Die Informatik im Jahr 2039

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Pascal Hodel

25 Jahre Institut für Wirtschaftsinformatik IWI

Herbst 2014

Die Informatik im Jahr 2039 Die Virenproblematik ist nur ein temporäres Phänomen und wird in ein paar Jahren verschwunden sein. So äusserte sich John David McAfee, der US-amerikanische Unternehmer dessen Computersicherheitsfirma „McAfee“ vielen halbwegs informatik- und technikbegeisterten ein Name sein dürfte, im Jahre 1988, also vor ziemlich genau 26 Jahren, zu einem Thema, das alle die einen Internetzugang haben (manchmal besteht die Gefahr sogar ohne) auch noch heute, im Jahr 2014, beschäftigt, vermutlich sogar mehr als je zuvor. Für Herrn McAfee war es wohl ein Glücksfall, dass seine Voraussage nicht eintraf, schliesslich hätte sie das Geschäftsmodell einer jeden Computersicherheitsfirma, so auch von „McAfee“, in seinen Grundmanifesten erschüttert. An diesem Zitat lässt sich aber auch erkennen, wie schwierig es war, ist und auch in der Zukunft sein wird, im Bereich der Informatik Voraussagen zu treffen und passende Hypothesen über die kommenden Tage, Wochen, Monate und Jahre zu formulieren. Und doch will ich mich darin versuchen, ein paar Tendenzen aufzuzeigen und Vermutungen anzustellen, wie die Informatik in 25 Jahren, also im Jahre 2039, aussehen könnte.

Der Begriff der „Informatik“ Zuerst wäre es aber meiner Meinung nach vorteilhaft, den Begriff der Informatik zu umreissen versuchen. Die Informatik ist „die Wissenschaft von der systematischen Verarbeitung von Informationen, besonders ihrer automatischen Verarbeitung mithilfe von Computern“, so definieren das „GEOlino“Lexikon und ganz ähnlich auch „Wikipedia“ das Gebiet der Informatik. Hierbei lässt sich noch unterscheiden zwischen der theoretischen (geprägt durch die Mathematik), praktischen (befasst sich mit der Umsetzung grundlegender Erkenntnisse in Software), technischen (Hardwareentwürfe & -konstruktionen) und angewandten (Ziel: Anwendung von Computern zur Steuerung industrieller Arbeitsabläufe und Benutzerfreundlichkeit) Informatik. Betrachtet man diese Unterdisziplinen der Informatik, so realisiert man, dass im Prinzip alle technischen Geräte, die uns umgeben, vom Wecker über den Timer im Kochherd bis zum Computer in unserem Büro, zur Informatik gehören bzw. die Informatik betreffen.

Smartes Wohnen So lässt sich auch der erste Bereich, der in Zukunft mit grosser Wahrscheinlichkeit massiv an Wichtigkeit in unserem Alltag gewinnen wird und schon jetzt je nach Haushalt mehr Realität als Zukunftsvision ist, problemlos als Teil der Informatik bezeichnen: das sogenannte „smart home“. Darunter versteht man die wachsende Menge an technischen Geräten und deren Vernetzung untereinander in unseren Haushalten resp. einen Wohnraum, in dem sich eine Vielzahl technischer Geräte mehr oder weniger offensichtlich befinden und untereinander kommunizieren und austauschen mit dem Ziel einerseits eine zentrale Steuerung des ganzen Haushaltes zu ermöglichen und andererseits den Bewohnern den Alltag zu vereinfachen und so die Lebensqualität zu erhöhen. Ein Beispiel für ein solches „smart home“ steht auch getarnt als grosser Schuppen neben dem Gebäude der „Hochschule Luzern Technnik & Architektur“ in Horw. Über eine Smartphone-App lässt sich dieses Haus komplett steuern (so zumindest die Vorführung). So lässt sich die Türe mit einem Fingertipp öffnen und auch Licht, Musik und Film können mithilfe des kleinen Programms gesteuert und koordiniert werden. Der Vorteil eines solchen „smart home“ liegt ganz klar im erhöhten Komfort für den Bewohner. Er oder sie kann von seinem Laptop, Tablet oder Smartphone aus, sofern die ganze Technik im Wohnraum mit dem Internet verbunden ist (man spricht hierbei auch oft vom „Internet of Things“, wo zu1


nehmend mehr Objekte per Internet untereinander vernetzt sind), von jedem erdenklichen Ort mit Internetzugang auf dieser Welt aus, grosse Teile seiner Wohnung resp. Wohnungseinrichtung steuern. So wird es ihm möglich im Winterhalbjahr schon vom Büro aus kurz vor Feierabend die Heizung in der Wohnung anzuschalten, so dass es dann beim Nach-Hause-Kommen auch bereits wohlig warm ist und man nicht zuerst noch eine halbe Stunde in der Winterjacke vor dem Fernseher ausharren muss, bis die Gefahr des Erfrierens auch ohne Jacke gebannt ist. Das bietet auch die Möglichkeit zum Strom sparen, weil man die Heizung nicht den ganzen Tag laufen lassen muss, damit man abends die erwähnte Kälte in der Wohnung nicht erleben muss. Oder es lässt sich auch das Licht bequem vom Sofa aus in verschiedenen Räumen einschalten und die Rollläden herunterfahren, ohne aufstehen und von Zimmer zu Zimmer gehen zu müssen. Das alles ist aber eigentlich längst möglich, lediglich noch relativ wenig verbreitet. Bis ins Jahr 2039 könnte es aber Standard werden. Praktisch wäre ein solches „smart home“ insbesondere für betagte, ältere Menschen. So ist es denkbar, dass diese in 25 Jahren dank der Unterstützung durch die Technik länger selbständig leben können ohne in einem Pflegeheim untergebracht werden zu müssen. So könnte der Kühlschrank für sie – das gilt aber auch für kerngesunde Leute –, in dem er registriert, was noch vorhanden ist und mit einer vordefinierten Liste an gewünschten Lebensmitteln abgleicht, automatisch den Einkaufszettel erstellen und aufs Smartphone senden, auf dem gleichzeitig auch die einzunehmenden Medikamente als Erinnerung angezeigt werden könnten, oder sogar selbständig einen entsprechenden Lieferdienst kontaktieren. Zudem wäre es dank Kameras auch möglich bei einem Sturz beispielsweise die nötigen Hilfskräfte automatisch zu alarmieren. Letzteres wird auch im „smart home“ in Horw vorgeführt. Einer dementen Dame liesse sich beispielsweise auf Nachfrage mitteilen, ob der Sensor im entsprechenden Glas eine kürzlich erfolgte Benutzung der Zahnbürste bereits festgestellt hätte und sie so sich nicht ein zweites Mal die Zähne putzen müsste, wenn sie sich nicht mehr sicher ist. Dadurch, dass ältere Personen länger selbständig blieben und erst zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Umzug ins Pflegeheim gezwungen wären, liesse sich auch der Bedarf an Pflegepersonal in Alters- und Pflegeheimen senken, was dem wachsenden Mangel an Fachkräften in diesem Bereich entgegenwirken würde. Ein ernsthaftes Problem bei einer immer älter werdenden Gesellschaft wie der unseren. In einem Vierteljahrhundert ist aber noch viel mehr denkbar: So könnten Vernetzungen zwischen Haushaltsgeräten zustande kommen, die es beispielsweise ermöglichen würden, dass beim Ausschalten des Weckers automatisch dem Toaster mitgeteilt würde, dass er in Aktion treten könne, damit die Toasts fürs Morgenessen bereits fertig gebacken und noch warm sind, wenn der Bewohner oder die Bewohnerin in die Küche tritt. Nicht zu vernachlässigen sind aber auch die Probleme, die ein solches „smart home“ mit sich bringen kann. Die Sicherheit der technischen Systeme, insbesondere sobald sie mit dem Internet verbunden sind, wird bis 2039 nämlich garantiert eine beträchtliche Herausforderung darstellen, die es nicht zu unterschätzen gilt und die mit der zunehmenden Verbreitung solcher „smart homes“ an Wichtigkeit gewinnen wird. Oder wer möchte schon, dass morgens um drei Uhr plötzlich die Stereoanlage losdröhnt, weil sich ein schlafloser Spassvogel die Kontrolle über die Haustechnik unter den Nagel gerissen hat? Schlimmer noch: Was ist, wenn die Haustür plötzlich nicht mehr aufgeht, weil es einem geschickten Kriminellen gelungen ist seine eigene Identität mit dem Türschloss zu verbinden? Aber auch der Staat könnte plötzlich als „Big Brother“ auftreten und Häuser mit ihm als potenziell gefährlich erscheinenden Personen durch Anzapfen der gesamten Haustechnik, inklusive Sicherheitskameras im Gebäude, überwachen. Ein massiver und unbemerkter Eingriff in die Privatsphäre der Bewohner und v. a. ein ungerechtfertigter Eingriff, sollte der Verdacht sich nicht erhärten. Die nötige Sicherheit und Zuverlässigkeit in einem „smart home“ zu realisieren, könnte also 2039 eine echte Knacknuss geworden sein, zumal die Anzahl der Sicherheitsattacken und Identitätsdiebstähle im Internet keine abnehmende Tendenz aufweisen, genauso wenig wie die Überwachung durch Geheim2


dienste und Regierungen. Vorsicht und Sorgfalt sind also bei der Entwicklung von Technik für „smart homes“ angebracht. So ist es schon heute und wird es in 25 Jahren noch viel mehr sein.

Das Internet als Organisationsmedium Wenn wir beim Thema des „smart home“ und der Vernetzung bleiben wollen, stossen wir unweigerlich auch auf das Internet, denn das Internet trägt viel dazu bei, dass eine Vernetzung der Geräte, wie sie u. a. in einem „smart home“ der Fall ist, möglich wird. Das Internet, dieses gigantische Netzwerk von Servern, Computern, Smartphones und zunehmend Technikgeräten aus dem Haushalt, bietet uns aber noch viel mehr Möglichkeiten: Neben der Maschine-Maschine-Kommunikation (auch „M2M“ von „Machine-to-Machine“ genannt), deren Anteil im Internet steigend ist, ermöglicht uns das Internet hauptsächlich Zugang zu Unmengen von Wissen in Form von Wikipedia- und Foreneinträgen, aber auch Fachartikeln und online lesbaren Büchern sowie ganz vielen themenbezogenen Websites, welche überall und allzeit verfügbar sind, vorausgesetzt man ist online. Das grosse Problem bei dieser Unmenge an Wissen ist es, die wirklich relevanten und seriösen Informationen zu finden und nicht auf Falschinformationen hereinzufallen. Des Weiteren ist eine wichtige Anwendung des Internets die vereinfachte Kommunikation zwischen Menschen, sei es textbasiert über soziale Medien wie „Twitter“ und „Facebook“ oder aber auch über VOIP-Dienste wie „Skype“. So lassen sich über das Internet und soziale Medien wie „Facebook“, „Twitter“ & Co. Protestaktionen aber auch ganze Revolutionen organisieren, wie es beim sogenannten „arabischen Frühling“, der 2010 in Tunesien seinen Anfang nahm, geschehen ist, wo das Internet einen wesentlichen Teil zum Umsturz in Teilen der arabischen Welt beitrug. So konnten sich Aufständische über „Facebook“ absprechen und Videos von gewalttätigen Polizisten machten auf „YouTube“ die Runde, was die Proteste wiederum beflügelte. Gerade letztere Funktion, also das Internet als Medium zum Anprangern von Unrechtmässigkeiten in Staaten und als Organisationsmittel, könnte 2039 noch viel wichtiger sein als heute, denn die Zahl der Internetnutzer und damit der Einfluss des Internets steigen, vorausgesetzt es gelingt den vielen Staatsapparaten auf dieser Welt nicht, das Internet zu einem reinen Politik- und Machtinstrument zu machen, welches durch den Willen des jeweiligen Staatsoberhauptes in einem Land völlig kontrolliert, nach Belieben für die Bevölkerung eines Landes zu Teilen an- und abgeschaltet werden kann und nur noch zu Propagandazwecken genutzt wird. Damit auch 2039 das Internet weitestgehend frei von staatlichen Einflüssen bleibt, gilt es einerseits unbedingt den Zerfall des Internets in länderspezifische Netze, wie z. B. Brasilien aber auch der Iran es planen, angekurbelt durch die NSA-Affäre, d. h. das Aushorchen des Datenverkehrs durch US-amerikanische Geheimdienste, die das Vertrauen ins Internet vermindert hat, zu verhindern und andererseits den freien Wissensaustausch aufrecht zu erhalten. Das heisst auch, dass die Zensur des Internets, wie sie in China der Fall ist und in der Türkei nach Protesten durch eine Sperrung von „YouTube“ kurzerhand ebenfalls der Fall wurde, nicht die Regel werden darf. Das Internet sollte eine globale und internationale Angelegenheit bleiben, so ist es schwieriger durch einen Staat zu kontrollieren. Nur so kann zudem gewährleistet werden, dass das Internet und damit auch die Informatik die Wichtigkeit geniessen, die sie heute und 2039 vermutlich noch stärker geniessen werden, und das Internet einen Zugang zu Information und freier Kommunikation bleibt. Auf der anderen Seite muss bedacht werden, dass nicht nur Staaten das Internet zu Propagandazwecken nutzen und nutzen werden, sondern auch verschiedenste Organisationen, darunter auch welche mit terroristischen Absichten. Letztere verbreiten ihre Schreckensbotschaften gerne auch über das Internet und gewinnen so an Anhängern. Vielleicht wird 2039 in diesem Bereich ein wenig mehr Kontrolle z. B. durch eine anerkannte unabhängige Organisation nötig sein, um dem Terror im Netz Einhalt zu gebieten.

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„Big Data“ Im Zusammenhang mit dem Internet, „Google“ und sozialen Medien lässt sich auch überall immer wieder von „Big Data“ lesen. Damit sind die riesigen, schwer auszuwertenden und komplexen Datenmengen gemeint, die die Gesamtheit der Internetnutzer beim Surfen im Web hinterlässt. Das umfasst aus E-Mails und besuchten Websites folgend Namen, Alter, Beziehungen, Freundeskreise, Vorlieben, Hobbys, politische Gesinnung und noch sehr viel mehr. Diese Daten von uns werden verkauft, gehandelt, zu analysieren versucht und z. B. für personalisierte Werbung, aber auch Voraussagen darüber, was wir als nächstes tun werden, um uns beispielsweise möglichst passende Suchresultate anzuzeigen, benutzt. Das ist praktisch und datenschutztechnisch heikel zugleich. Auf der einen Seite freuen wir uns, wenn wir auf eine „Google“-Suche möglichst das, an das wir gedacht hatten, angezeigt bekommen, auf der anderen Seite ist es niemandem ganz wohl, wenn er weiss, dass alle seine Spuren im Web gespeichert, verkauft und ausgewertet werden, denn man weiss nie so ganz, für was die Daten nicht vielleicht auch noch genutzt werden könnten… Der gläserne Internetnutzer ist Realität, wir sind geradezu nackt im Internet unterwegs und schützen uns kaum vor der Aufzeichnung von Daten über uns. Aber eigentlich ist „Big Data“ noch ein ganz neues Thema, niemand weiss schon so recht, was sich damit wirklich alles anfangen lässt. Heute sind es z. B. „Facebook“ und „Google“, um zwei prominente Beispiele zu nennen, die über unvorstellbare Datenmengen zu jedem ihrer vielen Nutzer verfügen. Momentan werden diese noch für prinzipiell harmlose Dinge wie auf uns zugeschnittene Suchresultate und personalisierte Werbung, die uns möglichst Produkte zeigen soll, die uns interessieren und die wir folglich auch animiert durch die Werbung kaufen, genutzt. Doch noch so ziemlich jedes Unternehmen ist früher oder später in die Hände eines schlechten Managements resp. eines Managements mit falschen oder schlechten Absichten geraten und so Konkurs gegangen. Doch was, wenn bis 2039 „Google“ oder „Facebook“ in die Hände eines solchen Managements geraten sind. Im Gegensatz zu irgendeinem Kamerahersteller, um nur ein Beispiel zu nennen, verfügen diese Firmen über sensible Daten zu über zwei Milliarden Internetnutzern, gut ein Viertel der Weltbevölkerung oder mehr, und tragen so eine riesige Verantwortung. Doch was ist, wenn 2039 die Daten in falsche Hände gelangt sind oder öffentlich gemacht worden sind? Man könnte uns gezielt manipulieren, die Privatsphäre eines jeden Nutzers wäre Geschichte und die Geheimdienste liessen die Korken knallen. 2039 könnte „Minority Report“ als Dokumentationsfilm vertrieben werden. Ein anderer Entwicklungsweg wäre, dass in 25 Jahren die Internetgemeinde, sich besser zu tarnen wissen und nicht mehr so „nackt“ drauflossurfen wird. So lassen sich bereits heute „Google“-Suchanfragen durch andere Suchmaschinen durchführen und so anonymisieren. Das könnte in Zukunft wichtiger werden, denn so würden Internetfirmen viel schwieriger nur in Besitz von Daten über uns gelangen, wodurch sich das mit einer allfälligen Veröffentlichung einhergehende Risiko verringern würde.

Entwicklungs- und Schwellenländer Die Informatik wird im Jahre 2039 global betrachtet auch darum um einiges wichtiger sein als heute, weil in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern in Asien, Afrika und Südamerika der Markt für Internetdienstleistungen, Computer, Smartphones, Tablets und alle möglichen technischen Geräte momentan noch viel kleiner ist als bei uns in Europa sowie in Nordamerika und Australien. Dieser Markt aber verfügt, gekoppelt an den steigenden Wohlstand in vielen dieser Länder, über ein enormes Wachstumspotenzial, nicht zuletzt wegen der grossen Zahl an Menschen, die in ebendiesen Ländern leben. Der steigende Wohlstand, der von der wachsenden Wirtschaft und den so zusätzlich geschaffenen Arbeitsplätzen und vermutlich auch besseren Bezahlung der Arbeitskräfte herrührt und die sinkenden Preise für Computertechnik, führen automatisch zu mehr Konsum und somit u. a. grösserem Absatz an technischen Geräten. Dies wiederum kurbelt die Welt- und die regionale Wirtschaft durch steigende Einnahmen von Technologiefirmen und daraus folgenden Investitionen und Expansionen weiter 4


an. Ein Kreislauf entsteht. Schon heute gibt es v. a. in Lateinamerika aber auch in Asien viele Menschen, die z. B. über Smartphones verfügen. So manche namhafte Hersteller verfügen über günstige Geräte, speziell für diese Absatzmärkte. So gelangen auch immer mehr Menschen in Besitz eines Internetzugangs, wodurch die im Internet zirkulierende Datenmenge steigt und die Relevanz des Internets und somit der Informatik sich weltweit und im Besonderen in genannten Gebieten weiter erhöht. Bis 2039 dürfte jeder Erdenbürger, der sich nicht dagegen wehrt, Internetnutzer geworden sein. Mit dem steigenden Wohlstand gewinnt auch die Bildung in Entwicklungs- und Schwellenländern an Bedeutung. Dies ermöglicht es auch mehr Fachkräfte im Gebiet der Informatik, seien es Softwareingenieure, Elektrotechniker oder andere Berufe, auszubilden. Dadurch wird der Dienstleistungssektor in diesen Ländern 2039 an Wichtigkeit gewonnen, die Wirtschaft sich entwickelt haben und gewachsen sein und die Informatik wird durch die neuen, in diesem Bereich angesiedelten Berufe eine zentralere Position in der Berufslandschaft dieser Länder besitzen. Gerade in Schwellen- und Entwicklungsländern kann die Informatik also auf eine vielversprechende Zukunft mit viel Potenzial blicken.

Die Rolle der Informatik in Unternehmen Die Informatik spielt aber nicht nur als Wachstumsfaktor, sondern auch als zentraler Bestandteil von zunehmend mehr Unternehmen eine wachsende Rolle in der Wirtschaft. Ein professioneller Internetauftritt und eine gute IT-Infrastruktur gehören heute praktisch zu jedem mittelgrossen Unternehmen wie der Ledersessel früher ins Büro des Chefs. Zur Entwicklung, zum Betreiben und Warten einer solchen Infrastruktur braucht es Fachleute auf dem Gebiet der Informatik. So betreiben auch viele grössere Unternehmen ganze IT-Abteilungen, um einen reibungslosen Betrieb von PCs, Smartphones, Servern, Website(s) usw. zu garantieren. Die Informatik ist also schon heute in vielen Unternehmen geradezu omnipräsent. Einerseits bietet sie eine Chance zu mehr Effizienz und vereinfachter Kommunikation. So lassen sich grosse Datenmengen, die digitalisiert wurden, heute in wenigen Sekunden nach einem Begriff, einem Bild oder Ähnlichem durchkämmen und ein E-Mail an den Chef ist rasch verfasst. Nicht wie früher, wo mühsam in Ordnern geblättert werden musste und sich der Arbeitnehmer einen Gang zum Chef nur allzu oft mehrmals überlegte. Aber es wird so auch viel unnötiger Datenverkehr generiert. Denn je leichter es ist, jemanden zu kontaktieren, desto eher tut ein Arbeitnehmer es, auch wenn dieser das anstehende Problem vielleicht selber lösen könnte, würde nur noch ein, zwei Minuten daran herumstudiert werden. Stattdessen wird kurzerhand ein Telefonat getätigt oder ein SMS verfasst, was selber auch Zeit braucht und somit Kosten für den Arbeitgeber generiert. Andererseits ist die Informatik bereits heute ein grosser Kostenfaktor in Unternehmen. Denn Computer, Server, Kabel, Router, Telefone, Smartphones, Tablets,… sind nicht gratis. 2039 könnte sich weiter ausgedehnt haben. Dann werden vermutlich auch kleinere Unternehmen, die heute noch ohne grössere Netzwerkinfrastruktur auskommen, vernetzter sein, aber die Technik wird auch günstiger sein. Denn bei vielen technischen Geräten ist eine sinkende Preistendenz festzustellen. Andererseits benötigt mehr Technik auch mehr Personal. Das lässt die Kosten wiederum in die Höhe schiessen. Gut möglich also, dass sich Preissenkung in der Technik und der grösser werdende Kostenfaktor IT-Personal ausgleichen werden. Wo das Internet schon heute eine wichtige Rolle spielt ist zudem im Marketing: Werbung im Internet boomt und es gibt Firmen wie „Google“, die davon leben können. 2039 könnte die personalisierte Werbung und Werbung, die an einen Standort, z. B. in einem Kaufhaus, gebunden ist, häufiger auftauchen und effizienter wirken, um durch die Werbung mehr Absatz zu erzielen.

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Der Roboter – dein Freund und Helfer Ein interdisziplinäres Gebiet, welches in 25 Jahren ganz bestimmt viel alltäglicher sein wird als heute, ist die Robotik, ein Bereich, in dem Informatik, Maschinenbau und Elektrotechnik aufeinandertreffen und beeindruckende Dinge erschaffen können. Da jeder Roboter nicht nur gebaut werden muss, wozu Maschinenbau und Elektrotechnik unabdingbar sind, sondern auch über eine Programmierung verfügen soll, die dafür sorgt, dass der Roboter auch etwas tut, ist die Informatik für die Entwicklung von Robotern von grösster Wichtigkeit. Und nicht zu Letzt muss die Software des Roboters mit Updates versorgt werden. Sei dies um bei einem mit dem Internet verbundenen Roboter Sicherheitslücken zu stopfen oder seinen Funktionsumfang zu erweitern. Auch hierfür werden Informatik-Fachkräfte benötigt. Als Beispiel lassen sich autonome Fahrzeuge, sprich selbständig fahrende Roboter, betrachten. Zu deren Entwicklung werden Designer, Ingenieure, Fahrzeugmechaniker und nicht zu Letzt Informatiker benötigt, welche die passende Software für den Bordcomputer eines solchen Wagens schreiben und so eine Nutzung und Auswertung der vielen Sensordaten ermöglichen, mit dem Ziel, dass das Fahrzeug zuverlässig rote Ampeln, Verkehrsschilder und andere Verkehrsteilnehmer erkennt, richtig einschätzt und sich entsprechend verhält. Taucht eine Sicherheitslücke im Betriebssystem des Bordcomputers auf, die es einem Hacker erlaubt, die Kontrolle über das Auto zu erlangen, oder werden neue Verkehrsschilder vorgestellt, so benötigt der Roboter, das autonome Fahrzeug, ein Update. Ein solches müsste zuerst von einem Informatiker entwickelt werden. Die Robotik befindet sich vielleicht nicht mehr in den Kinderschuhen, aber doch steht sie (zumindest was den Alltag betrifft) noch ganz am Anfang. Abgesehen von Rasenmäher- und Staubsaugerroboter treffen wir noch sehr selten einen Roboter an. Auch die „Google“-Autos und andere autonome Fahrzeuge sind noch nicht marktreif, auch wenn sie es bald werden könnten und 2039 sicherlich sein werden. Doch die Anwendungsgebiete für Roboter sind vielfältig: In der Medizin, ist es vorstellbar, dass einst einerseits Chirurgen von weit weg über Roboterarme und Kameras eine Operation durchführen können (was in wenigen Fällen auch bereits gemacht wurde) und andererseits, dass Roboter selbständig Operationen durchführen, denn in ihrer Genauigkeit sind sie einem menschlichen Chirurgen weit voraus. Einzig am Einschätzungsvermögen eines Roboters, was letztlich durch die Programmierung bestimmt wird, und am Vertrauen der Patienten, was wohl der schwierigere Teil werden könnte, hapert es noch. Aber bis ins Jahr 2039 könnten Roboter im Operationssaal die Oberhand gewinnen – die Chancen stehen nicht schlecht. Roboter können zudem in der Landwirtschaft eingesetzt werden, sei es als Melkroboter, von denen es heute schon 400 gibt, Tendenz steigend, oder als Fütterungsroboter, die das Heu für die Kühe vollautomatisch unter den Tieren verteilen, was in zweieinhalb Jahrzehnten ziemlich sicher normal sein wird. Momentan gibt es solche vollautomatischen Fütterungsanlagen noch kaum. Des Weiteren wird es in der Pflege in 25 Jahren vielleicht mehr nichtmenschliche als menschliche Arbeitskräfte geben. Dem Mangel an Pflegefachpersonen könnte so entgegengewirkt werden. Momentan sind Pflegeroboter aber noch Gegenstand der Forschung, genauso wie sonstige Serviceroboter, wie sie dereinst beim Putzen von Strassen und Kanalisationsrohren zum Einsatz kommen könnten. Die Robotik, als wichtiges Anwendungsgebiet der Informatik, könnte also unseren Alltag revolutionieren. In der Industrie ist ihr dieser Coup bereits einmal gelungen, Industrieroboter sind Standard – ob es bis 2039 auch in Pflege, Strassenverkehr, Landwirtschaft und Service gelingt? Ganz ungefährlich ist das nicht, denn sollte 2039 beispielsweise eine einzige Firma, so wie mit „Google“ ein einziges Unternehmen bei der Internetsuche das Monopol innehat, den Robotermarkt kontrollieren, so hätte dieses Unternehmen praktisch die Kontrolle über die Menschheit und mehr Macht als so mancher Staat, sollte es in die falschen Hände geraten. Der Film „I, Robot“ zeigt die Folgen nur zu gut. Möglich also, dass wir in einem Vierteljahrhundert von einer „Roboterarmee“ kontrolliert werden – wenn auch nicht sehr wahrscheinlich, da die Anwendungsgebiete von Robotern sehr 6


verschieden sind und ein Unternehmen allein kaum alle diese Märkte bedienen könnte. Viel realistischer ist die Gefahr durch Drohnen in 25 Jahren. Denn schon heute werden diese ferngesteuerten Fluggeräte v. a. durch die USA als Waffe gegen den Terrorismus eingesetzt und so ziemlich jede Waffe ist früher oder später auch in die Hände der Gegenseite gelangt. Wieso sollte es sich bei den Drohnen anders verhalten?!

Die Unterhaltungselektronik Während den Robotern der wirkliche Durchbruch in Haushalt und Alltag noch nicht gelungen ist, sieht das bei der Unterhaltungselektronik ganz anders aus. Die Unterhaltungselektronik, die praktische, technische und angewandte Informatik vereint, scheint längst in jedem europäischen und nordamerikanischen Haushalt angekommen und stürmt momentan auch asiatische und lateinamerikanische sowie zusehends auch afrikanische Haushalte. Waren doch vor 25 Jahren noch Fernseher, Gameboy und ein Computer – natürlich noch ohne Internetanschluss – das Höchste der Gefühle, so verfügt heute in unseren Breitengraden jeder jüngere Haushalt über Smartphones, Tablets, oftmals gleich mehrere Computer – natürlich mit Internetzugang, (Smart) TV, E-Book-Reader,… Wer hätte das vor 25 Jahren gedacht? Da drängt sich natürlich die Frage auf: Wie sieht es denn in 25 Jahren aus? Schwer zu sagen. Vermutlich werden sich neue Gerätekategorien durchsetzen, wie es auch in den letzten 25 Jahren der Fall war. Vielleicht spazieren wir 2039 alle mit „Google Glass“-Brillen auf den Nasen oder bei wachsender Verschmelzung von Mensch und Technik auch mit Augenimplantaten, die uns einen Bildschirm in unser Sichtfeld einfügen, und kommenden „iWatches“ an den Handgelenken oder sogar implantierten Displays unter der Haut umher und lassen uns dank Augmented Reality beim Betrachten eines Restaurants sogleich die Wertungen anderer Besucher vor die Augen projizieren?! Wer weiss. Was praktisch sicher ist betrifft die Verbreitung von bereits bestehenden Gerätekategorien. So haben noch bei weitem nicht alle Haushalte in der Schweiz einen Smart TV oder ein Tablet. Das wird sich mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit in den kommenden Jahren ändern und dürfte bis 2039 bereits zu einem guten Teil wieder veraltet sein. Denn die Entwicklung in der Technikbranche schreitet schnell voran. Kam doch erst 2007 mit dem ersten „iPhone“ der Durchbruch im Bereich Smartphones. „Nokia“ war damals noch unangefochtener Marktführer im Bereich der Mobiltelefonie. Heute, nur sieben Jahre später, führen jedenfalls in Europa „Nokia“-Handys ein Nischendasein – die ganze Welt redet nur noch von „Android“- und „iOS“-Smartphones. Die finnische Marke ist ein gutes Beispiel dafür, wie schnell man in diesen Zeiten weg vom Fenster sein kann, wenn man einen Trend verschläft. Die vermutlich noch steigende Menge an Unterhaltungselektronik bis ins Jahr 2039 könnte zu einem Boom im Berufsfeld der Informatik führen. Denn all die neuen Geräte wollen zuerst einmal entwickelt, programmiert und später natürlich auch regelmässig mit Updates versorgt und bei Problemen durch den Kundenservice betreut werden. Das alles benötigt Ingenieure zum Bau der Geräte, Softwareentwickler für Betriebssystem und Programme, Servicetechniker für Reparaturen und Programmierer für die Updates, damit die vielen Gerätschaften von Viren verschont bleiben. Alles in allem also eine Menge Informatik-Fachleute, die nötig sind, um uns all die Unterhaltungselektronik zu ermöglichen. Und weil wir Menschen ziemlich bequem sind in vielerlei Hinsicht, wird es einen Trend zu „intelligenten“ Geräten und Programmen hin geben. Dieser hat jetzt schon begonnen, mit Programmen wie „Google Now“, das uns bestenfalls die Antwort liefert noch bevor wir gefragt haben – so jedenfalls das Ziel. Einfach, weil es über einen längeren Zeitraum unsere Gewohnheiten ausgewertet hat und Vermutungen anstellen kann, was wir uns gerade wünschen. Das wiederum fördert auch vorgängig erwähnten Trend zur Nutzung von „Big Data“, denn um uns so dienlich sein zu können, muss „Google Now“ natürlich erst mal eine Menge Daten sammeln und das birgt auch einige Risiken für die Nutzer, wenn diese in die falschen Hände geraten. 2039 werden solche „intelligente“ Programme mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch viel, viel „intelligenter“ sein und unsere Daten noch viel 7


besser, genauer und effizienter interpretieren können. So ist es vorstellbar, dass in 25 Jahren der Wunsch nach Geräten und Programmen, die uns einen Wunsch von den Lippen ablesen können, Realität geworden ist. Zudem wünschen wir uns, so bequem wie wir gerne sind, möglichst wenig Kabel. Das heisst „wireless“ ist im Aufwind. Datenaustausch ist längst kabellos möglich. Und auch das Aufladen von Geräten ohne Ladekabel, sondern per Induktion funktioniert bereits einigermassen. Stellt sich nur noch die Frage, ob wir bis 2039 vielleicht gar keine Kabel mehr brauchen und das Laden vielleicht sogar per Handynetz funktioniert? Vermutlich nicht ganz, denn es hätte für uns Menschen wohl eine zu hohe Strahlenbelastung im Alltag zur Folge, aber Aufladen über Induktion könnte durchaus Normalität werden und nicht mehr wie jetzt wenigen Geräten vorbehalten sein.

Umwelt & Recycling Trotz der für die Informatik rosig aussehenden Zukunft mit grösserer Verbreitung und Relevanz im Jahr 2039 und ganz vielen Entwicklungsmöglichkeiten und offenen Märkten bis dahin, darf man auch die Kehrseite der Medaille nicht zu erwähnen vergessen. Denn in allen technischen Geräten stecken Edelmetalle, z. B. Gold für Kontakte, aber auch Silber, Platin, Palladium sowie verschiedene seltene Metalle und seltene Erden. Diese Ressourcen sind beschränkt verfügbar. Genauso wie das Erdöl, das für die Herstellung von Plastik, welches die Gehäuse vieler technischer Geräte bildet, und die Energie für den Betrieb, die ja letztlich nur zu einem kleinen Teil aus Sonne, Wind und Wasser und weltweit gesehen zum grössten Teil aus Kohle-, Gas- und Kernkraftwerken stammt. Letztere sind für die Umwelt entweder durch den Kohlenstoffdioxid-Ausstoss bei der Verbrennung oder durch die Radioaktivität, falls sie austritt, schädlich, tragen zum Klimawandel bei und stellen ein Risiko dar. Und je mehr technische Gerätschaften wir kaufen, je grösser das Internet und die damit verbundene Netzinfrastruktur werden, desto grösser werden die Knappheit und die Umweltbelastung. Und auch beim Recycling sind nur langsam Fortschritte zu verzeichnen. Noch immer landen grosse Teile unserer Technikgeräte, wenn sie dann erst mal ausgedient haben, auf riesigen Computermüllhalden in Afrika. Sie verseuchen den Boden, dadurch schlimmstenfalls sogar das Grundwasser und nehmen den Menschen so die Lebensgrundlage. Bis ins Jahr 2039 wird das Recycling von Hardware im Informatikbereich hoffentlich massiv verbessern, genauso wie verstärkt auf erneuerbare Energien gesetzt werden sollte, um eine übermässige Belastung der Umwelt zu vermeiden. Ziel sollte es sein, möglichst 100% der Materialien wiederzuverwenden. Das ist vermutlich eine Utopie, aber das heisst nicht, dass man sie nicht anstreben soll! Nur so können länger währende Umweltschäden verhindert und der Rohstoffknappheit entgegengewirkt werden. In 25 Jahren sind wir in diesem Bereich hoffentlich fortschrittlicher und nachhaltiger als dies heute noch der Fall ist. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Informatik ganz bestimmt in Zukunft an Wichtigkeit gewinnen und sei es über Haushaltstechnik, Roboter oder neue Kategorien der Unterhaltungselektronik auch unseren Alltag je länger, je mehr prägen wird. Durch die Erschliessung neuer, rasch wachsender Märkte in Entwicklungs- und Schwellenländern und die auch daraus folgende zunehmende Relevanz des Internets wird die Informatik 2039 auch in der Wirtschaft einen noch wichtigeren Platz einnehmen, als sie das jetzt schon tut. Aber es warten auch so manche Herausforderungen auf die Informatik, nicht zu Letzt in Form von Sicherheitsproblemen, einer wachsenden Ressourcenknappheit und der Gefahr der staatlichen Kontrolle und/oder der Aufteilung des Internets, die es bis 2039, anzupacken gilt. Doch wie John McAfee einst meinte, die Virenproblematik sei bloss ein temporäres Phänomen und sich das Ganze doch mächtig anders entwickelte, so kann sich auch die Informatik bis ins Jahr 2039 ganz anders entwickeln. Bleiben wir also gespannt, was die Zukunft tatsächlich bringt!

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