Die zündende Idee

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Im Jahr 2020 präsentierte das Magazin wohnrevue als ‚die zündende Idee‘ Leuchtenentwürfe von Studierenden aus dem ersten Semester BA Objektdesign an der Hochschule Luzern – Design & Kunst. Das Starterkit war für alle dasselbe: eine Glühbirne samt Fassung, ein 3 m langes Kabel und 30 Franken Materialgeld.

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45 Gramm

WORT NURIA PEÓN

Skateboarden ist weit mehr als eine Sportart, es ist auch eine Leidenschaft. Dies bewies David Zuber mit seinem Leuchten­ entwurf.

«45 Gramm» ist die erste von zwölf Leuchten, die in einem Erstsemesterprojekt im Studiengang Objektdesign an der Hochschule Luzern – Design & Kunst entstand. Im Rahmen einer halbtägigen Präsentation wurden uns die Arbeiten gezeigt, von denen wir 2020 jeweils eine pro Ausgabe vorstellen. David Zubers Entwurf macht den Anfang: Er verbindet zwei Leidenschaften, Design und Skateboarden. Die Idee Dass Davids Herz für die Trendsportart schlägt, wird bereits zu Beginn seiner Präsentation klar. Diese startet nämlich mit einem emotionalen Kurzfilm über verschiedene Skater. Als er die Idee näher erklärt, ist seine Leidenschaft förmlich spürbar. «Jedes Skateboard erzählt eine eigene Geschichte und ist mit schönen Erinnerungen verbunden. Diese in neuen Objekten weiterleben zu lassen, kann einen speziellen und individuellen Charakter schaffen», fasst der Student zusammen. Irgendwann hat jedes Skateboard ausgedient – und genau das war der Grund für seine Materialwahl. Der Prozess Wenn er nicht gerade durch die

Gegend rast, findet man David in der Freizeit in seiner Werkstatt, der sogenannten Wärchi Nr. 8. Dort fertigt er gemeinsam mit einem Freund Objekte aus ausgedienten Skateboards. Dazu gehören beispielsweise Tische, Regale und Schalen. «Bei diesem Upcycling-Prozess entstehen wiederum Abfälle, in diesem Fall farbige Späne, die eigentlich viel zu schön zum Wegwerfen sind», erklärt David. Deshalb nutzte er das Leuchtenprojekt mit der Wohnrevue, um mit dem Restmaterial zu experimentieren. Bevor er richtig loslegen konnte, war viel Vorarbeit angesagt: «Ich musste das Material in der Werkstatt sammeln, nach Farbe sortieren und beschriften.» Mit den Holzspänen kreierte er anschliessend ansprechende Farbkombinationen, die mit verdünntem Holzleim gemischt wurden. Die entstandene Masse – in der sich immer «45 Gramm» Skateboard befinden – wurde in einem letzten Schritt in einer selbst gemachten Pressform mit fünf bis sieben Tonnen Druck über Nacht ruhen gelassen. Das Endprodukt – jede Leuchte ist ein Unikat – überzeugt nicht nur wegen der verspielten Optik, sondern auch wegen des spannenden und ökologischen Konzepts dahinter.

Schule Die Studienrichtung Objektdesign an der Hochschule Luzern – Design & Kunst fokussiert sich zu Beginn auf das Denken mit den Händen. Im ersten Semester werden die Grundlagen von Metall, Holz, Keramik, Kunststoff und Modellbau vermittelt. Gelernt wird, Materialien adäquat einzusetzen, deren Eigenschaften zu nutzen und über Materialkreisläufe nachzudenken. hslu.ch/objektdesign

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Student David Zuber, 27

Konzept Jeden Monat präsentieren wir Die zündende Idee, also eine Leuchte von HSLU-Designstudenten aus dem ersten Semester. Das Starterkit ist für alle dasselbe: eine Glühbirne samt Fassung, ein 3  m langes Kabel und 30 Franken Materialgeld. Zusätzlich verwendete Recyclingmaterialien und bestehende Werkzeuge, Farben etc. sind erlaubt. Kostenaufstellung Konstruktionsholz 0.— 7.20 Modellgips (5 k g) Aluminiumklebeband 3.— (3 m) 0.55 Holzleim (30 g ) Hahnenwasser 0.40 Skateboard-Späne 0.00 Total CHF

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Irisée

P O R T R ÄT RAISA DURANDI

Je nach Betrachtungswinkel und Lichteinfall schimmert «Irisée» grünlich oder rosafarben. Trotz der lebendigen Optik schaffte es die Studentin mit ihrer Materialwahl, dass der Entwurf nicht unruhig wirkt. Die Idee «Wenn Licht durch ein Prisma scheint, wird es gebrochen und in die Spektralfarben unterteilt. Das Gleiche geschieht bei einem Regenbogen», beginnt Amandine zu erzählen. Fasziniert von diesem Wechselspiel zwischen Licht und Farbe, machte sie sich auf die Suche nach einem Material, das eine ähnliche Wirkung erzielt. Prompt stiess sie auf Regenbogenfolie und begann damit zu experimentieren. «Die irisierende Folie allein reichte jedoch nicht, um das Phänomen nachzuahmen», führt die Studentin aus. Deshalb kombinierte sie die Folie mit Kalkpapier, welches die Leuchte einerseits hochwertiger erscheinen lässt und andererseits für weicheres Licht sorgt. Um den Schirm zu stabilisieren, beschloss Amandine, eine Form aus Messingblech zu biegen. Für die Wahl des Metalls sei vor allem die Farbe ausschlaggebend gewesen, da diese

mit der irisierenden Hülle harmoniert. «Damit das Farbenspiel gut zur Geltung kommt, fertigte ich den Schirm in einer organischen Form», begründet die 24-Jährige. Der Prozess Sobald für Amandine das Konzept feststand, stellte sie eine Negativform aus Holz her. Diese half ihr bei den Berechnungen der Materialmenge und der Position der Aufhängung. Für Letztere definierte sie die Ankerpunkte bereits im Voraus, denn die Befestigungen mussten am Messingband festgemacht werden, bevor dieses definitiv in Form gebracht wurde. Danach legte Amandine selbst Hand an und klemmte als Erstes die Regenbogenfolie und das Kalkpapier mit der Blechbiegemaschine ins Messingband ein. Anschliessend formte sie mit einer Rundbiegemaschine einen Zylinder daraus, um die weitere Formgebung zu erleichtern. «Es war sehr anstrengend, die organische Form hinzukriegen. Mithilfe von zwei Personen musste ich das Messingband mit einem Rundholz in die Negativform drücken», erklärt die Studentin. Schaut man sich das Endprodukt an, hat sich der Aufwand durchaus gelohnt.

Studentin Amandine Voillat, 24 Schule Die Studienrichtung Objektdesign an der Hochschule Luzern – Design & Kunst fokussiert sich zu Beginn auf das Denken mit den Händen. Im ersten Semester werden die Grundlagen von Metall, Holz, Keramik, Kunststoff und Modellbau vermittelt. Gelernt wird, Materialien adäquat einzusetzen, deren Eigenschaften zu nutzen und über Materialkreisläufe nachzudenken. hslu.ch/objektdesign

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WORT NURIA PEÓN

Der changierende Lampenschirm von Amandine Voillat spielt mit Transparenz, Licht und Farbe.

Konzept Jeden Monat präsentieren wir Die zündende Idee, also eine Leuchte von HSLU-Designstudenten aus dem ersten Semester. Das Starterkit ist für alle dasselbe: eine Glühbirne samt Fassung, ein 3  m langes Kabel und 30 Franken Materialgeld. Zusätzlich verwendete Recyclingmaterialien und bestehende Werkzeuge, Farben etc. sind erlaubt. Kostenaufstellung 3.15 Messingblech Kalkpapier 0.45 Irisierende Folie 0.40 Total CHF

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Smog

WORT NURIA PEÓN P O R T R ÄT RAISA DURANDI

Eine Velofahrt mit Blick auf die Dächer von Zürich und ein Werkstattmodul während des Studiums ­waren die Inspirations­ quellen für die erste ­Leuchte von Léon Bolz.

Die dunkle Farbe, die rechteckigen Komponenten, das wechselhafte Schattenbild: «Smog» ist eine ­H ommage ans Stadtleben – industriell und verspielt zugleich. Die Idee «Als ich an einem Abend mit dem Rennvelo unterwegs war und aus der Ferne das belebte Zürcher Stadtbild im Zusammenspiel mit dem Licht sah, hat es bei mir gefunkt», beginnt Léon zu erzählen. Es seien vor allem die unterschiedlich beleuchteten Wohnblöcke und Strassen gewesen, die es ihm angetan hätten. Kurz danach folgte im Studium die Einführung in die Metallwerkstatt, in der er lernte, mit dem Material und dem dazugehörigen Werkzeug umzugehen. «Die Thematik des Moduls gab mir weitere Anstösse für meinen Entwurf», sagt der Student und ergänzt: «Aufgrund dessen beschloss ich, die Leuchte aus Metall zu fertigen. Ausserdem entstand die Idee einer Wandleuchte, die individuell mitgestaltet werden kann.» Léon entschied sich für eine kubische Formensprache, welche die Architektur der städtischen Wohnhäuser widerspiegelt.

Der Prozess In der Metallwerkstatt baute Léon seinen ersten Prototyp zusammen, den er im Porträtbild links oben in der Hand hält. «‹Smog› besteht aus vier Stahlstreifen. Für mich ist es wichtig, dass die Leuchte ohne komplizierte Abläufe produziert werden kann», erläutert der Student. Die polierten Metallbänder wurden gestanzt, gebohrt, zurechtgebogen und letztendlich zusammengeschweisst und schwarz lackiert. Léon ordnete die Elemente so an, dass eines quer innerhalb der anderen drei platziert ist und diese mittels Schrauben und Muttern festhält. «Die Position der drei Teile kann in der Horizontale frei gewählt werden. Man muss dafür bloss die Schrauben lockern oder festziehen», erklärt der 26-Jährige. Ausserdem kann die ganze Leuchte beliebig gedreht werden. «Der Besitzer hat so die Möglichkeit, die Lichtstreuung sowie das gesamte Aussehen des Produkts jederzeit anzupassen», fasst Léon sein Konzept abschliessend zusammen. Dank des industriellen Looks passt «Smog» nicht nur in Wohn-, sondern zum Beispiel auch in Gewerberäume.

Schule Die Studienrichtung Objektdesign an der Hochschule Luzern – Design & Kunst fokussiert sich zu Beginn auf das Denken mit den Händen. Im ersten Semester werden die Grundlagen von Metall, Holz, Keramik, Kunststoff und Modellbau vermittelt. Gelernt wird, Materialien adäquat einzusetzen, deren Eigenschaften zu nutzen und über Materialkreisläufe nachzudenken. hslu.ch/objektdesign

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Student Léon Bolz, 26

Konzept Jeden Monat präsentieren wir Die zündende Idee, also eine Leuchte von HSLU-Designstudenten aus dem ersten Semester. Das Starterkit ist für alle dasselbe: eine Glühbirne samt Fassung, ein 3  m langes Kabel und 30 Franken Materialgeld. Zusätzlich verwendete Recyclingmaterialien und bestehende Werkzeuge, Farben etc. sind erlaubt. Kostenaufstellung 7.50 Glühbirne Schrauben und 3.50 Muttern 7.— Stahlblech Lack 10.50 Total CHF

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Ruth goes wild

P O R T R ÄT RAISA DURANDI

«Ruth goes wild» hält einige Überraschungen bereit: Die Leuchte mit verspielter Optik kommt ausgeschaltet als Kunstobjekt daher – eingeschaltet schimmert durch ihre einzelnen Kugeln ein geheimnisvolles Muster. Die Idee «Zu Beginn notierte ich mir ein paar Stichwörter, etwa Explosion, Hingucker, Überraschung», erzählt Moana, die ihre Chance, einmal ganz frei arbeiten zu können, unbedingt nutzen wollte. «Kugeln erschienen mir stimmiger als Quadrate, da diese zu meinen Stichwörtern passten», begründet die 25-jährige Studentin ihre Wahl der runden Formen. Als sie dann in einem Geschäft für Künstlerbedarf nach passenden Materialien für ihre Leuchte stöberte, standen da diese Damen älteren Semesters vor ihr, die ebenfalls auf Materialsuche waren – «eine heisst bestimmt Ruth», schoss es Moana durch den Kopf. Doch dazu später mehr. Der Prozess Als Erstes klebte die Studentin die verschieden grossen Kugeln aus Styropor aneinander. In die entstandenen Zwischenräume steckte sie zerknülltes Zeitungspapier. Die runden Körper verband Moana präzise mit Spachtelmasse und überzog sie dann mit Jesmonite, einem Verbundwerkstoff auf Wasserbasis. In einem nächsten Schritt

schnitt sie die unterste Kugel auf und höhlte diese so aus, dass sie das Zeitungspapier herausziehen konnte. «So entstand viel Hohlraum», sagt die 25-Jährige. Die Glühbirne montierte sie in der viertobersten Kugel – «damit das Licht schön nach unten strahlt». Abschliessend bestreute sie die Kugeln mit Sand, den sie mithilfe eines Sprühklebers fixierte, und besprayte diese pinkfarben. Als Moana nach einem Namen für ihre Leuchte suchte, blitzten in ihr Erinnerungen an das Geschäft für Künstlermaterial auf – und da war er wieder, der Name «Ruth». Dieser allein war ihr aber zu banal, strahlt die Leuchte doch etwas Verspieltes, gar Freches aus. Ein Zusatz, der den Schaffensprozess in wenigen Worten beschreibt, musste her. Die Studentin schildert diesen so: «Ich habe wild experimentiert und dabei die Grenze zwischen Kunst und Design überschritten.» Moana möchte auf ihrem Grundentwurf aufbauen. Sie kann sich vorstellen, ihre Leuchte mit anderen Materialien und in verschiedenen Farben sowie Grössen zu fertigen. Die Produktnamen sollen sich dabei jeweils auf den Namen einer real existierenden Person beziehen. Wie sich der Prozess des schöpferischen Arbeitens abgespielt hat, kann, muss aber nicht, im Namen erkennbar sein. «Eine Anspielung aufs Design eignet sich ebenfalls als Zusatz», sagt Moana mit einem Augenzwinkern.

Studentin Moana Sofia Sidoti, 25 Schule Die Studienrichtung Objektdesign an der Hochschule Luzern – Design & Kunst fokussiert sich zu Beginn auf das Denken mit den Händen. Im ersten Semester werden die Grundlagen von Metall, Holz, Keramik, Kunststoff und Modellbau vermittelt. Gelernt wird, Materialien adäquat einzusetzen, deren Eigenschaften zu nutzen und über Materialkreisläufe nachzudenken. hslu.ch/objektdesign

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WORT LUISA AEBERHARD

Moana Sofia Sidotis ­verspielte Leuchte hebt die Grenze zwischen Design und Kunst auf.

Konzept Jeden Monat präsentieren wir Die zündende Idee, also eine Leuchte von HSLU-Designstudenten aus dem ersten Semester. Das Starterkit ist für alle dasselbe: eine Glühbirne samt Fassung, ein 3  m langes Kabel und 30 Franken Materialgeld. Zusätzlich verwendete Recyclingmaterialien und bestehende Werkzeuge, Farben etc. sind erlaubt. Kostenaufstellung Styroporkugeln 12.30 Styroporkleber 0.— Jesmonite (Verbundwerkstoff auf Wasserbasis) 16.30 Zeitungspapier 0.— Spachtelmasse 0.— Sand 0.35 Farbe 0.— Total CHF

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Pythagoras

BILD MONIKA HOFFMANN

Das warme Licht von «Pythagoras» schimmert durch das Lochmuster. Es scheint, als würden etliche Sterne funkeln – eine Leuchte wie aus «1001 Nacht». Die Idee «Ägypten ist meine zweite Heimat», beginnt Zeinab zu erzählen. Für ihren Leuchtenentwurf liess sich die 33-jährige Studentin denn auch von diesem Land, in dem sie geboren wurde, inspirieren; orientalische Leuchten und Laternen seien mit ihrem Lochmuster und den typischen Formen unverwechselbar – «das fasziniert mich». In Anbetracht des Klimawandels sei es ihr als angehender Designerin ein Anliegen, so wenig Rohstoffe wie möglich zu verwenden und Abfallprodukte wiederzuverwerten. «Pythagoras» besteht denn auch vollkommen aus Abfall, nämlich aus sechs leeren Bierdosen: «Aluminium ist hochwertig, langlebig und gut formbar», erklärt Zeinab. Ihr Ziel war es, diesen Abfall aufzumöbeln: «Ich wollte ihm seine Wertigkeit zurückgeben.» Der Prozess Die Entwicklung sei sehr aufwendig gewesen, sagt die 33-Jährige.

Sowohl exaktes Arbeiten als auch «viel Rechnerei» waren erforderlich. Als Hilfsmittel dienten Zeinab drei verschiedene Schablonen, die sie selbst anfertigte. Die Neigung des Deckels und des Bodens der Leuchte berechnete die Studentin, indem sie die mathematische Formel a2+b2=c2 anwendete – übrigens zum ersten Mal seit ihrer Gymizeit. Daher trägt die Leuchte auch den Namen «Pythagoras». Mit den Schablonen konnte sie die zuvor aufgeschnittenen sowie aufgefalteten Dosen zuschneiden – so entstanden neun Aluminiumteile, in welche sie Löcher stanzte. Um die einzelnen Teile aneinander zu befestigen, benötigte sie weder Leim noch Nieten oder Schrauben; einzig die Falztechnik wendete sie an. Dieses Verfahren kostete sie jedoch einige Versuche: Denn ist das Aluminiumblech erst einmal gefaltet, kann es nur sehr schwer wieder geöffnet werden, auch die Falten bleiben sichtbar. «Das Konzept mag zwar simpel scheinen, die Umsetzung war aber weitaus komplexer als gedacht», sagt Zeinab – ihr Eifer und ihre Geduld haben sich gelohnt! Z E I N A B S A R T. C H

Studentin Zeinab Serage, 33 Schule Die Studienrichtung Objektdesign an der Hochschule Luzern – Design & Kunst fokussiert sich zu Beginn auf das Denken mit den Händen. Im ersten Semester werden die Grundlagen von Metall, Holz, Keramik, Kunststoff und Modellbau vermittelt. Gelernt wird, Materialien adäquat einzusetzen, deren Eigenschaften zu nutzen und über Materialkreisläufe nachzudenken. hslu.ch/objektdesign

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WORT LUISA AEBERHARD

Die Leuchte von Zeinab Serage besteht zu 100 Prozent aus Abfall – für einmal sind kühle Blonde nicht Durstlöscher, sondern Lichtspender.

Konzept Jeden Monat präsentieren wir Die zündende Idee, also eine Leuchte von HSLU-Designstudenten aus dem ersten Semester. Das Starterkit ist für alle dasselbe: eine Glühbirne samt Fassung, ein 3 m langes Kabel und 30 Franken Materialgeld. Zusätzlich verwendete Recyclingmaterialien und bestehende Werkzeuge, Farben etc. sind erlaubt. Kostenaufstellung Sechs leere Bierdosen 0.— Total CHF

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Nido

P O R T R ÄT PHILIP MA AG

Normalerweise steht das Material, das Daniela für «Nido» wählte, nicht im Vordergrund. Die 23-Jährige wollte dies ändern und erkundete neue Verarbeitungsmöglichkeiten, die zu einem stilvollen Ergebnis führten. Die Idee Für die Studentin stand von Anfang an fest, dass sie mit einem speziellen Material arbeiten wollte. «Es sollte hitzebeständig und formbar sein, aber trotzdem eine gewisse Festigkeit haben. Und natürlich sollte es auch ansprechend aussehen», erzählt Daniela. Ihre Wahl fiel schliesslich auf Aramidwabe. Das Material besteht aus beschichtetem Papier und ist leichtgewichtig sowie feuchtigkeits- und hitzeresistent. Eingesetzt wird es meist als Faserverbundwerkstoff, zum Beispiel bei Sicherheitswesten. «Es ist in seiner Funktion eigentlich immer unscheinbar. Ich habe diese Wabenstruktur noch nie zuvor an einem Objekt gesehen», führt die 23-Jährige aus. Die Aramidwabe erfüllte alle Eigenschaften, die sich Daniela wünschte. Der Prozess Da sie zuvor noch nie mit diesem Material gearbeitet hatte, beschloss die Studentin erst mal, damit zu experimentieren: «Ich musste herausfinden, wie die Wabe in einer

bestimmten Position ausgehärtet und stabilisiert werden kann.» Sie fand nach mehreren Testversuchen schliesslich heraus, dass dies am besten mit Epoxidharz – einem aushärtbaren Kunstharz – funktionierte. Danach musste sie sich für eine Form entscheiden. Hierfür fertigte die Studentin diverse Skizzen und Papiermodelle. Sie beschloss, die Waben leicht überlappend anzuordnen: «Das Objekt gibt so ein Gefühl der Leichtigkeit wieder – und das Licht scheint unterschiedlich durch die verschiedenen Schichten.» Die rechteckigen Aramidwaben-Teile befestigte die Studentin an einem Ring aus Sikablock – einem beliebten Modellbauwerkstoff. Diesen wiederum platzierte sie direkt auf die Glühbirnenfassung. «Nachdem ich alles geformt und das Epoxidharz zugefügt hatte, musste ich den Leuchtenschirm zehn Stunden lang trocknen lassen», erzählt Daniela und fügt an: «Die Angst, dass etwas schiefgelaufen sein könnte, war gross. Während der Trocknungszeit hätte die Form komplett zusammenfallen können.» Doch dies passierte glücklicherweise nicht, wie das Endprodukt «Nido» zeigt. Die äusserst ästhetische, karamellfarbene Leuchte macht übrigens nicht nur eingeschaltet eine gute Figur – auch ausgeschaltet ist sie ein Blickfang im Raum.

Studentin Daniela Gerner, 23 Schule Die Studienrichtung Objektdesign an der Hochschule Luzern – Design & Kunst fokussiert sich zu Beginn auf das Denken mit den Händen. Im ersten Semester werden die Grundlagen von Metall, Holz, Keramik, Kunststoff und Modellbau vermittelt. Gelernt wird, Materialien adäquat einzusetzen, deren Eigenschaften zu nutzen und über Materialkreisläufe nachzudenken. hslu.ch/objektdesign

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WORT NURIA PEÓN

Daniela Gerner experimentierte für ihre formschöne Leuchte mit einem ästhetischen und aussergewöhnlichen Material: Aramidwabe.

Konzept Jeden Monat präsentieren wir Die zündende Idee, also eine Leuchte von HSLU-Designstudenten aus dem ersten Semester. Das Starterkit ist für alle dasselbe: eine Glühbirne samt Fassung, ein 3  m langes Kabel und 30 Franken Materialgeld. Zusätzlich verwendete Recyclingmaterialien und bestehende Werkzeuge, Farben etc. sind erlaubt. Kostenaufstellung 11.— Aramidwabe Sikablock 3.— Epoxidharz 2.— Farbspray 2.— Faden 1.— Sekundenkleber 5.— Total CHF

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Deskubo

P O R T R ÄT RAISA DURANDI

Mit zwei Rundstahlprofilen und einer Acrylglasplatte fertigte Pascal eine Leuchte, die aktuelle Trends wie Flexibilität und Minimalismus aufgreift. Das Zusammenspiel des zeitgemässen Konzepts mit der schlichten und eleganten Optik überzeugt. Die Idee Dem Studenten fiel die Ideenfindung zu Beginn schwer, deshalb suchte er im Internet nach Inspiration – und wurde prompt fündig. «Auf die zündende Idee kam ich dank Rohrfittings. Die gebogenen Rohrverbindungsstücke inspirierten mich dazu, ein würfelförmiges Gebilde zu entwerfen», erzählt Pascal. Er begann gleich, Skizzen sowie Modelle aus Holz und Draht zu fertigen, um eine geeignete Grösse und Fertigungsart zu finden. Als er beides bestimmt hatte, startete er mit der Produktion von «Deskubo». Der Prozess Pascal entschied sich dafür, das Grundgerüst der Leuchte aus einem einzigen gebogenen Stück Rundstahlprofil zu fertigen. Aus einem zweiten, kürzeren Metallrohr machte er eine Glühbirnenfassung, die er an das bestehende Gerüst schweisste – auf Abstand zum Diffusor. Dies, um den Diffusor einerseits vor Hitze zu schützen, andererseits aber auch,

damit das Licht besser verteilt wird. Der Student wollte die Leuchte aus möglichst wenigen Komponenten fertigen, damit keine Schweissnähte oder andere Elemente von der minimalistischen Formensprache ablenken. Als Diffusor verwendete er eine Acrylglasplatte, die er sandstrahlte, zurechtbog und an zwei Stellen mit dem vierschichtig lackierten Stahlgerüst verband. «Der Acrylglasdiffusor streut ein angenehm weiches Licht auf den Tisch. Dieses ist nicht aufdringlich und bietet trotzdem genug Helligkeit, um bei der Arbeit dienlich zu sein», erklärt Pascal die Materialwahl. Die Leuchte kann dank ihrer Form beliebig gedreht werden und ist trotz ihres minimalistischen Erscheinungsbildes vielseitig einsetzbar. Gedacht ist der Entwurf als Tischleuchte – wie auch der Name verrät: «Cubus ist das lateinische Wort für Würfel, Desk das englische für Schreibtisch. Aus einem Mix beider Begriffe entstand der Produktname Deskubo.» Pascal bewies mit seinem Entwurf, dass eine schlichte Leuchte mit einer einfachen, geometrischen Struktur auch flexibel sein kann – was dem aktuellen Zeitgeist entspricht. Überzeugt hat der Student übrigens auch mit seinem Handwerk: Die äusserst saubere Verarbeitung von «Deskubo» ist lobenswert.

Student Pascal Stutz, 25 Schule Die Studienrichtung Objektdesign an der Hochschule Luzern – Design & Kunst fokussiert sich zu Beginn auf das Denken mit den Händen. Im ersten Semester werden die Grundlagen von Metall, Holz, Keramik, Kunststoff und Modellbau vermittelt. Gelernt wird, Materialien adäquat einzusetzen, deren Eigenschaften zu nutzen und über Materialkreisläufe nachzudenken. hslu.ch/objektdesign

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WORT NURIA PEÓN

Minimalistisch, ästhetisch und äusserst funktional: So smart ist der Leuchtenentwurf von Pascal Stutz.

Konzept Jeden Monat präsentieren wir Die zündende Idee, also eine Leuchte von HSLU-Designstudenten aus dem ersten Semester. Das Starterkit ist für alle dasselbe: eine Glühbirne samt Fassung, ein 3  m langes Kabel und 30 Franken Materialgeld. Zusätzlich verwendete Recyclingmaterialien und bestehende Werkzeuge, Farben etc. sind erlaubt. Kostenaufstellung 6.50 Rundstahlprofil Acrylglas 5.50 Gewindehülse 0.30 Lackierung 7.— Total CHF

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Styro

P O R T R ÄT RAISA DURANDI

Styropor – ein weitverbreiteter Kunststoff, dem meist wenig Beachtung geschenkt wird – spielt beim Entwurf von Leah die Hauptrolle. Ihre Leuchte besticht mit einer einzigartigen, organischen Formensprache und einem verspielten Schattenwurf. Die Idee «Styropor gefällt mir überhaupt nicht. Es ist weder schön noch hochwertig», sagt Leah gleich zu Beginn ihrer Projektpräsentation an der Hochschule Luzern. Und dennoch entschied sie, damit zu experimentieren. Die Idee kam ihr während des Kunstoff-Moduls, als sie mit einem heissen Draht Styropor schnitt und beobachtete, wie es schrumpfte. Dabei dachte sie sich, dass es mit Wärme auch möglich sein müsste, den Kunststoff zu expandieren und zu verformen – also testete sie es gleich selbst. «Ich dehnte das Styropor über dem Kochherd aus und zog es über eine Form», erzählt die Studentin. Sie probierte auch andere Methoden aus wie das Erwärmen mit einem Föhn oder einer Tiefziehmaschine. Letztere wird meistens bei der Herstellung von Kunststoffverpackungen eingesetzt, wobei eine Folie erwärmt und in eine Form gezogen wird. Aus dem flachen Material entstehen zum Beispiel Schalen.

Leah stellte jedoch schnell fest, dass sie die schönsten Resultate erzielte, indem sie das Material von Hand über dem Herd erhitzte. Der Prozess «Das Styropor machte nie das, was ich wollte», sagt die Studentin über den Arbeitsvorgang. Dieser sei besonders schwierig gewesen, weil der Kunststoff beim Erwärmen zwar formbar werde, sich aber auch sehr schnell zusammenziehe. «Ich musste das Material umso schneller auseinanderziehen und formen. Ausserdem härtet es innert kürzester Zeit aus und wird brüchig», fügt Leah an. Sie wollte das neu geformte Styropor, das sie nach wie vor nicht schön fand, noch unkenntlicher machen und dem Material zudem eine neue Identität geben. Also griff sie zur Farbe: «Ich gestaltete das Styropor lebendiger und ästhetischer. Die Innenseite sprayte ich bronzefarben, damit das Licht reflektiert. Für die Aussenseite wählte ich Schwarz.» Als Leah die Leuchte zum ersten Mal einschaltete, wurde sie positiv überrascht, denn der Schattenwurf war völlig anders, als sie sich vorgestellt hatte. «Styro» überraschte auch uns – und wir hoffen, dass die 20-Jährige weiterhin mit «unattraktiven» Materialien tolle Produkte fertigt.

Studentin Leah Martz, 20 Schule Die Studienrichtung Objektdesign an der Hochschule Luzern – Design & Kunst fokussiert sich zu Beginn auf das Denken mit den Händen. Im ersten Semester werden die Grundlagen von Metall, Holz, Keramik, Kunststoff und Modellbau vermittelt. Gelernt wird, Materialien adäquat einzusetzen, deren Eigenschaften zu nutzen und über Materialkreisläufe nachzudenken. hslu.ch/objektdesign

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Leah Martz experimentierte mit einem Material, das ihr nicht gefällt: Styropor. Entstanden ist dabei eine prachtvolle Leuchte, die überrascht.

Konzept Jeden Monat präsentieren wir Die zündende Idee, also eine Leuchte von HSLU-Designstudenten aus dem ersten Semester. Das Starterkit ist für alle dasselbe: eine Glühbirne samt Fassung, ein 3 m langes Kabel und 30 Franken Materialgeld. Zusätzlich verwendete Recyclingmaterialien und bestehende Werkzeuge, Farben etc. sind erlaubt. Kostenaufstellung Farbspray Schwarz 19.90 Farbspray Bronze 9.95 Total CHF

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77 Scharniere

WORT LUISA AEBERHARD BILD RAISA DURANDI

Zita Fahrländers Leuchtenentwurf besteht grösstenteils aus Stahlund Papierscharnieren. Der Saft eines roten Knollengemüses spielt ebenfalls eine Rolle.

«77 Scharniere» wirkt mit den kleinen Rechtecken in erdigen Farbtönen wie ein zusammengesetztes Bild. Die Idee «Mich faszinieren Verbindungen», sagt Zita Fahrländer. Die 21-jährige Studentin experimentierte bereits im ersten Semester mit Scharnieren in diversen Materialien. Zusammen mit einem Mitstudenten entwarf sie einen Nachttisch, dessen Platte lediglich aus aneinandergereihten Scharnieren besteht. Verbindungsstücke spielen auch bei Zitas Leuchtenentwurf die Hauptrolle. Der Prozess Die Studentin verwendete zwei Formen, um die Scharniere so zuzuschneiden, dass sie später passgenau – wie Puzzleteile – miteinander verbunden werden konnten. Die einen fertigte sie aus Stahl und die anderen aus Shoji-Papier. Letzteres ist ein zähes, weisses, lichtdurchlässiges Papier, das aus Holzfasern hergestellt wird. Damit die einzelnen Verbindungsstücke aus den unterschiedlichen Materialien farblich harmonierten, färbte Zita diese. Beim Stahl gelang ihr dies durch die Oxidation der Oberfläche und beim

Shoji-Papier durch das Erhitzen im Backofen. Einige der papierenen Teile bestrich die 21-Jährige noch mit Randensaft – «so erhielten sie einen dunkleren Farbton», sagt sie. Die Farbpalette der Scharniere reicht von Ocker über Rostbraun bis zu Grau. Die Papier- und Stahlscharniere bilden quasi die Hülle und sechs parallel liegende Metallstäbe das Gerippe der Leuchte. Mithilfe einer Schwenkbiegemaschine bog Zita die Laschen der Stahlscharniere um die Stäbe, und mit ein paar Hammerschlägen sorgte sie dafür, dass sich die Teile, die sie in unterschiedlichen Abständen anordnete, nicht verschoben. Die Halterung für die Glühbirne befestigte sie mit Popnieten an der Rückseite der Leuchte. Um die Laschen der Papierscharniere mit den Stäben zu verleimen, verwendete sie Sekundenkleber. «Die Papierteile fungieren als Diffusor. Um sie noch lichtdurchlässiger zu machen, bestrich ich sie mit Rapsöl», erklärt die 21-Jährige. An der Wand brachte sie ein Magnet an – je nach Lust und Laune lässt sich die Leuchte «77 Scharniere» beliebig verstellen. Ob horizontal, vertikal oder diagonal: Zitas Leuchtentwurf macht in jeder Position eine gute Figur.

Schule Die Studienrichtung Objektdesign an der Hochschule Luzern – Design & Kunst fokussiert sich zu Beginn auf das Denken mit den Händen. Im ersten Semester werden die Grundlagen von Metall, Holz, Keramik, Kunststoff und Modellbau vermittelt. Gelernt wird, Materialien adäquat einzusetzen, deren Eigenschaften zu nutzen und über Materialkreisläufe nachzudenken. hslu.ch/objektdesign

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Studentin Zita Fahrländer, 21

Konzept Jeden Monat präsentieren wir Die zündende Idee, also eine Leuchte von HSLU-Designstudenten aus dem ersten Semester. Das Starterkit ist für alle dasselbe: eine Glühbirne samt Fassung, ein 3  m langes Kabel und 30 Franken Materialgeld. Zusätzlich verwendete Recyclingmaterialien und bestehende Werkzeuge, Farben etc. sind erlaubt. Kostenaufstellung Stahlblech 6.30 Randensaft 1.45 Shoji-Papier 2.— Metallstäbe (3 m m) 8.05 Magnet 2.15 Rapsöl 0.— Popnieten 0.— Sekundenkleber 0.— Total CHF

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Once in a Blue Moon

P O R T R ÄT RAISA DURANDI

«Probieren geht über Studieren» war das Credo von Jamie, als sie sich des Entwurfes ihrer Wandleuchte annahm. Sie führte zahlreiche Versuche durch, um «Once in a Blue Moon» zu fertigen. Die Idee An der Projektpräsentation in den Räumlichkeiten der Hochschule Luzern hat Jamie nicht nur ihre Leuchte, sondern ihren gesamten Entwurfsprozess vorgestellt. An der Wand hingen Collagen, Skizzen sowie diverse Metallbleche, mit denen sie zuvor experimentiert hatte. «Ich habe mir Moodboards zusammengestellt und dazu eigene Ideen skizziert», sagt die 21-Jährige zu ihren ersten Schritten und fügt an: «Eine weitere Inspiration waren die Löcher im Emmentalerkäse.» Als sie einige passende Motive gefunden hatte, experimentierte sie mit verschiedenen Metallarten. Jamie war von Anfang an klar, dass sie mit Metall arbeiten würde. Der springende Punkt für diese Entscheidung sei das Brennen von freigeformten Löchern mit der Schweissanlage während des Metallmoduls gewesen. Der Prozess Die Studentin schweisste Löcher in Chrom-, Aluminium- und Stahl-

platten, um zu beobachten, wie sich diese verhielten. «Wie erwartet, erwies sich Stahlblech als die beste Materialvariante für die Leuchte», so Jamie. Um ein spannendes Licht- und Schattenspiel zu erzeugen, brannte sie verschieden grosse Löcher in diverse Platten und hielt diese in unterschiedlicher Reihenfolge über eine Lichtquelle. Als sie ein ansprechendes Muster mit drei übereinanderliegenden Platten kreiert hatte, machte sich die angehende Objektdesignerin Gedanken zur Form der Leuchte. Nach mehreren Prototypen entschied sie sich für Halbkugeln – die sie selbst von Hand mit dem Hammer in die gewünschte Form schlug. «Die runde Form mit den Löchern erinnerte mich an den Mond. Durch Recherchen bin ich dann auf den Blue Moon gestossen – so werden mehrere Vollmonde innerhalb eines Monats bezeichnet. Meine Leuchte besteht in einer gewissen Art aus mehreren <Vollmonden>. Once in a Blue Moon wird ausserdem umgangssprachlich gebraucht, um ein sehr seltenes Ereignis zu beschreiben», erklärt die Studentin. Und auch ihre Leuchte, die sich für den Innen- und für den Aussenbereich eignet, sei etwas Seltenes und Einzigartiges, betont sie abschliessend.

Studentin Jamie van Duuren, 21 Schule Die Studienrichtung Objektdesign an der Hochschule Luzern – Design & Kunst fokussiert sich zu Beginn auf das Denken mit den Händen. Im ersten Semester werden die Grundlagen von Metall, Holz, Keramik, Kunststoff und Modellbau vermittelt. Gelernt wird, Materialien adäquat einzusetzen, deren Eigenschaften zu nutzen und über Materialkreisläufe nachzudenken. hslu.ch/objektdesign

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WORT NURIA PEÓN

Jamie van Duuren kreierte ein Einzelstück, das sich sowohl für den Innen- als auch für den Aussenbereich eignet.

Konzept Jeden Monat präsentieren wir Die zündende Idee, also eine Leuchte von HSLU-Designstudenten aus dem ersten Semester. Das Starterkit ist für alle dasselbe: eine Glühbirne samt Fassung, ein 3  m langes Kabel und 30 Franken Materialgeld. Zusätzlich verwendete Recyclingmaterialien und bestehende Werkzeuge, Farben etc. sind erlaubt. Kostenaufstellung Stahlblech 14.55 Total CHF

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Wabi Sabi

WORT RIK BOVENS BILDER PEARLIE FRISCH

Imperfektion und Intuition waren treibende Kräfte für Stefan Hensel. Sein Entwurf zeigt, dass sogar Kleister im richtigen Licht anmutig wirken kann.

Stefan Hensel ist fasziniert von der Unvollkommenheit in der Gestaltung. Mit dem Leuchtenentwurf «Wabi Sabi» folgt er seiner Intuition und widmet sich den Feinheiten natürlicher Ästhetik. Die Idee «Ich arbeite sehr präzise, doch aus Erfahrung weiss ich, dass Perfektion oft auch etwas schal wirken kann», erzählt der Student. Das ästhetische Konzept aus Japan steht nicht für spektakuläres Design. Viel mehr steht Wabi Sabi für einen minimalistischen Gestaltungsansatz, welcher die Natürlichkeit von Material und Entwurf ins Zentrum stellt. Die Japaner sehen den Makel, das Altern und die Vergänglichkeit nicht als negativ an, sondern sehen in der Melancholie dieser Prozesse eine Lebensphilosophie. Ganz in diesem Sinn meint auch der Student: «Es muss nicht alles perfekt sein, um ästhetisch zu wirken.» Der Prozess Von Beginn weg hatte der Student einen runden weissen Lichtkörper im Kopf. Er entschied sich intuitiv

dazu, einen Luftballon mit Fischkleister und japanischem Reispapier zu umformen und den Abguss als Leuchtenschirm zu nutzen. Stefan Hensel wählte bewusst einen grossen Luftballon, um eine sanft organisch gerundete Schirmform zu erhalten. Der Jungdesigner fertigte mehrere Lampenschirme, um verschiedene Materialkompositionen zu testen und entschied sich letztlich, den Ballon mit einer homogenen Mischung zu überziehen. Die Masse erstarrt im trockenen Zustand zu einer porösen Schale, die beleuchtet an einen Himmelskörper erinnert. Kombiniert mit einem schwarzgebrannten Untergestell aus Eisenrundstäben kommt das Wabi-Sabi-Konzept letztlich in den filigranen Einzelheiten des Entwurfs zum Ausdruck. Die feinfühlig gestaltete Standleuchte erzeugt mit ihrem sanft geformten Lichtkörper eine harmonische Stimmung. Für Hensel ist rückblickend der Schaffensprozess zentral. «Der Entwurf steht für sich», hält er fest und schaut stattdessen lieber voraus: Zusammen mit einer Architektin hat er erst kürzlich das Kollektiv Kleinsinn Zürich gegründet. Wir sind gespannt.

Schule Die Studienrichtung Objektdesign an der Hochschule Luzern – Design & Kunst fokussiert sich zu Beginn auf das Denken mit den Händen. Im ersten Semester werden die Grundlagen von Metall, Holz, Keramik, Kunststoff und Modellbau vermittelt. Gelernt wird, Materialien adäquat einzusetzen, deren Eigenschaften zu nutzen und über Materialkreisläufe nachzudenken. hslu.ch/objektdesign

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Student Stefan Hensel, 30

Konzept Jeden Monat präsentieren wir Die zündende Idee, also eine Leuchte von HSLU-Designstudenten aus dem ersten Semester. Das Starterkit ist für alle dasselbe: eine Glühbirne samt Fassung, ein 3  m langes Kabel und 30 Franken Materialgeld. Zusätzlich verwendete Recyclingmaterialien und bestehende Werkzeuge, Farben etc. sind erlaubt. Kostenaufstellung 5.— Japanpapier Ballon (ø 75 c m) 5.90 Metall 10.50 Diverse Zusätze (Kleister, Pigmente, Leinöl) 3.— Total CHF

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Lamella

P O R T R ÄT RAISA DURANDI

Nadja bewies mit ihrem Entwurf nicht nur Kreativität, sondern auch eine Menge Handwerkskunst. Ihre einzigartige Leuchte könnte genauso gut ein skulpturales Dekorationsobjekt sein. Die Idee Für die Abschlussarbeit ihrer gestalterischen Berufsmaturität, die Nadja nach ihrer Ausbildung zur Keramikerin absolvierte, produzierte sie ein Porzellanset, das sie mit einem selbst gezeichneten Pilzlamellenmuster zierte. Weil ihr das Motiv so gut gefiel, interpretierte es die 26-Jährige für ihren Leuchtenentwurf neu, und zwar dreidimensional. Das Objekt nannte sie übrigens gleich wie die Keramikserie «Lamella». «Ich wollte mit meiner Leuchte eine stimmungsvolle Atmosphäre im Raum schaffen. Man sollte das Licht geniessen und sich wohlfühlen», erzählt die angehende Objektdesignerin. Also stand für sie relativ früh fest, dass sie einen Lampenschirm aus einem transluzenten Material fertigen würde. Im zweiwöchigen Kunststoffmodul während des Studiums entdeckte sie Polycaprol. Ein sehr zäher Kunststoff, der immer wieder erwärmt sowie umgeformt werden kann und in dünner Ausführung durchscheinend ist. Um mit dem Material korrekt umzugehen,

braucht es aber Übung, denn es kühlt schnell ab und versteift. «Polycaprol ist ausserdem teuer, ein Kilogramm kostet 24 Franken. Also bleibt bei 30 Franken Materialgeld wenig Raum für Fehler und Experimente», fügt Nadja an. Der Prozess Für die Herstellung des Lampenschirms musste die Studentin Hand anlegen – und zwar mehrmals. Als Erstes fertigte sie eine Negativform aus Ton, um eine Gipsform zu entwickeln, die sie mit Polycaprol einstrich. Den Kunststoff erhitzte sie in einem Kochtopf auf ca. 60° C. «Weil das Material sehr zäh ist und schnell abkühlt, brauchte ich Hilfe von zwei Mitstudenten», sagt Nadja zum Prozess. Nachdem die zwei Schalen des Lampenschirms erstellt waren, musste die Studentin noch eine Befestigung für die Glühbirne erarbeiten. Hierfür formte sie zwei windungsförmige Teilchen und schmolz eines an jeden Schirmteil. «Die Idee dahinter ist, dass jedes Schirmstück frei nach oben oder unten bewegt werden kann», erklärt Nadja. «Lamella» kann übrigens nicht nur als Hängeleuchte verwendet werden, sie macht sich auch als Bodenmodell gut – und natürlich als Dekorationsobjekt.

Student Nadja Bolliger, 26 Schule Die Studienrichtung Objektdesign an der Hochschule Luzern – Design & Kunst fokussiert sich zu Beginn auf das Denken mit den Händen. Im ersten Semester werden die Grundlagen von Metall, Holz, Keramik, Kunststoff und Modellbau vermittelt. Gelernt wird, Materialien adäquat einzusetzen, deren Eigenschaften zu nutzen und über Materialkreisläufe nachzudenken. hslu.ch/objektdesign

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WORT NURIA PEÓN

Eine Abschlussarbeit sowie Pilzlamellen dienten Nadja Bolliger als Inspiration für ihre poetische Leuchte.

Konzept Jeden Monat präsentieren wir Die zündende Idee, also eine Leuchte von HSLU-Designstudenten aus dem ersten Semester. Das Starterkit ist für alle dasselbe: eine Glühbirne samt Fassung, ein 3 m langes Kabel und 30 F ranken Materialgeld. Zusätzlich verwendete Recyclingmaterialien und bestehende Werkzeuge, Farben etc. sind erlaubt. Kostenaufstellung Polycaprol 23.05 Total CHF

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