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Holz – ein neues Zeitalter

FALLSTUDIE: ERIC-TWEEDALE-STADION

Autorin Ivana Simkovic, dwp – design worldwide partnership, Sydney, Australien Fotos dwp – design worldwide partnership, www.dwp.com

Können Massivholzkonstruktionen eine kohlenstoffarme Alternative zu Stahl- und Betonkonstruktionen sein? Am Beispiel des Eric-Tweedale-Stadions untersucht Ivana Simkovic, Associate Design Director bei dwp in Sydney, die Vor- und Nachteile in Bezug auf Beschaffung, Handhabung und Leistung.

Holz ist einer der ältesten Bauwerkstoffe der Welt und wird seit der Antike aufgrund seiner natürlichen Schönheit, Vielseitigkeit und Robustheit geschätzt. Auch heute noch ist Holz eines der bei Architekten und Planern beliebtesten Materialien und findet in unterschiedlichsten Bereichen – vom Tragwerk bis hin zur Fassade – Anwendung. In den letzten drei Jahrzehnten wurde der Einsatz von Holz in der Baubranche dank neuen und innovativen Holzwerkstoffen revolutioniert.

Massivholzprodukte wie Brettsperrholz (CLT) und Brettschichtholz (Glulam) bilden eine außergewöhnlich solide und kohlenstoffarme Alternative zu Beton- und Stahlkonstruktionen. Ihre Einsatzmöglichkeiten sind extrem vielfältig: Sie reichen von einfachen Tragwerken bis hin zu großen Holzrahmenkonstruktionen und kompletten Holzbaulösungen und bieten Architekten die Option, mit Holz größer und höher zu bauen.

In Städten weltweit erheben sich inzwischen Hochhäuser in Holzbauweise – oft „Plyscraper“ genannt – und stellen die konventionelle Idee der Stadt als Dschungel aus Stahl und Beton infrage. Das höchste Holzgebäude der Welt ist das 85 Meter hohe Mjøstårnet-Hochhaus in der norwegischen Stadt Brumunddal. Das HoHo in Wien ragt 84 Meter in den Himmel, und in Vancouver hat der mit dem Pritzker-Preis ausgezeichnete Architekt Shigeru Ban kürzlich ein Hybrid-Hochhaus entworfen, bei dem Stahl und Beton mit einer Holzrahmenkonstruktion kombiniert werden. Die japanische Sumitomo-Gruppe will bis 2024 in Tokio einen 70-stöckigen Wolkenkratzer in Holzbauweise (CLT) konzipieren.

Verglichen mit diesen weltweiten Entwicklungen steckt der Holzbau in Australien noch in seinen Anfängen. Die Gründe hierfür sind vielschichtig: Australisches Holz ist selbst unter Berücksichtigung der Transportkosten immer noch teurer als aus Europa importiertes Holz, und das erste Brettsperrholzwerk in Australien wurde erst 2017 eröffnet.

Das Eric-Tweedale-Stadion in Sydney von dwp ist jedoch ein spannendes Beispiel für den Holzbau in der südlichen Hemisphäre. dwp legt großen Wert auf innovative Nachhaltigkeit, und der Holzbau ist eine der Nachhaltigkeitsinitiativen in diesem Kontext. Das in Holzmassivbauweise errichtete Stadion ist das erste Anwendungsbeispiel für Brettschichtholz bei einer Anlage dieser Art in Australien und ein beeindruckender Erfolg für den Ingenieurholzbau.

Das fast vollständig aus Brettschichtholz gebaute Stadion verfügt über eine Tribüne mit 760 Sitzplätzen und einen Veranstaltungsraum im ersten Stock unter einem weit auskragenden Dach. Ein wichtiger Teil der Aufgabenstellung war eine möglichst umfassende Einbeziehung von Nachhaltigkeitsinitiativen, und der Kunde zeigte sich offen für eine Holzkonstruktion.

FALLSTUDIE: ERIC-TWEEDALE-STADION

Konzept und Verbindung mit der lokalen Umgebung Für den Entwurf des Eric-Tweedale-Stadions in Granville, Sydney, stand die Verbindung der Anlage mit der lokalen Umgebung und der Geschichte der Cumberland Plains im Fokus. Das früher weitgehend bewaldete Gebiet war einst die Heimat mehrerer Clans des indigenen Darug-Volks. Mit dem Bau der Eisenbahnlinie zwischen Sydney und Parramatta in den 1850er Jahren begann jedoch eine großflächige Abholzung, sodass bereits ein Jahrzehnt später ein Großteil des nutzbaren Waldbestands verschwunden war. Mit dem Stadion in Holzbauweise wird nicht nur dieses Erbe zelebriert, sondern auch eine Verbindung hergestellt zu den riesigen silbrig-roten Eukalyptusbäumen westlich des heutigen Standorts.

Gebäudehülle und Materialien Die Formensprache des Stadions wurde von der bescheidenen Architektur der indigenen Völker inspiriert, die das Ergebnis hochkomplexer Beziehungen zwischen der physischen und sozialen Umwelt war. Auch die Materialwahl ist eine Antwort auf das Erbe des Ortes: Die einzigartige Brettschichtholzkonstruktion stellt eine Beziehung her zur Vergangenheit und Gegenwart des Standorts. Der weiche, erdige Glanz des Brettschichtholzes bringt Wärme in den Innenraum und schafft eine einladende Atmosphäre.

Holzdach Gemeinsam mit dem Ingenieurbüro Northrop untersuchte dwp zwei verschiedene Optionen für das Holzdach des Eric-Tweedale-Stadions. Eine Variante sah durchgehende Holzträger und eine leichtere Stahlkonstruktion vor. Bei dieser vom Statiker bevorzugten Option fehlte jedoch die Verbindung zur ersten Stadionebene. Die von dwp bevorzugte zweite Variante hatte eine einfachere Struktur und ließ sich gut mit der Planung der ersten Stadionebene vereinbaren, erforderte jedoch eine beträchtliche Menge an Stahlelementen an den Verbindungen der freitragenden Dachkonstruktion. Dies verdeutlicht einige der konstruktiven Einschränkungen im Ingenieurholzbau.

Vorgefertigte Holzkonstruktion Einer der Vorteile einer Holzkonstruktion besteht darin, dass sie standortfern vorgefertigt und in Abschnitten vor Ort montiert werden kann. Die Holzbauexperten von Rubner gliederten den Aufbau in drei Phasen, angepasst an die Produktions- und Transportbedingungen sowie das Montageverfahren. Die kreisrunden Öffnungen in der Dachpfette für das Entwässerungssystem wurden ebenfalls im Werk ausgeführt, was den Bauprozess auf der Baustelle vereinfachte.

Der Entwurf umfasste viele maßgeschneiderte Elemente – von der Anpassung der Verstrebungen an die Wandstärken bis hin zum vorgefertigten Betonaufzugschacht. Rubner und Northrop legten jedoch großen Wert auf ein konsistentes Erscheinungsbild des Holzes im Einklang mit dem ursprünglichen Entwurf, sodass dwp die Projektvision umsetzen konnte. Die standortferne Vorfertigung der Holzkonstruktion war dafür unerlässlich.

Innenraum Der Innenraum des Eric-Tweedale-Stadions ist eine Hommage an die Materialehrlichkeit. Im Veranstaltungsraum sind die Holzsparren und -stützen unverkleidet und werden durch rohe, polierte Blockwände im Erdgeschoss ergänzt. Da die Rohholzstützen Teil des Innenraumkonzepts sind, wurde bei der Vorfertigung viel Wert auf die Gestaltung des Stahlsockels dieser Stützen gelegt. Der Innenraum ist extrem einfach und zurückhaltend gestaltet. Wärme und Helligkeit entstehen durch die unverkleidete Präsenz des Holzes und anderer Baumaterialien.

CO2-Fußabdruck Nachhaltiges Design war ein wichtiges Projektziel, und die Holzkonstruktion war der Schlüssel zum Erreichen dieses Ziels. Es sollte gezeigt werden, dass ein Gebäude dieser Größenordnung ein äußerst nachhaltiges Bauwerk sein kann – kohlenstoffarm, abfallarm und äußerst energieeffizient zugleich. Neben der vorteilhaften CO2-Bilanz der Holzkonstruktion verfügt das Stadion über weitere Nachhaltigkeitsmerkmale: Ost-West-Ausrichtung für eine natürliche Querlüftung, passiver Sonnenschutz, Regenwassertank für die Bewässerung und die Toilettenspülung, Photovoltaikanlage und Messsysteme zur Verbrauchsüberwachung und -senkung.

Laut einer von Rubner durchgeführten Studie leistet das Eric-Tweedale-Stadion dank seiner Nettospeicherwirkung einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz in einer Größenordnung von rund 130 Tonnen CO2. Dieser Speichereffekt entspricht den Treibhausgasemissionen aus der Verbrennung von 268 Barrel Öl oder dem Lkw-Transport von 119.878 Tonnenkilometern.

VORTEILE UND HERAUSFORDERUNGEN IM HOLZBAU

Nachhaltigkeit Holz aus ökologisch bewirtschafteten Wäldern hat eine hervorragende Nachhaltigkeits- und Umweltbilanz. Es handelt sich um eine erneuerbare, recycelbare und wiederverwendbare Ressource, die als Kohlenstoffsenke fungieren kann, indem sie Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufnimmt und speichert. Beton hingegen ist und bleibt ein Hauptverursacher von Treibhausgasemissionen in der Bauindustrie. Laut einer 2014 im Journal of Sustainable Forestry veröffentlichten Studie könnten durch den Einsatz von Holzkonstruktionen anstelle von Stahl und Beton bis zu 31 % der weltweiten CO2-Emissionen vermieden werden.

Technische Eigenschaften Ein Massivholzbau hat eine hohe Tragkraft bei geringem Gewicht – mit einer Bruchlänge, die sogar jene von Stahl übertrifft. Diese Eigenschaften bedingen nicht nur eine beeindruckende Materialeffizienz, sondern ermöglichen auch kurze Bauzeiten und eine einfache Handhabung auf der Baustelle. Brettsperrholz und Brettschichtholz können standortfern mit nahezu jeder Abmessung, Form und Spannweite vorgefertigt werden – und sind gleichzeitig leichter als vergleichbare Beton- und Stahlkonstruktionen. Im Brandfall sind Holzkonstruktionen weniger einsturzgefährdet als Stahlkonstruktionen. Die Brenngeschwindigkeit und die Dauer des Erhalts der Tragfähigkeit können berechnet werden.

Qualität Massivholzkonstruktionen können standortfern vorgefertigt werden. Die Qualität der Vorfertigung in der Fabrik ist höher als jene unter weniger kontrollierten Bedingungen auf der Baustelle. Die Holzelemente können für eine einfache Vor-Ort-Montage präzise ausgemessen und millimetergenau gefertigt werden.

Ästhetische Attraktivität Holz hat eine natürliche Wärme und Helligkeit mit einer sowohl im Innen- als auch im Außenbereich hohen ästhetischen Attraktivität. Holz ist in einer Vielzahl verschiedener Töne erhältlich, die Holzmaserung beeindruckt mit einer angenehmen Optik und Haptik. Außerdem reguliert Holz nachweislich Feuchtigkeit und Oberflächentemperatur und schafft so ein angenehmes Innenraumklima. Zudem verfügt Holz über beeindruckende akustische Eigenschaften und eignet sich daher hervorragend für Arbeitsumgebungen und Gasträume.

Herausforderungen Natürlich gibt es auch im Holzbau spezifische Herausforderungen. In Australien ist es üblich, bei der Erstellung der Werkstattzeichnungen mit einem ausländischen Lieferanten und Ingenieurbüro zusammenzuarbeiten – so auch beim Eric-Tweedale-Stadion. Diese Art der Zusammenarbeit kann sich als komplex und zeitraubend erweisen. Zudem müssen die genaue Größe und Position aller Öffnungen im Holz von Beginn an berücksichtigt werden, da es sehr zeitaufwändig ist, fehlerhaft gefertigte Elemente zu ersetzen. Bei einer Vorfertigung im Ausland können sich zudem Probleme bei der Zertifizierung ergeben. Bei der Erstellung der Werkstattzeichnungen für das Eric-Tweedale-Stadion beispielsweise erfolgte die Zertifizierung der Konstruktion gemäß EuroCode nach australischen Normen.

Die Zukunft des Holzbaus bei dwp Am Beispiel des Eric-Tweedale-Stadions lässt sich ablesen, dass der Holzbau nicht nur ästhetisch ansprechende Bauten entstehen lässt, sondern auch für den klimafreundlichen Umbau unserer Städte von wesentlicher Bedeutung ist. Mithilfe einer praktikablen, kohlenstoffarmen Alternative zu Stahl und Beton können wir den Horizont der architektonischen Gestaltungskraft erweitern und gleichzeitig unsere Umweltbilanz verbessern. Eine zentrale Motivation von dwp ist es, klimafreundlichere Städte Wirklichkeit werden lassen. Auf der Grundlage des Erfolgs des EricTweedale-Stadions werden wir Holz für künftige Projekte in erster Linie aufgrund seiner hohen Nachhaltigkeit in Betracht ziehen – aber auch aufgrund seines beeindruckenden strukturellen Potenzials und seiner unvergleichlichen natürlichen Schönheit.

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