprechend hoch war die Unsicherheit, meine erste Mentee während zwei Jahren zu begleiten. Eine Unsicherheit, die schnell verflog.
Bis jetzt hatte ich die tolle Gelegenheit, sechs Mentees begleitet zu haben. Aktuell starte ich jedes Jahr mit einer/m Studierenden eine neue Beziehung, was ich genial finde und mir ein gutes Gefühl gibt: Weitergeben zu dürfen, den Mentees bei einer wichtigen Weichenstellung die richtigen Fragen zu stellen, sie bei Erfolgen wertschätzen und bei Misserfolgen ermutigen, ihnen einfach zuzuhören und so ganz viel von ihnen zu lernen, motiviert mich extrem. Ich selbst lerne ebenfalls sehr viel von meinen Mentees, was sie beschäftigt, wie sie und ihre Generation ticken, welche Werte sie antreiben, was ihre grossen Fragen im Leben sind. Einen meiner Mentees hatte ich selbst «ausgewählt» – er hat mir die richtigen Fragen gestellt und mir Ohren und Augen geöffnet. Daraus sind einige Initiativen bei HSG Alumni auf dem Campus entstanden, wie etwa die «We are HSG Alumni»-Kampagne mit Bildern und Zitaten unserer Alumnae und Alumni im Coworking-Space der Studierenden.
Die Energie der Unternehmer:innen-Schmiede
Die HSG hat sich – auch wenn sich das Klischee hartnäckig hält – längst von einer Manager- zu einer eigentlichen Unternehmer:innenschmiede entwickelt. Und damit sind nicht primär die vielfältigen unternehmerischen Tätigkeiten der Studierenden gemeint, sondern insbesondere auch die zahlreichen Unternehmer:innen, die aus der HSG hervorgegangen sind und laufend hervorgehen. Aktuell erforschen wir mit einer Unternehmerstudie, wie viele es genau sind – die Resultate publizieren wir schon bald.
Diese Unternehmen erobern mit Schuhmarken den Globus, revolutionieren mit Wearables die Fruchtbarkeitsverfolgung, stellen den Automarkt auf den Kopf oder setzen alles daran, dass Europa zu einem ernst zu nehmenden Player im Markt der «Artificial Intelligence (AI)» wird. Ich bin tief beeindruckt, welche und wie viele Unternehmen in den letzten Jahren aus der HSG heraus entstanden sind: Bereits 154 Unternehmen tragen das HSG-Spin-Off-Label! Vor allem aber bin ich fasziniert, mit welcher Energie, mit welchem Engagement und auch mit welcher Weitsicht und mit welchen Werten diese Unternehmen agieren. Ich hatte schon die Chance, mit sehr vielen dieser Unternehmensgründer:innen zu sprechen; die Begeisterung, die sie in ihre Unternehmungen stecken, ist ansteckend. Mitunter solche Begegnungen machen meinen Job zu einem der spannendsten, den ich mir vorstellen kann.
Und so ist es kein Zufall, dass wir mit «HSG Alumni Entrepreneurs» einen eigenen Podcast lanciert haben, wo wir genau diese vielfältigen, bereichernden und inspirierenden Unternehmergeschichten erzählen. Hier geht es um Unternehmen, die es bereits geschafft haben und auf eine lange Geschichte zurückblicken, und um jene, die erst am Anfang stehen.
Wer heute die Linkedin-Profile der jungen Absolvent:innen und Studierenden begutachtet, trifft auf Gründer:innen und Serial Entrepreneurs, weniger auf CEOs oder Geschäftsführer:innen. Natürlich streben viele Studierende weiterhin eine traditionelle Karriere an. Das ist ihr gutes Recht. Manager:innen sind aber grossenteils den Gründer:innen gewichen, die nicht angestellt sein, sondern selbst erschaffen wollen. Es stimmt sehr positiv, wie viele Startups an der HSG entstehen, teilweise auch in Kooperation mit der ETH. Während meiner Studienzeit vor inzwischen bald 20 Jahren gab es vereinzelte «Jungunternehmer», die aber nach meiner Wahrnehmung eher die Ausnahme als die Regel waren. Heute ist das die neue Normalität. Und das ist gut so – das perfekte Fundament.
Am Rande: Wir erhalten heute bei HSG Alumni fast täglich Anfragen von studentischen Startups, die Hilfe benötigen und mit bestimmten Alumni vernetzt werden wollen. Wenn wir aus der Alumni-Organisation diese engagierten Studierenden mit Personen verknüpfen können, die ihnen auf ihrem Weg weiterhelfen, dann ist das oft ein kleiner, aber zentraler Beitrag für sie. Mir hat einmal jemand gesagt, dass die höchste Kunst des Netzwerkens ist, wenn man jemanden mit jemand anders verknüpft: Gerade bei Startups fällt mir auf, welche Wirkung es haben kann, die Gründer:innen ganz einfach mit einer Person zu verbinden, die die Geschäftsidee weiterbringen oder eine weitere Türe öffnen kann. Wenn ich sehe, dass ein Startup dank einem kleinen Impuls von uns oder einem unserer Mitglieder einen grossen Schritt weiterkommt, eine Finanzierung sichert, einen Preis gewinnt und am Markt erfolgreich ist, dann ist das ein wunderschönes Gefühl.
Unser Prinzip: offen, liberal, bottom-up
Zugegeben: Bei der enormen Vielfalt an verschiedenen Gruppierungen bei HSG Alumni fällt die Übersicht manchmal schwer. Fast 180 Communitys sind es mittlerweile, die unter dem Dach von HSG Alumni aktiv sind. Was sie alle eint: Sie werden geführt von ehrenamtlichen Alumnae und Alumni, die die HSG-Gemeinschaft weiter pflegen. Von lokalen Gruppen im Ausland über akademische Gruppen (z.B. aus Masterprogrammen) bis hin zu thematischen Vereinigungen wie dem Sustainability Club findet sich fast alles.
Diese Vielfalt ist überwältigend. Sie fusst auf einem liberalen Prinzip: Wer bei uns eine Community gründen will, eine bestimmte Zahl an Mitglieder dafür findet und Aktivitäten organisieren will, bekommt von uns die nötige Unterstützung. Aktuell sind wir beispielsweise in der Gründung eines Cycling Clubs – vielleicht radeln im Jahr 2022 mehrere Alumnae und Alumni gemeinsam durch die Schweiz. Dieses «Bottom-up»-Prinzip ist unternehmerisch, liberal, vernetzend und motivierend. Ein herzliches Dankeschön geht an dieser Stelle an die mehreren hundert Community-Vorstände weltweit, die dank ihrem riesigen Engagement den HSG-Spirit generationenübergreifend und auf der ganzen Welt weiterleben! Ihr alle seid ein wesentlicher Treiber dafür, dass unsere Community weltweit aktiv ist. Beispielhaft erinnere ich mich daran, wie vor einigen Jahren der damalige Vorstand des studentischen Uniorchesters zu mir kam und nach finanzieller Unterstützung für ihr kulturelles Engagement fragte. Aus der Diskussion heraus ist zunächst ein Alumni-Club des Uniorchesters und etwas später sogar ein eigenes AlumniOrchester entstanden, das HSG Alumni Symphony Orchestra, das heute professionelle Konzerte gibt.
Eine Konferenz will die Zukunft gestalten
Jährlich finden in unserer Community weltweit rund 350 Anlässe statt. Ein wesentlicher und wichtiger Teil davon sind Events in den Clubs. Aber auch Grossanlässe gehören dazu. Sehr überzeugt hat mich in diesem Jahr die HSG Alumni Deutschland Konferenz, die bereits zum sechsten Mal durchgeführt wurde. Aufgrund von Corona waren zwei Verschiebungen nötig. Ein rund 20-köpfiges OK hat sich von den widrigen Umständen nicht entmutigen lassen und eine geniale Konferenz organisiert, die möglicherweise einen Wendepunkt darstellt: Erstmals wurde im Vorfeld vertieft an Thesen gearbeitet, in Gemeinschaft von Alumni, Professoren und Studierenden. Gegipfelt hat dies in einem über 120-seitigen Weissbuch, das an der Konferenz in einer ersten Fassung vorgestellt wurde. Thesen wurden an der Konferenz bestätigt, abgelehnt, kritisiert, mit Applaus bedacht, gestrichen, ergänzt. Dass die Überlegungen nun dahin gehen, diese Initiative in einen Think Tank «Zukunft-Fabrik.2050» zu überführen, ist ein weiteres überzeugendes Beispiel dafür, was aus einer engagierten Community entstehen kann.
Einzigartiger Spirit seit Generationen
In einer Sache bin ich mir sehr sicher: Dass unsere HSG-Alumni-Community so aktiv ist, verdankt sie zu einem grossen Teil dem unvergleichlichen HSG-Spirit, der auf dem Campus seit Generationen erlebbar ist. Studierende, die sich in 130 Vereinen und vielen weiteren Aktivitäten engagieren, sind das Fundament, auf dem ein einzigartiger Zusammenhalt entsteht, der letztlich zu einem Vertrauen über die Generationen hinweg führt. Wenn mich andere Alumni-Organisationen jeweils fragen, weshalb wir bei HSG Alumni ein so gut funktionierendes Alumni-Netzwerk haben, antworte ich, dass dies nur dank diesem studentischen Engagement möglich ist. Es ist eine Kultur, die auf dem Campus gelebt wird und sich nachher auch durch ehrenamtliche und mannigfaltige Aktivitäten in der weltweiten Alumni-Community positiv niederschlägt.
Was die Studierenden in ihrer 100-jährigen Geschichte der Studentenschaft (SHSG) und ihrer Vereine schon Enormes hervorgebracht haben, das würde ein Buch füllen. Da sind zum einen die grossen Initiativen wie etwa das St.Gallen Symposium oder START, die eine internationale Strahlkraft haben und studentisches Engagement und Unternehmertum perfekt vereinen. Da sind aber auch all die kleineren Vereine, die den Campus wohl viel spürbarer beleben als andernorts. Wer als Verein heute eine Aktivität organisiert, muss Mitglieder anwerben, Sponsoren gewinnen, Teilnehmende gewinnen, Marketing, Webseiten, Finanzen organisieren, etc. – in jährlich ändernden Teams können die Studierenden Erfahrungen sammeln, die sie für die Arbeitswelt enorm interessant machen.
Wandel beginnt im Kleinen
Was mir heute sehr imponiert, sind die zahlreichen studentischen Vereine, die sich um die Themen kümmern, die die heutige Generation bewegen: Initiativen wie Oikos sind im Nachhaltigkeitskontext unterwegs, bringen Vorstösse ins Rektorat, sprechen Unangenehmes an. Der Zulauf in diesen Vereinen zeigt, wie fortschrittlich die heutige Generation denkt, wie sie sich einbringt und sich für ihre Werte einsetzt. Ihr Eintritt ins Arbeitsleben dürfte den Wandel in Zukunft beschleunigen. Der Umgang mit Nachhaltigkeit überrascht mich immer wieder: Kürzlich haben wir uns darüber Gedanken gemacht, was wir den Studierenden zur Graduation schenken könnten. Dabei hat eine studentische Mitarbeiterin angeregt, wir sollten doch statt ein neues Produkt abzugeben besser die Möglichkeit anbieten, bestehende Produkte z.B. mit einer Stickerei zu ergänzen. Diese Aussage zeigt, dass eine neue Generation ausgebildet wird, die anders denkt und handelt. Was mir auch immer wieder sehr positiv auffällt, ist die Professionalität des Vorstands der Studentenschaft. Es ist ein Privileg, jedes Jahr mit einem Team von SHSGVorständen zusammenzuarbeiten. Wir begegnen uns auf Augenhöhe.
Kultur des Zurückgebens tief verankert
Wie schnell etwas umgesetzt werden kann, wenn sich einige Alumnae und Alumni engagieren, zeigt sich eindrücklich am Beispiel des HSG Learning Centers, das nun SQUARE heisst. Ich erinnere mich noch gut, als ich meine Stelle bei HSG Alumni vor sechs Jahren angetreten habe. Damals stand erst die Absicht, ein Gebäude zu erstellen, das komplett privat finanziert werden sollte – und es sollte eine neue Art des Lernens und Lehrens an der HSG initiieren. Damals wurden erste Gespräche mit möglichen Donator:innen geführt, auch mit Alumnae und Alumni, die den Kontakt zu ihrer Alma Mater etwas verloren hatten. Ich staune heute noch darüber, wie rasch sich diese für ein Mammutprojekt begeistern liessen, obwohl noch vieles erst eine Idee war. Dass heute bereits die Lichter am SQUARE brennen und im Frühling 2022 das Leben einkehren wird, ist ein wunderschönes Gefühl. Es ist auch toll zu wissen, dass schon über 900 Alumnae und Alumni einen finanziellen Beitrag an den Bau und damit die neue Art des Lernens und Lehrens geleistet haben. Danke!
Diese Kultur des Zurückgebens ist an der HSG gut verankert. Alumnae und Alumni kehren regelmässig auf den Campus zurück, sei es als Mentor:innen, als Referent:innen, als Praxispartner:innen oder als Arbeitgeber:innen. Und sie unterstützen auch finanziell mit kleinen und grossen Summen, nicht nur bei grossen Vorhaben wie dem SQUARE. Das ist eine wichtige Tradition. Oft ist sie, da Teil der HSG-Kultur, schon fast zu selbstverständlich und man merkt erst mit etwas Abstand, was bereits alles existiert.
Allerdings: Die Universität der Zukunft wird noch mehr von Exzellenz leben, um im Wettbewerb bestehen zu können, der immer internationaler wird. Dazu werden weitere private Mittel benötigt, um die kantonale Finanzierung zu ergänzen. Es wird daher noch stärker die Aufgabe von uns allen werden, von dem, was uns die Ausbildung an der HSG ermöglicht hat, auch wieder etwas – Erfahrung, Engagement und Finanzen – zurückzugeben: einerseits aus Verbundenheit, anderseits mit Blick auf die Zukunft, und letztlich ganz einfach auch, um die Positionierung der HSG, ihren Ruf und damit den Wert des eigenen HSG-Diploms zu erhöhen.