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Neuer Kunststoffrasen aus altem Plastikabfall?
from sb 5/2021 (deutsch)
by IAKS
ERSTE PILOTPROJEKTE BEI TSG 1899 HOFFENHEIM UND SV HAMMERSCHMIEDE
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Autor Rolf Haas, Stellvertretender Vorsitzender IAKS Deutschland e.V. Kontakt Kai Weber-Gemmel, FieldTurf, kai.weber-gemmel@tarkett.com
Kunststoffrasenplätze haben aufgrund ihrer intensiven Nutzbarkeit und der Witterungsunabhängigkeit bei guter sportfunktionaler Eignung eine große Bedeutung. Sie werden für Training und Wettkampf in verschiedenen Sportarten gebraucht, unter anderem im Fußball, Hockey, Tennis, American Football, Rugby und bei zahlreichen Mehrzweckspielfeldern. In Abhängigkeit von Nutzungsintensität und Pflege haben Kunststoffrasenplätze eine Lebensdauer von 12 bis 15 Jahren; danach muss der Belag ausgetauscht werden. Bei der Auswahl eines neuen Produkts rückt immer mehr die Frage in den Fokus: „Wie GRÜN ist ein moderner Kunststoffrasen?“
Einen ganz entscheidenden Einfluss hat der Rohstoff, aus dem der Kunststoff zur Herstellung der Kunststoffrasenfasern gewonnen wird. Im Mittelpunkt steht die Frage, wodurch Erdöl als Rohstoff für die Kunststoffrasenfaser ersetzt werden kann. Mit dieser Herausforderung beschäftigt sich die Forschungs- und Entwicklungsabteilung der Morton Extrusionstechnik GmbH (MET) in Abtsteinach. Durch die Zusammenarbeit mit TotalEnergies zeichnet sich eine Lösung ab:
Pyrolyseöl als neuer Rohstoff Pyrolyseöl wird durch chemisches Recycling, auch als rohstoffliches Recycling oder „Advanced Recycling“ bekannt, von gemischten Kunststoffabfällen gewonnen. Chemisches Recycling ist die umweltfreundlichere Alternative zum Verbrennen, Deponieren und Exportieren von Kunststoffabfällen. Die SURETECTM-Faser Morton Extrusionstechnik entwickelte mit den Kunststoffen aus Pyrolyseöl eine neue Kunststoffrasenfaser: die SURETECTM Faser = Sustainable – Recycling – Technology – Faser. Die innovative Faser kann je nach Wunsch aus bis zu 100 % Recycling-basiertem Kunststoff hergestellt werden und hat folgende Vorteile: • Die Faser leistet einen positiven Beitrag zum Umweltschutz, da der eingesetzte Rohstoff durch Recycling von Plastikabfall gewonnen wird, • reduziert CO2-Emissionen, da der Kunststoffabfall nicht verbrannt wird, sondern in einen neuen Rohstoff konvertiert wird, • gewährleistet einen Kunststoffrasen in Neuwarenqualität, da die
Kunstrasenfaser aus Pyrolyseöl die gleichen Eigenschaften hat wie Produkte, die aus fossilen Rohstoffen hergestellt werden,
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1 Gemischter Plastikabfall (Foto: Total Energies) 2 Polyethylen (Foto: MET) 3 Faserproduktion (Foto: MET) 4 Installation des neuen Feldes im NLZ der TSG 1899 Hoffenheim, Einbringen von Olivenkernschrot (Foto: K. Nutzinger)
• ist transparent zertifiziert: unabhängige Auditoren überwachen die ISCC Plus Zertifizierung (International Sustainability and Carbon Certification) und stellen so die Nachverfolgbarkeit des Recycling-Anteils im Produkt sicher (Masse-
Bilanz-Ansatz).
TSG 1899 Hoffenheim Im Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) der TSG 1899 Hoffenheim wurde erstmals in Deutschland ein Spielfeld mit Fasern auf Basis der SURETECTM-Technologie installiert. Der Autor sprach mit Rafael Hoffner, Leiter IT / Infrastruktur der TSG 1899 Hoffenheim Fußball-Spielbetriebs GmbH.
Frage: Im Nachwuchsleistungszentrum der TSG 1899 Hoffenheim wurde im August 2021 ein neuer Kunststoffrasen eingebaut. Bei den Fasern setzen Sie auf die SURETECTM-Technologie. Warum haben Sie sich für diesen Ansatz entschieden?
Hoffner: „Die Philosophie dieser Produktinnovation hat uns überzeugt: für die Fasern des bereits bewährten FieldTurf PUREFIELD Ultra HD wurde dieses mal ein Kunststoff eingesetzt, der zu 100 % aus recyceltem Plastikabfall besteht. Den Anteil an Recycling-Rohstoff in der Faser können wir dabei durch die ISCC Plus Nachhaltigkeitserklärung für unseren Kunststoffrasen nachvollziehen. Mit diesem Konzept leisten wir einen Beitrag zur Ressourcenschonung, Abfallvermeidung und Klimaschutz. Eine tolle Idee: neuer Kunststoffrasen aus altem Plastikabfall.“
Frage: Damit kein Mikroplastik in die Umwelt gelangen kann, ist der FieldTurf PUREFIELD ULTRA HD mit granulierten Olivenkernen verfüllt. Wie kommen die Spieler im NLZ mit dieser neuartigen organischen Verfüllung zurecht?
Hoffner: „Auf dem neuen Kunststoffrasenplatz trainieren die U-Mannschaften der TSG. Nach den ersten Trainingseinheiten war die einhellige Meinung, dass es gegenüber unseren anderen Kunststoffrasenplätzen keine Nachteile gibt.“
Kunststoffraseninterner Stoffkreislauf Der bei der TSG 1899 Hoffenheim ausgebaute Kunststoffrasen wird in einem Nachbarverein einer Wiederverwendung zugeführt. Der EOL- (End of Life) Kunststoffrasenbelag wird bei Morton Extrusionstechnik mechanisch recycelt und in EOLAgglomerat konvertiert. Dieser kunststoffraseninterne Kreislauf von FieldTurf entspricht den Grundsätzen des Europäischen Green Deal zur Förderung einer effizienten Ressourcennutzung und zum Übergang zu einer kreislauforientierten Wirtschaft.
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5 FieldTurf Purefield Ultra HD mit ISCC Plus-zertifizierter Kunstrasenfaser auf Basis von gemischtem Plastikabfall Massenbilanz-Ansatz (Foto: MET)
Klimaneutrale Sportanlagen Nicht nur bei der TSG 1899 Hoffenheim, sondern auch beim SV Hammerschmiede wurden diese Innovationen von FieldTurf realisiert. Der Autor sprach mit Franz-Josef Eger, Geschäftsinhaber Eger & Partner Landschaftsarchitekten BDLA aus Augsburg, über das Projekt SV Hammerschmiede.
Frage: Sie planen seit mehr als 20 Jahren Sportanlagen und Freiräume und genießen einen ausgezeichneten Ruf als Experte und Vordenker. Was hat sich in den vergangenen Jahren in Bezug auf die Ziele einer Planung geändert?
Eger: „Wir sind als Landschaftsarchitekten unserer gesellschaftspolitischen Verantwortung bewusst und wollen bereits in der Planung unseren Beitrag zum Erreichen der klimapolitischen Ziele leisten. Oberstes Ziel müssen die Planung und der Bau von nachhaltigen und klimaneutralen Sportanlagen sein!“ Frage: Welche Hilfestellung aus der Politik beziehungsweise der Gesetzgebung würden Sie sich als Planer wünschen?
Eger: „Ich wünsche mir, dass die Politik ihren vollmundigen Ankündigungen, wie die Reduktion von Treibhausgasemissionen innerhalb bestimmter Fristen erreicht werden soll, auch Taten folgen lässt. Dabei sollte eine Sportstättenplanung unterstützt, wenn nicht sogar gefordert werden, die Lebenszyklen von Materialien und Baustoffen in wirtschaftlicher und ökologischer Hinsicht würdigt, im Sinne der Kreislaufwirtschaft die Verwendung von kreislauffähigen und ökologisch sinnvollen Produkten fördert, den Einsatz von Recycling-Produkten fordert und eine neutrale CO2-Bilanz anstrebt. Wie bei Gebäuden mit den geförderten Effizienzhausstandards muss es geförderte Effizienzsportanlagenstandards geben!“