Hochschule Luzern Design & Kunst Textildesign Bachelorarbeit von Nina Orgiu Juni 2021
JUST BE THAT PRINCESS Unser Gesellschaftsbild ist geprägt von stereotypisierten binären und heteronormativen Vorstellungen. In diesem Sinne scheinen auch Farben und Formen klar ihren Platz entweder auf der “männlichen“ oder auf der “weiblichen“ Seite einzunehmen. Dabei sind wir Menschen nicht Entweder-Oder, sondern Sowohl-als-Auch. Auffallend ist, dass explizit weibliche Attribute stärker unter dem kritischen Blick der Gesellschaft stehen als männliche. In meiner Arbeit spiele ich bewusst mit einem überspitzten, weiblichen Bild, und zwar dem, der Prinzessin. Die konstruierte Figur der Prinzessin prägte tausende von Menschen und tut es noch immer. Sie ist eine Figur, die zum Träumen und zu Gedankenreisen anregt. Und, wenn wir ehrlich sind: Wer wollte nicht schon einmal eine Prinzessin sein? Warum nur träumen, warum nicht den Versuch wagen, für kurze Zeit Prinzessin zu sein? Zwar können wir unser alltägliches Umfeld nicht ins Zauberhafte verändern, doch kann dieser Wandel in oder an uns geschehen. Im Rahmen meiner praktischen Bachelorarbeit gestaltete ich also ein prinzessinnenhaftes Kostüm in dem alle Menschen, ungeachtet ihrer Genderidentität, sich auch im Alltag bewegen können. Es soll dann angezogen werden, wenn man aus dem gewöhnlichen Alltag ausbrechen will und in eine genderweibliche Prinzessinnenwelt eintauchen möchte. Für das Kostüm liess ich mich von den Formsprachen, Gedanken und Textilien der Ballkleider aus den drei Filmen, Soluschka1, Drei Haselnüsse für Aschenbrödel2 und Cinderella3, inspirieren, die ich Rahmen meiner schriftlichen Bachelorarbeit untersucht hatte. Beispielsweise übernahm ich die Vielschichtigkeit von Textilien, wie sie in den jeweiligen Ballkleidern vorkommt. Allerdings nicht in der Form eines voluminösen Tüll-Kleides, sondern durch viele Einzelteile, die sowohl alle zusammen als auch individuell getragen werden können. Auch liess ich mich von Vorlíčeks Gedanken leiten, das Märchenhafte nicht durch zauberhafte Handlungen und Begleitumstände darzustellen, sondern durch die exotischen Gestaltungen der Kleider. Durch das Exotische und Ungewöhnliche kann auch das PrinzessinnenAlltagskostüm etwas Märchenhaftes evozieren. Trägt man das Kostüm oder Teile davon, so kann ein Teil der eigenen Persönlichkeit kleiderhaft zum Ausdruck gebracht und ein neues Lebensgefühl erprobt werden, von dem wir wissen, dass es nicht existiert und wir uns doch ganz real danach sehnen.
1 2 3
Regie: Nadeschada Koschewerowa und Michail Schapiro, Sowjetunion 1947. Regie: Václav Vorlíček, Tschechoslowakei 1973. Regie: Kenneth Branagh, USA 2015.
Fotografie Torvioll Jashari Prinzessinnen Ivana Milenković Luis Pfirter Nina Orgiu Styling Andreas Lörtscher