Catherine Lechner
Fritz Koppe Ein Leben für den Konsumentenschutz
Catherine Lechner
FRITZ KOPPE Ein Leben für den Konsumentenschutz
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Bibliographic information published by the Deutsche Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data are available in the Internet at http://dnb.d-nb.de.
Coverabbildung: © Copyright 2015 von Barbara Kintaert
ISBN-13: 978-3-8382-1829-8 © ibidem-Verlag, Stuttgart 2023 Alle Rechte vorbehalten Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und elektronische Speicherformen sowie die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. All rights reserved. No part of this publication may be reproduced, stored in or introduced into a retrieval system, or transmitted, in any form, or by any means (electronical, mechanical, photocopying, recording or otherwise) without the prior written permission of the publisher. Any person who does any unauthorized act in relation to this publication may be liable to criminal prosecution and civil claims for damages.
Printed in the EU
Vorwort Fritz Koppe war nicht nur der „Konsumentenpapst“, sondern auch an der Schaffung des Lebensmittelgesetzes 1975 und des Konsumentenschutzgesetzes 1979 beteiligt. Er engagierte sich für die Rechte der Konsumenten 1 und trug deshalb den eingangs erwähnten Beinamen „Konsumentenpapst“. Über das Lebensmittelgesetz 1975 habe ich im Jahr 2020 meine Masterarbeit an der Universität Wien bei Prof. Dr. Peter Becker verfasst und damals ein Kapitel Fritz Koppe gewidmet. Dieses Material, welches sich im Nachlass von Dr. Fritz Koppe befand, bildete die Grundlage für weitere Forschungen. Der gesamte Nachlass von Fritz Koppe wird im Sozialarchiv der AK aufbewahrt und ist nach Sachthemen geordnet. Dieser Nachlass entspricht nicht nur den zeitgeschichtlichen Überlieferungen, sondern vermittelt auch ein kulturhistorisches Bild und ist bedeutsam für die weitere Forschung. Fritz Koppe war ein Mensch, der für seine Überzeugungen gelebt hat und dessen wichtigstes Ziel es war, die Bevölkerung über die Konsumentenrechte aufzuklären, um sie unter anderem vor gesundheitlichen Schäden zu bewahren. Ich habe von ehemaligen Mitarbeitern von Fritz Koppe Informationen über seine Tätigkeit erhalten. Dieser Umstand ermöglichte es mir, Näheres über ihn zu erfahren. Ich möchte allen Gesprächspartnern und Personen danken, die zusätzliches Material zur Verfügung gestellt haben, und von diesen einige hervorheben. Besonders erwähnen möchte ich Frau Maria Ettl, Koppes langjährige Sekretärin und Managerin 34 Jahre hindurch im VKI (jetzt in Pension, aber noch immer tätig als Direktorin des Bezirksmuseums Wien-Josefstadt), welche mir mit Rat und Tat Hilfestellungen leistete. Frau Barbara Kintaert war 34 Jahre lang als Sachbearbeiterin in der SOWIDOK beschäftigt und mit der Beschlagwortung von Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln bis Ende 2001 sowie der Betreuung von Leser und Leserinnen bis Ende 2020 betraut. In diesen Funktionen konn1
Auf Gendern des Texts wurde verzichtet, weil dies in der von dieser Arbeit beschriebenen Zeit noch nicht üblich war.
5
6
FRITZ KOPPE
te sie mir viele relevante Artikel zur Erstellung der Biographie von Fritz Koppe zur Verfügung stellen. Bei Herrn Peter Hauer-Pawlik, möchte ich mich ebenfalls für seine Unterstützung bedanken.
Inhaltsverzeichnis Vorwort................................................................................................... 5 1.
Einleitung ....................................................................................... 9 1.1 Begründung und Ziel dieser Biographie ............................ 9 1.2 Die Familie Fritz Koppes .................................................... 11 1.2.1 Eltern und deren Geschwister im Nationalsozialismus .................................................. 11 1.2.2 Fritz Koppe in der Sozialistischen Jugend (1.12.1954 – 30.4.1958) ............................................... 24 1.2.3 Der berufliche Werdegang von Fritz Koppe .......... 28
2.
Konsumentenschutz: Die Vorgeschichte ............................... 45 2.1 Die internationale Entwicklung der Konsumentenrechte und des Konsumentenschutzes.. 45 2.2 Die Entstehung der Zeitschrift „Konsument“ in Österreich seit 1961 .......................................................... 61 2.3 Die Aufgabe und Entstehung des politischen Konsumentenbeirats ........................................................ 68
3.
Fritz Koppe und das Konsumentenschutzgesetz 1979......... 91 3.1 Die politische Vorgeschichte des Konsumentenschutzgesetzes 1979 ................................. 91 3.2 Der Gesetzgebungsprozess im Parlament ...................... 101 3.3 Das neue Lebensmittelgesetz (LMG) 1975 und die Mitwirkung Fritz Koppes .............................................. 122
4.
Fritz Koppe und die Lebensmittelskandale ........................ 133 4.1 Der Fleischskandal............................................................. 133 4.2 Der Weinskandal ............................................................... 137
5.
Fritz Koppe und der Verein für Konsumenteninformation (VKI) ........................................... 145 5.1 Die historische Entwicklung des VKI und seine Aufgaben ............................................................... 145 5.2 Die Veränderungen im VKI nach dem EU-Beitritt ....... 167 7
8 6.
FRITZ KOPPE Das Ausscheiden Fritz Koppes aus dem VKI und der AK ......................................................................................... 177 6.1 Fritz Koppes weitere Funktionen nach seiner aktiven Laufbahn ............................................................ 177 6.2 Nachrufe auf Fritz Koppe ................................................. 184
7.
Zusammenfassung.................................................................... 189
8
Verwendete Quellen und Literatur ....................................... 195 8.1 Archivalien des Österreichischen Staatsarchivs ............ 195 8.2 Archivalien des Parlamentsarchivs ................................. 195 8.3 Archivalien des Bezirksmuseums Wien-Josefstadt ....... 196 8.4 Archivalien des Instituts für Historische Sozialforschung (AK) ..................................................... 196 8.5 Archivalien des Bundesministeriums für Handel, Gewerbe und Industrie .................................................. 200 8.6 Literatur .............................................................................. 200 8.7 Schriftstücke aus einer Privatsammlung ........................ 206
9.
Internetressourcen .................................................................... 209
10. Verzeichnis der Interviewpartner ......................................... 211 11. Abbildungen ............................................................................. 213 11.1 Firma Neuber .................................................................... 213 11.2 Zeugnisse von Fritz Koppe ............................................. 214 11.3 Bilder von Fritz Koppe..................................................... 216
1. Einleitung 1.1 Begründung und Ziel dieser Biographie Das Hauptziel meiner Biographie ist es, einen umfangreichen Gesamtüberblick über Fritz Koppes Tätigkeiten und besonders den Konsumentenschutz, die Entstehung der Zeitschrift „Der Konsument“, den Verein für Konsumenteninformation (VKI) sowie Koppes privates Umfeld zu skizzieren. Interessanterweise wurde Koppes Persönlichkeit aus wissenschaftlicher Sicht noch nicht bearbeitet. Meine Forschungsarbeit verfolgt vorrangig folgende Zielsetzungen: 1.
2.
3.
4.
5.
Fritz Koppes Biografie, d.h. seine Eltern, Großeltern sowie seine eigene „halbjüdische“ Herkunft nach den „Nürnberger Rassengesetzen“ und die Ermordung seiner jüdischen Verwandtschaft im Zweiten Weltkrieg. Er wurde von den Nationalsozialisten als sogenannter „Mischling ersten Grades“ eingestuft, was für ihn eine Diskriminierung bedeutete. Fritz Koppes politische Karriere: Er war z.B. langjähriger Sprecher der Sozialistischen Jugend und öfters bei der internationalen Organisation der sozialistischen Jugend (IUSY) tätig. Koppes berufliche Laufbahn als Konsumentenschützer sowie sein Einsatz in der Arbeiterkammer (AK) und als Wegbereiter der Zeitschrift „Konsument“. Koppes Engagement für das Konsumentenschutzgesetz 1979 und das Lebensmittelgesetz (LMG). Er engagierte sich für den Gesundheitsschutz und trat unter anderem für die Kennzeichnungspflicht ein, die zu weitreichenden Verbesserungen für die Konsumenten führte. Koppes Freundschaft und Zusammenarbeit mit Josef Staribacher im Handelsministerium, wo er zunächst als Sekretär des Ministers für konsumentenpolitische Angelegenheiten zuständig und ab 1973 Geschäftsführer des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) war. Im
9
10
FRITZ KOPPE
1.
2.
3. 4. 5.
Rahmen der Recherchen wurden folgende Quellenbestände bearbeitet: Koppes Nachlass in der Arbeiterkammer. Hier finden sich wichtige Primärquellen, die das Zeitgeschehen dokumentieren. Stenographische Protokolle und Unterlagen zum Gesetzgebungsprozess aus der Parlamentsbibliothek, die den Diskurs in den Medien und in der Öffentlichkeit sowie dessen politische Auswirkungen belegen. Quellen des Bundesministeriums für Konsumentenschutz. Kommentare in den Zeitungen und die dazugehörige Debattenanalyse. Ministerratsprotokolle, die die Entstehung der Gesetzgebung dokumentieren. Die Vorbereitung des Konsumentenschutzgesetzes war ein zentraler Punkt, weil dabei unterschiedliche Interessen und Ordnungsvorstellungen aufeinandertrafen. Die vorliegende Arbeit stützt sich hauptsächlich auf den Nachlass Fritz Koppes sowie „Erinnerungsstücke und private Dokumente, bereitgestellt von der Schwiegertochter Barbara Kintaert“, sowie auf die Aufzeichnungen Maria Ettls vom Bezirksmuseum WienJosefstadt, das Material im Archiv des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort und auf Gespräche mit Zeitzeugen. Nachdem ich die Quellenlage gesichtet und interessante Unterhaltungen mit ehemaligen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen Koppes geführt hatte, habe ich mich dazu entschlossen, mich dem Menschen Fritz Koppe wissenschaftlich anzunähern. Sein persönlicher Nachlass ist ein zeithistorisches Dokument und deshalb zeige ich in dieser Biografie die bedeutendsten Innovationen Koppes auf. Seine Tätigkeiten sind dermaßen umfangreich, dass sich in der weiteren Forschung noch mehr Erkenntnisse über seine Tätigkeit herauskristallisieren dürften.
Meine Forschungen beziehen sich nicht nur auf Koppes historische Biografie, sondern sind vor allem mit seinem politischen Wirken für den Konsumentenschutz in der Arbeiterkammer ver-
EINLEITUNG
11
bunden. Der Gegenstand der Arbeit umfasst damit eine soziologische und historische Bearbeitung der Person Fritz Koppe und seiner Familie sowie der vielen Tätigkeiten, welche er im Lauf seines Lebens ausübte. Ohne einen geschichtlichen Blick auf die Entstehung des Konsumentenschutzgesetzes, der daraus abgeleiteten Rechte der Konsumenten und Konsumentinnen sowie der Zeitung „Konsument“ sind die Entwicklungen nicht zu verstehen. Konsum und Konsumentenrollen unterliegen einer Veränderungsdynamik, welche nicht abgeschlossen ist, wie z.B. die Kennzeichnungspflicht im neuen Lebensmittelgesetz. Fritz Koppe hat sich mit den fachwissenschaftlichen Themen intensiv beschäftigt. Diese Ausführungen fanden in seinen Büchern einen weiteren Niederschlag. Seiner Hartnäckigkeit und Deutlichkeit ist es zu verdanken, dass viele Neuerungen, z.B. die Einführung des Konsumentenschutzes, umgesetzt wurden. Es scheint dennoch so, als ob er in Vergessenheit geraten wäre. Deswegen war es mir ein Anliegen, über Fritz Koppe zu schreiben, um sich an ihn als Mensch und an seine Leistungen zu erinnern.
1.2 Die Familie Fritz Koppes 1.2.1
Eltern und deren Geschwister im Nationalsozialismus
Der väterliche Großvater von Fritz Koppe, Carl W. Koppe, stammte aus Preußen bzw. aus dessen Provinz Brandenburg und war Maurer. Mit seiner ersten Frau, Lina Neupert, hatte er zwei Kinder, Max und Grete, die in Luckenwalde (zwischen Leipzig und Berlin) geboren wurden. Nach dem frühen Tod seiner Frau heiratete Carl erneut und bekam mit seiner zweiten Ehefrau einen weiteren Sohn und eine Tochter. Die Familie war evangelisch/protestantisch nach dem Augsburger Bekenntnis (A.B.).2 Max Koppe, geboren am 24.9.1887 in Luckenwalde, besuchte in seiner Heimat sechs Jahre die Volksschule und absolvierte nach einer weiterführenden Schule eine Ausbildung als Schriftsetzer.3 2
3
Vgl. Barbara Kintaert, Biographischer Abriss der Herkunftsfamilie von Fritz Koppe, Wien Februar 2021, 1. Vgl. Kinderfreunde-Archiv, Max Koppe, Laudatio-Text.
12
FRITZ KOPPE
Als er die Lehrzeit 1906 beendet hatte, ging er auf Wanderschaft, d.h. „auf die Walz.“4 Fritz Koppe erinnerte sich 2009: „Mein Vater wollte die Welt kennenlernen. Deshalb verließ er Luckenwalde und ging auf die Walz. 5 Fritz Koppe schildert in seinen handschriftlichen Aufzeichnungen, dass sein Vater von Buchdruckerei zu Buchdruckerei wanderte und seinen Sonntagsanzug in einem Koffer mit der Bahn hunderte Kilometer vorausschickte, um ihn zu schonen. Dieser Anzug war dann ein regelmäßiger Begleiter von Max Koppe. Er trug ihn so oft wie möglich, z.B. auch „auf seiner Walz“, die ihn von Luckenwalde bei Berlin bis Straßburg, durch das Rheinland und die östliche Schweiz bis nach Wien führte. Dieser Anzug blieb für Max Koppe immer das Ideal eines „guten Stückes.“ 6 Diese Strecken legte er meistens zu Fuß zurück. 1910 ließ er sich für immer in Wien nieder.7 Max Koppe arbeitete immer wieder in seinem erlernten Beruf. Fritz Koppe berichtete über seinen Vater: „Es gab zwei Dinge, die er immer tat, wenn er in eine neue Stadt kam: Er meldete sich erstens bei der Buchdruckergewerkschaft und zweitens bei den Sozialdemokraten.“8 Max Koppe baute in Wien zusammen mit Max Winter (ein österreichischer Journalist und Politiker, 1870-1937) die sozialdemokratische Bildungseinrichtung „Kinderfreunde Leopoldstadt“ auf, wobei seine spätere Frau, Berta Fleischer von Beginn an dabei war. Mitglieder dieser Organisation beaufsichtigten gegen einen geringen Mitgliedsbeitrag Kinder deren Eltern sie ihnen zeitweilig anvertrauten9 Überdies hatte nahezu niemand von den Funktionären und den beaufsichtigten Kindern der „Kinderfreunde Leopoldstadt“, die alle der Sozi-
4 5
6
7 8
9
Vgl. Kintaert, Biographischer Abriss, 1. Märkische Allgemeine, Luckenwalder Nachrichten, Beilage, Ausflüge und Bücher, Max Koppe ist Mitbegründer der Leopoldstädter Kinderfreunde/Nachfahren leben in Wien, 8.1.2010. Vgl. Fritz Koppe, Im Kampf gegen Gauner und Geschäftemacher, unveröffentlichtes Typoskript, Wien 16.6.1980, 1-2. Vgl. Kintaert, Biographischer Abriss, 1. Märkische Allgemeine, Luckenwalder Nachrichten, Beilage, Ausflüge und Bücher, Max Koppe ist Mitbegründer der Leopoldstädter Kinderfreunde/Nachfahren leben in Wien, 8.1.2010. Ebd.
EINLEITUNG
13
aldemokratie angehörten und fast alle jüdischer Abstammung waren, die Judenverfolgung überlebt.10 1962 verfasste Max Koppe das Heft „50 Jahre Kinderfreunde, eine politische Chronik in der Leopoldstadt“. Darin beklagte er, dass es keine Wiedergutmachung für die Kinderfreunde gab.11 Max Winter, der 1889 die „Arbeiterzeitung“ gegründet hatte, war gleichzeitig einer deren Redakteure.12 Da sein Vater gewalttätig war, wollte er schon früh die gesellschaftlichen Zustände ändern.13 Es war ihm ein großes Bedürfnis, mehr Verständnis für Kinder zu erwirken. So gründete er unter anderem 1910 die Ortsgruppe „Alsergrund“.14 Als der Erste Weltkrieg ausbrach, wurde Max Koppe nicht zum Kriegsdienst eingezogen, weil er lungenkrank (TBC) war. Während viele seiner Freunde zum Kriegseinsatz verpflichtet wurden, wurde Max Koppe mit der Leitung der Kinderfreunde beauftragt. 15 Er berichtete: „Nachdem ich nun das Glück hatte, mein Vaterland nicht verteidigen zu müssen, übernahm ich nun die Obmannstelle der Kinderfreunde – eine Funktion, die erst am 13. Februar 1934 von der Polizei in einer Kerkerzelle im PraterKommissariat als beendet erklärt wurde.“ 16 Kurzfristig wurde Max Koppe im Februar 1934 unter dem Verdacht inhaftiert, Waffen des Schutzbundes zu verstecken17 Er leistete bereits im April 1945 als neuerlicher Vereinsobmann einen wesentlichen Beitrag zur Wiedererrichtung der Ortsgruppe Wien-Leopoldstadt der österreichischen Kinderfreunde. Nebenbei übte er viele Jahre lang verlässlich die Funktion eines Kontroll- und Überwachungsaus-
10 11
12
13 14 15
16
17
Vgl. Kintaert, Biographischer Abriss, 2. Vgl. Max Koppe, 50 Jahre Kinderfreunde Leopoldstadt, Eine politische Chronik, Mai 1962, 28. Vgl. Gabrielle Selbherr, Max Winter. Sein Wort sprach für Freiheit und Recht. Seine Feder diente den Verkannten und Enterbten. Sein Herz aber schlug für die Kinder, phil. Diss., Univ. Wien 1995, 31. Vgl. ebd., 25.4.1995, 22. Vgl. ebd., 25.4.1995, 57. Vgl. Ausflüge und Bücher, Max Koppe ist Mitbegründer der Leopoldstädter Kinderfreunde/Nachfahren leben in Wien, Märkische Allgemeine, Luckenwalder Nachrichten, Beilage, 8.1.2010. Max Koppe, 50 Jahre Kinderfreunde Leopoldstadt, Eine politische Chronik, Mai 1962, 25. Vgl. ebd.
14
FRITZ KOPPE
schussmitglieds im Landesvorstand der Wiener Kinderfreunde aus. 18 Sein Glaube an den Sozialismus blieb trotz des Hitlerregimes und seiner Existenzvernichtung weiterhin bestehen 19 Er war ab 1945 in der Sozialdemokratischen Partei erneut tätig. Es war gerade der Faschismus, der aufzeigte, dass viele jener Kinder, die früher bei den Kinderfreunden gewesen waren, weiterhin ihrer sozialistischen Gesinnung treu geblieben sind. 20 1948 vertraute Max Koppe die Führung der Gemeinschaft dem damaligen Obmann Josef Weis an.21 Max Koppe hat aber auch enorme Leistungen für die italienischen Überschwemmungsopfer im Zuge der Polesine- Aktion 1952 erbracht. So wurden seinerzeit auf seinen Einsatz hin 500 Kinder aus dem Po-Gebiet (Italien) zu einem Erholungsaufenthalt nach Wien geschickt.22 Max Koppe hatte nicht nur mit großem Erfolg Schülerausspeisungen, vor allem nach den zwei Weltkriegen, durchgeführt, sondern war auch für die Kinderlandverschickung „Wiener Kinder fahren nach Italien“ zuständig.23 Er arbeitete in den Jahren 1914 bis 1934 als Obmann mit Erfolg für die Kinder seiner Region. In dieser Zeit gründete Koppe die Tageserholungsstätte in der Freudenau.24 Dieser Verein organisierte Lernmöglichkeiten sowie Ausflüge für die Kinder des Arbeiterviertels, deren Eltern sich meistens in Untermiete befanden, und gründete darüber hinaus Spiel- und Sportstätten.25 Die Kinderfreunde waren als Faktor des Widerstands gegen die „christliche“ Regierung Dollfuß antiklerikal. Der Zweck der Kinderfreunde war nicht nur mit Bildung und Freizeit verbunden, sondern er hatte auch eine politische Ausrichtung. Im Februar 1934, mit der Untersagung der Kinderfreunde und der Pfändung
18 19
20 21
22 23 24 25
Vgl. Kinderfreunde-Archiv, Max Koppe, Laudatio Text. Vgl. Bezirkszeitung der SPÖ, Kleine Nachrichten, Mitteilungen der Bezirksorganisation, Nr. 10, 4. Jg., Oktober 1952, 3. Vgl. ebd., 2. Vgl. SPÖ Wien, Weblexikon der Wiener Sozialdemokratie 2005, URL: http:// www.dasrotewien.at/seite/koppe-max.html. Vgl. Kinderfreunde-Archiv, Max Koppe. Vgl. ebd. Ebd. https://www.luckenwalde.de/Stadt/Geschichte/Ehrenb%C3%BCrger-und-b ekannte-Luckenwalder/ 26.3.2018.
EINLEITUNG
15
ihres Besitzes, ging alles aus heiterem Himmel rasch zu Ende. Die Jugendgemeinschaften der Roten Falken und der Sozialistischen Arbeiterjugend waren augenblicklich sich selbst überlassen und gingen in die Illegalität. Zudem konnte die Durchführung solcher politischer Tätigkeiten mit Haft bestraft werden. Dennoch lebten diese Gemeinschaften weiter. Der bedeutsamste Unterschlupf war die Lobau, eine ursprüngliche Aulandschaft an der Donau in Wien. 26 1934 wurden alle Organisationen der Sozialdemokratischen Partei unter Bundeskanzler Kurt Schuschnigg, dem Nachfolger Dollfuß, verboten. Auch die Kinderfreunde-Büchereien wurden geplündert und erst nach Kriegsende 1945 – notdürftigwiederhergestellt. Die Kinderfreunde hatten jedoch nie mehr jene Relevanz wie in der Zwischenkriegszeit, bevor sie das autoritäre Dollfuß-Regime auflöste. 27 Es wurde zu Ehren Max Koppes im Jahre 2005 eine Gasse im zweiten Bezirk nach ihm benannt28 Max Koppe übte seinen Beruf als Schriftsetzer von 1911 bis 1931 erfolgreich aus. Ab 1931 bis zu seiner Kündigung durch die Nationalsozialisten 1938- „wegen politischer Unzuverlässigkeit“war er als Hausinspektor der Gemeindebauten der Stadt Wien tätig. Nach dem Kriegsende 1945 bis zu seiner Pensionierung 1954 übertrug man ihm abermals die frühere Stellung als Inspektor bei der Hausverwaltung der Gemeindebauten der Stadt Wien.29 1910 lernte er seine Frau Berta Fleischer, geboren 1889 in Wien im zweiten Bezirk, kennen und vermählte sich 1921 mit ihr. Sie war wie Max Koppe in der sozialistischen Bewegung tätig. 30 Berta Fleischer war nicht nur eine gelernte Buchhalterin, sondern auch maßgeblich am Aufbau des Büchereiwesens der Leopoldstädter Kinderfreunde beteiligt und für die Ausbildung ehrenamtlicher
26
27
28
29 30
Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien (AK), Nachlass Fritz Koppe, Kassette vom 23.6.2003, Auswirkungen der Rassengesetze auf die Familie Koppe, 2. Vgl. Felix Czeike, Historisches Lexikon Wien in 5 Bänden, Band 4, Wien 1995, 701. Vgl. SPÖ Wien, Weblexikon der Wiener Sozialdemokratie 2005, URL: http:// www.dasrotewien.at/seite/koppe-max.html. Vgl. Kinderfreunde-Archiv, Max Koppe. Vgl. Kintaert, Biographischer Abriss, 1.
16
FRITZ KOPPE
Bibliothekarinnen zuständig. 31 Die Eheschließung bewahrte die Jüdin Fleischer später vor der Deportation durch das NS-Regime und sicherte ihr das Überleben.32 Sie wurde allerdings diskriminiert und musste mit den mit „J“ für „Jude/Jüdin“ gekennzeichneten Lebensmittelkarten einkaufen gehen. Dadurch bekam sie nur minderwertige Lebensmittel. Hiermit sollte auf die jüdische Abstammung des Karteninhabers hingewiesen werden.33 Außerdem durfte sie den Schrebergarten an der Alten Donau, den die Familie Koppe gepachtet hatte, als „Jüdin“ nicht benützen.34 Fritz Koppe erinnerte sich: „Erst in den letzten Kriegsjahren wohnte sie wieder in unserem Gartenhaus, wurde als meine ‚Tante‘ ausgegeben und betrat möglichst selten den Garten vor unserem Haus und verließ niemals die Parzelle. Besonders arg war es für uns, dass sie nie einen Ausflug machen konnte und kein Kino oder Theater besuchen durfte.“35 Max Koppe konnte mit seiner „preußischen Art“ gegen etwaige Nazi-Profiteure erreichen, dass der Schrebergarten an der Alten Donau nicht „arisiert“ wurde.36 Über die Besitzverhältnisse des Schrebergartens wusste die Schwiegertochter Barbara Kintaert nur, dass die Koppes (vielleicht schon seit der Hochzeit 1921 oder auch erst zehn Jahre später, als Fritz Koppe ein kleiner Bub war ) diesen Garten im Kleingartenverein „Me31
32 33
34
35
36
Ausflüge und Bücher, Max Koppe ist Mitbegründer der Leopoldstädter Kinderfreunde/Nachfahren leben in Wien, Märkische Allgemeine, Luckenwalder Nachrichten, Beilage, 8.1.2010. Vgl. ebd., 2. Märkische Allgemeine, Luckenwalder Nachrichten, Beilage, Ausflüge und Bücher, Max Koppe ist Mitbegründer der Leopoldstädter Kinderfreunde/Nachfahren leben in Wien, 8.1.2010. Vgl. Mag. Sabine Lichtenberger,, Zeitzeugeninterview des Instituts für AKund Gewerkschaftsgeschichte, 11.12.2008. 7.. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Kassette vom 23.6.2003, Auswirkungen der Rassengesetze auf die Familie Koppe, 4. Märkische Allgemeine, Luckenwalder Nachrichten, Beilage, Ausflüge und Bücher, Max Koppe ist Mitbegründer der Leopoldstädter Kinderfreunde/Nachfahren leben in Wien, 8.1.2010. Fritz Koppes Schwiegertochter Barbara Kintaert dazu: „Es ist familienintern jahrelang immer wieder erzählt worden, dass Max Koppe, der den sogenannten „brandenburgischen Piefke‘Dialekt sprach“, es mehrmals geschafft hat, durch sein (gespieltes) ‚Preußisches‘ Auftreten irgendwelche Wiener Nazis oder Mitläufer nachhaltig einzuschüchtern, auch solche, die angedeutet hatten, ihm den Schrebergarten wegnehmen zu wollen.“
EINLEITUNG
17
xiko“ gepachtet hatten, und zwar für „99 Jahre“. Der „Wahlmexikaner“ verbrachte später jedes Wochenende in diesem Garten.37 Berta Fleischer hatte drei ältere Schwestern, Cäcilia (geboren 1883), Jeanette (geboren 1886) und Henriette (geboren 1888). Diese vier „Fleischer-Mädeln“ waren alle in Wien geboren, stammten aber aus einer typischen k.u.k. österreichischen „zugezogenen“ Familie: Der Vater, Heinrich (Chaim) Fleischer, Fritz Koppes Großvater mütterlicherseits, stammte aus Óbuda, einem Außenbezirk von Budapest – heute der dritte Bezirk Budapests – war 1856 geboren und der Jüngste unter seinen Geschwistern. Er vermählte sich 1882 in Wien mit Adelina Schnürmacher, die in der südmährischen Stadt Trebitsch (Třebíč) 1859 geboren worden war. Adelina hatte nur einen älteren Bruder namens Leopold Fleischer. Heinrich Fleischer war Kondukteur bei der privaten Wiener Straßenbahngesellschaft, die erst später unter dem Christlichsozialen Bürgermeister Karl Lueger (1844-1910) kommunalisiert wurde. Die nicht sehr religiöse jüdische Familie Fleischer lebte in der Taborstraße 59 im zweiten Wiener Bezirk.38 Berta Koppe war die einzige der vier Schwestern, die den Holocaust überlebte. 39 Sie wollte zunächst nach Großbritannien auswandern und lernte dazu Englisch. Zudem lernte sie englische Rezepte auswendig, um als Köchin für die österreichische und englische Küche zu arbeiten. Berta wollte ihren Sohn mitnehmen, aber Max Koppe war gegen diesen Plan. Daraufhin wollte sie alleine reisen, aber die Schwierigkeiten, Arbeit in England zu bekommen, wurden immer größer. Deswegen entschloss sie sich schweren Herzens dazu, während des Krieges in Wien zu bleiben.40 Bertas älteste Schwester, Cäcilia Fleischer, verheiratete Schechter, hatte mit ihrem Mann, Michael Schechter, ein Delikatessengeschäft in Wien in der Märzstraße/Ecke Johnstraße. Ihr Sohn, Walter Schechter, geboren 1904, war Beamter der Wiener Kran37
38 39 40
Herbert E. Hacker, Ein Leben gegen Gift und Galle, in: WirtschaftsWoche Nr. 31, 29.7.1993, 35. Vgl. Kintaert, Biographischer Abriss, 2. Vgl. ebd. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Kassette vom 23.6.2003, Auswirkungen der Rassengesetze auf die Familie Koppe, 5.
18
FRITZ KOPPE
kenkasse und hatte ein Wochenendhaus im 18. Bezirk. Cäcilie Schechter, ihr Mann, ihr Sohn, ihre Schwiegertochter Grete sowie ihr Enkel, Richard Schechter, geboren 1926, mussten das Geschäft und alle ihre Besitztümer den Nationalsozialisten überlassen und flohen zunächst nach Finnland.41 Dort kam Cäcilie Fleischer am 13. Oktober 1942 bei einem sowjetischen Luftangriff auf Helsinki ums Leben. Die trauernde Familie zog daraufhin weiter nach Schweden bzw. Stockholm, wo sie den Krieg überlebten, jedoch nicht mehr nach Wien zurückkehrten.42 Durch ihre Familienforschung konnte Mag. Barbara Kintaert 2008 den Kontakt zu Richard Schechter in Stockholm wiederherstellen. Daraufhin übergab er ihr mehrere alte Fotos der Familie. Die zweitälteste Schwester Jeanette (Jenny, geboren1886), verheiratet mit Siegfried Albin,43 einem Handelsvertreter in verschiedenen Ländern, besonders auf dem Balkan und in Frankreich44, hatte einen Sohn und zwei Töchter, die beide auswandern konnten. 45 Jeanette Albins älteste Tochter, Alice (Liesl, geboren 1909), wanderte mit ihrem Mann, Robert Brunner, einem Elektriker, wohnhaft in der Darwingasse 33, nach Bolivien und von dort in die USA aus. 46 Fritz Koppe hat Robert und Liesl vor vielen Jahrzehnten einmal in New York besucht.47 Zu erwähnen ist noch, dass Jeanette Albin wie ihre Schwester Berta Fleischer in der Bibliothek der Kinderfreunde tätig war.48 Jeanettes zweite Tochter, Gretl Albin (geboren 1914), emigrierte als „Hausgehilfin“ nach England und blieb bis an ihr Lebensende dort. 49 Fritz Koppe hat sie zweimal in England be-
41 42
43 44 45
46 47
48 49
Vgl. Kintaert, Biographischer Abriss, 2. Vgl. Archiv des Bezirksmuseums Wien-Josefstadt, Nachlass Fritz Koppe, Diktat für Lhotzky vom 19.1.2008, 2. Vgl. ebd. Vgl. Kintaert, Biographischer Abriss, 2. Vgl. Archiv des Bezirksmuseums Wien-Josefstadt, Nachlass Fritz Koppe, Diktat für Lhotzky vom 19.1.2008, 2. Vgl. Kintaert, Biographischer Abriss, 2. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Kassette vom 23.6.2003, Auswirkungen der Rassengesetze auf die Familie Koppe, 5. Vgl. Kintaert, Biographischer Abriss, 5. Vgl. ebd., 2.
EINLEITUNG
19
sucht.50 Seine Tante „Jenny“ und sein Cousin Hans Albin wurden im Februar 1941 von den Nationalsozialisten von Wien nach Opole Lubelskie deportiert – einem Ghetto im heutigen Polen. Eineinhalb Jahre später wurden dieses Ghetto und die dorthin deportierten Menschen „liquidiert“, was die Deutschen als „Erntedankfest“ bezeichneten. Siegfried Albin war unterdessen in Frankreich festgenommen und nach Drancy, einer französischen Gemeinde bei Paris, gebracht worden. Von dort wurde er nach Auschwitz verschleppt und ermordet.51 Die drittälteste Schwester, Henriette Jetty (geboren 1888), verheiratet mit Leo Adler, hatte zwei Söhne, Oswald (geboren 1920) und Richard Adler (geboren 1921). Beide Söhne waren schon von früher Kindheit an von den sozialdemokratischen Gedanken durchdrungen und hatten den kleinen Fritzi durch diese Gesinnung stark geprägt. Oswald und Richard Adler waren in der sozialistischen Kinderfreunde-Bewegung von klein auf aktiv. Sie waren bei der Sozialistischen Jugend und als die Sozialdemokratie und die Kinderfreunde im Jahr 1933 verboten wurden, waren sie bei den illegalen SJ Zeltlagerstätten in der Lobau und im illegalen Widerstand gegen den Dollfuß-Faschismus. Mit diesen Cousins hatte Fritz Koppe eine sehr enge Verbindung, die ihn schon früh politisch sozialisierte. Allerdings wurde er noch mehr von seinen Eltern sozialdemokratisch sozialisiert. Henriette war ausgebildete Schneiderin und Leo Adler übte den Beruf eines Handelsangestellten aus.52 Aus politischen Gründen kam ihr Sohn Oswald im Herbst 1938 in Gestapohaft und ein paar Monate später ins KZ Dachau. Seine Eltern schafften es mit einem gekauften Monte-Carlo-Visum, Oswald im Juni 1939 aus Dachau zu befreien. Er musste allerdings unverzüglich das Deutsche Reich verlassen. 53 Er heiratete im Juli 1939 seine Freundin Trude Glaser, welche allerdings kein eigenes Visum hatte, aber als 50
51 52 53
Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Kassette vom 23.6.2003, Auswirkungen der Rassengesetze auf die Familie Koppe, 5. Vgl. Kintaert, Biographischer Abriss, 2. Vgl. ebd., 2-5. Vgl. Archiv des Bezirksmuseums Wien-Josefstadt, Nachlass Fritz Koppe, Diktat für Lhotzky vom 19.1.2008, 2.
20
FRITZ KOPPE
seine Ehefrau, mit ihm gemeinsam auf seinem Visum nach Italien (Triest) fliehen konnte.54 Henriette und Leo Adler hatten nun aber kein Geld mehr. Sie versuchten Unterstützung von der Gildemeester-Aktion zu bekommen, aber vergebens. 55 Die Gildemeester-Aktion bezweckte, dass reiche jüdische Bürger emigrieren konnten, allerdings nur unter der Bedingung, dass sie zugleich durch Beschlagnahme ihres Vermögens und Vertreibung aus dem Wirtschaftsleben ausgeschlossen wurden. Durch diesen Ausreiseantrag unter restloser Beraubung des Besitzes wurde zugleich die Ausreise vermögensloser Juden und Jüdinnen finanziert. Benannt wurde diese Variante der Emigration 1938 nach dem Niederländer Frank van Gheel Gildemeester.56 Im Frühjahr 1944 erhielt Berta Koppe keine Post mehr von ihrem Neffen Oswald Adler aus Italien, wo er in einem Gebirgsdorf in Latium als „internato civile di guerra“ in „confine libero“ (freie Grenze) als registrierter Flüchtling lebte. Die Nationalsozialisten hatten letztendlich Oswald Adler und zahlreiche andere jüdische Flüchtlinge in den Bergen nahe Montecassino entdeckt und in das KZ Fossoli bei Carpi in die Provinz Modena deportiert. Von dort wurden sie im Mai 1944 nach Auschwitz gebracht. Oswald Adler starb eine Woche nach dem Todesmarsch vom KZ Groß-Rosen ins KZ Flossenbürg am 4. März 1945 an Erschöpfung und Erfrierungen – nur wenige Wochen vor der Befreiung und vor seinem 25. Geburtstag. Trude Adler, geborene Glaser, überlebte das Vernichtungslager schwer gezeichnet und emigrierte nach Israel. Einen Monat nach der Deportation von Jeanette und Hans Albin kamen Henriette und Leo Adler im März 1941 in das Ghetto Lagow/Opatow und wurden eineinhalb Jahre danach ebenfalls von den Nationalsozialisten ermordet.57 Richard Adler, der jüngere Bruder von Oswald Adler, verbrachte den Sommer 1938 in einem Ferienlager der verbotenen sozialistischen Jugend in der Wiener Lobau. Ein angrenzendes 54 55 56
57
Vgl. ebd., 2. Vgl. Kintaert, Biographischer Abriss, 3. Vgl. Demokratiezentrum Wien, 2021, URL: https://www.demokratiezentrum .org/wissen/wissenslexikon/gildemeester-auswanderungsaktion.html. Vgl. Kintaert, Biographischer Abriss, 3-4.
EINLEITUNG
21
Camp der zionistischen sozialistischen Jugend plante die Emigration nach Palästina/Erez Israel. Leo Adler, der Vater von Richard, gab ihm den Rat, sich dieser Gruppe anzuschließen. Es gelang ihm tatsächlich, mit einem legalen britischen Palästina-Zertifikat der Jugend-Aliah für unter 17-Jährige nach Palästina zu flüchten; er leistete Dienst beim britischen Militär. 1945 besuchte Richard Adler sogar seinen Cousin Fritz Koppe und dessen Eltern in deren Wohnung, die in der russischen Zone Wiens lag, in britischer Uniform. Unermüdlich beteiligte er sich an der Erforschung des ungewissen Schicksals seines Bruders. Später wurde er in Palästina aus der Armee verabschiedet und schloss sich einem Kibbuz an,58 d.h. einer Besiedlungsform in Israel, welche auf einer progressiven und gemeinnützigen Grundlage aufbaut. 59 Richard Adler verbrachte sein weiteres Leben in Haifa.60 Sowohl Max Koppe als auch Berta Koppe waren konfessionslos.61 Berta Fleischer trat aus der Jüdischen Kultusgemeinde am 17. November 1921 aus. Fritz Koppe wurde ebenfalls konfessionslos erzogen.62 Fritz Koppe dazu: „1935, als ich in die Schule kam, war Konfessionslosigkeit ein echtes Problem. Mein Vater ließ mich daher evangelisch taufen. Ich spüre heute noch das kalte Wasser, das mir bei der Taufe über den Kopf geschüttet wurde!“63 Max und Berta Koppe kreierten vor ungefähr 100 Jahren den seither gebräuchlichen Familienspruch: „Ich bin kein Judʼ, ich bin kein Christ, ich bin ein kleiner Sozialist!“64 Dieser Leitsatz wurde für beide fast eine Ersatzreligion und stand für Gleichberechtigung, Gerechtigkeit und Solidarität mit den Ärmsten.65
58
59
60
61 62
63 64 65
Vgl. Archiv des Bezirksmuseums Wien-Josefstadt, Nachlass Fritz Koppe, Diktat für P. Lhotzky vom 19.1.2008, 2. Vgl. Zionismus: Die Idee des Kibbuz, Jüdisches Leben online, ha Galil.com, URL: https://www.hagalil.com/israel/kibbutz/kibbutz.htm. Vgl. Archiv des Bezirksmuseums Wien-Josefstadt, Nachlass Fritz Koppe, Diktat für P. Lhotzky vom 19.1.2008, 2. Vgl. Kintaert, Biographischer Abriss, 1. Vgl. Archiv des Bezirksmuseums Wien-Josefstadt, Nachlass Fritz Koppe, Diktat für Lhotzky vom 19.1.2008, 2. Ebd. Kintaert, Biographischer Abriss, 1. Vgl. ebd., 1-3.
22
FRITZ KOPPE
Fritz Koppe erzählte Jahre später seiner Schwiegertochter Barbara Kintaert, dass er im Herbst 1942 von seiner Mutter ersucht wurde, gemeinsame, ebenfalls jüdische oder halbjüdische, Bekannte im ersten Bezirk zu besuchen: Diese Familie hatte einen Brief von deportierten Verwandten aus Opatow erhalten. Fritz, damals 13 Jahre, hat damals den Brief abgeschrieben, um ihn seiner Mutter nach Hause mitzubringen. Zusätzlich hat er den Brief unterwegs auswendig gelernt, damit er ihn bei Gefahr unter Umständen vernichten konnte. In dem Brief war zu lesen: „Liebe Verwandten, wir hatten hier in Opatow schreckliche jüdische Feiertage. Das ganze Ghetto wurde gezwungen, auf die Felder zu gehen und die eine Hälfte der Menschen musste lauter Gräber ausschaufeln. Dann wurden diejenigen, die geschaufelt hatten, erschossen und wir, die andere Hälfte, mussten die Toten in die Gräber werfen und die Gräber zuschaufeln. Wird uns bald dasselbe Schicksal ereilen…?“ 66 Diesen Brief brachte Fritz Koppe zu seinen Eltern nach Hause, aber seine Mutter hatte große Angst davor, die Nationalsozialisten könnten diesen Brief finden, sodass sie ihn sofort vernichtete. Dieser Brief blieb fast 60 Jahre in Fritz Koppes Gedächtnis gespeichert, bis er dieses Erlebnis im Jahr 2000 seiner Schwiegertochter Barbara Kintaert erzählte.67 Eineinhalb Jahre lang war Fritz Koppes Mutter die postalische Drehscheibe zwischen allen vier verstreut lebenden Schwestern und deren Kindern. Sie pflegte Briefkontakte mit ihren Schwestern, sowie mit den Schechters in Skandinavien, mit Oswald in Italien und mit Richard Adler in Palästina, als auch in England und Bolivien mit Gretl und Liesl. Ab Ende Oktober 1942 erhielt Berta Koppe keine Briefe mehr von ihren Schwestern. Alle drei waren im selben Monat ums Leben gekommen. Berta Koppe, eine zuvor lebensfrohe, humorvolle und tatkräftige Frau, wurde durch diese Umstände sehr depressiv.68
66 67 68
Ebd., 3. Vgl. ebd. Vgl. ebd, 4.
EINLEITUNG
23
Fritz Koppe erinnerte sich, „dass er eine eigenartige Beziehung zur Hitlerjugend bzw. Jungvolk hatte.69 Er wurde in drastischer Weise gezwungen, an den Heimabenden des Jungvolks teilzunehmen. Es war ihm zwar untersagt, einen Dolch zu tragen, aber er musste praktisch alle Verpflichtungen und Tätigkeiten dieser NSDAP-Gliederung erfüllen. Fritz Koppe blieb nichts anderes übrig, als alle Lieder der Hitlerjugend zu lernen und sich an den Feierstunden zu beteiligen. Als er versuchte sich fernzuhalten, wurde er zur Kreisleitung der NSDAP zitiert, die ihn über seine Pflichten als deutscher Arier aufklärte. Denkwürdig erschien Fritz Koppe auch die Lage gegen Ende des Krieges. Er bemerkte darüber Folgendes: „Ich war an sich ‚wehrunwürdig‘ (wegen einer ungeborenen Sehschwäche), aber 1945 wurde ich zu einem sechswöchigen ‚Wehrertüchtigungslehrgang‘ einberufen, bei dem allerdings unsere Ausbildner angesichts des nahezu offenen Widerstandes meiner ehemaligen Schulkollegen und mir einen ziemlich harten Stand hatten. Trotzdem erhielt ich noch am 1. April 1945 (die Geschütze von den Flaktürmen waren bereits in den Endkampf mit den Russen verwickelt) meine Einberufung zur Wehrmacht. Ich leistete der Einberufung keine Folge, sondern desertierte und verbrachte die letzten Kriegstage nicht an der Front, sondern im Keller.“70 Einer seiner Freunde war im deutschen Reichsarbeitsdienst und kam dadurch unverschuldet in sowjetische Gefangenschaft. Erst nach zwölf Jahren Gefangenschaft kam er wieder nach Wien zurück. Nach dem Krieg sind die überlebenden Angehörigen von Fritz Koppe nie mehr nach Österreich zurückgekehrt und der andere Teil der Verwandten der Familie Koppe war in den Vernichtungslagern ermordet worden.71
69
70 71
Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Kassette vom 23.6.2003, Auswirkungen der Rassengesetze auf die Familie Koppe, 5. Ebd., 5-6. Vgl. Kintaert, Biographischer Abriss, 4.
24
FRITZ KOPPE
1.2.2 Fritz Koppe in der Sozialistischen Jugend (1.12.1954 – 30.4.1958) Fritz Koppe war vom 1. Dezember 1954 bis 30. April 1958 Schulungsreferent der Sozialistischen Jugend und Chefredakteur der Zeitschrift „Trotzdem“ 72 und erwarb seine ersten praktischen Erfahrungen als Journalist und in der Öffentlichkeitsarbeit.73 Koppe erinnerte sich, wie die Zeitung entstand: „Oswald Schanovsky war ein Cousin des langjährigen Linzer Bürgermeisters Hugo Schanovsky (Linzer Bürgermeister von 1984 bis 1988) und der Schani war als Redakteur der Niederösterreichischen Nachrichten journalistisch tätig. Er war Graphiker und hat eine Reihe von Zeichnungen und Plakaten angefertigt. Das geht jetzt zurück auf die Zeit der Sozialistischen Jugend, da hat er für die Sozialistische Jugend erstens Plakate hergestellt und zweitens haben wir gemeinsam die Zeitschrift ‚Die Stimme der Jugend‘ herausgegeben, die von den Russen verboten wurde.74 Das Verbot war die Folge des Kampfes der Sozialistischen Jugend gegen die Gewaltherrschaft, besonders aber gegen den ungemeinen Druck der Russen.75 Es entstand eine neue Publikation, die wir gemeinsam gemacht hatten, und wir haben schöne Zeichnungen hergestellt, z.B. jemand sitzt am Sessel und der Mund ist zugebunden. Dann erschien aber eine neue Zeitschrift und die hieß – als Trotz gegen das Verbot der Russen – ‚Trotzdem!‘ Die Zeitung gibt es noch heute.“76 Der damalige Bezirksobmann Robert Uhlir wollte, dass Koppe im Bezirk Leopoldstadt seine Tätigkeit übernahm, aber Koppe hatte schon den Jugendfunktionären zugesagt. Daraufhin gewann Uhlir Edgar Schranz, aus einem anderen Bezirk, als sei-
72
73 74
75 76
Vgl. Personalabteilung AK-Wien, Lebenslauf-ergänzt: Barbara Kintaert, Erstelldatum: 16.12.2016. Fritz Koppe, Lebenslauf, 24.10.1975, 1. Lichtenberger, Zeitzeugeninterview des Instituts für AK- und Gewerkschaftsgeschichte, 31, 11.12.2008. Fritz Koppe, Gestatten: Sozialistische Jugend, 9. Lichtenberger, Zeitzeugeninterview des Instituts für AK- und Gewerkschaftsgeschichte, 31, 11.12.2008, 4.
EINLEITUNG
25
nen Nachfolger. Koppe war dann eine gewisse Zeit hauptberuflich Jugendfunktionär.77 In der Nachkriegszeit wurde die materielle Not der jungen Arbeiter durch die Entwicklung der politischen Gestaltung und die gesellschaftlichen Veränderungen abgemildert und eine grundlegende Wandlung der kapitalistischen Ordnung ermöglicht. Aufgrund dieses wirtschaftlichen Aufschwungs und der damit verbundenen Vollzeitbeschäftigungspolitik ging die Zahl der Arbeitslosen rapide zurück. 78 Der Raab-Kamitz-Kurs (Reinhard Kamitz war parteiloser Finanzminister) gilt als Basis des österreichischen Wirtschaftswunders der Nachkriegszeit.79 Diese Veränderungen wurden im Tätigkeitsbericht der ÖGBJugendabteilung von 1957 erwähnt. Höhere Löhne und die Sicherheit des Arbeitsplatzes hatten zur Folge, dass die gewerkschaftlichen Konflikte und das gemeinsame Vorgehen der Arbeiterklasse abnahmen. Die Zeitschrift „Trotzdem“ schrieb 1957, dass „es die heutige Generation der jungen Sozialisten schwer hat, weil der einzelne glaubt, den materiellen Aufschwung erreichen zu können“ – ungeachtet des Schicksals der Arbeiterklasse. Die Arbeiter hätten jetzt denselben Lebensstandard wie die „Kleinbürger“. Dadurch wurde die Bereitschaft zu politischer Aktivität geringer, weil es den Arbeitern „zu gut geht“.80 Für die Masse der jungen Menschen waren die Probleme der Politik nicht verständlich und deswegen suchten sie Ablenkung z.B. beim Kino, Tanzen und Sport.81 Schulungsreferent Fritz Koppe schloss daraus: „Auch, wenn die Arbeiter satt und zufrieden geworden sind, dürfen wir deshalb nicht auf dem halben Weg zum Sozialismus stehenbleiben. Es gibt keinen Schutzweg auf dem Weg zum Sozialismus, indem wir beruhigt einkehren könnten. Wenn die Arbeiterschaft […] ein-
77 78
79
80 81
Ebd., 4-5. Vgl. Peter Pelinka, Die Geschichte der Sozialistischen Jugend: 90 Jahre SJÖ, 1894-1984, 32. Vgl. Karl Vocelka, Geschichte Österreichs: Kultur-Gesellschaft-Politik, Graz u.a., 2000, 320. Pelinka, Die Geschichte, 32. Ebd., 31-32.
26
FRITZ KOPPE
schläft, weil sie zu fett und faul geworden ist, so wird sie erfrieren. Wenn wir nicht auf halbem Weg liegenbleiben dürfen, weil das verhängnisvolle Folgen hätte, so brauchen wir einen geistigen Wecker, der die Arbeiterklasse aktiv und kampffähig erhält. Die Kraft, die geistige Neuorientierung der sozialistischen Bewegung zu erreichen, muss […] von der Jugend ausgehen. Wir müssen unsere Kader – eine aktive Minderheit – schulen, damit er hinausgeht und agitiert.“82 Aufgrund dieser Meinungen stellte die Sozialistische Jugend fest, dass eine plötzliche Massenbewegung von Jugendlichen unwahrscheinlich sei. Zu wenig berücksichtigt wurde bei der „Aktion Kader“, dass die Entwicklung eines Kaders nicht allein durch Schulungen erfolgt, sondern in der direkten Auseinandersetzung um soziale Rechte in Schulen, Betrieben und der Gesellschaft. Das war einer der Gründe für das Scheitern der „Aktion Kader“ zu Beginn der 1960er Jahre, das einerseits bedingt war durch eine zu wenig gründliche Auseinandersetzung mit der Krise, andererseits wurde diese aber auch verursacht durch personelle Veränderungen, wie das Ausscheiden des Schulungsreferenten Fritz Koppe.83 1952 wurden unter dem Schulungsreferenten Koppe Kaderschulungen veranstaltet, weil es kein einheitliches Schulungskonzept gab. Diese Schulungen unterschieden sich aber nicht wesentlich von den bisherigen Inhalten, immerhin wurde auf dem Papier eine exakte Zusammenstellung der Teilnehmer, Schulungsarten und Anwesenheitslisten verlangt. 84 Koppe kommentierte 1952 einen Bericht über die politische Lage in den Betrieben, worin er sich für die Arbeiterklasse ausspricht und sich mit den Positionen der politischen Parteien ÖVP, Verband der Unabhängigen (VdU, der Vorläufer der FPÖ) und KPÖ näher befasste. Koppe brachte dabei seine eigenen Vorstellungen von der Sozialistischen Jugend in der Sozialistischen Partei ein. 85 Die Aufgaben der Sozialistischen Jugend waren unter anderem folgende: 82 83 84 85
Ebd., 32. Vgl. ebd., 33. Vgl. ebd., 34. Vgl. Informationsdienst der Sozial- und Betriebskommission der Sozialistischen Jugend Österreichs, Wien Februar 1952.
EINLEITUNG 1.
2.
27
Die Sozialistische Jugend ist eine Vorfeldorganisation, welche die Interessensgemeinschaft der Jugend innerhalb der Partei und der Öffentlichkeit darstellt. In der Sozialistischen Jugend lag der Schwerpunkt auf der sozialen Gerechtigkeit und war gegen die ökonomische Ausbeutung der Jugendlichen gerichtet. Der Schwerpunkt lag unter anderem auf dem Recht auf eine gute Berufsausbildung, freies Studium und Arbeit. Die Sozialistische Jugend konzentrierte sich auf die Lehre von Karl Marx „Das Sein bestimmt das Bewusstsein“. Es ging also bei diesen Forderungen um den materiellen Unterbau der Gesellschaft, der eine erforderliche Grundlage zur Umsetzung des kulturellen Lebens ist. Bei der Umsetzung ihrer Forderungen konnte die Sozialistische Jugend einige Erfolge verbuchen, z.B. die Neufassung des Jugendschutzgesetzes, das Jugendeinstellungsgesetz, die 44-Stunden-Woche, die Einführung von vier Wochen Urlaub sowie eine höhere Lehrlingsentschädigung. Die Sozialistische Jugend ist eine Bildungs- und Erziehungsorganisation. Die Arbeiterjugend soll mit dem Bewusstsein vertraut gemacht werden, dass Erfolge zur Realisierung der sozialistischen Gesellschaftsordnung beitragen. Der junge Mensch sollte vor allem gebildet werden, unter anderem durch Kunst, Theater und Literatur.86 Die Sozialistische Jugend hatte immer gegen den Faschismus gekämpft, d.h. sie war ein aktiver Gegner des Nationalsozialismus in Österreich.87
Barbara Kintaert hat im Keller ihres verstorbenen Mannes Schriften Koppes gefunden, die sie mir zukommen ließ. In diesen Unterlagen sind allerdings nur allgemeine Formulierungen aus seiner Feder zu finden, z.B. darüber, dass die Sozialistische Jugend ein Teil der großen Vorfeldgemeinschaft der sozialistischen Bewegung war. Das wichtigste Ziel der Sozialistischen Jugend bestand darin, die Welt zum Positiven hin zu verändern; deswegen waren 86 87
Vgl. Grundsätze der sozialistischen Jugendarbeit. Vgl. Gestatten: Sozialistische Jugend Österreichs, Sozialistische Jugend Österreichs (Hg.), Wien 1957-1958, 15.
28
FRITZ KOPPE
alle dem Zeitgeist entsprechend sozialistische „Kampfgenossen“. Schon das Wort „Genosse“ stand für das Gemeinsame. Der Schöpfer der österreichischen Sozialdemokratie, Viktor Adler, bezeichnete die Sozialistische Jugend als die „Kaderschule der Partei.“ Aus dieser Organisation stammten die eifrigsten und engagiertesten Repräsentanten der Arbeiterbewegung. 88 Das Individuum kann nur in einer Gesamtheit Wertschätzung und Anerkennung finden; das ist es auch, was die Sozialistische Jugend ausmacht.89 Fritz Koppe berichtet in einem Manuskript von 1958, dass die Regierung ein neues Jugendwohlfahrtsgesetz beschlossen hat. Er bringt damit zum Ausdruck, dass dieses Gesetz endlich in Zukunft eindeutige Rechtsverhältnisse mit sich bringen werde.90 1.2.3
Der berufliche Werdegang von Fritz Koppe
Fritz Koppe wurde am 25. Februar 1929 in Wien geboren91 Da er nach den „Nürnberger Rassengesetzen“ als „Mischling ersten Grades“ galt, durfte er nach dem „Anschluss“ Österreichs 1938 kein Gymnasium besuchen. Die Nationalsozialisten wollten, dass „halbjüdische“ Kinder wie Fritz Koppe, der noch dazu seit seiner Geburt fast blind war, nach Beendigung der Hauptschule maximal „Bürstenbinder“ oder „Steinmetz“ lernten. Sein Vater konnte durch seinen privaten Kontakt zur Firma Neuber in der Linken Wienzeile seinen Sohn als Lehrling unterbringen. 92 Diese Lehre von 1943 bis 1946 schloss er als Drogist ab.93 Fritz Koppe hatte Zeit seines Lebens nur gute Erinnerungen an seine Drogerielehre bei der Firma Neuber.94 Dieses Unternehmen war der größte Händler für Drogeriewaren nicht nur von Wien, sondern von Österreich. Wilhelm Neuber übernahm nach seinem Studium an der Univer-
88
89 90 91 92 93
94
Vgl. Kintaert, Sozialistische Jugend-Typoskript von Fritz Koppe, Wien nach 1955, 4-5. Vgl. ebd., 1. Vgl. ebd., 9. Vgl. ebd. 1. Vgl. ebd., 3. Vgl. Archiv des Bezirksmuseums Wien-Josefstadt, Nachlass Fritz Koppe, Diktat für P. Lhotzky vom 19.1.2008, 1. Vgl. Kintaert, Biographischer Abriss, 4.
EINLEITUNG
29
sität Wien 1865 die Drogerie und leistete zudem einen bedeutenden Beitrag zur Entstehung des Lebensmittelgesetzes von 1897.95 Vom Herbst 1945 bis zum Frühjahr 1947 absolvierte Fritz Koppe die zweijährige Externistenmaturaschule 96 , zusätzlich zu seiner Ausbildung bei der Firma Neuber. 97 Im ersten Jahrgang hatte er am Abend Unterricht und im zweiten Jahrgang ging er tagsüber zur Schule. Von mehr als 100 Studierenden (männlichen und weiblichen) bestanden nur 20 die Maturaprüfung. Fritz Koppe bestand alle sechs Vorprüfungen in den Nebengegenständen sowie die schriftliche und mündliche Matura in Mathematik, Deutsch, Englisch und Latein. 98 Fritz Koppe berichtete, dass er „nie Latein gelernt hat, sondern dass er sich auf eine Wiederholungsprüfung nach einem halben Jahr verlassen hat. Durch einen Zufall erhielt ich mein Maturazeugnis ohne jemals Latein gelernt zu haben. Ich hatte nur einen Caesar-Text auswendig gelernt für die mündliche Prüfung und ausgerechnet dieser wurde gefragt.“99 Als sein damaliger Freund Josef Staribacher, der spätere sozialdemokratische Handelsminister der Kreisky-Zeit, hörte, dass Fritz Koppe Chemie studierten wollte, riet er ihm mit folgenden Worten davon ab: „Sei net deppert, du verbrennst dir ja nur de Nasen mit deinen schlechten Augen.“100 Fritz Koppe lernte, mit seiner Behinderung (er war von Geburt an auf einem Auge blind) meisterhaft umzugehen. Er hatte auch ein gutes Beispiel verfügbar, weil er meinte, dass er nie an den Schikursen teilgenommen hat, um Schifahren zu lernen, da er das ja schon beherrschte, sondern damit irgendwer vor ihm herfährt und er ihm dann folgen kann.101 95 96
97
98
99 100
101
Vgl. Czeike, Historisches Lexikon, 370. Vgl. Archiv des Bezirksmuseums Wien-Josefstadt, Nachlass Fritz Koppe, Diktat für P. Lhotzky vom 19.1.2008, 1. Vgl. Koppe, Im Kampf gegen Gauner und Geschäftemacher, unveröffentlichtes Typoskript, Wien 16.6.1980, 86. Vgl. Archiv des Bezirksmuseums Wien-Josefstadt, Nachlass Fritz Koppe, Diktat für P. Lhotzky vom 19.1.2008, 1. Ebd. Hacker, Ein Leben gegen Gift und Galle, in: WirtschafsWoche Nr. 31, 29.7.1993, 35. Vgl. Margarita Mörth, Unser Schaffen. Einer von uns, Und kein bisschen flügellahm[…]., 9 2000, 17.
30
FRITZ KOPPE
Maria Ettl, seine langjährige Assistentin, sagte dazu: „Er war bewundernswert, er hat aus seiner Behinderung kein Drama gemacht und wollte keine Vorteile. Menschlich war er sehr in Ordnung. Er hatte einen Intellekt und sein Gedächtnis war phänomenal. Er konnte druckreif diktieren und formulieren. Er hatte zwar eine kleine Handschrift, aber diese war gut lesbar. Die Zusammenarbeit als Sekretärin mit ihm war problemlos. Er hat sich ausgezeichnet artikuliert.“102 Fritz Koppe sah sogar in seiner Sehbehinderung einen Vorteil, da er dachte, „dass er bei Ansprachen keine andere Alternative habe, als frei zu sprechen, weil er ja theoretisch von seiner eigenen Niederschrift nichts erkennen konnte. Das wäre dann, seiner Meinung nach, gleichzeitig ein tolles Gedächtnistraining, weil er sich ja alles merken müsse.“103 Auch Erwin Lanc, ein ehemaliger österreichischer Politiker und Jugendfreund von Fritz Koppe, erinnerte sich, „dass er trotz seiner Sehbehinderung ein an sich und seiner Sache hart arbeitender Intellektueller war.“104 Dr. Disa Medwed vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, zuständig für Konsumentenpolitik und Verbrauchergesundheit, äußerte, dass sie Fritz Koppe „immer auf Grund seines Gedächtnisses und seiner Auffassungsgabe bewundert habe und auch dafür, dass er die Dinge für die von ihm vertretenen Personengruppen (Konsumenten und Senioren) auf den Punkt gebracht und eingefordert hat.“105 Gerhard Frühholz, ehemaliger Chefredakteur der Zeitung „Der Konsument“, bemerkte ebenfalls, dass Fritz Koppe „ein phänomenales Gedächnis“ hatte. Auch an Koppes Redekunst erinnerte er sich: „Er wollte keine Manuskripte, weil er sich alles gemerkt hat. Diese Offenheit mit Journalisten war einmalig. Er hat sehr
102
103
104
105
Interview mit Maria Ettl, geführt von Catherine Lechner, 11.10.2021, Aufnahme bei der Autorin. Hacker, Ein Leben gegen Gift und Galle, in: Wirtschafts-Woche Nr. 31, 29.7.1993, 35. Interview mit Dr. Erwin Lanc, geführt von Catherine Lechner, 8.12.2021, Protokoll bei der Autorin. Interview mit Disa Medwed, geführt von Catherine Lechner, 25.3.2021, Protokoll bei der Autorin.
EINLEITUNG
31
schnell Dinge auf den Punkt gebracht, und sofort eine Strategie gehabt. Er hat sofort gewusst, um was es geht.“106 Peter Kolba erinnert sich: „Als ich im Jahre 1990 angestellt wurde, habe ich Koppe kennengelernt. Zuständig für mich war Spitalsky, der damals der Stellvertreter von Koppe war. Ich habe nicht so viel mit Koppe zu tun gehabt, aber bei den Musterprozessen haben wir zusammengearbeitet. Es gab mediale Events, Presseaussendungen und Pressekonferenzen zu juristischen Themen und nicht nur zu den Tests. Koppe hatte mich als Nichtjurist sehr beeindruckt. Er hatte sich etwas erzählen lassen und diese Erzählung dann auf Schlagzeilenniveau gebracht. Wenn er dann etwas gesagt hat, war das für die Menschen verständlich. Seine Stärke waren die Medien. Bewundernswert war, dass er so schlecht gesehen hat und sich trotzdem nicht beeinträchtigen ließ.“107 Dr. Hans-Peter Lehofer (Er war von 1986 bis 1997 Mitarbeiter des für zivilrechtlichen Konsumentenschutz zuständigen Bundesministeriums und des Vereins für Konsumenteninformation zuständig) erinnerte sich: „Fritz Koppe war eher jemand, der immer in den Medien sein wollte. Hauptziel von Fritz Koppe waren die Medien. Beim Umgang mit den Unternehmen war er vorsichtig. Koppe war eher Aktionist und pragmatisch und wollte auf die Probleme aufmerksam machen, so hat er z.B. bei Verhandlungen Vorsicht walten lassen, um nicht über den Tisch gezogen zu werden. Die Medien waren sein Weg. Er forderte Gesetze, aber er war Staatswissenschaftler und hatte eine gesunde Skepsis gegenüber Juristen. Koppe war das zu sehr rechtlich Orientierte suspekt, also das, was z.B. Caspar Einem repräsentierte.“108 Dr. Konrad Brustbauer, Vorsitzender der Kommission zur Veröffentlichung des österreichischen Lebensmittelbuches (Codexkommission) 1980-2007, erinnerte sich an Koppes Behinderung: „Fritz Koppe war ebenfalls Mitglied in der Codexkommissi106
107
108
Interview mit Mag. Gerhard Frühholz, geführt von Catherine Lechner, 21.5.2021, Aufnahme bei der Autorin. Interview mit Dr. Peter Kolba, geführt von Catherine Lechner, 14.6.2021, Aufnahme bei der Autorin. Interview mit Dr. Hans-Peter Lehofer, geführt von Catherine Lechner, 4.5.2021, Aufnahme bei der Autorin.
32
FRITZ KOPPE
on. Deswegen kannte ich ihn. Er war durch seine Behinderung sehr zurückhaltend. Ich habe ihn einmal gesehen, wie er über die Straße geht und ein Fernrohr herausgeholt hat und mit diesem Fernrohr hat er auf die Ampel geschaut. Ich glaube, dass er aufgrund seiner Behinderung distanziert war. Fritz Koppe hat immer überlegt, was er sagte, aber das Wenige, was er dann gesagt hat, war dann das Richtige. Er hat sich nicht an Diskussionen beteiligt und war eher ein Einzelgänger.“109 Der verstorbene Ex-Innenminister Dr. Caspar Einem, zeitweilig Angestellter der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien (1980-1991), meinte dazu: „Eine Stärke von Koppe war, dass er sich wahnsinnig viel gemerkt hat. Er hat ja fast nichts gesehen und konnte deswegen nichts lesen. Daher hat er sich sehr viel gemerkt und war mit sehr viel Wissen ausgestattet.“ 110 Auch Heinz Schoeffl war von diesem Mann beeindruckt: „Menschlich gesehen war er sehr beeindruckend, weil er immer gewusst hat, mit wem er gesprochen hat.“111 Gerhard Frühholz, der seit 1978 beim Konsumentenschutz tätig war, meinte über Koppes starke Sehbehinderung: „Es hat ein wenig gedauert, bis man wusste, woran man bei ihm ist. Da war zunächst auch eine gewisse Distanz, die sicherlich mit seiner Behinderung zu tun hatte, mit der er aber auch geschickt kokettiert hat. Bei vielen Terminen konnte er im fortgeschrittenen Stadium seiner Erkrankung ja sein Gegenüber nicht erkennen und einschätzen. Er konnte auf seine Art einen gewissen natürlichen Charme an den Tag legen, um solche Situationen zu überspielen.“112 Als Student der Staatswissenschaften an der Universität Wien absolvierte Koppe zusätzlich eine Ausbildung an der Für-
109
110
111
112
Interview mit Dr. Konrad Brustbauer, geführt von Catherine Lechner, 1.7.2021, Aufnahme bei der Autorin. Interview mit Dr. Caspar Einem, geführt von Catherine Lechner, 30.5.2021, Aufnahme bei der Autorin. Interview mit DI Heinz Schoeffl, geführt von Catherine Lechner, 27.7.2021, Aufnahme bei der Autorin. Interview mit Mag. Gerhard Frühholz, geführt von Catherine Lechner, 21.5.2021, Aufnahme bei der Autorin.
EINLEITUNG
33
sorgeschule der Stadt Wien mit dem Schwerpunkt Psychologie113 und wurde zum „ersten männlichen Sozialarbeiter Österreichs“. Im Zeugnis wurde vermerkt: „Als Fürsorgerin für reif erklärt“.114 Er bekam nach zwei Jahren das Diplom zur „ersten männlichen Fürsorgerin“, wobei dies im Diplom händisch ergänzt wurde.115 Allerdings gab es damals keine Arbeitsmöglichkeit für männliche Sozialarbeiter. Die einzige Verbindung, die Koppe später hatte, bestand darin, dass er in der Fürsorgeschule oder Sozialakademie für jeweils ein Jahr Volkswirtschaft unterrichtete.116 Diese beiden Abschlüsse bezeichnete Fritz Koppe als „spätere Freizeitbeschäftigung“. 117 Diese Ausbildung an der Fürsorgeschule nützte er gleichzeitig für ein Studium und eine praktische Arbeit in den USA.118 Frau Barbara Kintaert erzählte mir, dass ihr Schwiegervater Fritz Koppe mit einer Studentengruppe im April 1957 für eine sozialwissenschaftliche Fortbildung unter anderem in Harvard, Yale, New York und Cleveland war. Fritz Koppe war also damals ausnahmslos der einzige männliche Student unter 49 Frauen, wovon eine dieser Frauen seit 1958 seine zukünftige Ehefrau, Elfriede Koppe, geborene Pixner, war.119 Aus dieser Ehe gingen eine Tochter (Gertrude Koppe, geboren 1959) und ein Sohn (Peter Koppe, 1963-2020) hervor.120 Die Fürsorgeschule bot nicht nur eine ausführliche soziale und rechtliche
113
114
115
116
117
118
119
120
Vgl. Personalabteilung AK-Wien, Lebenslauf-ergänzt: Barbara Kintaert, Erstelldatum: 16.12.2016. Hacker, Ein Leben gegen Gift und Galle, in: Wirtschafts-Woche Nr. 31, 29.7.1993, 35. Vgl. Lichtenberger, Zeitzeugeninterview des Instituts für AK- und Gewerkschaftsgeschichte, 11.12.2008, 4. Vgl. Personalabteilung AK-Wien, Lebenslauf-ergänzt: Barbara Kintaert, Erstelldatum: 16.12.2016. 1. Vgl. Hacker, Ein Leben gegen Gift und Galle, in: Wirtschafts-Woche Nr. 31, 29.7.1993, 36. Vgl. Österreichisches Staatsarchiv, Bundesministerium für Gesundheit und Umweltschutz, Zl. 10.040/60-4/1975, Tabelle über vier Personalanträge des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz, 1. Beiblatt zum Tabellenantrag Zl. 10.040/60-4/1975, 16.2.1976. Vgl. Archiv des Bezirksmuseums Wien-Josefstadt, Nachlass Fritz Koppe, Diktat für P. Lhotzky vom 19.1.2008, 2. Vgl. Personalabteilung AK-Wien, Lebenslauf-ergänzt: Barbara Kintaert, Erstelldatum: 16.12.2016, 1.
34
FRITZ KOPPE
Ausbildung, sondern sollte zudem die Grundlage einer Neuordnung des Wiener Sozialwesens schaffen.121 Fritz Koppe bemerkte: „Im Jahre 1950 erhielt ich mein Abschlussdiplom, das Beste, das es je gab, aber im damaligen Wiener Wohlfahrtswesen gab es jedoch für einen Mann, noch dazu mit meiner systemkritischen Ausbildung keinen Posten. Ich habe später […] die neuen Entwicklungen gefördert und war […] jahrelang selbst Vortragender an dieser Fürsorgeschule. Ich unterrichtete dort Volkswirtschaft (und war sehr beliebt).“ 122 Nebenbei bemerkt: Die Direktorin der Fürsorgeschule, Dr. Nina Sailer, war die Frau des Arbeiterzeitungsredakteurs Sailer. Unter Schuschnigg (Bundeskanzler 1934-1938) wurde über Sailer das Todesurteil ausgesprochen, aber nicht mehr exekutiert. Frau Sailer hatte viele neue Ideen aus Amerika und wollte Neues einbringen, aber sie kapitulierte vor der Beharrungskraft der Beamtenherrschaft und verließ deswegen Wien. Sie war die erste weibliche Diplomatin Österreichs und außerdem eine Gefährtin der indischen Premierministerin Indira Ghandi.123 Neben dem Studium der Staatswissenschaften an der Universität Wien versuchte Fritz Koppe sich mit verschiedenen Aushilfsarbeiten über Wasser zu halten, so z.B. als ZimmermannGehilfe, Posthilfskraft und beim Straßenbau, wo er für die Gemeinde Gleise verlegte.124 Koppe bekam von der Arbeiterkammer unerwartet eine Einladung. Er hatte seinen Lebenslauf vor längerer Zeit dorthin geschickt und bekam Ende April 1958 eine Einladung. Es wurde ihm mitgeteilt, dass er im Mai 1958 bei dieser Körperschaft Öffentlichen Rechts zu arbeiten beginnen könne. Das war der Beginn von Fritz Koppes Arbeiterkammerkarriere.125 Koppe erhielt den Auftrag, aus dem Protokoll einer Vollversammlung eine vierseitige Broschüre zu fabrizieren. Koppe erin-
121
122 123 124 125
Vgl. Archiv des Bezirksmuseums Wien-Josefstadt, Nachlass Fritz Koppe, Diktat für P. Lhotzky vom 19.1.2008, 2. Ebd. Vgl. ebd., 3. Vgl. ebd., 2. Lichtenberger, Zeitzeugeninterview des Instituts für AK- und Gewerkschaftsgeschichte, 11.12.2008, 4-5.
EINLEITUNG
35
nerte sich: „Als ich fertig war, wurde ich zum Präsidenten, damals Minister a.D. Karl Maisel gerufen. Er begrüßte mich als neuen Mitarbeiter und zeigte mir eine bereits gedruckte Broschüre mit dem Protokoll der Vollversammlung. Er meinte dann, dass meine Fassung weitaus besser wäre und beauftragte mich das Jahrbuch der Kammer zu redigieren. Er bat mich für ihn Korrespondenz zu erledigen und Redeunterlagen zu verfassen. Nach einigen Monaten traf ich Maisel, der in der Kammer mit ‚Herr Minister‘ und ‚per Sie‘ angesprochen wurde, bei einer Parteikonferenz. Ich unterhielt mich mit ihm und sagte ihm, was mir an meiner Tätigkeit gefalle und was nicht. Am nächsten Tag wurde ich zum Präsidenten zitiert: ‚Genosse Koppe, was Du mir gestern gesagt hast, war sehr interessant und ich werde darüber nachdenken. Aber, Herr Dr. Koppe, ab heute sind Sie vom Präsidium in die Abteilung ‚Konsumentenschutz, Rundfunk und Film‘ versetzt‘.“126 Fritz Koppe stellte alles in allem 2000 Belangsendungen für die Arbeiterkammer her127 und wurde beauftragt, die Aufzeichnungen der Kammer kontinuierlich zu führen.128 Er erinnerte sich: „1958 kam ich in die Wiener Arbeiterkammer. So vielfältig diese Berufstätigkeit und Ausbildung auch war, praktisch alle diese Arbeiten und auch meine Erfahrung in politischen Organisationen erwiesen sich als gute Vorschulung für den Beruf eines Konsumentenberaters. Im September 1958 wurde ich gebeten, außerhalb meiner Pflichten in der Kammer kurzfristig und unbezahlt im Verein für Einkaufsberatung einzuspringen. Aus einer kurzfristigen Aushilfe wurde so der Anfang einer dauernden Tätigkeit als ‚Berufskonsument‘, die sich von Jahr zu Jahr als faszinierend erwies.“129 Koppe schildert weiter, dass es zwei Gruppen von Konsumentenarbeit in Wien gab, wobei eine Gruppe der Verein für Ein126
127
128
129
Fritz Koppe, Episoden aus der Geschichte des VKI. Wie ich zum Konsumentenschutz kam, 4. Vgl. Hacker, Ein Leben gegen Gift und Galle, in: Wirtschafts-Woche Nr. 31, 29.7.1993, 35. Vgl. Archiv des Bezirksmuseums Wien-Josefstadt, Episoden aus der Geschichte des VKI. Koppe, Im Kampf gegen Gauner und Geschäftemacher, unveröffentlichtes Typoskript, Wien 16.6.1980, 88-90.
36
FRITZ KOPPE
kaufsberatung mit dem Bundesminister Maisel als führendem Funktionär war, die zweite Gruppe war der Verband der Österreichischen Konsumentenorganisationen (VÖKO), und dieser war eine Ergänzung zur ‚SW-Aktion‘ (Soziale Wohnkultur). Dort hatte Franz Olah den Posten als Präsident vom ÖGB inne. Die beiden Verbände machten sich gegenseitig Konkurrenz und haben sich geschadet, wo es möglich war. Der Leiter in der Arbeiterkammer war Dr. Reichard, mit dem Koppe dann noch jahrelang gearbeitet hatte und im VÖKO hatte er mit Frau Czeike zu tun. Die Leute, die also dann beauftragt waren, die Arbeit zu machen, waren in der Einkaufsberatung, tätig. aber es war dann ein immer härterer Wettbewerb zwischen den beiden Organisationen. Der Verein für Einkaufsberatung hat dann versucht endgültig die Oberhand zu gewinnen. Die Arbeiterkammer hat eine Million Schilling damals dafür auch zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig war der VÖKO finanziell auch am Ende, weil Olah sich damals um diese Sachen nicht mehr kümmerte. Schlussendlich sind dann die beiden Vereine zusammengeschlossen worden.130 Fritz Koppe erlebte die Spannungen zum einen zwischen den rivalisierenden Konsumentenorganisationen und dem Verein für Einkaufsberatung und zum anderen zwischen dem Verband österreichischer Konsumentenorganisationen (VÖKO). Dem VÖKO ging es mehr darum, dem Verein für Einkaufsberatung zu schaden, als dem Verbraucher zur Seite zu stehen. Der Verein für Einkaufsberatung wiederum wollte dem VÖKO schaden. In dieser ausweglosen Situation wurde Koppes ehemaliger Freund Fritz Marsch, der damalige SPÖ-Zentralsekretär, Geschäftsführer des VÖKO. Die beiden überlegten sich, wie man aus zwei Einrichtungen einen angemessenen Wettbewerb machen konnte, der der Sache des Konsumentenschutzes in Österreich dient und diesen nicht beschädigt.131
130
131
Lichtenberger, Zeitzeugeninterview des Instituts für AK- und Gewerkschaftsgeschichte, 11.12.2008, 10-12. Zur leichteren Lesbarkeit wurden umgangssprachliche Elemente sinngemäß umbenannt. Vgl. Koppe, Im Kampf gegen Gauner und Geschäftemacher, unveröffentlichtes Typoskript, Wien 16.6.1980, 89-90.
EINLEITUNG
37
1848 wurde in Österreich zum ersten Mal ein Handelsministerium gegründet. Erstmals wurde im Jahre 1970 ein Sozialist Hannes Androsch mit der Führung dieses Ministeriums beauftragt, das bis dahin eine Hochburg der Rückschrittlichkeit gewesen war.132 Josef Staribacher (1921-2014, genannt „Happy Pepi“), ein österreichischer sozialdemokratischer Politiker, sollte 1970 Handelsminister werden.133 Koppe erinnerte sich: „Er ahnte, welche Belastung mit dieser Funktion verbunden wäre. Zu seinem Glück stellte sich heraus, dass für diese Funktion 1970 Androsch berufen werden würde. Für Staribacher, Otto Wanke (Sekretär der AK) und mich war dies Anlass zu einer kleinen, bescheidenen Feier. ‚Der Kelch ist an uns vorübergegangen!‘“134 Staribacher notierte in seinem Tagebuch zum Regierungswechsel 1970, nachdem die SPÖ unter Bruno Kreisky bei den Wahlen dieses Jahres eine relative Mehrheit errungen hatte: „Die Regierungsverhandlungen mit der ÖVP scheiterten und es wurde überraschend eine sozialistische Minderheitsregierung gebildet. Ich hatte mich in den letzten Jahren vor allem mit den Agrarfragen beschäftigt und man hätte angenommen, dass ich als ‚Ackerbauminister‘ im Parteipräsidium in Diskussionen gezogen würde. Die Koalitionsverhandlungen waren Montagmittag gescheitert, abends beschloss der Parteivorstand die von Kreisky mit dem Präsidium beschlossene Liste einstimmig. So wurde ich Handelsminister. Ohne dass mich jemand gefragt hatte oder auch meine Stellung dazu bekannt war. Hätte mich nicht um 22 Uhr AKPräsident Ing. Wilhelm Hrdschlika angerufen, dann hätte ich wahrscheinlich eine sehr dumme Antwort gegeben, als zwei Minuten später ein Journalist für den nächsten Tag ein Interview von mir verlangte.“ Weiters berichtete Staribacher in seinem Tagebuch, dass „er sofort Wanke und Koppe anrief und ihnen mitteilte, sie müssten alle in diese ‚Schlangengrube‘.“ Staribacher erklärte, warum er diesen Ausdruck gebrauchte und zwar, „weil auch 132
133 134
Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien (AK), Nachlass Fritz Koppe, Karton 06, Mappe 014. Nach einem konservativen Jahrhundert-Ein Sozialist wird Handelsminister. Fritz Koppe diktiert 2009 auf Kassette, Der Erste Tag im Ministerium. Ebd.
38
FRITZ KOPPE
wie nebenbei auch andere Ministerkollegen, die ein Ressort bekommen, das seit 1945 von der ÖVP verwaltet wurde, es in diesem Ministerium keine Gesinnungsfreunde gibt. Vielleicht ist dies aber gar nicht so schlecht. Für mich stand fest, dass ich nun ein Ministerbüro aufbauen werde mit Dr. Wanke, Dr. Koppe und Dr. Heindl, dem Sekretär von Bürgermeister Marek, den ich schon im Wahlkampf im dritten Bezirk kennen- und schätzen gelernt hatte.“135 Außerdem vertrat Staribacher von Anfang an die Meinung, dass es in Zukunft keine parteipolitischen Besetzungen im Ministerium geben werde, weil der gesamte Beamtenapparat seit 1945 von ÖVP-Ministern nach parteipolitischen Gesichtspunkten zusammengestellt worden war.136 Josef Staribacher fragte Fritz Koppe, ob er sich ihm anschließen wolle. Koppe äußerte sich über seine damalige Zeit als PRMann Staribachers wie folgt: „Ich konnte sehr viel allein machen unter dem Motto, ‚der Minister wünscht‘. Gelegentlich haben wir uns auch abgesprochen, damit der Minister wusste, was er wünscht.“137 Koppe äußerte über Staribacher, dass er jedem Mitarbeiter die Chance gab, sich auf einen Arbeitsbereich zu spezialisieren, der ihn besonders interessierte, und auch eigene Vorschläge einbringen konnte.138 Staribacher kritisierte in seinem Tagebuch die hierarchischen Strukturen, die eine exakte Abstufung des Systems hervorbrachten, wobei ihm dieses System widerstrebte. Er erfuhr erst später, dass dieses von gewissen Ranghöhen abhängig sei. Staribacher, Koppe und Wanke waren über die hierarchischen Strukturen sehr erschüttert.139 135
136
137
138
139
https://staribacher.acdh.oeaw.ac.at/?operation=searchRetrieve&query=fcs.rf =%22staribacher.13_28%22&x-%20context=staribacher&x-dataview=title,full& version=1.2&x-format=html, 1970-04-23, 4-5. Oliver Rathkolb, Josef Staribacher, in: Herbert Dachs, Peter Gerlich u.a. (Hg.), Die Politiker. Karrieren und Wirken bedeutender Repräsentanten der Zweiten Republik, Wien 1995, 541-542. Hacker, Ein Leben gegen Gift und Galle, in: Wirtschafts-Woche Nr. 31, 29.7.1993, 35. Vgl. Koppe, Im Kampf gegen Gauner und Geschäftemacher, unveröffentlichtes Typoskript, Wien 16.6.1980, 93. https://staribacher.acdh.oeaw.ac.at/?operation=searchRetrieve&query=fcs.rf =%22staribacher.13_9%22&x-context=staribacher&x-dataview=title,full&versi on=1.2&x-format=html, 1970-04-23, 10.
EINLEITUNG
39
Fritz Koppe begegnete Staribacher erstmalig bei einer Sonnwendfeier der Sozialistischen Jugend in der Lobau.140 Staribacher wurde in eine zutiefst sozialdemokratische Wiener Familie hineingeboren, die seine politische Sozialisation seit frühester Jugend prägte. Sein Vater war Angestellter bei den Wiener Linien. Staribacher kam schon mit fünf Jahren zu den „Kinderfreunden“ und im Anschluss daran zum „Arbeiterturnverein“. 1931 trat er den „Roten Falken“ bei, denen er bis zur Auflösung der sozialdemokratischen Verbände durch das Dollfuß-Regime 1934 angehörte. Staribacher setzte heimlich mit Teilen seiner Falken-Gruppe diese Jugendkontakte fort, z.B. bei den Bergfreunden und während der NS-Zeit bei einer Antialkohol-Gruppe. Diese ungesetzlichen Jugendorganisationsaktivitäten waren anscheinend der Gestapo nicht unbekannt und Staribacher wurde „vorsorglich“ vor dem deutschen Angriff auf Polen am 8.8.1939 inhaftiert und in das KZ Buchenwald deportiert. Dort stand er mit einigen sozialdemokratischen Funktionären, z.B. Karl Maisel (später ÖGBVizepräsident), in Verbindung. Nach monatelanger Inhaftierung wurde Staribacher in die Wehrmacht eingezogen und Hilfskrankenträger. Da Staribacher eine schwere Kriegsverletzung hatte, wurde er vom Dienst an der Front freigestellt und konnte dadurch seine Matura in Abendkursen nachmachen. Danach studierte er Volkswirtschaftslehre an der Universität Wien und schloss dieses Studium 1945 als Diplomvolkswirt erfolgreich ab. Die wesentliche berufliche Neuorientierung verdankte er SPÖ-Obmann und Vizekanzler Bruno Pittermann, der ihn in die AK brachte. Staribacher hatte in der AK die Agenden Landwirtschaft, Versorgung und Industrie über und verfügte über gute Verbindungen zur Lebensund Genussmittelgewerkschaft (Luga).141 Staribacher sorgte für einen unkonventionellen Führungsstil, der sich unter der Devise „Servicestellte für die Wirtschaft“ in seiner theoretischen und praktischen Arbeit äußerte, wobei er speziell mit der Bundeswirtschaftskammer (repräsentiert durch
140
141
Vgl. Archiv des Bezirksmuseums Wien-Josefstadt, Nachlass Fritz Koppe, Diktat für P. Lhotzky vom 19.1.2008, 3. Vgl. Rathkolb, Josef Staribacher, 540-541.
40
FRITZ KOPPE
Arthur Mussil) und der Vereinigung österreichischer Industrieller intensive Gesprächskontakte aufbaute. Zu seinem Programm gehörten einmal pro Woche der „Jour fix“ in der Bundeswirtschaftskammer, d.h. „unter sechs Augen“ mit Rudolf Sallinger (ÖVPPolitiker, später Präsident der Bundeswirtschaftskammer) und Arthur Mussil (ÖVP-Politiker) sowie jeden Montag das „Pressefrühstück.“ Staribacher intensivierte die strukturelle Anpassung von Industrie und Gewerbe an den internationalen Wettbewerb. Dazu kam eine zusätzliche Gepflogenheit aus der AK: Entwicklung und Verankerung des Konsumentenschutzgedankens. Er zeigte sich in strittigen Fragen zwar gesprächsbereit, aber letztendlich konsequent, z.B. betreffend eine neue Gewerbeordnung.142 Staribacher hatte also nicht nur Anfang der 1960er Jahre eine starke Verankerung in der intellektuellen Kaderschmiede der Partei, der AK (1961 als stellvertretender Kammeramtsdirektor, 1968 als Kammeramtsdirekor), sondern auch in der Gewerkschaftsbewegung. Seine parteipolitische Karriere verlief allerdings nicht so reibungslos. Staribacher war zwar bereits 1945 zum Obmann der Sozialistischen Jugend gewählt worden, doch er wurde schon 1947 auf Betreiben einer Gruppe um Josef Hindels (linker sozialdemokratischer Gewerkschafter und NSWiderstandskämpfer) und Paul Blau (Chefredakteur der „Arbeiterzeitung“) abgewählt. Auf Verlangen des Parteipräsidiums der SPÖ wurde eine neue „Parteischiene“ für Staribacher als Funktionär in der „Landstraße“ (SPÖ-Bezirksorganisation) geschaffen. In diesem dritten Wiener Gemeindebezirk sollte Staribacher ab 1963 als stellvertretender Bezirks-Obmann und zwischen 1965 und 1986 als Vorsitzender auch über eine entsprechende Parteibasis verfügen.143 Fritz Koppe, damals Arbeiterkammer-Angestellter, traf Staribacher erst nach mehr als einem Jahrzehnt in der Arbeiterkammer Wien, wo er als Chef der Volkswirtschaftlichen Abteilung arbeitete. Staribacher wurde Kammeramtsdirektor-Stellvertreter der Wiener Arbeiterkammer und daraus entstanden für Koppe 142 143
Vgl. ebd., 542-543. Vgl. ebd., 540-541.
EINLEITUNG
41
geschäftliche Kontakte. Koppe unterbreitete viele Anregungen, von denen allerdings keine einzige verwirklicht wurde.144 Durch Koppes Idee wurde 1968 das „Institut für Gesellschaftspolitik“ eingerichtet, das zwei Bereiche umfasste: Erstens einen journalistischen Beirat, für den Fritz Koppe zuständig war, und zweitens einen wissenschaftlichen Beirat, den Otto Wanke leitete. 145 Als Josef Staribacher 1968 selbst Kammeramtsdirektor wurde, hat er einen Ordner mit Koppes Ideen im Büro mit der Mitteilung versehen „Bitte durchführen – St!“ Damit begann für Fritz Koppe eine völlig neue Phase in der Arbeiterkammer. Er hat viele Abteilungen der Kammer mit seinem Kollegen Otto Wanke erneuert. Es war ihm besonders wichtig, die aktuelle Öffentlichkeitsarbeit zu verstärken.146 Josef Staribacher notierte in seinem Tagebuch: „Ich glaube, Koppe hat mit seiner Pressepolitik, die er jetzt zwei Jahre bei mir betreibt, eindeutig erwiesen, wie wichtig es ist, die Pressekontakte auf seine Art aufzubauen und wie notwendig es wäre, dass die gesamte Bundesregierung hier kooperierter vorgehen würde.“147 Obgleich Fritz Koppe 1973 die Geschäftsführung der Konsumenteninformation übernahm, erhielt er seine Einkünfte weiterhin von der Arbeiterkammer, d.h. der VKI-Chef und seine Landesstellenleiter zählten als „lebende Subvention“ (Koppe) dieser Interessensorganisation. Die VKI-Zentrale hatte ihren Sitz zunächst im Ballsaal des Wiener Hotels Münchnerhof. Das erste Büro installierte Koppe in einer umgewandelten Damentoilette. Es wurden für die Labors Wohnungen gemietet, die Büros übersiedelten kurz in die Räume des neuen „Generali-Centers“. Koppe dazu: „Ich habe mir für die Reorganisation drei Jahre vorgenommen – das könnte sich ausgehen, es sind erst zweieinhalb Jahre vorbei.“ 148 Die Schwierigkeiten mit dem Personal (damals 70 Hauptamtliche, 100 Teilzeitbeschäftigte) beseitigte Koppe durch 144
145 146 147 148
Vgl. Archiv des Bezirksmuseums Wien-Josefstadt, Nachlass Fritz Koppe, Diktat für P. Lhotzky vom 19.1.2008, 3. Vgl. ebd. Vgl. ebd. https://staribacher.acdh.oeaw.ac.at/ 1970-05-29, 00191. Ein Riese erwacht, Profil, 1976-01-07, 27.
42
FRITZ KOPPE
ein „eigenwilliges Entlohnungsschema“, denn die Konsumenteninformierer wurden nach dem wirtschaftlich kostengünstigen Kollektivvertrag der Erdölangestellten vergütet.149 Parallel arbeitete Koppe bis 1994 durchgehend 36 Jahre in der Arbeiterkammer.150 Im Sommer 1961 gründete er die Zeitschrift „Der Konsument“, die bis heute besteht.151 Staribacher meinte dazu: „Er ist ein wirklicher PR-Profi.“152 Dazu äußerte Hofrat Dr. Hans-Peter Lehofer: „Die großkoalitionäre Staribacherphase hat ihn geprägt, wo er versuchte auf der einen Seite sehr kantige positionierte Arbeiterkammerpolitik zu machen und andererseits hat er immer gewusst, dass er sich mit der anderen Seite der Sozialpartnerschaft arrangieren muss.“ Zudem ortete Lehofer Unvereinbarkeiten bei den Tätigkeiten Koppes. „Das ist aber historisch zu verstehen. Diese Funktionen, die er innehatte, war ein Kritikpunkt. Koppe hatte als AKAbteilungsleiter und als VKI-Geschäftsführer viel Kritik ausgelöst, nicht immer berechtigt von jeder Seite. Koppe hat sehr viel gearbeitet. Er hat mehr geleistet und war immer unermüdlich im Einsatz und hat Privatleben und Gesundheit nicht geschont und seiner Arbeit alles untergeordnet. Es war eine regelwidrige Sache, dass er beide Jobs innehatte. Deshalb war eine Diskussion im Gang mit eher überschaubarem Erfolg. Die Lösung lautete: Der nächste Geschäftsführer sollte wegen Interessenskonflikten nur mehr VKI-Geschäftsführer und nicht mehr zugleich AKAngestellter sein. Koppe zahlte Gehälter, die spektakulär waren, für Leistungen, die nicht immer so großartig waren. Es gab mehrere personelle Einschnitte und der Kollektivvertrag war der teuerste und zwar jener der Erdölindustrie. In den 1950er, 1960er und 1970er Jahren sind die Privilegien in den Vereinen gewachsen. Es war undenkbar, irgendjemanden vom VKI zu kündigen. Das Personal wurde weiterbezahlt und neue Mitarbeiter wurden aufge149 150
151 152
Vgl. ebd., 26. Vgl. Archiv des Bezirksmuseums Wien-Josefstadt, Nachlass Fritz Koppe, Diktat für P. Lhotzky vom 19.1.2008, 3. Vgl. ebd. Hacker, Ein Leben gegen Gift und Galle, in: Wirtschafts-Woche Nr. 31, 29.7.1993, 35.
EINLEITUNG
43
nommen, die den Job gemacht haben, und dabei sind die Kosten ausgeufert. Der VKI hat schließlich nicht schlecht bezahlt.“153 Heinz Schoeffl über Koppe: „Seine Rolle als Abteilungsleiter und Geschäftsführer wurde oft kritisiert. Zu dieser Zeit war aber klar, dass er beide Funktionen in einer Person innehatte, die ihm viele Freiheiten diesbezüglich gegeben haben. Der Grund für die Kritik war, dass Koppe die Zuweisung der Themen auf beide Organisationen nach seinem Gespür, wo er die Dinge besser unterbringen konnte, verteilen konnte.“154
153
154
Interview mit Dr. Hans-Peter Lehofer, geführt von Catherine Lechner, 4.5.2021, Aufnahme bei der Autorin. Interview mit Heinz Schöffl, geführt von Catherine Lechner, 27.7.2021, Aufnahme bei der Autorin.
2. Konsumentenschutz: Die Vorgeschichte 2.1 Die internationale Entwicklung der Konsumentenrechte und des Konsumentenschutzes Zu den geschichtlichen Beweggründen des aktuellen Verbraucherschutzes zählte zuerst die US-Verbraucherschutzbewegung ab der Mitte des 20. Jahrhunderts, die durch die bedeutende Verbraucherbotschaft von Präsident John F. Kennedy (1961-1963) forciert wurde. Dabei wurden folgende vier Grundrechte festgelegt: 1. 2. 3. 4.
das Recht auf Schutz und auf gesicherte Waren („the right to safety“) das Recht auf gründliche Auskunft („the right to be informed“) das Recht auf Wahlfreiheit („the right to choose“) das Recht, angehört zu werden („the right to be heard“).155
Gleichzeitig beschäftigte man sich auch in Deutschland mit Fragen der Konsumentenpolitik und des Verbraucherrechts, kurze Zeit darauf auch im europäischen Bereich.156 Kennedy galt mit seiner Verbraucherbotschaft als Urheber der neuen Konsumentenschutzbewegung.157 Hervorzuheben ist dabei allerdings, dass diese Themen nicht nur zu einer globalen Angelegenheit geworden sind, sondern auch, dass die Entstehung dieser Thesen auf die Amerikanerin Esther Peterson zurückgeht. Kennedy hatte dafür die erfolgversprechende Konsumentenlobbystin in seine Führungsmannschaft geholt. Im Grunde genommen sind diese Grundrechte auf Peterson zurückzuführen. Ihrem Einsatz ist es zu verdanken dass hier eine Art Staatssekretariat für Angelegenhei155
156 157
Vgl. Astrid Deixler-Hübner, Peter Kolba (Hg.), Handbuch Verbraucherrecht, Wien 2015, 1. Vgl. ebd. Vgl. Brigitta Lurger, Susanne Augenhofer, Österreichisches und Europäisches Konsumentenschutzrecht, Springer Vienna (Hg.), 2. Auflage, Wien 2008, 10.
45
46
FRITZ KOPPE
ten der Konsumenten entstand, das zur Triebfeder und zum Mittelpunkt der amerikanischen Konsumentenpolitik wurde. Aus dieser Maßnahme entstand z.B. die amerikanische „Product Safety“ Commission, eine versierte Behörde zur Beseitigung nicht sicherer Erzeugnisse und zur Vermeidung von Haushalts- und Feizeitunfällen. Dieses Gremium wurde weltweit zum Vorbild für vergleichbare Institutionen. Österreich setzte erst mehr als 25 Jahre später erste Schritte in diese Richtung. Esther Peterson war einige Jahre lang in einer amerikanischen Handelskette „Konsumentendirektor“, also auf gleicher Ebene mit dem Marketingmanager und dem Geschäftsführer. Sie zeigte auf, dass die Sicherheit der Verbraucher auch ein gutes Verkaufsargument und ein Publikumserfolg für ein Handelsgeschäft sein kann. Das Ablaufdatum, die Kennzeichnung der Lebensmittel und die Nahrungsmitteldeklaration wurden durch ihren Unternehmensgeist in Handelsbetrieben gebräuchlich und stellten sich als ausschlaggebendes Verkaufsargument heraus. Peterson hat in den USA mit ihrer Beharrlichkeit einen Einfluss auf die Entscheidungen gegen die Ausfuhr bedenklicher chemischer Stoffe sowie gegen Pestizide und für die Charta der Konsumentenrechte genommen und diese umgesetzt. Wenn heute von Konsumentenrechten die Rede ist, sollte man sich dieser Frau besinnen, die ständig im Hintergrund agierte und viel zum Thema Konsumentenrechte beigetragen hat.158 In den 1960er Jahren galt Österreich, was den Konsumentenschutz betraf, noch als Entwicklungsland. Österreich holte aber mit der Zeit auf und vollbrachte in den 1970er Jahren im Bereich des Konsumentenschutzes hervorragende Leistungen. 159 Deswegen ist es von Relevanz, dass sich die österreichische Konsumentenpolitik nicht im Widerspruch zur Konsumentenpolitik benachbarter Nationen entwickelt.160 Die Angleichung der internationa158 159
160
Vgl. ebd., 228. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 011, Mappe 042, Kommentar zum Wirtschaftsprogramm der SPÖ, Konsumentenschutz, 173. Vgl. ebd., Arbeitsprogramm des Konsumentenpolitischen Beirates, ohne Datum, 1.
KONSUMENTENSCHUTZ
47
len Konsumentenpolitik lässt aber noch auf sich warten, sodass ein voller Gleichklang der Entwicklung bei genauen Maßnahmen im Moment noch nicht möglich ist. Die Käufer werden nicht mehr nur als Konsumenten angesehen, sondern als Menschen, die an allen Belangen des gesellschaftlichen Lebens, z.B. beim Konsumverhalten, Anteil nehmen.161 Am 27. April 1970 erwähnte Bundeskanzler Dr. Bruno Kreisky in seiner Regierungserklärung erstmalig die Konsumentenpolitik im Parlament: „Besondere Aufmerksamkeit wird künftighin den Belangen des Konsumentenschutzgesetzes und der Konsumenteninformation zu widmen sein. Warendeklaration und Bekämpfung irreführender Reklame sollten es den Verbrauchern erleichtern, die ihnen gebührende Schlüsselstellung im Rahmen der Marktwirtschaft einzunehmen.“162 Am 5. November 1975 erweiterte Kreisky diese Aussage noch: „Dem Konsumentenschutz kommt in unserer Gesellschaft steigende Bedeutung zu. […] Ziel ist die Schaffung eines umfassenden Konsumentenschutzgesetzes.“163 Diese Zielvorgabe betonte Kreisky 1976 vor Vertretern des Vereins für Konsumenteninformationen (VKI) erneut, wobei „ein solches Gesetz im Interesse der Konsumenten und eines fairen Wettbewerbs zu beschließen sei und auf jeden Fall noch in dieser Legislaturperiode erfüllt wird.“ 164 Diese konsumentenpolitische Erklärung bestimmte die Verbraucherpolitik der 1970er Jahre nicht nur in Österreich, sondern sie hatte eine beträchtliche Wirkung auch im Rahmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und des Europarates.165 Träger der Konsumentenpolitik innerhalb der Bundesregierung 161
162
163
164 165
Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 014, Mappe 041, Arbeitsprogramm des konsumentenpolitischen Beirates, 3. Archiv des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Nachlass Fritz Koppe Konsumentenpolitischer Leistungsbericht, 1. 122. Sitzung NR XIV. GP-Stenographisches Protokoll (gescanntes Original), 8.3.1979, 26. URL: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XIV/NRSITZ /NRSITZ_00122/imfname_148705.pdf. Kreisky kündigt Konsumentenschutz an, Salzburger Nachrichten, 10.09.1976. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 011, Mappe 042, Kommentar zum Wirtschaftsprogramm der SPÖ, Konsumentenschutz, ohne Datum, 173.
48
FRITZ KOPPE
war 1976 das Handelsministerium, das 1970 einen konsumentenpolitischen Beirat eingeführt hatte, wobei die Sozialpartner, der VKI, Wissenschaftler, Einzelpersonen oder Vereine mitwirkten.166 Die Konsumentenpolitik wurde damals – anders als in den meisten anderen Staaten Europas – als Teil der Regierungspolitik angesehen.167 Dadurch konnte unter anderem das Lebensmittelgesetz 1975 mit den notwendigen Kennzeichnungsvorschriften, die zum Schutz der Gesundheit und zur verbesserten Information der Produkte beitragen, realisiert werden. 1979 hat das Konsumentenschutzgesetz für die Käufer die Sicherheit beim Kauf von Produkten durch juristische Verordnungen grundlegend verbessert. Durch Modifikationen der Normen gegen den unzulässigen Wettbewerb wurden der Schutz vor trügerische Reklame intensiviert und den Interessenverbänden ein zusätzliches Klagerecht gewährt. Des Weiteren wurde ein juristischer Ausgangspunkt für zahllose Kennzeichnungsvorschriften erarbeitet.168 Nur eigenverantwortliche und wissende Konsumenten können ihre Position im Supermarkt nützen, denn gerade in ökonomisch schwierigen Zeiten bietet ein überlegter Kauf die Gelegenheit, den Lebensstandard auch bei langsamem steigendem Einkommen zu sichern.169 Die vormals bloß formalen Konsumentenschutzvorschriften sollten faktisch durchgesetzt werden. Dazu sollen die Konsumenten selbst – ohne sich auf die Obrigkeit berufen zu müssen – die Möglichkeit haben, ihre Rechte wahrzunehmen. Für die Konsumenten wird der Zugang zum Recht vereinfacht, sodass bestehende verwaltungs- und wettbewerbsrechtliche Vorschriften auch eine zivilrechtliche Bedeutung erhalten. Die Sicherheit der Verbraucher vor vermeidbaren Schäden an Leben 166
167
168 169
Vgl. Herbert Tieber, Konsumentenpolitik in Österreich, in: Der Eisenbahner 1976, Nummer 11, 21. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 011, Mappe 042, Kommentar zum Wirtschaftsprogramm der SPÖ, Konsumentenschutz, ohne Datum, 173. Vgl. ebd. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 011, Mappe 042, Wahlplattform der SPÖ, Die Konsumenten schützen, ohne Datum, 10.
KONSUMENTENSCHUTZ
49
und Gesundheit muss weiter ausgebaut werden. Dazu sollten die österreichischen Erlässe über die Produkthaftung für Erzeugnisse an die Bestimmungen anderer Industriestaaten angeglichen werden. Erforschungen der Ursachen zur Vermeidung von Unfällen im Haushalts- und Freizeitbereich sollten durch Gründung und Förderung eines Kuratoriums „Sicherer Haushalt“ aber auch durch Aufklärung dem Niveau der Bekämpfung von Arbeits- und Verkehrsunfällen angeglichen werden170 Durch die Ausdehnung des Konsumentenschutzes im Bereich des Zivilrechtes erhält der Verbraucherschutz eine neue Bedeutung, weil der Kunde zum ersten Mal nicht bei der Verwirklichung seiner Gesetze auf die Unterstützung der Behörden abhängig ist. Der Kunde konnte stattdessen selbst gegenüber dem Händler seine Rechte durchsetzen und wenn nötig vor Gericht einfordern. Durch Musterprozesse und Grundsatzentscheidungen konnten aufgrund von Verbandsklagen viele Rechtsunsicherheiten abgeschafft werden und die neuen Konsumentenrechte festgelegt werden. 171 Der Konsumentenschutz beruhte auf einem grundsätzlichen Interessengegensatz zwischen Herstellern und Verbrauchern bzw. Erzeugern und Käufern. Diese maßgebliche Kontroverse entstand erst durch die kontinuierliche gesellschaftliche Arbeitsteilung, d.h. es wurden nicht nur bloß Bedarfsgüter für den Selbstbedarf erzeugt, deren Ertrag gegenseitig ausgetauscht wurde. Dies wurde als Lohnwerk bezeichnet. Das ausschlaggebende Kriterium dafür war die Entwicklung der Städte im Mittelalter. Der ökonomische Mittelpunkt der Stadt bildete das Zentrum für den Austausch der Produkte. Die Anfänge des Konsumentenschutzes reichten also schon weit zurück in eine Zeit, als für den Warenhandel festgelegte Tauschwerte bestimmt wurden. Der Produzent musste erst eine Verpflichtung eingehen und der Konsument konnte durch das erworbene Produkt eine essenzielle Bedürfnisbefriedigung erzielen. Damals lag der Konsumentenschutz in den Händen von Zünf-
170
171
Vgl. ebd., Für ÖAKT Resolution zum Thema Konsumentenschutz von Fritz Koppe. Vgl. ebd., Erfolgsbericht, 12.
50
FRITZ KOPPE
ten und Obrigkeiten und bestand in der Wettbewerbs- und Preispolitik. Das heutige Konsumentenschutzgesetz ist das Ergebnis von Industrialisierung und Massenproduktion, die automatisch zu Ungleichgewichtslagen im rechtsgeschäftlichen Verkehr führen. Es besteht ein Macht- und Informationsüberschuss der Hersteller und Lieferanten, die den Konsumenten an Informationen und Wissen weit überlegen sind. Das Ziel des Konsumentenschutzes ist es daher, eine harmonische Balance zwischen den vorhandenen Mitteilungs- und Machtunterschieden herzustellen.172 Das Gleichgewicht zwischen Konsument und Händler, das früher existierte, ist inzwischen verloren gegangen und soll nun durch das Konsumentenschutzgesetz wiederhergestellt werden 173 Die Arbeiterkammer und der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) bezeichneten das in den 1970er Jahren neue Konsumentenschutzgesetz „als wohlausgewogenen Kompromiss zwischen dem Schutzbedürfnis der Konsumenten und dem Widerstand der Unternehmer gegen Eingriffe in deren Vertragsmacht gegenüber dem Kunden“.174 Das Konsumentenschutzgesetz ist auf Empfehlungen und Anregungen des österreichischen Arbeiterkammertages und des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) zurückzuführen. Sein Grundgedanke waren Beschwerdefälle, die immer weiter anstiegen und mit denen sich die AK und der VKI beschäftigten. Es ging um ca. 50.000 Fälle pro Jahr. 175 Außerdem wurden ungefähr 150.000 Beanstandungen von Verbrauchern binnen drei Jahren an die Beratungsstellen der AK und des VKI herangetragen. Eine planmäßige Untersuchung dieser Beschwerden ermöglichte der AK den Beweis der Dringlichkeit eines Konsumentenschutzgesetzes.176 172 173
174
175 176
Lurger, Augenhofer, Konsumentenschutzrecht, 9-10. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 031, Mappe 047, Endlich Konsumentenschutzgesetz. Vgl. Arbeit und Wirtschaft, Konsumentenschutzgesetz verabschiedet, 1979-0500. Vgl. Pressedienst der Kammer für Arbeiter und Angestellte, FS 1, 1690. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 031, Mappe 047, Endlich Konsumentenschutzgesetz.
KONSUMENTENSCHUTZ
51
2007 meldeten die Verbraucher 9.000 Beschwerden beim Europäischen Verbraucherzentrum.177 2018 wurden 58.000 kostenlose telefonische Beratungen verzeichnet, wovon bei ca. 3.000 eine intensivere Besprechung nötig war. Seit Oktober 2016 gibt es eine Onlineberatung für Kunden, die eine kostenlose Unterstützung benötigen. 2018 nahmen etwa 4.600 Kunden diesen Service in Anspruch.178 Fritz Koppe berichtete 1980 in seiner „Sachreportage“ über die Konsumentenprobleme, dass die Beschwerdestelle darauf zurückzuführen ist, dass im Grunde juristisch für die Verbraucher gar nichts mehr getan werden kann. Die Beschwerdestelle setzt sich aber trotzdem für die Kunden ein und interveniert dort, wo ihre Mitarbeiter das Gefühl haben, dass dem Verbraucher Unrecht geschehen ist.179 Das Gesetz klärte Rechtsfragen zwischen Händler und Konsumenten mit dem Vorhaben, Konsumenten vor Täuschung und Benachteiligung zu schützen. Das Konsumentenschutzgesetz soll nicht nur die Sicherheit der Verbraucher erhöhen (z.B. durch die Kennzeichnungspflicht), sondern es soll auch die Rechtsbeziehung zwischen Unternehmer und Kunden der heutigen Sachlage entsprechen. Die Konsumenten bekommen im Konsumentenschutzgesetz bei Rechtsfragen vor dem Kauf eine bessere Sicherheit (z.B. Rücktrittsrecht bei Haustürgeschäften), zusätzlich eine Gewährleistungspflicht und Sicherheit vor der Vertragsübermacht von Händlern, z.B. Vorschriften betreffend die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) angewandten Vertragsklauseln. Zu diesen AGB gibt es schon in zahlreichen Ländern Verordnungen, z.B. in Deutschland. Das war einer der Gründe, warum man in Österreich ein eigenes Konsumentenschutzgesetz ausarbeitete.180
177
178
179
180
Vgl. VKI Tätigkeitsbericht, Wien 2007, 29. URL: https://vki.at/system/files/2 020-11/2007_vki-taetigkeitsbericht.pdf. Vgl. VKI Tätigkeitsbericht, Wien 2018, 26. URL: https://vki.at/system/files/2 020-11/2018_vki-taetigkeitsbericht.pdf. Vgl. Fritz Koppe, Im Kampf gegen Gauner und Geschäftemacher, unveröffentlichtes Typoskript, Wien 16.6.1980, 113. Vgl. Pressedienst der Kammer für Arbeiter und Angestellte, FS 1, 1690.
52
FRITZ KOPPE
Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) aus dem Jahr 1811, erlassen zur Zeit Napoleons, ist mit zahlreichen Novellen bis heute gültig und regelt heute noch den Anspruch der Konsumenten auf Gewährleistung. 181 Seit dieser Kodifizierung des Vertragsrechts durch das ABGB, basierend auf dem Ausgangspunkt der Vertragsfreiheit, haben sich die ökonomischen und sozialen Sachverhalte bedeutend verbessert.182 Das bedeutet, dass die Käufer ein Recht auf ein einwandfreies Produkt haben. Ist dies nicht der Fall, muss sich der Händler darum kümmern, ohne dass dem Käufer zusätzliche Kosten entstehen. Es ist auch möglich, dass der Käufer statt der Reparatur eine Preisminderung bekommt oder in einem solchen Fall das Geschäft rückgängig gemacht wird. In einer solchen Situation hat der Konsument die Möglichkeit, den vollen Kaufpreis zurückzuverlangen. Diese Bestimmungen gelten aber nur dann, wenn nichts anderes vereinbart wurde. 183 Der Jurist Dr. Caspar Einem äußerte dazu: „Das Gewährleistungsrecht ist eines der komplexesten Rechtsgebiete. Für Nicht-Juristen war es schwer in einer Beratung zu vermitteln.“184 Die allgemeinen Erneuerungen und Umstrukturierungen des Handels mit Bedarfsgütern sowie die Verstärkung der Serviceleistungen führten dazu, dass die Konsumenten von rechtsgeschäftlichen Beziehungen erfasst wurden. Die meisten Verbraucher, die nur geringe wirtschaftliche Fachkenntnisse haben, sind gegenüber den Fachleuten aus dem Vertrieb relativ machtlos. Daher entsteht oft der Anschein, dass einzelne Konsumenten nicht mehr ihre Rechtsbeziehungen in freier Eigenverantwortung und per autonomem Entschluss gestalten können. Das bedeutet, dass sich die
181
182
183
184
Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 031, Mappe 047, Konsumentenschutzgesetz, Bessere Waren-besseres Serviceweniger Ärger, von Fritz Koppe, 31.5.1979. Vgl. Inge Wimmer, Sozialwissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft (Hg.), Die Regierungsvorlage zum Konsumentenschutz, Rechtsgutachten Nr. 54, Wien 1979, 5. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 031, Mappe 047, Konsumentenschutzgesetz, Bessere Waren-besseres Serviceweniger Ärger, von Fritz Koppe, 31.5.1979. Vgl. Interview mit Dr. Caspar Einem, geführt von Catherine Lechner, 30.5.2021, Aufnahme bei der Autorin.
KONSUMENTENSCHUTZ
53
Verbraucher dem stärkeren Vertragspartner unterlegen fühlen und deswegen oft auf den Abschluss eines Vertrages verzichten.185 Das österreichische Gesetz, das am 1. Oktober 1979 beschlossen wurde, stimmte im Wesentlichen mit der Regierungsvorlage überein. 186 Es bedeutete – trotz unzähliger Modifikationen des Entwurfs – einen Durchbruch und brachte etliche Sondergesetze des Verbraucherprivatrechts hervor. Die juristische Entwicklung der vorhergehenden zwei Jahrzehnte wurde durch eine Kombination aus unionsrechtlicher Rechtssetzung und selbstständiger Gesetzgebung geformt.187 Die Zeitung „Besser Wohnen“ schrieb im Oktober 1979, dass die Vertreter der Wirtschaft, hinter denen die ÖVP stand, die Verhandlungen bis zu drei Jahre lang verschleppt hatten.188 Dieses Gesetz bedeutete eine grundsätzliche Veränderung des österreichischen Konsumentenschutzes und führte zu einer neuen Qualität für die Konsumenten. Es wurden konsumentenpolitische Ziele in einzelnen juristischen Bereichen verwirklicht, z.B. im Preisrecht, in der Gewerbeordnung, im Lebensmittelrecht sowie im Lebensmittelkennzeichnungsrecht. Beim Konsumentenschutzgesetz waren nicht nur gezielte Ausführungen vordergründig, sondern es standen vielmehr praktische lösungsorientierte gesellschaftliche Überlegungen der Umsetzbarkeit im Mittelpunkt. Die Entstehung der zivilrechtlichen Regelung des Konsumentenschutzes bedeutete für aufgeklärte Verbraucher mehr Information und dadurch keine Wehrlosigkeit mehr gegenüber dem Erzeuger. Das wichtigste Ziel des Gesetzgebers war es, eine hinreichende Modernisierung im Gesetz vorzubereiten.189 Allerdings fehlten damals im Entwurf die Produzentenhaftung und die Haftung des Herstellers eines Produktes für Schäden, die dieses dem Kunden zufügt.190 In den 1980er Jahren wurden weiterführende
185
186 187 188 189 190
Vgl. Wimmer, Sozialwissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft (Hg.), Die Regierungsvorlage zum Konsumentenschutz, Rechtsgutachten Nr. 54, Wien 1979, 5. Vgl. ebd., 348. Vgl. Deixler-Hübner, Kolba (Hg.), Handbuch Verbraucherrecht, 2. Vgl. Kurt Horak, Besser Wohnen, Einkaufen jetzt ohne Sorgen, Oktober 1979. Vgl. Kosesnik-Wehrle, Lehofer u.a., Konsumentenschutzgesetz, 1-3. Vgl. Konsumentenschutzgesetz, Wien 1979, 13.
54
FRITZ KOPPE
Neuerungen, z.B. das Zeitschriftenkeilerunwesen und die Produkthaftung betreffend, gesetzlich verankert. Die 1990er Jahre waren der Höhepunkt des Konsumentenschutzgesetzes.191 Das Bundesministerium für Justiz hat im Lauf des Jahres 1977 den Entwurf eines Konsumentenschutzgesetzes ausgearbeitet und im vorgesehenen Begutachtungsverfahren zur Debatte gestellt. Im Herbst 1977 hat die Bundesregierung einen überarbeiteten Entwurf als Regierungsvorlage dem Nationalrat vorgelegt (744 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des NR, XIV. Gesetzgebungsperiode) 192 Dieses Konzept sollte die privatrechtliche Sicherheit der Konsumenten so weit wie möglich lückenlos erfassen. 193 Dieses Konsumentenschutzgesetz war nach Justizminister Christan Broda (SPÖ) ein „Jahrhunderbrocken“. Koppe erinnerte sich daran, dass in der Sozialpartnerrunde, die am 3. Oktober 1977 zum letzten Mal stattfand, Brodas Entwurf heftig diskutiert wurde und wegen unterschiedlicher Auffassungen zeitweise „Eiszeit“ herrschte. Die Zeitung „Extrablatt“ listete die Aspekte der sozialpartnerschaftlichen Kontroversen auf: Erstens handelte es sich um die Frage, was insgesamt in die „Gewährleistung“ einbezogen werden sollte. So erklärt sich z.B. ein Kunde, der sich ein Radio zulegt, mit den Garantievereinbarungen einverstanden, die aber das geltende AGB umgehen. Der Kunde muss also allfällige Reparaturen selbst bezahlen und hat eine verkürzte Garantiedauer. Diese Praktiken will das Konsumentenschutzgesetz abstellen. Die Bundeswirtschaftskammer war allerdings der Meinung, dass eine solche Maßnahme für den Kunden teurer werden würde, weil die erhöhten Gewährleistungskosten zweifellos in die Preise aufgenommen werden müssten. Karl Blecha (österreichischer Politiker der Sozialdemokratischen Partei) war der Ansicht, das Gesetz sei preisneutral. Maria Fuchs, die Frauenvorsitzende des ÖAAB (Österreichischer Arbei191 192
193
Vgl. Kosesnik-Wehrle, Lehofer u.a., Konsumentenschutzgesetz, 1-3. Vgl. Peter Reindl, Der österreichische Entwurf eines Konsumentenschutzgesetzes, in: Zeitschrift für Verbraucherpolitik, 1979/1, 72-73. Vgl. Stenographisches Protokoll (gescanntes Original), Erläuterungen 744 der Beilagen XIV. GP-Regierungsvorlage, 30.11.1977, 13. URL: https://www.parla ment.gv.at/PAKT/VHG/XIV/I/I_00744/imfname_315902.pdf.
KONSUMENTENSCHUTZ
55
ter- und Angestelltenbund, eine Teilorganisation der ÖVP), meinte, dass es für „Konsumenten eine Kostenfrage sei.“ Genau genommen heißt das, dass die Unternehmer vor Preiserhöhungen warnten, falls die Verbraucher für gekaufte Waren eine Garantie bekommen.194 Das zweite schwerwiegende Problem war nach Justizminister Christian Broda, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, bekannt als das „Kleingedruckte“, so vorgeschrieben werden sollten, dass die Verbraucher nicht die „Katze im Sack kaufen.“ Die Konsumenten sehen erst nach gründlicher Beschäftigung mit dem „Kleingedruckten“, dass unter anderem darauf hingewiesen wird, dass alle mündlichen Vereinbarungen oder jene Textstellen bedeutungslos sind, die den Konsumenten unkündbar an einen Vertrag binden. Der Händler kann sich aber Zeit lassen, bis er seine Verantwortung übernimmt. Er entscheidet, wann der genaue Zeitpunkt vorliegt. Im Konsumentenschutzgesetz sollte in Zukunft festgehalten werden, was verboten und was erlaubt ist. Fritz Koppe hatte aber Befürchtungen, „dass das Geschäft mit Textautomaten einen ungeheuren Aufschwung nehmen wird.“195 Der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte ebenfalls Bedenken und ließ dem Justizministerium seine Stellungnahme übermitteln, derzufolge sozusagen die „Beschneidung der heiligen Kuh“ der Vertragsfreiheit zu erwarten sei, die es dem Verbraucher erlaubt, Verträge zu den nachteiligsten Konditionen abzuschließen. Die Verbandsklage war eine weitere der vielen Streitursachen in den Diskussionen. Christian Broda trat zudem für das Ratengesetz ein, das den Kunden fünf Tage für einen Rücktritt vom Vertrag gewährt. Dieser Punkt sollte auf jeden Fall im Konsumentenschutzgesetz enthalten sein. Die Konsumenten sollten immer die Möglichkeit haben, sich ein Geschäft gründlich zu überlegen. Die Bundeswirtschaftskammer war dagegen, weil sie die Ansicht vertrat, bestehende Abschlüsse dürften nicht gebrochen werden („pacta
194
195
Vgl. Wolfgang Maier über das neue Konsumentenschutzgesetz. Eine Lobby muss her, Extrablatt, Nr. 2, 10.2.1977, 14. Ebd.
56
FRITZ KOPPE
sunt servanda“). 196 Der Kammer wäre es am liebsten gewesen, wenn unter anderem die Versicherungen, die Wohnungsmakler und analoge Einrichtungen nicht in den Bereich des Konsumentenschutzgesetzes fielen.197 An einen unnachgiebigen parteipolitischen Streit im Parlament glaubte auch Maria Fuchs nicht: „Die Sozialpartner werden das schon abklären.“198 Sie vertrat die Meinung, dass es „bei uns keine organisierte Konsumentenlobby“ gibt. Und ein Gesetz ohne Lobby ist immer eine halbe Sache. Sogar Minister Broda glaubte an eine übereinstimmende Entscheidung, „da sich keine Partei grundsätzlich gegen die Notwendigkeit eines Konsumentenschutzgesetzes ausspricht.“ Karl Blecha meinte dazu, dass „die Frauenorganisationen der großen Parteien und auch der ÖGB sich darum kümmern werden.“199 Die wichtigsten Punkte des Konsumentenschutzgesetzes waren: Erstens ein genau definiertes Rücktrittsrecht bei Haustürgeschäften, egal ob es sich um Zeitschriftenvertreter oder Fenstersanierungsunternehmen handelt. Zweitens die Gewährleistungsbestimmungen, die ein umfassendes Register von restriktiven Vertragsbedingungen aufhoben, die für die Konsumenten unwirksam sind, aber weiterhin im Geschäftsverkehr zwischen den Unternehmen ihre Gültigkeit haben. Zahlreiche Betrüger in der Wirtschaft haben jedoch moderne Strategien entwickelt, um sich dem Konsumentenschutzgesetz zu entziehen, z.B. Haustürgeschäfte von Zeitschriftenvertretern , wobei hier das Rücktrittrecht verbessert werden sollte. 200 1981 ärgerte sich Koppe, „dass der Konsumentenschutz vorerst nur ein ‚Papiertiger‘ bleibe“. Der Grund sei daran zu suchen, dass es erst nach einem Jahrzehnt möglich sein werde, festzustellen, ob sich das Gesetz bewährt hat oder nicht, da es bis jetzt noch keine Gerichtsurteile gibt, obgleich die Arbeiterkammer rund 100 Vereinbarungen, die „im Grenzbereich zwi-
196 197 198 199 200
Vgl. ebd., 15. Vgl. ebd. Ebd. Ebd. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 011, Mappe 016, AK Forderungen anlässlich des Jubiläums „10 Jahre Konsumentenschutzgesetz“, 12.10.1989.
KONSUMENTENSCHUTZ
57
schen unseriös und kriminell“ positioniert seien, vor Gericht gebracht hat.201 Die Annäherung der Standpunkte der Verhandlungspartner, demzufolge ein Kompromiss erreicht wurde, beruhte auf der Einsicht der Unternehmen, dass im Interesse des loyalen Wettbewerbes und einer intakten Marktwirtschaft unsaubere Geschäftspraktiken verhindert werden müssen. Die Bereitwilligkeit der Verbraucherseite beruhte auf der Reduzierung der Eingriffe auf die Vertragsfreiheit auf jene Punkte einzuschränken, die zur Beseitigung von Rechtswidrigkeiten notwendig sind, wobei möglichst moderate Interventionen im Vertragsrecht Wert gelegt wurde.202 Über den Gesetzesantrag des Nationalrates wurde im Bericht des Rechtsausschusses verlautbart, „dass der vorliegende Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom Gedanken ausgeht, den privatrechtlichen Schutz des Konsumenten möglichst vollständig zu umfassen und besonders einen Schutz vor Überrumpelung und vor unlauteren Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu gewährleisten.“203 Es sind die Zielvorstellungen eines umfassenden Verbraucherschutzes, die unter anderem folgende wichtige Punkte vorsehen: 1. 2. 3. 4.
201 202
203
Festlegungen über das Recht beim Rücktritt von billigen „Haustürgeschäften“. Unzulässige Vertragsbestimmungen, falls diese nicht deutlich verfasst wurden. Mündliche Vereinbarungen. Eine Sondervereinbarung zur Sicherheit vor unlauteren Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
Vgl. Konsumentenschutz: Vorerst nur ein „Papiertiger, Die Presse 1981-10-14. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 031, Mappe 047, Endlich Konsumentenschutz, 1. Stenographisches Protokoll, 2003 der Beilagen-Ausschussbericht BR (gescanntes Original), Bericht des Rechtsausschusses, Wien 13.3.1979, 1-2. URL: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/BR/I-BR/I-BR_02003/imfname _296676.pdf.
58
FRITZ KOPPE 5.
Eine Untersagung eindeutiger Erklärungen und eine Verbandsklage. 204 Die Abgeordnete Beatrix Eypeltauer von der SPÖ war ebenfalls der Meinung, durch die Verbandsklage falle das hohe Prozessrisiko des Einzelnen weg, wodurch ein besserer Zugang zum Recht entsteht und den Konsumenten mehr Chancengleichheit gegenüber den Unternehmen eingeräumt wird.205
Des Weiteren wurden für die Zukunft weitere Ziele angestrebt, z.B. die Intensivierung der Anfechtung wegen Irrtums, die Verpflichtung zu legalen Höchst- oder Mindestpreisen, aber auch eine Sonderbestimmung für Kreditvermittlungsaufträge. Es waren ferner Ausnahmebestimmungen in Vorbereitung, z.B. betreffend gewisse Vertragstypen wie Dauerverträge, Abzahlungsverträge, regelmäßige Dauerbezüge von Büchern und Zeitschriften sowie Ansparverträge.206 Justizminister Broda erließ Anfang der 1980er Jahre diese Verordnung, nachdem das Konsumentenschutzgesetz im Parlament beschlossen worden war.207 Fritz Koppe, der sich Tag für Tag an der Verbraucherfront mit dem Konsumentenschutzgesetz beschäftigte, war einer der Haupturheber dieses Gesetzes. 208 Durch die Ausdehnung des Verbraucherschutzes im Zivilrecht bekam der Konsumentenschutz eine völlig neue Facette, da die Kunden bei der Durchsetzung ihrer Rechte erstmals nicht mehr von der Unterstützung von Behörden abhängig waren. Die Konsumenten sind seither selbst in der Lage, gegenüber dem Verkäufer ihre Rechte durchzusetzen und/oder bei der Justiz einzuklagen. Durch Musterprozesse und Grundsatzentscheidungen als Folge von Verbandsklagen konnten Unklarheiten des Rechts be204 205 206
207
208
Vgl. ebd., 1. Vgl. Tribüne der Parteien, Salzburger Nachrichten, 1979-06-22. Vgl. Stenographische Protokolle des Bundesrates-Ausschussbericht BR (gescanntes Personal), 2003 der Beilagen zum Bericht des Rechtsausschusses, Wien 13.3.1979, 1-2. URL: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/BR/IBR/I-BR_02003/imfname_296676.pdf. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 011, Mappe 016, AK Forderungen anlässlich des Jubiläums „10 Jahre Konsumentenschutzgesetz“, 12.10.1989, 1. Vgl. ebd.
KONSUMENTENSCHUTZ
59
seitigt und die neuen Rechte der Konsumenten festgelegt werden.209 Das Konsumentenschutzgesetz soll nach seinen maßgeblichen Absichten dazu beitragen, die ökonomische und gesetzliche Schwäche der Konsumenten im Geschäftsverkehr zu kompensieren, d.h. die in der Regel bestehende Differenz zwischen Unternehmern und Verbrauchern mit den Mitteln des Zivilsrechts auszugleichen. Des Weiteren wirken sich der Beitritt Österreichs zur Europäischen Gemeinschaft und die damit einhergehende verstärkte überstaatliche Verbindung Österreichs und der österreichischen Ökonomie auch im Bereich des Konsumentenschutzes aus.210 Die Verbraucherschutzbewegung ist, wie erwähnt, „ein Kind der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts“. Sie stellt gewissermaßen einen zweiten Versuch dar, da es bereits vor dem Ersten Weltkrieg Anläufe zum gesetzlichen Verbraucherschutz gab, die aufgrund der beiden Weltkriege und der katastrophalen Situation der Wirtschaft nicht zustande kamen. Es gab in Österreich dementsprechende verbraucherschützende Verordnungen der ersten Periode in einzelnen Gesetzen, sie waren aber weder in einer Kodifikation vereint noch kamen sie im gesamten Zivilrecht vor. Als solche Rechte mit Vorbildfunktion für das Konsumentenschutzgesetz sind als gebräuchlichste übersichtliche verbraucherschützende Bestimmungen z.B. das Ratengesetz von 1896 (das im Konsumentenschutzgesetz übernommen wird) sowie verwaltungsrechtliche Satzungen im Bereich des Lebensmittelrechts (LMG), des Preisrechts, des Gewerberechts und wettbewerbsrechtliche Regeln zu erwähnen.211 Nicht nur der Europarat, sondern auch die Europäisch Gemeinschaft bekannte sich zu diesen Grundrechten. Am 9. April 1985 wurde die „Charta der Konsumentenrechte“ von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet. Folgende 209
210
211
Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 011, Mappe 042, Erfolgsbericht, 12. Vgl. Helga Jesser, Doris Kiendl u.a., Das neue Konsumentenschutzrecht, Band 12, Wien 1997, 25. Vgl. Lurger, Augenhofer (Hg.), Konsumentenschutzrecht, 10.
60
FRITZ KOPPE
Rechte sind erwähnenswert, zu deren Schutz die Regierungen aller Staaten aufgefordert wurden: 1.
2.
3.
4.
5.
6. 7. 8.
Das Recht auf Befriedigung der Grundversorgung, d.h. auf gesunde Nahrungsmittel, Wohnen und medizinische Pflege. Das Recht auf Schutz, d.h. der Konsument soll Sicherheit vor minderwertigen Waren und Produktionsverfahren haben, die Gefahren für die Gesundheit und das Leben darstellen. Das Recht auf Aufklärung der Konsumenten, d.h. auf die Vermittlung der Fakten, deren Wissen für eine einwandfreie Entscheidung erforderlich ist und Schutz gegen irreführende Reklame. Das Recht zu wählen, d.h. aus einer Anzahl angebotener Erzeugnisse und Dienstleistungen das Passende auszuwählen. Das ist ein Recht, das z.B. durch neue Vertriebstechniken in Gefahr gerät. Das Recht auf Gehör, auf Vertretung der Konsumenteninteressen bei politischen und gesetzlichen Festlegungen und bei deren Vollziehung. Darüber hinaus soll der Konsument auch bei der Entwicklung von Produkten angehört werden. Das Recht auf Entschädigung. Das Recht auf Erziehung der Konsumenten. Das Recht auf ein intaktes Ökosystem.212
Das Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie hatte mit der Konsumentenpolitik eine der wichtigsten Agenden des Arbeitsbereichs inne. Bedeutend ist, dass die Verbraucher heutzutage als gleichwertige Partner von Handel, Gewerbe und Industrie anerkannt sind. Allerdings kann eine gute Konsumentenpolitik nur dann realisiert werden, wenn Probleme der Kunden in Übereinstimmung mit Firmen und deren Interessenvertretungen gelöst werden. Die Initiativen des Bundesministeriums für Handel, Ge212
Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 014, Mappe 021, Charta der Konsumentenrechte, wem wir sie verdanken, in: Gewinn 4/1991, 228.
KONSUMENTENSCHUTZ
61
werbe und Industrie erhöhen nicht nur durch verbesserte Informationen für die Käufer die Markttransparenz, sondern es werden auch die Serviceleistungen für die gesamte Wirtschaft beibehalten.213
2.2 Die Entstehung der Zeitschrift „Konsument“ in Österreich seit 1961 Fritz Koppe hat in seiner Zusammenstellung „Episoden aus der Geschichte des VKI“ seine persönliche Kollektion verschiedener Retrospektiven darüber niedergeschrieben, wie es zu Neuerungen im Konsumentenschutz kam. Über die Entstehung der Zeitschrift „Der Konsument“ berichtete er, dass er der Führung des neuen Vereins – statt der vielfältigen Unterlagen und verschiedener Zufallspublikationen – eine Zeitung empfahl. Die Direktion reagierte ablehnend auf seinen Vorschlag. Koppe sollte stattdessen eine fotokopierte Mitteilung für je 1.000 Delegierte der vier Mitgliedsorganisationen produzieren. Diese war sofort vergriffen und die Auflage der zweimal monatlich erscheinenden Zeitung steigerte sich von Nummer zu Nummer, aber erst bei einer verkauften Auflage von 10.000 Exemplaren durfte eine Druckerei das Blatt herstellen. Als Koppe nachfragte, ob es auch möglich wäre, diese Berichte zu verkaufen, erhielt er eine bejahende Antwort. Allerdings unter der Voraussetzung, dass erstens die Herstellung keine Auslagen nach sich zog und zweitens keine Entgelte vergütet werden.214 Für Koppe bedeutete dies die Gründung der Zeitschrift „Der Konsument“. Er schrieb die Texte; sein Freund Oswald Schanovsky war für die Abbildungen zuständig und stellte die Fotos und Zeichnungen für die Zeitung bereit. Letztendlich wurde dann „Der Konsument“ publiziert. Sein Erscheinungsbild glich den anderen Zeitungen. Es wurden außerdem zu den 4.000 Exemplare noch 1.000 weitere für die Mitgliedsorganisationen hergestellt. Die 213
214
Vgl. Archiv des Bundesministeriums für Handel, Gewerbe und Industrie, Nachlass Fritz Koppe, Konsumentenpolitik, 26.11.1970, 1-2. Vgl. Archiv des Bezirksmuseums Wien-Josefstadt, Verein für Konsumenteninformation, 9-10.
62
FRITZ KOPPE
Presse rührte sogleich die Werbetrommel, sodass die ersten 1.000 Stück binnen einer Woche an den Mann gebracht wurden. Fritz Koppe erzählte, dass man sich das Heft im VKI kaufen konnte und es noch kein Abo gab. Dann wurde auch ein Abonnement eingeführt und es funktionierte, weil die Leute interessiert waren. Die Hefte sind damals so quasi ‚unter der Hand‘ gehandelt worden. Es war einfach eine Marktlücke, die ausgefüllt wurde. Der größte Erfolg des Konsumentenschutzes war, dass auch Konsumentenpolitik betrieben wurde. Der Verein für Konsumenteninformation war Marktbeobachtung und gleichzeitig Hilfe für den Konsumenten. Die Arbeiterkammer war das konsumentenpolitische Instrument und es ist natürlich viel passiert.“215 Das Testmagazin „Der Konsument“ erschien in Farbe und der VKI wurde Mitglied der European Testing Group (ETG), einer Vereinigung europäischer Verbraucherorganisationen, wobei die Warentests im Vordergrund standen, um wirtschaftlich zu handeln. Die Zahl der Bezieher stieg massiv an, wobei „Der Konsument“ jetzt monatlich anstatt wie zuvorr mit zehn Ausgaben pro Jahr auf den Markt kam.216 Es bestand die Auffassung, dass Kunden, die den „Konsumenten“ lesen, sich auch für den Konsumentenschutz interessieren und besser gebildet seien.217 Dieselbe Auffassung wurde auch in anderen Ländern vertreten.218 Am höchsten war die Popularität der Zeitung in den Ballungsräumen, z.B. in Wien, Oberösterreich, Graz, Innsbruck und Salzburg. Zudem nahmen viele den „Konsumentenschutz“ sowie das Image des VKI als positiv, d.h. als Indiz für Zuverlässigkeit, Unbestechlichkeit und Unparteilichkeit, wahr. Der Schriftzug „Der Konsument“ hatte ebenfalls einen sehr hohen Stellenwert. Bei den Abonnenten
215
216
217
218
Lichtenberger, Zeitzeugeninterview des Instituts für AK- und Gewerkschaftsgeschichte, 11.12.2008, 14. Vgl. Im Spiegel der Zeit: Blick zurück auf 60 Jahre VKI und Konsument, URL: https://vki.at/im-spiegel-der-zeit-blick-zurueck-auf-60-jahre-vki-und-konsu ment/5664, 26.3.2021. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien (AK), Nachlass Fritz Koppe, Karton 055, Mappe 081, Arbeitskonzept des VKI, 17.5.1989, 2-4. Vgl. Karl Kollmann, Konsumentenschutzpolitik in Österreich, Wien 1986, 129.
KONSUMENTENSCHUTZ
63
war die Zeitschrift sehr geschätzt.219 Es gab sie üblicherweise bei den Tabaktrafiken zu kaufen.220 Die Gestaltung der Zeitung „Der Konsument“ brachte einige Probleme mit sich, galt es doch, die üblichen Produktionsverfahren zu überwinden. Es war etwa nicht erlaubt, eine zur Ankündigung an die Funktionäre bestellte Expertise über die Beschaffenheit von Würsten zu publizieren; stattdessen sollte im „Konsument“ nur auf deren Vorhandensein verwiesen werden. Der „Konsument“ behalf sich mit der Überschrift „Würstel unter dem Röntgenschirm“ und durch die optische Beschreibung, die im Röntgenfoto alle ekelerregenden Zutaten der Wurst zeigte. Von nun an durften Gutachten auch im Wortlaut publiziert werden. Firmennamen durften ebenfalls genannt werden. 221 Die Anordnung der Verleger besagte, dass die Zeitung billig sein sollte. Eine Fotokopie für 4.000 Funktionäre war das Ziel. In dieser Drucktechnik sollten die Nachrichten so interessant wie möglich erscheinen, sodass die Zeitung gekauft wurde. Deswegen entschloss man sich, die ersten Konsumentenhefte mit der Schreibmaschine zu schreiben.222 „Der Konsument“ erlebte 1961 seine Premiere, wobei die erste Ausgabe im August/September erschien. Das Abonnement kostete 1963 25 Schilling.223 1980 gab es bereits 60.000 Abonnenten, die die Zeitung bezogen.224 „Der Konsument“ hatte Ende Dezember 2012 55.500 Leser, das bedeutet eine Abnahme um 3 %. Der Grund liegt anscheinend im geänderten Medienverhalten der Verbraucher, die sich verstärkt im Internet orientieren. Auf die Webseite des „Konsumenten“ griffen zwischen 167.000 und
219
220
221
222 223 224
Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 055, Mappe 081, Arbeitskonzept des VKI, 17.5.1989, 2-4. Vgl. Im Spiegel der Zeit: Blick zurück auf 60 Jahre VKI und Konsument, URL: https://vki.at/im-spiegel-der-zeit-blick-zurueck-auf-60-jahre-vki-und-konsu ment/5664, 26.3.2021. Fritz Koppe, Episoden aus der Geschichte des VKI, Zeitschrift Konsument, 910. Vgl. 25 Jahre Konsument, In: Konsument 9/1986. Vgl. 40 Jahre Konsument, In: Konsument 8/2001. Vgl. Koppe, Im Kampf gegen Gauner und Geschäftemacher, unveröffentlichtes Typoskript, Wien 16.6.1980, 115.
64
FRITZ KOPPE
249.000 Käufer zurück. Die Kunden haben drei Gelegenheiten, gebührenpflichtige Themen zu lesen. Sie können zwischen dem Konsument-Printabo, bei dem der Onlinezugang berücksichtigt ist (48 €), dem Online-Abo, das pro Jahr 25 € kostet, oder der Tageskarte für 5 € wählen.225 1986 hatte „Der „Konsument“ eine Auflage von 80.000 Exemplaren. Dies beeinflusste das Angebot im Interesse der Verbraucher. Ein Artikel, der durchfällt, verschwindet bald vom Markt oder er wird verbessert. Dadurch werden oft viele Mängel beseitigt. 226 Die Zeitschrift „Der Konsument“ war eine Medienarbeit und Koppe wusste, dass in anderen Ländern, z.B. in Großbritannien, Konsumententhemen ein Publikationsthema waren, d.h. in den Medien wurde jede Kleinigkeit verlautbart. Die wichtigste Methode war also der Vertrieb, die Berichterstattung in anderen Medien.227 Franz Floss meinte dazu: „Langsam ist die Auflage „Der Konsument“ kontinuierlich zurückgegangen. Der Grund liegt wahrscheinlich darin, dass es Vergleichsportale gibt, die Tests durchführen. Wir sind ins digitale Zeitalter eingetreten und der VKI hat nie wirklich das Geld bekommen, um die Digitalisierung voranzutreiben. Der VKI war nicht wichtig, man hat gerade soviel Geld bekommen, um zu überleben. Das waren ca. 10 Millionen Schilling für ein Jahr. Damals hatte der VKI über hundert Leute, es gab eine Redaktion und verschiedene Abteilungen, die später alle verschwunden sind.“228 Der frühere zuständige Chefredakteur Gerhard Früholz (1992-2021) verbindet mit Fritz Koppe viele positive Erinnerungen: „Ich habe viel von ihm gelernt, sein durchaus trickreiches Agieren im Sinn der Konsumentinnen und Konsumenten war irgendwie faszinierend. Er beherrschte das ‚politische Klavier‘ perfekt und hat erkannt, wie wichtig Medienarbeit ist, um ein
225
226 227
228
Vgl. VKI Tätigkeitsbericht 2012, Wien 2012, 23. URL: vki.at/system/files/2020 -11/2012_vki-taetigkeitsbericht_0.pdf. Vgl. Konsument, In: Konsument 9/1986. Vgl. Lichtenberger, Zeitzeugeninterview des Instituts für AK- und Gewerkschaftsgeschichte, 11.12.2008, 14. Interview mit Ing. Franz Floss, geführt von Catherine Lechner, 9.8.2021, Aufnahme bei der Autorin.
KONSUMENTENSCHUTZ
65
Anliegen erfolgreich voranzutreiben. Seine Kontakte zu Journalisten und Journalistinnen waren ein Teil seines Erfolges. Er hatte insbesondere die Gabe, für jede Geschichte einen ‚guten Sager‘ zu haben, das haben die Medien an ihm natürlich sehr geschätzt. Koppe kokettierte gerne mit seiner Rolle und Wirkung. Eine Geschichte, erinnern sich viele Weggefährten, erzählte er besonders oft und gerne. Im Zuge einer gerichtlichen Einvernahme eines Verfahrens staunte der Richter: ‚Es wundert mich, dass Sie bei Ihrem Beruf noch nicht vorbestraft sind.‘ Tatsächlich hat der VKI unter seiner Führung keines der vielen Gerichtsverfahren verloren.“ Eine persönliche Erinnerung von Gerhard Früholz zeigt, dass Fritz Koppe das Prinzip „schauen, was alles geht“ verfolgte: „Bei unserem Abschiedsgespräch gab er mir auf den Weg: Frag nicht viel, mach, was Du glaubst, das richtig ist.“229 Hans-Peter Lehofer: „Er war einer der Ersten, der die Bedeutung der Medien für die Sache als Erstes erkannt hat.“230 Hannes Spitalsky berichtete, dass „die Pressearbeit sein Medium war und dass er für seine Anliegen gekämpft hat.“231 Frühholz meinte: „In der Medienarbeit war er genial. Seine Aussagen gegenüber Medien waren immer druckreif, auch seine Presseaussendungen waren stets am Punkt. Davon konnte man viel lernen. Er war ein Medienmensch. Ich habe bis 1994 mit ihm zusammengearbeitet. 1986 bin ich Chef vom Dienst geworden und war zuständig für die Vorbereitung für Pressearbeit, Presseaussendungen und Pressekonferenz. Da wurde der Kontakt mit ihm dann ein bisschen enger. Im Jahre 1992 wurde ich Chefredakteur und die letzten zwei Jahre habe ich noch enger mit ihm verbracht. Er war seiner Zeit mit dem Umgang mit Journalisten weit voraus. Bei Pressekonferenzen war immer ‚Full House‘ und er hatte sehr viele persönliche Kontakte. Koppe hat es beim ersten Waschmitteltest geschafft, dass wir am Cover an der Kronenzei229
230
231
Interview mit Mag. Gerhard Früholz, geführt von Catherine Lechner, 21.5.2021, Aufnahme bei der Autorin. Interview mit Dr. Hans-Peter Lehofer, geführt von Catherine Lechner, 4.5.2021, Aufnahme bei der Autorin. Interview mit Ing. Hannes Spitalsky, geführt von Catherine Lechner, 11.10.2021, Aufnahme bei der Autorin.
66
FRITZ KOPPE
tung waren. Das war sein Verdienst. Er kannte eine Redakteurin und sprach mit ihr über dieses Thema. Die Folge davon war, dass wir im Jahre 1987 auf dem Titelblatt landeten.“232 Auch Caspar Einem äußerte sich hierzu: „Er war ein Medienmann. Er war einer, der die Medien intensiv bedient hat, deswegen hat er auch den Namen ‚Konsumentenpapst‘ bekommen. Seine Schwäche war, dass er stur seinen Weg gegangen ist. Er hatte damit auch recht, aber mitunter wäre es auch schon gut gewesen offener zu sein für Alternativen, zu dem, was er selbst gesehen hat, aber im Prinzip war es schon gut, was er gemacht hat.233 Eva Kolber war zuerst freie Mitarbeiterin beim Magazin und ab 1980 als Redakteurin angestellt. Sie war Abteilungsleiterin, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit und für das Marketing des VKI. Kolber erzählte eine Episode zu Fritz Koppe: „Er war ein Medienmensch und seiner Zeit voraus. Er war ein pfiffiger Mensch, d.h. er hat mit den unterschiedlichen Strukturen gespielt, und hat sich einen Weg zurechtgelegt, der nicht immer von allen akzeptiert wurde. Fritz Koppe war immer das Gesicht des Konsumentenschutzes schlechthin. Er war der ‚Konsumentenpapst‘ und hatte einen guten Draht zur Presse. Wir hatten damals noch keine Kommunikationsabteilung. Er war ein listiger Mensch, was die Werbung anbelangt. Einmal hatten wir ein Budget und der ORF ist ihm entgegengekommen. Es hat geheißen, wir machen Radiospots. Das war Ende der 1980er Jahre. Es ist darum gegangen, was machen wir für einen Spot, das hat er alleine gemacht, ab und zu hat er mit mir darüber gesprochen. Herausgekommen ist der Kernsatz: ‚Man soll nicht der blöden Werbung vertrauen, sondern dem, was der VKI macht und sagt.‘ Und diese blöde Werbung ist nicht lange gelaufen, ein oder zwei Wochen, dann war die Aufregung natürlich groß. Der Werbefachverband und andere haben aufgeschrien, ‚Wie kann man so etwas machen?‘ Das geht gar nicht! Es ist dann so gewesen, dass die Kampagne eingestellt 232
233
Interview mit Mag. Gerhard Frühholz, geführt von Catherine Lechner, 21.5.2021, Aufnahme bei der Autorin. Interview mit Dr. Caspar Einem, geführt von Catherine Lechner, 30.5.2021, Aufnahme bei der Autorin.
KONSUMENTENSCHUTZ
67
worden ist. Es waren viele Turbulenzen im Werberat und im ORF: Das war typisch Koppe!“234 Gerhard Früholz erzählte: „Fritz Koppe hat mir freie Hand gegeben. Die Themen sind in der Redaktion entstanden. Er war ein begnadeter Trickser im Umgang mit allen Leuten. Ein Beispiel: Er war ja der erste Chefredakteur und am Anfang gab es viel Widerstand in der Wirtschaft. Wir hatten einen Werkstättentest gemacht und dieser hat nicht gut abgeschnitten. Die Wirtschaft hat in den Gremien von ihm verlangt, dass man die Namen der Werkstätten nicht nennen darf. Er zeichnete eine Karte von Wien und hat dann die Werkstätten eingezeichnet, ohne sie zu nennen. Er war ein begnadeter ‚Trickser‘. Also z.B. bei Werbeaktionen. Der ‚Konsument‘ durfte keine Werbung machen. Beim ersten großen Waschmitteltest hatten wir einen Postwurf an damals drei Millionen Haushalte geschickt und wir gewannen dadurch 14.000 Abonnenten. Das war der Höchststand. Wir hatten noch nie so viele Abonnenten. Die Aktion kostete damals sehr viel Geld und er hat diese Maßnahme weder im Budget noch in den Gremien gedeckt gehabt. Dann hat er in den Gremien gesagt, dass er vom damaligen Generaldirektor der Post Josef Sindelak einen Sondertarif hatte, dabei stimmte es nicht. Dafür hatten wir 14.000 Abonnenten und damit war die Sache erledigt. Es ging für den VKI um wirklich große Summen. Wir haben den Deal ja nicht gewusst. Er hatte ein tolles Netzwerk und Kontakt wie z.B. zur Frau Esther Peterson. Koppe war Mitglied in der ELIDAS Gruppe. Die Elidas sind die Chefredakteure von Konsumentenmagazinen und diese trafen sich einmal im Jahr. Das sind nahezu weltweit alle Zeitungsleute von den Konsumentenorganisationen. Fritz Koppe hat mir das Amt im Jahre 1988/1989 übergeben. Es war sein Verdienst, dass ich in der Gruppe sein durfte und wir trafen uns einmal im Jahr. Wenn er nicht in dieser Gruppe gewesen wäre
234
Interview mit Frau Eva Kolber, geführt von Catherine Lechner, 12.8.2021, Aufnahme bei der Autorin.
68
FRITZ KOPPE
und er mir das Amt nicht weitergegeben hätte, dann wäre der VKI nicht in der Gruppe gewesen.“235 Heinz Schoeffl erinnerte sich so an Koppe: „Als Abteilungsleiter war er sehr in Ordnung. Er war mit viel sehr Fachwissen ausgestattet und hat bei seinen Pressekonferenzen und Presseaussendungen immer damit brilliert. Durch sein Fachwissen in verschiedenen Bereichen in der Konsumentenpolitik hat er sehr beeindruckt. Er hat auch das Gespür gehabt, wie man die Dinge publizistisch aufarbeitet. Er war bekannt für seine treffenden markigen Sprüche in Pressekonferenzen. Oft so häufig formuliert, dass es zitierfähig war. Das war sehr bemerkenswert.“236 Peter Kolba, ehemaliger Bereichsleiter für Recht im Verein für Konsumenteninformation von 1990 bis 2017, blickte zurück: „Fritz Koppe hat für den Verbraucherschutz gelebt und in den Medien war klar: Koppe war der Verbraucherschutz. Er war kein Geschäftsführer, wie man sich einen vorstellen würde, der sich die Mitarbeiter aussucht und dann mit ihnen Strategien entwickelt, sondern es sind ihm einfach Sachen eingefallen. Strategisch etwas zu bearbeiten war nicht seine Sache. Was ich kritisieren würde, war, dass er ständig darüber nachdachte, was man rechtspolitisch im Gesetz hineinbringen könnte, aber ob das dann in der Praxis umgesetzt wurde, verfolgte er nicht mehr. Da war er schon wieder beim nächsten Kampf. Es hat ihn interessiert, politische Forderungen zu stellen und auch durchzusetzen.“237
2.3 Die Aufgabe und Entstehung des politischen Konsumentenbeirats Im September 1970 nahm der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie die Realisierung konsumentenpolitischer Zielsetzungen in Angriff. Es war das erste Konsumentenforum, eine 235
236
237
Interview mit Mag. Gerhard Frühholz, geführt von Catherine Lechner, 21.5.2021, Aufnahme bei der Autorin. Interview mit Heinz Schöffl, geführt von Catherine Lechner, 27.7.2021, Aufnahme bei der Autorin. Interview mit Dr. Peter Kolba, geführt von Catherine Lechner, 14.6.2021, Aufnahme bei der Autorin.
KONSUMENTENSCHUTZ
69
Zusammenkunft aller an Konsumentenfragen interessierten Vereine. Bundesminister Staribacher präsentierte dabei eine „konsumentenpolitische Erklärung“. In dieser hieß es unter anderem: „Je reicher ein Industriestaat, desto besser entwickelt und wirkungsvoller sind die Einrichtungen zur Sicherheit der Konsumenten.“ Diese Institutionen dienten gleichzeitig Warenhandel, Gewerbe und Produktion und vereinfachten deren Marketinganstrengungen. Österreich hatte in diesem Bereich einen beachtlichen Rückstand aufzuholen, worunter innovative Betriebe und Verbraucher in derselben Weise litten. Deswegen sollte die Konsumentenpolitik in Zukunft – neben den bisherigen Aktivitäten – ein moderner und neuer Mittelpunkt des Ministeriums werden. Im Vordergrund der Aktivitäten der Behörden sollte deren moralische Autorität stehen. Den Konsumenten sollten folgende Rechte zugesichert werden: 1.
2. 3.
4. 5.
Autonome Kaufentscheidung und der Kampf aller Wettbewerbshemmnisse und dadurch auf preisgünstiges Angebot in- und ausländischer Waren. Sicherheit vor gesundheitsschädlichen oder gefährlichen Produkten. Auskunft über die bedeutsamsten Kriterien von Erzeugnissen (speziell über essenzielle Qualitätsmerkmale, z.B. die Warenmenge). 4. Schutz vor trügerischer Werbung und illegalen Verkaufsmethoden. 5. Unterstützung in jeder Form für einen besseren Dienst am Käufer.238
Mit dem Konsumentenschutzgesetz wurde eine umfangreiche rechtliche Ordnung entworfen, bei der der Schutz vor unlauteren Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine bedeutende, aber nicht die einzige Rolle spielte. Mit diesen Vorbereitungen waren vor allem eine Arbeitsgruppe in dem beim Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie eingerichteten konsumentenpoli-
238
Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 011, Mappe 042, Konsumenten-politischer Leistungsbericht, 1-3.
70
FRITZ KOPPE
tischen Beirat und eine weitere Arbeitsgruppe im Bundesministerium für Justiz beschäftigt. Die Aufgabe der Arbeitsgruppe im Konsumentenpolitischen Beirat sollte vor allem „factfinding“ sein.239 Koppe dazu: „Das war eine junge Erfindung. Konsumentenpolitischer Beirat bedeutete eine neue Konstruktion, die es bis dahin noch nie gegeben hatte.“240 Hans-Peter Lehofer erinnert sich: „Der Konsumentenpolitische Beirat ist ein bisschen eine Legende. In der Staribacher-Zeit hatte der Konsumentenpolitische Beirat einen Sinn, weil es im Wirtschaftsministerium eine rote Alleinregierung gab. Einerseits will die Wirtschaft und andererseits die Konsumenten etwas und da muss man sich eben einigen. Dann ist es auch möglich auf österreichischer Ebene sozialpartnerschaftlich Deals zu machen. Ab dem Zeitpunkt, wo es keine Alleinregierung mehr gab und der Beitrittsprozess der EU begann, waren dieses Deals nicht mehr so leicht möglich und viele Sachverhalte wurden nicht mehr allein auf österreichischer Ebene abgehandelt. In Österreich fallen die Entscheidungen jetzt nicht mehr alleine. Früher sind die Leute am Tisch beim konsumpolitischen Beirat gesessen und waren sozusagen ‚gentlemen agreement‘. Das hat früher funktioniert, heute ist es nicht mehr möglich und viele Angelegenheiten sind heute auf europäischer Ebene zu lösen.“241 Fritz Koppe hatte die Idee, am 30. Oktober 1970 einen konsumentenpolitischen Beirat zu gründen, um die Rolle der Verbraucher als ebenbürtige Geschäftspartner von Warenaustausch, Gewerbe und Produktion zu festigen und gleichzeitig die Realisierung der Ansprüche der Kunden wie die Aktivitäten des Warenverkehrs und den Leistungswettbewerb in der Wirtschaft zu unterstützen. 242 Der Konsumentenpolitische Beirat wurde auf 239
240
241
242
Vgl. Peter Reindl, Der österreichische Entwurf eines Konsumentenschutzgesetzes, in: Zeitschrift für Verbraucherpolitik, 1979/1, 72-73. Vgl. Lichtenberger, Zeitzeugeninterview des Instituts für AK- und Gewerkschaftsgeschichte, 11.12.2008, 22. Interview mit Hans-Peter Lehofer, geführt von Catherine Lechner, 4.5.2021, Aufnahme bei der Autorin. Vgl. 742/AB XII GP-Anfragebeantwortung (gescanntes Original), II-1692 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XII. Gesetzgebungsperiode, Der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie, Zl.
KONSUMENTENSCHUTZ
71
Empfehlung des I. Konsumentenforums des Handelsministeriums beauftragt, dem folgende Organe angehörten: 1. 2. 3. 4. 5.
Beauftragte des Österreichischen Arbeiterkammertages. Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft. Österreichischer Gewerkschaftsbund. Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs und der Verein für Konsumenteninformation.243
Dieser Beirat stellte die konsumentenpolitischen Initiativen seiner Arbeitsbereiche vor und beschloss damit, durch die Kooperation aller Beteiligten Ergebnisse für konsumentenpolitische Probleme zu suchen. Die sieben Arbeitsausschüsse des Jahres 1971 umfassten Wettbewerb, Deklaration, Wirtschaftswerbung, Konsumentenschutz, Textil, Konsumentenpolitik und Dienstleistungen. Das Hauptgewicht der konsumentenpolitischen Aktivitäten lag auf folgenden Gebieten: 1.
2.
243
244
Wettbewerb: Der Wettbewerbsauschuss beschäftigte sich mit der Analyse von Wettbewerbspraktiken, um bei unlauteren Methoden mit Sanktionen zu reagieren. Warendeklaration: Das bedeutet, dass es Aufkleber geben sollte, die in übersichtlichen Verfahren die Verbraucher über die Qualität der Produkte informieren244 Der Deklarationsausschuss, einer der bedeutendsten Ausschüsse, übernahm in Zukunft die Aufgabe, Verbraucher technischer Konsum- und Haushaltsgüter über die Qualität der Produkte zu informieren. Die gesetzliche Basis der Warendeklaration würden Bestimmungen aufgrund des Rechts gegen den unlauteren Wettbewerb sein. Deklarationsvorschriften sollten zuerst nur für jene Produkte ge-
16.831-Präs.A/71, 14.8.1971, 1-3. URL: https://www.parlament.gv.at/PAKT/ VHG/XII/AB/AB_00742/imfname_389892.pdf. Vgl. Archiv des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, l. Nachlass Fritz Koppe, Konsumentenpolitischer Leistungsbericht, 4. Vgl. Das Konsumentenforum tagte, Arbeit und Wirtschaft, 25. Jg., Mai 1971.
72
FRITZ KOPPE
3.
4.
5.
6.
7. 8.
schaffen werden, bei denen bedeutende Erzeuger für die Teilnahme gewonnen werden können.245 Als Vorsitz wurde zusammen mit den Arbeitsauschüssen ein Konsumentenausschuss gegründet, in welchen wiederum 195 Experten der drei Kammern, des ÖGB und der Konsumenteninformation mitwirkten.246 Die Vorarbeiten des Ausschusses hatten zur Folge, dass eine Waschmittelkennzeichnungsverordnung in Kraft trat. Des Weiteren wurde eine Arbeitsgruppe mit der Erarbeitung eines Konzepts zur Kennzeichnung vorverpackter Lebensmittel beauftragt.247 Wirtschaftswerbung: Hier wurden vom Ausschuss noch Maßnahmen erarbeitet, die Kunden vor falscher Reklame warnten. Zudem wurden Werbekampagnen darauf geprüft, ob sie genügend Informationen liefern. Konsumentenschutz: Dieser beschäftigte sich mit den konkreten Bestimmungen für die Verbraucher und mit juristischen Erneuerungen. Textilien: Dabei beschäftigte sich der Ausschuss nicht nur mit den Pflegevorschriften und Pflegekennzeichnungen, sondern auch mit gleichartigen Größenbezeichnungen. Konsumentenpolitik: Diese hatte die Anordnung der Mengendeklaration chemischer Warengüter über. Dienstleistungen: Es wurde ein eigener Pass für Konsumenten eingeführt, der sie über die Kundenberatung für die von ihnen gekauften Produkte aufklären sollte.248
Außerdem befassten sich damit zusätzlich 150 ehrenamtliche Experten aus dem Verein für Konsumenteninformation sowie Fachleute aus der Wirtschaft. Die Arbeitsausschüsse standen unter der
245
246
247
248
Vgl. Salzburger Nachrichten, 1971-Jahr des Konsumenten, Ministerium: Maßnahmen zur Verbesserung der Marktübersicht, 3.1.1971. Vgl. Konsumentenschutz: Viele Experten, wenig Ergebnisse, Volksstimme, 30.9.1971. Vgl. Koppe, Im Kampf gegen Gauner und Geschäftemacher, unveröffentlichtes Typoskript, Wien 16.6.1980, 137-138. Vgl. Das Konsumentenforum tagte, Arbeit und Wirtschaft, 25. Jg., Mai 1971.
KONSUMENTENSCHUTZ
73
Aufsicht von Autoritäten der Bundeswirtschaftskammer. 249 Zudem schlug Handelsminister Staribacher 1970 vor, dass der Konsumentenbeirat ähnlich wie der Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen eingerichtet werde, wobei als Ziel 15 Fachleute der Interessensvereinigung diese Aufgabe übernehmen sollten.250 Im Lauf dieser Debatte nahmen 23 Teilnehmer zu den verschiedensten Fragen Stellung, wie z.B. von der generellen Verbraucherpolitik bis zu Detailproblemen des Konsumentenschutzes. Die Schwäche des Konsumentenbeirats lag darin, dass er über keine gesetzliche Möglichkeit verfügte, sondern nur eine beratende Position innehatte. Staribacher vertrat die Ansicht, dass Handel, Gewerbe und Industrie im Grunde genommen dem Verbraucher dienen.251 Zudem hatte Staribacher die Absicht, die vermeintlichen Gegenüberstellungen von Handel, Erzeugern und Verbrauchern zu beseitigen und eine erfolgversprechende Tätigkeit für die Industrie zu ermöglichen.252 Fritz Koppe gab beim ersten Konsumentenforum am 10. September 1970 zu Protokoll, dass der Konsument ein Opfer ist, falls er nicht genügend auf die Strategien achtet, die ihn zu Kaufentscheidungen zwingen, die er gar nicht will. Da in letzter Zeit immer wieder Konsumentenprobleme an das Ministerium herangetragen worden waren, fand in Österreich ein Kongress internationaler Verbraucherorganisationen statt, um einen Überblick über die Tätigkeiten des Auslandes auf diesem Gebiet zu erlangen. Nach Koppe war es notwendig, die Erfahrungen weitester Kreise zusammenzutragen; dafür war das Konsumentenforum erforderlich. Dr. Eva Preiss war der Meinung, dass Kunden gleichwertige Partner von Erzeugern und Händlern sind. Sie führte einige Bei249
250 251
252
Vgl. 742/AB XII GP-Anfragebeantwortung (gescanntes Original), II-1692 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XII. Gesetzgebungsperiode, Der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie, Zl. 16.831-Präs.A/71, 14.8.1971, 2. URL: https://www.parlament.gv.at/PAKT/V HG/XII/AB/AB_00742/imfname_389892.pdf. Vgl. Neuer Beirat für Konsumenten, Eigenbericht der Presse. Vgl. Ernst Morawec, Gewerkschaftliche Rundschau, Konsumentenforum und Beiratsminister, Oktober 1970. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Protokoll, 1. Konsumentenforum am 10.9.1970, 10-11.
74
FRITZ KOPPE
spiele dafür an, wie z.B. die Kennzeichnung der Kartoffeln oder Äpfel, die zu 90 % falsch deklariert sind. Es gab genügend zentrale Lücken, die aufgearbeitet werden sollten.253 Weiters stellte Staribacher eine „konsumentenpolitische Deklaration“ in Aussicht, in der zahllose Maßnahmen zur Sicherheit der Verbraucher und umfassende Standpunkte zum Gesamtkomplex des Konsumentenschutzgesetzes erwähnt werden.254 Die Bundeswirtschaftskammer hatte allerdings Vorbehalte gegenüber Josef Staribacher, weil die marktwirtschaftlich anerkannten Grundsätze bereits seit langer Zeit vom Verein für Konsumenteninformation wahrgenommen wurden, den die Interessenvertretungen erwirkt hatten und gegenwärtig finanzierten. Zudem seien die fünf Grundrechte nach der Meinung der Bundeswirtschaftskammer für die Erzeuger nur „Selbstverständlichkeiten.“ Für die Produzenten galten folgende Rechte: 1. 2. 3. 4. 5.
Recht auf Freiheit vor behördlicher Unterdrückung. Recht auf Sicherheit vor unlauterem Wettbewerb. Recht auf freie Konkurrenz für den Einzelnen. Recht auf Förderung des Leistungswettbewerbs durch wettbewerbsfördernde Maßnahmen. Recht auf staatliche Hilfe für neue Formen des Kundendienstes.255
Als Mitwirkender des Konsumentenpolitischen Beirats, eines sozialpartnerschaftlichen Ausschusses, war Fritz Koppe für circa 50 Verlautbarungen nach dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb zuständig. 30 Jahre später ärgerte er sich über jene Vorschrift der Kennzeichnung der Lebensmittel, die als Grund des damals jüngsten Fleischskandals galt. Koppe: „Wir haben zwar geregelt, dass das Aufbrauchsdatum deutlich lesbar sein soll, aber was dieses
253 254 255
Vgl. ebd., 12. Vgl. Erste Sitzung des Konsumentenforums, Wiener Zeitung, 11.9.1970. Vgl. Kritik an Staribacher, Kammer: „10 Rechte Katalog“ enthält keine Neuerungen, Die Presse, 18.9.1970.
KONSUMENTENSCHUTZ
75
aussagt, ist damals aus Kompromissbereitschaft nicht festgelegt worden.“256 Im Lauf der folgenden Jahre konnte ein umfassender Ausbau des Konsumentenrechts erfolgen. Besonders das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) wurde 1971 und 1975 modifiziert. Die Bestimmungen dieses Gesetzes schützen nicht nur die Wettbewerber vor einander, sondern auch die Verbraucher. So können Konsumenten seit der Novelle 1971 z.B. unter bestimmten Voraussetzungen Schadenersatz fordern. Zudem bietet das UWG die Grundlage, anhand einiger Vorschriften z.B. die Kennzeichnung von Produkten (Qualität, regionale Entstehung) sowie die Bezeichnung des herstellenden Betriebes festzulegen. Diese Verordnungsermächtigung wurde nun so gestaltet, dass sie eine adäquate juristische Basis für viele Verordnungen zugunsten der Käufer schafft.257 Die „Salzburger Nachrichten“ berichteten am 3. Jänner 1971, es sei das Ziel des Konsumentenbeirats, den Verbrauchern einen preisbewussten Einkauf zu ermöglichen und im Interesse der seriösen Wirtschaft den unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen. Der Nationalrat hat eine Überarbeitung des UWG angekündigt, damit sich die Konsumenten gegen betrügerische Reklame wehren können. Überdies erhielt das Handelsministerium geeignete Verordnungsermächtigungen, z.B. betreffend Vergleichsmöglichkeiten, Verkehr mit chemischen Produkten, Kennzeichnung von Kosmetika sowie Wasch- und Putzmitteln.258 Am 30. September 1971 kritisierte die KPÖ-Zeitung „Volksstimme“ Staribacher, weil er bis jetzt keine Bilanz vorgelegt habe und seine Worte wie „in Angriff nehmen“ oder „beginnen“ noch keine Erfolge darstellten.259 Am 9. Oktober 1971 schrieb der „Ge256
257
258
259
Herbert E. Hacker, Ein Leben gegen Gift und Galle, in: Wirtschafts-Woche Nr. 31, 29.7.1993, 35. Vgl. Archiv des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Nachlass Fritz Koppe, Mappe 041, Karton 014, Konsumentenpolitischer Leistungsbericht, 5. Vgl. Salzburger Nachrichten, 1971-Jahr des Konsumenten, Ministerium: Maßnahmen zur Verbesserung der Marktübersicht, 3.1.1971. Vgl. Konsumentenschutz: Viele Experten, wenig Ergebnisse, Volksstimme, 30.9.1971.
76
FRITZ KOPPE
werkschaftliche Nachrichtendienst“, dass am 29. September 1971 Bundesminister Dr. Staribacher eine Pressekonferenz abhielt, in welcher er berichtete, dass der Konsumentenpolitische Beirat sieben Arbeitsauschüsse gebildet habe. 260 Eine bedeutende Unterstützung auf dem Sektor Konsumenteninformation stellte die 1972 zum ersten Mal veröffentlichte und 1974 erweiterte, kostenlose „Konsumentenfibel“ dar, die alle jene Bestimmungen, die es zur Sicherheit der Verbraucher gab, zusammenfasste und die Konsumenten über deren Ansprüche und Verpflichtungen aufklärte. Diese Fibel wurde auch 1973 als Lehrbuch der 9. Schulstufe genehmigt.261 Mit der Herausgabe der „Konsumentenfibel“ wurde der Konsumentenschutz-Ausschuss beauftragt.262 Die „Konsumentenfibel“ nennt alle rechtlichen Möglichkeiten, die der Konsument nutzen kann, und zwar welche er vor, während und nach dem Kauf hat. 1972 wurde sie erstmals veröffentlicht und bis 1975 wurden 370.000 Stück verschickt. 1976 erfolgte dann eine Neuauflage der „Konsumentenfibel“. 1980 wurden 570.000 Stück versandt. 263 Fritz Koppe äußerte 1973 dazu, dass die Konsumenteninformation ein Slogan sei und seit Neuestem immer wieder erwähnt wurde, „aber noch viel zu wenig, um neue Akzente zu setzen.“264 Koppe erwähnte in seiner „Sachreportage“ die Chefredakteurin der Zeitschrift „Der Konsument“, Ing. Margarethe Zotter. Die von ihr geleitete Abteilung war einerseits für die Fragen des Konsumentenschutzes zuständig und andererseits für die Preispolitik. Koppe lobte sie im Hinblick auf ihre professionelle Arbeits260 261
262
263
264
Vgl. Gewerkschaftlicher Nachrichtendienst, 9.10.1971. Vgl. Archiv des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Nachlass Fritz Koppe Konsumentenpolitischer Leistungsbericht, 9. Vgl. 742/AB XII GP-Anfragebeantwortung (gescanntes Original), II-1692 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XII. Gesetzgebungsperiode, Der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie, Zl. 16.831-Präs.A/71, 14.8.1971, 2. URL: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XII/AB/AB_00742/imfname_38 9892.pdf. Vgl. Koppe, Im Kampf gegen Gauner und Geschäftemacher, unveröffentlichtes Typoskript, Wien 16.6.1980, 96-97. Die Consumerism-Welle rollt an, Die Presse, 5.9.1973.
KONSUMENTENSCHUTZ
77
weise und Qualifikationen. Zotter war nicht nur eine ausgezeichnete Journalistin, sondern sie übte schon vor dem Erscheinen des Testmagazins eine leitende Funktion aus. Ihre Erfahrungen im Handelsministerium stellten die Voraussetzung für ihre damaligen Erfolge im Bereich des Konsumentenschutzes dar. Sie war auch dafür mitverantwortlich, dass die Konsumentenfibel veröffentlicht wurde, wobei es massive Schwierigkeiten gab, diese Fibel herauszubringen, da es zu dieser Zeit in dieser Abteilung zu Krankheitsfällen kam. Zotter konnte diese Aufgabe trotz aller Widrigkeiten ausgezeichnet meistern. Sie verrichtete diese Arbeit ohne hinreichende Bezahlung und erhielt außerdem keinen Dank dafür, dass sie Arbeiten ihres Chefs selbstständig erledigte und damit den Katalog termingerecht fertigstellte.265 Eva Kolber war derselben Meinung: „Frau Zotter war eine sehr gute Chefredakteurin. Sie hat die Zeitung vorwärtsgebracht und zu ihrer Zeit gab es die meisten Abonnenten.“266 Bereits am 5. November 1971 wurden in der Regierungserklärung bestehende Zielvorstellungen formuliert: Die grundlegende Voraussetzung sind aufgeklärte Verbraucher, die sich eine einwandfreie Marktwirtschaft und einen vorteilhaften Preis- und Qualitätswettbewerb wünschen. Den Kunden sollen durch zweckdienliche Abmachungen und Verordnungen Preisvergleiche erleichtert werden. Folgende Punkte sollten die Verbraucher zu mündigen Partnern machen: 1. Gerechtere Vertragsbedingungen, 2. Schiedsstellen, 3. Sicherheit vor irreführender Reklame bei Schutz der produktiven Expansion der Werbewirtschaft sowie 4. objektivere Bedingungen oder gesetzliche Anordnungen.267 1975 wurden Vorschläge für die Arbeit des Konsumentenbeirates genannt: Die Aufgabe jeder Konsumentenpolitik ist die Aufwertung der Lage der Konsumenten am Markt. Ohne einen Ausgleich der Marktmacht zwischen Käufer, Hersteller und Ver265
266
267
Vgl. Koppe, Im Kampf gegen Gauner und Geschäftemacher, unveröffentlichtes Typoskript, Wien 16.6.1980, 96-97. Interview mit Eva Kolber, geführt von Catherine Lechner, 12.8.2021, Aufnahme bei der Autorin. Vgl. Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Nachlass Fritz Koppe, Konsumentenpolitischer Leistungsbericht, 1.
78
FRITZ KOPPE
teilungsapparat ist die soziale Marktwirtschaft bedroht. Darin liegt eines der Argumente, weshalb in allen Ländern der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) Konsumentenbewegungen entstanden sind, welche sich mit vereinzelten Schwierigkeiten des Konsumentenschutzrechts und der Marktwirtschaft beschäftigt haben. Die wichtigsten Punkte, denen sich die Konsumentenpolitik zu widmen hatte, waren folgende: 1.
2. 3. 4.
Markttransparenz, d.h. Preisauszeichnungen, Einheitspreise, Normung der Verpackung vorverpackter Konsumgüter, Qualitätskennzeichnung, Erhebung der Preise, vergleichende Warentests und die Reklame. Konsumentenschutz in wirtschaftlicher und juristischer Ausrichtung. Konsumentenvertretung. Erziehung der Konsumenten zur Verwendung der vorliegenden Markttransparenz und Sicherheitsbestimmungen zur aktiven Mitwirkung in Ausschüssen und Gremien, in denen die Interessen der Käufer zur Diskussion stehen.268
Der Konsumentenpolitische Beirat verzeichnete verblüffende Erfolge. Nachdem Staribacher seinen Dienst als Handelsminister angetreten hatte, sollte seine Behörde nicht nur dem Handel, dem Gewerbe und der Industrie gelten, sondern ebenso den Konsumenten. Der Konsumentenbeirat war nach Fritz Koppe im Handelsministerium in gewisser Weise eine Abweichung. Seine Arbeit beruhte darauf, dass sie vom Minister eingerichtet und vorbereitet wurde. Zuerst wurden extreme Forderungen der Konsumenten erhoben. Die Bundeswirtschaftskammer rechnete mit der Möglichkeit, dass die außergewöhnlichen Anforderungen verwirklicht werden könnten. Sie zeigte sich daher guter Dinge, dass sie im Rahmen sozialpartnerschaftlich geregelter Arbeitskreise die Möglichkeit bekommen würde, die Besprechungen zu objektivieren und durch begründete Zweifel „das Ärgste zu verhüten“. 268
Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 056, Mappe 080, Vorschläge für die Arbeit des Konsumentenbeirates im Jahr 1975, 1-2.
KONSUMENTENSCHUTZ
79
Dadurch wurden viele konsumentenpolitische Erfolge denkbar, wenngleich sie für die Wirtschaft unerfreulich waren, weil man stattdessen unüberlegte Regelungen befürchtete. Der Minister ordnete an, der Konsumentenpolitische Beirat solle ohne gesetzliche Verankerung auf sozialpartnerschaftlicher Ebene arbeiten. Die einzige legitime Erklärung ist darin zu sehen, dass es dem Minister offensteht, Beiräte und Gremien einzusetzen, wann immer er es für notwendig hält. Diese Gremien, die bis zu 200 Mitarbeiter beschäftigten, leisteten kostenlose Hilfe.269 Das Justizprogramm der 1980er Jahre setzte sich für mehr Gleichstellung im Recht und bei dessen Verwirklichung ein. Es legte den Fokus auf mehr gesellschaftliche Solidarität, um Menschen zu unterstützen. 270 Zudem war es dem Minister wichtig, dass „mehr als bei anderen Gesetzen der Erfolg von der Aufklärung der Konsumenten abhängt.“ 271 Dr. Caspar Einem, der als Experte für das Kleingedruckte in der Arbeiterkammer galt, vertrat die Ansicht, dass sich Verbraucher vor dem Abschluss eines Vertrags beraten lassen sollten, weil die Vertragsklauseln sehr umständlich waren und oft selbst für Juristen teilweise undurchschaubar erschienen.272 Am 13. März 1976 berichteten die „Salzburger Nachrichten“, dass der Jurist Dr. Peter Reindl vor der Salzburger Juristischen Gesellschaft einen Vortrag zum Thema „Gedanken über den Schutz vor unlauteren Geschäftsbedingungen“ gehalten hatte. Es ging hierbei um die Probleme der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und gleichzeitig um deren Lösungsmöglichkeiten. Der Jurist sprach zuerst über die Rechtslage in der BRD, wo mehrere Gesetzesentwürfe für ein dem österreichischen ABGB gleichartiges Recht vorlagen. Ferner erörterte er das Problem, wie die AGBs Thema eines Übereinkommens werden könnten. In Deutschland konnten – im Gegensatz zu Österreich – die AGBs 269
270 271 272
Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 047, Mappe 07, Konsumentenbeirat: Weiterwursteln oder entscheiden, VKI, Wien am 28.9.1977, 1-3. Vgl. Broda für Justiz der Solidarität, Arbeiterzeitung, 2.4.1979. Vgl. Kampf dem Kleingedruckten, Wiener Zeitung, 11.4.1979. Vgl. Konsumentenschutz: Vorerst nur ein Papiertiger, Die Presse, 14.10.1981.
80
FRITZ KOPPE
auch dann zum Vertragsinhalt werden, wenn sie den Käufern nicht bekannt waren, während dies für die Gültigkeit von AGBs nach der österreichischen Gesetzgebung nicht genügt. Die beste Lösung wäre es nach Dr. Reindl, jene formelle Inhaltskontrolle in Form einer Generalklausel und zwar in der Weise, dass durch hinreichende gesetzliche Bestimmungen eine Verbandsklage geschaffen wird, zu etablieren. Dadurch könnten betrügerische Geschäftsbedingungen, mit denen sich sonst der Verbraucher zufriedengeben müsste, bekämpft werden.273 Am 27. April 1976 schrieb die „Presse“, dass im Konsumentenpolitischen Beirat bereits in drei Sitzungen über ein Konsumentenschutzgesetz verhandelt wurde und etliche Bestimmungen fixiert werden konnten, z.B. eine Generalklausel, die beinhaltet, wann ein Vertrag ungültig ist (der Konsument darf also nicht getäuscht werden). Allerdings wird es auch Gesetze geben, die als zwingend anzusehen sind, z.B. der Garantieschutz, der den Konsumenten weniger Rechte zugesteht als im ABGB vorgesehen. Zudem war eine Verbandsklage geplant, d.h. dass bei Musterverträgen nicht nur Privatpersonen, sondern auch die Sozialpartner eine Klage erheben können. Dadurch können teure Klagen gegen Großkonzerne von der Arbeiterkammer oder dem Gewerkschaftsbund eingebracht werden.274 Dr. Hans-Peter Lehofer meinte dazu: „Es war die Möglichkeit gegeben, dass der VKI Verbandsklagen einreicht, also für andere klagt. Das hat es aber nie gegeben. Die AK hätte es machen können, es ist aber nie passiert.“275 1977 erklärte Minister Staribacher in der Zeitschrift „Die Wirtschaft“, dass ihm 1970 die Aufgabe der Konsumentenpolitik übertragen worden war und er diese mit den Sozialpartnern lösen wolle. Für Staribacher bedeutete Konsumentenpolitik nicht nur Sicherheit für Konsumenten vor Täuschung, sondern auch Sicher273
274
275
Vgl. Harald Berger, Schutz den Konsumenten, Salzburger Nachrichten, 13.3.1976. Vgl. Zum Schutz des Konsumenten soll eigenes Gesetz geschaffen werden, Presse, 27.4.1976. Interview mit Dr. Hans-Peter Lehofer, geführt von Catherine Lechner, 4.5.2021, Aufnahme bei der Autorin.
KONSUMENTENSCHUTZ
81
heit des Händlers vor undurchsichtigem Wettbewerb.276 Staribacher betonte zudem, dass die vom Handelsministerium ab 1970 praktizierte Konsumentenschutzpolitik auf dem Übereinkommen der Sozialpartner gründete und er hoffe, dass dieser Grundsatz weiterhin in den 1980er Jahren gelten werde.277 Er zählte dabei einige Punkte auf, die er noch im „konsumentenpolitischen Arbeitsprogramm für die 1980er Jahre“ verwirklichen wollte, unter anderem die Sicherheit der ökonomischen Interessen, das Recht auf Auskunft, Unterstützung und Entschädigung erlittener Beschädigungen, das Recht auf Aufklärung und hinreichende Rücksichtnahme in Lehre und Forschung sowie die Erneuerung des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb (UWG).278 Tirols „gewerbliche Wirtschaft“ kritisierte am 17. März 1977, es sei eine völlig falsche Sachlage, wenn das Konsumentenschutzgesetz als großer Erfolg der Verbraucher gegen die Wirtschaft dargestellt werde. Der Handel selbst hat den Wunsch, eine gerechte Partnerstellung aufgrund der sozialen Marktwirtschaft zwischen Hersteller und Konsumenten sicherzustellen.279 Der Pressesprecher des Justizministers, Sepp Rieder, erklärte der „Presse“ am 20. Oktober 1977, man habe sich mit den Sozialpartnern auf eine Reihe von Änderungen am ursprünglichen Entwurf geeinigt. Diese Veränderungen würden nicht nur die Rechtslage der Verbraucher verbessern, sondern auch die Bedürfnisse der Wirtschaft einbeziehen. Zwar würden die Sozialpartnergespräche sachlich geführt, trotzdem waren die Verhandlungspartner bei vielen Sachverhalten unterschiedlicher Meinung. Besonders die Formulierung einer Generalklausel, die ins ABGB eingebaut werden und unterbinden soll, dass durch Nebenabsprachen beim Abschluss eines Vertrages ein Manko für die Konsumenten entsteht, war in der vorparlamentarischen Debatte ein Streitpunkt. Hier sollte in Österreich, im Gegensatz zu Deutsch276 277 278
279
Vgl. Konsumentenpolitik und Handelspolitik, Die Wirtschaft, 20.12.1977. Vgl. Konzept für Konsumentenpolitik, Wiener Zeitung, 27.3.1979. Vgl. Konsumentenschutz weiter mit Konsens der Sozialpartner, Die Presse, 27.3.1979. Vgl. Konsumentenschutz in tragbarer Form, Tirols gewerbliche Wirtschaft, 17.3.1979.
82
FRITZ KOPPE
land, eine „Ausgewogenheit der Belange beider Vertragspartner“ auch bei Individualanträgen festgelegt werden.280 Das bedeutete, dass im Allgemein bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) eine Generalklausel eingefügt werden sollte, der zufolge bei ungerechten Verträgen, bei denen der Verkäufer dem Kunden seine Vertragsbedingungen aufzuzwingen versucht, Letzterer die Möglichkeit erhält, Einspruch zu erheben. Dies stellt eine Sicherheit der Verbraucher gegen Täuschungsverträge dar.281 Das Justizministerium vertrat die Ansicht, es wäre durch die Generalklausel möglich, die juristischen Normen wie die bisherige „Gute-Sitten-Klausel“ in § 879a ABGB oder die im Konsumentenschutzgesetz geplanten Regeln gegen Rechtswidrigkeiten zu umgehen.282 Der Rechtsbegriff der Gute-Sitten-Klausel wurde in der Verordnung nicht näher definiert. Erst die Rechtslage brachte zutage, dass Konsumenten einen sehr guten Schutz genießen. Die Justiz sieht überall dort einen Verstoß gegen die guten Sitten, wo die kaufmännische Ahnungslosigkeit oder die ökonomische Schutzlosigkeit eines Geschäftspartners für eigene Zwecke benützt werden. Daher bietet § 879 Abs. 3 ABGB den Konsumenten eine hohe Sicherheit.283 Nach § 879 sind alle Verträge, die sich über eine juristische Untersagung oder die guten Sitten hinwegsetzen, ungültig, also grundsätzlich nichtig, d.h. dass sich alle, auch außenstehende Dritte, darauf beziehen können. Bei diesem Paragraphen des ABGB zählt unter anderem der Wuchertatbestand zu den wichtigsten Anwendungsfällen.284 Die im ursprünglichen Konzept enthaltene Zusammenstellung von 21 unzulässigen Klauseln wurde in der Regierungsvor-
280
281
282
283
284
Vgl. Veronika Zernatto, Noch mehr Schutz für Verbraucher. Keine Einigung über Generalklausel, Die Presse, 20.10.1977. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Mittagsjournal Ö1, 17.10.1977, 3. Vgl. Zernatto, Noch mehr Schutz für Verbraucher. Keine Einigung über Generalklausel, Die Presse, 20.10.1977. Vgl. Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie, Konsumentenfibel, 1979, 49. Vgl. Inge Wimmer, Sozialwissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft (Hg.), Die Regierungsvorlage zum Konsumentenschutz, Rechtsgutachten Nr. 54, Wien 1979, 4-5.
KONSUMENTENSCHUTZ
83
lage dezimiert, einige dieser Bestimmungen wurden auf die AGB reduziert. Weitere Punkte, über die keine Übereinstimmung zu erzielen war, betrafen unter anderem die Rechtswirksamkeit mündlicher Vereinbarungen und die Ausdehnung des Ratengesetzes auch auf Drittfinanzierende. Hingegen konnte ein Konsens bei der Ausdehnung des Rücktrittsrechts auf sämtliche Haustürgeschäfte, bei juristischen Gewährleistungsbestimmungen, bei der Festlegung des Gerichtsstandes und bei der Chance einer Verbandsklage gefunden werden.285 Am 2. Februar 1979, bevor das Konsumentenschutzgesetz in Kraft trat, äußerte Karl Blecha bei einem Pressegespräch mit der „Wiener Zeitung“, die „Ohnmacht des Konsumenten“ sei gewachsen und die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts zwischen Produzenten und Verbrauchern wäre durch die Entwicklung der letzten Jahre erschwert. Das Konsumentenschutzgesetz sollte einen Schutz der Interessen der Verbraucher und der Anbieter bringen. Blecha betonte, dass zu den wichtigsten Punkten für Verbraucher der Schutz vor Täuschung und Überrumpelung, z.B. durch Haustür- oder Ratengeschäfte, und die Verbraucherfallen des Kleingedruckten zählen.286 Chefredakteurin Margarete Zotter beschäftigte sich kurz vor Weihnachten 1979 im „Konsumenten“ intensiv mit der Frage, wie sich die konsumentenpolitische Bilanz entwickelte. Sie hielt fest, dass das Konsumentenschutzgesetz, das 1979 rechtsverbindlich wurde, eines der bedeutendsten Gesetze sei. Die Verbraucher hatten jetzt endlich die Chance, sich gegen Täuschungen wehren zu können. Zugleich wurde mit der Staatssekretärin Anneliese Albrecht eine Stelle für Verbraucherfragen errichtet, die alle Konsumenten in Anspruch nehmen können. Das zunehmende Interesse an den Vorgängen bei den Kunden ist auch an der Entstehung der Zeitung „Der Konsument“ abzulesen. Die Zahl der Abonnenten dieses Blattes ist kontinuierlich gestiegen.287
285
286 287
Vgl. Zernatto, Noch mehr Schutz für Verbraucher. Keine Einigung über Generalklausel, Die Presse, 20.10.1977. Vgl. Gegen Ohnmacht des Käufers, Wiener Zeitung, 2.2.1979. Vgl. Konsument, in: Konsument 12/1979.
84
FRITZ KOPPE
Die „Arbeiterzeitung“ berichtete am 5. April 1979, dass die Industriellenvereinigung (IV) den Konsumentenschutz kritisiert, weil dieser in ihren Augen zu komplex, unverständlich und unerfüllbar ist.288 Zwar bekenne sich die IV zum Konsumentenschutz, da er Rechtssicherheit für Verbraucher und Hersteller garantiert, aber der Paragraphendschungel sei nicht zu durchschauen und werde eine Überforderung der Gerichte sowie Nachteile für die Verbraucher aufgrund unverständlicher Verordnungen bringen.289 Allerdings war es den sozialistischen Frauen gelungen, das Konsumentenschutzgesetz mit seinen neuen Rechten in überschaubarer Art und Weise zusammenzufassen.290 Besonders die Frauenvorsitzende Anneliese Albrecht und Staatssekretärin Johanna Dohnal erklärten den Kunden die Broschüre, welche unter dem Titel „Kampf dem Kleingedruckten“ erschien.291 Das Atomkraftwerk Zwentendorf in Niederösterreich bietet ein Beispiel dafür, wie sich der Konsumentenpolitische Beirat seit dem 21. Oktober 1978 mit diesem Thema auseinandersetzte. Zudem hat das Komitee für Zwentendorf seit dem 25. August 1978 37 Presseaussendungen herausgegeben, die als Pressedienst außerdem an 260 Zeitungen und Zeitschriften ergingen. Die Ursache der Errichtung eines Österreichischen Ausschusses für Zwentendorf lag darin, dass es eine sachliche Information über dieses Thema für alle Österreicher geben sollte, weil es alle betraf. Der Ausschuss arbeitete auf unparteiischer Basis und mit Einbindung von Repräsentanten aller Sozialpartner. Der bekannte Jurist Rudolf Welser war der Meinung, dass „den Kernkraftgegnern nicht bewusst ist, dass der kommerziell realistische Einsatz von Alternativenergien, wie z.B. Kohlevergasung, Wasserstofftechnologie oder Sonnenenergie, nur unter Einsatz dieser Großtechnik zu-
288 289
290 291
Vgl. Die Angst vor dem 1. Oktober, Arbeiterzeitung, 5.4.1979. Vgl. Überzogener Konsumentenschutz. Industrie kritisiert neues Gesetz, Kurier, 5.4.1979. Vgl. Die Angst vor dem 1. Oktober, Arbeiterzeitung, 5.4.1979. Vgl. Konsumenten müssen Rechte nützen, Arbeiterzeitung, 11.4.1979.
KONSUMENTENSCHUTZ
85
stande kommen kann.“292 Welser nannte in einer Aussendung vier Punkte, die den Einsatz der Kernenergie notwendig machten: 1.
2.
3. 4.
Die Bewahrung der vorhandenen und die Schaffung neuer Arbeitsplätze sind abhängig von einer ausreichenden Energieversorgung. Die steigende ökonomische Abhängigkeit Österreichs vom Ausland, speziell vom Nahost-Öl, ist in politischer Beziehung sehr besorgniserregend. Österreich ist umgeben von Kernkraftwerken in seinen Nachbarstaaten. Zudem unterliegt das Kernkraftwerk Zwentendorf strengsten Sicherheitsnormen, die sschärfer sind als in den anderen Ländern.293
Herbert Krejci, ein österreichischer Journalist, berichtete in einer Aussendung des Österreichischen Komitees für Zwentendorf, dass die Gegner des AKW den Lebensstandard gefährdeten. Er bedauerte, dass es in Österreich seit Jahrzehnten eine industriefeindliche Tradition gebe.294 Auch Josef Staribacher sprach sich für den Bau des Atomkraftwerkes aus, wofür er verschiedene Gründe, unter anderem die Erhaltung des optimalen Wirtschaftswachstums, zusätzliche Arbeitsplätze sowie den Ausbau der Fremdenverkehrssicherheit, anführte. Staribacher glaubte zudem, dass Frauen durch den intensivierten Einsatz von Elektrogeräten im Haushalt mehr Unterstützung erfahren würden. 295 Allerdings notierte Staribacher im Mai 1978 nach einer Ministerratssitzung, dass Bundeskanzler „Kreisky wegen der Terrortätigkeit große Angst hat, dass die nächsten Wahlen für uns schlecht ausgehen. 292
293 294
295
Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien,, Nachlass Fritz Koppe, Karton 07, Mappe 049, Welser, Information über die Pressearbeit pro Zwentendorf, 21.10.1978. Vgl. ebd. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 07, Mappe 049, Herbert Krejci, Pressedienst Österreichisches Komitee für Zwentendorf, Kernkraftswerksgegnerschaft bedeutet Schädigung des Lebensstandards. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 007, Mappe 049, Staribacher, Stärkeres Engagement der Frauen für Stromversorgung notwendig.
86
FRITZ KOPPE
Die Bevölkerung fürchtete sich vor dem Kernkraftwerk, dazu kommt jetzt noch die Angst vor dem Terror und die geht auf Kosten der sozialistischen Wählerstimmen. Nach seiner Meinung verlieren wir wegen dieser Kombination. Angst vor Terror und Angst vor Atomkraft.“296 Schließlich war dann das Gegenteil der Fall, weil Kreisky ein Jahr später zum dritten Mal die absolute Mehrheit erhielt; allerdings ging das AKW nach einem Plebiszit niemals in Betrieb.297 Staribacher wurde aber trotz seiner Zustimmung zum Atomkraftwerk Zwentendorf – im Gegensatz zu anderen Gewerkschaftsfunktionären – kein Feindbild für die AntiAtombewegung, obwohl er als Minister für die bedeutende Frage der Atommüll-Lagerung maßgeblich verantwortlich war.298 Es gab eine Einladung zum Symposium „Atomangst“, wobei ausgewiesene Experten wie Dr. Heinz Kienci oder Ernst Gehmacher, der Redakteur der „Arbeiterzeitung“, Reden pro Zwentendorf hielten.299 Ebenso warb der bekannte Schifahrer Karl Schranz für die Kernenergie und sprach den Fachleuten sein Vertrauen aus.300 Barbara Kintaert hat mir mitgeteilt, dass ihr verstorbener Mann Peter Koppe von Beginn an gegen das Atomkraftwerk war. Er debattierte viel mit seinem Vater Fritz Koppe und konnte ihn mit seinen Argumenten schließlich umstimmen, sodass er sich ebenfalls gegen den Bau bzw. die Inbetriebnahme des Kraftwerks Zwentendorf aussprach. Durch seine sozialpartnerschaftliche Ausrichtung und die Richtlinie der einvernehmlichen Vereinbarungen zu den in dem Gremium erörterten Themen handelte dieser Konsumentenpolitische Beirat gewissermaßen als Ergänzungseinrichtung zur Paritätischen Kommission gemäß der österreichischen Sozialpartnerschaft. Allerdings zeigten die verbraucherpolitischen Arbeiten der letzten Jahre, dass der Konsumentenpolitische Beirat eher unbe-
296
297 298 299
300
Maria Steiner, 20.000 Seiten Österreich, Die Presse, Spectrum III, Zeichen der Zeit, 26.4.2014. Vgl. ebd. Vgl. Rathkolb, Josef Staribcher, 544-545. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 07, Mappe 049, Einladung zum Symposium Atomangst 23.-25.10.1978. Vgl. ebd., Schranz für Kernenergie.
KONSUMENTENSCHUTZ
87
friedigend agierte. 1986 sind erstmalig Besprechungen in einem Team gescheitert. Es ist möglich, dass dieser Funktionsverlust mit dem Umzug des Konsumentenpolitischen Beirats in das neu errichtete Bundesministerium für Familie, Jugend und Konsumentenschutz zu tun hatte. Der Grund liegt darin, dass die Resultate des Beirats nicht mehr direkt realisiert, sondern vom Familienministerium an die zuständigen Behörden übergeben und dort bisweilen erneut diskutiert wurden. Das zentrale Problem ist jedoch, dass das Familienministerium nur Vorgaben in konsumentenpolitischen Fragestellungen festlegte, dabei wurden einige Sachkompetenzen aufgeteilt.301 Mit der Schaffung des Bundesministeriums für Familie, Jugend und Konsumentenschutz im Jahre 1983 wurde der Konsumentenpolitische Beirat ab 1. Jänner 1984 in diesem Ministerium angesiedelt. 302 Dr. Hans-Peter Lehofer dazu: „Das Ministerium wurde 1984 von der Bundesministerin Gertrude Fröhlich-Sandner geschaffen und es war damals eine vollkommen neue Erfindung“.303 Koppe war der Meinung, dass „alle, die im Konsumentenschutz tätig sind, die gegenwärtige Lage als glücklich betrachten sollten, nicht weil das Familienministerium eine zwingende Lösung für die konsumentenpolitische Initiativen- und Koordinationskompetenz wäre, sondern weil Frau Gertrude FröhlichSandner mit ihrer Durchschlagskraft dieser Lösung zum Erfolg verhalf. Sollte eine Prolongation dieser Konstruktion nicht möglich sein, so wäre eine ‚Rückkehr‘ der Kompetenz ins Handelsministerium eine Variante, die weitere konsumentenpolitische Fortschritte extrem erschweren würde. Die Ansiedlung des Konsumentenschutzes im Wirtschaftsressort könnte nur mit einer Integrationsfigur wie Staribacher […] erfolgreich sein.“304
301 302 303
304
Vgl. Kollmann, Konsumentenschutzpolitik, 124-126. Vgl. ebd. Interview mit Dr. Hans-Peter Lehofer, 4.5.2021, geführt von Catherine Lechner, Aufnahme bei der Autorin. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 011, Mappe 042, Aktennotiz von Fritz Koppe für den Präsidenten Adolf Czettel, Betreff: Kompetenz für Konsumentenschutzangelegenheiten, 10.12.1986.
88
FRITZ KOPPE
Fritz Koppe notierte in einer Aktennotiz vom 10. Dezember 1986 folgende Überlegungen zum Konsumentenschutz: „Das Konsumentenschutz ist eine Materie, die auf mehrere Hundert Rechtsquellen und deren Zuständigkeit, auf nahezu alle Ressorts und Länder aufgesplittert ist.“305 Er war der Meinung, dass mit der Gründung des Konsumentenpolitischen Beirats einerseits eine Kombination zwischen den Experten des Konsumentenschutzes und den Sozialpartnern und andererseits den Behörden hergestellt werde. Im Zuge dessen werden Vorhaben und Resultate entwickelt.306 Aufgrund der neuen Koalitionsregierung SPÖ-ÖVP unter Bundeskanzler Dr. Franz Vranitzky (SPÖ) kam es 1994 zu Problemen wegen des fehlenden Konsumentenschutzes im Koalitionspakt. Die Arbeiterkammer forderte die neue Bundesregierung auf, die konsumentenpolitischen Angelegenheiten sofort auszuführen und zu realisieren. Fritz Koppe kritisierte, dass erstmals seit 1971 der Konsumentenschutz im Arbeitsübereinkommen der Bundesregierung fehlte. 307 Er bezeichnete es als „äußerst befremdlich“, dass dieses Thema ausgelassen wurde. 308 Die Arbeiterkammer forderte deswegen unter anderem eine umfassende Überarbeitung des Konsumentenschutzgesetzes, etwa durch neue Richtlinien betreffend Garantie, Sicherheit und ein verbessertes Rücktrittsrecht bei Täuschung der Kunden.309 Fritz Koppe sagte im Ö1 Mittagsjournal am 30. November 1994, dass „im Jahre 1990 alle Punkte des Konsumentenschutzgesetzes erfüllt wurden und diesmal keine Bedeutung darauf gelegt wurde.“310 Für diese Angelegenheit waren Gesundheitsministerin 305 306 307
308
309
310
Ebd. Vgl. ebd. Vgl. Konsumenten/Arbeiterkammer, AK: Konsumentenschutz fehlt im Koalitionspakt, Utl: Umfassende Novelle des Konsumentenschutzgesetzes gefordert, 30.11.1994, APA 291 5 WI 0171. Vgl. Gesundheit/Konsumentenschutz/Arbeiterkammer, 30.11.1994, APA 340 5 11 0148. Vgl. Konsumenten/Arbeiterkammer, AK: Konsumentenschutz fehlt im Koalitionspakt, Utl: Umfassende Novelle des Konsumentenschutzgesetzes gefordert, 30.11.1994, APA 291 5 WI 0171. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 001, Mappe 001, Mittagsjournal Ö1, 30.11.1994.
KONSUMENTENSCHUTZ
89
Christa Krammer (SPÖ), Justizminister Nikolaus Michalek (parteilos) und Wirtschaftsminister Wolfgang Schüssel (ÖVP) verantwortlich. Koppe kritisierte, dass es „unverständlich sei, dass in dem Koalitionsabkommen das Konsumentenschutzgesetz nicht erwähnt wird, da es um Fragen geht, die das Budget überhaupt nicht belasten, aber die Lage der Bevölkerung verbessern und das Fehlen des Konsumentenschutzgesetzes hätte den Effekt, dass der Käufer sich wieder in einer schwächeren Position befindet und er draufzahlt“.311
311
Ebd.
3. Fritz Koppe und das Konsumentenschutzgesetz 1979 3.1 Die politische Vorgeschichte des Konsumentenschutzgesetzes 1979 Das Konsumentenschutzgesetz wurde am 8. März 1979 vom Nationalrat beschlossen. Gegenüber der Regierungsvorlage (RV) erfolgten im Justizausschuss wichtige Veränderungen. Besonders § 879 Abs. 3 ABGB ist zu erwähnen, der jetzt eine andere Bedeutung erhielt als anfänglich bestimmt. 312 Der ursprünglich in der RV vorgesehene § 879a ABGB, der ein Umgehungsverbot beinhaltete, wurde im Gesetz nicht berücksichtigt. Der Justizausschuss hatte damit eine eindeutig vom deutschen ABG (§ 7) beeinflusste Regelung dieser umstrittenen Frage als unnötig angesehen.313 Arbeiterkammer, Gewerkschaften und VKI verstärkten ihre Bemühungen um ein zeitgemäßeres Konsumentenschutzgesetz. Allerdings verhinderten die Beauftragten der Wirtschaftskammer, hinter denen in derartigen Konfrontationen die ÖVP stand, die Verhandlungen mehrere Jahre lang.314 Ein Gesetz mit Sicherheitsnormen gegen den Missbrauch der Autonomie und gegen die Ausübung ökonomischer Überlegenheit sei schon lange fällig gewesen. Es zeigten sich in der Debatte des Konsumentenschutzgesetzes ideologische Unterschiede. Während einerseits die ÖVP den Standpunkt vertrat, dass die Bestimmungen des Konsumentenschutzgesetzes als „rechtliche Rahmenbedingungen“ zu begreifen seien, „um den Konkurrenzprozess in faire Bahnen zu lenken“, die „eine sozial verpflichtete Marktwirtschaft anerkennt“ und die ÖVP die „freie unternehmerisch verfasste, sozial verpflichtete Marktwirtschaft überhaupt als besten
312 313
314
Vgl. Horak, Einkaufen ohne Sorge, Besser Wohnen, 1979-10-00, 10. Vgl. Wimmer, Sozialwissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft (Hg.), Das Konsumentenschutzgesetz, Rechtsgutachten Nr. 55, Wien 1979, 17. Vgl. Horak, Einkaufen ohne Sorge, Besser Wohnen, 1979-10-00, 10.
91
92
FRITZ KOPPE
Konsumentenschutz“ betrachtete, hatte die SPÖ andererseits ganz andere Vorstellungen vom Konsumentenschutzgesetz.315 Die ÖVP stimmte demnach mit dem geltenden Bürgerlichen Recht überein, während für die SPÖ das Konsumentenschutzgesetz „ein sicheres Zeichen dafür ist, dass wir den Übergang vom bürgerlichen Recht zum sozialen Recht vollziehen.“316 Mit dieser Haltung der SPÖ wurde nach Ansicht der ÖVP versucht, das Bürgerliche Recht in Richtung eines „sozialistischen Privatrechts“ umzuwandeln. Wie sollte sonst der Übergang vom „bürgerlichen zum sozialen Gesetz“ beweisbar sein, besonders wenn unter diesem Gesichtspunkt die soziale Marktwirtschaft als ein Gedanke betrachtet wird, „der aus der Klamottenkiste der 1950er Jahre“ entnommen war und „uns bei der Lösung marktwirtschaftlicher Probleme nicht weiterhilft?“ Diese Anschauung vom „bürgerlichen zum sozialen Recht“, dass das Privatrecht für die Bevölkerung da sei, z.B. für einen Berufsstand, kann aus dem ABGB allerdings kaum abgeleitet werden. Das Gegenteil ist der Fall: Das Bürgerliche Recht hat sich seit dem ABGB immer mehr an soziale Gesichtspunkte angeglichen und sich von einer Freiheitsethik zu erkennbaren Verhaltensvorschriften sozialer Verantwortung entwickelt.317 Bevor das Konsumentenschutzgesetz am 1. Oktober 1979 in Kraft trat, gab es in den Medien viele Diskussionen über die neuen Bestimmungen. So schrieb z.B. die „Wiener Zeitung“ Ende 1978, dass Justizminister Christian Brodas Gesetzesvorlage im Interesse des besseren Rechtsschutzes der Kunden das Parlament in nächster Zeit noch beschäftigen werde. Das 1977 im Nationalrat eingebrachte Konsumentenschutzgesetz sollte am 1. Jänner 1979 rechtsverbindlich werden. Die für Broda wichtigsten Punkte waren: 1.
315
316 317
Die Verbesserung des allgemeinen Verbraucherschutzes.
Vgl. Wimmer, Sozialwissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft (Hg.), Das Konsumentenschutzgesetz, Rechtsgutachten Nr. 55, Wien 1979, 3-4. Ebd., 3. Vgl. ebd., 3-5.
KONSUMENTENSCHUTZGESETZ 1979 2.
3.
4.
318 319 320
93
Die Verbraucher sollen gegen irreführende Vertragsbestimmungen des „Kleingedruckten“ in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen abgesichert werden. Der Konsumentenschutz bei Ratengeschäften wird für den Käufer erweitert.318 Fritz Koppe äußerte schon 1976 in der Zeitung „Neue Zeit“, dass das neue Ratengesetz die Möglichkeit biete, ein Geschäft binnen fünf Tagen ohne Kosten zu stornieren. Diese Option wurde dem Gesetz hinzugefügt, um bei einer Täuschung sofort unkontrollierte Verkaufstechniken zu verhindern. Dieses Rücktrittsrecht kommt aber nicht zum Tragen, wenn der Gegenstand des Übereinkommens ein Werkvertrag ist (z.B. beim Dachdecken). Koppe berechnete, dass es in Österreich ca. zehn Firmen gibt, die sich diese Lücke der Verordnung zunutze machen und Konsumenten zu unüberlegten Bestellungen bei Verkäufern mit Verkaufspsychologie nötigen könnten. Zudem wird oft ein Kredit vermittelt, über dessen Kosten der Konsument beim Vertragsabschluss nicht ausreichend informiert wird. Um diese Ungleichheit ein für allemal zu beenden, sollte der Ausschuss „Zivilrechtlicher Konsumentenschutz“ dieses Problem für die Konsumentenschutzgesetzgebung im Handelsministerium in Angriff nehmen und Maßnahmen vorbereiten. Darin sollte auch das „Kleingedruckte“ in Übereinkünften festgelegt werden.319 Zwecks Klärung von Rechtsfragen von genereller Bedeutung werden für die Konsumenten die Interessenverbände das Recht der Verbandsklage erhalten. Deswegen ist es in Streitfragen jetzt möglich, Rechtsklarheit für die Konsumenten herzustellen, da bisher die Verbraucher stets die Nachteile zu tragen hatten. Dadurch können Rechts - und Prozessstreitigkeiten, die oft beträchtliche Kosten verursachen, vermieden werden.320
Vgl. Rechtsschutz für Konsumenten, Wiener Zeitung, 11.2.1978. Vgl. Konsumenten sollen mehr geschützt werden, Neue Zeit, 9.4.1976. Vgl. Rechtsschutz für Konsumenten, Wiener Zeitung, 11.2.1978.
94
FRITZ KOPPE
In der „Arbeiterzeitung“ forderten die SPÖ-Frauen bereits 1976 „Mehr Konsumentenschutz durch neue Verordnungen“. Sie verlangten eine Reihe von Bestimmungen im neuen Konsumentenschutzgesetz, wobei erwartet wurde, dass die Verbraucher nicht nur in gesundheitlicher, sondern auch in finanzieller Hinsicht in Zukunft besser abgesichert werden würden. Dr. Anna Demuth (SPÖ) sah den Fokus in der Hygiene im Lebensmittelverkehr, in den Zusatzstoffen und den Kosmetika, die zuerst in Angriff genommen werden sollten. Zusätzlich regte sie wegen ihrer Gefährlichkeit die Kennzeichnung der verwendeten Chemikalien im Haushalt an, wobei diese lediglich mit kindersicheren Verschlüssen in das Geschäft kommen sollten.321 Das „Neue Volksblatt“ verkündete 1976, dass die elementaren Grundsätze des Konsumentenschutzgesetzes im Rahmen der Tätigkeit der Arbeitsausschüsse „zivilrechtlicher Konsumentenschutz“ formuliert worden seien. In einem Pressegespräch im Handelsministerium hieß es, es sei höchste Zeit, dieses Gesetz zu forcieren, weil die Normen des aus dem Jahr 1811 stammenden ABGB schon lange überholt seien. Das Justizministerium hatte die Möglichkeit, dem Parlament bis zum Sommer 1977 eine Gesetzesvorlage vorzulegen.322 In der „Arbeiterzeitung“ vom 20. Jänner 1979 war Justizminister Christian Broda der Meinung, dass alle wesentlichen Vorschläge des Entwurfs die grundsätzliche Zustimmung der Konsumentenvertreter, der Verhandlungspartner des Arbeiterkammertages und des ÖGB gefunden haben. Dabei hob er die Sicherheit für die Konsumenten in Bezug auf das Kleingedruckte der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und der Vertragsformulare hervor. Zudem sollte das Konsumentenschutzgesetz den sozial Unterlegenen eine wirksamere Rechtsverwirklichung zugestehen.323 321
322
323
Vgl. SP-Frauen: Mehr Konsumentenschutz durch neue Verordnungen, Arbeiterzeitung, 13.6.1976. Vgl. Neues Konsumentenschutzgesetz, Staribacher: Kompromiss bei Marktordnung, Das neue Volksblatt, 27.4.1976. Vgl. Konsumentenschutzgesetz noch in dieser Legislaturperiode, Arbeiterzeitung, 30.1.1979.
KONSUMENTENSCHUTZGESETZ 1979
95
Bedeutend für das Konsumentenschutzgesetz war nach Dr. Fritz Koppe in der Zeitung „Besser Wohnen“ 1979 vor allem, dass es nur jene Konsumenten vor Betrug und Täuschung schützt, die sich mit den Konsumentenrechten auskennen und dabei die Möglichkeit wahrnehmen, das Gesetz anzuwenden. Laut Koppe war das Konsumentenschutzgesetz ein Minderheitenprogramm, weil nur rechtskundige Personen in Zukunft bessere Produkte und ein besseres Service in Anspruch nehmen können, um sich Streitigkeiten und Geld zu ersparen. Koppe war der Ansicht, dass das Gesetz keine Schuld daran hat, wenn es nicht allen Verbrauchern zur Verfügung steht, sondern eben nur informierte und aktive Konsumenten bevorzugt. Koppe machte eher das Desinteresse der Konsumenten verantwortlich, falls diese nicht zu ihrem Recht kommen.324 Am 5. April 1979 kritisierte die Vereinigung österreichischer Industrieller in der „Presse“ das Konsumentenschutzgesetz als „schlechten Kompromiss“, weil es zu umständlich und unanwendbar sei. Wesentliche Forderungen seien nicht erfüllt, wobei das Gesetz auch von Laien und nicht nur von juristischen Experten verstanden werden sollte. Es wurde darauf hingewiesen, dass es zu viele Paragraphen gäbe, und verschiedene andere Gesetze würden teilweise in einem Widerspruch zueinander stehen. Die Industriellenvereinigung war der Meinung, dass sich das Gesetz nicht durchsetzen werde und eine Erneuerung brauche.325 Das Gesetz konzentriert sich auf die Anfechtbarkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), wobei es sich um festgelegte öffentlich-rechtliche Einrichtungen handelt.326 Ein Jahr nach dem Inkrafttreten des Konsumentenschutzgesetzes schrieb Fritz Koppe 1980 in der „Wiener Zeitung“, dass in Kürze auch das Produktsicherheitsgesetz, das Elektrotechnikgesetz und eine Novelle der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung in Kraft treten würden. In dieser Pressekonferenz in Wien erläuterte Koppe, dass 324 325
326
Vgl. Horak, Einkaufen jetzt ohne Sorge, Besser Wohnen, 1979-10-00, 11. Vgl. Industrie kritisiert Mängel am Konsumentenschutzgesetz, Die Presse, 5.4.1979. Vgl. Wimmer, Sozialwissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft (Hg.), Die Regierungsvorlage zum Konsumentenschutz, Rechtsgutachten Nr. 54, Wien, 3.
96
FRITZ KOPPE
die Verbraucher jetzt zwar eine bedeutend bessere Rechtsstellung hätten, aber die wenigsten Kunden auch über ihre neuen Rechte Bescheid wüssten. Die folgende Bilanz konnte Koppe nach fast einem Jahr ziehen: a) Das Rücktrittsrecht hat sich sehr gut bewährt. Das Recht, bei Täuschung vom Vertrag zurückzutreten, erwies sich als erfolgreich. b) Garantie und Gewährleistung: Viele Unternehmen haben sich freiwillig dazu bereit erklärt, ihre Garantieleistungen sogar noch auszuweiten. c) Die Kostenvoranschläge sind umsonst und rechtsgültig für den Konsumenten. d) Der Kampf gegen das „Kleingedruckte“ konnte laut Koppe noch Jahre dauern, bis sich die Neuregelung in der Praxis bewährt hat. Koppe kündigte außerdem Verbandsklagen an. Diese können zur Sicherheit der Kunden vom VKI und vom Österreichischen Arbeiterkammertag eingereicht werden. Gerichtsentscheidungen sollten Inhalte des Übereinkommens, die dem Gesetz widersprechen, abschaffen. Koppe glaubte, dass die zu erwartenden Gerichtsurteile für alle Kunden der beklagten Unternehmen von Nutzen sein werden. Wahrscheinlich werde dies auch die Vertragsgestaltung ganzer Branchen beeinflussen.327 Das Konsumentenschutzgesetz stellte eine neue Entwicklung der modernen Konsumentenbewegung dar. Nicht nur in Deutschland, sondern auch im übrigen Europa und in den USA war der Konsumentenschutz eine Schnittstelle zwischen Konsumenten und Unternehmern. Die Idee des Konsumentenschutzes lag bereits dem Ratengesetz von 1896 zugrunde. Der Konsumentenschutz hat das Ziel, die Situation der Verbraucher gegenüber jenen Betrieben, die für den Warenhandel zuständig sind, zu reformieren. Dabei ist besonders das Ratengesetz von 1961 hervorzuheben, das modernere Richtlinien enthielt. 328 Basierend auf diesem Gesetz wurde 327 328
Vgl. Initiativen für Konsumenten, Wiener Zeitung, 7.4.1980. Vgl. Heinz Krejci, Konsumentenschutzgesetz: Kommentar, Wien 1986, 1-2.
KONSUMENTENSCHUTZGESETZ 1979
97
das Problem des Haustürgeschäfts erkannt, d.h. es wurde erstens die Ausführung von Abzahlungsgeschäften und der Vereinbarung über regelmäßige Tätigkeiten geregelt. Zweitens wurden die Abdingbarkeit der Sicherheitsbestimmungen im Konsumentengeschäft erheblich begrenzt und vor allem die Idee der Vertragskontrolle zum Vorteil des Konsumenten angewandt. 329 Die Regierungsvorlage ging von einem frei vereinbarten Vertrag aus und hat sich in einigen Bestimmungen auf die „verdünnte Willensbildung“ fokussiert. Der Schwerpunkt hat sich zu den AGB verschoben und die Bestandteile der „verdünnten Willensbildung“ (gröbliche Benachteiligung des Vertragspartners) traten nicht mehr wie in der Regierungsvorlage zuvor auf. Dadurch erfolgte eine Angleichung an das deutsche Gesetz zur Bestimmung des Rechts des deutschen Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB). Werden Gesetze erläutert, muss auf etlichen Gebieten auf das deutsche AGBG zurückgegriffen werden.330 Das Konsumentenschutzgesetz ist kein Bestandteil des allgemeinen Konsumentenschutzrechtes, weil nicht nur Konsumentenschutzfragen, sondern auch andere generelle Ordnungsprobleme behandelt werden. Diese haben nicht den Grundtatbestand der Beziehung zwischen Verbraucher und Unternehmer als Ausgangspunkt. 331 Das Konsumentenschutzgesetz erlangte für die Verbraucher in Österreich eine gänzlich neue Bedeutung. So konnte eine Reihe konsumentenpolitischer Ziele beispielsweise im Preisrecht, in der Gewerbeordnung, im Lebensmittelrechrecht und im Kennzeichnungsrecht realisiert werden.332 Sieben Jahre verhandelten die Sozialpartner über das Konsumentenschutzgesetz, ehe es 1979 Realität wurde. „Ein Gesetz“, das, so Konsumentenschützer Fritz Koppe, „für mehr Gleichberechtigung der Verbraucher sorgt und die Grenzen der Vertrags329
330
331 332
Vgl. Heinz Kosesnik-Wehrle, Hans Peter Lehofer u.a., Konsumentenschutzgesetz (KSchG), Wien 1997, 2-3. Vgl. Inge Wimmer, Sozialwissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft (Hg.), Das Konsumentenschutzgesetz, Rechtsgutachten Nr. 55, Wien 1979, 5. Vgl. Krejci, Konsumentenschutzgesetz, 1-2. Vgl. Kosesnik-Wehrle, Lehofer u.a., Konsumentenschutzgesetz, 1.
98
FRITZ KOPPE
macht des Handels, des Gewerbes und der Industrie, eingeengt hat“. Anfangs wurden Befürchtungen laut, dass sich die Rechtsprechung noch mehr als bisher mit der entsprechenden Verfahrensweise befassen muss. Die Arbeiterkammer hat aber auf das Ausbleiben der befürchteten Klagewelle hingewiesen. Koppe: „Das ist nicht eingetreten, sondern in dem Augenblick, wo auch die Geschäftsleute gewusst haben, dass der Konsument mehr neue, bessere Rechte hat, haben sie im Allgemeinen das Prozessrisiko gescheut, weil sie gewusst haben, dass sie den Prozess verlieren würden.“333 Die Gesetzesvorlage aus dem Jahr 1979 gliedert sich in drei wesentliche Punkte: 1.
2.
333
334
335
Das erste Kapitel bezieht sich nur auf die Gestaltung des Rechts zwischen Unternehmern und Konsumenten (§§ 127) und ist selbst wieder untergliedert in einen Teilbereich über die allgemeinen Vorschriften (§ 3-14). Der zweite Abschnitt des Entwurfs (§ 28-30) regelt die „Verbandsklage“ und den Unterlassungsanspruch an bestimmte Rechtssubjekte.334 Die Verbandsklage ist ein Mittel, um gegen ein gesetzwidriges oder gegen die guten Sitten verstoßendes Vorgehen in den AGB zu klagen. Zudem können nach der Idee des § 14 UWG unzulässige Bestimmungen in den AGB durch eine Unterlassungsklage bekämpft werden. Die vier Kammern sind klageberechtigt, aber nicht der Einzelne. Der Grund ist darin zu suchen, dass das Individuum durch seine Interessenvertretung abgesichert ist. Eine Ausdehnung der Beschwerdebefugnis auf den Einzelnen könnte unangenehme Sammlungen von Anzeigen oder eine zunehmende Geltendmachung von Rechtsansprüchen bewirken. Allerdings steht es jedermann frei, sich auf § 879a ABGB zu berufen.335
Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 011, Mappe 016, AK Forderungen anlässlich des Jubiläums „10 Jahre Konsumentenschutzgesetz“, 12.10.1989. Vgl. Sozialwissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft (Hg.), Die Regierungsvorlage zum Konsumentenschutzgesetz, Rechtsgutachten Nr. 54, Wien 1978, 3. Vgl. ebd., 24.
KONSUMENTENSCHUTZGESETZ 1979 3.
99
Das dritte Kapitel (§ 31-43) besteht aus den Strafbestimmungen, den Änderungen des ABGB und der Zivilprozessordnung (ZPO). Für das ABGB ist die Idee der „Privatautonomie“ hinsichtlich des „Liberalismus“ von wesentlicher Bedeutung, d.h. die „formale Vertragsfreiheit“, die eine gesetzliche Chance bietet, in Eigenverantwortung zu agieren und im autonomen Entschluss ein Rechtsverhältnis zu akzeptieren. Der liberalen Vertragsfreiheit liegt der Gedanke zugrunde, dass den Verbindungen der Privatrechtssubjekte zugestimmt werden soll, ohne die ökonomischen und sozialen Standpunkte in Erwägung zu ziehen. Seit der Kodifizierung des Vertragsrechts im ABGB auf der Basis der Vertragsfreiheit haben sich die ökonomischen und gesellschaftlichen Verhältnisse bedeutend gewandelt.336
Das Konsumentenschutzgesetz sieht folgende wichtige Ziele für den Verbraucher vor: 1.
2.
3.
4.
336
Um den Konsumenten vor Betrug zu schützen, kann er alle Abmachungen, die außerhalb der allgemeinen Geschäftsräume abgeschlossen wurden, binnen einer Woche stornieren. Zukünftig werden Kostenvoranschläge umsonst sein, sofern der Konsument nicht vor der Aufstellung der Rechnung darauf hingewiesen wurde, dass es sich um eine kostenpflichtige Tätigkeit handelt. Die Einengung der legalen Gewährleistungsansprüche wird abgeschafft und Reformen werden so vorgenommen, dass die Verbraucher weder für Weg-noch für Arbeitszeiten aufkommen müssen. Die Änderung des ABGB bringt für den Verbraucher folgende Verbesserungen betreffend das Kleingedruckte: Anordnungen in Vertragsformblättern und Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unverbindlich, wenn sie einem Vertragspartner einen Schaden zufügen.
Vgl. ebd., 3-4.
100 FRITZ KOPPE 5.
Der nächste wichtige Punkt ist die Verbandsklage. Hier geht es darum, dass die Sozialpartner und der VKI befugt sind, auf Unterlassung zu klagen, wo Vertragsformulare Vereinbarungen enthalten, die gegen eine Rechtsnorm oder die guten Sitten verstoßen.337
Fritz Koppe sah im Konsumentenschutzgesetz ein Minderheitenprogramm, d.h. es hilft nur denjenigen, die diese ihnen vom Gesetz gewährte Chance wahrnehmen. Diese Konsumenten werden bessere Produkte und ein besseres Service erhalten und sich in Zukunft Geld und damit auch Ärger ersparen.338 Am 25. Jänner 1980 hatte die parlamentarische Enquete über die „Weiterentwicklung des Konsumentenschutzgesetzes in Österreich“ die bisher erzielten Erfahrungen mit dem Konsumentenschutzgesetz bestätigt. Im Rahmen dieser Enquete wurde die Einführung einer verschuldensunabhängigen Produkthaftung diskutiert, wie dies ehedem in der Regierungsvorlage zum Konsumentenschutzgesetz 1979 vorgesehen gewesen war.339 Koppe bemerkte zum Problem der Produkthaftung in diesem Ausschuss, sie bedeute, dass die Firmen aus Gründen der Einsparung von Kosten der Risikosenkung erhöhte Aufmerksamkeit zur Vermeidung und Verhütung von Unfällen widmen müssen. Koppe empfahl weiters einen zivilrechtlichen Zusatz zu den öffentlich-rechtlichen Maßnahmen, die wirkungsvoller sein können.340 Koppe schrieb 1991 in der Zeitung „Gewinn“, dass das Konsumentenschutzgesetz nach mehr als zehn Jahren einer umfassenden Novellierung unterzogen werden sollte. So sollte z.B. die Sicherheit vor Überrumpelung der Käufer durch unseriöse Firmen verbessert werden. Es sollte auch bei Messen ein Rücktrittsrecht gelten und die gesetzliche Gewährleistungsfrist, die damals nur 337
338
339
340
Vgl. Das neue Konsumentenschutzgesetz in Stichworten, Neues Volksblatt, 19.10.1979. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Mappe 047, Karton 031, Konsumentenschutzgesetz, Bessere Waren-besseres Serviceweniger Ärger, 1979-05-31. Vgl. Der Bundesminister für Justiz 7012/3-Pr/80, 289/AB XV.GPAnfragebeantwortung (gescanntes Original), 18.2.1980, 2. Vgl. Weiterentwicklung des Konsumentenschutzes in Österreich, Parlamentarische Enquete, 25.1.1980, 3.
KONSUMENTENSCHUTZGESETZ 1979 101 sechs Monate betrug, auf drei Jahre verlängert werden. In Zukunft solle der Hersteller verpflichtet sein, etwaige Mängel kostenlos zu beseitigen. Österreichs Verbraucherschutz, so Koppe weiter, wird im Zuge der Eingliederung Österreichs in den europäischen Standard angepasst werden müssen. Wo die EG bessere Rechte bietet, wird Österreich versuchen müssen, mit der EG mitzuhalten, z.B. bei der Dienstleistungshaftung.341
3.2 Der Gesetzgebungsprozess im Parlament 1975 wurde im Rahmen der Regierungserklärung ein „umfassendes Konsumentenschutzgesetz“ zugesichert. In zahlreichen Verhandlungsrunden wurde im Justizministerium das Konsumentenschutzgesetz entworfen, das der Nationalrat am 8. März 1979 beschloss. 342 Die Regierungserklärung vom 19. Juni 1979, auf die Minister Broda verwies, stellte die Bedeutung des Konsumentenschutzgesetzes heraus: „Das Parlament hat der in den letzten Jahrzehnten besonders gestiegenen volkswirtschaftlichen Bedeutung des Menschen als Konsument durch ein umfassendes Konsumentenschutzgesetz Rechnung getragen, ein Gesetzeswerk, das überall, in den modernsten Staaten Europas, größte Beachtung gefunden hat. Damit hat eine neue wichtige Domäne eine auch gesellschaftspolitische relevante Regelung erfahren.“343 Am 1. Oktober 1979 wurde das Bundesgesetz Nr. 140/1979 rechtsverbindlich. Es bedeutete einen Wandel im Streben nach einem wirkungsvollen Verbraucherschutz in Österreich. 344 Im neuen Konsumentenschutzgesetz war vorgesehen, dass auch Teile des Handelsgesetzbuches, des Wuchergesetzes, der Zivilprozessordnung und der Exekutionsordnung geändert werden. Zudem wurde das Rücktrittsrecht endlich in Angriff genommen, sodass Konsumenten bis zur Umsetzung des Vertrags oder innerhalb 341
342
343
344
Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 08, Mappe 021, Was die Regierung den Konsumenten verspricht, Gewinn 3/91. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 07, Mappe 049, Endlich Konsumentenschutz, Wien, 1-2. Der Bundesminister für Justiz 7012/3-Pr/80, 289 AB XV-GP-Anfragebeanwor tung (gescanntes Personal), 18.2.1980, 1. Vgl. Jesser, Kiendl u.a., Konsumentenschutzrecht, Band 12, 24.
102 FRITZ KOPPE einer Woche nach dessen Abschluss kündigen können. Besonders detailliert wurden die unzulässigen Vertragsbestandteile ausgearbeitet, sodass man gegen das „Kleingedruckte“ vorgehen und auf diese Weise nicht nur die Konsumenten, sondern auch die Unternehmen schützen konnte. Die Verbandsklage, die die FPÖ bedenkenlos auf andere erweitert hätte und deshalb ihre Einwilligung zum Gesetz verweigerte, würde ab nun lediglich den Sozialpartnern und dem VKI zustehen.345 Fritz Koppe spielte eine bedeutende Rolle dafür, dass das Konsumentenschutzgesetz beschlossen wurde. Er überzeugte Justizminister Broda von der dringenden Notwendigkeit eines Konsumentenschutzgesetzes. Broda war damals der Ansicht, wenn das Konsumentenschutzgesetz nicht möglich sei, sollten andere Gesetze Hilfe leisten. Würde dies ebenfalls nicht funktionieren, sollte versucht werden, durch einschlägige Rechtsprechung die vorhandene Rechtslage abzuändern. Falls auch das nicht möglich sei, wäre er erst geneigt, über ein neues Gesetz nachzudenken. Fritz Koppe konnte ihn erst zwei Jahre später davon überzeugen, dass dieses Ziel buchstäblich eine unüberbrückbare Hürde war und sehr viel Zeit vergehen würde, bis die Dringlichkeit eines Gesetzes ersichtlich wäre. Broda konnte schlussendlich von Koppe überzeugt werden und stimmte dessen Ausführungen zu diesem Gesetz zu. Koppe erinnerte sich in seinen „Episoden aus der Geschichte des VKI“, „dass es eine lange anstrengende Arbeit – verbunden mit vielen Zugeständnissen – war, bis das Konsumentenschutzgesetz verabschiedet werden konnte.“346 Koppe bekam eine eigenhändige Danksagung von Minister Broda, der gestand, dass das Konsumentenschutzgesetz ohne die AK und Koppe nicht zustande gekommen wäre. Diese Anerkennung bedeutete Koppe sehr viel.347 Der Verbraucherschutz war seit Langem zu einem relevanten Gegenstand geworden. Die Grundidee des Konsumentenschutzes 345
346
347
Vgl. NR Hauser erwartet Prozesslawine: 40 Paragraphen für die Konsumenten, Die Wirtschaft, 13.3.1979. Episoden aus der Geschichte des VKI, Konsumentenpolitik, Archiv des Bezirksmuseums Wien-Josefstadt, 11-12. Vgl. ebd.
KONSUMENTENSCHUTZGESETZ 1979 103 bestand darin, durch rechtliche Möglichkeiten die Konsumenten vor Täuschung und Betrug zu schützen. Die Käufer sollen durch mehr Informationen geschützt werden und die Möglichkeit haben, die beste Auswahl zu treffen. Im Gegensatz zu Österreich hat man in Deutschland relativ zeitig begriffen, dass dem Verbraucherschutz eine wesentliche Bedeutung für die Verwirklichung einer „Gesellschaft, die mehr Freiheit und mehr Mitverantwortung“ fordert, zukommt. Deswegen wurden in Deutschland Konsumentenschutzgesetze rechtsverbindlich, z.B. das Textilkennzeichnungsgesetz. In Österreich hatte die juristische Debatte des Konsumentenschutzes erst relativ spät eingesetzt. Zur politischen Forderung wurde der Konsumentenschutz spätestens mit der Regierungserklärung Bundeskanzler Dr. Bruno Kreiskys am 5.11.1975, der sich, wie schon erwähnt, für den Konsumentenschutz aussprach. Der Verbraucherschutzgedanke wurde indessen in Gesetzen festgeschrieben, z.B. in den Wettbewerbsbedingungen.348 Koppe ging davon aus, dass infolge der schnellen und modernen Produktion Verbraucher und Verkäufer über ein Erzeugnis nicht dieselben Kenntnisse haben. Deswegen war es das Ziel der Konsumentenpolitik, durch Ratschläge die Konsumenten zu informieren und dieses Ungleichgewicht zu beseitigen. Koppe nahm an, dass Vorschriften zur Sicherheit der Verkäufer auf jeden Fall erforderlich seien.349 Den Mittelpunkt des Konsumentenschutzgesetzes bildete die Sicherheit der Verbraucher vor unangenehmen Überraschungen und vor Betrug. Allerdings wurden zwei bedeutende Aspekte in diesem Entwurf nicht erfasst: Erstens die Produzentenhaftung, also die Verantwortung des Herstellers eines Produktes, die den Konsumenten vor Nachteilen schützen soll, und zweitens die Verbandsklage. 350 Caspar Einem erinnerte sich: „Ich wollte ein 348
349 350
Vgl. Konsumentenschutz-Rechtsproblem, Der Staatsbürger, 31. Jg., Folge 5, 17, 7.3.1978. Vgl. Mehr Klarheit für die Käufer, Arbeiterzeitung, 1978-11-30. Vgl. Stenographisches Protokoll (gescanntes Original), Erläuterungen 744 der Beilagen XIV. GP-Regierungsvorlage, 30.11.1977, 13. URL: https://www.parl ament.gv.at/PAKT/VHG/XIV/I/I_00744/imfname_315902.pdf.
104 FRITZ KOPPE Produkthaftungsgesetz zustande bringen. Die Industriellenvereinigung war ein interessanter Partner für dieses Thema und man hätte sich mit ihr einigen können, aber nicht mit der Wirtschaftskammer. Die Wirtschaftskammer hat einfach zu viel verlangt. Das ist eines der Themen, die Fritz Koppe nicht verfolgt hat.“351 Die „Wiener Zeitung“ brachte darüber nur die kurze Notiz, dass am 30. November 1977 endlich der Entwurf des Konsumentenschutzgesetzes beschlossen wurde.352 Die „Presse“ schrieb am 20. Oktober 1977, dass „die im ursprünglichen Entwurf vorgelegte Liste von 21 unzulässigen Klauseln in der Regierungsvorlage reduziert werden wird, wobei einige dieser Klauseln auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) beschränkt werden sollen.“353 Zudem wich das Konsumentenschutzgesetz vom 8. März 1979, welches die Rechte der Verbraucher stärken sollte, doch wesentlich vom Entwurf des Jahres 1977 ab.354 Der Justizausschuss des Nationalrats hat sich 1979 mit dem objektiven Entwurf des Konsumentenschutzgesetzes in seinen Sitzungen vom 1., 8. und 28. Februar samt den dazugehörigen Vorberatungen beschäftigt. Nach den Erläuterungen der Berichterstatterin Luna Murowatz (SPÖ) nahmen an der folgenden Diskussion zum Konsumentenschutzgesetz folgende Abgeordnete teil:
351
352 353
354
von der SPÖ: Karl Blecha, Dr. Erika Seda, Dr. Beatrix Eypeltauer. von der ÖVP: Dr. Walter Hauser, Dr. Franz Fiedler, Dr. Wolfgang Blenk, Dr. Leopold Kern, Dr. Felix Ermacora. von der FPÖ: Dr. Tassilo Broesigke und Bundesminister für Justiz Dr. Christian Broda.
Interview mit Caspar Einem, geführt von Catherine Lechner, 30.5.2021, Aufnahme bei der Autorin. Vgl. Mehr Schutz für Konsumenten, Wiener Zeitung, 30.11.1977. Zernatto, Noch mehr Schutz für Verbraucher. Keine Einigung über Generalklausel, Die Presse, 20.10.1977. Vgl. Doralt-Koziol, Vorwort, Stellungnahme zum Ministerialentwurf des Konsumentenschutzgesetzes, Wien 1979.
KONSUMENTENSCHUTZGESETZ 1979 105 Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage zum Teil einstimmig und zum Teil mit Stimmenmehrheit angenommen. Die Abgeordnete Luna Murowatz (SPÖ) war die erste Berichterstatterin, die sich dem Thema Rechtsgeschäft kritisch widmete, weil für die Konsumenten in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht eine große Umstellung bevorstehe. Außerdem würden die Verbraucher oft dazu verführt, Geschäfte abzuschließen, die sie bei anderen Bedingungen nicht getätigt hätten. Deswegen sollten im neuen Konsumentenschutzgesetz folgende Schwerpunkte enthalten sein: 1.
2. 3.
Allgemeiner Verbraucherschutz: a) Zustandekommen des Vertrags: Rücktrittsrecht bei „Haustürgeschäften“ und Folgen des Rücktritts. b) Schutz vor unlauteren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, z.B. mittels einer Verbandsklage. c) Stärkere Verbindung zum Öffentlichen Recht. Sonderregeln für bestimmte Vertragstypen, z.B. Sparverträge und Ergänzende verfahrensrechtliche Regeln, die Verbraucher vor Gericht schützen.355
Der Abgeordnete Dr. Walter Hauser (ÖVP) bekannte sich zu einer sozialen Marktwirtschaft und zugleich sollte der Grundsatz der Unternehmen, Gewinne zu erzielen, gesichert werden.356 Hauser trat zwar für das Konsumentenschutzgesetz ein, aber er kritisierte gleichzeitig die Gesetzestechnik, die zum sogenannten „Richterrecht“ führe, demzufolge der Kläger erst bei Gericht erfahre, ob ein Vertrag rechtsgültig ist oder nicht.357 Am 9. März 1979 veröffentlichte die „Wiener Zeitung“ die Debatte im Nationalrat zum Konsumentenschutzgesetz. Das Blatt berichtete über die Entstehung des Gesetzes und darüber, dass bei den parlamentarischen Ausschussberatungen einige bedeutende
355
356 357
Vgl. 122. Sitzung NR XIV. GP-Stenographisches Protokoll (gescanntes Original), 8.3.1979, 17-18. URL: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XIV/ NRSITZ/NRSITZ_00122/imfname_148705.pdf. Vgl. ebd., 18. Vgl. Zur Abwechslung einmal Ruhe, Konsumentenschutz ist durch, Kleine Zeitung, 9.3.1979.
106 FRITZ KOPPE Passagen zugunsten der Konsumenten verändert worden waren. 358 Von Bedeutung war dem Abgeordneten Hauser, dass es beim Verbraucherschutz eine Entwicklung gab, die sowohl in den USA als auch in Europa signalisierte, dass es einen gangbaren Weg gibt. Gleichzeitig sprach er die Politik der Wählerdemokratie an, die sich diesen neuen Slogan vom „Konsumerismus“ aneignet, weil im Grunde genommen jeder Mensch im weitesten Sinne ein Konsument ist. In Österreich hatte man sich diesem globalen Gegenstand des Konsumentenschutzes in Vorverhandlungen der Sozialpartner angenähert. Die Regierungsvorlage regelte den Konsumentenschutz im engeren Sinn und galt nur für Rechtsgeschäfte. Auf der einen Seite stehen die Verbraucher und stärken ihre Position, z.B. beim Rücktrittsrecht; auf der anderen Seite steht der Unternehmer. Hauser erwähnte die Verbandsklagen, die § 28 regelt. Das Ziel war es, die nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen geltenden Vereinbarungen mittels der Möglichkeit des Unterlassungsanspruchs zu bekämpfen. Klagsbefugt waren die vier Interessenvertretungen, welche das Gesetz anführt. Hinzukam der Verein für Konsumenteninformation.359 Gleichzeitig kritisierte Hauser aber die Verbandsklage, denn sie sollte eher nur „die Rute im Fenster“ sein und dosiert angewendet werden. 360 1997 wurde der Anwendungsbereich der Verbandsklage insofern ausgedehnt, als mit ihr auch die Untersagung, sich auf unzulässige Bestimmungen zu beziehen, erlangt werden konnte.361 Es entspricht der österreichischen Sozialpartnerschaft, dass das Mittel der Verbandsklage häufig nur als „Rute im Fenster“ auftritt. Die entsprechenden Interessenverbände versuchten vor allem einen Vergleich außerhalb des Gerichts zu finden. Daher verhilft die Option der Verbandsklage zu besseren Verhandlungspositionen. Gegen diese Praxis ist nichts vorzubringen, so-
358 359
360
361
Vgl. Kleingedrucktes entschärft, Wiener Zeitung, 9.3.1979. Vgl. 122. Sitzung NR XIV. GP-Stenographisches Protokoll (gescanntes Original), 8.3.1979, 19-24. URL: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XIV/ NRSITZ/NRSITZ_00122/imfname_148705.pdf. Vgl. Zur Abwechslung einmal Ruhe, Konsumentenschutz ist durch, Kleine Zeitung, 29.3.1979. Vgl. Kosesnik-Wehrle, Lehofer u.a., Konsumentenschutzgesetz, 234.
KONSUMENTENSCHUTZGESETZ 1979 107 lange die Kontroversen um gesetz- und sittenwidrige AGBKlauseln nicht den Eindruck erwecken, dass die „freiwillige“ Beseitigung schwererer Rechtsverletzungen mit der Duldung anderer Vertragsverletzungen erkauft wird.362 Die „Wiener Wirtschaft“ notierte am 16. November 1979, es sei anzunehmen, von dieser Möglichkeit werde nur in Extremfällen Gebrauch gemacht. 363 Das Konsumentenschutzgesetz bietet den Verbrauchern neue rechtliche Möglichkeiten, die diese allerdings selbst ergreifen müssen. Der Grund dafür liegt darin, dass das Konsumentenschutzgesetz in den Bereich des Zivilrechts fällt und die Verwaltungsbehörden keine Möglichkeit der Einflussnahme haben.364 Zusammenfassend bekannte sich die ÖVP zum Konsumentenschutzgesetz. Hauser beendete seine Rede damit, dass nur die Erhaltung der Wirtschaftsordnung dem Konsumenten die Umsetzung seiner Bedürfnisse sichert.365 Nach Hauser ist die „freie, unternehmerisch verfasste, sozial verpflichtete Marktwirtschaft überhaupt der beste Konsumentenschutz, den wir uns denken können.“366 Der nächste Redner war der Abgeordnete Karl Blecha (SPÖ), der ebenfalls die Marktwirtschaft erwähnte, wobei er für eine „gemischte Sozialwirtschaft“ eintrat, aber gleichzeitig den Begriff „soziale Marktwirtschaft“ ablehnte. Er bezeichnete das Gesetz als die unerlässliche Angleichung der Rechtsprechung an eine veränderte Gesellschaft. Die juristische Ausgangsbestimmung für den selbstständigen Konsumenten bewirke mehr Freiheit und zeige, wie eine zeitgemäße Richtlinie das Verständnis des Rechts einfacher machen kann. Blecha betonte, das Konsumentenschutzgesetz sei eines der wichtigsten Gesetze dieser Legislaturperiode. Seiner Meinung nach bedeutete das Konsumentenschutzgesetz die er-
362 363 364 365
366
Vgl. Heinz Krejci, Konsumentenschutzgesetz, Wien 1986, 279. Vgl. Das Wirtschafts-Service, Wiener Wirtschaft, Nr. 46, 16.11.1979, 9. Vgl. Ein Büchel über Konsumentenschutz, Arbeiterzeitung, 19.10.1979. Vgl. 122. Sitzung NR XIV. GP-Stenographisches Protokoll (gescanntes Original), 8.3.1979, 20-23. URL: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XIV/ NRSITZ/NRSITZ_00122/imfname_148705.pdf. Ebd., 25.
108 FRITZ KOPPE forderliche Angleichung der Rechtslage an eine immer mehr im Wandel befindliche Gesellschaft. Dadurch werde ersichtlich, wie sich legitime Situationen durch mehr Freiheiten auf den selbstständigen Verbraucher auswirken könnten, indem die Konsumenten mehr Rechte bekommen. Dadurch wäre es möglich, den Kunden unabhängig von ihrer sozialen Position zu ihrem Recht zu verhelfen. Zudem war Blecha der Ansicht, es gebe einen „Übergang vom bürgerlichen zum sozialen Recht“. Karl Blecha betonte weiters, dass dieses Gesetz ein verlässliches Kriterium für die Veränderung vom Zivilrecht zum Sozialrecht sei. Außerdem habe der Gesetzgeber die Pflicht, für eine vergleichbare Sicherheit der Konsumenten zu sorgen. Blecha unterstrich die Dringlichkeit des Konsumentenschutzgesetzes, dies sei schon in der Regierungserklärung vom 5. November 1975 zum Ausdruck gekommen.367 Weiters bemerkte Blecha, dass am 5. Dezember 1979, also nur einen Monat nach der Rede Kreiskys, Handelsminister Staribacher den zivilrechtlichen Konsumentenschutzausschuss ins Leben rief. Die Verhandlungen gestalteten sich schwierig, weil die Vertreter der Wirtschaft keine Notwendigkeit sahen, der Arbeitnehmerseite entgegenzukommen. Es wurde ein vollständiger Entwurf des Konsumentenschutzgesetzes von gewerkschaftlicher Seite unterbreitet, woraufhin die Verhandlungen ein abruptes Ende fanden. Es war schlussendlich Christian Broda zu verdanken, dass die Regierungsvorlage zu Ende gebracht wurde. Sie wurde am 30. November 1977 dem Parlament übergeben, um die sozialpartnerschaftlichen Beratungen voranzutreiben. Der Justizausschuss hat sich mit der Materie am 1., 8. und 28.2.1978 befasst und erst dadurch kam das Gesetz zustande.368 Blecha betonte, dass dieses Konsumentenschutzgesetz durch die Sozialdemokratische Partei entstanden ist. Das Gesetz wurde am 5. November 1975 als Entwurf vorgestellt und dem Parlament übergeben. Blecha lobte die Unterstützung des Gewerkschaftsbundes und der Fachleute. Das Konsumentenschutzgesetz war 367 368
Vgl. ebd., 25-26. Vgl. ebd., 26.
KONSUMENTENSCHUTZGESETZ 1979 109 allerdings ein Konsens der Parteien und die Bedingung dafür war eine handlungsfähige Regierung.369 Zudem hat die SPÖ Modifikationen wie z.B. bei der Gewährleistung, beim Werkvertrag, beim Ratengesetz und bei § 879 Abs. 3 ABGB herbeigeführt. Dieser Absatz bedeutete einen wichtigen Schutz gegen grobe Benachteiligung des Konsumenten. Es entstand ein Erlass, die der Justiz die Gelegenheit gibt, nicht nur Recht zu sprechen, sondern auch ausgleichende Rechtssprechung zu praktizieren. Es entstand demnach ein Gesetz, das unter anderem die Schaffung eines gesetzlichen Gleichgewichts und die Sicherheit der Konsumenten vor gesetzlicher Benachteiligung durch Täuschungsmanöver des Händlers bezweckte. Soziale Benachteiligungen sollten gesetzlich kompensierbar sein, d.h. der Konsument kann gegenüber dem Unternehmen rechtliche Ansprüche geltend machen. Blecha war der Ansicht, dass die wichtigsten Faktoren des Konsumentenschutzgesetzes folgende waren: a) Überrumpelungsgeschäfte, z.B. bei Haustürgeschäften. Der Konsument sollte in Zukunft eine Woche Zeit haben, sich das Geschäft zu überlegen, das ihm vielleicht in seiner Wohnung oder auf der Straße aufgedrängt worden war. Er kann also von der Möglichkeit Gebrauch machen, innerhalb einer Woche wegen Täuschung vom Vertrag zurückzutreten. Zusätzlich können mündliche Versprechen bindend sein und diese dürfen nicht durch das Kleingedruckte in den Vertragsbedingungen aufgehoben werden. b) Die Änderung der Gewährleistung war eine wichtige Angelegenheit, weil der Konsument jetzt die Möglichkeit bekam, anfallende Reparaturen kostenlos zu verlangen. Blecha griff dabei Dr. Broesigke von der FPÖ an, weil dieser behauptet hatte, das Geschäft solle verbindlich sein, selbst wenn das Produkt kaum die Hälfte des Preises, der dafür gefordert wurde, wert sei. Zudem bringe das Konsumentenschutzgesetz verwaltungs- und zivilrechtliche
369
Vgl. ebd., 27.
110 FRITZ KOPPE Bestimmungen zur Sicherheit der Verbraucher und einen speziellen Schutz vor Ratengeschäften. c) Das alte Ratengesetz wurde in das moderne Konsumentenschutzgesetz eingegliedert, wobei ein Teil seiner Normen nun auf alle Geschäfte der Verbraucher anzuwenden ist. d) Die Verbandsklage war ein wichtiger Punkt im Konsumentenschutzgesetz, der ein erfolgversprechendes Recht garantiert. Die Verbandsklage dient dazu, teure Rechtsstreitigkeiten zu umgehen. Sie kann von der Bundeswirtschaftskammer, der Arbeiterkammer, dem Gewerkschaftsbund und dem VKI eingebracht werden. Blecha vertrat die Meinung, dass das Konsumentenschutzgesetz auf jeden Fall die sozialdemokratischen Erwartungen erfüllt.“370 Das Gesetz sei eines der letzten dieser Legislaturperiode, die die Rechtsreform anstrebe, und so werde es zu mehr Fairness und Freiheit kommen. 371 Blecha freute sich, dass das Konsumentenschutzgesetz als Ergebnis der Rechtsreform, wie z.B. die frühere Strafrechts - und die Familienreform sowie die Verbesserungen des Rechts geglückt war. Gleichzeitig äußerte er die Meinung, das Gesetz habe in einem Jahrzehnt einen „Jahrhundertsprung“ vollzogen.372 Der nächste Abgeordnete, Dr. Tassilo Broesigke (FPÖ), kritisierte Blecha wegen seiner Rede zur Marktwirtschaft. Er war der Ansicht, dass die Marktwirtschaft wie die „gemischte Wirtschaft“ eine ökonomische Methode sei. Beide seien weder sozial noch unsozial, sondern eine ökonomische Systemlehre. Zudem beanstandete er, dass das Recht immer wieder, wie Karl Blecha erwähnt hatte, den Gegebenheiten angepasst werden muss. Das sei aber kein Vorgang vom „bürgerlichen zum sozialen“ Recht, sondern es sei gerade jene dauernde Rechtsreform, mit der sich alle beschäftigen müssen. Das österreichische Konsumentenschutzgesetz orientierte sich am Entwurf der Bundesrepublik Deutschland, 370 371 372
Ebd., 28-29. Vgl. ebd., 32. Vgl. Zur Abwechslung einmal Ruhe, Konsumentenschutz ist durch, Kleine Zeitung, 9.3.1979.
KONSUMENTENSCHUTZGESETZ 1979 111 der am 9. Dezember 1976 in Kraft trat und für die Konsumentenrechte und das ABG eintrat. Dr. Broesigke sah allerdings in der Verbandsklage ein großes Problem. Die Konsumenten konnten gegen betrügerische Geschäftsbedingungen eine Anzeige erstatten. Eine Popularklage, so Broesigke, wäre für die FPÖ wesentlich besser gewesen. Mit ihr kann ein Konsument eine Klage gegen eine Gesetzwidrigkeit erheben, ohne selbst darin verwickelt zu sein.373 Er führte weiter aus, dass es im Fall der Einführung einer Verbandsklage nicht einzusehen sei, dass nicht wenigstens alle Kammern das Recht zu einer solchen Klage erhalten.374 Außerdem griff er Dr. Hauser (ÖVP) an, weil dieser der Regierungsvorlage zugestimmt hatte. Dabei habe Hauser dieselben Bedenken wie er. Dieser Zweifel lag daran, dass mündige Bürger in Zukunft nicht mehr auf spätere Beschwerden verzichten können. Das sei laut Broesigke eine Unfreiheit, wie es sie einst unter der Regierung von Joseph II. gab.375 Broesigke verwies auf die Broschüre „Konsumentenschutzgesetz – wozu?“ In dieser Broschüre wurde darauf hingewiesen, dass „die neue Regelung noch ein hohes Maß an Rechtssicherheit bringen soll. Diesem Zweck sollen insbesondere die Allgemeinverständlichkeit des Ausdruckes und die Bestimmtheit des Inhaltes des neuen Gesetzes dienen.“376 Diese Regelung wurde verändert und zwar in der Hinsicht, dass das neue Konsumentenschutzgesetz besagt: „eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen […] enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, ist jedenfalls nichtig, wenn sie unter
373
374
375
376
Vgl. 122. Sitzung NR XIV. GP-Stenographisches Protokoll (gescanntes Original), 8.3.1979, 32, URL: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XIV/NR SITZ/NRSITZ_00122/imfname_148705.pdf Vgl. Zur Abwechslung einmal Ruhe, Konsumentenschutz ist durch, Kleine Zeitung, 9.3.1979. Vgl. Laues Ja zum Konsumentenschutz, Schon wieder Wirbel um Leodolter, Die Presse, 9.3.1979. Vgl. 122. Sitzung NR XIV. GP-Stenographisches Protokoll (gescanntes Original), 8.3.1979, 33-34. URL: http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XIV/N RSITZ/NRSITZ_00122/imfname_148705.pdf.
112 FRITZ KOPPE Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt.“377 Broesigke führte weiters aus, es könne bei diesem Absatz zu enormen Rechtsproblemen kommen, weil es eine wichtige juristische Festlegung ist. Er machte darauf aufmerksam, dass es durch diesen Absatz viele Prozesse geben werde, auch zum Schaden der Konsumenten, weil es sich um eine verbraucherfeindliche Bestimmung handle. Den Grund sah er darin, dass dieser Absatz auch gegen schwächere Kunden eingesetzt werden könnte, denn § 879 ABGB enthielt die Sittenwidrigkeitsnorm, die während des Ersten Weltkrieges eingeführt worden war. Diese Bestimmung beschäftigt sich mit der Bedeutungslosigkeit von Vereinbarungen. Broesigke vermutete, diese Fassung werde Rechtsunsicherheit aufseiten der Konsumenten verursachen. Insgesamt kritisierte er, dass die Regelungen zu wenig überlegt wurden, weil das Gesetz zu nachlässig erstellt wurde, ohne darauf zu achten, welche Verkettungen sich daraus ergeben könnten. Er beanstandete, dass das Konsumentenschutzgesetz über das Ziel hinausschießt, zum einen im Bereich des Bürgerlichen Rechts und zum anderen im Bereich des Prozessrechts. Da eine Verschlechterung des österreichischen Rechts und eine Gefahr für den Schutz des Rechts nicht auszuschließen waren, beantragte er eine getrennte Abstimmung über gewisse Paragraphen. Zudem meinte er, dass das Konsumentenschutzgesetz kein gutes Gesetz geworden sei, weder für die Verbraucher noch für die Bevölkerung. Die FPÖ lehnte das Gesetz vor allem wegen der Verbandsklage ab.378 Der nächste Abgeordnete, der nachmalige Rechnungshofpräsident Dr. Franz Fiedler (ÖVP), äußerte, es sei dringend erforderlich, den Geltungsbereich des Konsumentenschutzgesetzes im § 1 zu erklären, und dass die zukünftig notwendigen Regelungen darauf abzielen, auf Verträge zwischen Betrieben einerseits und privaten Verbrauchern andererseits abzustellen. Der Fokus des Konsumentenschutzgesetzes liegt auf der neuen Gewährleistungsregel, weil diese für die Wirtschaft und den Handel eine 377 378
Ebd. Vgl. ebd., 34-38.
KONSUMENTENSCHUTZGESETZ 1979 113 weitreichende Bedeutung hat. Wichtig war es Fiedler zu erwähnen, dass sowohl die textliche Fassung der Regierungsvorlage als auch die erläuternden Kommentare des Bundesministeriums für Justiz auf einer Regierungsvorlage beruhen und nicht von den Sozialpartnern formuliert wurden. Die Sozialpartner haben nur vor und nach der Einbringung der Regierungsvorlage wichtige und entscheidende Gespräche geführt. Er beanstandete, dass das Konsumentenschutzgesetz kompliziert und für den Konsumenten schwer durchschaubar sei. Fiedler kritisierte weiters seinen Vorredner Blecha (SPÖ), der bemerkt hatte, diese Verordnung bedeute für jeden einzelnen einen Zugang zum Recht. Fiedler war hingegen der Ansicht, dass diese Erwartung nicht eintreffen werde. Trotz all dieser Widrigkeiten stand die ÖVP zum Konsumentenschutzgesetz.379 Die Abgeordnete Dr. Beatrix Eypeltauer (SPÖ) kritisierte anfangs Dr. Broesigke (FPÖ) wegen seiner Bedenken betreffend die Verbandsklage, weil er ja gefordert hatte, alle legitimen Interessenvertretungen sollten dazu ermächtigt sein. Es sei schon hinzuzufügen, dass es in Österreich die Sozialpartnerschaft gibt. Die SPÖ stimme für das Konsumentenschutzgesetz, weil es den Konsumenten und Konsumentinnen mehr rechtliche Vorteile einräume. Einzelne Bürger sollten sich nicht auf die Unterstützung des Handels verlassen, sondern sie sollten im Gegensatz zum Unternehmen Rechte haben, falls sie unfair behandelt und übervorteilt werden. Dieses Konsumentenschutzgesetz sei dazu gemacht, die Gleichstellung zwischen Betrieben und Kunden zu beschleunigen, weil Letztere die fragwürdigen Produktionsmethoden nicht mehr durchblicken.380 Eypeltauer glaubte, das steigende Vermögen habe zu einer Gedankenlosigkeit der Konsumenten und Konsumentinnen geführt, weshalb sie der Reklame unterlegen sind. Aus diesem Grund war es dringend erforderlich, den Konsumenten und Konsumentinnen eine Legitimation gegenüber dem Stärkeren zu gewähren.381
379 380 381
Vgl. ebd., 38-41. Vgl. ebd., 41-43. Vgl. „Kleingedrucktes“ entschärft, Wiener Zeitung, 9.3.1979.
114 FRITZ KOPPE Eypeltauer argumentierte, für die Sozialisten sei das Konsumentenschutzgesetz keine leere Phrase, weil es mehr Chancengleichheit bringe. Zudem betonte sie, die Sozialdemokratische Partei habe auch das neue Lebensmittelgesetz (LMG) veranlasst und beschlossen. Das Konsumentenschutzproblem in den Industrieländern habe in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, wie z.B. das deutsche Gesetz über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zeige. Ein langjähriges, notwendiges und gesellschaftspolitisches Anliegen werde mit dem Konsumentenschutzgesetz verwirklicht.382 Dr. Christan Broda, der amtierende Justizminister (SPÖ), betonte, man könne auf den allgemeinen Zusatz im Bürgerlichen Recht nicht verzichten, die ja diese Auslegungsregel für die besonderen Vorschriften für das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen sein wird. Er führte weiters aus, das Konsumentenschutzgesetz werde durchaus ein bedeutendes und soziales Gesetz der Zukunft sein. Die Sicherheitsvorschriften und das neue Gesetz brächten den Verbrauchern neue Freiheiten. Broda vertrat die Auffassung, es werde bestimmt nicht vermehrt zu Gerichtsverfahren kommen, wie Dr. Broesigke (FPÖ) befürchtete. Das Gegenteil sei der Fall, da das Konsumentenschutzgesetz dazu diene, den Käufern solche Prozesse entweder ganz abzunehmen oder sie überhaupt zu vermeiden. Auf jeden Fall werde das Konsumentenschutzgesetz mehr Rechtssicherheit erzeugen als bisher vorhanden. Das Gesetz setze eine Debatte zwischen Wissenschaft und Erfahrung voraus, vor allem aber seien seine Entwicklung und die Beteiligung der Konsumenten bedeutend. Wichtig sei es, zukünftig nicht nur informierte Verbraucher zu unterstützen, sondern dass auch die Wirtschaft das neue Gesetz befürwortet. Broda äußerte die Meinung, dass schon sehr viele früher beschlossene Gesetze, wie z.B. 1976 das Unterhaltsvorschussgesetz oder 1978 die vermögensrechtlichen Normen des Familienrechtes und die Neuordnung des Scheidungsrechts, sich alle in der Praxis bestens bewährt hatten. Broda sagte am Ende seiner Rede, es sei ein lohnender Abschluss 382
Vgl. ebd., 44.
KONSUMENTENSCHUTZGESETZ 1979 115 einer vorzüglichen Gesetzgebungsperiode im Justizbereich, wenn das neue Konsumentenschutzgesetz in Kraft treten würde. Der letzte Redner, Dr. Ettmayer (ÖVP), bemerkte, dass gerade eine intakte gemeinnützige Marktwirtschaft die Basis für den Konsumentenschutz ist, weil sie konsumentenfreundlich ist. Einerseits wird in der Wirtschaft der Hersteller durch die Konkurrenz genötigt, hochwertige und gute Waren zu erzeugen. Andererseits haben die Verbraucher die Möglichkeit der freien Wahl, sich für die besten Waren zu entscheiden. Das Wichtigste am neuen Konsumentenschutzgesetz bestehe darin, dass es endlich die gleichen Möglichkeiten zwischen den Vertragspartnern in ökonomischen Angelegenheiten herstelle. Ettmayer hob drei Punkte hervor: 1.
2. 3.
Die Sicherheit des Konsumenten beruhend auf Treu und Glauben. Diese soll z.B. bei sogenannten Haustürgeschäften, bei unerwünschten Geschäftsabschlüssen oder bei mündlichen Zusagen angewendet werden. Die Verbesserung der Sicherheit vor der Stellung des Stärkeren, z.B. beim Kleingedruckten. Die verbesserte Durchführung des Gesetzes werde sich in Zukunft als zweckmäßig erweisen.
Ettmayer betonte, dass die ÖVP einen enormen Beitrag zum Konsumentenschutzgesetz geleistet hatte. Er verwies auf den früheren, von der ÖVP gestellten Bundeskanzler Josef Klaus, der 1968 während der ÖVP-Alleinregierung einen Konsumentenrat eingesetzt hatte. Die ÖVP hatte schon 1974 sehr gründlich ihre Absichten zum Konsumentenschutzgesetz erläutert: „Anzustreben ist ein neues Kaufvertragsrecht, das die bisherigen Regelungen wie Gewährleistungsrecht, Rücktrittsrecht und Recht bei Leistungsstörung, in zwingende Rechtsvorschriften umwandelt. Ebenso wäre die Information für den Verbraucher über die gegebenen rechtlichen Möglichkeiten zu verbessern.“383
383
122. Sitzung NR XIV. GP-Stenographisches Protokoll (gescanntes Original), 8.3.1979, 46-47. URL: http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XIV/NRSIT Z/NRSITZ_00122/imfname_148705.pdf.
116 FRITZ KOPPE Außerdem wurde unter anderem der Ausbau der Konsumenteninformation gefordert, z.B. durch periodische Verlautbarungen der Konsumentenschutzorganisationen über Preis - und Lohnvergleiche, den Ausbau der Produktdeklaration und eine Verbesserung der Gewährleistungspflicht. Ettmayer lobte den Konsumentenrat, weil die ÖVP in vielen Konferenzen wie z.B. die Fragen der Nahversorgung, oder auch Schwierigkeiten, die sich innerhalb des Konsumentenschutzes für ältere Menschen ergeben, behandelt hat. Er hob zwei Punkte hervor: Erstens den Konsumentenschutz gegenüber der Verwaltung. Das ABGB sei die Grundlage des Konsumentenschutzes. Zweitens wertete es der Redner als Erfolg, dass dadurch kein Klassengesetz entstanden ist. Ein solches Klassengesetz werde verhindert, weil einige Neufassungen im ABGB, z.B. dessen §§ 864 a und 879 Abs. 3, Allgemeine Geschäftsbedingungen bekämpfen, die einem Partner schaden, egal, ob er Konsument oder Hersteller ist.384 Nach einer mehrstündigen Debatte einigten sich die drei Parteien unter Rücksichtnahme auf einen umfangreichen Dreiparteien-Abänderungsantrag laut Parlamentskorrespondenz auf den überwiegenden Teil der Gesetzesbestimmungen. Die FPÖ lehnte ihre Zustimmung zu vier Punkten ab, diese wurden dann mit einer Stimmenmehrheit von SPÖ und ÖVP in Beziehung zu Abänderungsanträgen dieser zwei Fraktionen beschlossen. 385 Der Gesetzesentwurf wurde bei der Abstimmung in zweiter Lesung nach Ablehnung des Abänderungsantrags von Dr. Broesigke und in einzelnen Teilen gegen das Votum der FPÖ, in dritter Lesung mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit angenommen.386 In der Bundesratssitzung vom 15. März 1979 wurde der Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 8. März 1979 betreffend das Konsumentenschutzgesetz (2003 der Beilagen) behandelt. An der Diskussion beteiligten sich:
384 385
386
Vgl. ebd., 47. Vgl. Konsumentenschutzgesetz im Ausschuss nahezu einhellig, Wiener Zeitung, 2.3.1979. Vgl. „Kleingedrucktes“ entschärft, Wiener Zeitung, 9.3.1979.
KONSUMENTENSCHUTZGESETZ 1979 117
von der SPÖ: Dr. Anna Demuth, Hermine Kubanek, Rudolf Ceeh. von der ÖVP: Rosa Gföller, Dkfm. Dr. Karl Pisec, Eduard Pumpernig, Ottilie Liebl
und Bundesminister Dr. Christian Broda. Rosa Gföller (ÖVP) beleuchtete am 15. März 1979 in der Bundesratssitzung die Entwicklung der generellen Geschäftsbedingungen, die in Verbindung mit der Entstehung der gegenwärtigen Konsumgesellschaft existieren. Gföller sah die Kunden im Nachteil gegenüber den Unternehmern, weil sie zu wenig über ihre Rechte Bescheid wüssten. Es sei deshalb wichtig, dass Verbraucher und Verbraucherinnen über eigene Rechte im Sinne einer Chancengleichheit aufgeklärt werden. Gföller ging sodann auf § 3 (Rücktrittsrecht) und § 4 (Ratengesetz) ein, die für sie die wichtigsten Regelungen zum Schutz der Konsumenten darstellen. Zudem behandelte sie sehr ausführlich § 879 ABGB, auf den die Generalklausel in § 6 des Konsumentenschutzgesetzes Bezug nimmt. Es geht dabei um einen Vertrag, der ungültig ist, wenn er gegen die guten Sitten verstößt, d.h. gesetzwidrige Vertragsbestandteile in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind gegenüber dem Kunden bedeutungslos. Sie postulierte, dass das vorliegende Konsumentenschutzgesetz eine jahrelange Forderung der Frauenvereinigungen war, um die Chancengleichheit zwischen Verbrauchern und Unternehmern herzustellen. Weiters erwähnte Gföllner die Verbandsklage. Dadurch werde ein besserer Zugang zum Recht eingeführt. Insgesamt war sie der Meinung, dass das Konsumentenschutzgesetz ein gutes Gesetz war, und lobte Dr. Walter Hauser (ÖVP), der bedeutende Entscheidungen durchsetzen konnte.387 Dr. Anna Demuth (SPÖ) war erfreut, weil für Konsumenten und Konsumentinnen endlich bessere Gesetze und ein Gleichgewicht für die benachteiligten Kunden und Kundinnen, besonders im Wege der Verbandsklage, hergestellt würden. Das Handelsministerium hatte in seinen Sitzungen des Konsumentenforums da387
Vgl. 385. Sitzung BR-Stenographisches Protokoll (gescanntes Original), 15.3.1979, 5-10. URL: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/BR/BRSIT Z/BRSITZ_00385/imfname_178925.pdf.
118 FRITZ KOPPE mals einige Grundrechte für den Verbraucher erarbeitet. Demuth zählte jene fünf Grundrechte auf, die ehemals das Handelsministerium gefordert hatte: 1.
2. 3. 4. 5.
Das Recht auf freie Entscheidung bei einem Kauf, der Widerstand gegen Wettbewerbshemmnisse und die dadurch erschwingliche Auswahl unter inländischen und ausländischen Waren. Das Recht auf wirkungsvollen Schutz vor gesundheitsschädigenden oder ungesunden Produkten. Das Recht auf Kenntnis der angebotenen Produkte und bedeutender Markenzeichen. Das Recht auf Schutz vor irreführender Reklame und unseriösen Verkaufsmethoden. Das Recht auf die Förderung eines verbesserten Kundendienstes.
Die Abgeordnete Demuth beschrieb die Entwicklung des Vereins für Konsumenteninformation, die 1961 ihren Anfang nahm, und lobte dessen Labor, in dem alle Waren auf ihre Qualität geprüft werden. Sie lobte ferner die Frauen, weil gerade sie für den Einkauf zuständig seien. Zwar beteiligen sich die Männer auch am Einkauf, aber diese kauften angeblich eher Spezialitäten ein, während die Frauen planvoller einkaufen. Zudem führte Demuth die Frauenorganisationen an, in den Parteien die ersten Anwälte für Konsumentenfragen, weil die Frauen mit ihrem Geld auskommen müssen. Demuth erwähnte auch das „Kleingedruckte“, das nun endlich seine Rechtswirksamkeit verliert. Sie gab zu bedenken, dass schon in der Regierungserklärung der SPÖ vom November 1977 exakte Ansprüche an den Konsumentenschutz formuliert waren. Wichtig sei es, so die Abgeordnete Demuth, die Konsumenten mit Berichten über das Gesetz aufzuklären, z.B. in der Sendung „Argumente“ des ORF mit Walter Schiejok, weil dort Missstände aufgezeigt und vor Gericht gebracht würden.388 Der Abgeordnete Dkfm. Dr. Karl Pisec (ÖVP) betonte, dass die Verbandsklage nur eine Ausnahme sein sollte. Falls es zu Zi388
Vgl. ebd., 11-12.
KONSUMENTENSCHUTZGESETZ 1979 119 vilrechtsstreitigkeiten komme, wäre es auf jeden Fall angebracht, nach der Zivilprozessordnung (ZPO) vorzugehen, weil der Staat die Aufgabe übernahm, diese Kontroversen zwischen dem Volk auszutragen. Er bezeichnete es als unwahrscheinlich, dass Einzelpersonen eine Klage gegen die stärkeren Verbände erheben werden, weil es in der Realität zu einem Interessenkonflikt zwischen Industrie und Handel kommen würde. Er beanstandete, dass die Produkthaftung, von der Dr. Beatrix Eypeltauer am 8. März 1979 gesprochen hatte, im Konsumentenschutzgesetz nicht inbegriffen war. Pisec führte weiter aus, dass die ÖVP sich zwar zum Konsumentenschutzgesetz bekenne, es wäre allerdings von Vorteil gewesen, mehr Zeit in das Thema als in die drei Ausschusssitzungen zu investieren. Er bekenne sich zu einer freien Marktwirtschaft und sehe die Stellung der Verbraucher als beherrschenden Faktor. Dann kritisierte er Blecha, der von einem „Übergang vom bürgerlichen Recht zum sozialen Recht“ und von einer persönlichen Freiheit für den mündigen Bürger gesprochen hatte. Hier sei die Sicherheit des Verkäufers und des Käufers aufgrund des Artikels § 7 bei beiden gar nicht gegeben, da sich der Paragraph ausdrücklich auf § 879 ABGB bezieht.389 Die nächste Rednerin, Abgeordnete Hermine Kubanek (SPÖ), war erschüttert, weil die FPÖ diesem Gesetz ihre Zustimmung verweigerte. Sie nannte gute Gründe dafür, warum das neue Konsumentenschutzgesetz eine wichtige Stellung einnahm: erstens durch ein breites Warenangebot, zweitens wegen der planvoll vorbereiteten Verkaufsmethoden und drittens spielte die ökonomisch stärkere Position des Lieferanten eine große Rolle. Sie erinnerte in diesem Zusammenhang an Gertrude Wondrak, die sich 1968 für ein moderneres Lebensmittelgesetz eingesetzt hatte, das allerdings erst 1975 zustande kam. Zum Schluss ihrer Rede fügte sie hinzu, dass mit dem Konsumentenschutzgesetz ein wichtiges Anliegen der Sozialdemokraten realisiert wurde. Mehr Gleichheit im Recht für den Verbraucher und mehr Schutz gegen
389
Vgl. ebd., 15-16.
120 FRITZ KOPPE Täuschung durch die stärkeren Unternehmer waren zwei der Ziele.390 Bundesrat Pumpernig (ÖVP) lobte am 15. März 1979 zuerst die Grundrechte, die der amerikanische Präsident John F. Kennedy am 15. März 1962 verkündet hatte. Er zählte unter anderem die Meilensteine auf dem Gebiet des Konsumentenschutzes auf, z.B. den OECD-Bericht, die Konsumentenpolitik in den EGMitgliedsstaaten von 1972 und die Resolution der Beratenden Versammlung des Europarates über das Programm der Konsumenten 1973, wonach auch in Österreich eine Debatte zum Konsumentenschutz begann. Entscheidend war, dass dem ABGB der Grundgedanke der Privatautonomie zugrunde liegt, d.h. die offizielle Vertragsfreiheit zeigte sich im eigenständigen Handeln und im freien Ermessen, Rechtsbeziehungen fortzusetzen. Allerdings hätten sich seit der Kodifizierung des Vertragsrechts im ABGB auf der Basis der Vertragsfreiheit die sozialen Bedingungen bedeutend verändert. Eine breite Masse von Verbrauchern, die unzureichend informiert sind, steht oft qualifizierten und fachkundigen Verkaufsorganisationen gegenüber, wodurch sich viele Konsumenten eingeschüchtert fühlen. Das sei auch ein Grund, warum der Vertragsabschluss entweder abgelehnt oder den Vertragspartnern nachgegeben werde. Pumpernig kritisierte scharf, dass in sämtlichen Verträgen, die das Gesundheitsministerium mit der Firma ARGE (Arbeitsgemeinschaft) eingegangen war, eine Richtlinie enthalten war, die die Laesio enormis des ABGB („übermäßige Schädigung“ bzw. Verkürzung über die Hälfte) ausschließt. Das Gesundheitsministerium schloss Verträge ab, in denen es sich darauf festlegte, alle diese Verträge wegen Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes nicht zu beanstanden.391 Die Abgeordnete Ottilie Liebl (ÖVP) missbilligte, dass Hermine Kubanek (SPÖ) glaubte, mit diesem Gesetz einen Erfolg der Sozialdemokratie in Anspruch zu nehmen. Dabei sei doch bekannt, dass es schon 1968 unter dem damaligen Bundeskanzler Dr. Klaus (ÖVP) einen konsumentenpolitischen Beirat gegeben 390 391
Vgl. ebd., 16-18. Vgl. ebd., 20-25.
KONSUMENTENSCHUTZGESETZ 1979 121 habe. Seitdem haben sich die ÖVP und speziell der ÖAAB (Österreichischer Arbeitnehmerbund) sowie der Arbeitskreis für Konsumentenpolitik mit den Schwierigkeiten der Verbraucher und dem Konsumverhalten auseinandergesetzt. 1972 hat die ÖVP ihr Grundsatzprogramm beschlossen, 1974 forderte sie die Konsumentenschutzorganisation auf, Preis - und Qualitätsvergleiche sowie die Kontrolle von Werbezusagen bekanntzumachen. Es wurde schon damals ein moderneres Kaufvertragsrecht, z.B. das Gewährleistungsrecht und das Rücktrittsrecht in einer grundlegenden Verordnung, gefordert. Die Grundlage des Konsumentenschutzes kann nur die soziale Marktwirtschaft sein. Liebl kritisierte, dass die Formulierung des Gesetzes zu unübersichtlich sei und selbst ein Jurist nicht beurteilen könne, ob eine Prozessführung nutzbringend sei oder nicht.392 Der nächste Redner, Bundesrat Rudolf Ceeh (SPÖ), freute sich über das neue Konsumentenschutzgesetz, das für ihn ein gutes Gesetz war. Er übte gleichzeitig Kritik an der ÖVP, die für sich beanspruchte, das Konsumentenschutzgesetz geradezu erfunden zu haben. Das Gesetz gebe nicht nur den Kunden mehr Sicherheit, sondern biete auch Schutz für die anständigen Geschäftsleute gegen eine Minderheit von Außenseitern. Er betonte, dass dieses Konsumentenschutzgesetz von der SPÖ entworfen wurde, und beanstandete gleichzeitig den Wirtschaftsbund für Kärnten der ÖVP, der 1977 das Konsumentenschutzgesetz ablehnte.393 Das Schlusswort hatte Bundesjustizminister Christian Broda, der im Konsumentenschutzgesetz ein bedeutendes Gesetz für die Konsumenten sah. Er gab zu, dass das Gesetz in das Bürgerliche Recht stark eingreife, wobei die Materie teilweise einfacher zu formulieren gewesen sei. Manche Dinge haben aber in den Ausschussberatungen zur Verbesserung des Gesetzestextes beigetragen. Broda teilte mit, dass das der letzte Gesetzesbeschluss des Nationalrats in der XIV. Gesetzgebungsperiode im Justizbereich sei.394
392 393 394
Vgl. ebd., 20-23. Vgl. ebd., 21-24. Vgl. ebd., 25.
122 FRITZ KOPPE
3.3 Das neue Lebensmittelgesetz (LMG) 1975 und die Mitwirkung Fritz Koppes Fritz Koppe hat das Lebensmittelgesetz (LMG) folgendermaßen charakterisiert: „Das Lebensmittelgesetz wird als der größte Durchbruch im Bereich des Konsumenten - und des Gesundheitsschutzes im besonderen angesehen. Sein Hauptvorteil war, dass es in einem Geltungsbereich dem Zustand ein Ende bereiten sollte, dass alle Österreicher als Versuchskaninchen für den Nachweis der Harmlosigkeit oder der Gefährlichkeit neuer Produkte dienen. Bis zum Inkrafttreten des neuen Lebensmittelgesetzes war es so, dass gefährliche Substanzen unter bestimmten Umständen verboten werden konnten. Nach dem Lebensmittelgesetz 1975 gilt das Prinzip, dass neue Substanzen und Technologien zunächst grundsätzlich verboten sind und erst dann zugelassen werden, wenn ihre Harmlosigkeit bewiesen ist.“395 Dieses Prinzip war an sich fortschrittlich, allerdings war seine Durchsetzung schleppend und in der Praxis widersprüchlich. Um die Probleme und Schwierigkeiten der Gegenwart zu verstehen, ist es erforderlich, einen Blick auf die Entstehungsgeschichte des LMG 1975 zu werfen: 1970 trafen sich die damalige Staatssekretärin Gertrude Wondrak und Handelsminister Staribacher. Beide waren durch jahrelange Zusammenarbeit in parlamentarischen Diskussionen zur Ausarbeitung des Lebensmittelrechts verbunden. Sie standen nun einem Behördenapparat vor, dessen Angehörige in endlosen Besprechungen vor allem eines gelernt hatten: den anderen Arbeitsbereich zu erschweren und jeweils in Verteidigung des eigenen Gesichtspunkts jede Neuerung zu unterbinden. Überzeugende Bestimmungen in allgemein verständlicher Sprache sollten abgefasst werden und das Gesetz bestimmen. Dort, wo Rechtsunsicherheit oder eine unerwünschte Rechtsauslegung verbreitet waren, hatte das Ministerium das Recht, die Rechtsentwicklung zu beeinflussen.
395
Koppe, Im Kampf gegen Gauner und Geschäftemacher, unveröffentlichtes Typoskript, Wien 16.6.1986, 145.
KONSUMENTENSCHUTZGESETZ 1979 123 Beide Politiker bemühten sich um vernünftige Lösungen. Der Schutz der Konsumenten vor Täuschung war wichtiger als die ökonomischen Interessen der Unternehmen. Letztere waren aber mit weniger wirksamen Maßnahmen durchzusetzen als die Sicherheit von Leben und Gesundheit. Beide Zielvorstellungen sollten unter möglichster Rücksichtnahme auf die ökonomischen Interessen der Unternehmer verwirklicht werden. Diese Auffassung erwies sich als Illusion. Attacken einerseits des Fachverbands der Lebensmittelindustrie und andererseits der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung gegeneinander sabotierten alle diese Anstrengungen. Das Schlimme daran war, dass der Kampf ums Lebensmittelrecht mit der Verabschiedung des LMG keineswegs zu Ende ging.396 Staribacher hielt am 1. März 1971 in seinem Tagebuch fest, „dass es Koppe aufgefallen ist, dass das Handelsministerium kein Mitspracherecht mehr hat. Das Sozialministerium übernimmt alleine die Verantwortung, mit Ausnahme des Landwirtschaftsministeriums. Durch die intensive Debatte und durch das Konzept von Dr. Barfuss, aber vor allem durch die gründlichen Informationen des Sozialministeriums durch Koppe, wurden in dem moderneren Entwurf Verbesserungen vorgenommen.“397 Am 24. Jänner 1975 meinte Koppe, dass das neue Lebensmittelgesetz ein „Wendepunkt zugunsten des Konsumenten“ sei, aber er kritisierte, dass jedoch in vielen Bereichen das Gesetz zunächst nicht mehr umfasst als einen „Blankowechsel“ für das Gesundheitsministerium. Es würde auf die Einstellung des Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz ankommen, wie viel Sicherheit das neue Recht den Konsumenten wirklich verschafft. Außerdem bringe das Gesetz den Behörden alle Vollmachten, die sie für einen umfangreichen Gesundheitsschutz auf dem Gebiet der Lebensmittel benötigen. Viele Bestimmungen wurden
396 397
Vgl. ebd., 145-147. Staribacher Tagebücher, 1971-03-01. URL: https://staribacher.acdh.oeaw.ac .at/.
124 FRITZ KOPPE schließlich erst nach Erlassung dementsprechender Verlautbarungen effektiv.398 1976 gab es zum Thema Lebensmittelgesetz in der Zeitschrift „Der Konsument“ einen kritischen Kommentar von Fritz Koppe. „Es gibt Gesetzesbücher, die für Bewahrung und Sicherheit der Gesundheit der Konsumenten von Bedeutung sind. Das Lebensmittelgesetz gehört dazu. Es schützt den Konsumenten vor Beeinträchtigung der Gesundheit und dem finanziellen Nachteil. Juristische Berater versuchen Lücken im Konsumentenschutzsystem gewinnbringend für den Konsumenten zu nützen. Konsumentenschützer und die Lebensmitteluntersuchungsanstalten wenden die ganze Kraft auf das Gesetz so umfangreich wie nur möglich an.“399 In dieser Lage sollten kommentierte Ausgaben des LMG Beständigkeit bringen. Zwei Gruppen von Autoren wollten den Zweifeln an der Anwendung des Rechtes durch Bestimmungen, Nachweise von Gerichtsurteilen und Interpretationen des Willens des Gesetzgebers ein Ende bereiten. Die Folge war, dass die beiden Kommentare zum LMG keine Klarheit brachten, sondern sie laut Koppe „zu Waffen im Kampf um die Auslegung des LMG machten“. Der eine der beiden Beiträge war als Loseblattsammlung im Manz-Verlag Wien erschienen und trug den Titel „Lebensmittelrecht“. Seine Autoren waren Professor Barfuß, Sektionschef Pindur und Dr. Smolka. Universitätsprofessor DDr. Barfuß war einer der Initiatoren der Neufassung des LMG und einer der berühmtesten Anwälte Österreichs. Dr. Pindur war als Sektionschef im Bundesministerium für Gesundheit und Umweltschutz mit der Ausführung des LMG betraut. Der dritte Autor, Dr. Smolka, war unter anderem Sekretär des Fachverbandes der Lebensmittelindustrie, Journalist bei einer von der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung veröffentlichten Fachzeitschrift und anspruchsvoller Berater unzähliger Firmen, die versuchten, sich durch dementsprechende Interpretation des LMG einen größeren 398
399
Vgl. Wendepunkt für Konsumenten, Konsumenteninformation begrüßt Lebensmittelgesetz, 24.1.1975. Vgl. Koppe, Im Kampf gegen Gauner und Geschäftemacher, unveröffentlichtes Typoskript, Wien 16.6.1986, 148-149.
KONSUMENTENSCHUTZGESETZ 1979 125 Verhandlungsspielraum zu sichern. Ein zweiter Kommentar unter dem Titel „Das LMG 1975“ war im Verlag der österreichischen Staatsdruckerei erschienen, wobei hier Dr. Brustbauer vom Evidenzbüro des Obersten Gerichtshofs, Dr. Jesionek vom Landesgericht für Strafsachen Wien, Hofrat Universitätsdozent DDr. Petuely und Generalanwalt Dr. Wrabetz, der Generalprokurator beim Obersten Gerichtshof, als Autoren auftraten.400 Dieser Kommentar stellte sozusagen eine Übertreibung dar und versuchte, bei den meisten ungeklärten Problemen eine so weit wie möglich erweiternde Interpretation des LMG zu bekräftigen. Praktiker des Lebensmittelrechts legten dies so aus: „Was nach dem Kommentar LMG 1975 erlaubt ist, ist auf jeden Fall unbestritten. Was nach dem Kommentar aus dem Verlag der Staatsdruckerei verboten, aber nach der Interpretation der Gesetzessammlung im Manz-Verlag erlaubt sein könnte, ist der Bereich, in dem die Auseinandersetzung um die Auslegung des Lebensmittelgesetzes derzeit bestritten wurde. Was nach beiden Gesetzeskommentaren verboten ist, ist unleugbar verboten.“401 Besonders unterschiedlich waren die Auffassungen zur Anwendung des § 8 LMG. Er bestimmt, wann ein Produkt als „nachgemacht“, „verfälscht“ oder als „falsch bezeichnet“ gilt. War die Verfahrensweise als „Verfälschung“ anzusehen, war die Strafe so groß, dass auch beträchtliche Gewinnchancen eine Firma kaum dazu bewegen werden, sich vorsätzlich einer solchen Gefahr auszusetzen. „Falschbezeichnung“ ist hingegen ein Bagatelldelikt, das nicht vom Strafgericht, sondern von der Verwaltungsbehörde geahndet wird, sodass die Abschreckungswirkung weit niedriger ist.402 Für einen wirksamen Konsumentenschutz ist die Frage, ob etwas „verfälscht“ oder nur „falsch bezeichnet“ ist, nicht unwesentlich. „Als falsch bezeichnet ist ein Lebensmittel nicht nur dann zu beurteilen, wenn es unter einer falschen Benennung in den Verkehr gebracht wurde, sondern auch dann, wenn seine Benen-
400 401 402
Vgl. ebd., 149-150. Ebd., 151-152. Vgl. ebd.
126 FRITZ KOPPE nung richtig war, aber seine Feilhaltung unter falschen Angaben über die Umstände, die für die Verbrauchererwartung wesentlich sind, z.B. seine Herkunft, seine Verwendbarkeit und dergleichen, erfolgte.“403 Davon abweichend stellte sich der Sachverhalt nach dem in der Staatsdruckerei erschienenen Kommentar dar. Dort heißt es unter anderem: „Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Lebensmittel […] stets als die Waren zu beurteilen sind, als welche sie sich auf Grund ihrer Aufmachung oder nach ihrem Erscheinungsbild präsentieren.“404 Das ursprüngliche LMG stammte aus dem Jahr 1896 und wurde mit der Verlautbarung der Bundesregierung vom 2. Oktober 1951 mit den bis dahin erfolgten, nur unbedeutenden Änderungen (vor allem bezüglich der Institutionalisierung der CodexKommission) abermals verkündet. Das neue Bundesgesetz 1975, kurz LMG genannt, beruhte auf einem anderen Rechtsgrundsatz als das alte LMG von 1896.405 Nach den gültigen Vorschriften von 1896 konnte jeder Hersteller jeden Zusatzstoff und jedes Verfahren bei Lebensmitteln so lange verwenden, bis die Unzulässigkeit dieses Verfahrens durch Rechtsvorschriften festgestellt wurde. Diese Form der Regelung wurde als „Missbrauchsprinzip“ bezeichnet.406 Das neue LMG 1975 ging dagegen vom reinen Verbotsprinzip aus und bedeutete, dass die Verwendung von Zusatzstoffen bzw. von neuen Herstellungs- und Behandlungsverfahren nur bei spezieller gesetzlicher Ermächtigung erlaubt ist.407 1971 brachten die Oppositionsparteien ÖVP und FPÖ einen von Univ.-Doz. DDr. Barfuß erarbeiteten Entwurf einer Gesamtreform des LMG als Initiativantrag im Parlament ein. Dieser wurde zusammen mit einer bereits 1970 begutachteten Regierungsvorlage für eine Gesamtreform des LMG Anfang Februar dem Parlament vorgelegt. Nach fast vierjährigen Beratungen wurde aus
403 404 405
406
407
Ebd., 152. Ebd. Vgl. Johann Mraz, Das neue LMG, in: Österreichische Milchwirtschaft, 7.10.1975, 30. Jg., 343-344. Vgl. Roman Merth, Das neue LMG, in: Österreichische Gemeinde Zeitung Nr. 12, 15.6.1975, 12/279. Vgl. Amtsrat Franz Lorenz, Das neue LMG, Nr. 16, 2. August 1975.
KONSUMENTENSCHUTZGESETZ 1979 127 diesen beiden Reformentwürfen ein gemeinsames Gesetz erarbeitet und damit eine für alle Menschen in diesem Land bedeutsame Gesetzesmaterie jeder Polemik entzogen. 408 Am 23. Jänner 1975 unterstützte der Ausschuss für Gesundheit und Umweltschutz einhellig den vom Unterausschuss unterbreiteten Entwurf eines neuen LMG. Der Unterausschuss hatte seine Entwürfe auf der Basis zweier Vorlagen erstellt, eines Regierungsentwurfs über den Verkehr mit Lebensmitteln, kosmetischen Mitteln und Gebrauchsgegenständen vom 9. November 1971 sowie eines gemeinsam von ÖVP und FPÖ erstatteten Initiativantrags (5/A) vom 17. November 1971. Die beiden Vorlagen zählten zu den ersten Gesetzesentwürfen der laufenden Legislaturperiode.409 Im Parlament hatte damals der Oppositionsentwurf die Mehrheit und wurde von der Regierungsfraktion sabotiert. Es regierte damals die SPÖMinderheitsregierung unter Bruno Kreisky (1970/1971). Ab 1971 verfügte die Regierung Kreisky II über die absolute Mehrheit der SPÖ und konnte damit auch die Regierungsvorlage der SPÖ durchbringen.410 Während des Zeitraums vom 15. März 1972 bis zum 10. Dezember 1974 wurde in 26 Sitzungen über die beiden Verordnungen im eingesetzten Unterausschuss beraten,411 um ein befriedigendes Resultat zu erzielen. 412 Es ist zu erwähnen, dass 2.500
408
409 410
411
412
Vgl. Klaus Smolka, Das Lebensmittelgesetz 1975 (LMG 1975), Die Industrie, Nr. 8, 21.11.1975, 14. Vgl. Parlamentskorrespondenz, 4. Bogen, 14.1.1975. Vgl. Smolka, Das österreichische Lebensmittelbuch (ÖLMB) oder der Codex Alimentarius Austriacus. Die 100jährige Geschichte einer Idee auf dem Weg durch die Zeit, in: Die Ernährung: österreichische Ernährung/Nutrition. Zeitschrift für Wissenschaft, Recht, Technik und Wirtschaft, offizielles Organ der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung (ÖGE) und ihrer Sektionen und Zweigvereine, des Fachverbandes der Nahrungs- und Genussmittelindustrie Österreichs, des Schutzverbandes der Österreichischen Lebensmittelindustrie = Nutrition: Austrian journal for science, law, technology and economy, Vol. 15, Nr. 9, Wien 1991, 542. 1433 der Beilagen XIII. GP-Ausschussbericht NR (gescanntes Original), 1, URL: http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XIII/I/I_01433/imfname_3 20536.pdf. Vgl. 135. Sitzung NR XIII. GP-Stenographisches Protokoll (gescanntes Original), 23.1.1975, 1368-1369, URL: http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/X III/NRSITZ/NRSITZ_00135/imfname_108867.pdf.
128 FRITZ KOPPE Wortmeldungen vermerkt wurden.413 Zusätzlich waren zahlreiche Expertenbefragungen erforderlich. 414 Dem Unterausschuss standen unter anderem folgende Experten zur Seite: Univ.-Doz. DDr. Walter Barfuss, Dr. Fritz Koppe, Dr. Alfred Psota, Univ.-Doz. DDr. Friedrich Petuely und Dr. Klaus Smolka.415 Wer waren im Einzelnen diese Experten? Univ.-Doz. DDr. Walter Barfuß (*1937) war im ständigen Unterausschuss der Lebensmittelexperte, Dr. Fritz Koppe (1929-2015) war „Konsumentenpapst“, Dr. Alfred Psota (1928-2016) ehemaliger Chef der Lebensmitteluntersuchungsanstalt, Univ.-Doz. DDr. Friedrich Petuely (1922-1994) Direktor der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung und Dr. Klaus Smolka (*1942) Vertreter des Fachverbandes der Nahrungs- und Genussmittelindustrie.416 Die Verhandlungen gestalteten sich sehr schwierig, weil die Materie sehr kompliziert war.417 Der Unterschied zwischen der Regierungsvorlage (RV) und dem Initiativantrag von ÖVP-FPÖ war allerdings beträchtlich. Die RV ging von der Vorstellung aus, die Gesundheit des Menschen an die erste Stelle zu setzen. Dagegen war der Initiativantrag so gestaltet, dass die Lebensmittelindustrie und die Landwirtschaft mehr im Mittelpunkt standen als die Gesundheit des Einzelnen. In der „Arbeiterzeitung“ wurde 1971 berichtet, dass der Gesetzesentwurf von ÖVP-FPÖ für den Konsumenten angeblich schlechter sei als die RV.418 Der ÖVP-FPÖ-Entwurf entheilt keine Regelung der Lebensmittelkennzeichnung, weil die beiden Oppositionsparteien die
413
414
415
416
417
418
Vgl. Smolka, Das Lebensmittelgesetz 1975 (LMG 1975), Die Industrie, Nr. 8. 21.11.1975, 14. Vgl. 135. Sitzung NR XIII. GP-Stenographisches Protokoll (gescanntes Original), 23.1.1975, 1368-1369, URL: http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/ XIII/NRSITZ/NRSITZ_00135/imfname_108867.pdf. 1433 der Beilagen XIII. GP-Ausschussbericht NR (gescanntes Original), 1, URL: http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XIII/I/I_01433/imfname_3 20536.pdf. Vgl. Smolka, Das Lebensmittelgesetz 1975 (LMG 1975), Die Industrie, Nr. 8. 21.2.1975, 14. Vgl. 135. Sitzung NR XIII. GP-Stenographisches Protokoll (gescanntes Original), 23.1.1975, 1368-1369, URL: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/ XIII/NRSITZ/NRSITZ_00135/imfname_108867.pdf. Vgl. ebd.
KONSUMENTENSCHUTZGESETZ 1979 129 Meinung vertraten, dass diese Materie im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ausreichend geregelt war.419 Zudem wurde die Kennzeichnungspflicht von ÖVP und FPÖ als eine Sache des Wettbewerbs für den Erzeuger erklärt.420 Im Gegensatz dazu enthielt der SPÖ-Entwurf ausführliche Vorschriften über die Kennzeichnung von Lebensmitteln und ging in diesem Punkt über das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb weit hinaus. Auch beim Thema Hormonfutter und Antibiotika gab es Differenzen. Die RV verbot im Interesse des Schutzes der Gesundheit der Konsumenten, Fleisch von Tieren, die mit bestimmten Hormonen oder Antibiotika behandelt worden waren, in den Handel zu bringen. Demgegenüber enthielt der ÖVP-FPÖ-Entwurf kein Verbot der Verwendung dieser gesundheitsschädlichen Arzneimittel, sondern nur die Anweisung, dass die Rückstände in den Lebensmitteln ein gewisses Maß nicht überschreiten dürfen. Hygienebestimmungen wurden im ÖVP-FPÖ-Entwurf überhaupt nicht erwähnt.421 Im Gegensatz dazu sah der SPÖ-Entwurf strenge Strafen für unhygienische Behandlung vor.422 Und doch wiesen der Initiativantrag der beiden Oppositionsparteien und die RV über weite Teile durchaus Übereinstimmungen auf. Beide Entwürfe waren für das Verbotsprinzip und wollten den Geltungsbereich des Gesetzes im Interesse eines möglichst umfangreichen Konsumentenschutzes erweitern. Grundsätzliche Übereinstimmung bestand auch darin, dass über die Herstellung, Verpackung und den Transport der eigentlichen Lebensmittel hinaus die Urproduktion in die Schutzbestimmungen einbezogen werden sollte.423 Seit den 1980er Jahren waren Lebensmittelprozesse stets der Gegenstand beachtlicher Schlagzeilen (z.B. BSE). Obwohl nach den Erfahrungen des täglichen Lebens der Konsument eher seinem Gefühl folgt, dass eine Industrie, die für ihn produziert und 419
420
421
422 423
Vgl. Verbraucherschutz hat Vorrang. Regierungsentwurf für neues LMG viel umfassender als ÖVP-FPÖ Entwurf, Arbeiterzeitung, 3.3.1971. Vgl. Anny Pöltinger, Um den Schutz des Verbrauchers, in: Arbeit und Wirtschaft, 25. Jg., Juli 1971, 8. Vgl. Verbraucherschutz hat Vorrang, Regierungsentwurf für neues LMG viel umfassender als ÖVP-FPÖ Entwurf, Arbeiterzeitung, 3.3.1971. Vgl. ÖVP-Pressedienst, 19.2.1971, 2. Vgl. Solidarität, Nr. 501, September 1971.
130 FRITZ KOPPE daher von ihm lebt, nicht darauf ausgerichtet sein kann, ihn zu schädigen, hatten diese Gerichtsverfahren jedenfalls tiefere Beweggründe und zunehmende politische Auswirkungen. Diese waren ein Symptom dafür, dass sich in der Lebensmittelrechtsordnung ein luftleerer Raum bildete, der sich mit einem brisanten Gemisch aus wohlwollenden Zielvorstellungen im Sinne des Verbraucher - und Umweltschutzes sowie der Machtpolitik zu füllen begann.424 Die zentralen Schwerpunkte waren in der beträchtlichen Entwicklung des Wirkungsbereiches zu sehen, wobei die Bedeutung des erfassten Warenspektrums eine wichtige Rolle spielte. Zudem wurde unter anderem der Begriff „Zusatzstoffe“ neu eingeführt und ausreichend erklärt. Auch das Kennzeichnungsrecht, das bisher primär im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verankert war, wurde in das Lebensmittelrecht übertragen. Der örtliche Geltungsbereich wurde hinsichtlich des Gesundheitsschutzes und der Hygienebestimmungen ohne Begrenzung auf alle Exportwaren ausgedehnt. Es bestanden aber auch gewisse Bestimmungen zum Schutz vor Täuschung indirekt über eine Anzeigepflicht für nicht dem LMG 1975 entsprechende Exportwaren (siehe § 34 LMG, 27).425 Die Bedeutung der gesamten Reorganisation des LMG reichte über das Ergebnis der diversen ausführlichen Regelungen und der damit verbundenen, tatsächlichen Vorhaben hinaus. Bereits sein Entstehen hatte als bedeutende Komponente eine völlige Neugestaltung in der österreichischen Rechtsentwicklung erfahren: Die Gegenpartei stützte sich für ihre Initiative auf die Privatarbeit eines Fachmanns, der keiner politischen Partei angehörte: So war Univ. Doz. DDr. Barfuß, wie schon erwähnt, für das Gesetz zuständig, das im Parlament erarbeitet wurde.426 Die Bedeutung und das Ergebnis des neuen Gesetzes waren eng mit einer wirksamen Kontrolle auf dem Lebensmittelsektor verknüpft. Das LMG war in seinem Übereinkommen ein Mittelweg zwischen 424 425 426
Vgl. ebd., 47. Vgl. ebd. Vgl. Smolka, Das Lebensmittelgesetz 1975 (LMG 1975), Die Industrie, Nr. 8, 21.11.1975, 18.
KONSUMENTENSCHUTZGESETZ 1979 131 unterschiedlichen Auffassungen und eröffnete dem Konsumentenschutz einen neuen Handlungsraum.427 Das Gesetz von 1975 hatte die Integration staatlicher und nicht staatlicher Behörden für die Untersuchung von Nahrungsmitteln und Objekten, die unter das Gesetz fielen, vorausgesehen. Der Hauptunterschied zum Gesetz von 1896 war die einseitige Anschauung mit dem Schwerpunkt auf Forschung, die der Regierung in Wien übermittelt wurde. Ihre Zuständigkeit wurde um die Entwicklung von Methoden zur Untersuchung der Lebensmittel erweitert.428 Zusammenfassend ist zu sagen, dass das LMG allerdings zum Teil ein Kompromiss zwischen verschiedenen Ansichten über den Umfang und die Art des Verbraucherschutzes, vertreten von den jeweiligen Interessenorganisationen, war. 429 Das LMG 1975 stellte wie erwähnt eine Übereinkunft dar, die langjährig in beharrlichen Auseinandersetzungen zwischen allen betroffenen Gruppen zustande gekommen war, die aber nichtsdestoweniger von allen grundsätzlich angenommen wurde: von allen Politikern, von der Forschung, von den Konsumenten und von der betroffenen Wirtschaftssparte, die vor allem an sachlich-richtigen Konkurrenzverhältnissen interessiert waren.430 Das Spiel von Regierung und Opposition durch zwei Legislaturperioden hindurch führte zu starken Polarisierungen der Meinungen, die schließlich in den Lernprozess der Arbeiten des Parlamentarischen Ausschusses mündeten. Das Resultat dieses Lernprozesses war ein gemeinsam erarbeitetes Gesetz, womit ein Signal für eine weitere Zusammenarbeit bei seiner Ausgestaltung und Ausführung gesetzt wurde. Die Art des Zustandekommens und das Faktum, dass ein hochexplosiver Gegenstand nach gründlichen Diskussionen politisch abgemildert und sachlich bestmöglich rechtlich geregelt werden 427
428
429
430
Vgl. Merth, Das neue LMG, in: Österreichische Gemeindezeitung, Nr. 12, 15.6.1975, 12/288. Vgl. Peter Becker, Governance of Food Safety, The Austrian Case, in: Fabio Rugge (Hg.), Food Safety. An international Comparison, Amsterdam 2016, 2425. Vgl. Merth, Das neue LMG, in: Österreichische Gemeinde Zeitung, Nr. 12, 15.6.1975, 12/279. Vgl. Lebensmittelhersteller erneut verteufelt, Österreichische Fleischer Zeitung, 15.2.1975, Nr. 7.
132 FRITZ KOPPE konnte, ließen erwarten, dass auf diese Art und Weise die zukünftige Politik zum Schutz des Verbrauchers jede offene Frage im Geist der Partnerschaft lösen werde. Das Ziel konnte daher nur auf der Grundlage der Übereinstimmung zwischen dem Normgeber und dem Normunterworfenen und nicht mehr bloß mit den Mitteln der Kontrolle und Strafe erreicht werden. Dr. Merth schrieb in der „Österreichischen Gemeindezeitung“, dass „dieses nun vorliegende Gesetz zum Teil ein Kompromiss zwischen verschiedenen Auffassungen über den Umfang und die Art des Verbraucherschutzes vertreten von den jeweiligen Interessenorganisationen ist. Es mag daher nicht in allen Belangen voll befriedigen, doch dürfte es zweifelsohne einen gewaltigen Schritt vorwärts bedeuten“.431 Der „Privatangestellte“ vom Februar 1975 war der Meinung, dass das LMG 1975 trotz seines Kompromisscharakters für Österreich ein modernes Lebensmittelrecht bringe, das erhebliche Verbesserungen vorsah und die Konsumenten vor finanziellen und gesundheitlichen Nachteilen weitgehend schützte.432
431
432
Merth, Das neue LMG, in: Österreichische Gemeinde Zeitung, Nr. 12, 15.6.1975, 12/279. Vgl. Der Privatangestellte, Nr. 664, Februar 1975, 15.
4. Fritz Koppe und die Lebensmittelskandale 4.1 Der Fleischskandal In den 1990er Jahren entbrannte eine öffentliche Debatte um den „Fleischskandal“, der einen erheblichen Imageverlust für die Fleischindustrie bedeutete. „Österreich hat einen neuen „Fleischskandal“ titelten die „Salzburger Nachrichten“ am 22. September 1994. Die Arbeiterkammer und der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatten die unerfreulichen Resultate der österreichweiten Untersuchungen vorgelegt. Dabei stellte sich heraus, dass nicht nur jede zehnte Probe bereits beim Kauf ungenießbar war, sondern auch verpackte Ware oft zum angegebenen Ablaufdatum nicht mehr essbar war. Während in Linz und Graz jede zweite Probe bemängelt wurde, waren die Salzburger Untersuchungen in Ordnung. Der VKI „wunderte“ sich und war der Meinung, dass es offensichtlich beträchtliche Auffassungsunterschiede hinsichtlich Art und Umfang der Analysen in den einzelnen Bundesländern gäbe.433 Der VKI forderte deswegen eine Standardisierung und die Aufbrauchsfrist sollte realistisch angegeben werden.434 Der Leiter der Lebensmitteluntersuchungsanstalten des Bundes in Salzburg, Dr. Wilfried Rauter, ortete in dieser Aussage den „eigentlichen Skandal“. Er äußerte die Meinung, dass die Salzburger Fleischproben deshalb besser waren, weil das in den Salzburger Supermärkten verkaufte Fleisch in Salzburg hergestellt wird. Dadurch komme es logischerweise zu kürzeren Transportwegen und die Ware frischer ins Haus.435 Hannes Spitalsky, der damalige Geschäftsführer des VKI, kritisierte allerdings, dass es von Bundesland zu Bundesland beträchtliche Auffassungsunterschiede betreffend Art und Umfang der Untersuchung gebe.436 433 434
435
436
Vgl. Salzburg: Skandal um neuen Fleischskandal, in: SVZ, 22.9.1994. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 01, Mappe 001, Das stinkt: Frischfleisch sieht beim Test alt aus, Kleine Zeitung, 22.9.1994. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 01, Mappe 001 Salzburg: Skandal um neuen Fleischskandal, in: SVZ, 22.9.1994. Vgl. ebd., Krammer: Strafrahmen ausschöpfen, Wiener Zeitung, 22.9.1994.
133
134 FRITZ KOPPE Fritz Koppe kommentierte in den „Salzburger Nachrichten“ vom 22. September 1994, dass „die Missstände für den Konsumenten niederschmetternd und ein Skandal seien.“ In Wien, Linz und Graz wurden die schlechtesten Noten ausgestellt. In Wien waren z.B. von 27 Schweinskoteletts und 27 Rindsschnitzeln 17 ungenießbar, in Graz sogar die Hälfte von 24 Fleischstücken. In Wien schickte die Arbeiterkammer in eigener Verantwortung Fleischeinkäufer aus. Bei verpacktem Fleisch war ein Viertel verdorben. Offenes Geflügel war zu 92 % nicht in Ordnung. Koppe dazu: „Wenn man am Freitag für das Wochenende einkauft, kann man sich nicht darauf verlassen, dass das Schnitzel am Sonntag noch einwandfrei ist.“ 437 Die Ergebnisse der Untersuchungen der Fleischqualität lassen darauf schließen, dass allein in Wien 57 % der untersuchten Proben von offenen Fleischprodukten aus Lebensmittelketten und aus dem Einzelhandel ein gesundheitliches Risiko darstellten.438 Koppe berichtete in dem Artikel „Die Sünde des Fleisches“ vom August 1993, dass die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung jahrelang verhandelt wurde und damals einen europaweiten beachtlichen Fortschritt darstellte. Allerdings kam diese Verordnung nur durch mühevolle Anstrengungen zustande. Ein solcher Kompromiss betraf das Aufbrauchsdatum. Es wurde zwar damals exakt geregelt, wie die Waren zu deklarieren sind und bei welchen Produkten die Angabe das Aufbrauchsjahr, den Aufbrauchsmonat und den Aufbrauchstag zu nennen hat. Allerdings wurde darauf verzichtet anzuführen, was diese Angabe bedeutet. So wäre z.B. ein mayonnaisehältiger Gabelbissen „haltbar bis 1. Oktober 1998“ zu kennzeichnen. Dann wäre die Vorschrift erfüllt. Unter dem Druck der öffentlichen Meinung wurde die Übergangsfrist der Verordnung repariert. Das „Verbrauchsdatum“ bei leicht verderblichen Produkten, die danach nicht mehr verkauft werden dürfen, war nun rechtsverbindlich.439 Koppe forderte zusätzlich die Einführung einer Verordnung über die verpflichtende 437
438 439
Vgl. ebd., Der Fleischskandal findet nicht nur im Supermarkt statt, Ergebnis jedes dritten Einkaufs: „Verdorben“, Salzburger Nachrichten, 22.9.1994. Vgl. ebd., Neuauflage des Fleischskandals, Der Standard, 22.9.1994, 7. Vgl. ebd., Fritz Koppe, Die Sünde des Fleisches, in: WIENER, August 1993.
DIE LEBENSMITTELSKANDALE 135 Kennzeichnung von Rindfleisch. Die Betriebe sollten bei fix abgepacktem Rindfleisch die Sorte näher analysieren, mit einer Angabe, wie lange das Fleisch gelagert und ob es eingefroren wurde. Dadurch könnten die Unsicherheit der Kunden beim Fleischeinkauf und das zu geringe Wissen über die Fleischsorten bekämpft werden, was dem Absatz zugute käme. Die Fleischhauer sollten zudem die Beratung beim Einkauf verbessern.440 „Erschreckende Ergebnisse“ einer Analyse der Arbeiterkammer in 14 Supermärkten in Wien kamen zutage. Laut Analyse waren die getesteten mayonnaisehaltigen Produkte zum Zeitpunkt des Ablaufdatums zu 11 % verdorben, beim Fleisch waren es sogar 43 % und beim Fisch 33 %. Die Arbeiterkammer sah dies als „äußerst bedenklich“ an, wenn man bedenke, dass der Kunde von der Unverdorbenheit der Ware ausgehe. Deswegen verlangte in diesem Zusammenhang die Arbeiterkammer nicht nur intensivere Untersuchungen durch die Behörden, sondern auch konsumentenfreundlichere Verordnungen hinsichtlich Frische und Qualität.441 Fritz Koppe nahm am 16. Juli 1993 in „Wien heute“ im Studiogespräch mit Paul Tesarek dazu Stellung. Er teilte mit, dass es nicht nur um den Fleischskandal gehe, sondern um die „katastrophalen Zustände“ bei der Kennzeichnung von Produkten. Die Aufgabe der AK bestehe darin, Lösungen für die Probleme anzubieten. Diese Analysen wurden gemacht, um die Lebensmittelkennzeichnung in Zukunft für alle Waren zu verbessern. Zudem war die Kennzeichnungsverordnung zwar 1993 in Kraft getreten, wurde aber durch einen Erlass vorläufig nicht angewendet, d.h. es wäre eine Verordnung fertig. Allerdings gab es zwei Probleme: die Geflügelprodukte und die mayonnaisehaltigen Waren, z.B. Gabelbissen, die in der geltenden Verordnung nicht erfasst waren. Es sei aber anzunehmen, dass aufgrund der Zusage des Ministerbüros diese Lücke in der Codex-Kommission geschlossen werden 440
441
Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 01, Mappe 002, Handel/Konsumenteninformation/Rindfleisch, Konsumenteninformation fordert Kennzeichnungsverordnung für Rindfleisch, 22.9.1987. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 052, Mappe 024, Gesundheit/Ernährung/Wien/Österreich, 16.7.1993.
136 FRITZ KOPPE könne.442 Inzwischen wurden bei der gesetzlichen Regelung der Lebensmittelkennzeichnung Übergangsregeln bis 1. Jänner 1995 geschaffen, damit nicht plötzlich alle Lebensmittel vernichtet werden müssen.443 Koppe forderte eine neue Kennzeichnungsverordnung für alle sensiblen Produkte, z.B. Fisch, Milch und Milchprodukte oder Mayonnaise. Die konsumentenfreundliche Auslegung der Verordnung sollte sichergestellt werden.444 Die Neuverpackung des Fleisches war nicht a priori rechtswidrig: Anders als in der damaligen EG (dort war nur das Ändern des Datums gestattet), war es in Österreich erlaubt, Fleisch auszupacken und abermals neu verpackt anzubieten, solange das Produkt tadellos ist.445 Ein positiver Nebeneffekt des Fleischskandals bestand aber darin, dass das Verbot des Umverpackens sensibler Lebensmittel ab sofort galt, was die Arbeiterkammer sehr begrüßte.446 Jede nachträgliche Änderung der Haltbarkeitsdaten war ab 1993 zumindest für Fleisch, Fisch und Käse verboten. Nach Ansicht der AK müsste dies aber auf alle Produkte ausgedehnt werden. Außerdem dürften abgelaufene Waren nur mehr verkauft werden, wenn der Konsument ausdrücklich darauf hingewiesen wurde.447 Wirtschaftsminister Wolfgang Schüssel von der ÖVP stimmte dieser Änderung der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung zu, die ihm der Bundesminister für Gesundheit, Michael Außerwinkler (SPÖ) übermittelt hatte.448 Allerdings stand Außerwinkler 442
443
444
445 446
447
448
Vgl. ebd., Studiogespräch mit AK-Konsumentenschützer Dr. Fritz Koppe; Moderation: Paul Tesarek am 16.7.1993. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 018, Mappe 027, „Fleischskandal“/Wirtschaftskammer: Wirtschaft für Umpackverbot von Frischfleisch, 15.7.1993. Vgl. Elisabeth Welzig, Bei allen Lebensmitteln verdorbene Ware gefunden, Kleine Zeitung, 17.7.1993. Vgl. Detlef Harbich, Sommerlicher Skandal, Die Presse, 1993-07-14. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 018, Mappe 027, AK, Fleischskandal: AK setzte Schutz der Konsumenten durch! AK-Kritik an Lebensmittelkennzeichnungsverordnung bestand zu Recht, Die Presse, 1993-07-15. Sommerskandal im Rückblick: Lebensmittel und Haltbarkeitsdaten, Arbeit und Wirtschaft, Nr. 9, Konsumentenpolitik, 1993-09-00. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 018, Mappe 027, Fleischskandal: umpacken wird verboten, Die Presse, 16.7.1993.
DIE LEBENSMITTELSKANDALE 137 unter Verdacht, weil er schon beim Aufkommen erster Verdachtsmomente jenen SPÖ-Abgeordneten, die eine Anfrage an ihn richteten, die Antwort schuldig geblieben war.449 Nach der damaligen Rechtslage musste der Hersteller zwar alle Produkte mit einem Ablaufdatum versehen, es war aber nirgends festgelegt, was das Ablaufdatum besagt. Die Interpretation lag in der Willkür des Herstellers. Koppe sah nun „endlich die Chance diesen Schwachpunkt zu beseitigen.“ Nachsatz: „Das Ministerium hat dem Druck der Wirtschaft nachgegeben, jetzt ist der Druck der Öffentlichkeit da, und die hat einen Vorteil: Alle Wähler sind auch Konsumenten.“450 Das Wort „verdorben“ ist nur sehr vage definiert: Nicht mehr den Konsumentenerwartungen entsprechend, aber nicht gesundheitsschädlich ist ein Produkt dann, wenn es mit Krankheitserregern verunreinigt ist. Koppe definierte die etwas verschwommene Grenzlinie auf seine Art: „Wenn einem nur graust, ist das Fleisch verdorben, wenn man kotzt, ist es gesundheitsschädlich.“451 Der „Fleischskandal“ zeigte deutlich auf, dass der kontinuierliche Ausbau des Konsumentenschutzes auch für die Zukunft ein bedeutender Bestandteil der parlamentarischen Arbeit bleiben sollte.452
4.2 Der Weinskandal Als Mitte des Jahres 1985 der Weinskandal in Österreich platzte, war die Erschütterung weitreichend.453 Der Weinskandal von 1985 beruhte auf den mangelhaften Zuständen der ersten Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg. Allerdings kam es erst in den späten 1970er Jahren zu einer Ausweitung der Probleme des Weines, die 449 450
451
452
453
Vgl. Fleischskandal weitet sich zum Politikum aus, Die Presse, 14.7.1993. Vgl. Welzig, Bei allen Lebensmitteln verdorbene Ware gefunden, Kleine Zeitung, 17.7.1993. Vgl. Günther Greul, Was vom Medienwirbel in Sachen Fleisch wirklich übrigbleibt: Der Skandal am Skandal, Die neue Wirtschaft, Nr. 8, 1993-08-00. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 018, Mappe 027, SPÖ/Krismanich/Fleischskandal, Krismanich fordert konsumentenpolitische Initiativen, 14.7.1993. Vgl. Reinhard Göweil, Viele kleine Weinskandale werden politisch geduldet, Der Standard, 28.5.1991.
138 FRITZ KOPPE von der Parteipolitik und den weinbaupolitischen Bestimmungen verursacht wurde. Bruno Kreisky, der 1970 mit Duldung der FPÖ eine SPÖ-Minderheitsregierung bildete, unterlief eine Fehleinschätzung mit weitreichenden Folgen. Unter der vorherigen ÖVPRegierung wurde die begrenzte Alkoholsonderabgabe in eine unbegrenzte Alkoholsteuer umgewandelt. Als Gegenleistung dafür forderte die FPÖ die Beseitigung der alten Weinsteuer. Dies bedeutete gleichzeitig die Ausschaltung der verpflichtenden regelmäßigen Kellerkontrollen. Diese Überprüfungen, die den Weinbestandsaufnahmen zugute kamen, führten Beamte vor Ort bei jedem österreichischen Weinbauer durch. Jeder Winzer musste seinen Umsatz an Wein, den Konsum und die Abgaben der Weinsteuer sowie den ganzen Ernteertrag der entsprechenden Weinsteuerkommission bekanntgeben. Ab 1971 waren die Winzer auf dem Verordnungsweg dazu verpflichtet, über den Umfang der Weinernte Bescheid zu geben. Damit wurde sozusagen dem Missbrauch Vorschub geleistet. Dadurch konnte manipulierter oder synthetischer Wein heimlich fabriziert und in Umlauf gebracht werden, was damals einfacher geworden ist. Ebenso wurde es nun möglich, die gesamte Weinmenge nicht zu bezeichnen und den Rest „schwarz“ zu verkaufen.454 Das Weingütesiegel wurde im Jänner 1973 eingeführt. Der heimische Handel konnte sich dieser Untersuchung zuerst unaufgefordert bedienen. Nur für das Exportgeschäft wurde das Weingütesiegel ab 1976 Pflicht. Der Grund lag darin, dass die Prädikatsweine die künstlich hergestellten Weine blockieren sollten. Da jedoch die Exportwirtschaft die rigorose Anwendung der Siegelvergabe als unerträgliche Boshaftigkeit empfand, entstand unverzüglich massive Kritik am Weingütesiegel. 1978 wurde das Stimmenverhältnis aufgeweicht und die Verkostung mit einfacher Mehrheit verabschiedet, um der österreichischen Weinwirtschaft keinen Schaden zuzufügen. Die Aufhebung der strengen Richtlinien bewirkte
454
Vgl. Klaus Postmann, Der Weinskandal: Genesis und Folgen, in: Willi Klinger, Karl Vocelka (Hg.), Wein in Österreich. Die Geschichte. 2. Auflage, Wien 2020, 235.
DIE LEBENSMITTELSKANDALE 139 eine massive Qualitätsminderung der Weine, da die im Weinskandal geschädigten Weine ausschließlich Prädikats - und Siegelweine waren. Die „Pantscherszene“ konnte billige Tafelweine, wie sie der deutsche Handel forderte, durch den Zusatz von Diäthylenglykol (DEG) zu hochwertigen Prädikatsweinen „verfeinern“. Dadurch konnten diese günstig angeboten werden.455 Dieser zweitklassige Wein wurde mit Zucker gemixt.456 Die Zugabe dieser Substanz war jedoch gesetzlich untersagt.457 Wolfgang Freisleben schrieb 1985 in der Zeitung „Welt“, dass die Auswirkungen des österreichischen Weinskandals noch gar nicht in ihrem vollen Ausmaß abzusehen seien und sich nicht allein auf die Weinbranche beschränken werden.458 Die „Presse“ schrieb am 3. August 1985, dass Karl Blecha 29 Festnahmen bekanntgab, wovon 17 im Burgenland erfolgten und 12 in Niederösterreich.459 Der Skandal und seine Auswirkungen weiteten sich immer mehr aus. Die „Arbeiterzeitung“ schrieb am 22. August 1985, dass es durch die „Weinpanscherei“ schon 47 Verhaftungen gebe. 460 Der Weinskandal im Burgenland führte unverzüglich zu Reaktionen in ganz Österreich. So verlautbarte Landwirtschaftsminister Haiden, dass ab 1. Jänner 1986 die Ausfuhr von Prädikatsweinen nur mehr in Flaschen erlaubt sei.461 Allerdings waren vor allem Weinbauern aus dem Burgenland vom Weinskandal so stark betroffen, dass einige sogar mit dem Gedanken spielten, in die USA auszuwandern.462
455 456 457
458
459
460
461
462
Vgl. ebd., 236-237. Vgl. ebd., 238-239. Vgl. Maria-Anna Worth, Schmutz und Skandal. Eine soziologische Fallstudie des Glykolweinskandals, Frankfurt am Main/New York 1990, 9. Vgl. Wolfgang Freisleben, Furcht vor einer generellen Image-Schädigung, Die Welt, 15.8.1985, 23. Vgl. Eigenbericht der Presse, Weinskandal noch nicht am Höhepunkt, Weitere Chemikalien festgestellt. Vgl. Nun gibt es schon 47 Verhaftungen im Weinskandal, Arbeiterzeitung, 22.8.1985. Vgl. Weinskandal: Nun Kontakte Sinowatz mit Kanzler Kohl, Neues Volksblatt, 12.7.1985. Vgl. Verzweifelte Weinbauern: Wir wandern nach USA aus, Neues Volksblatt, 12.7.1985.
140 FRITZ KOPPE Es kam also nicht nur auf dem amerikanischen Markt und jenem in Ostenasien zu einer Image-Schädigung der österreichischen Lieferanten mit dem Gütesiegel „Austria“, sondern es wurden auch Verkaufseinbußen bei Bier und anderen Lebensmitteln befürchtet. Der entstandene Schaden betrug nach Schätzungen von Wirtschaftskreisen einige Milliarden Schillinge. Die österreichische Weinwirtschaft war mit einem fast gänzlichen Stillstand des Verkaufs konfrontiert. Im inländischen Einzelhandel blieben die Regale unberührt und es wurde keine einzige Weinflasche mehr gekauft. Auf den Exportmärkten erzielten österreichische Weine noch im Frühjahr einen Umsatzanteil von 31 %. Jetzt war der Wein nicht nur unverkäuflich, sondern die Abnehmer sandten ihn vielfach wieder nach Österreich zurück. Diese Maßnahme traf vor allem die Weinbauern, weil sie vom Weinbau abhängig waren. In den USA wurde bereits ein allgemeiner Importstopp für österreichische Weine angeordnet. 463 Auch Griechenland sperrte alle Einfuhren von Weinen und Fruchtsäften aus der BRD und Österreich für die nächste Zeit, wobei bereits eingeführte Weine auf Diäthylenglykol analysiert wurden.464 In Zukunft musste auf den Aufklebern angeführt werden, was der Wein wirklich beinhaltete, wobei der Zuckergehalt von 4,5 auf 3,5 Kilogramm pro 100 Liter vermindert wurde.465 Das „Neue Volksblatt“ schrieb, dass die ÖVP den Rücktritt von Landwirtschaftsminister Günter Haiden forderte, da er mit seinem jahrelangen Zögern gesundheitliche Schädigungen der Konsumenten der Weinwirtschaft in Kauf genommen habe. Haiden hätte schon im April erstens die Pantscherbetriebe sperren lassen, zweitens die Transporte von Glykolwein verbieten und drittens die Kontrollen rigoros verstärken müssen. Außerdem hätte Haiden den Gesundheitsminister, die Wirtschaftspolizei und
463
464
465
Vgl. Freisleben, Furcht vor einer generellen Image-Schädigung, Die Welt, 15.8.1985. Vgl. Nun gibt es schon 47 Verhaftungen im Weinskandal, Arbeiterzeitung, 22.8.1985. Vgl. Das neue Weingesetz: Was drin ist, muss draufstehen, Arbeiterzeitung, 22.8.1985.
DIE LEBENSMITTELSKANDALE 141 die Staatsanwaltschaft über die Vorgänge informieren müssen.466 Minister Haiden bestätigte in einer Pressekonferenz am 23. April 1985, dass er von den Machenschaften seit 1982 informiert war.467 Zugleich bemühte er sich, die Lage mit der Ankündigung von Verschärfungen der legalen Qualitätsbestimmungen zu beschwichtigen. Allerdings nahmen die Medien sofort das Thema auf und berichteten über Schlüsselworte wie „Giftwein“ oder „Frostschutzwein“, die das interessierte Publikum prompt aufnahm. 468 Durch diesen Tatsachenbericht, die Beteiligung einiger Parteifunktionäre und die Ausschlachtung als Thema der SPÖ und ÖVP zu parteipolitischen Absichten, wurde der Weinskandal ein Kernthema im Tagesgeschehen. Mittels einer offiziellen Untersuchung erhielt ein wirtschaftskriminelles Geschehen zunächst jene Aufmerksamkeit, die in die heimische Wirtschaftsgeschichte einging und das Interesse der Öffentlichkeit sehr lange bestimmte469 Am 26. April 1985 nannte Landwirtschaftsminister Haiden in einer Pressekonferenz erstmals Namen der Weinpantscher: Arnold und Josef Tschida aus Apetlon (Burgenland) und Georg Steiner aus Podersdorf, die im Verdacht des schweren Betruges durch Verkauf von gefälschtem Waren standen.470 Diese, so Haiden, „waren immer wieder in Verfahren verwickelt.“471 Am 27. April 1985 zog Haiden eine Zwischenbilanz des burgenländischen Weinpanscherskandals. Es wurde in sieben von 35 kontrollierten Unternehmen im Wein der Zusatz Diäthylen-Glykol entdeckt, der billigen Wein zu teurem, meist für den Export bestimmtem Prädikatswein machte. Haiden sprach von einem nicht messbaren Schaden für die österreichische Weinwirtschaft durch „einige schwarze Schafe“, deren Handeln die in der neuen Wein466
467
468
469 470 471
Vgl. Weinskandal: Minister Haiden soll zurücktreten, Neues Volksblatt, 26.5.1985. Vgl. Philippe Crapouse, Katharsis oder Katalysator, Dipl. Arb., Wien 2010, 115. Vgl. Postmann, Der Weinskandal: Genesis und Folgen, in: Willi Klinger, Karl Vocelka (Hg.), Wein in Österreich. Die Geschichte. 2. Auflage, Wien 2020, 237. Vgl. Crapouse, Katharsis, 113. Vgl. Die Chronik des Weinskandals, Neue Kronen Zeitung, 22.7.1985. Vgl. Haidens erste Bilanz im Weinskandal „Anlass für schärfere Bestimmungen“, Die Presse, 27.4.1985.
142 FRITZ KOPPE gesetznovelle vorgesehene Verschärfung der Bestimmungen rechtfertige. „Diese Fälle von ‚Weinpantscherei‘“, so Haiden, „sollten Anlass geben, den Widerstand gegen die Verschärfung juristischer Vorschriften für Prädikatsweine verschwinden zu lassen.“472 Am 9. Juli 1985 rief die deutsche Gesundheitsbehörde dringend dazu auf, österreichische Weine aus den Supermärkten zu entfernen, weil diese gesundheitsgefährdend seien. Insbesondere die USA, die Niederlande und Großbritannien rieten eindringlich vor dem Genuss österreichischer Weine ab. 473 Am 24. Juli 1985 warnte Koppe davor, dass unter dieser Zwangslage ein Weingesetz erlassen werde, dass hauptsächlich den Hersteller schützt und nicht den Verbraucher. Landwirtschaftsminister Haiden hatte angekündigt, dass er das neue Weingesetz, nicht wie gewöhnlich mit den Wirtschaftspartnern abstimmen, sondern gleich einen Antrag vorlegen will.474 Durch die Koalitionsregierung zwischen SPÖ und FPÖ wurden das das neue Weingesetz im November 1985 und dessen Modifizierung 1986 rechtsverbindlich und beseitigte das alte Weinwirtschaftsgesetz. 475 Fritz Koppe forderte seit Jahren die verschuldensunabhängige Produkthaftung nach dem amerikanischen System. Das hätte bedeutet, dass nicht mehr der Konsument die Schuld des Verkäufers beweisen muss, sondern der Verkäufer selbst seine Unschuld zu beweisen hat. Koppe sagte, dass sich die Lücke in der Tat „schmerzhaft“ auswirkt und zwar in dem Sinn, dass gefährliche Waren auf den Markt kommen; dann passiert ein Unfall und erst danach wird eine Warnung ausgesprochen. Wenn es die verschuldensunabhängige Haftung schon geben würde, würden viele Firmen von vornherein solche Produkte gar nicht verkaufen. Koppe kannte keinen einzigen Fall in Österreich, in dem eine Schadenersatzklage erfolgreich war. Deswegen sah er beim bestehenden Rechtszustand auch für die Glykolweintrinker schwarz, 472 473 474
475
Vgl. ebd. Vgl. Postmann, Weinskandal, 239. Vgl. Gerald Höchtler, Hart bleiben, Oberösterreichisches Tagblatt (A), 24.7.1985. Vgl. Postmann, 378.
DIE LEBENSMITTELSKANDALE 143 außer mehrere Geschädigte schließen sich zusammen und reichen eine Gruppenklage ein, was nicht nur die Prozesskosten verringern, sondern auch die Beweiskraft erhöhen würde. Koppe erhielt für diese Forderung die Unterstützung des Familienministeriums, wo schon 1983 mit der Einrichtung des Produktsicherheitsbeirates begonnen worden war.476 Am 7. August 1985 meinte Koppe, dass es seit Kurzem die Möglichkeit einer Gemeinschaftsklage gäbe, die bisher in Österreich noch nie eingebracht worden sei. Allerdings müssten mindestens 20 prozessführende Zivilisten den gleichen Erzeuger klagen, weil dieser trotz gesetzlicher Haftung eine Rücknahme des verunreinigten Weines ablehnt. Die Gerichtskosten werde der VKI übernehmen.477 Fritz Koppe äußerte sich so zum Weinskandal: „Wir haben also österreichischen Wein, vor allen Dingen auch nach Deutschland verkauft. Wir haben dabei unter anderem erlebt, dass die Deutschen einen anderen Geschmack haben als die Österreicher, dass man also was machen muss, dass der Wein den Deutschen schmeckt und daraufhin hat man ihn in Wahrheit gepanscht, d.h. man hat den Süßstoff Glykol – Frostschutzmittel dazu gegeben und hat den Wein in Deutschland verkauft. Und dann war die Frage ‚Was ist echter Wein, was ist guter Wein?‘ Dazu kam der Wettbewerb auch mit Italien und mit den anderen Ländern. Man musste also den Wein für die deutschen Konsumenten in einer Form präsentieren, indem man die Weine ‚geschönt‘ hat, indem man unter anderem Glykol verwendete und das war dann halt auch eben im Wein.“ „Dann hatte ich das zweifelhafte Vergnügen – und das bezieht sich wieder auf meine Arbeit – , dass nach dem eigentlichen Weinskandal die Frage war, wie geht’s weiter, und daraufhin ist also das österreichische Weingesetz gemacht worden und dann hatte ich also als – ich will nicht sagen ‚Abstinenzler‘, aber bestimmt kein Weinfachmann – das zweifelhafte Vergnügen, von der Arbeiterkammer delegiert, in diese Auseinandersetzungen um
476
477
Vgl. Heidi Cech, Wer bezahlt wann wem welchen Schaden? Presse, ecojournal. 9.8.1985. Vgl. Tiroler Tageszeitung, Föhlich-Sandner, Wein-Musterprozess, 7.8.1985.
144 FRITZ KOPPE das Weingesetz hineinzugehen und bestimmte Fragen ‚Was ist erlaubt, was ist verboten, usw.‘ dort zu behandeln, gesetzlich zu fixieren und dann hat das bedeutet, dass also sehr viel von dem in Österreich produzierten Wein in Wirklichkeit damit entwertet wurde und nur mehr ganz billig abzuverkaufen war und man hat dann damit begonnen, wie es heute läuft, den Wein als Qualitätsprodukt mit gewissen ‚Mindestanforderungen‘ und ‚Standards‘ zu produzieren und das war also dann der Anfang vom jetzigen Aufstieg der Weinwirtschaft. Und wenn man bei den Sachen ins Detail geht, dann kommt man auf alle möglichen erstens konsumentenpolitischen und gesundheitspolitischen Fragen und andererseits auf deren wirtschaftlichen Auswirkungen zu sprechen, aber ich weiß nicht, wenn wir uns auf diese Sachen einlassen, können wir uns verirren in X Detailfragen.“478 Die Ausfuhr von Wein erlitt durch den „Weinskandal“ erhebliche Verluste, weil die Medien das Renommee des österreichischen Weins vernichteten. Positiv am „Weinskandal“ war aber, dass es zu einer vollkommen neuen Lage in Österreich kam, weil die Kunden Weine gezielter und prüfender auswählten. Erst gegen Ende der 1980er Jahre kam es wieder zu einem Aufschwung der Weinwirtschaft. Der Grund lag darin, dass viele Weinbauern sich umorientierten und mehr Qualität einforderten. Dieser Skandal war also auch ein Auslöser für die positiven Entwicklungen im Weinbau. Die Konsumenten verlangten plötzlich einen „sauberen Wein“ aus 100 % „reinem“ Traubenmaterial. Im Hinblick darauf waren sie auch gewillt, mehr zu bezahlen. Die Schaffung der behördlichen Prüfnummer für alle Qualitätsweine, eine fortlaufende Qualitätsprüfung, die Einführung der strengen Hektarertragsbeschränkungen sowie die Gründung der Österreich Wein Marketing ermöglichten, dass Österreich wieder die Chance bekam, Spitzenklasse zu werden.479
478
479
Vgl. Lichtenberger, Zeitzeugeninterview des Instituts für AK- und Gewerkschaftsgeschichte, 11.12.2008, 17-18. Vgl. Postmann, Weinskandal, 242.
5. Fritz Koppe und der Verein für Konsumenteninformation (VKI) 5.1 Die historische Entwicklung des VKI und seine Aufgaben Ende Dezember 1960 entstand die „Vereinigung für Konsumenteninformation“ (VKI), anfangs mit der Arbeiterkammer und dem Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) und einige Wochen später mit der Handelskammer und der Landwirtschaftskammer.480 Maria Fuchs, die ÖAAB-Frauenvorsitzende, betonte: „Den VKI haben die Sozialpartner eingesackelt, und das ist einzigartig auf der Welt.“ 481 Zu erwähnen ist, dass die Abgeordnete Rosa Weber am 22. Dezember 1960 zur Vorsitzenden gewählt wurde.482 1961, dem Gründungsjahr des VKI, hieß es im „Konsumenten“: „Der Konsument hat durch uns eine Stimme gefunden, die seine bisher oft missachteten Wünsche und Klagen in der Öffentlichkeit vertritt.“483 Durch den Interessenkonflikt zwischen unparteiischer Konsumenteninformation und dem generellen ökonomischen zielgerichteten Bestreben, z.B. betreffend eine Aufwertung der österreichischen Warenproduktion oder die Sicherheit der Arbeitsstellen, kam es letztendlich zu einer Verlagerung der Konsumenteninformations - und Konsumentenberatungsstelle und dadurch zur Schaffung des Vereins für Konsumenteninformation (VKI).484 Der VKI ist eine soziale, parteilose und firmenunabhängige Institution, die den Konsumenten Auskünfte beim Kauf von Waren gibt. Durch seine Mitgliederorganisationen Österreichischer Gewerkschaftsbund (ÖGB), Arbeiterkammertag, Bundeswirtschaftskam480
481
482
483 484
Vgl. Lichtenberger, Zeitzeugeninterview des Instituts für AK- und Gewerkschaftsgeschichte, 11.12.2008, 12-13. Maier über das neue Konsumentenschutzgesetz, eine Lobby muss her, Extrablatt, Nr. 2, 2.10.1977., 14. Vgl. Koppe, Im Kampf gegen Gauner und Geschäftemacher, unveröffentlichtes Typoskript, Wien 16.6.1980, 115. Archiv des Bezirksmuseums Wien-Josefstadt, Vkintern, 14.11.1994, Nr. 14, 4. Vgl. Kollmann, Konsumentenschutzpolitik, 127.
145
146 FRITZ KOPPE mer, Landwirtschaftskammer sowie Handelsministerium werden die Firmenunabhängigkeit und die Unparteilichkeit des VKI kontinuierlich überprüft.485 Jeder Bürger hatte also den Anspruch, bei Fragen des Konsumentenrechts beim VKI kostenlose Hilfe in Anspruch zu nehmen. 486 Allerdings waren damit Interessenkonflikte unumgänglich. Bedeutende Ergebnisse konnten immer nur gemeinschaftlich erzielt werden – so entwickelten sich z.B. die Vereinsstatuten – jedoch erzeugte diese Struktur von Beginn an Konflikte. Koppe über seine heikle Mission: „Die vier Mitgliederorganisationen haben keine gemeinsame Meinung, deshalb ist es Sache des Geschäftsführers, die Statuten zu interpretieren. In den Statuten steht drinnen, wir sind nur dem Konsumenten verpflichtet. Wenn man das zu oft interpretiert, ist man sicher nicht sehr lange Geschäftsführer.“487 Fritz Koppe schaffte es mit seiner Diplomatie dennoch. Dabei kam ihm auch seine Doppelfunktion zugute: Auf der einen Seite als Vereinschef und auf der anderen Seite als der für Angelegenheiten der Konsumenten zuständige AK-Angestellte. Heinz Stingel von der Bundeswirtschaftskammer äußerte, dass „bei harmlosen Dingen Koppe immer als Geschäftsführer des Vereins auftritt. Doch bei heißen Sachen, wo er von uns keine Zustimmung bekommen würde, meinte er, er macht das im Auftrag der Arbeiterkammer.“488 Heinz Schöffl enthüllte: „Zwischen VKI und AK gab es ein gewisses Spannungsverhältnis. Die AK stand in der Kritik und musste sich professionalisieren. Das hat sicher dazu beigetragen, dass das Verhältnis zum VKI strenger geworden ist und dass die Funktionen dann getrennt wurden.“489 Hans-Peter Lehofer bemerkte: „Das Verhältnis zwischen VKI und Ministerium war von Misstrauen geprägt. Von seitens Koppe bestand Misstrauen und zwar alles was Verwaltung umfasste,
485 486 487
488 489
Vgl. Konsumentenschutz-gewusst wo und wie… Tagblatt Linz, 22.5.1976. Vgl. ebd. Hacker, Ein Leben gegen Gift und Galle, in: Wirtschafts-Woche Nr. 31, 29.7.1993, 35. Ebd. Interview mit Heinz Schöffl, geführt von Catherine Lechner, 27.7.2021, Aufnahme bei der Autorin.
VEREIN FÜR KONSUMENTENINFORMATION 147 dem hat er misstraut. Wenn er in der AK hauspolitisch nicht durchgekommen ist, dann hat er sich den Hut vom VKI aufgesetzt und gesagt: ‚Der VKI fordert dies oder jenes‘. Das gleiche galt für die Wirtschaftskammer, die damals noch Mitglied des VKI war, das ja ein sozialpartnerschaftlicher Verein war. Wenn die Wirtschaftskammer nicht wollte, dass der VKI irgendetwas macht, dann ist Koppe als Arbeiterkammer-Abteilungsleiter aufgetreten und hat gesagt, ‚die AK fordert dies oder jenes‘. Er hat sozusagen seine Person in den Vordergrund gestellt, aber er war kontrovers. Ich habe ihn trotzdem sehr geschätzt. Es war ihm egal, was der Abteilungsleiter und der Direktor gesagt haben. Das war die Schwierigkeit, und da kommt das Ministerium ins Spiel und die Situation mit der Finanzierung des VKI. Der VKI kommt aus dem gewerkschaftsnahen Verein aus der Einkaufsberatung und hatte damals die Wirtschaftskammer, die Präsidentenkonferenz und den ÖGB als Mitglieder, die alle theoretisch gleichberechtigt waren, faktisch war es aber im Einflussbereich der Arbeiterkammer und der Geschäftsführer hieß Koppe. Das Problem lag darin, dass der Verein aufgebaut und aufgebläht wurde und immer neue Aufgaben bekam und sich nicht mehr aus eigenen Mitteln finanzieren konnte. Als dann die Kreisky-Regierung und danach sozusagen immer noch sozialdemokratische geführte Koalitionsregierungen kamen, war man der Ansicht, dass der Bund dazu beitragen muss und der Bund ist dann außerordentliches Mitglied im VKI geworden. Der Bund hatte aber keine offiziellen Mitspracherechte gehabt. Wir haben aber das Doppelte gezahlt, d.h. wir haben am meisten gezahlt und nicht mitreden dürfen. Das war dann unser Konflikt, weil natürlich jetzt von der Budgetseite, von uns und vom Ministerium her, nicht letztlich vertretbar war, dass man Geld wohin gibt und kein Mitspracherecht hatte. Es war nicht einmal ein Leistungsvertrag. Sie haben gemacht, was sie wollten. In der Mitgliederversammlung hatten wir einen Sitz, aber keine Stimme. Es wurden mühselige Verhandlungen geführt und es ist dann gelungen, dass man diese Leistungen für den VKI definiert, die man für den Bund erbringt und dafür sozusagen Geld fließt. Mitgliedsbeitrag haben wir immer mehr bezahlt – mehr als das
148 FRITZ KOPPE Doppelte als der Bund – und für bestimmte Leistungen bezahlt. Das war nicht leicht zu verhandeln. Es war die Zeit zwischen 1986 bis 1997, wo alle versucht haben, die VKI-Reform umzusetzen.“490 Der Verein führte zuerst ein Beratungszentrum im ehemaligen Ballsaal des Hotels Münchnerhof in der Wiener Mariahilfer Straße.491 Der Saal wurde um mehr als 4.000 m² vergrößert.492 Es war das größte und älteste Beratungszentrum, in dem mehr als 2.000 unterschiedliche Produkte ausgestellt wurden und von der Kundschaft in Ruhe ohne Manipulation der Verkäufer betrachtet werden konnten.493 Es kamen damals 200.000 Kunden pro Jahr in das Beratungszentrum des VKI. Dabei haben bei Schwierigkeiten nach dem Kauf von Waren knapp 2 % bis maximal 10 % aller betroffenen Kunden eine Beratungseinrichtung in Anspruch genommen. Dies lag daran, dass die Konsumenten über ein spezielles Problem gründlich informiert wurden und dies verstärkte Anforderungen an die Beratung der Kunden mit sich brachte.494 1979 wurde das Konsumentenschutzgesetz rechtsverbindlich und dadurch wurde der VKI zu einem Verein, der das Verbandsbeschwerderecht ausüben konnte. Anhand mehrerer Tests Anfang der 1980er Jahre wurden vermehrt Lebensmittel getestet, z.B. Gulaschs. Dabei wurden z.B. das Aussehen, der Geruch, das Aroma und die Beschaffenheit gleichzeitig bewertet. Diese Eigenschaften waren bei vielen Lebensmittel-Tests unverzichtbare Komponenten des Gesamturteils. Der VKI erfasste seit 1988 in einer umfangeichen Literaturdatenbank verbraucherrelevante Veröffentlichungen zahlreicher in - und ausländischer Einrichtungen für die Bevölkerung (bis 2005). 495 2019 wurden insgesamt 287 Verfahren bearbeitet, darunter 78 Musterprozesse, 173 Verbandsklagen und 490
491 492 493
494 495
Interview mit Dr. Hans-Peter Lehofer, geführt von Catherine Lechner, 4.5.2021, Aufnahme bei der Autorin. Vgl. Konsument 8/2001. Vgl. Kollmann, Konsumentenschutzpolitik, 127. Vgl. Fritz Koppe, Im Kampf gegen Gauner und Geschäftemacher, unveröffentlichtes Typoskript 16.6.1980, 112. Vgl. Kollmann, Konsumentenschutzpolitik, 129. Vgl. Im Spiegel der Zeit: Blick zurück auf 60 Jahre VKI und Konsument, URL: https://vki.at/im-spiegel-der-zeit-blick-zurueck-auf-60-jahre-vki-und-konsu ment/5664, 26.3.2021.
VEREIN FÜR KONSUMENTENINFORMATION 149 36 Sammelklagen. Es wurden nach der ausgeführten Vorgehensweise über 90 % der Klagen für den Verbraucher positiv abgeschlossen. Diese betrafen unter anderem hauptsächlich Kontoumstellungen und Energiepreisanpassungen. Zudem gab es 16 Sammelklagen zum VW-Abgasskandal und gegen Lebensversicherungen.496 Eine der Aufgaben der Arbeiterkammer betraf die Konsumentenpolitik. Der VKI bedeutete als Marktbeobachter eine Erleichterung für die Konsumenten. Es kam zu einer jahrelangen Auseinandersetzung zwischen SPÖ und ÖVP um das Konsumentenschutzgesetz. Ein ganz wesentlicher Bereich war der Gesundheitsschutz, vor allen Dingen im Lebensmittelbereich. Die wichtigsten Aspekte waren für Koppe: der Konsumentenschutz, die Frage des Gesundheitsschutzes und des Lebensmittelgesetzes.497 Der Konsumentenschutz ist bis heute eng mit dem Namen von Fritz Koppe verbunden. Er deckte unbezahlbare Kosten und undurchsichtige Geschäftspraktiken auf und beschäftigte sich mit Nahrungsmitteln.498 Eine bedeutende Rolle spielte für Koppe das Thema Energie. Er hatte als Vertreter des VKI mit seinen Sachkenntnissen eine nachhaltige Energieversorgung entscheidend mitgestaltet.499 Der VKI ist ein charakteristisches Exempel für einen Verbändeverband.500 Die historische Entwicklung des VKI begann 1961 damit, dass die Sozialpartner einvernehmlich eine Konsumentenorganisation ins Leben riefen. Als Nachfolger des Vereins für Einkaufsberatung und des Verbands österreichischer Konsumenten-
496
497
498 499
500
Vgl. Verein für Konsumenteninformation (VKI), Tätigkeitsbericht 2019, Wien 2019, 27. URL: https://vki.at/system/files/2020-11/2019_vkitatigkeitsbericht.pdf. Vgl. Lichtenberger, Zeitzeugeninterview des Instituts für AK- und Gewerkschaftsgeschichte, 11.12.2008, 16-17. Vgl. Verein für Konsumenteninfo, 10.8.2015. Vgl. Nachruf auf Fritz Koppe, Energieexperte der ersten Stunde, URL: nergyagency.at/aktuelles-presse/news/detail-archiv/artikel/nachruf-auf-fritzkoppe-energieexperte-der-ersten-stunde.html?no_cache=1#:~:text=„Wir%20b edauern%20mit%20Fritz%20Koppe,Traupmann%2C%20Geschäftsführer%20 der%20Österreichischen%20Energieagentur. Vgl. Kollmann, Konsumentenschutzpolitik, 127-135.
150 FRITZ KOPPE organisationen wurde der VKI gegründet.501 Seine Aufgabe ist die Überprüfung der Produkte. Die Kunden sollten in der Zeitschrift „Der Konsument“ über die Warentests informiert werden.502 Ing. Sedy, im VKI als Chemiker beschäftigt und für die Technik 2 zuständig, erinnerte sich: „Es wurde überprüft, wie in den 1960er Jahren die für die Kennzeichnung verantwortliche Qualitätsklassenverordnung von Eiern eingehalten wird. Aus dem Handel wurden Proben von verpackten Eiern gezogen und überprüft. Maßgebend war einmal damals die Höhe der Luftkammer von 5 mm bzw. 7 mm, als Maß für das Alter der Eier. Je geringer die Luftkammer, desto frischer das Ei. Ferner wurde die angegebene Gewichtsklasse mit den tatsächlichen durchschnittlichen Gewichten einer Packung verglichen. Zuerst wurde vorgesehen, die Ergebnisse der Untersuchung in komprimierter Form in unserer Zeitschrift ‚Konsument‘ zu veröffentlichen. Da es leider zu einem katastrophalen Ergebnis gekommen ist, wurde in unserem 2. Fachausschuss – wo die Ergebnisse den Vertretern von Landwirtschaft, Gewerbe und Handel in verschlüsselter Form vorgestellt wurden – von diesen gefordert, dass die einzelnen Ergebnisse (Gewicht und Luftkammer jedes einzelnen Eies) veröffentlicht werden müssten. Man glaubte mir nicht, dass ich auch alle in der Qualitätsklassen-Verordnung angeführten Grenzwerte und Toleranzen berücksichtigt hatte. Nach der Veröffentlichung in unserem Test-Magazin wurde aber festgestellt, dass meine Auswertung in Ordnung war und die katastrophalen Ergebnisse – vor allem bei den Gewichtsklassen – tatsächlich vorhanden waren. Es wurden dann in den Abfüllstationen die verwendeten Testgewichtseier geändert.“503 Frau Ettl dazu: „Das Ergebnis, dass heute gekennzeichnete Eier gekühlt auf dem Markt sind, ist das Ergebnis von den mühsamen Kleinarbeiten in dieser Zeit.“504 Über eine Zusammenarbeit der Konsumentenberatung diskutierten hauptsächlich Experten, wovon folgende Vertrags501 502 503
504
Die Entstehung des VKI, Konsument. Vgl. Konsument, In: Konsument 1/1961. Interview mit Ing. Herbert Sedy, geführt von Catherine Lechner, 13.5.2021, Protokoll bei der Autorin. Interview mit Maria Ettl, geführt von Catherine Lechner, 11.10.2021.
VEREIN FÜR KONSUMENTENINFORMATION 151 partner zu erwähnen sind: 1. Für den Österreichischen Gewerkschaftsbund Dr. Heinz Kienzl und die Abgeordnete Rosa Weber, 2. für den österreichischen Arbeiterkammertag Dr. Stefan Wirlander und Dr. Josef Staribacher (bzw. Ing. Walter Stern), 3. für die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft Kommerzialrat Dr. Otto Mitterer und Dr. Robert Wessely, 4. für die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Dr. Brandstädter und Dr. Körberl.505 Wichtig zu erwähnen ist, dass die Abgeordnete Rosa Weber am 22. Dezember 1960 zur Verantwortlichen des zu diesem Zeitpunkt gebildeten Zusammenschlusses für Konsumenteninformation ernannt wurde. Da nur die Vertreter von ÖGB und AK anwesend waren, war dies nur eine vorläufige Regelung. Weber hatte sich seinerzeit für die Konsumentenrechte sehr eingesetzt und war für die Entstehung der Konsumenteninformation bis zu ihrem tragischen Unfalltod 1967 verantwortlich. 506 „Der Konsument“ trauerte 1967 um Weber und würdigte sie als eine „bemerkenswerte Frau, die von früher Jugend an, im Dienste der Gemeinschaft tätig war.“507 Sie setzte sich für das Recht der Frauen ein und sah es als ihre Pflicht an, die Frauen als Verbraucherinnen aufzuklären. Sie war eine der ersten Frauen, die sich von Beginn an für die Konsumentenberatung einsetzten. Wenn es im Verein unterschiedliche Ansichten gab, bemühte sich Weber immer um einen Kompromiss. Sie schlug auch vor, die Zeitung „Der Konsument“ einmal monatlich zu publizieren. Dieses Anliegen konnte noch zu ihren Lebzeiten verwirklicht werden.508 Am 21. März 1961 wurde der VKI durch den Zusammenschluss der Bundeswirtschaftskammer und der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern erweitert. Der nachfolgende Handelsminister, Otto Mitterer, wurde zum VorsitzendenStellvertreter ernannt und war ein ebenbürtiger Partner Webers. 505
506 507 508
Vgl. Archiv des Bezirksmuseums Wien-Josefstadt, Nachlass Fritz Koppe, Verein für Konsumenteninformation, Test-Magazin Konsument (Hg.), 30.8.1980. Vgl. Konsument, In: Konsument 9/86. Konsument, In: Konsument 8/1967, 3. Vgl. Konsument, In: Konsument 8/1967, 3.
152 FRITZ KOPPE Im September 1961, als die erste Nummer des „Konsumenten“ erschien, wurde darin folgendes Statement von Weber und Mitterer abgedruckt: „Der Verein für Konsumenteninformation ist eine gemeinnützige, nicht auf Gewinn zielende Einrichtung zur Beratung der Bevölkerung bei der Beschaffung von Konsumgütern. Diese Beratung soll den Verbrauchern in Stadt und Land […] das Angebot an Waren und deren Eigenschaften vermitteln und dadurch den Konsumenten die Auswahl der für sie jeweils am besten geeigneten Konsumgüter erleichtern. Der Verein wird bei dieser Beratung der Verbraucher unparteiisch und objektiv vorgehen. Jede ungerechtfertige Bevorzugung einer Ware oder einer Firma wird unterbleiben. So steht es in den Statuten des Vereins für Konsumenteninformation.“ 509 Es wurde außerdem erwähnt, dass sich die vier Mitgliederorganisationen des Vereins, wie oben genannt, geeinigt haben. Zudem hatten Unternehmensberatung und Forschungsarbeit, d.h. der Verein für Einkaufsberatung und der VÖKO, seit vielen Jahren brillante Arbeit verrichtet. Diese wurde durch die Kooperation von Herstellern und Verbrauchern auf eine neuartige Grundlage gestellt.510 Die Kooperation im VKI ist bis heute als wichtiges Standbein der Sozialpartnerschaft anzusehen. Die Aufgaben des Vereins konzentrierten sich zuerst auf Wien und die Ballungszentren. Allerdings trat man schon bei der Gründung des Vereins für eine umfassende österreichische Beteiligung ein. Die Tätigkeiten in den einzelnen Bundesländern sollten später in Angriff genommen werden. Besonders die Veröffentlichungen in allen Bundesländern wurden forciert und dementsprechende Tests und Marktbeobachtungen in verschiedenen Bundesländern durchgeführt. Um eine eingehende Beratung der Verbraucher auf regionaler Ebene zu bewältigen, waren Landesstellen vorgesehen, die besonders örtliche Beratungszentren zur fachlichen Einkaufsberatung der Verbraucher gewährleisten. Solche Landessstellen funktionieren allerdings nur dort, wo die Mitgliedsorganisationen des allgemeinen Vereins auf Landesebene übereinkommen, eine dementspre509 510
Konsument, In: Konsument 9/86. Vgl. Konsument, In: Konsument 9/86.
VEREIN FÜR KONSUMENTENINFORMATION 153 chende Anlaufstelle aufzubauen. Falls auf der Landesebene keine Entscheidung erfolgt, werden diese ansonsten von einer Landesstelle auf regionaler Ebene wahrgenommenen Angelegenheiten von der Konsumentenberatung der Arbeiterkammer weiterverfolgt. Angesichts dieser Vereinbarung wurden, mit Ausnahme von Wien, in den Bundesländern Oberösterreich, Burgenland und Tirol Landesstellen des VKI gebildet. Die Einigung der Sozialpartner mit dem Handelsministerium hatte zur Folge, dass das Handelsministerium einwilligte, die im Gesamtverein aufgebrachten Mitgliedsbeiträge der ordentlichen Mitglieder zu verdoppeln. Damit war aber ersichtlich, dass das Übereinkommen keine ausreichende Finanzierung des VKI erlaubte. Das Handelsministerium stellte allerdings klar, dass in einem solchen Fall nur der von den Interessenvertretungen aufgebrachte Beitrag, nicht jedoch die zusätzlichen Beiträge der Länder vom Bund verdoppelt werden könnten. Nach dem Beitritt des Handelsministeriums wurde auf Landesebene der Anstieg der Beihilfe festgelegt. Diese neuartigen ergänzenden Bundesmittel wurden vom Bund dupliziert und wären ohne den Anstieg der Beiträge auf Landesebene weggefallen. Dieser Teilbetrag des Handelsministeriums wird deshalb seit 1975 der entsprechenden Landesstelle angerechnet.511 Bei der Gründung des VKI handelte es sich um ein Provisorium, weil zuerst nur der ÖGB und die Arbeiterkammer dabei waren. Am 21. März 1961 erweiterte sich der VKI durch die Aufnahme der Bundeswirtschaftskammer und der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern. Der VKI wurde ab 1970 Mitglied der in diesem Jahr errichteten IOCU (= International Organization Consumers Unions), des globalen Dachverbands der Konsumentenorganisationen. Unter dem Leitsatz „Wissen ist Macht. Konsumentenziele in den 70er-Jahren“ führte der VKI im Juni in Baden bei Wien den 6. IOCU-Weltkongress durch,512 an dem
511
512
Vgl. Archiv des Bezirksmuseums Wien-Josefstadt, Nachlass Fritz Koppe, Verein für Konsumenteninformation, Test-Magazin Konsument (Hg.), 30.8.1980. Vgl. 40 Jahre Konsument, In: Konsument 8/2001.
154 FRITZ KOPPE sich ca. 300 Abgesandte von Verbraucherorganisationen beteiligten.513 Fritz Koppe war ebenfalls Mitglied der IOCU.514 Das Ziel dieser Organisation bestand darin, die Handlungen der staatlichen Konsumentenorganisationen abzustimmen und in möglichst kurzer Zeit Gemeinsamkeiten zu erzielen. Bei diesem Treffen wurde nicht nur über bestimmte Themen wie Warentests, Konsumenteninformation und Konsumentenpolitik diskutiert, sondern der Schwerpunkt lag diesmal auf der „Konsumentenerziehung“. Dieses Thema ist bedeutend, weil es auf der ganzen Welt das Problem der gefälschten Warenanschaffungen gibt. Deswegen ist es wichtig, von Anfang an die Jugend darauf hinzuweisen, wie die wirtschaftliche Geldverwaltung erfolgen sollte. So sollten sich etwa alle Verbraucher für die Qualität der Waren interessieren und auch dafür, wie man den Verlockungen der Werbung widerstehen kann.515 Hannes Spitalsky erinnerte sich: „Der Koppe hat es geschafft, in der IOCU den Verein für Konsumenteninformation als unabhängige Konsumentenorganisation zu etablieren, d.h. wir konnten damals durch sein Geschick unabhängig arbeiten. Das war eine bedeutende Leistung von ihm, weil er diese Internationalisierung geschafft hat. Die Amerikaner waren zum Teil Vorreiter.“516 Allerdings ist auch zu bemerken, dass innerhalb der IOCU die überstaatliche Zusammenarbeit wenig ausgebildet war.517 Koppe dazu: „Die Aufgaben der IOCU bestehen darin, dass alle Mitglieder inseratenfreien, sich selbst finanzierende Konsumentenmagazine mit ausführlichen Tests herausgeben. In den USA, wo der Konsumentenschutz die längste Tradition hat, weist die Konsumentenzeitung zwei Millionen Abnehmer auf. In Österreich sind es in diesem Jahr 1978 45.000 Abonnenten. Die Mitglie-
513 514 515 516
517
Vgl. Konsument, In: Konsument 5-6/1970, 3. Vgl. 40 Jahre Konsument, In: Konsument 8/2001. Vgl. Konsument, In: Konsument 5-6/1970, 3. Interview mit Hannes Spitalsky, geführt von Catherine Lechner, 11.10.2021, Aufnahme bei der Autorin. Vgl. Kollmann, Konsumentenschutzpolitik, 147.
VEREIN FÜR KONSUMENTENINFORMATION 155 der arbeiten bei Tests zusammen und vertreten die Idee des Konsumentenschutzes bei internationalen Organisationen.“518 1973 kam es durch den damaligen Obmann des VKI zu einer Änderung im Aufgabengebiet des Vereins mit Dr. Eva Preiss und dem Aufbau moderner Strukturen. Dr. Fritz Koppe wurde Geschäftsführer, Ing. Margareta Zotter wurde Chefredakteurin und Dipl. Ing. Hannes Spitalsky war für die Auswertung der überprüften Objekte zuständig. Mit dem neuen Teamwork wurde eine neue Vereinbarung von Handelsminister Dr. Josef Staribacher gesetzlich verankert. Das Handelsministerium beschloss, dem VKI als außerordentliches Mitglied beizutreten, und es wurde festgelegt, sogleich auch einen Beitrag für den Verein zu entrichten, wie die vier bisherigen (ordentlichen) Mitarbeiter dies ebenfalls taten. Gleichzeitig wurde jede Beeinflussung von außen abgelehnt, wobei zu erwähnen ist, dass keinerlei Inserate von privaten Firmen und Institutionen in der Zeitschrift veröffentlicht wurden, um die Unabgängigkeit zu bewahren. Der Verein sollte nicht den Charakter einer amtlichen Stelle des Bundes erhalten, sondern dank dieser Förderung völlig unabhängig seinem in den Statuten festgelegten Ziel dienen und ausschließlich für die Konsumenten tätig sein. Falls eine Ware nicht den Anforderungen entsprach, die sie vorgegeben hatte, bedeutete das für die Firma einen Nachteil. Es gab Versuche, bei Tests und Proben von Firmen zu intervenieren und die Dinge „schönzureden“. Solchen Interventionen gab der VKI nie nach.519 Ab 1973 wurden die ersten Informationsbroschüren veröffentlicht. Der Grund lag darin, dass die Kundschaft beim Kauf eines Produktes über die Vorteile und Nachteile Bescheid wissen und dass sie dabei von Fachkräften unterstützt werden. 520 Der Mittelpunkt der Konsumenteninformation ist die schriftliche Information, d.h. neben der Zeitung „Konsument“ gab es einige Broschüren des VKI zu besonderen Fragen der Käufer. Gleichzei518 519 520
Vgl. Interview mit Fritz Koppe, Steine im Reis, Wochenpresse, 2.8.1978. Vgl. 40 Jahre Konsument, In: Konsument 8/2001. Vgl. Im Spiegel der Zeit: Blick zurück auf 60 Jahre VKI und Konsument, URL: https://vki.at/im-spiegel-der-zeit-blick-zurueck-auf-60-jahre-vki-und-konsu ment/5664, 26.3.2021.
156 FRITZ KOPPE tig wurden die VKI Beschwerden - und Schlichtungsstellen eingerichtet. Der Staat Österreich schloss sich ein Jahr später dem VKI als bedeutenden Partner an und zwar durch die Repräsentation vom Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie. Dabei legte er eine Beitragszahlung für die Teilnehmer festnämlich bei einer zeitgleichen Entsagung auf das Votum und Beeinflussung im funktionsfähigen Betrieb. Durch diese Erleichterung war es möglich, völlig eigenständig für den Verbraucher aktiv zu sein.521 Das Bundesministerium für Umwelt Jugend und Familie ermächtigte in den 1990er Jahren den VKI mit der Erarbeitung von Vorschriften für das österreichische Umweltzeichen. Seit diesem Zeitpunkt ist das österreichische Umweltzeichen ein Sicherheitszeichen für ungefährliche Waren. Mit diesem Umweltsiegel sind Waren, Fremdenverkehrsbetriebe und Bildungsinstitute deutlich sichtbar. 522 Der Verbraucherverband BEUC (Bureau Europeedes Unions de Consommateurs) ist die bedeutendste Interessensvertretung von Kunden auf europäischer Ebene und übernimmt die Rolle als Dachverband für die 40 Konsumentenschutzorganisationen aus 31 europäischen Staaten in Brüssel. BEUC vertritt ihre Teilnehmer auf europäischer Ebene, um so die Anliegen aller europäischen Konsumenten zu übernehmen. Das Hauptgewicht liegt unter anderem auf nachstehende Gebiete: Kapital, Lebensmittel, Digitale Rechte, Konsumentenrechte, Nachhaltigkeit, Schutz, Wohlbefinden und Energie.523 Die Abonnentenzahlen der Konsumenten stiegen Anfang der 1990er Jahre rasant an. Des Weiteren bietet der VKI neben der speziellen Rechtsberatung auch das „Konsumententelefon“ an. Mit dieser Stelle konnten Verbraucher telefonieren und sich über konsumentenrechtliche Angelegenheiten erkundigen. Überdies trägt der VKI jeden Monat dazu bei publizierte Artikel für den Konsumenten herauszugeben (1996 auch auf der Homepage des VKI). 521 522
523
Vgl. ebd. Vgl. Im Spiegel der Zeit: Blick zurück auf 60 Jahre VKI und Konsument, URL: https://vki.at/im-spiegel-der-zeit-blick-zurueck-auf-60-jahre-vki-und-konsu ment/5664, 26.3.2021. Vgl. Deixler-Hübner, Kolba (Hg.), Handbuch Verbraucherrecht, 52.
VEREIN FÜR KONSUMENTENINFORMATION 157 Der VKI übernimmt die Begutachtung der Produkte auf Anordnung der AMA (Agrarmarkt Austria). Das „Europäische Verbraucherzentrums Österreich“ ist ein bedeutender Verein und wurde von der EU begründet. Dieser Verein soll Konsumenten bei internationalen Streitfragen unterstützen. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurde der VKI mit der Aufgabe betraut, eine Rechtsnorm gegen den unlauteren Wettbewerb zu konzipieren und Verbandsklagen gegen irreführende Reklame einzubringen. Der VKI führte im Rahmen der Zivilprozessordnung die „Massenklage nach österreichischem Recht“ ein. 2003 schloss der VKI seine Filialen in Oberösterreich, dem Burgenland und der Steiermark.524 Der VKI besaß 1986 ein jährliches Budget von 60 Millionen Schilling (1 Euro = 13,76 Schilling), wovon die vier Mitglieder 18 Millionen aufbrachten und die Republik Österreich zusätzliche 18 Millionen Schilling bezahlte. Auch andere staatliche Institutionen, Länder und Städte, in denen es Landesstellen gab, beteiligten sich an der Finanzierung des VKI. 525 2022 wird das Budget des VKI voraussichtlich 5 Millionen € betragen.526 Die Tätigkeitsschwerpunkte des VKI waren:
524
525 526
Die Schaffung von Marktübersichten über das Angebot an Konsumgütern, besonders an längerlebigen aufwendigeren Produkten. Die Beurteilung der Qualitätseigenschaften der Konsumgüter, besonders durch vergleichende Warentests. Die Schaffung von Marktübersicht und Leistungsvergleich für alle Bereiche konsumentenrelevanter Dienstleistungen. Die Verbesserung der Chancen der Konsumenten, der Vertragsmacht der Unternehmer als ebenbürtige Partner gegenüberzutreten.
Vgl. Im Spiegel der Zeit: Blick zurück auf 60 Jahre VKI und Konsument, URL: https://vki.at/im-spiegel-der-zeit-blick-zurueck-auf-60-jahre-vki-und-konsu ment/5664, 26.3.2021. Vgl. Kollmann, Konsumentenschutzpolitik, 137. Vgl. Konsumentenschutz: Budget 2022 auf Vorjahresniveau, URL: https://w ww.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2021/PK1256/.
158 FRITZ KOPPE
Geeignete Maßnahmen gegen unseriöse Geschäftspraktiken aller Art, besonders auch gegen täuschende und irreleitende Werbung. Die Konsumententenberatung. Die Aktivitäten im Bereich der Konsumentenerziehung. Die Durchführung von Forschungsarbeiten Die internationale Zusammenarbeit im Bereich des Konsumentenschutzes und der Verbraucherinformation sowie die Vertretung Österreichs in internationalen Gremien. Die vom VKI ausgearbeiteten Informationsinhalte sollen grundsätzlich im Sinne einer ökonomischen Geschäftsführung vermarktet werden.527
Dazu wurde 1989 die Grundlage einer genauen Kalkulation der einzelnen Leistungen erarbeitet und ab 1990 wurde das Kostendeckungsprinzip (finanzielle Gebarung intern geregelt) eingeführt.528 Die Konsumenteninformation in Österreich verfügt über ein etabliertes Mitsprache - und Mitwirkungsrecht von Unternehmern und Unternehmervertretungen. Die eigentliche Aufgabe der Konsumenteninformation sind die vergleichenden Warentests. Gemeinsam mit Vertretern der Betriebe werden die technischen Bestimmungen für die Abwicklung dementsprechender Tests im Zuge multilateraler „Fachausschüsse“ geregelt: Es müssen häufig für die Bewertung des Gebrauchswerts von Bedarfsgegenständen zuerst unabhängige Testnormen geschaffen werden, da die tatsächlichen technischen Vorschriften zuerst bis ins Detail auszuarbeiten sind. Danach werden die getesteten Waren inkognito unter denselben Bedingungen, wie sie die Verbraucher erleben, von Vertretern der Konsumenteninformation beschafft und häufig in eigenen Labors untersucht. Jene Firmen, die bei einem solchen Test schlecht abschneiden, werden gebeten, sich über das Testergebnis zu äußern. Der Test wird dem Fachausschuss zum Beweis der richtigen Verfahrensweise präsentiert und anschließend –
527
528
Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien (AK), Nachlass Fritz Koppe, Karton 055, Mappe 081, Arbeitskonzept des VKI, 17.5.1989, 2-4. Vgl. ebd.
VEREIN FÜR KONSUMENTENINFORMATION 159 diesmal unter Angabe der Waren und Betriebe – in der VKIZeitschrift „Der Konsument“ publiziert.529 Die Erkenntnisse aus Marktübersichten und vergleichenden Warentests, die aus Beratungen und den Beschwerdestellen für Käufer resultierten, wurden in der Zeitschrift „Der Konsument“ publiziert. Die starke Verbreitung dieser Zeitschrift führte zu einer kontinuierlichen Resonanz des Publikums und auf diese Weise dazu, dass der VKI zum Motor der „Konsumerismuswelle“ in Österreich avancieren konnte. „Konsumerismus“ bedeutet eine Bewegung, die sich in allen wohlhabenden Industriestaaten durchsetzte, so auch in Österreich. Das Erscheinungsbild des „Konsumerismus“ ist von zwei Ausgangspunkten geprägt: Erstens gilt sie als couragierte, streitbare Bewegung der Käufer, die z.B. durch Prozesse ihre Situation in der Öffentlichkeit publik machen und ihre Ansprüche durchsetzen. Firmen sollten dann zu Zugeständnissen bereit sein. Zweitens geht es um die Konsumentenpolitik von Firmen, die von sich aus rechtmäßige Konsumentenwünsche in Betracht ziehen. Diese beiden Ansatzpunkte erweisen sich als einkommensunabhängig. Je reicher ein Land ist, desto eher wird es von der „Konsumerismuswelle“ erfasst.530 Fritz Koppe hielt international zwei Länder in Bezug auf die Konsumenteninformation für richtungweisend. Einmal die USA, wo durch den „Schutzpatron der Konsumenten“, Ralph Nader, die außerordentliche „Consumerism“-Welle begann und 1973 für Warenuntersuchungen „astronomische Summen“ ausgegeben wurden. Die amerikanische Testzeitschrift „Consumers Union“ hatte eine so hohe Auflage, dass sie ihre Kosten selber tragen kann. Koppe war zudem der Meinung, dass die juristischen Anforderungen für den Konsumentenschutz z.B. in Schweden allen anderen Ländern überlegen seien.531 Allerdings warf die Zeitung „Internationale Wirtschaft“ den professionellen Konsumentenschützern vor, dass sich die amerikanischen Verhältnisse überhaupt nicht mit den europäischen vergleichen ließen, weil in den 529
530 531
Vgl. Fritz Koppe, „Partner Konsument“, Konsumentenorganisationen in Österreich, Die Industrie 37, 13.9.(1974), 11. Vgl. ebd. Vgl. Die „Consumerism-Welle“ rollt, Die Presse, 5.9.1973.
160 FRITZ KOPPE USA eine unbegrenzte Gewerbefreiheit bestand, d.h. es konnte jeder einem Gewerbe nachgehen, ohne Kenntnisse und Fähigkeiten dafür besitzen zu müssen. Die Lage in Österreich unterschied sich von den USA, da die gesetzliche Ausgangslage eine ganz andere war. In Österreich unterlagen die Erzeuger von der Produktion bis zum Vertrieb ihrer Waren strengen gesetzlichen Bestimmungen. Die Verbraucher wurden deshalb mittels diverser präventiver Verordnungen vor Nachteilen durch minderwertige Waren geschützt. 532 Koppe schrieb in seinem unveröffentlichten Manuskript „Im Kampf gegen Gauner und Geschäftemacher“, dass Ralph Nader eher den großen amerikanischen Unternehmen Einhalt gebieten wollte. Er war der Meinung, dass die gesamte Machtkonzentration der Unternehmen bedenklich sei.533 Koppe äußerte in der „Presse“ 1976, der Unterschied der Konsumentenbewegung in den USA und Österreich liege darin, dass die USA versuchten, die Bürger zu motivieren, während in Österreich versucht werde, die Märkte zu mobilisieren, d.h. Veränderungen durch Erziehung zu überlegtem Einkaufen zu bewirken. Zudem meinte Koppe, dass der traditionelle Weg im anglikanischen Raum über die Rechtsprechung gehe, während in Österreich die Gesetzesinitiative der Regierung dominiere. Der Weg über die Gerichte sei aufsehenerregend.534 Die Konsumenteninformation verfügte 1974 über 60 ständige Mitarbeiter, über 70 für verschiedene Fachgebiete zuständige Mitarbeiter und einige gut ausgebaute Labors. Allerdings war sie in diesem Jahr nicht in der Lage, mit ihren Ressourcen den gesamten Bereich der Konsumwirtschaft abzudecken und den wesentlichen Nutzen der Waren für die Verbraucher zu erforschen. Die Konsumenteninformation war für die kostenlose firmenunabhängige Käuferberatung zuständig.535
532 533
534
535
Vgl. Konsumerismus in Österreich, Internationale Wirtschaft, 10.9.1979. Vgl. Koppe, Im Kampf gegen Gauner und Geschäftemacher, unveröffentlichtes Typoskript, Wien 16.6.1980. Vgl. Das Gespräch mit Fritz Koppe, Verein für Konsumenteninformation, Die Presse, 15.2.1976. Vgl. Fritz Koppe, „Partner Konsument“, Konsumentenorganisationen in Österreich, Die Industrie 37, 13.9.(1974), 11.
VEREIN FÜR KONSUMENTENINFORMATION 161 Im VKI gab es bei den Mitarbeitern unterschiedliche Vorstellungen zu verschiedenen Themen, wie die Debatte mit dem Soziologen Karl Kollmann536 1986 zeigte. Der Auslöser war dessen Buch „Konsumentenschutzpolitik“, worin er kritisierte, dass zwar die Konsumentenpolitik seit Langem zielführend war, aber die Verbraucherinteressen zu wenig ernst genommen wurden. Kollmann erwähnte in seinem Buch, dass die Wünsche der Lieferanten überwiegen und die Produzenten die Marktführung hätten. Deswegen wäre schon seit Langem ein Konsens notwendig, um ein Gleichgewicht herzustellen. Zudem beanstandete er, dass sich der „sozialpartnerschaftliche konsumentenpolitische Beirat“ in einem „Dornröschenschlaf“ befinde, d.h. es fehlten klare Standpunkte und das sei einer der Gründe, warum die Materie schwer verständlich wurde. Der eigentliche Grund lag nach Kollmann darin, dass das Familienministerium in konsumentenpolitischen Fragen nur mehr für die Organisation tätig war. Mit den zuständigen Ministerien musste erst Kontakt aufgenommen werden, während ehemals im Handelsministerium Anregungen des Beirats unmittelbar umgesetzt werden konnten. Kollmann berichtete weiters über die gegenwärtigen Schwierigkeiten des Konsumentenschutzes und versuchte zusätzlich neue Blickwinkel bzw. Ziele der Konsumentenpolitik verständlich zu machen. Er dachte, dass der Preis nichts über die Qualität aussagt. Allgemein war bekannt, dass die Preise in Deutschland niedriger waren als in Österreich. Außerdem sei es merkwürdig, dass Preisunterschiede auch in Sektoren vorkommen, bei denen es tatsächlich Preisbindungen des Warenaustauschs gibt, z.B. bei Luxusartikeln. Er beanstandete nicht nur den Handel und dessen Monopol, das weniger Einfluss haben sollte, sondern auch andere Dienst - und Handwerksleistungen. Außerdem diskutierte er in seinem Buch die Rolle der Reklame und deren mangelnde Informationsleistung. Dieses Buch wandte sich an Studierende, Lehrer, Erwachsenenbildner, Gewerkschafter und Verbraucher und woll-
536
Kollmann war Soziologe und Wirtschaftswissenschaftler und von 2002 bis 2012 im VKI tätig sowie in der AK. Er war außerdem Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU),
162 FRITZ KOPPE te ein besseres Verständnis der Konsumentenpolitik herstellen. Der Verfasser war sich aber im Klaren darüber, dass die Definition von Verbraucherschutz problematisch ist, weil der Markt in Österreich kleiner und konzentrierter ist als jener in Deutschland. In Österreich bestand gegenüber Deutschland ein Manko in Bezug auf Verbraucherkunde und Verbraucherforschung.537 Fritz Koppe wurde mit dieser Angelegenheit überraschend konfrontiert. Da er nicht über das Buchprojekt Kollmanns informiert war, kam es zu einer internen Diskussion. Kollmann wollte seine persönlichen Ansichten ohne Beeinflussung von außen geltend machen. Koppe fühlte sich zusätzlich von der Kritik von Kollmann übervorteilt, weil er ihn nicht über das Buch informiert hatte. Koppe warf Kollmann vor, nicht nur das Procedere nicht eingehalten, sondern zur Zeit der Koalitionsverhandlungen zu einem ungünstigen Zeitpunkt in unerlaubter Weise und mit einer vorgefassten Meinung das Buch veröffentlicht zu haben, um auf sein Werk aufmerksam zu machen. Koppe kritisierte weiters, dass es sehr unklug von Kollmann war, gerade jetzt Kritik zu üben, da die finanziellen Zuschüsse gekürzt werden könnten.538 Zu dieser Debatte bemerkte Dr. Lehofer: „Kollmann war, aus meiner Sicht, zu sehr Wissenschaftler und das hat in der AK nicht gewirkt. Die AK wollte den Politiker Koppe. Es war ein gefährliches Spiel mit dem Feuer, einerseits schätzte man Koppe für seine Öffentlichkeit, weil er den Konsumentenschutz in den Medien positionierte, und andererseits war er gefährlich, weil er beliebter war als der AK-Direktor. Aber grundsätzlich hat man ihn schon geschätzt, dass er seine Themen so in die Öffentlichkeit bringt. Kollmann war ein verkopfter hochtheoretischer Mensch. Er wäre besser in der Universität als in der Interessenvertretung aufgehoben gewesen, weil er ein Forscher war. Kollmann ist ein Wissenschaftler und die Konsumentenwissenschaftliche Abteilung wurde nicht aufgebaut. Er hatte dort keine Chance. Er war zwar Stellvertreter von Koppe, aber hatte keine Chance ihm zu folgen. Für 537
538
Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 055, Mappe 081, Wirtschaftspolitik, Verbraucherinteressen noch bei weitem nicht realisiert, 30.12.1986. Vgl. ebd., o.S.
VEREIN FÜR KONSUMENTENINFORMATION 163 diese Funktion wäre er nicht der richtige Mensch gewesen.“ 539 Auch Heinz Schöffl äußerte dazu: „Kollmann war der Stellvertreter von Koppe und es gab ein Konkurrenzverhältnis.“540 Harald Glatz, der seit 1995 die AK-Konsumentenabteilung leitete und seit 2001 Präsident des VKI war, vertrat die Meinung, dass es im VKI die ganze Zeit über große Spannungen zwischen den Mitgliedern (Sozialpartnern, Ministerium) gab. Das Ministerium wollte immer mehr Einfluss und den VKI zu einer staatlichen Institution machen. Eskaliert ist das ganze unter SchwarzBlau (Schüssel, Böhmdorfer). Justizminister Dieter Böhmdorfer (FPÖ) wollte den VKI zu einer staatlichen (FPÖ)Vorfeldorganisation umbauen. Entschärft wurde das durch das Ausscheiden der FPÖ aus der Regierung.541 Ing. Floss sah die Situation anders: „Höhepunkt des VKI war mit Koppe. Er hat immer VKI gespielt, wenn es wichtig war, und in der AK hat es deswegen sehr viel Unmut gegeben. Böhmdorfer war peinlicherweise der einzige Minister, der sich um den VKI gekümmert hat. Wir hatten immer das Problem, dass wir quasi immer von Subventionen abhängig waren. Böhmdorfer war der Einzige und hat sich ein Konzept überlegt und hat diesen Entwurf der Belegschaft mit Overheadfolien vorgestellt, d.h. es gibt eine Stiftung, diese hat das Geld und diese macht den VKI. Er hat kein Geld dafür bekommen. Ich verstehe das bis heute nicht. Den Sozialministern war das egal, weil sie zu viel zu tun gehabt haben. Der VKI hatte acht verschiedene Ministerien. Das hing auch mit den Koalitionsverhandlungen zusammen.“542 Harald Glatz hat außerdem über den VKI zum 50-jährigen Jubiläum 2012 in einem Artikel beschrieben, wie sich der Konsumentenschutz kontinuierlich entwickelte. „Am Beginn gab es Überlegungen, dass die Lieferanten von Waren eine Kommunika539
540
541
542
Interview mit Dr. Hans-Peter Lehofer, geführt von Catherine Lechner, 4.5.2021, Aufnahme bei der Autorin. Interview mit Heinz Schöffl, geführt von Catherine Lechner, 27.7.2021, Aufnahme bei der Autorin. Interview mit Dr. Harald Glatz, geführt von Catherine Lechner, 12.4.2021, Protokoll bei der Autorin. Interview mit Ing. Franz Floss, geführt von Catherine Lechner, 9.8.2021, Aufnahme bei der Autorin.
164 FRITZ KOPPE tionsmöglichkeit haben und Verbraucher eine Richtlinie bei der Erwerbung von Produkten und Serviceleistungen benötigen. In den 1950er und 1960er Jahren gab es eine erste Richtung von neuen Waren (z.B. Waschmaschinen, Staubsauger), die Verbraucher interessierten. Experimente und Kundenberatung sollten dem Verbraucher bei Wahlmöglichkeiten helfen, eine Übersicht über die Beschaffenheit der Waren zu erhalten. Dadurch sollte eine Analogie mit verschiedenen Artikeln realisiert werden. Im Jahre 1961 begann mit dem Beratungszentrum in der Mariahilfer Straße der Siegeszug. Binnen kurzer Zeit folgte die Testzeitschrift ‚Konsument‘. Der VKI ist ein Zusammenschluss der Sozialpartner. Man sollte nicht nur auf die Qualität schauen, sondern es sind auch die Preise bedeutend. Das war auch eine grundlegende Komponente der österreichischen Wirtschaftspolitik nach dem Zweiten Weltkrieg.“543 Wie sieht die Zukunft des VKI aus? Dazu äußerte Floss, „dass der VKI mit der finanziellen Ausstattung keine Zukunft mehr hat. Die Bevölkerung braucht den VKI, weil die Konsumenteninformationen einseitig sind und es wird der VKI auch benötigt, weil sehr viele Untersuchungen, wie z.B. Handy- oder Techniktests, im Rahmen einer internationalen Zusammenarbeit von Konsumentenorganisationen notwendig sind. Sie sind vom Staat unabhängig und ohne diese gäbe es keine Tests. Das kann auch die Stiftung Warentest nicht alleine stemmen. Dafür ist der VKI wichtig, wenn man Tests haben will. Es wurde besonders in Zeiten der schwarz-blauen Koalition der AK gedroht, den Mitgliedbeitrag zu senken. Es ist ja so, man kann den Mitgliedbeitrag nicht auflösen, aber senken, d.h. man versucht auf diese Weise den finanziellen Einfluss zu schwächen. Damit wurde gleichzeitig versucht, die Arbeit des VKI für den Konsumenten zu erschweren. Persönlich glaube ich, dass irgendwann die Zeitschrift „Der Konsument“ als Beilage zur Arbeiterkammerzeitung übernommen wird, um den Weiterbestand des VKI zu sichern.“544
543 544
Harald Glatz, 50 Jahre VKI, Februar 2012, 1. Interview mit Ing. Franz Floss, geführt von Catherine Lechner, 9.8.2021, Aufnahme bei der Autorin.
VEREIN FÜR KONSUMENTENINFORMATION 165 Eva Kolber meinte hingegen: „Konsumentenschutz wird es immer geben müssen und wird sicher zu einem guten Teil in Richtung Nachhaltigkeit gehen. Bei der Digitalisierung ist noch viel Luft nach oben und das ist auch eine Frage des Geldes. Die Arbeiterkammer hat am meisten bezahlt und uns als Zulieferer gesehen, d.h. wir hatten eine gewisse Arbeit und den Gewinn hatte dann die Arbeiterkammer, indem sie das in die Öffentlichkeit brachte. Wir müssen eigenständiger werden. Unsere Abonnenten sind ältere Leser. ‚Der Konsument‘ hat kontinuierlich verloren, weil es auch Tests auf der Homepage gibt. Beim VKI wird es darauf ankommen, wie er sich in Zukunft aufstellt und wie es mit der Digitalisierung weitergeht.“545 Heinz Schöffl äußerte dazu: „Der VKI ist seit Jahren finanziell ausgehungert. Der Grund, warum der VKI gegründet wurde, lag in der Marktbeobachtung. Ich habe mit dem VKI immer gut zusammengearbeitet. Das Lebensmittellabor, das damals für den VKI wichtig war, gibt es seit ein paar Jahren nicht mehr, weil es an Geld fehlte. Diese Lebensmittellabore waren zuständig für interne Lebensmitteluntersuchungen. Es wurde viel ausgelagert. Es gibt Kooperationen mit Deutschland und mit der Stiftung Warentest, alles, was Geld sparen kann und wo man Energie erzeugen kann. Die Zusammenarbeit im Lebensmittelbereich war zwischen der Arbeiterkammer und dem VKI immer sehr gut und intensiv. In anderen Bereichen war es schwieriger, weil dort, wo der VKI im rechtlichen Bereich tätig war, z.B. bei Klagen, da hatte auch die Arbeiterkammer sich engagiert und es gab ein stärkeres Konkurrenzverhältnis.“546 Der Jurist Dr. Lehofer war derselben Meinung: „Der VKI ist ‚finanziell ausgehungert‘, seit dieser existiert. Der VKI ist entstanden als Verein für Einkaufsberatung und Tests und sollte österreichische Qualität für die Einbindung der Wirtschaftskammer liefern, d.h. es sollte ein positiver Leistungswettbewerb sein, wo man die Wirtschaftskammer mit einbeziehen kann. In den 1990er Jah545
546
Interview mit Eva Kolber, geführt von Catherine Lechner, 12.8.2021, Aufnahme bei der Autorin. Interview mit Heinz Schöffl, geführt von Catherine Lechner, 27.7.2021, Aufnahme bei der Autorin.
166 FRITZ KOPPE ren und 2000er Jahren hat das mit dem Auszug der Wirtschaftskammer aufgehört. Die AK ist mächtiger geworden, weil sie die Einzigen waren, die voll bezahlt waren. Früher hatte der VKI eine Dreiteilung: beraten, testen und publizieren. Der vierte Bereich aus der Beratung heraus waren Klagen und rechtspolitische Angelegenheiten. Die Tests sind die einzigen Aufgaben, die derzeit niemand übernehmen kann, z.B. Labors, deutsche Vereine. Die Beratung macht die Arbeiterkammer lieber selber und es ist auch ein kostenaufwendiges Thema. Publizieren ist schwierig und kein Zukunftsbereich, weil der Markt kompliziert ist. Auf internationaler Ebene werden Verbraucherorganisationen schon gewünscht und diese soll es auch geben. Die Voraussetzung ist immer, dass diese unabhängig von Anbietern sind und die Arbeiterkammer kann das aber nicht erfüllen, weil sie hauptsächlich andere Interessen vertritt, d.h. sie braucht den VKI schon in gewisser Weise, um in die internationalen Kooperationen hineinzukommen (z.B. Europäische Beratungsstellen oder Europakonsument). Die Hauptfinanzierung kommt von der öffentlichen Hand und hängt von der Lage der Arbeiterkammer ab, wie sie sich strategisch positioniert. Die neue Aufgabe liegt darin, dass die AK eine neue Rolle finden muss. Der VKI hat Zukunft, aber es ist ein ewiger Kampf. Koppe war der beste Geschäftsführer, was man damals nicht so gesehen hat.547 Peter Kolba, Jurist, 1990-2017 Leiter des VKI und seit 2018 selbstständiger Leiter des Verbraucherschutzvereins, erinnerte sich: „Als ich längere Zeit beim VKI tätig war und mit der Materie mehr vertraut gewesen war, erkannte ich, welche Aufgaben die Organisation hatte und wie der Einfluss der AK war. Ich habe an Koppe geschätzt, dass er sich eine Autonomie gegenüber der AK erhalten hat. Die AK wollte bestimmen, was im VKI passiert, und er sich dem eben doch in gewisser Weise in seiner Doppelrolle dem entziehen konnte. Diese Autonomie hat er sich so erhalten, dass, wenn ihm der Kammeramtsdirektor Mumm gesagt hat, er darf irgendetwas nicht sagen, dann hat er sich das VKI-Kapperl 547
Interview mit Dr. Hans-Peter Lehofer, geführt von Catherine Lechner, 4.5.2021, Aufnahme bei der Autorin.
VEREIN FÜR KONSUMENTENINFORMATION 167 aufgesetzt und hat es trotzdem gesagt. Das war bewundernswert, aber es hat dazu geführt, dass die Kammer es nicht bedauert hat, dass er in den Ruhestand gegangen ist. In Zukunft wollte die AK dieses Vorgehen ändern. Er war ein Medienmensch und konnte schwierige Probleme auf einen Punkt bringen. Koppe wurde in Pension geschickt, weil er zu sehr eigenständig agiert hatte. Die Sozialpartnerschaft lebte davon, dass man Kompromisse schließt, die man seinen Mitarbeitern nicht erklären kann. Werner Mumm hatte ihm ein Kommando gegeben und Koppe sollte das machen, aber das war nicht der Fall.“548
5.2 Die Veränderungen im VKI nach dem EU-Beitritt Fritz Koppe sagte zur Frage, wie sich der Konsumentenschutz auf der EU-Ebene verändert habe, Folgendes: „Das ist relativ schwierig, d.h. auf europäischer Ebene ist es relativ klar, aber auf EUEbene ist die Frage ‚Wer ist dafür zuständig?‘ und das wechselt dort ständig. Auch in der Bundesregierung gab es die Frage ‚Wer ist für den Konsumentenschutz zuständig?‘ und diese Frage hat mit den jeweiligen Regierungen gewechselt, also von einem Ministerium zum anderen, das war ein ‚Wanderpokal‘.“549 Er fügte hinzu: „Da gibt es eine einzige Sache, die also fix ist: Da gibt es die BEUC (Bureau Européen des Unions Consommateurs), das ist also sozusagen die Lobby, d.h. es geht um den Konsumenten auf europäischer Ebene. Diese haben dann natürlich auch Fachgebiete und den Sitz in Brüssel. Es gab Perioden, bei denen wir als Verein für Konsumenteninformation an und für sich fast die stärkste und wichtigste Organisation in der BEUC waren und wir haben sehr viele Dinge auf europäischer Ebene und sogar auf Weltebene erreicht, so z.B. dass das Sonnenschutzmittel Mexaform nicht mehr verkauft werden darf.“ 550 Erklärung: Mexaform wurde bei Tropenreisen als Anti-Durchfallmittel verwendet. Viele Menschen 548
549
550
Interview mit Dr. Peter Kolba, geführt von Catherine Lechner, 14.6.2021, Aufnahme bei der Autorin. Lichtenberger, Zeitzeugeninterview des Instituts für AK- und Gewerkschaftsgeschichten, 28, 11.12.2009, 28. Ebd., 28-30.
168 FRITZ KOPPE sind durch dieses Medikament erblindet, wurden gelähmt oder sind zu Tode gekommen. Schon der Beitritt Österreichs zum Europäischen Wirtschaftsraum brachte die Verpflichtung mit sich, den sogenannten „gemeinschaftlichen Rechtsbesitzstand“ der EG („Acquis Communautarie“) im Bereich des Konsumentenschutzes zu übernehmen und die österreichische Rechtsordnung entsprechend anzupassen. Durch den Beitritt zur EU 1995 wurde diese Entwicklung kontinuierlich fortgesetzt, was eine Mitsprache Österreichs ermöglichte. 551 Schon 1977 schrieb der Pressedienst der Industrie, dass Österreich im Verbraucherschutz viel weiter sei als die meisten EG-Staaten, d.h. der Verbraucherschutz wurde nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch im Staatsbereich angewandt. In den 1970er Jahren begannen die verbraucherpolitischen Neuerungen der EG/EWG. Die Verbesserungen und die Sicherung der Verbraucherinteressen brachten das Problem mit sich, dass der EWGV (heute Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft) hauptsächlich „produktiv“ programmiert war und es auch heute noch ist. Die Entstehung des Konsumentenschutzes als selbstständiger Politik - und Rechtsbereich in der EU realisierte sich in fünf Punkten. 1.
2.
551
1973 wurde von der Kommission eine eigene Dienststelle für Umwelt und Konsumentenschutz errichtet. Es begannen 1975 und 1981 zwei konsumentenpolitische Prozesse des Komitees der EG. Diese beinhalteten ein Verzeichnis von Konsumentenschutzrechten, das die EG aus der internationalen Debatte abgeleitet hatte (siehe Kennedy) und auf die EG übertragen hatte, unter anderem, wie erwähnt, die Sicherung der Gesundheit und der Konsumenten. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) definierte nationale Konsumentenschutzvorschriften als „zwingende Erfordernisse des Allgemeininteresses“, die eine Einschränkung des freien Warenverkehrs begründen können. Der Konsumentenschutz erhielt durch den EuGH eine außer-
Vgl. Kosesnik-Wehrle, Lehofer u.a., Konsumentenschutzgesetz, 1-2.
VEREIN FÜR KONSUMENTENINFORMATION 169
3.
4.
5.
gewöhnliche Tragweite im gemeinsamen Rechtsschutzsystem, der nicht nur mitgliedstaatliche Bestimmungen, sondern auch das einvernehmliche Agieren rechtfertigt. In den 1980er Jahren kreierte die Gemeinschaft die liberalistische Vorstellung des „Binnenmarktes“ (Marktöffnung, Grundfreiheiten). Der Vertrag von Maastricht vom 7. Februar 1992 (rechtsverbindlich seit 1.1.1993) versteht den Konsumentenschutz als „eigenständigen Kompetenzbereich“ der Gesellschaft. Die Verbraucherpolitik verfolgte das Ziel der Binnen - und Unterstützungspolitik mitgliedstaatlicher Handlungen. Die Gemeinschaft war zudem auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip angewiesen, weil das Bündnis keine spezielle Befugnis für Konsumentenschutz besaß. Die letzte Maßnahme der Entstehung einer selbstständigen Konsumentenpolitik wurde durch den Vertrag von Amsterdam vom 2. Oktober 1997 (rechtsverbindlich seit 1. Mai 1999) begründet. Es wurden die selbstständigen Konsumentenrechte und die Befugnisse der Gemeinschaft ausgebaut.552
In den 1990er Jahren erlebte das Konsumentenschutzrecht seinen wirklichen Siegeszug durch den Beitritt Österreichs zum Europäischen Wirtschaftsraum. Diese Veränderung brachte die Aufgabe mit sich, den besagten „gemeinschaftlichen Rechtsbesitzstand“ der EG als Kompetenz des Konsumentenschutzes zu akzeptieren und die österreichische Rechtsordnung entsprechend anzugleichen. Mit dem Beitritt zur Europäischen Union (EU) wurde die kontinuierliche Entwicklung weitergeführt. Das Konsumentenschutzgesetz wurde innerhalb von 20 Jahren in Österreich zu einer bedeutenden Angelegenheit des Wirtschaftsrechts.553 Der EU-Beitritt Österreichs führte ab 1995 zu einer umfassenden Veränderung im Verbraucherrecht, d.h. es kam unter anderem zu Verbesserungen bei Pauschalreisen, im Telekommuni-
552 553
Vgl. Lurger, Augenhofer, Konsumentenschutzrecht, 10-11. Vgl. Kosesnik-Wehrle, Lehofer u.a., Konsumentenschutzgesetz, 2-3.
170 FRITZ KOPPE kationsbereich und bei Banken und Versicherungen. Mit diesen Themen beschäftigen sich seither die Juristen, wobei auch die gesetzliche Anwendung zum Zuge kommt. Zudem wurde der EuGH durch seinen Einfluss auf das EU-Recht immer bedeutender. Inzwischen ist das Verbraucherrecht, besonders in der Verfahrensweise, zu einem umfassenden bedeutenden Rechtsbestand geworden.554 Die Brüsseler Kommission hat eine einheitliche EG-Lösung vorgeschlagen, die vorsah, dass auf der einen Seite Konsumenten durch eine Herstellerhaftung geschützt werden, bei der ihnen nicht die Beweislast aufgebürdet wird. Der Hersteller haftet, so heißt es im Artikel 1 des Entwurfs, „für den Schaden, der durch einen Fehler verursacht worden ist, ungeachtet dessen, ob er den Fehler kannte oder hätte kennen können.“555 Der Hersteller soll auch dann haften, „wenn die Sache nach dem Stand der Wissenschaft und Technik, in dem Zeitpunkt, in dem er sie in den Verkehr brachte, nicht als fehlerhaft angesehen werden konnte.“556 „Die Position der Konsumenten in der EG ist erschreckend schwach“, wusste Koppe aus Vergleichen der österreichischen Rechtslage und der Vorschriften in Westeuropa. „Eine übermächtige Lobby der Hersteller und Anbieter verhindere echte Fortschritte“, sagte Koppe. „Vor allem auf dem Sektor der Lebensmittel bestünde bei einem Beitritt Österreichs zur EG eine große Gefahr, dass strenge heimische Schutzbestimmungen verwässert würden. Der österreichische Lebensmittelkodex als Mindestanforderung würde in Frage gestellt“, und weiter: „Hier gibt es den bekannten Grundsatz des gemeinsamen Marktes vom EUGH, der besagt, ‚dass, wenn eine Ware in einem Land verkehrsfähig ist, sie automatisch im gesamten europäischen Markt verkauft werden kann‘.“ Koppe nannte ein Beispiel: „Wenn z.B. Färben oder Konservieren in einem Land erlaubt ist, in Österreich aber nicht, dann gilt diese österreichische Regelung ab diesem Zeitpunkt nur mehr für die österreichischen Produzenten und die gefärbte oder kon554 555
556
Vgl. Deixler-Hübner, Kolba, Handbuch Verbraucherrecht, Vorwort, V. EG-Harmonisierung des Verbraucherschutzes, Handelsblatt Nr. 13.10.1976. Ebd.
191,
VEREIN FÜR KONSUMENTENINFORMATION 171 servierte problematische Ware kann nach Österreich auf den Markt gebracht werden. Wenn sie durch die Färbung schön ausschaut und sich die Konservierung im Laden länger hält, dann hat sie durchaus Chancen sich gegenüber dem österreichischen Produkt durchzusetzen.“557 Insgesamt war die AK der Meinung, man dürfe nicht bis zum Beitritt zur EG warten, sondern müsse bereits vorher Einfluss auf die europäische Konsumentenpolitik nehmen. Dies sei sehr wohl durch direkte Kontaktaufnahme zur zuständigen EGKommission, durch offizielle bilaterale Verhandlungen sowie durch Unterstützung der Bemühungen der Konsumentenorganisationen im Bereich der EG schon heute möglich.558 Harald Glatz schilderte, wie er den Beitritt zur EU erlebte: „Mit dem Beitritt Österreichs zur EU wurde die Situation gleichzeitig leichter, aber auch schwieriger. Leichter deshalb, weil viele Verbesserungen dank der EU-Regelungen in Österreich umgesetzt werden konnten, die bislang unmöglich waren. Anderseits war es in der EU oft auch schwieriger, anspruchsvolle Regelungen zu initiieren. Formal war ich in der EU ganz gut eingebunden. Ich war lange Jahre Mitglied des Wirtschaftsminister - und Sozialausschusses und eines beratenden Komitees für Konsumentenschutz bei der Kommission. Außerdem war (und ist) der VKI Mitglied der BEUC, der Dachorganisation der Konsumentenorganisationen Europas.“559 Allgemein ist zu bemerken, dass das europäische Verbraucherrecht eine beträchtliche Justierung erlangte. Das ist auch der Grund dafür, dass ein wesentlicher Bestandteil des Verbraucherschutzrechts innerhalb der EU vereinheitlicht wurde. Zudem werden von der Justiz und den Institutionen die Gesetze des jeweiligen Mitgliedstaates durch das europäische Verbraucherschutzrecht in einheimisches Recht umgewandelt.560 In Österreich 557
558 559
560
Vgl. Fritz Koppe, Konsumentenschutz: Vergleich EG-Österreich, Mittagsjournal 17.2.1989. Vgl. ebd. Interview mit Dr. Harald Glatz, geführt von Catherine Lechner, 14.4.2021, Protokoll bei der Autorin. Vgl. Deixler-Hübner, Kolba, Handbuch Verbraucherrecht, 8.
172 FRITZ KOPPE wird der Verbraucherschutz vorwiegend von behördlichen oder staatlich unterstützten Einrichtungen betrieben. Der VKI ist eine unabhängige Verbraucherzentrale Österreichs. In seinem Tätigkeitsbericht von 2012 heißt es, dass er sein Budget überwiegend selbst bestritt, d.h. er hatte eine bestimmte finanzielle Autonomie.561 Dr. Michael Blass (Jurist und Geschäftsführer der Agrarmarkt Austria Marketing GesmbH) erinnert sich an eine schöne Begebenheit mit Fritz Koppe: „Meine lebhaftesten Erinnerungen an Dr. Koppe betreffen einen gemeinsamen Auftritt im Zuge der österreichischen Vorbereitungen auf den EU-Beitritt. Lebensmittel waren damals ein emotional stark besetztes Thema, der Wunsch nach Aufklärung und Information, wie sich die EU-Mitgliedschaft auf Lebensmittelqualität und-sicherheit auswirken würde, war stets präsent. So war es in den Jahren und vor allem in den letzten Monaten vor dem Beitritt schon zur Routine geworden, dass Personen mit einschlägiger Expertise aus ganz Österreich Einladungen zu Vorträgen, Informationsveranstaltungen und Podiumsdiskussionen erhielten. Eine solche Einladung erreichte eine Gruppe von Personen mit Lebensmittel-Wissen auch aus einer Gemeinde im nördlichen Niederösterreich. Konkret erinnere ich mich, dass neben Dr. Koppe und mir auch ein anderer Professor von der Universität für Bodenkultur eingeladen war. Als damals junger Vertreter der österreichischen Lebensmittelindustrie empfand ich es als Auszeichnung, mit dem prominenten Konsumentenschützer Dr. Koppe auf einem Podium sitzen zu dürfen. Es ergab sich, dass Koppe, der aufgrund seiner eingeschränkten Sehkraft nicht selbst Auto fuhr, meine Dienste als Chauffeur in Richtung unseres gemeinsamen Zieles an der – damals noch – tschechoslowakischen Grenze in Anspruch nahm. Ohne dass es mir heute, fast 30 Jahre später, möglich wäre, konkrete Gesprächsinhalte auf der Hin - und Rückfahrt zu rekapitulieren, erinnere ich mich an eine ebenso angeregte wie freundliche und kultivierte Unterhaltung, bei der die Fahrzeit rasch verging. Ein wenig anders als bei seinen von allen respektierten und von manchen ge561
Vgl. ebd, 56.
VEREIN FÜR KONSUMENTENINFORMATION 173 fürchteten öffentlichen Auftritten lernte ich Dr. Koppe hier als ebenso zugewandten wie aufmerksamen Gesprächspartner kennen. Das änderte nichts daran, dass der erfahrene Kämpfer für die Konsumentinnen - und Konsumenten-Interessen dem jungen Vertreter der industriellen Produktion auf dem Podium weder Zugeständnisse machte noch etwas ‚schenkte‘. Heute würde man Dr. Koppes Zugang bei solchen öffentlichen Auseinandersetzungen in Anlehnung an ein bekanntes TV-Format als ‚hart aber fair‘ bezeichnen. Ebenfalls in Erinnerung habe ich die wertschätzende Haltung, die mein damaliger Vorgesetzter Prof. Dr. Klaus Smolka, Geschäftsführer des Fachverbandes der Lebensmittelindustrie von 1971 bis 1998, Prof. [sic] Koppe entgegenbrachte. Es war in jedem Gespräch, in dem Prof. Smolka über Dr. Koppe sprach oder ihn erwähnte, Achtung spürbar. Möglicherweise auch mehr als das, da Prof. Smolka besonders die Leistung erkannte und bewunderte, die es Dr. Koppe ermöglicht hatte, trotz defizitärer physischer Voraussetzungen seine Funktionen und Aufgaben höchst erfolgreich wahrzunehmen.“562 Smolka war folgender Meinung zum EU-Beitritt: „Grundsätzlich ist es so, dass höhere Richtlinien des österreichischen Lebensmittelbuches nur mehr für inländische Erzeugnisse gelten. Verbraucher, die Lebensmittel kaufen, können sich darauf verlassen, dass sie, wenn sie österreichische Lebensmittel kaufen, dem österreichischen Codexstandard entsprechen. Wenn wir die Produkte exportieren, müssen sie ebenfalls dem Codexstandard entsprechen, weil im gemeinsamen Markt in Zukunft das Herkunftslandprinzip und die Beschaffenheit der Produkte, wo sie erzeugt wurden, gelten. Kein EU-Land darf für den Export andere Qualitäten produzieren als für die Konsumenten. Alles, was im Lebensmittel enthalten ist, muss deklariert werden. Wir haben z.B. seit 1. Februar 1993 eine an die EG-Etikettierungsrichtlinie angepasste Lebensmittelkennzeichnung. Koppe ergänzte dies mit einem Beispiel: ‚Wenn jemand Fleischlaibchen aus Soja produziert, dann muss derjenige es sagen, dass es Sojalaibchen und keine 562
Interview mit Dr. Michael Blass, geführt von Catherine Lechner, 15.3.2021, Protokoll bei der Autorin.
174 FRITZ KOPPE Fleischlaibchen sind‘. Koppes Fazit, was die gemeinsame Lebensmittel-Deklaration im gemeinsamen Europa betrifft, ist aber positiv: ‚Die Lebensmittel-Auszeichnung wird aufgrund der neuen österreichischen Lebensmittelkennzeichnungsverordnung besser werden, weil die EU-konform ist und diese alle Produkte aus den Ländern der Europäischen Gemeinschaft dazu zwingt, entsprechend deklariert zu sein‘.“563 Fritz Koppe brachte, als er schon längere Zeit in Pension war, in der Zeitung „Gewinn“ am 1. Juli 2007 seine Sorgen zum Ausdruck, „dass es momentan eine Debatte gibt, die die Grundsätze als reine unabhängige und objektive Konsumentenorganisation des VKI in Frage stellen. Der Grund liegt darin, dass der Bund seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem VKI momentan nicht nachkommt, wobei das Risiko dementsprechend auf eine zivilrechtliche Anzeige auf Beibehaltung seiner Pflichten und Bezahlung seines Mitgliedsbeitrags sehr hoch ist. Wenn versucht wird den VKI finanziell auszuhungern, dann würde sich die juristische Struktur – etwa durch die Weisungsbefugnis des Bundes oder durch Unfreiheit der Firmenmittel – grundlegend ändern. Dies würde den Ausschluss des VKI aus dem ‚Consumer International‘ der internationalen Vereinigung der Konsumentenverbände, mit sich bringen.“ 564 2018 betrug der Bilanzverlust des VKI 642.675 €. 2016 und 2017 gewährten sowohl die Bundesarbeiterkammer als auch das Bundesministerium ein beträchtliches Darlehen. Durch Gewinne aus Veröffentlichungen (Zeitschrift Konsument), Beratung und Organisationskostenbeiträge im Bereich Recht (Sammelklagen) wurden 74,73 % (2017: 69,78 %) erzielt.565
563
564
565
Österreichische Mediathek, Mittagsjournal, Das Mittagsjournal informierte über Vor- und Nachteile eines möglichen EU-Beitritts, 23.3.1994. Vgl. Gewinn, Nr. 7-8, Schluss mit der objektiven Konsumentenpolitik, SOWIDOK und APA Recherche anlässlich des 86. Geburtstags von Fritz Koppe, 23.2.2015, 111. Vgl. Verein für Konsumenteninformation, Tätigkeitsbericht 2018, Wien September 2019, 36, URL: https://vki.at/system/files/2020-11/2018_vkitatigkeitsbericht.pdf
VEREIN FÜR KONSUMENTENINFORMATION 175 2018 hatte der Konsument 48.800 Abonnentinnen.566 Im Gegensatz zu 2019 verbuchte der Verein einen Bilanzverlust von 176.893 €. 567 Koppe notierte 2004, „dass eine entscheidende Änderung des Konsumentenschutzes zur Europäischen Union eingetreten ist.“ Er befürchtete, dass die bedeutendsten Entscheidungen nicht mehr in Österreich, sondern in Brüssel getroffen werden. Die Sorgen der Verbraucher sind innerstaatlich schwer realisierbar, weil die EU immer öfter die Mindeststandards und Qualitätsvorschriften festlegt. Es war geplant, dass in Österreich noch in diesem Jahr ein Gesetz in Kraft treten soll, dass den Verbrauchern bei länderübergreifenden Konflikten Rechtsberatung und Übernahme der Ausgaben der Rechtsverfolgung garantiert. Der Grund hierfür liegt darin, dass die Verbraucher dem rechtsschutzversicherten Produzenten eigentlich chancenlos gegenüberstehen. Der Erwerb von Gütern wird nach und nach international werden. Der Kundschaft wird es durch nationale und europäische Richtlinien immer schwieriger gemacht, sich zu orientieren.568 Dr. Hans-Peter Lehofer äußerte: „Die EU war für Koppe schwierig. Die EU war eher wirtschaftsliberal ausgerichtet, d.h. z.B. freier Bahnverkehr und so weiter. Koppes Bedeutung ist ab dem Zeitpunkt der EU zurückgegangen. Man musste sich dann auf der Europaseite einigen. Auf europäischer Ebene wurde sinnlose Politik. betrieben. Bei der Europäischen Freihandelszone (EFTA), wo Konsumentenschutzvertreter in der Regierung saßen, wollte Koppe auch dabei sein. Da war er dann schon verstimmt, dass er nicht im Regierungsgremium sitzen konnte, aber es war sowieso vollkommen sinnlos. Wir sind zweimal im Jahr nach Genf gefahren und haben dort mehr oder weniger darüber geredet, was es für einen Weg der Neuerungen der Mitgliedsstaaten gibt. Da 566
567
568
Verein für Konsumenteninformation, Tätigkeitsbericht 2018, Wien September 2019, 20, URL: https://vki.at/system/files/2020-11/2018_vki-tatigkeitsberich t.pdf Verein für Konsumenteninformation, Tätigkeitsbericht 2018, Wien September 2019, 35, URL: https://vki.at/system/files/2020-11/2018_vki-tatigkeitsberich t.pdf Vgl. Fritz Koppe, Gewinn 12/04, Jubiläumsausgabe vom 17.4.2012, Österreichs Konsumentenschutz auf Rollensuche, SOWIDOK und APA-Recherche anlässlich des 86. Geburtstags von Fritz Koppe, 23.2.2015, 68.
176 FRITZ KOPPE gab es immer die Diskussion: Darf Koppe auf Regierungsseite mitfahren? Er ist ja nicht Regierung. Diese Rollenklarheit war für ihn echt schwierig. Zugleich auf der EU-Ebene war das Problem, dass die AK nicht auf EU Gremium der Verbraucher sein darf, weil sie keine unabhängige Nation ist und einen anderen Interessenschwerpunkt hatte. Da konnte nur der VKI hinein. Das war für die AK schwer auszuhalten. Koppe wäre am liebsten überall dabei gewesen.“569
569
Interview mit Dr. Hans-Peter Lehofer, geführt von Catherine Lechner, 4.5.2021. Aufnahme bei der Autorin.
6. Das Ausscheiden Fritz Koppes aus dem VKI und der AK 6.1 Fritz Koppes weitere Funktionen nach seiner aktiven Laufbahn Koppe, der am 1. Jänner 1995 seine aktive Dienstzeit beendete, führte ein Gespräch mit dem Journalisten Robert Hochner, worin er ausdrückte, der Konsument sei mittlerweile vom hilflosen Opfer doch irgendwie zu einem relevanten Faktor geworden. Den Politikern sei bewusst geworden, dass alle Konsumenten ihre Wähler sind und der Konsument nicht mehr so hilflos ist wie früher. Koppe führte weiters aus, man brauche Gesetze, um den Konsumenten zu helfen, ihre Markt - und Rechtsposition zu stärken und ihnen mehr Information zu verschaffen. Dazu dienen Einrichtungen wie der VKI. Koppe sei recht glücklich darüber, dass es gelungen ist, die Zeitschrift „Konsument“, den Träger dieser Arbeit, soweit zu bringen, dass aus Umfragen ersichtlich sei, dass fast jeder fünfte Österreicher sich regelmäßig über seine Marktmöglichkeiten anhand dieser Zeitschrift informiert. Der Konsumentenschutz sei z.B. erst im Maastricht-Vertrag das erste Mal in Europa offiziell anerkannt worden. Der Konsumentenschutz sei bislang in der EU eigentlich eine Sache, die nur eine Minderheit der Mitgliedstaaten vertrete; folglich sei er schwach. Jetzt, ab 1995, seien Österreich, Schweden und Finnland EGMitglieder, sie können mitbestimmen und den Konsumentenschutz in Europa stärken.570 Fritz Koppe erhielt zu seiner Pensionierung am 1. Jänner 1995 einen Sammelband mit Glückwünschen von Freunden, Mitarbeiterinnen, Geschäftspartnern und Geschäftspartnerinnen, wobei einige sehr persönlich und berührend waren, die zeigten, dass nicht nur ein freundschaftliches Verhältnis vorhanden war,
570
ZIB-Abendstudio-Studiogespräch Koppe, Fritz Koppe geht nach 22 Jahren aktiver Tätigkeit beim Verein für Konsumentenschutz (VKI) in Pension, 20.2.1995.
177
178 FRITZ KOPPE sondern auch Wertschätzung und Respekt gegenüber der Person Fritz Koppe. So schrieb z.B. die ehemalige Staatssekretärin Anneliese Albrecht über ihn, dass er in die Kategorie der aktiven Menschen gehöre. Außerdem konnte er in seiner Arbeit die Ideen verwirklichen, die für ihn wichtig und für die Konsumenten von großer Bedeutung waren.571 Interessant ist auch der persönliche dreiseitige handschriftliche Brief der ehemaligen Bundesministerin für Familie, Jugend und Konsumentenschutz, Gertrude Fröhlich-Sandner (1984-1987). Sie erzählte, dass Koppes Vater, so wie sie selbst, bei den Kinderfreunden tätig war. Fröhlich-Sandner hegte eine große Wertschätzung für Koppes Vater. Dieser war immer sehr zurückhaltend, nur wenn die Jugendlichen Unterstützung brauchten, verlor er seine Bescheidenheit und kämpfte für bessere Möglichkeiten für sie. Koppes Vater war voll des Lobes für seinen Sohn. In FröhlichSandners Brief hieß es, dass Koppe seine Eigenschaften von seinem Vater Maximilian Koppe 1:1 übernommen hatte, nämlich Beharrlichkeit, Engagement für alle sowie Kompromisslosigkeit bei wichtigen Dingen. Fritz Koppes Einsatz ist es zu verdanken, dass das neue Konsumentenschutzgesetz die Sicherheit der Verbraucher verankerte und die Lehre vom anspruchsvollen Konsumverhalten Aufnahme in den Unterricht gefunden hat.572 Auch Renate Brauner, die in der Konsumentenpolitischen Abteilung der AK tätig war, erinnerte sich betreffend Fritz Koppe, dass er noch mehr Engagement für die Sozialistische Jugend zeigte als beim Konsumentenschutz. Er erzählte ihr oft von seiner Arbeit in der Sozialistischen Jugend und seiner damaligen Position als Chefredakteur der Zeitschrift „Trotzdem“. Koppe überreichte Brauner einen Sammelband alter „Trotzdem“-Nummern aus seiner früheren Zeit. Dieses Geschenk bedeutete Brauner sehr
571
572
Vgl. Persönlicher Brief von Anneliese Albrecht an Fritz Koppe, Wien im ersten Halbjahr 1994. Vgl. Persönlicher Brief von Gertrude Fröhlich-Sandner an Fritz Koppe, Wien im ersten Halbjahr 1994.
DAS AUSSCHEIDEN 179 viel, weil sie dachte, dass die Sozialistische Jugend „Arbeit mit dem Verstand ist, aber vor allem mit dem Herzen“.573 Der ehemalige Handelsminister Josef Staribacher war besonders mit Koppe verbunden. Koppe war sein Sekretär und schon damals der eigentliche Boss, wenn es um Konsumentenschutz ging. Darauf nahm Staribacher in seiner Laudatio in Anspielung auf das Testmagazin „Der Konsument“ Bezug, eine Erfindung Koppes, zu der er äußerte: „Da gibt es ein ‚Koppement‘. Das ist so eine Zeitschrift, die der Verein für Konsumenteninformation herausgebracht hat, warum sie das nicht gedruckt haben, weiß ich nicht, das haben nur ein paar gekriegt, ich hab es nicht gekriegt. Auf Seite zwei ist ein herrliches Bild, wo er mit mir geht und da steht unten: ‚Happy Pepi‘, erfährt von Fritzl, was er morgen in der Zeitung sagen wird. Das ist das Beste! So war es! Das war Koppe Fritzl!“574 Staribacher erinnerte ihn seinem Brief daran, wie Koppe jede Woche erfolgreich ein Pressegespräch geführt hatte. Dieses Format war ein großer Erfolg, obwohl Staribacher zu Beginn Bedenken hatte. Sogar Dr. Bruno Kreisky hat dann diese Einrichtung nach dem Ministerrat übernommen. Staribacher bedauerte es sehr, dass Koppe nach einigen Jahren im Handelsministerium wieder zurück in die Arbeiterkammer ging, um dort seine alten und neuen Aufgaben zu übernehmen 575 Alfred Psota, der Direktor der Lebensmitteluntersuchungsanstalt, berichtete in seinem handgeschriebenen Brief an Fritz Koppe, dass sein Name für alle mit dem Konsumentenschutz verbunden sei. Zudem habe Koppe die Konsumenteninformation und den Konsumentenschutz zu bedeutenden Verbraucherschutzeinrichtungen gemacht.576 Hans-Peter Lehofer blickte auf einen interessanten Lernprozess mit Koppe in jener Zeit zurück, als er mit ihm gearbeitet hat. 573
574
575
576
Vgl. Persönlicher Brief von Renate Brauner an Fritz Koppe, Wien im ersten Halbjahr 1994. Österreichische Mediathek, Konsumentenschützer Koppe geht in Pension, Wien 21.2.1995/5. Vgl. Persönlicher Brief von Joseph Staribacher an Fritz Koppe, Wien im ersten Halbjahr 1994. Vgl. Persönlicher Brief von Alfred Psota an Fritz Koppe, Wien im ersten Halbjahr 1994.
180 FRITZ KOPPE Er kritisierte aber gleichzeitig die Kompetenzverteilung der Institutionen, weil Koppe dadurch seine politischen Ideen nicht nach seinen Vorstellungen umsetzen konnte. Lehofer war der Meinung, dass Koppe die Geschäftsfunktion im VKI früher hätte zurücklegen müssen, weil er mit seiner Erfahrung und seinem Wissen dadurch andere politische Funktionen übernehmen hätte können. Trotzdem hatte Lehofer großen Respekt vor Koppe. Er schrieb über das „Festhalten von Wertvorstellungen“, wenn z.B. Solidarität infrage gestellt wird, weil sie einfach nicht mehr dem Zeitgeist entspricht. Die Person Fritz Koppe werde fehlen, nicht nur als genialer Denker, sondern auch als Sinnbild für die besten Tage der Konsumentenpolitik. Lehofer und Koppe waren, trotz verschiedener Kontroversen und Differenzen, gegenseitig voneinander beeindruckt. Lehofer berichtet, dass er diesen Abschiedsbrief eher unter das Thema „Europa“ stellen wollte, dass beide gemeinsam diskutierten und reflektierten. So erwähnte Lehofer z.B. Koppes Warnung vor dem „Mistkübel Europas“ über die Annäherungsschritte mit Koppes legendären Pressekonferenzen „Wenn Du zum Tiger gehst, sei tapfer“.577 Auch Karl Kollmann führte aus, dass Koppe „nicht nur die konsumentenpolitische Landschaft nachhaltig geprägt“, sondern sie auch durch seine Erkenntnis praktischer interessenspolitischer Arbeit bestimmt hat. Er selbst beschrieb seine außergewöhnlichen Lehrjahre als „Koppe-Schüler“. Kollmann lobte dessen Redegewandtheit im Hinblick auf die Medien, wo er viele ihm wichtige Angelegenheiten mit Beharrlichkeit und Geduld durchsetzte.578 Der europäische Verbraucherverband BEUC schrieb ebenfalls einen Dankbrief an Fritz Koppe. Weitere Briefe in diesem Sammelband stammen unter anderem vom damaligen ÖGBPräsidenten Dr. Fritz Verzetnitsch und Dr. Eva Preiß. Der ORF würdigte Koppe gleichfalls. Walter Schiejok hob dessen aufsehenerregende Auftritte in den Sendungen „Argumente“ und „WIRBürgerservice“ hervor. Koppe widmete sich in diesen Sendungen 577
578
Vgl. Persönlicher Brief von Hans-Peter Lehofer, Briefe an Fritz Koppe, Wien im ersten Halbjahr 1994. Vgl. Persönlicher Brief von Kollmann an Fritz Koppe, Wien im ersten Halbjahr 1994.
DAS AUSSCHEIDEN 181 ganz der Sache, wobei alles andere nebensächlich wurde. Sein Engagement machte die Sendungen interessant und lebhaft.579 Die „Vorarlberger Nachrichten“ schrieben, dass der „Konsumentenpapst in Pension“ gehe und Dipl. Ing. Hannes Spitalsky dessen Agenden übernehme, der seit 1993 neben Koppe und Dr. Martin Prohaska in der Geschäftsführung tätig war.580 Spitalsky berichtete in der Zeitschrift „Der Konsument“ über Koppe, sein ausgezeichneter Umgang mit Medien habe dazu beigetragen, den Konsumentenschutz überall bekannt zu machen und den VKI dadurch im öffentlichen Bewusstsein der Bevölkerung zu verankern. In dieser Glosse erinnerte Spitalsky an Fritz Koppes Anfänge von 1973, als er Geschäftsführer wurde, und seinen Einsatz für die Konsumenten.581 Die „Oberösterreichischen Nachrichten“ verfassten einen kurzen Artikel über Koppe, der ihn würdigte, weil er sein ganzes Lebenswerk den Verbrauchern gewidmet und bereits im Handelsministerium bei Josef Staribacher den „Konsumentenpolitischen Beirat“ gegründet hatte.582 In allen Zeitungen wurde Fritz Koppe lobend erwähnt. Gleichzeitig wurde der neue VKI-Chef Dipl. Ing. Hannes Spitalsky vorgestellt, indem z.B. die „Oberösterreichischen Nachrichten“ erwähnten, dass Spitalsky im EU-Beitritt eine „neue Herausforderung für mündige Verbraucher sieht.“583 In einem Interview am 9. Jänner 1995 gab er bekannt, dass „sein Schwerpunkt auf der objektiven Information für den Konsumenten liegt und bei Problemen der Kundschaft Unterstützung gewährleistet wird“.584 Die „Neue Zeit“ stellte Spitalsky als Mitarbeiter vor, der 1959 zunächst als Werkstudent für den VKI tätig war. Zusätzlich studierte er Nachrichtentechnik und übernahm von 1971 bis 1973 die Leitung des 579
580 581 582
583 584
Vgl. Persönlicher Brief von Walter Schiejok an Fritz Koppe, Wien im ersten Halbjahr 1994. Vgl. Konsumentenpapst in Pension, Vorarlberger Nachrichten, 3.1.1995. Vgl. Archiv des Bezirksmuseums Wien-Josefstadt, Konsument, 1/1995. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 030, Mappe 046. Konsumentenschutz, Oberösterreichische Nachrichten, 3.1.1995. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 030, Mappe 046, Wien 9.1.1995, Nr. 2.01.1995. 6 Fragen an Hannes Spitalsky. In: Profil, 15.
182 FRITZ KOPPE Sekretariats im politischen Konsumentenbeirat des Handelsministeriums. Danach leitete er die Testabteilung des VKI, bevor er die Geschäftsführung antrat. Außerdem hatte er einen Sitz im Vorstand des österreichischen Normungsinstituts. 585 Hans-Peter Lehofer erinnerte sich daran, „dass Hannes Spitalsky ein loyaler Mitarbeiter war. Er war zuständig für die Labors bzw. Tests und über die Grenzen hinaus ein anerkannter Experte, der zu Koppe stets loyal war. Er war kein Manager, aber er hat viele Dinge kompensiert. Fritz Koppe war ein kreativer Typ. Das Verhältnis zwischen den beiden war sehr gut.“586 Spitalsky schrieb anlässlich Koppes Pensionierung im Jänner 1995 eine Kolumne im „Konsumenten“, in der es hieß: „Fritz Koppe sei es gelungen nicht nur die Sozialpartner, sondern auch die Republik Österreich als außerordentliches Mitglied der EU zu gewinnen. Dadurch wurde die Finanzierung der Arbeit zum ersten Mal auf eine solide Basis gestellt.“587 Er lobte Koppe, weil er sich immer für die Verbraucher eingesetzt hatte, ungeachtet der Proteste der Unternehmen.588 Die „Neue Zeit“ berichtete am 23. Dezember 1994 über Koppes Pensionierung, dass „er sich nach seiner Lebensaufgabe als Konsumentenschützer nicht in den Ruhestand zurückziehen werde, sondern künftig seine Position als Vizevorsitzender des Konsumentenpolitischen Komitees der EFTA [Europäische Freihandelszone] vertritt.“ 589 Das „Neue Volksblatt“ gab 1994 bekannt, dass Koppe „ein Leben für den Konsumentenschutz beendete“ und er die „Keimzelle für die Konsumentenschutzkompetenz war,
585
586
587 588 589
Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Wien 1995, Karton 030, Mappe 046. NZ, Personalia. Interview mit Hans-Peter Lehofer, geführt von Catherine Lechner, 4.5.2021. Aufnahme bei der Autorin. Konsument intern, Jänner 1995. Vgl. ebd. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 030, Mappe 046, Wien 1994, 23.12.1994, Neue Zeit (NZ).
DAS AUSSCHEIDEN 183 die momentan beim Gesundheitsministerium lag und immerhin vier Abteilungen mit 30 Mitarbeitern umfasst.“590 Fritz Koppe sagte nach seiner Pensionierung, dass er „weiterhin das Recht auf eine Meinung zu aktuellen Fragen habe.591 Er widmete sich nach seinem Ausscheiden aus der Arbeiterkammer unter anderem dem Pensionistenverband, wo er sich für die Ansprüche der Konsumenten stark macht592 Darüber hinaus war er ehrenamtlich für die Arbeitsgemeinschaft Qualitätsarbeit („ARGE Qual“) tätig. Nach seiner Pensionierung schrieb er einmal im Monat einen Beitrag für die Zeitschrift „Gewinn“ und einmal pro Woche einen Kommentar in der „Kronen Zeitung“. Zusätzlich verfasste er einmal im Monat einen Artikel für die Zeitschrift „Unsere Generation“ (PVÖ) des österreichischen Pensionistenverbands.593 Koppe berichtete über die Entstehung der Zeitschrift „Gewinn“, dass der thematische Entwurf eine Antithese zu eingefahrenen Gedanken war. Der „Gewinn“ war in erster Linie auf privaten Einsatz, auf die Marktwirtschaft und den Wettbewerb gegen jeden Alleinanspruch fokussiert. Die Zeitschrift wandte sich an aufgeklärte Kunden und setzte auf die Leistungsfähigkeit der ansässigen Industriellen und Entscheidungsträger. Bedeutend für das neue Projekt war die Teilnahme fachkundiger Kapazitäten als Stammautoren. Das Blatt berichtete über wirtschaftliche Themen, z.B. Vorgänge an der Börse und die Anlage von Aktien. Dadurch kam es in Österreich bei Geldanlagen zu neuen Bewertungen. Mit der Gewinn-Messe wurden globale Richtlinien vorgegeben, welche im europäischen Raum nicht mehr wegzudenken waren.594 590
591 592
593
594
Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 030, Mappe 046, Ein Leben für den Konsumentenschutz, Wien 1994, 23.12.1994, Neues Volksblatt und SVZ. Vgl. ebd., Neue Zeit (NZ), 23.12.1994. Vgl. „Mister Konsumentenschutz“ Fritz Koppe gestorben, 10.8.2015, URL: https://www.tt.com/artikel/10367620/mister-konsumentenschutz-fritz-kop pe-gestorben. Vgl. Personalabteilung AK Wien, Lebenslauf-ergänzt: Barbara Kintaert, Erstelldatum:,16.12.2016. Vgl. Fritz Koppe, Gewinn 12/04, Jubiläumsausgabe vom 17.4.2012, Österreichs Konsumentenschutz auf Rollensuche, SOWIDOK und APA-Recherche anlässlich des 86. Geburtstags von Fritz Koppe, 23.2.2015, 68.
184 FRITZ KOPPE
6.2 Nachrufe auf Fritz Koppe Als Fritz Koppe am 7. August 2015 nach langer Krankheit starb, überschlugen sich die Zeitungen, angefangen von der „Wiener Zeitung“ bis zum Blatt des Pensionistenverbandes, in Würdigungen. So teilte z.B. die „Austria Energy Agency“ in einer Aussendung mit: „Als Vertreter des Vereines für Konsumenteninformation, der nach wie vor Mitglied des Vorstands der heutigen Österreichischen Energieagentur ist, hat er seine Expertise für eine zukunftsfähige Energieversorgung prägend eingebracht. Wir bedauern mit Fritz Koppe eines unserer Gründungsmitglieder und eine große Persönlichkeit unserer eigenen Geschichte zu verlieren, sind gleichzeitig aber auch dankbar für sein Wirken und sein Vorbild für jüngere Generationen“, so Direktor Peter Traupmann, Geschäftsführer der Österreichischen Energieagentur.595 Besonders bei Koppes Familie war die Trauer groß. Sie würdigte den Verstorbenen als einen Menschen mit Humor und Optimismus, den sie sehr vermissen werde. Fritz Koppes Sohn, Dr. Peter Koppe, hielt beim Begräbnis seines Vaters eine berührende Rede. Peter Koppe sprach davon, dass sein Vater in politischen sozialistischen Verhältnissen groß geworden ist und ihn dies für sein weiteres Leben prägte. Fritz Koppe und seine Frau waren aktiv an der Gründung der Leopoldauer Kinderfreunde beteiligt. Der Ausdruck ihrer politischen Orientierung war auch ein Familienspruch: „Ich bin kein Jud, ich bin kein Christ, ich bin ein kleiner Sozialist.“ Dieses Motto behielten sie immer bei. Fritz Koppe hatte die nationalsozialistische Zeit stark geprägt, weil damals fast die ganze Familie ermordet wurde. Diese Epoche beeinflusste Fritz Koppes Bildung, weil er dadurch Nachteile hatte und erst nach dem Krieg seine Ziele mit Beharrlichkeit erreichen konnte. Prägend war außerdem seine schwere Sehstörung, aber er versuchte, diese Schwäche nicht in den Mittelpunkt zu stellen. Peter Koppe skizzierte den Lebensweg seines Vaters von seinen Tätigkeiten in 595
Austria Energy Agency, Nachruf auf Fritz Koppe: Energieexperte der ersten Stunde, URL: https://www.energyagency.at/aktuelles-presse/news/detailarchiv/artikel/nachruf-auf-fritz-koppe-ener energieexperte der-ersten-stunde .html?no_cache=1.
DAS AUSSCHEIDEN 185 der Arbeiterkammer bis zur Gründung des Konsumentenschutzes. Koppe war eine Person des öffentlichen Lebens und sein Lebensziel bestand darin, für die Konsumenten bessere Lebensbedingungen zu erzielen. Auch im Ruhestand war er aktiv und setzte sich für sicheres Wohnen und leistbares Leben ein. Er erhielt für seine Verdienste um die Republik Österreich das große goldene Ehrenzeichen. Privat war er sehr unternehmungslustig und hatte trotz seiner starken Sehbehinderung viele Hobbys. Peter Koppe hatte mit seinem Vater viele Diskussionen, die er immer als sehr anregend empfand. Fritz Koppe hatte sich bis zum Ende für eine bessere Umwelt eingesetzt und seinen Humor, trotz der Krankheiten, nie verloren.596 Gerhard Frühholz erinnerte sich an das Begräbnis. „Ich habe mich gewundert, dass die Trauergemeinde – gemessen an seinem Wirken – eher überschaubar war. Die Abschiedsrede hielt sein Sohn und ich hatte mir eigentlich mehr Leute erwartet.“597 Der VKI würdigte Fritz Koppe dafür, dass ihm die Sicherheit der Verbraucher vor Täuschung und minderwertigen Waren immens wichtig war. In einer Aussendung hieß es, dass Koppe schon Ende der 1950er Jahre im Verein für Einkaufsberatung mitwirkte. Ab 1960/1961 hatte er den Job beim VKI inne, wobei er seit 1973 bis zur Pensionierung 1994 Geschäftsführer dieses neu gegründeten Vereins war. In dem Artikel wurde weiters erwähnt, dass er sich nach seiner Pensionierung für die Rechte der Konsumenten einsetzte und erst seine Krankheit dem ein Ende setzte. Zudem wurde sein Lebenswerk gewürdigt, besonders seine Arbeit als Chefredakteur des VKI-Testmagazins „Der Konsument“. Koppe wurde nach seiner Tätigkeit im Handelsministerium zwischen 1970 bis 1973 als Sekretär bei Josef Staribacher Geschäftsführer des VKI, wobei er zusätzlich 1973 die Leitung der Abteilung für Konsumentenschutz in der Arbeiterkammer Wien übernahm.
596
597
Vgl. Archiv des Bezirksmuseums Wien-Josefstadt, Nachlass Fritz Koppe, Parte von 12.8.2015 von Familie Koppe. Interview mit Mag. Gerhard Frühholz, geführt von Catherine Lechner, 21.5.2021. Aufnahme bei der Autorin.
186 FRITZ KOPPE Koppes Erfolge lagen unter anderem darin, dass er ein hartnäckiger Verhandlungspartner war und sich sein ganzes Leben lang für die Rechte der Kunden einsetzte. Er konnte auch schwer verständliche Texte in leichter Form vorbringen, sodass sie jeder verstehen konnte. Es gelang ihm beim VKI, erstmals dessen Finanzierung auf eine solidere Basis zu stellen. Koppe war auch am Lebensmittelgesetz 1975 beteiligt und hatte einen starken Einfluss darauf, dass 1979 erstmalig ein eigenes Konsumentenschutzgesetz verabschiedet wurde. Franz Floss sah Koppe als einen unermüdlichen Kämpfer für die Rechte der Konsumenten. „Seine Gabe, auch komplexe Materien allgemein verständlich zu vermitteln, machte ihn zum unbestrittenen Papst der Verbraucher“, würdigte VKIGeschäftsführer Floss seinen Vorgänger. „Wir werden ihn vermissen.“598 Die „Salzburger Nachrichten“ berichteten am 15. August 2015, dass Fritz Koppe unter anderem als Urheber des konsumentenpolitischen Beirats gelte.599 Der VKI würdigte Koppe darüber hinaus als „Vater“ des Lebensmittelgesetzes 1975 sowie dafür, dass er sich auch nach seiner Pensionierung für die Rechte der Senioren eingesetzt hatte. 600 Rudolf Kaske (österreichischer Gewerkschaftler und Politiker, SPÖ) von der Arbeiterkammer beschrieb Koppe als „Konsumentenschützer mit Herzblut“. Er setzte sich vehement für die Rechte der Verbraucher ein, unter anderem gegen unseriöse Unternehmer oder im Fall gefälschter Lebensmittel.601 Präsident Blecha meinte dazu: „Die ältere Generation und der Pensionistenverband verlieren einen ihrer eifrigsten, kompetentesten und engagiertesten Interessensvertreter. Fritz Koppe 598
599
600
601
Vgl. Mag. Andrea Morawetz, Konsumentenpapst Fritz Koppe gestorben, Betriebsrats Information, Nr. 31 vom 13.8.2015, BK, 7.7.2016, URL: http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20150810_OTS0063/konsumente npapst-fritz-koppe-gestorben. Vgl. Konsumentenschützer Fritz Koppe gestorben, Salzburger Nachrichten, 11.8.2015. Vgl. Verein für Konsumenteninfo, „Mister Konsumentenschutz“ Fritz Koppe gestorben, 10.8.2015. Vgl. ebd., AK Kaske zum Ableben von Fritz Koppe: War Konsumentenschützer mit Herzblut, 10.8.2015.
DAS AUSSCHEIDEN 187 fungierte als erster Konsumentenschutzreferent des Pensionistenverbandes von 1996 bis 2011.“602 Koppe initiierte, abgesehen von seiner üblichen Arbeit, z.B. „Kaffeefahrten“, eine eigene Information für Senioren im Hinblick auf die EURO-Einführung und spielte eine bedeutende Rolle in der Entwicklung des Pflegeheim und des Heimaufenthaltsgesetzes. Koppe lagen die Sicherheit und besonders die Verhinderung von Haushaltsunfällen am Herzen. Er hielt anlässlich der Aktion „Seniorensicherheit“ des Pensionistenverbandes Vorträge in ganz Österreich und wies auf die Gefahren im Haushalt hin und wie man diese verhindern konnte. Außerdem veröffentlichte Koppe monatlich im PVÖMitgliedermagazin „Unsere Generation“ Verbraucherratschläge und klärte gleichzeitig die Kunden über Täuschungen und Lügner auf.603 Karl Blecha hob weiters hervor, „dass Fritz Koppe in der Pension nicht untätig war, sondern sich für den Pensionistenverband einsetzte und sich unabhängig von politischen Parteien im Seniorenrat für den Konsumentenschutz, speziell für ältere Personen, stark machte.“ 604 Koppe wurde von Bundespräsident Dr. Rudolf Kirchschläger zusammen mit anderen Experten, z.B. Herbert Lang, Franziska Smolka und Klaus Smolka, die im Unterausschuss zum „Lebensmittelgesetz“ mitwirkten, mit dem Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ausgezeichnet.605
602
603 604 605
Verein für Konsumenteninfo, Blecha: Pensionistenverband trauert um Fritz Koppe, 10.8.2015. Vgl. ebd. Ebd. Vgl. Österreichisches Staatsarchiv, AdR, Präsidentschaftskanzlei, Aktenzeichen 64286, 23.2.1976.
7. Zusammenfassung Fritz Koppe war nicht nur der „Konsumentenpapst“, sondern auch an der Schaffung des Lebensmittelgesetzes 1975 und des Konsumentenschutzgesetzes 1979 beteiligt. Er engagierte sich für die Rechte der Konsumenten. Koppe war ein Mensch, der für seine Überzeugungen gelebt hat und dessen wichtigstes Ziel es war, die Bevölkerung über die Konsumentenschutzrechte aufzuklären, um sie vor Schaden zu bewahren. Das Hauptziel dieser Biografie ist es, einen umfassenden Gesamtüberblick über Koppes Tätigkeiten zu geben, wobei ich besonders den Konsumentenschutz, die Entstehung der Zeitschrift „Der Konsument“, den Verein für Konsumenteninformation (VKI) sowie sein privates Umfeld skizziere. Koppe hatte sich außerdem maßgeblich für das neue Lebensmittelgesetz eingesetzt und bei der Verwirklichung der Lebensmittelkennzeichnung eine bedeutende Rolle gespielt.606 Neben dem Studium der Staatswissenschaften an der Universität Wien versuchte Fritz Koppe sich mit verschiedenen Aushilfsarbeiten über Wasser zu halten, z.B. als Zimmermann-Gehilfe, Posthilfskraft und beim Straßenbau, wo er bei der Gemeinde Gleise verlegte.607 Koppe bekam Ende April 1958 von der Arbeiterkammer unerwartet eine Einladung. Das war der Beginn von Koppes Arbeiterkammerkarriere.608 Koppe erhielt den Auftrag, aus dem Protokoll einer Vollversammlung eine vierseitige Broschüre zu fabrizieren. Koppe erinnerte sich: „Als ich fertig war, wurde ich zum Präsidenten, damals Minister a.D. Karl Maisel, gerufen. Er begrüßte mich als neuen Mitarbeiter und zeigte mir eine bereits gedruckte Broschüre mit dem Protokoll der Vollversammlung. Er meinte dann, dass meine Fassung weitaus besser wäre und beauftragte mich das Jahrbuch
606
607
608
Vgl. Personalabteilung AK-Wien, Lebenslauf-ergänzt Barbara Kintaert, Erstelldatum: 16.12.2016. Vgl. Archiv des Bezirksmuseums Wien-Josefstadt, Nachlass Fritz Koppe, Diktat für P. Lhotzky vom 19.1.2008, 2. Lichtenberger, Zeitzeugeninterview des Instituts für AK- und Gewerkschaftsgeschichte, 31, 11.12.2008,, 4-5.
189
190 FRITZ KOPPE der Kammer zu redigieren. Er bat mich, für ihn Korrespondenz zu erledigen und Redeunterlagen zu verfassen. Nach einigen Monaten traf ich Maisel, der in der Kammer mit ‚Herr Minister‘ und ‚per Sie‘ angesprochen wurde, bei einer Parteikonferenz. Ich unterhielt mich mit ihm und sagte ihm, was mir an meiner Tätigkeit gefalle und was nicht. Am nächsten Tag wurde ich zum Präsidenten zitiert: ‚Genosse Koppe, was Du mir gestern gesagt hast, war sehr interessant und ich werde darüber nachdenken. Aber, Herr Dr. Koppe, ab heute sind Sie vom Präsidium in die Abteilung ‚Konsumentenschutz, Rundfunk und Film‘ versetzt‘.“609 Fritz Koppe wurde daraufhin 1958 in den Bereich Konsumentenschutz, Rundfunk, Film versetzt. Er stellte alles in allem 2.000 Belangsendungen für die Arbeiterkammer her610 und wurde beauftragt, die Aufzeichnungen der AK kontinuierlich zu gestalten. 611 Durch Koppes Idee wurde 1968 das „Institut für Gesellschaftspolitik“ eingerichtet, das zwei Bereiche umfasste: Erstens einen journalistischen Beirat, für den Koppe zuständig war, und zweitens einen wissenschaftlichen Beirat, den Otto Wanke leitete.612 Er war in diesem Bereich bis 1980 als Geschäftsführer des Instituts für Gesellschaftspolitik aktiv. 1970 war er für das Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie bei Minister Josef Staribacher tätig.613 Im Sommer 1961 gründete Koppe die Zeitschrift „Der Konsument“, die bis heute besteht.614 1973 wurde er als Geschäftsführer des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) eingesetzt, zusätzlich zu seiner Arbeit in der AK, und behielt diese Funktion auch in der Staribacher-Periode. Das Ziel des Konsumentenschut-
609
610
611
612 613
614
Fritz Koppe, Episoden aus der Geschichte des VKI, Wie ich zum Konsumentenschutz kam, 4. Vgl. Hacker, Ein Leben gegen Gift und Galle, in: Wirtschafts-Woche Nr. 31, 29.7.1993, 35. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Fritz Koppe, Episoden aus der Geschichte des VKI. Vgl. ebd., 3. Vgl. Personalabteilung AK-Wien, Lebenslauf-ergänzt Barbara Kintaert, Erstelldatum: 16.12.2016. Vgl. ebd.
ZUSAMMENFASSUNG 191 zes ist es daher, eine harmonische Einigung zwischen den vorhandenen Mitteilungs- und Machtunterschieden herzustellen.615 Dieses Gesetz bedeutete eine grundsätzliche Veränderung des österreichischen Konsumentenschutzrechts und führte zu einer neuen Qualität für Konsumenten. Es wurden konsumentenpolitische Ziele in einzelnen juristischen Gebieten verwirklicht, z.B. im Preisrecht, der Gewerbeordnung, im Lebensmittelrecht sowie im Lebensmittelkennzeichnungsrecht. Beim Konsumentenschutzgesetz waren nicht nur gezielte Ausführungen vordergründig, sondern es standen vielmehr praktische lösungsorientierte gesellschaftliche Überlegungen der Umsetzbarkeit im Mittelpunkt. Das wichtigste Ziel des Gesetzgebers war es, eine hinreichende Modernisierung im Gesetz vorzubereiten. 616 Allerdings fehlten damals im Entwurf die Produzentenhaftung und die Haftung des Herstellers eines Produktes für Schäden, die dieses dem Kunden zufügt.617 In den 1980er Jahren wurden weiterführende Erneuerungen, z.B. das Zeitschriftenkeilerunwesen und schließlich das Produktsicherheitsgesetz sowie das Produkthaftungsgesetz beschlossen. Die 1990er Jahre waren dann der Höhepunkt des Konsumentenschutzes.618 Mit dem Konsumentenschutzgesetz wurden umfangreiche rechtliche Sicherheitsvorschriften entworfen, bei denen der Schutz gegen unlautere Allgemeine Geschäftsbedingungen eine bedeutende, aber nicht die alleinige Rolle spielte. Mit den Vorbereitungen waren vor allem eine Arbeitsgruppe in dem beim Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie eingerichteten Konsumentenpolitischen Beirat und eine Arbeitsgruppe im Bundesministerium für Justiz beschäftigt. Die Aufgabe der Arbeitsgruppe im Konsumentenpolitischen Beirat sollte vor allem „factfinding“ sein. Das Bundesministerium für Justiz hat dann im Lauf des Jahres 1977 den Entwurf eines Konsumentenschutzgesetzes ausgearbeitet und im vorgesehenen Begutachtungsverfahren zur Diskussion gestellt. Im Herbst 1977 hat die Bundesregierung einen über615 616 617 618
Vgl. ebd., 10. Vgl. Kosesnik-Wehrle, Lehofer u.a., Konsumentenschutzgesetz, 1-3. Vgl. Konsumentenschutzgesetz, Wien 1979, 13. Vgl. Kosesnik-Wehrle, Lehofer u.a., Konsumentenschutzgesetz, 1-3.
192 FRITZ KOPPE arbeiteten Entwurf als Regierungsvorlage dem Nationalrat vorgelegt (744 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des NR, XIV. Gesetzgebungsperiode).619 In der Regierungserklärung von Dr. Bruno Kreisky im Jahre 1970 wurde die Konsumentenpolitik zum ersten Mal erwähnt. Ihr Träger im Rahmen der Bundesregierung war ab 1976 das Handelsministerium, das 1970 einen Konsumentenpolitischen Beirat eingerichtet hatte, an dem die Sozialpartner, der VKI, Wissenschaftler, Einzelpersonen und Vereine mitwirkten.620 Am 1. Oktober 1979 trat das Konsumentenschutzgesetz (Bundesgesetzblatt Nr. 140/1979) in Kraft. Es bedeutete einen Wandel im Bestreben um die Bekanntmachung eines wirkungsvollen Verbraucherschutzes in Österreich. 621 Zudem wurde das Rücktrittsrecht endlich in Angriff genommen, wobei die Konsumenten bis zum Entstehen des Vertrags oder innerhalb einer Woche danach kündigen können. Besonders detailliert wurden die unzulässigen Vertragsbestandteile ausgearbeitet, mit denen gegen das „Kleingedruckte“ vorgegangen wurde. Diese Bestimmungen sollten nicht nur die Konsumenten, sondern auch Unternehmen schützen. Die Verbandsklage, die die FPÖ bedenkenlos auf andere Gebiete erweitert hätte und dem Gesetz deshalb nicht zustimmte, stand nun lediglich den Sozialpartnern und dem VKI zu.622 VKI ist ein typisches Beispiel für einen Verbändeverband.623 Die historische Entwicklung des VKI begann 1961 damit, dass die Sozialpartner eine einvernehmliche Konsumentenorganisation entwarfen. Als Nachfolger des Vereins für Einkaufsberatung und des Verbands österreichischer Konsumentenorganisationen wurde der VKI gegründet.624 Seine Aufgaben sind die Überprüfung der Produkte und die Information der Kunden über Warentests in der
619
620 621 622
623 624
Vgl. Reindl, Der österreichische Entwurf eines Konsumentenschutzgesetzes, in: Zeitschrift für Verbraucherpolitik, 1979/1, 72-73. Vgl. Tieber, Konsumentenpolitik in Österreich, in: Der Eisenbahner 11/76, 21. Vgl. Jesser, Kiendl u.a., Konsumentenschutzrecht, Band 12, 24. Vgl. NR Hauser erwartet Prozesslawine: 40 Paragraphen für die Konsumenten, Die Wirtschaft, 13.3.1979. Vgl. Kollmann, Konsumentenschutzpolitik, 127-135. Vgl. Die Entstehung des VKI, Konsument.
ZUSAMMENFASSUNG 193 Zeitschrift „Der Konsument“.625 Die Durchführung dieser Aufgaben machte die Konsumentenpolitik durchdachter und verlässlicher als in anderen Ländern.626 1975 wurden Vorschläge für die Arbeit des Konsumentenbeirates formuliert: Die Aufgabe jeder Konsumentenpolitik ist die Aufwertung der Lage der Konsumenten am Markt. Ohne Ausgleich der Marktmacht zwischen Käufer, Hersteller und Verteilungsapparat ist die soziale Marktwirtschaft bedroht. Darin liegt eines der Argumente, weshalb in allen Ländern der OECD Konsumentenbewegungen entstanden sind, die sich anfangs mit vereinzelten dringenden Schwierigkeiten des Konsumentenschutzes und der Marktwirtschaft beschäftigt haben.627 Schon der Beitritt Österreichs zum Europäischen Wirtschaftsraum brachte die Verpflichtung mit sich, den sogenannten „gemeinschaftlichen Rechtsbesitzstand“ der EG („Acquis Communautarie“) im Bereich des Konsumentenschutzes zu übernehmen und die österreichische Rechtsordnung entsprechend anzupassen. Durch Österreichs Beitritt zur EU 1995 wurde diese Entwicklung kontinuierlich fortgesetzt, was ein Mitentscheiden ermöglichte.628 In den 1990er Jahren erlebte das Konsumentenschutzrecht seinen wirklichen Siegeszug durch den Beitritt zur EG, der Vorläuferin der EU. Diese Veränderung brachte die Aufgabe mit sich, den besagten „gemeinschaftlichen Rechtsbesitzstand“ der EG als Kompetenz des Konsumentenschutzes zu akzeptieren und die österreichische Rechtsordnung demgemäß anzugleichen. Mit dem EG-Beitritt wurde eine kontinuierliche Entwicklung weitergeführt. Das Konsumentenschutzgesetz wurde innerhalb von 20 Jahren in Österreich zu einer bedeutenden Angelegenheit des Wirtschaftsrechts.629
625 626 627
628 629
Vgl. Konsument, In: Konsument 1/1961. Vgl. Tieber, Konsumentenpolitik in Österreich, in: Der Eisenbahner 11/76, 21. Vgl. Archiv der Arbeiterkammer Wien, Nachlass Fritz Koppe, Karton 056, Mappe 080,Vorschläge für die Arbeit des Konsumentenbeirates im Jahr 1975, 1-2. Vgl. Kosesnik-Wehrle, Lehofer u.a., Konsumentenschutzgesetz, 1-2. Vgl. ebd., 2-3.
8 Verwendete Quellen und Literatur 8.1 Archivalien des Österreichischen Staatsarchivs AT-OeStA/AdR, Gegenstand: 4 Experten im Unterausschuss „Lebensmittelgesetz“ des Ausschusses für Gesundheit und Umweltschutz der Kammer für Arbeiter und Angestellte, Tabelle über vier Personalanträge des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz, 1. Beiblatt zum Tabellenantrag Zl. 10.040/60-4/1975, 16. Februar 1976, AT-OeStA/AdR, Präsidentschaftskanzlei, Aktenzeichen 64286, 23. Februar 1976.
8.2 Archivalien des Parlamentsarchivs Stenographisches Protokoll, 2003/BR der Beilagen – Ausschussbericht BR (gescanntes Original), Bericht des Rechtsausschusses, Wien 13.3.1979, URL: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/BR/I BR/I-BR_02003/imfname_296676.pdf (abgerufen: 10.12.2021). Stenographisches Protokoll (gescanntes Original), 122. Sitzung NR XIV.GP-8. März 1979, 1-145,URL: https://www.parlament.gv.at/P AKT/VHG/XIV/NRSITZ/NRSITZ_00122/imfname_148705.pdf (abgerufen: 20.2.2022). 742/AB XII GP – Anfragebeantwortung (gescanntes Original), II-1692 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XII. Gesetzgebungsperiode, Der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie, Zl. 16.831-Präs.A/71, 14. 8.1971, 1-15, URL: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XII/AB/AB_007 42/imfname_389892.pdf (abgerufen: 20.2.2022). Stenographisches Protokoll (gescanntes Original), 385. Sitzung BR, 15. März 1979, 1-82, URL: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG /BR/BRSITZ/BRSITZ_00385/imfname_178925.pdf (abgerufen: 25.2.2022). Stenographisches Protokoll (gescanntes Original), 744 der Beilagen XIV.GP-Regierungsvorlage, 30.11.1977, 1-70. URL: https://www .parlament.gv.at/PAKT/VHG/XIV/I/I_00744/imfname_315902.pd f (abgerufen: 23.2.2022). Stenographisches Protokoll (gescanntes Original), 135. Sitzung NR XIII.GP-23. Jänner 1975, 1-140, URL: https://www.parlament.gv.a t/PAKT/VHG/XIII/NRSITZ/NRSITZ_00135/imfname_108867.pdf (abgerufen: 12.2.2022).
195
196 FRITZ KOPPE 1433 der Beilagen XIII.GP-Ausschussbericht NR (gescanntes Original), 134, URL:https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XIII/I/I_01 433/imfname_320536.pdf (abgerufen: 14.1.2022).
8.3 Archivalien des Bezirksmuseums Wien-Josefstadt Die Entstehung des VKI, Konsument. Glatz Harald, in: 50 Jahre Konsument, VKI, Februar 2012. Hacker Herbert E., Ein Leben gegen Gift und Galle, in: WirtschaftsWoche Nr. 31/29.7.1993, 34-35. 25 Jahre Konsument, In: Konsument 09/86. 40 Jahre Konsument, In: Konsument 8/2001. Konsument, Verein für Konsumenteninformation (Hg.), In: Konsument 01/1961. Konsument, Verein für Konsumenteninformation (Hg.), In: Konsument 08/1967. Konsument, Verein für Konsumenteninformation (Hg.), In: Konsument 56/1970. Konsument, Verein für Konsumenteninformation (Hg.), In: Konsument 12/1979. Konsument, Verein für Konsumenteninformation (Hg.), In: Konsument 9/86. Verein für Konsumenteninformation (Hg.), Test-Magazin Konsument (Hg.), 30.8.1980. Koppe Fritz, Episoden aus der Geschichte des VKI. Maier Wolfgang über das neue Konsumentenschutzgesetz, eine Lobby muss her, Extrablatt, Nr. 2, 1977-10-00, Wien, 14-15. Trauerrede des Sohnes von Dr. Fritz Koppe, Dr. Peter Koppe, 20.8.2015. VKI-Chronik, in: VKI-Chronik, 50 Jahre Konsument. VKI Geschichte, In: Konsument, 2007.
8.4 Archivalien des Instituts für Historische Sozialforschung (AK) Arbeit und Wirtschaft, Konsumentenschutzgesetz verabschiedet, 1979-0500. Nachlass Koppe Fritz, Karton 01, Mappe 001, Das stinkt: Frischfleisch sieht beim Test alt aus, Kleine Zeitung, 22.9.1994.
VERWENDETE QUELLEN UND LITERATUR 197 Nachlass Fritz Koppe, Karton 01, Mappe 001 Salzburg: Skandal um neuen Fleischskandal, in: SVZ, 22.9.1994. Nachlass Fritz Koppe, Karton 01, Mappe 001, Krammer: Strafrahmen ausschöpfen, Wiener Zeitung, 22.9.1994. Nachlass Fritz Koppe, Karton 01, Mappe 001, Der Fleischskandal findet nicht nur im Supermarkt statt, Ergebnis jedes dritten Einkaufs: „Verdorben“, Salzburger Nachrichten, 22.9.1994. Nachlass Fritz Koppe, Karton 01, Mappe 001, Neuauflage des Fleischskandals, Der Standard, 22.9.1994, 7. Nachlass Fritz Koppe, Karton 01, Mappe 001 Fritz Koppe, Die Sünde des Fleisches, in: WIENER, August 1993. Nachlass Fritz Koppe, Karton 01, Mappe 002, Handel/Konsumenteninformation/Rindfleisch, Konsumenteninformation fordert Kennzeichnungsverordnung für Rindfleisch, 22.9.1987. Nachlass Fritz Koppe, Karton 052, Mappe 024, Gesundheit/ Ernährung/Wien/Österreich, 16.7.1993. Nachlass Fritz Koppe, Karton 052, Mappe 024, Studiogespräch mit AKKonsumentenschützer Dr. Fritz Koppe; Moderation: Paul Tesarek am 16.7.1993. Nachlass Fritz Koppe, Karton 018, Mappe 027, „Fleischskandal“/Wirtschaftskammer: Wirtschaft für Umpackverbot von Frischfleisch, 15.7.1993. Nachlass Fritz Koppe, Karton 018, Mappe 027, Elisabeth Welzig, Bei allen Lebensmitteln verdorbene Ware gefunden, Kleine Zeitung, 17.7.1993. Nachlass Fritz Koppe, Karton 018, Mappe 027, SPÖ/Krismanich/Fleischskandal, Krismanich fordert konsumentenpolitische Initiativen, 14.7.1993. Nachlass Fritz Koppe, Karton 018, Mappe 027, AK, Fleischskandal: AK setzte Schutz der Konsumenten durch! AK-Kritik an Lebensmittelkennzeichnungsverordnung bestand zu Recht, Die Presse 15.7.1993. Nachlass Fritz Koppe, Karton 018, Mappe 027, Fleischskandal: umpacken wird verboten, Die Presse, 16.7.1993. Nachlass Fritz Koppe, Karton 011, Mappe 042, Aktennotiz von Fritz Koppe an den Präsidenten Adolf Czettel, Betreff: Kompetenz für Konsumentenschutzangelegenheiten, 10.12.1986. Nachlass Fritz Koppe, Karton 011, Mappe 042, Für ÖAKT-Resolution zum Thema Konsumentenschutz. Nachlass Fritz Koppe, Konsumentenpolitischer Leistungsbericht, Archiv des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz.
198 FRITZ KOPPE Nachlass Fritz Koppe, Karton 001, Mappe 001, Konsumenten/Arbeiterkammer, AK: Konsumentenschutz fehlt im Koalitionspakt, Utl: Umfassende Novelle des Konsumentenschutzgesetzes gefordert, 30.11.1994, APA 291 5 WI 0171. Nachlass Fritz Koppe, Mappe 047, Karton 031, Konsumentenschutzgesetz, 31.5.1979. Nachlass Fritz Koppe, Mappe 047, Mappe 031, Endlich Konsumentenschutz. Nachlass Fritz Koppe, Karton 055, Mappe 081, Arbeitskonzept des VKI, 17.5.1989. Nachlass Fritz Koppe, Karton 011, Mappe 042, Arbeitsprogramm des Konsumentenpolitischen Beirates. Nachlass Fritz Koppe, Karton 06, Mappe 014. Nach einem konservativen Jahrhundert-Ein Sozialist wird Handelsminister. Nachlass Fritz Koppe, Karton 07, Mappe 049. Einladung zum Symposium Atomangst 23.-25.10.1978. Nachlass Fritz Koppe, Karton 011, Mappe 042, 173-175. Kommentar zum Wirtschaftsprogramm der SPÖ, Konsumentenschutz, ohne Datum. Nachlass Fritz Koppe, Karton 030, Mappe 046. NZ, Personalia, 1995. Nachlass Fritz Koppe, Karton 030, Mappe 046, Wien 1994. NZ, 23.12.1994. Nachlass Fritz Koppe, Karton 030, Mappe 046 Wien 9.1.1995, Nr. 2.01.1995. 6 Fragen an Hannes Spitalsky. In: Profil. Nachlass Fritz Koppe, Karton 030, Mappe 046, Wien 1994, 23.12.1994. Neue Zeit (NZ). Nachlass Fritz Koppe, Karton 011, Mappe 016, AK Forderungen anlässlich des Jubiläums „10 Jahre Konsumentenschutzgesetz“, 12.10.1989. Nachlass Fritz Koppe, Mappe 047, Karton 031, Endlich Konsumentenschutz. Nachlass Fritz Koppe, Karton 011, Mappe 042, Erfolgsbericht. Gegen Ohnmacht des Käufers, Wiener Zeitung, 2.2.1979. Nachlass Fritz Koppe, Charta der Konsumentenrechte, wem wir sie verdanken, in: Gewinn 4/91, Karton 014, Mappe 021, 228. Nachlass Fritz Koppe, Karton 07, Mappe 049, Herbert Krejci, Pressedienst Österreichisches Komitee für Zwentendorf, Kernkraftswerksgegnerschaft bedeutet Schädigung des Lebensstandards. Nachlass Fritz Koppe Fritz, Karton 07, Mappe 049, Pressedienst, Österreichisches Komitee für Zwentendorf, Karl Schranz für Kernenergie.
VERWENDETE QUELLEN UND LITERATUR 199 Nachlass Fritz Koppe, Karton 011, Mappe 042, Kommentar zum Wirtschaftsprogramm der SPÖ, Konsumentenschutz, ohne Datum. Nachlass Fritz Koppe, Karton 030, Mappe 046, Neue Zeit (NZ), Personalia, 1995. Nachlass Fritz Koppe, Karton 030, Mappe 046, Neue Zeit (NZ), Wien 1994, 23.12.1994. Nachlass Fritz Koppe, Karton 056, Mappe 080, Vorschläge für die Arbeit des Konsumentenbeirates im Jahr 1975. Nachlass Fritz Koppe, Karton 011, Mappe 042, Wahlplattform der SPÖ, Die Konsumenten schützen, ohne Datum. Nachlass Fritz Koppe, Karton 07, Mappe 049, Günter Welser, Information über die Pressearbeit pro Zwentendorf, 21.10.1978. Nachlass Fritz Koppe, Karton 055, Mappe 081, Wirtschaftspolitik, Verbraucherinteressen noch bei weitem nicht realisiert, 30.12.1986. Nachlass Fritz Koppe, Protokoll, 1. Konsumentenforum am 10.9.1970, 113. Nachlass Koppe Koppe, Karton 030, Mappe 046, Konsumentenschutz, Oberösterreichische Nachrichten, 31.12.1994. Nachlass Fritz Koppe, 6 Fragen an Hannes Spitalsky, in: Profil, Archiv der Arbeiterkammer (AK), Karton 030, Mappe 046, Wien 9.1.1995, Nr. 2, 9. Jänner 1995. Nachlass Fritz Koppe, Konsumentenpolitischer Leistungsbericht, Mappe 041, Karton 014. Vkintern, 14.11.1994, Nr. 14. Staribacher Josef, Stärkeres Engagement der Frauen für Stromversorgung notwendig, Verein für Konsumenteninformation (VKI) von Fritz Koppe.
200 FRITZ KOPPE
8.5 Archivalien des Bundesministeriums für Handel, Gewerbe und Industrie Koppe Fritz, Konsumentenpolitik, 26. November 1970. Konsumentenfibel, 1979.
8.6 Literatur Amtsrat Lorenz Franz, Das neue LMG, Nr. 16, 2.8.1975. Arbeit und Wirtschaft, Nr. 9, AW Konsumentenpolitik, Sommerskandal im Rückblick: Lebensmittel und Haltbarkeitsdaten, 1993-09-00. Becker Peter, Gouvernance of Food Safety, The Austrian Case, in: Fabio Rugge (ed.), Food Safety, An international Comparison, Amsterdam 2016. Berger Harald, Schutz den Konsumenten, in: Salzburger Nachrichten, 13.3.1976. Bezirkszeitung der SPÖ, Kleine Nachrichten, Mitteilungen der Bezirksorganisation, Nr. 10, 4. Jg., Oktober 1952. Broda Christian für Justiz der Solidarität, in: Arbeiterzeitung, 2.4.1979. Cech Heidi, Wer bezahlt wann wem welchen Schaden? in: Presse, ecojournal, 9.8.1985. Crapouse Philippe, Katharsis oder Katalysator, Dipl.Arb., Wien 2010. Czeike Felix, Historisches Lexikon Wien in 5 Bänden, Band 4, Wien 1995. Das Gespräch mit Fritz Koppe, Verein für Konsumenteninformation, Die Presse, 15.2.1976. Das Konsumentenforum tagte, Arbeit und Wirtschaft, 25. Jg., Mai 1971. Das neue Konsumentenschutzgesetz in Stichworten, Neues Volksblatt, 19.10.1979. Das neue Weingesetz: Was drin ist, muss draufstehen, Arbeiterzeitung, 22.8.1985. Das Wirtschafts-Service, Wiener Wirtschaft, Nr. 46, 16.11.1979. Deixler-Hübner Astrid/Peter Kolba (Hg.), Handbuch Verbraucherrecht, Wien 2015. Die Angst vor dem 1. Oktober, Arbeiterzeitung, 5.4.1979. Die Chronik des Weinskandals, Neue Kronen Zeitung, 22.7.1985. Die Consumerism-Welle rollt an, Die Presse, 5.9.1973. Der Privatangestellte, Nr. 664, Februar 1975.
VERWENDETE QUELLEN UND LITERATUR 201 Der Staatsbürger, Konsumentenschutz-Rechtsproblem, 31. Jg., Folge 5. Doralt-Koziol, Stellungnahme zum Ministerialentwurf des Konsumentenschutz-Gesetzes: mit einer Gegenüberstellung der Texte von Gesetz, Regierungsvorlage, Ministerialentwurf, Wien 1979. EG-Harmonisierung des Verbraucherschutzes, Handelsblatt, Nr. 191, 13.10.1976. Eigenbericht der Presse, Neuer Beirat für Konsumenten. Eigenbericht der Presse, Weinskandal noch nicht am Höhepunkt, Weitere Chemikalien festgestellt. Ein Büchel über Konsumentenschutz, Arbeiterzeitung, 19.10.1979. Ein Riese erwacht, Profil, 7.1.1976. Erste Sitzung des Konsumentenforums, Wiener Zeitung, 19.10.1979. Freisleben Wolfgang, Furcht vor einer generellen Image-Schädigung, Die Welt, 15.8.1985. Föhlich-Sandner, Wein-Musterprozess, in: Tiroler Tageszeitung, 1985-0807. Gestatten: Sozialistische Jugend Österreichs (Hg.) Fritz Koppe, Wien 1957-1958. Gesundheit/Konsumentenschutz/Arbeiterkammer, APA 340 5 11 0148, 30.11.1994. Gewerkschaftlicher Nachrichtendienst, 9.10.1971. Göweil Reinhard, Viele kleine Weinskandale werden politisch geduldet, Der Standard, 28.5.1991. Greul Günther, Was vom Medienwirbel in Sachen Fleisch wirklich übrigbleibt: Der Skandal am Skandal, in: Die neue Wirtschaft, Nr. 8, 199308-00. Grundsätze der sozialistischen Jugendarbeit. Haidens erste Bilanz im Weinskandal, „Anlass für schärfere Bestimmungen“, Die Presse, 27.5.1985. Harbich Detlef, Sommerlicher Skandal, Die Presse, 14.7.1993. Horak Kurt, Besser Wohnen, Einkaufen jetzt ohne Sorgen, Oktober 1979. Industrie kritisiert Mängel am Konsumentenschutzgesetz, Die Presse, 5.4.1979. Informationsdienst der Sozial - und Betriebskommission der Sozialistischen Jugend Österreichs, Wien Februar 1952. Initiativen für Konsumenten, Wiener Zeitung, 4.7.1980.
202 FRITZ KOPPE Interview mit Fritz Koppe, Steine im Reis, Wochenpresse, 2.8.1978. Jesser Helga/Kiendl Doris, u.a., Das neue Konsumentenschutzrecht, Band 12, Wien 1997. Kampf dem Kleingedruckten, Wiener Zeitung, 11.4.1979. Kleingedrucktes entschärft, Wiener Zeitung, 9.3.1979. Kollmann Karl, Konsumentenschutzpolitik in Österreich, Wien 1986. Konsument intern, Jänner 1995. Konsumenten müssen Rechte nützen, Arbeiterzeitung, 11.4.1979. Konsumenten sollen mehr geschützt werden, Neue Zeit, Graz 9.4.1976. Konsumentenbeirat: Weiterwursteln oder entscheiden, VKI, Wien am 28.9.1977, o.S. Konsumerismus in Österreich, in: Internationale Wirtschaft, 10.8.1979. Konsumentenschutz: Viele Experten, wenig Ergebnisse, Volksstimme, 30.9.1971. Konsumentenschutz: Vorerst nur ein Papiertiger, Die Presse, 14.10.1981. Konsumentenschutz weiter mit Konsens der Sozialpartnerschaft, Die Presse, 27.3.1979. Konsumentenschutz in tragbarer Form, Tirols gewerbliche Wirtschaft, 17.3.1979. Konsumentenschutz-Rechtsproblem, Der Staatsbürger, 31. Jg., Folge 5. Konsumentenschutz-Oberösterreichische Nachrichten, 3.1.1995. Konsumentenschützer Fritz Koppe gestorben, Salzburger Nachrichten, 11.8.2015. Konsumentenschutzgesetz im Ausschuss nahezu einhellig, Wiener Zeitung, 2.3.1979. Konsumentenschutzgesetz, noch in dieser Legislaturperiode, Arbeiterzeitung, 30.1.1979. Konsumentenschutzgesetz, Verlag der österreichischen Staatsdruckerei, Wien 1979. Konsumentenpapst in Pension, Vorarlberger Nachrichten, 3.1.1995. Konsumentenpolitik und Handelspolitik, Die Wirtschaft, 20.12.1977. Konzept für Konsumentenpolitik, Wiener Zeitung, 27.3.1979. Koppe Fritz, 12/04, Jubiläumsausgabe vom 17.4.2012, Österreichs Konsumentenschutz auf Rollensuche, SOWIDOK und APA-Recherche anlässlich des 86. Geburtstags von Fritz Koppe, 23.2.2015. Koppe Fritz, Gewinn, Nr. 7-8, Jubiläumsausgabe vom 17.4.2012, Schluss mit der objektiven Konsumentenpolitik, SOWIDOK - und APARecherche anlässlich des 86. Geburtstags von Fritz Koppe, 23.2.2015.
VERWENDETE QUELLEN UND LITERATUR 203 Koppe Fritz, „Partner Konsument“, Konsumentenorganisationen in Österreich, in: Die Industrie 37, 13.9.(1974), 11. Mappe 048. Koppe Fritz, Wie die Zeitschrift Konsument entstand. Koppe Fritz, Verein für Konsumenteninformation, Herausgabe von TestMagazin Konsument, 30.8.1980. Koppe Max, 50 Jahre Kinderfreunde Leopoldstadt, Eine politische Chronik, Mai 1962. Kosesnik-Wehrle/Hans-Peter Lehofer u.a., Konsumentenschutzgesetz (KSchG) mit den geänderten Bestimmungen des ABGB und den EU-Richtlinien, Kurzkommentar, Manz-Verlag (Hg.), Wien 1997. Kreisky kündigt Konsumentenschutz an, Salzburger Nachrichten, 10.9.1976. Kreisky kündigt Konsumentenschutz an, Salzburger Nachrichten, 197810-00. Krejci Heinz, Konsumentenschutzgesetz: Kommentar, Wien 1986. Kritik an Staribacher, Die Presse, 18.9.1970. Laues Ja zum Konsumentenschutz, Schon wieder Wirbel um Ledodolter, Die Presse, 3.9.1979. Lebensmittelhersteller erneut verteufelt, Österreichische Fleischer Zeitung, 15.2.1975, Nr. 7. Lichtenberger Sabine, Zeitzeugeninterview des Instituts für AK - und Gewerkschaftsgeschichte, 11.12.2008. Lurger Brigitta/Augenhofer Susanne, Österreichisches und Europäisches Konsumentenschutzrecht, Springer Vienna (Hg.), 2. Auflage, Wien 2008. Märkische Allgemeine, Luckenwalder Nachrichten, Beilage, Ausflüge und Bücher, Max Koppe ist Mitbegründer der Leopoldstädter Kinderfreunde/Nachfahren leben in Wien, 8.1.2010. Mehr Klarheit für die Käufer, Arbeiterzeitung, 30.11.1978. Mehr Schutz für Konsumenten, Wiener Zeitung, 30.11.1977. Merth Roman, Das neue LMG, in: Österreichische Gemeinde Zeitung Nr. 12, 15.6.1975, 12/279. Morawec Ernst, Gewerkschaftliche Rundschau, Konsumentenforum und Beiratsminister, Oktober 1970. Mörth, Margarita, Unser Schaffen, Einer von uns, Und kein bisschen flügellahm […], 9 2000. Mraz Johann, Das neue LMG, in: Österreichische Milchwirtschaft, 7. 10. 1975, 30. Jg. Neuer Beirat für Konsumenten, Eigenbericht der Presse.
204 FRITZ KOPPE Neues Konsumentenschutzgesetz, Neues Volksblatt, Staribacher: Kompromiss bei Marktordnung, 27.4.1976. NR Hauser erwartet Prozesslawine, 40 Paragraphen für die Konsumenten, Die Wirtschaft, 13.3.1979. Nun gibt es schon 47 Verhaftungen im Weinskandal, Arbeiterzeitung, 22.8.1985. ÖVP-Pressedienst, 19.2.1971. Parlamentskorrespondenz, 4. Bogen, 14.1.1975. Pelinka Peter, Die Geschichte der Sozialistischen Jugend: 90 Jahre SJÖ ; 1894-1984, Mit einem Vorwort von Alfred Gusenbauer, Wien 1984. Postmann Klaus, Der Weinskandal: Genesis und Folgen, in: Willi Klinger, Karl Vocelka (Hg.), Wein in Österreich. Die Geschichte. 2. Auflage, Wien 2020, 232-242. Pöltinger Anny, Um den Schutz des Verbrauchers, in: Arbeit und Wirtschaft, 25. Jg., Juli 1971. Pressedienst der Kammer für Arbeiter und Angestellte, An Tageszeitungsredaktionen FS-voraus, FS1 1690, Ab 1. Oktober mehr Rechte durch Konsumentenschutzgesetz. Pressedienst der Kammer für Arbeiter und Angestellte, FS 1, 1690. Kinderfreunde-Archiv, Max Koppe, Laudatio Text. Rathkolb Oliver Josef Staribacher, in: Herbert Dachs, Peter Gerlich u.a. (Hg.), Die Politiker. Karrieren und Wirken bedeutender Repräsentanten der zweiten Republik, Wien 1995, 540-548. Rechtschutz für Konsumenten, Wiener Zeitung, 11.2.1978. Reindl Peter, Der österreichische Entwurf eines Konsumentenschutzgesetzes, in: Zeitschrift für Verbraucherpolitik, 1979/1. Salzburger Nachrichten, 1971-Jahr des Konsumenten, Ministerium: Maßnahmen zur Verbesserung der Marktübersicht, 3.1.1971. Selbherr Gabrielle, Max Winter, Sein Wort sprach für Freiheit und Recht. Seine Feder diente den Verkannten und Enterbten. Sein Herz aber schlug für die Kinder. Phil. Diss., Univ. Wien 1995.
VERWENDETE QUELLEN UND LITERATUR 205 Smolka Klaus, Das österreichische Lebensmittelbuch (ÖLMB) oder der Codex Alimentarius Austriacus. Die 100jährige Geschichte einer Idee auf dem Weg durch die Zeit, in: Die Ernährung: österreichische Ernährung/Nutrition, Zeitschrift für Wissenschaft, Recht, Technik und Wirtschaft, offizielles Organ der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung (ÖGE) und ihre Sektionen und Zweigvereine, des Fachverbandes der Nahrungs - und Genussmittelindustrie Österreichs, des Schutzverbandes der Österreichischen Lebensmittelindustrie = Nutrition: Austrian journal for science, law, technology and economy, Jg. 15/Nr. 9, Wien 1991. Smolka Klaus, Die Industrie, Das Lebensmittelgesetz 1975 (LMG 1975), Nr. 8. 21. 11.1975. Solidarität, Nr. 501, September 1971. SP-Frauen: Mehr Konsumentenschutz durch neue Verordnungen, Arbeiterzeitung, 13.6.1976. Steiner Maria, Die Presse, Zeichen der Zeit, Spectrum III, 20.000 Seiten Österreich, 26.4. 2014. Tieber Herbert, Konsumentenpolitik in Österreich, in: Der Eisenbahner 11/76, Nummer 11. Tribüne der Parteien, Salzburger Nachrichten, 22.6.1979. Überzogener Konsumentenschutz, Industrie kritisiert neues Gesetz, Kurier, 5.4.1979. Verbraucherschutz hat Vorrang, Regierungsentwurf für neues LMG viel umfassender als ÖVP-FPÖ Entwurf, Arbeiterzeitung, 3.3.1971. Verein für Konsumenteninfo, 10.8 2015. Verein für Konsumenteninfo, AK Kaska zum Ableben von Fritz Koppe: War Konsumentenschützer mit Herzblut, 10.8.2015. Verein für Konsumenteninfo, Blecha: Pensionistenverband trauert um Fritz Koppe, 10.8.2015. Verein für Konsumenteninfo, „Mister Konsumentenschutz“ Fritz Koppe gestorben, 10.8.2015. Verzweifelte Weinbauern: Wir wandern nach USA aus, Neues Volksblatt, 12.7.1985. Vocelka Karl, Geschichte Österreichs: Kultur-Gesellschaft-Politik ;[mit Zeittafeln, Biographien und Hinweisen auf Museen und Sammlungen], Graz, u.a. 2000. Weinskandal: Minister Haiden soll zurücktreten, Neues Volksblatt, 25.5.1985. Weinskandal noch nicht am Höhepunkt, Weitere Chemikalien festgestellt, Eigenbericht der Presse.
206 FRITZ KOPPE Weinskandal: Nun Kontakte Sinowatz mit Kanzler Kohl, Neues Volksblatt, 12.7.1985. Welzig Elisabeth, Bei allen Lebensmitteln verdorbene Ware gefunden, Karton 018, Mappe 027, Kleine Zeitung, 17 7.1993. Wendepunkt für den Konsumenten, Konsumenteninformation begrüßt Lebensmittelgesetz, 24.1.1975. Wimmer Inge (Hg.), Das Konsumentenschutzgesetz 1979, Rechtsgutachten Nr. 55, Sozialwissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft (SWA), Wien 1979. Wimmer Inge (Hg.), Die Regierungsvorlage zum Konsumentenschutzgesetz, Rechtsgutachten Nr. 54, Sozialwissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft (SWA), Wien April 1978. Worth Maria-Anna, Schmutz und Skandal, Eine soziologische Fallstudie des Glykolweinskandkals, Franfurt/New York 1990. Zernatto Veronika, Noch mehr Schutz für Verbraucher. Keine Einigung über Generalklausel, Die Presse, 20.10.1977. Zur Abwechslung einmal Ruhe. Konsumentenschutz ist durch, Kleine Zeitung, 9.3.1979. Zum Schutz des Konsumenten soll eigenes Gesetz geschaffen werden, Die Presse, 27.4.1976.
8.7 Schriftstücke aus einer Privatsammlung Albrecht Anneliese, Brief an Fritz Koppe, Wien 1994. Brauner Renate, Briefe an Fritz Koppe, Wien 1994. Fröhlich-Sandner Gertrude, Briefe an Fritz Koppe, Wien 1994. Kollmann Karl, Briefe an Fritz Koppe, Wien 1994. Koppe Fritz, Diktat von Fritz Koppe vom 23.6.2003, Auswirkungen der Rassengesetze auf die Familie. Koppe Fritz, Diktat für Lhotzky vom 19.1.2008. Koppe Fritz, Im Kampf gegen Gauner und Geschäftemacher, Sozialreportage, Konsument in Österreich, unveröffentlichtes Typoskript (als Handbuch gedacht), 16.6.1980, 1-186. Kintaert Barbara, Biographischer Abriss der Herkunftsfamilie von Fritz Koppe, Wien Februar 2021. Personalabteilung AK-Wien, Lebenslauf-ergänzt: B. Kintaert, Erstelldatum: 16.12.2016. Kintaert Barbara, Sozialistische Jugend-Typoskript von Fritz Koppe, Wien nach 1955.
VERWENDETE QUELLEN UND LITERATUR 207 Kintaert Barbara, Lebensumstände der Familie Koppe während des 2. Weltkrieges, Oral History, Privates Interview von B. Kintaert mit Fritz Koppe, Kassette vom 19.6.2003. Lehofer Hans-Peter, Brief an Fritz Koppe, Wien 1994 Psota Alfred, Brief an Fritz Koppe, Wien 1994. Schiejok Walter, Brief an Fritz Koppe, Wien 1994. Staribacher Josef, Brief an Fritz Koppe, Wien 1994 Tabellarischer Lebenslauf Dr. Fritz Koppe, Erstelldatum: 16.12.2018. Tabellarischer Lebenslauf Fritz Koppe, Erstelldatum: 24.10.1975.
9. Internetressourcen Austria Energy Agency, Nachruf auf Fritz Koppe: Energieexperte der ersten Stunde, URL: https://www.energyagency.at/aktuelles-press e/news/detail-archiv/artikel/nachruf-auf-fritz-koppe-ener energie experte der ersten stunde.html?no_cache=1 (abgerufen: 5.12.2021). Demokratiezentrum Wien, 2021, URL: http://www.demokratiezentrum. org/wissen/wissenslexikon/gildemeester-aswanderungsaktion.ht ml (abgerufen: 23.3.2020). Die Sozialistische Jugend, in: Politischer Jugendverband, siehe auch: URL: https://vereins.fandom.com/wiki/Sozialistische_Jugend_%C3%96 sterreich#Vorsitzende (abgerufen: 15.6.2020). Im Spiegel der Zeit: Blick zurück auf 60 Jahre VKI und Konsument, URL: https://vki.at/im-spiegel-der-zeit-blick-zurueck-auf-60-jahre-vki – und-konsument/5664, 26.3.2021 (abgerufen: 18.11.2021). Konsumentenschutz: Budget 2022 auf Vorjahresniveau, URL: https://w ww.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2021/PK1256/ (abgerufen: 15.11.2021). Andrea Morawetz, Konsumentenpapst Fritz Koppe gestorben, Koppe Fritz–gestorben, Betriebsrats Information, Nr. 31 vom 13.8.2015, BK, 7.7.2016, URL: hattp:/ /www.ots.at/presseaussendung/OTS_20150810_OTS0063/konsum entenpapst-fritz-koppe-gestorben (abgerufen: 4.1.2021). „Mister Konsumentenschutz“ Fritz Koppe gestorben, 10.8.2015, URL: https://www.tt.com/artikel/10367620/mister-konsumentenschutz -fritz-koppe-gestorben (abgerufen: 23.9.2021). Nachruf auf Fritz Koppe, Energieexperte der ersten Stunde, URL: https:/ /www.energyagency.at/aktuelles-presse/news/detail-archiv/artik el/nachruf-auf-fritz-koppe-energieexperte-der-ersten-stunde .html?no_cache=1 (abgerufen: 12.12.2021). Weblexikon der Wiener Sozialdemokratie 2005, URL: http://www.dasro tewien.at/koppe-max.html. (abgerufen: 19.12.2021). Ehrenbürger und bekannte Luckenwalder, Autor: Britta Jähner, URL: hatt ps://www.luckenwalde.de/Stadt/Geschichte/Ehrenb%C3%BCrge r – und-bekannte-Luckenwalder/ 26.3.2018. (abgerufen: 14.9.2022). URL:https://staribacher.acdh.oeaw.ac.at/?operation=searchRetriev e&query=fcs.rf=%22staribacher.13_28%22&x-%20context=staribach er&x-dataview=title,full&version=1.2&x-format=html, 1970-04-23 (abgerufen: 12.3.2022).
209
210 FRITZ KOPPE Staribacher Tagebücher, 1971-3-01. URL: https://staribacher.acdh.oeaw. ac.at/ (abgerufen: 12.3.2022). Zionismus: Die Idee des Kibbuz, Jüdisches Leben online, ha Galil.com, URL: https://www.hagalil.com/israel/kibbutz/kibbutz.htm. (abgerufen: 14.1.2022). Österreichische Mediathek, Mittagsjournal, Konsumentenschutz:, Vergleich EG-Österreich, 17.2.1989. URL: https://www.mediathek.at/k atalogsuche/suche/detail/?pool=BWEB&uid=090DACC3-030-0003 8-00000C8C-90D2064&vol=56209&cHash=325f05359dbb218c27b7f1b 934b357dc , (abgerufen: 10.11.2022). Österreichische Mediathek, Mittagsjournal, Europäische Union-Auswirkungen auf das Lebensmittelgesetz. Das Mittagsjournal informiert über Vor - und Nachteile eines möglichen EU-Beitritts, 23.3.1994.URL: https://www.mediathek.at/katalogsuche/suche/d etail/?pool=BWEB&uid=114C992D-251-001BC-00000BBC-114BC3E9 &vol=88501&cHash=00cafe51573aa6e6d6b4120957d15bff (abgerufen: 14.11.2022). Österreichische Mediathek, Mittagsjournal, Konsumentenschützer Koppe geht in Pension, Wien 21.2.1995/5. Österreichische Mediathek, Mittagsjournal, Konsumentenschutz fehlt im Koalitionspakt, Karton 001, Mappe 001, 30.11.1994. URL: https://w ww.mediathek.at/katalogsuche/suche/detail/?pool=BWEB&uid=1 1618696-0EA-00104-00000774-1613032&vol=102135&cHash=29eac08 69158050ce4089bccab2ece6f (abgerufen: 15.11.2022) ZIB-Abendstudio-Studiogespräch Koppe, Fritz Koppe geht nach 22 Jahren aktiver Tätigkeit beim Verein für Konsumentenschutz (VKI) in Pension, 20.2.1995. VKI Tätigkeitsbericht, Wien 2018. URL: https://vki.at/system/files/2020 -11/2018_vki- taetigkeitsbericht.pdf (abgerufen: 5.1.2022). VKI Tätigkeitsbericht 2019, Wien 2019, URL: https://vki.at/system/files /2020-11/2019_vki-tatigkeitsbericht.pdf (abgerufen: 12.10.2021).
10.
Verzeichnis der Interviewpartner
Das Ziel der Gespräche war es, den Lebensweg Fritz Koppes darzustellen. Bedauerlicherweise gaben einige seiner ehemaligen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen keine Zustimmung zu einem Gespräch, entweder aus persönlichen oder anderen Gründen. Trotzdem ist es mir aufgrund einiger Gespräche mit Persönlichkeiten gelungen, den beruflichen und persönlichen Lebensweg Koppes darzustellen. 1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Hofrat Dr. Hans-Peter Lehofer (Jurist) am 4. Mai 2021. Herr Dr. Lehofer war von 1986 bis 1997 Mitarbeiter des für Konsumentenschutz zuständigen Bundesministeriums und für den Verein für Konsumenteninformation tätig. Mag. Gerhard Früholz am 21. Mai 2021. Frühholz war seit 1978 Chefredakteur der Zeitung „Der Konsument“ und ist nunmehr in Pension. Dr. Caspar Einem (Jurist) am 30. Mai 2021. Dr. Einem war unter anderem Angestellter der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien 1980-1991 und ist leider im September 2021 verstorben. Dr. Peter Kolba (Jurist) am 14. Juni 2021. Er war von 1990 bis 2017 Vorsitzender für den Bereich Recht im Verein für Konsumenteninformation. Er führte Musterprozesse und Verbands - und Sammelklagen, um der Kundschaft zu ihrem Recht zu verhelfen. Prof. Dr. Konrad Brustbauer am 1. Juli 2021. Er war früher Richter und Leiter der Kommission zur Veröffentlichung des Österreichischen Lebensmittelbuches (Codexkommission). Heinz Schöffl am 27. Juli 2021. Ehemaliger Mitarbeiter der Abteilung Konsumentenpolitik von 1989 bis 1995 bei Dr. Koppe. Ing. Franz Floss am 9. August 2021. Er war 40 Jahre im VKI als Lebensmittelchemiker tätig und als Geschäftsführer.
211
212 FRITZ KOPPE 8.
Eva Kolber am 12. August 2021. Ehemalige Abteilungsleiterin für Öffentlichkeitsarbeit und Marketing des VKI sowie Journalistin. 9. Dr. Hannes Spitalsky am 11. Oktober 2021. Er war Geschäftsführer des VKI und Referatsleiter. 10. Dr. Harald Glatz am 12. April 2021. Er begann 1974 in der AK-Umweltabteilung, deren Leiter er ab 1979 war. Seit 1995 leitete er die AK-Konsumentenabteilung. Dr. Glatz war seit 2001 Präsident des VKI. 11. Dr. Michael Blass (Jurist) am 15. März 2021. Geschäftsführer der Agrarmarkt Austria Marketing GesmbH. 12. Ing. Herbert Sedy am 11. Oktober 2021. Er war zuständig für die Technik 2 und für das Labor. 13. Dr. Erwin Lanc am 7. Dezember 2021. Er war ein österreichischer Politiker, Innenminister und Freund von Fritz Koppe aus der Sozialistischen Jugend. 14. Maria Ettl am 11. Oktober 2021. Sie war 34 Jahre lang Managerin und Sekretärin von Koppe.
11.
Abbildungen
11.1
Firma Neuber
Abb: Drogisten-Zeitung 15. Dez. 1927, Seite 41 (Quelle: gefunden digital in ANNO, Österreichische Nationalbibliothek, unter: https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=drz &datum=19271215&query=%22wilhelm+neuber%22&ref=anno-se arch&seite=41)
214 FRITZ KOPPE
11.2
Zeugnisse von Fritz Koppe
Abb.: Hauptschulzeugnis von Fritz Koppe (Quelle: Nachlass Fritz Koppe, Archiv der Arbeiterkammer).
ABBILDUNGEN 215
Abb.: Maturazeugnis von Fritz Koppe (Quelle: Nachlass Fritz Koppe, Archiv der Arbeiterkammer).
216 FRITZ KOPPE
11.3
Bilder von Fritz Koppe
Abb. ca. 1951: Max Koppe geb. 1887 in Luckenwalde, gest. 1968 in Wien. Berta Koppe, geb. Fleischer, geb. 1889 in Wien, gest. 1960 in Wien. Fritz Koppe, geb. 1929 in Wien, gest. 2015 in Wien (Quelle: Erinnerungsstücke und private Dokumente, bereitgestellt von der Schwiegertochter Barbara Kintaert).
ABBILDUNGEN 217
Abb.: „Handwerker auf der Walz“ (Quelle: Erinnerungsstücke und private Dokumente, bereitgestellt von Barbara Kintaert.).
218 FRITZ KOPPE
Abb.: Fritz Koppe (Quelle: Bildarchiv des VKI, Wien)
Abb.: Fritz Koppe, Josef Staribacher und Bruno Kreisky (Quelle: Bildarchiv des VKI, Wien).
ABBILDUNGEN 219
Abb.: Fritz Koppe (Quelle: Bildarchiv Firma WILKE 1010 Wien. Die Fotorechte wurden auf Fritz Koppe übertragen)
Abb.: Fritz Koppe und seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (Quelle: Bildarchiv, Archiv des Bezirksmuseums Wien-Josefstadt)
ibidem.eu