Dokumentation Bachelorarbeit
Mattia Gagliano 2024
Flachs, eine der ersten von Menschen kultivierten P anzen, erlebt eine Renaissance in der Schweiz. Das traditionelle Material wird zunehmend in verschiedensten Produkten und Industrien genutzt, allerdings o in Kombination mit Verbundsto en, die die Rezyklierfähigkeit beeinträchtigen. Diese Arbeit zielt darauf ab, die Vielseitigkeit der Flachsp anze zu zeigen, auf Kombinationen mit nicht kompostierbaren Materialien zu verzichten und die natürlichen Eigenscha en von Flachs zu erhalten. Es geht darum, das Material in einem völlig neuen Kontext zu präsentieren und dessen vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten auf innovative Weise zu demonstrieren.
Auf der Suche nach Bindemitteln dienten als Inspiration Projekte, die Flachs-verwandte Materialien wie Jute oder Hanf verwendeten. Dabei stellte sich Stärke als häu g verwendetes Bindemittel heraus. Erfahrungen aus eigenen früheren Arbeiten mit Stärke konnten ebenfalls ein iessen. Karto elstärke erwies sich nebst der regionalen Verfügbarkeit auch aufgrund ihrer Festigkeit und ihrer nicht-öligen Eigenscha en im Gegensatz zu anderen Stärken als besonders geeignet. Eine sowohl interessante als auch herausfordernde Eigenscha an diesem Bindemittel ist, dass es nicht wasserresistent ist und sich wieder auswaschen lässt.
Im Vergleich zu traditionellen Flachskompositen im Möbelbereich verfolgt diese Arbeit neue Ansätze und versucht anstelle von grossen drapierten Flächen, ligranere Teile herzustellen. Dabei lag der Fokus auf dem Kontrast, nur bestimmte Stellen zu härten und andere exibel zu halten. Traditionelle Bearbeitungsmethoden aus dem Holz liessen sich gut auf das Verbundmaterial von Flachs und Karto elstärke anwenden, was Möglichkeiten wie die Bearbeitung in Holzwerkstatt erö nete.
Durch das Falten der Objekte im noch feuchten Zustand konnte eine bemerkenswerte Härte und Stabilität erlangt werden. Allerdings blieben übereinanderliegende Flächen lange feucht, bevor sie vollständig aushärteten. Den Trocknungsvorgang mit Ofen oder Föhn zu beschleunigen konnte die Klebrigkeit des Materials beein ussen, und konnte somit auch nur mit Vorsicht und begrenzt eingesetzt werden.
Um einzelne Fasern zu gewinnen, wurden vorhandene Gewebe entfädelt und ausgefranst, da diese die einzeln nicht erhältlich waren. Diese Fasern erwiesen sich als besonders reissfest und erö neten so neue Möglichkeiten für die Gestaltung und Festigung der Objekte.
Es wurden verschiedene natürliche Färbungen des Gewebes ausprobiert, wobei besonders dunkle Farben von Interesse waren, da sie das Material an Carbonfasern erinnern lassen. Zu den Experimenten gehörten Färbungen mit Indigo, Blauholz in Kombination mit Cochenille sowie Johannisbrotbaumblätter.
Obwohl die Proben problemlos das Gewicht einer erwachsenen Person halten konnten, wurde das Vertrauen in die Stabilität des Objekts von Knacksen und anderen Geräusche machten vermindert. Dies hätte vermutlich mit mehr und dickerem Material gelöst werden können, was jedoch sich vom ursprünglichen Konzept eines bewussten und reduzierten Umgangs mit dem Material, entfernen würde. Somit wurde der Ausblick nach anderen Anwendungsmöglichkeiten geö net.
Ein weiterer Versuch für eine Anwendungsmöglichkeit war dieser Fächer. Dabei wurden bestimmte Bereiche gehärtet und andere exibel gelassen.
Für weitere Versuche wurden bereits vorhandene Proben ausgewaschen und getrocknet. Das getrocknete Material erinnerte stark an einen Schuh. Mit dieser Assoziation wurden aus Resten einer Dämmplatte eine mögliche passende Sohle collagiert.
Ich experimentierte weiter mit verschiedenen Techniken. Das Flachsgewebe in Kombination mit Filz lässt sich sehr gut formen und in unterschiedlichste Formen bringen. Inspiriert von einem traditionellen Holzschuh begann ich, in diese Richtung zu arbeiten und die Materialien entsprechend zu gestalten.
Folgend aus der ersten 3D-Collage war das nächste Ziel die Form eines traditionellen Clogs nachzuahmen. Dabei war das Ziel mit modernen Fertigungstechniken vorzugehen. Techniken wie 3D-Druck und Vakuuminfusion waren dabei zentral für die Abformung des Schuhwerks. Mit der Grundlage des eigenen Fusses habe ich dazu ein Fussbett geformt.
Dieser Filz aus Hanf- und Flachsfaser, der normalerweise in Kä gen für Nager verwendet wird, eignete sich besonders gut zum Formen. Die hohe Saugfähigkeit von Hanf im Vergleich zu Flachs erleichterte die Aufnahme der Stärke erheblich und verbesserte dadurch die Verarbeitung und Stabilität des Materials.
Der innere Filz des Clogs wurde mithilfe einer Flachsschnur in die gefräste Tasche befestigt. Durch das erneute Befeuchten des Filzes konnte er über die Sohle gezogen und in den Slot geführt werden. Darüber wurde das in Stärke getränkte Gewebe gespannt, welches dem gesamten Objekt nochmals zusätzliche Stabilität verleihte.
Leinöl bildet als eines der wenigen Öle beim Austrocknen eine Art Bioplastik. Vor 200 Jahren wurde auch Linoleum durch die Zugabe anderer Materialien auf Basis von Leinöl erfunden. Diese Eigenscha inspirierte dazu, eine Art Gummisohle aus ausgetrocknetem Leinöl herzustellen, die durch den Trocknungsprozess eine natürliche Sohlenstruktur bildet. Obwohl dies bisher noch nicht vollständig gelungen ist, zeigt das Konzept für einen weiterführenden Ausblick vielversprechende Ansätze.