D DER LEUCHTTURM Einsame Männer D THE FAREWELL Ehrlich & zärtlich D CUNNINGHAM Improvisation & Zufall D DIE SEHNSUCHT DER SCHWESTERN GUSMÃO Jahrzehntelange Suche D BRUDERLIEBE Sehr behutsam D SCHÖNHEIT & VERGÄNGLICHKEIT Katzen der Nacht D ALLES AUSSER GEWÖHNLICH Plädoyer für Menschlichkeit D JEANNETTE – DIE KINDHEIT DER JEANNE D’ARC Junge Revolte D DIE WACHE Prägnante Absurditäten D AQUARELA Blau, Grün und Schwarz D THE PEANUT BUTTER FALCON Zwei Männer und ein Floß D ARETHA FRANKLIN: AMAZING GRACE Zeitdokument D JAM Rasantes Knirschen D DIE GLITZERNDEN GARNELEN Freundschaft, Solidarität, Glamour
Magazin FÜR unabhängigeS BERLINER KINO
D 65 D DEZEMBER 2019
indiekinoBERL
DER LEUCHTTURM – Start am 28.11.2019
„Dieser Film vereint New York und Woody Allen in Bestform.“ Timothée Chalamet Elle Fanning Selena Gomez Jude Law Diego Luna Liev Schreiber
A Rainy Day in New York Drehbuch und Regie
Woody Allen
Ab 5. Dezember im Kino
LES FICHES DU CINÉMA
INDIEKINO BERLIN WIRD UNTERSTÜTZT VON DEN INDIEKINOS D ACUD KINO D B-WARE!LADENKINO D BALI KINO D B rotfabrik Kino D BUNDES PLATZ KINO D City Kino Wedding D EVA-LICHTSPIELE D FILMRAUSCHPALAST D FSK-KINO AM ORANIENPLATZ D IL KINO D KROKODIL D SPUTNIK KINO AM SÜDSTERN D TILSITER LICHTSPIELE D UNION FILMTHEATER D XENON KINO D WOLF KINO D Z-INEMA D ZUKUNFT D B-WARE! OPEN AIR D FLB Weissensee D FLK FRIEDRICHSHAGEN D FLK HASENHEIDE D FLK INSEL D FLK POMPEJI D FLK „UMSONST & DRAUSSEN“ IM FILMRAUSCHPALAST
Editorial Im Januar haben wir an dieser Stelle einen Ausblick auf das Filmjahr 2019 unternommen und die Prognose gewagt: „Dem Feminismus geht es gut!“ Und tatsächlich sind in diesem Jahr fantastische und sehr vielfältige Filme von Regisseurinnen ins Kino gekommen, angefangen bei CAPERNAUM von Nadine Labaki im Januar über Susanne Heinrichs DAS MELANCHOLISCHE MÄDCHEN bis hin zu Lulu Wangs THE FAREWELL. Céline Sciammas DAS PORTRÄT EINER JUNGEN FRAU IN FLAMMEN war in unserer Redaktion der absolute Favorit des Jahres 2019 (alle Lieblingsfilme 2019 findet ihr online auf www.indiekino.de). Wenn man allerdings auf die nackten Zahlen schaut – offenbar ist es doch noch nicht an der Zeit, mit dem Zählen aufzuhören - relativiert sich das Bild. Wir haben uns angeschaut, wie viele der Filme, über die wir in diesem Jahr berichtet haben, von Frauen und wie viele von Männern gedreht wurden, und wir haben uns angesehen, aus welcher Perspektive sie erzählt sind, und wer im Fokus steht. Das erfreuliche Ergebnis: Fast so viele Filme handeln von Frauen oder einer weiblichen Perspektive, wie von einer männlichen Sicht der Dinge. Es war also auf jeden Fall ein ausgezeichnetes Jahr für Schauspielerinnen, die nicht nur große, sondern auch sehr komplexe Rollen aller Altersklassen spielen konnten. Olivia Colman in THE FAVOURITE, Corinna Harfouch in LARA, Juliette Binoche in WIE DU MICH WILLST – alles drei Filme von Männern übrigens. Mit 10% lag auch die Anzahl der queeren Geschichten im vermuteten Bevölkerungsschnitt. Der Downer: Der Anteil der Regisseure lag mit 77% bei über Dreiviertel, der von Regisseurinnen lediglich bei 23%, und der offen queerer Regieführender sogar nur bei 4%. Unser Fazit: Weibliche und queere Geschichten sind im Weltkino angekommen – weibliche und queere Filmschaffende noch nicht. Mal sehen, was 2020 bringt. Alles Gute für die Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr! Eure INDIEKINO-Redaktion Die Januar/Februar-Ausgabe von INDIEKINO erscheint als Doppelheft am 27.12.
GIULIANO MONTALDO
ANDREA CARPENZANO
ARTURO BRUNI
ANTONIO GERARDI
DONATELLA FINOCCHIARO
Ein Film von
Francesco Bruni (Scialla!)
www.kairosfilm.de
Ab 5. Dezember im Kino
INDIEINHALT
06 Magazin 10 „ICH WÜRDE SAGEN, DASS ICH EINE GEWISSE INNERE UNGEMÜTLICHKEIT ANSTREBE“ INTERVIEW MIT ROBERT EGGERS ZU DER LEUCHTTURM
30 JUNGE REVOLTE JEANNETTE: DIE KINDHEIT DER JEANNE D’ARC & JEANNE D’ARC
14 Ehrlich & Zärtlich THE FAREWELL
36 Kinderfilme
16 IMPROVISATION & ZUFALL CUNNINGHAM
38 Kinohighlights 45 Kinoadressen, Impressum, Abo 46 Nachbild
Neu im DEZEMber 34 29 23 33 32 33
7500 All I Never Wanted Alles außer gewöhnlich Alles was du willst Das alte Böse Alva
26 27 34 20 29 16
Aquarela Aretha Franklin: Amazing Grace Auerhaus Bruderliebe Buñuel im Labyrinth der Schildkröten Cunningham
32 14 20 22 27 20 28 30 28
Einsam Zweisam The Farewell Das Forum Der geheime Roman des Monsieur Pick Die glitzernden Garnelen Havelland. Fontane Jam Jeannette – Die Kindheit der Jeanne d‘Arc The Kindness of Strangers
10 21 34 18 21 26 18 22 19 24 35 19 35
Der Leuchtturm Madame Motherless Brooklyn Ordinary Time Pavarotti The Peanut Butter Falcon A Rainy Day in New York Schönheit & Vergänglichkeit Die Sehnsucht der Schwestern Gusmão Die Wache Wild Nights With Emily Wild Rose Die zwei Päpste
Starts der Woche 28.11.
5.12.
12.12.
25.12.
32 27 20 10 35
23 33 34 20 27 20 18 18 22 35
29 33 26 28 21 34 24 19
34 7500 30 Jeannette – Die Kindheit der Jeanne d’Arc
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Das alte Böse Aretha Franklin: Amazing Grace Bruderliebe Der Leuchtturm Wild Nights With Emily
D DEZEMBER 2019
Alles außer gewöhnlich Alles was du willst Auerhaus Das Forum Die glitzernden Garnelen Havelland. Fontane Ordinary Time A Rainy Day in New York Schönheit & Vergänglichkeit Die zwei Päpste
All I Never Wanted Alva Aquarela The Kindness of Strangers Madame Motherless Brooklyn Die Wache Wild Rose
19.12.
26.12.
16 32 14 26
29 22 28 21 19
Cunningham Einsam Zweisam The Farewell The Peanut Butter Falcon
Buñuel im Labyrinth der Schildkröten Der geheime Roman des Monsieur Pick Jam Pavarotti Die Sehnsucht der Schwestern Gusmão
INDIEMAGAZiN
CÉDRIC KLAPISCH PRESENTS: À NOS AMOURS Einmal im Monat lädt der Streaming-Dienst LaCinetek Filmemacher*innen ins Wolf ein, um ihre Lieblingsfilme zu präsentieren. Am 3.12. um 19 Uhr stellt Cédric Klapisch Maurice Pialats À NOS AMOURS (AUF DAS, WAS WIR LIEBEN, F 1983, OmeU) vor. Pialats Debütfilm, in dem die junge Sandrine Bonnaire die sechzehnjährige Pariserin Suzanne spielt, die sich auf eine Affäre nach der anderen einlässt, um der dysfunktionalen Familie zu entkommen, war in Deutschland bislang nur auf Festivals zu sehen.
SURVIVING VOICES USA – BERLIN Das 2015 gegründete AIDS Oral-History Projekt „Surviving Voices“ hat das Ziel, in Filmen die Geschichte und Geschichten zu HIV und Aids festzuhalten und für die Nachwelt zu bewahren. Jeweils zum Welt Aids Tag, dem 1.12., haben die Interview-Filme mit HIV-positiven und Aids-Kranken aus verschiedenen Communities Premiere und sind dann auf der Internetseite einsehbar. Dieses Jahr sind die „Surviving Voices“ Trans-Personen mit HIV/Aids gewidmet. Zum Welt Aids Tag in Berlin präsentiert Gaby Tupper den Abend „Surviving Voices USA – Berlin“ in der Kino-Bar des Sputnik Kinos. In drei Film- und Show-Blöcken laufen ausgewählte Filme aus den Kategorien „Leather Community & AIDS“ (18 Uhr), „Women & AIDS“ (19 Uhr) und als Premiere „Trans* & AIDS“ (20 Uhr). Die Stimmen aus Berlin tragen Künstler*innen (Mads Elung-Jensen, BeV StroganoV, Camelia Light) und Aktivist*innen bei. Die Show schmeißen Gaby Tupper und der Sänger Loris Daniel. Der Eintritt ist frei, Popcorn gibt es gratis, Spenden sind erwünscht.
SINFONIE DER GROSSSTADT Einfach immer wieder schön und für alle Berliner*innen Pflichtprogramm: Am 22.12. um 19.30 Uhr zeigt das Sputnik Kino wieder einmal Walter Ruttmanns bahnbrechenden Montage-Film BERLIN – DIE SINFONIE EINER GROSSSTADT (D 1927) in einer Vertonung des Berliner Elektronik-Duos Tronthaim.
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LE HAVRE & GESPRÄCH Aki Kaurismäki
AKTIONSTAG: MENSCHSEIN Am 3.12.,
drehte LE HAVRE, in dem Schuhputzer Marcel den jungen Flüchtling Idrissa kennenlernt und vor den Behörden, namentlich vor Inspector Monet, versteckt, 2012 in Frankreich. Der Film ist schräg und lakonisch wie immer, und zugleich ernsthafter Aufruf zu mehr Mitgefühl. Am 10.12. um 19 Uhr präsentieren Studierende der Romanistik den Film mit einer Einführung im City Kino Wedding.
dem „Tag der Menschen mit Behinderung“ zeigen bundesweit nahezu 100 Kinos den Dokumentarfilm MENSCHSEIN von Dennis Klein und Oliver Stritzke, in dem die Regisseure um die Welt reisen und mit Menschen mit und ohne Behinderungen ins Gespräch kommen. Wie sind die Lebensbedingungen? Wie kann sich Zusammenleben gestalten? In den Eva-Lichtspielen wird der Film um 18 Uhr gezeigt, anschließend gibt es ein Gespräch mit Yvonne Falckner, Dozentin Pflege & Soziales (Careslam).
Future Urban Architecture © Syd Mead, 1979
AUSSTELLUNG: SYD MEAD – FUTURE CITIES Die Galerie O&O Depot zeigt noch bis zum 16.1.2020 die erste deutsche Soloausstellung mit Werken des Zeichners und Designers Syd Mead. Syd Mead hat die Bilder der Zukunft entworfen, die das Kino bis heute bestimmen. Seine retro-futuristischen Entwürfe waren die Inspiration – oder gleich Teil des Set-Designs – für BLADE RUNNER und BLADE RUNNER 2049, Aliens, Tron, 2010, Mission to Mars und Elysium. Die Ausstellung „Syd Mead – Future Cities“ konzentriert sich auf Stadtansichten von Mead, vor allem aus seinem Band „Sentinel“ von 1979. „Sentinel“ bestimmte das Design von Downtown Los Angeles in BLADE RUNNER, aber in Meads Zeichnungen ist die Stimmung deutlich optimistischer. Seine Zukunft ist eine Welt aus Stahl und Licht, in der elegante Menschen entspannt den Luxus genießen. Meads Visionen stammen aus einer Zeit, als die Zukunft noch Stoff zum Träumen lieferte.
KURZFILMTAG
Überall in Deutschland werden am 21.12., dem kürzesten Tag des Jahres, Kurzfilme gemacht und gezeigt. Wer einen Raum zur Verfügung hat und zum Filmeschauen einladen möchte, kann dabei mitmachen, vom Kino über Kita und Schule bis zum WG-Wohnzimmer. Für das Brotfabrik Kino hat Teresa Vena ein eigenes Programm zusammengestellt, im Bundesplatz-Kino präsentieren die Berliner Experimentalfilmer Daniel Höpfner und Bert Gottschalk eigene Arbeiten, die von „Dachböden, Fensterbildern, industriellen Abgründen, zerstörten Stadtidyllen“ handeln, Acud und Sputnik sind bereits nachmittags mit Kinderprogrammen dabei und zeigen später baltische, neue deutsche und feministische Kurzfilme. kurzfilmtag.com
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WEDDING MIT CRAFT BEER
INDIEMAGAZiN
KALENDER: PREVIEWS, PREMIEREN & GÄSTE HAVELLAND. FONTANE
SEARCHING EVA
Besprechung auf Seite 20. Zu Gast: Regisseur Bernd Sallmann 3.12. um 19 Uhr, Krokodil
Dokfilm über die schillernde Influencerin. Mit Q&A 9.12. um 21 Uhr, Il Kino
MORGEN SIND WIR FREI
SCHÖNHEIT & VERGÄNGLICHKEIT
1979 emigrieren Beate und Omid aus der DDR in den Iran – in der Hoffnung auf ein freieres Leben. Zu Gast: Regisseur Hossein Pourseifi & Hauptdarsteller Reza Brojerdi 3.12. um 20 Uhr, Union Kino
KOSMISCHE BROCKEN – FRANK ZAPPA UND DIE DEUTSCHEN Zum 26. Todestag von Frank Zappa läuft der Dokfilm über die Hardcore-Fans hinter der „Zappanale“. Zu Gast: Regisseur Jörg Wulf 4.12. um 20.30 Uhr, Sputnik Kino
Premiere: Es war da eine Zeit – Erinnerungen an die DDR Als in der DDR eine neue Gesellschaft aufgebaut werden soll, sind Manfred Dahms, Eckhard Netzmann und Wera Thiel begeistert dabei. Doch die innere Bindung an den Staat geht den Führungskräften, die der Film porträtiert, im Laufe der Jahre verloren. Zu Gast: Regisseur Axel Geiß 6.12. um 20 Uhr, Brotfabrik Kino
VOICE OF NATURE Dokumentarfilm über das Schlittenhundrennen Yukon Quest. Zu Gast: Yukon Quest Kenner und Crew-Mitglied Sui Kings 5.12. um 20.30 Uhr + 7.12. um 15.30 Uhr, Union Kino
UNGARISCHER ABEND: PERIPHERE FREIHEITEN – IN UNGARN UND DEUTSCHLAND Gemeinsam mit dem Collegium Hungaricum zeigt das Brotfabrik Kino ISKA’S JOURNEY (2007, R: Csaba Bollók) über ein Mädchen, dass sich mit Metallsammeln über Wasser hält und DAS MÄDCHEN (1968, R: Márta Mészáros) über das Zusammentreffen eines im Waisenhaus aufgewachsenen Mädchens mit ihren Eltern. Einführung: Borjana Gaković (Bundesverband kommunale Filmarbeit e.V.). 5.12. um 18 & 20 Uhr, Brotfabrik Kino
Martin Buchholz liest: Alles in bester Verfassung 6.12. um 20.30 Uhr, Bali-Kino
DER DUFT DE WESTPAKETS Dokfilm und Duftprobe. Zu Gast: Regisseurin Maja Stieghorst 8.12. um 18 Uhr, Union Kino
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D DEZEMBER 2019
Das City Kino Wedding zeigt am Sonntag, den 22.12. um 18 Uhr den Weddinger Kultfilm WEDDING von 1989, in dem Regisseur Heiko Schier die drei Schulfreunde Markus, Sulle und Susanne einen Tag und eine Nacht lang begleitet, unter anderem aufs Parkdeck von Möbel Höffner. Dazu gibt es natürlich Bier, allerdings hipperes als es Sulle 1989 auf den Thekenplatz gestellt bekommen hätte. Die Weddinger Vagabundbrauerei schenkt ihr Bindlestiff IPA nur an diesem Tag im Kino für 2,50 € aus.
Besprechung auf Seite 22. Zu Gast: Regissseurin Annekatrin Hendel 10.12., Krokodil
Sneak Preview 10.12. um 21.15 Uhr, City Kino Wedding
FILM AUS PAPIER Studierende der dffb lesen aus ihren Drehbüchern vor 11.12. um 20.30 Uhr, Sputnik Kino
ALL I NEVER WANTED Filmbesprechung auf Seite 29. Kinofeier & Filmgespräch 13.12. um 19 Uhr, Wolf
ALL I NEVER WANTED Filmbesprechung auf Seite 29. Zu Gast: Schauspielerinnen Judith Neumann & Sophie Bogdan 14.12. um 20 Uhr, Union Kino
MADAME Filmbesprechung auf Seite 21. Zu Gast: Regisseur Stephane Riethauser 15.12., fsk-Kino
DAS FORUM Filmbesprechung auf Seite 20. Zu Gast: Kerstin Doerenbruch (Greenpeace Berlin) 16.12., Union Kino
NEUES IRANISCHES KINO: THE INVINCIBLE DIPLOMACY OF MR NADERI Der Geschäftsmann, Patriarch und Gastronom beschließt, die Beziehungen zwischen dem Iran und der USA mittels eines Friedensteppiches zu verbessern. Dokfilm. 19.12. um 20 Uhr, Acud Kino
OPEN SCREENING:TESTBILD Mutige Regisseur*innen präsentieren aktuelle Arbeiten. 18.12. um 20.30, Sputnik Kino
VINYLRAUSCH Gemeinsam Platten hören in der Sputnik Kinobar. 19.12. um 19.30 Uhr, Sputnik Kino
SLOWLANDS – WHISKY UND SPIRITS BAR Langsame Getränke und passende Musik in der Kinobar. 20.12. ab 21 Uhr, Sputnik Kino
Kevin allein in New York
FEIERTAGSKINO Wer eine Alternative zu Familie-unterm-Weihnachtsbaum sucht ist Weihnachten im Filmrauschpalast gut aufgehoben. Dort gibt es im unbürgerlichen Ambiente (aber mit Kamin bzw. Allesbrenner) als 35mm-Double-Feature KEVIN ALLEIN IN NEW YORK (USA 1992) und DIE HARD (USA 1988) zu sehen. Auch Il Kino und Sputnik haben am Abend geöffnet. Zu Silvester empfehlen wir einen Ausflug in Sputnik Kino, in dem Favoriten des Jahres 2019 laufen, eine hochkarätige Sneak und als Preview MILES DAVIS – BIRTH OF THE COOL. Außerdem hat die Kinobar einen Top-Ausblick über die Dächer der Stadt.
VERLOSUNG I: A TALE OF TWO SISTERS Der koreanische Horrorklassiker von Kim Jee-woon (I SAW THE DEVIL) ist von der ruhigen, verstörenden Sorte. Nach dem Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik kehrt Su-mi mit ihrer jüngeren Schwester Su-yeon in ihr abgelegenes Haus auf dem Land zurück. Dort erwarten sie der stille, hilflose Vater, eine kalte Stiefmutter und die Geister der Vergangenheit. A TALE OF TWO SISTERS folgt einer mäandernden, manchmal auch ziemlich verwirrenden Geschichte, die Gegenwart und Vergangenheit, imaginierte und reale Geister verwebt und dabei schleichend eine intensive Atmosphäre des Unbehagens entwickelt. Wir verlosen das frisch erschienene Mediabook als DVD und Bluray. Bei Interesse schreibt uns bis zum 15.12. an info@ indiekino.de, Stichwort: Two Sisters.
NEU: KINO IN DER KÖNIGSSTADT Berlin hat ein neues Kino. Im Gewerbehof in der alten Königstadt (Straßburger Straße 55), einer ehemaligen Brauerei, hat Harald Sieber, Leiter des SEEFF (South East European Film Festival), im November ein Kino mit Bar und Post-Produktions-Arbeitsplatz eröffnet. Ebenso ist ein „Club der 100“ in Gründung, ein Unterstützer-Club, der es dem Kino ermöglichen soll „die Filme zu zeigen, die wir wollen, ohne den Schwerpunkt auf Profit legen zu müssen. Filme, die noch keinen Verleih haben, sperrige Filme, experimentelle Filme – kurz: Filme, die sehenswert sind und keine Plattform haben.“ Mehr unter: kino-bar.berlin
FILM & FOOD & FAIRNESS Am 10.12. um 19 Uhr lädt PlantAge e.V. zu einer Vorführung mit Filmgespräch ins Acud Kino ein. Gezeigt wird THE END OF MEAT, in dem Filmemacher Marc Pierschel sich mit den Folgen des Fleischkonsums auseinandersetzt und Menschen besucht, die an Alternativen arbeiten. Im Filmrauschpalast stellt am 4.12. um 19 Uhr das SuperCoop Team das Prinzip des erfolgreichen kooperativen Supermarktes „Park Slope Food Coop“ vor, in dem die Mitglieder jeweils drei Stunden im Monat selbst mithelfen und es dem Markt so ermöglichen, gute Produkte zu erschwinglichen Preisen anzubieten.
Food Coop – Der Dokumentarfilm
VERLOSUNG II: DER KLEINE MAULWURF Weltweit kicherte der kleine Maulwurf in über 80 Ländern, im Osten Deutschlands im Sandmännchen, im Westen in der Sendung mit der Maus. Zwischen 1957 und 2002 entstanden 63 Folgen, in denen „Krtek“ seine neugierige kleine Nase in die oberirdische Waldwelt streckt, Abenteuer mit seinen Freunden Hase, Maus und Fröschen erlebt und pfiffige Ideen umsetzt Die ersten 49, vom Erfinder Zdenêk Miler selbst gezeichneten Folgen gibt es nun erstmals als DVD-Box. Wir verlosen drei Boxen unter allen, die uns bis zum 15.12. eine Mail an info@indiekino.de schreiben. Stichwort: Maulwurf
INDIEFEATURE
„Ich würde sagen, dass ich eine gewisse innere Ungemütlichkeit anstrebe“ Interview mit Robert Eggers zu DER LEUCHTTURM
INDIEKINO: Mr. Eggers, Sie konnten mit Willem Dafoe und Robert Pattinson für DER LEUCHTTURM zwei aktuell schwer gefragte Hauptdarsteller gewinnen. Brauchte es dafür viel Überzeugungsarbeit? Robert Eggers: Lustigerweise gar nicht. Ich kann noch immer nicht glauben, was ich für ein Glückspilz bin. Dass mein erster Spielfilm THE WITCH überhaupt ein Publikum finden würde, und dass dann zu diesem Publikum sogar Pattinson und Dafoe gehören würden, lag jenseits meiner D 10
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Vorstellungskraft. Aber so war es. Erst meldete sich Dafoes Manager bei mir, weil Willem mich zum Lunch treffen wollte. Und dann hörte ich von Pattinsons Agent, dass auch Robert mich kennen lernen will. Natürlich habe ich beide Male umgehend zugesagt! Als dann von den verschiedenen Projekten, die ich parallel in der Pipeline hatte, DER LEUCHTTURM der Film zu werden schien, der als erster grünes Licht bekommt, war es eigentlich klar, dass außer den beiden niemand für diese Rollen in Frage kommt.
INDIEFEATURE
Robert Eggers Debütfilm THE WITCH (2015) war einer der originellsten Horrorfilme der letzten Jahre. Einer amerikanischen Siedlerfamilie, die abgeschieden im Wald lebt, wird das Baby gestohlen. Der Wahnsinn der Mutter versteigt sich zum Glauben, ihre älteste Tochter sei mit dem Teufel im Bunde. Für seinen neuen Film THE LIGHT HOUSE (dt. Der Leuchtturm) hat Eggers zwei der renommiertesten Hollywood-Stars gewinnen können. Eggers schickt Willem Dafoe und Robert Pattinson in einen ähnlichen Wahnsinnstrip auf einer einsamen, sturmumtosten Leuchtturminsel.
Aber ein wenig Eigeninitiative oder eine Einladung zum Mittagessen machen doch noch niemanden zur Idealbesetzung, oder?
von Leuchtturmwärtern im Ruhestand, die immer noch alle 30 Sekunden innehielten, weil sie so gewohnt waren an den Rhythmus des Nebelhorns.
Die beiden passten in diesem Fall aus verschiedensten Gründen, von den Motiven dieser Geschichte angefangen bis hin zu einigen optischen Ähnlichkeiten. Die Wangenknochen, die Nasen, die Zähne – das passte sehr gut in diese Story. Außerdem gefiel mir einfach, dass sie beide an einem Punkt angekommen sind, wo sie immer auch auf der Suche nach dem spannendsten Material sind, das man als Schauspieler finden kann. Beide scheuen starken Tobak nicht und geben immer 120.000 %. Selbst wenn ich sie für meinen Film aus nächster Nähe mit einem Feuerwehrschlauch abspritze.
Was erhoffen Sie sich, wie man als Zuschauer*in aus DER LEUCHTTURM oder überhaupt aus Ihren Filmen herauskommt?
Das Drehbuch haben Sie gemeinsam mit Ihrem Bruder Max geschrieben. Hat die Dynamik zwischen den beiden Figuren der Geschichte irgendwie auf Ihre Arbeit zu zweit abgefärbt? Ein bisschen vielleicht tatsächlich (lacht). Ich war vermutlich für ihn das, was Willem Dafoe im Film für Robert Pattinson ist. Fand Max natürlich gar nicht gut. Aber ich bin nun einmal der Ältere, was also hat er erwartet. Wobei ich insgesamt doch hoffe, dass ich nicht ganz so schwer erträglich war. Und die sexuelle Spannung zwischen uns war auf jeden Fall auch geringer. Woher nehmen Sie die Inspiration für Ihre ja doch wenig freundlich-erbaulichen Filme? Vielleicht fragen Sie am besten meinen Therapeuten! Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich immer schon fasziniert war von der Dunkelheit, auch im übertragenen Sinne. Schon als kleines Kind mochte ich Darth Vader lieber als Luke Skywalker. Die Gründe dafür finden wirklich besser andere. Aber vielleicht ist es für mich einfach ein guter Weg, all diese finsteren Themen irgendwie zu verarbeiten, damit ich irgendwann ein halbwegs glücklicher, ausgeglichener Mensch werde, der in Ruhe Windeln wechselt und den Rasen mäht. DER LEUCHTTURM ist kein Film, in dem es zwingend um Realismus geht. Aber haben Sie sich damit auseinandergesetzt, welche Erfahrungen man als Leuchtturmwärter so macht? Selbstverständlich haben mein Bruder und ich auch recherchiert und uns mit diesem Beruf auseinandergesetzt. Dass man womöglich leichter dem Wahnsinn anheim fällt, wenn man so gut wie allein und vor allem von der Außenwelt abgeschnitten ist, hatte ich mir natürlich auch vorher schon gedacht. Aber wir begegneten dann auch vielen Geschichten von Männern, die das Geräusch des Windes irgendwann verrückt machte. Oder
Ich würde sagen, dass ich eine gewisse innere Ungemütlichkeit anstrebe. Zumindest in diesem Fall. Bei THE WITCH wollte ich schon, dass es dem Publikum beschissen geht. Am Ende gibt es zwar so eine Art Happy End, aber davor sollten alle dieses innere Unbehagen fühlen, dass ich als Kind immer hatte, wenn ich wusste, dass mein Zeugnis vor schlechten Noten nur so strotzt, aber es keinen Weg gibt, das irgendwie vor meinen Eltern zu verstecken. So eine Anspannung, die finde ich schon gut. Wobei es ehrlich gesagt auch nicht vollkommen verkehrt wäre, wenn ich hier den Klischee-Möchtegern-Auteur geben und sagen würde: ich möchte lieber Fragen heraufbeschwören als Antworten geben. Stimmt nämlich irgendwie auch. Und wie steht es mit Lachen? In Der Leuchtturm gibt es durchaus Momente, die mehr als nur ein bisschen komisch sind... Unbedingt wollte ich, dass hier gelacht wird. Ich glaube, das hat auch einige Zuschauer irritiert, die den Film womöglich nicht mochten, weil sie eine Art Fortsetzung von The Witch erwarteten. Der Film damals nahm sich unglaublich ernst, und das war auch wichtig, sonst hätte er nicht funktioniert. Doch Der Leuchtturm ist eben ganz anders gelagert. Wenn Willem Dafoe das erste Mal furzt, gibt es sicher etliche im Kinosaal, die sich wundern, was es damit auf sich hat. Was hat es denn damit auf sich? Soll das etwas aussagen über den Gesundheitszustand seiner Figur? Im Drehbuch schrieben wir über den ersten Furz, er sei eine „bewusste Machtdemonstration“. Wie schwierig war es, Ihre Vision umzusetzen, die Geschichte in Schwarzweiß zu erzählen? Ich habe wirklich großes Glück, dass mich meine Finanziers, Produzenten und Verleiher alle enorm unterstützen. Dass ich den Film überhaupt drehen konnte, grenzt für mich immer noch an ein Wunder, vom Schwarzweiß ganz zu schweigen. Natürlich kam am Anfang mal die Nachfrage, ob ich den Film nicht vielleicht digital und in Farbe drehen könne. Oder sonst zwar auf Film, aber eben in Farbe. Als ich klar machte, dass beides nicht in Frage kommt, gab es dann noch einen dritten Versuch: Vielleicht könnte DEZEMBER 2019 D
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ich wenigstens Farb-Negative verwenden, damit es eine Alternativ-Version in Farbe gibt, für Länder, in die sich Schwarzweiß-Filme einfach nicht verkaufen lassen? Aber ich habe auf meine Vision gepocht – und am Ende alle überzeugen können. Warum überhaupt Schwarzweiß? Zunächst einmal gefiel mir oberflächlich betrachtet einfach der Gedanke, eine in jener Zeit angesiedelte Geschichte in Schwarzweiß zu erzählen. Eigentlich natürlich Quatsch, denn nicht jeder Film, der 1890 spielt, wird automatisch besser, wenn er nicht in Farbe ist. Aber in diesem Fall hatte ich einfach den Eindruck, dass sich die karge, raue Welt dieser Leuchtturmwärter in Schwarzweiß einfach stimmiger einfangen lässt. Ich habe lange drüber nachgedacht, an welchen Stellen und warum die Geschichte oder mein Film von Farbe profitieren würden. Aber mir fiel nichts ein. Haben Sie die visuelle Sprache Ihrer Filme immer schon beim Schreiben im Kopf? Nicht komplett, denn das ist natürlich ein Prozess, zu dem verschiedene Faktoren und Beteiligte gehören, weswegen sich vieles erst im Verlauf des Filmemachens herausbildet. Manche Sequenzen habe ich beim Schreiben schon zu 100% so im Kopf, wie ich sie am Ende auf der Leinwand sehen will, und dann halte ich das auch im Skript fest. Aber vieles konnte ich mir noch gar nicht so genau ausmalen, bevor ich mit meinem Kameramann Jarin Blaschke in Nova Scotia den Dreh und die Locations vorbereitete. In diesem Fall entwickelte sich vieles, während wir die Storyboards für den Film fertigstellten und uns präzise auf Bilder und Einstellungen festlegen mussten: Da es aufgrund der Location so viele Einheiten im Filmteam gab, die für Sicherheit, Wasser, Tiere und Ähnliches zuständig waren und exakt wissen mussten, was sie erwartet, waren spontane Entscheidungen kaum möglich. Eine letzte Frage noch, weil ja gerade alle Welt darüber diskutiert, ob Comicverfilmungen echtes Kino sind. Dass ältere Herren wie Scorsese oder Coppola mit solchen CGI-Spektakeln wenig anfangen können, ist fast erwartbar. Wie sehen Sie die Sache als junger Regisseur, der so ganz andere Filme macht? Ich habe gar kein Problem mit Superhelden-Filmen, schließlich gibt es dafür ein riesiges Publikum. Für viele Fans ist das wie ein Religionsersatz, für die ist das Marvel-Universum fast ein heidnisches Pantheon und STAR WARS das neue Christentum. Sind diese Blockbuster große Kinokunst? Vielleicht nicht. Aber sie sind Filme und auch nicht per se schlecht. Tim Burtons BATMAN-Filme waren für mich echtes Kino, und die von Christopher Nolan auch. Also widersprechen Sie Scorsese? Wer wäre ich denn, dass ich Scorsese oder Coppola widerspreche? Die verstehen was von Kino und sind nicht dumm... Natürlich spricht mich die Art und Weise nicht an, wie diese Superhelden-Filme entstehen, die kommerzielle Maschinerie dahinter. Aber als Kind habe ich STAR WARS auch geliebt, schließlich entdeckt nicht schon jeder Sechsjährige David Lynch und Ingmar Bergman für sich. Sagen wir es mal so: irgendwann inspirierte mich Albrecht Dürer mehr als Stan Lee. D Das Gespräch führte Patrick Heidmann, Mitarbeit: Joanna Ozdobinska
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Originaltitel: The Lighthouse D USA 2019 D 110 min D R: Robert Eggers D B: Max Eggers, Robert Eggers D K: Jarin Blaschke D S: Louise Ford D M: Mark Korven D D: Willem Dafoe, Robert Pattinson D V: Universal Pictures
Der Leuchtturm Einsame Männer
Robert Eggers interessiert sich für den Wahnsinn, der aus Einsamkeit, Drogen, Aberglaube, Hunger und Isolation entsteht. Sein erster Film THE WITCH erzählte von einer amerikanischen Siedlerfamilie im 18. Jahrhundert, in der nach dem rätselhaften Verschwinden eines Babys Hexenglauben und Paranoia ausbrechen. THE LIGHTHOUSE erzählt von zwei Männern, deren Einsatz als Leuchtturmwärter auf einer einsamen Felseninsel länger dauert als geplant, bis die Nahrung und der Alkohol knapp werden. Eggers Film kreuzt den realistischen Horror von Jack London – vor allem dessen Kurzgeschichte “In a Far Country“, in der zwei Männer den dunklen Polarwinter am Yukon zu überleben versuchen – mit den fantastischen und ironischen Meereshorrorgeschichten von H.P. Lovecraft und den existentialistischen, wortgewaltigen Seemannsgeschichten von Herman Melville und hat es tatsächlich geschafft, daraus ein faszinierendes, spannendes, komisches und sehr bedrohliches Monstrum von einem Film zu produzieren. Das erste Bild sieht aus wie eine der „Seascapes“-Fotografien des japanischen Fotographen Hiroshi Sugimoto, der die Grenze zwischen Meer und Himmel mal als klare Trennung zwischen zwei Grautönen zeigt, mal als einen nebligen Verlauf. Es sind Bilder, die so ruhig wie bedrohlich wirken können, aber immer eine Dimension besitzen, die über ihre Materialität hinaus zu weisen scheint. In Eggers Film ist der Horizont über dem nebligen Meer nicht auszumachen. Aus dem sanften Grau, das die Leinwand ausfüllt, bildet sich erst allmählich die Silhouette eines Schiffs heraus. An seinem Bug stehen die beiden Männer, von denen der Film erzählen wird, und schon dieses erste Bild deutet an, dass sie in einem gleichgültigen Nichts verschwinden werden. Das Meer, das sie überqueren, ist real und zugleich der das Totenreich umschließende Acheron. Zwischen den beiden Männern, dem knorrigen Leuchtturmwärter Wake (Willem Dafoe) und dessen mysteriösem neuen Assistenten Winslow (Robert Pattinson) beginnt sofort ein Machtkampf. Wake ist Hüter der heiligen Leuchtturmflamme, Winslow hat den Dreck beiseite zu schaffen, die Nachtöpfe zu leeren, die Fürze des Älteren zu ertragen. Wake trinkt, Winslow nicht. Wake betet und flucht in Originalzitaten aus Melville-Texten, Winslow schlägt sich mit bösartigen Möwen herum und beginnt allmählich, unheimliche Dinge wahrzunehmen. Die Lage eskaliert, als auch Winslow zu saufen beginnt. Die Bilder kippen von einem gerade noch realistischen Stil in den Expressionismus, und der Wahnsinn rührt die große Trommel, unterstützt von den komplexen Soundscapes, die Eggers über die Bilder legt: Die Geräusche von Sturm, Regen, Wind, das Nebelhorn, die Möwenschreie, das Knirschen und Knacken der Maschinerie werden von Mark Korvens brillantem Orchestersoundtrack wieder aufgenommen und sorgen für permanente Anspannung. Was genau passiert, soll besser nicht verraten werden. Dafoe und Pattinson geben alles und haben sichtlich großen Spaß daran, sich vollkommen auszutoben. DER LEUCHTTURM ist wildes, originelles, bild- und sprachgewaltiges Genrekino mit einer großen Liebe zu älteren Formen des Films, vor allem denen der 20er bis 40er Jahre. D Tom Dorow
Start am 28.11.2019 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de
THE LIGHTHOUSE, a film about two men whose assignment as lighthouse keepers on a lonely rock island takes longer than planned, till food and alcohol becomes scarce, pulls you into a sense of impending doom and doesn’t let up.
» Ein furioser, tief bewegender Film. « SCREEN DAILY
» Ein schillerndes Familien-Melodram, herzzerreißendes, großes Kino! « YORCKER
JUliA StocKler CArol DuarTe
BRAZIL‘S OSCAR® ENTRY
BESTER AUSLÄNDISCHER FILM 92TH ACADEMY AWARDS 2020
DiE
SeHNsuChT DeR SChWESTeRN GusMÃO
Ein tropiSChes melodRaM von KarIM AÏnouZ
Ab 26. Dezember im Kino
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THE FAREWELL ist eine nahezu perfekt erzählte Familiengeschichte, ehrlich und zärtlich, nachfühlbar und berührend, und durchzogen von Momenten eines schrägen Alltags-Humors, wie er sich aus widersprüchlichen Gefühlen und Situationen ergibt. Lulu Wang beginnt ihr Debüt, dessen Oscar-Nominierung in den USA fast sicher scheint, mit der Ankündigung „Based on an actual lie“ – „Nach einer tatsächlichen Lüge“. Tatsächlich ziehen sich viele kleine Gelegenheitslügen durch den Film, das geht schon in der allerersten Szene los: Die dreißigjährige New Yorkerin Billi (wunderbar muffelig: Akwafina) läuft durch die Stadt und telefoniert mit ihrer Großmutter Nai Nai (liebevoll und taff: Zhao Shuzhen) in China, und dass die beiden sich sehr lieb haben, merkt man gleich. Nai Nai sitzt während des Telefonats in einem Krankenhausflur und wartet auf ihre Ergebnisse, aber als Billi fragt, wo sie gerade ist, sagt sie „Ich bin bei deiner Tante.“ „Das war nur eine Freundin“ antwortet Billi, als eine Frau sie auf der Straße anspricht und die Großmutter wissen will, mit wem sie da eben geredet hat. Die große Lüge kommt ins Spiel, als Billi wenig später bei ihren Eltern vorbeischaut und deren gedrückte Stimmung bemerkt. Zur Rede gestellt, erzählen sie: Nai Nai hat Krebs und die Ärzte haben ihr nur noch wenige Monate gegeben. Die Familie hat beschlossen, es ihr nicht zu sagen, aber damit alle die geliebte Nai Nai noch einmal sehen können, werden sie die Hochzeit von Billis Cousin feiern. Es wäre allerdings besser, wenn Billi nicht mit nach China kommt – sie kann ihre Gefühle zu schlecht verbergen. Natürlich fährt Billi dann doch. Lulu Wang fängt den teils traurigen, teils schrägen, teils unerwartet heiteren, teils auch ganz banalen Verlauf dieses Familientreffens präzise ein. In den Familiengesprächen am Rande vieler, vieler Mahlzeiten werden alte Trennlinien herausgekramt und wieder beiseitegeschoben, ost-westliche Vorstellungen von Familie verhandelt, Gefühle versteckt und gezeigt. Und immer wieder fängt ein großes Familienfoto die Temperatur des absurden, von Liebe getragenen Festes ein. D Hendrike Bake
The Farewell Ehrlich und zärtlich
USA 2019 D 98 min D R: Lulu Wang D B: Lulu Wang D K: Anna Franquesa Solano D S: Matt Friedman, Michael Taylor D M: Alex Weston D D: Awkwafina, Tzi Ma, Jim Liu, Gil Perez-Abraham, Ines Laimins D V: DCM Film
Start am 19.12.2019 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de
Termine unter www.indiekino.de
Billi is a young New Yorker who loves her grandmother in China very much. When Nai Nai gets cancer, the family doesn‘t want to tell her anything and hastily organize a wedding instead so that everyone can see Nai Nai again.
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Cunningham Improvisation & Zufall
Die 1940er Jahre zementierten nicht nur die politische Hegemonie der Vereinigten Staaten, sondern auch ein neues kulturelles Selbstbewusstsein, das die amerikanische Kunst erstmals aus dem langen Schatten der europäischen Avantgarden treten lässt. Künstler*innen wie Janet Sobel, die viele Innovationen des großen Jackson Pollock vorwegnahm, John Cage und Merce Cunningham formulierten Vorstellungen von Kunst, die an die Stelle von menschlicher Intention und abgeschlossenem Werk den Zufall, die Improvisation und den Prozess setzten. Janet Sobel ließ Farbe auf Leinwände tropfen und beteiligte die Materialien an ihrer Formgebung. John Cage implementierte den Zufall, indem er seine Kompositionen durch Münzwürfe D 16
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bestimmen ließ, und hob den Unterschied zwischen Musik und Klang auf – bei seinem legendären Stück 4’33“ beispielsweise ließ er für die Länge von vier Minuten und 33 Sekunden keinen einzigen Ton spielen und erhob so die Stille, die feinen Geräusche der Atmosphäre, das Knacken und Husten aus dem Zuschauerraum zu Musik. Ähnlich versuchte der Tänzer und Choreograf Merce Cunningham, das Repertoire an tänzerischen Bewegungen zu erweitern und damit die Grenze zwischen Hochkunst und Alltag aufzubrechen. Cunninghams Einfluss auf die Kunst der Nachkriegszeit ist nach wie vor unterschätzt, und es ist schön, dass der Film CUNNINGHAM von Alla Kovgan ihn und seine Zusammenarbeit mit prominenten Künstlern wie
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John Cage und Robert Rauschenberg nun in den Fokus rückt. CUNNINGHAM verzichtet auf biografische Herleitung und zeitgeschichtliche Einordnung. Stattdessen besteht ein großer Teil des Films aus Neuinterpretationen von Merce Cunninghams Choreografien, wobei die 3D-Fassung auch die räumliche Tiefe des Tanzes erfahrbar macht. So ahmt der Film nicht nur die Erfahrung einer echten Tanzaufführung nach, sondern bleibt auch dem performativen Charakter von Cunninghams Kunstform treu, die keine Geschichten erzählt, sondern den Zuschauern die Assoziation von abstrakten Bewegungen überlässt. CUNNINGHAM zeigt nicht, wer der Choreograf war, sondern was er tat. D Yorick Berta
Deutschland/Frankreich/USA 2019 D 87 min D R: Alla Kovgan D B: Alla Kovgan D V: Camino
Start am 19.12.2019 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de
A large portion of the film about groundbreaking choreographer Merce Cunningham is a reinterpretation of Cunningham‘s choreographies whereby 3D technology makes the spatial depth of dance accessible.
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INDIEKRITIKEN USA 2019 D 92 min D R: Woody Allen D B: Woody Allen D K: Vittorio Storaro D S: Alisa Lepselter D D: Elle Fanning, Timothée Chalamet, Jude Law, Selena Gomez, Diego Luna, Liev Schreiber D V: NFP
A Rainy Day in New York Städteliebeskomödie
A RAINY DAY IN NEW YORK ist ein weiterer Beitrag aus Woody Allens Komödien-Manufaktur– eloquente Leute schlendern durch New York und liefern sich geistreiche Wortgefechte in einem Tempo, das einem kaum Luft zum Atmen lässt. Die gute Nachricht: RAINY DAY ist Allens lustigster Film seit MIDNIGHT IN PARIS, mit einem außergewöhnlich starken Ensemble, das mit einem der besseren Drehbücher der letzten Jahre arbeiten kann. Dieses Mal spielt die Geschichte innerhalb von etwa 24 Stunden zwischen zwei verliebten College-Studenten, Ashleigh (Elle Fanning) und Gatsby (Timothée Chalamet), die für ein paar Tage Spaß und Arbeit in der Stadt sind. Ashleigh hat die aufregende Gelegenheit, einen berühmten Filmregisseur zu interviewen und Gatsby brennt darauf, seine jüngsten Poker-Gewinne auf den Kopf zu hauen. Obwohl sie eigentlich ein romantisches Wochenende geplant hatten, werden die beiden bald getrennt und in ihre eigenen Turbulenzen verwickelt, die ihre Beziehung ebenso wie ihr Selbstverständnis in Frage stellen. Die weiblichen Hautfiguren leuchten in Allens Filmen oft am hellsten und RAINY DAY setzt diese Tradition fort. Während Chalamet in einer beeindruckenden Leistung eine Variation des bekannten Allen-Charakters (der Typ der lieber im Jazz-Zeitalter leben würde) mit Leben erfüllt, ist es Fanning, die die Show stiehlt. Sie ist ein absolutes Wunder und verströmt den gleichen elektrisierend schrägen Zauber, mit dem Diane Keaton einst Woody Allens Filme bereicherte. Deshalb ist es schade, dass die Auflösung ihrer Geschichte etwas enttäuschend ausfällt. Abgesehen davon liefert A RAINY DAY IN NEW YORK aber den gewohnten Charme und Witz und setzt darüber hinaus die Zusammenarbeit zwischen dem 83-jährigen Allen und dem legendären 79-jährigen Kameramann Vittorio Storaro fort, dessen Arbeit jede Szene zu einem opulenten optischen Vergnügen macht. D Sean Erickson, Übersetzung: H. Bake
Start am 5.12.2019 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de
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A RAINY DAY IN NEW YORK is another entry in Woody Allen’s list of light urban romantic comedies, following MIDNIGHT IN PARIS, TO ROME WITH LOVE, and VICKY CRISTINA BARCELONA.
Originaltitel: Tempo Comum D Portugal/Frankreich 2018 D 64 min D R: Susana Nobre D B: Susana Nobre D K: Paulo Menezes D S: João Rosas D V: Steppenwolf
Ordinary Time Zurechtfinden im neuen Leben
Die Stille nach dem Sturm. Ein frisch gebackenes Elternpaar kommt nach der Geburt ihrer Tochter mit dem Neugeborenen nach Hause und irgendwie ist alles wie zuvor und doch alles anders. In Susana Nobres Film ORDINARY TIME wird die junge Familie bei ihrem Ankommen und Zurechtfinden mit der neuen Lebenssituation gezeigt. Wie sie alten Routinen nachgehen, manche aufgeben, aber auch neue entwickeln. Es kommen viele Besucher: Freunde, Familie, Eltern. Man redet über das Kind, die Geburt, aber auch über die Arbeit und neue Projekte. Das Neugeborene weckt Erinnerungen an die eigene Kindheit und Mutter- oder Vaterschaft. Da ist die Großmutter, die zwar viele Ratschläge für das Paar hat, was man wann am besten machen sollte, doch selbst direkt sagt, dass sie kaum Zeit haben wird, um auf die Kleine aufzupassen. Da ist eine ältere Verwandte vom Land, die erzählt, wie hart es vor 50 Jahren im Vergleich zu heute noch war, ein Kind zu gebären und großzuziehen. Da ist ein Freund, der mit dem Vater teilt, wie seine sexuellen Bedürfnisse mit der Geburt seines Kindes zurückgegangen sind. Da ist ganz viel Liebe, ganz viel Zärtlichkeit, aber auch Angst und viele offene Fragen: Was ist gut für das Kind und was nicht? Wer sollte, wann, wie viel arbeiten? Darf man sich Zeit für einen selbst nehmen? Und wie wird dieses neue Leben zu dritt letztlich aussehen? Es ist still. Vater und Tochter schlafen. Marta sitzt in der Küche und trinkt den ersten Kaffee des Tages. Sie könnte jetzt endlich ohne Unterbrechung einmal arbeiten, die Wäsche machen und noch so vieles mehr. In diesem Moment, in dieser Ruhe des Morgens scheint es ganz klar zu sein, was nun wirklich zählt. Sie legt sich zurück ins Bett, zu ihrem Mann und ihrem Kind und schließt die Augen. D Karla Kabot
Start am 5.12.2019 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de
Brand new parents come back home after the birth of their newborn daughter and somehow everything is like it was before yet everything has also changed. A documentary.
Termine unter www.indiekino.de
INDIEKRITIKEN Großbritannien 2018 D 101 min D R: Tom Harper D B: Nicole Taylor D K: George Steel D S: Mark Eckersley D M: Jack Arnold D D: Jessie Buckley, Sophie Okonedo, Julie Walters, Gemma McElhinney, Jamie Sives D V: eOne
Wild Rose
Die Sehnsucht der Schwestern Gusmão
Traum von Nashville
WILD ROSE ist der Film zum in Großbritannien sehr erfolgreichen Comeback der irischen Schauspielerin Jessie Buckley als Countrysängerin. Buckleys Karriere begann vor 11 Jahren bei einer BBC-Talentshow, wo sie den zweiten Platz belegte. Mittlerweile hat Buckley eine Karriere zunächst auf Musical- und Theaterbühnen, aber auch als Schauspielerin in TV-Serien wie „Taboo“, „Fargo“ und „Czernobyl“ und in einigen Kinofilmen hinter sich. Aber erst seit sie klassische Country-Songs covert, hat Buckley auch als Sängerin wieder Erfolg. Die Irin Jessie Buckley spielt hier die Sängerin Roselynn Harlan aus Glasgow, die gerade aus dem Gefängnis entlassen wird. Sie träumt von einem Auftritt in der Grand Ole Opry in Nashville, der offiziellen Welt-Country-Zentrale, versucht aber zunächst, wenigstens ihren alten Job als Sängerin in der Glasgower Ole Opry wieder zu bekommen, obwohl ihre Fußfessel sie zwingt, jeden Abend um neun Uhr zu Haus zu sein und ihre beiden Kinder nicht auf Dauer bei der Großmutter (Julie Waters) bleiben können. Die Familienszenen, in denen Roselynn gegen innere und äußere Zwänge wütet und versucht, mit ihren Kindern und ihrer Mutter klar zu kommen, sind die überzeugendsten Teile des Films. Die Geschichte von Roselynns Freundschaft zu ihrer Arbeitgeberin, der reichen Ehefrau eines Gartenarchitekten, die ihr den Kontakt zu einem wichtigen Country-DJ verschafft, wirkt dagegen reichlich ausgedacht. Dafür sind die Dialoge präzise, Jessie Buckley hat Präsenz und Drive und singt so ordentlich, wie man das von einer europäischen Ex-Musical-Sängerin erwarten kann: mit Herz, aber sehr auf Effekt gebürstet, ohne die gelassenere Intensität der Originale von Emmylou Harris oder Wynona Judd zu erreichen. Wie viele andere britische Filme über Medien-Pop-Phänomene ist WILD ROSE ganz nett, aber das T-Shirt braucht man dann vielleicht doch nicht. D Tom Dorow
Start am 12.12.2019 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de
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Originaltitel: A vida invisível de Eurídice Gusmão D Brasilien 2019 D 139 min D R: Karim Ainouz D B: Murilo Hauser D K: Hélène Louvart D M: Benedikt Schiefer D D: Fernanda Montenegro, Carol Duarte, Gregorio Duvivier, Flavio Bauraqui D V: Piffl Medien
Irish actress and singer Jessie Buckley plays singer Roselynn Harlan, who dreams of performing in Nashville but has to stand on her feet again after being in prison in her hometown Glasgow.
Ein Wald an der Steilküste außerhalb von Rio de Janeiro. Euridice (Carol Duarte) folgt Guida (Julia Stockler) den Hang hinauf, verliert sie aus den Augen. Der Ruf nach der Schwester wird Sinnbild für die Geschichte, die sich in den folgenden, mitreißenden zwei Stunden entfaltet. Es sind die 1950er in Rio. Die Schwestern sind grundverschieden, aber dennoch eng verbunden. Die 18-jährige Euridice träumt von einer Karriere als Pianistin in Europa, während ihre zwei Jahre ältere Schwester Guida den Männern hinterherschaut. Als sie mit einem griechischen Matrosen durchbrennt, kommt es zu einem Zerwürfnis zwischen ihr und den Eltern. Für die Geschwister beginnt eine Suche nach einander, die viele Jahrzehnte umspannen wird. In sinnlichen Bildern adaptierte der in Berlin lebende Regisseur Karim Aïnouz (ZENTRALFLUGHAFEN THF) den Roman „Das unsichtbare Leben der Euridice Gusmão“ von Martha Batalha. Geschickt führt er durch die Epochen seiner Heimat. Die politischen Veränderungen spiegeln sich in dem Melodram einer verpassten Liebe zwischen zwei Freigeistern, die sich von den Fesseln des Patriarchats lösen und ihre Träume verwirklichen wollen. Aïnouz erlaubte sich einige Freiheiten gegenüber der Vorlage, verdichtete die Geschichte für die Leinwand und fuhr den schwarzen Humor zurück, zugunsten der Melodramatik. So fiebert und leidet man 140 Minuten lang mit den Schwestern Gusmão und schwelgt in den sinnlichen Bildern von Hélène Louvart (GLÜCKLICH WIE LAZZARO). Bei den Filmfestspielen in Cannes gewann Regisseur Karim Aïnouz für DIE SEHNSUCHT DER SCHWESTERN GUSMÃO in diesem Jahr den „Prix Un Certain Regard“, den wichtigsten Preis der Nebensektion, und kann sich nun Hoffnungen auf einen Oscar machen. D Lars Tunçay
Start am 26.12.2019 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de
Rio de Janeiro in the 1950s. 18 year old Euridice Gusmão dreams of a career as a pianist, while her older sister Guida runs off with a sailor. The sisters begin a search for each other which will span over many decades.
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INDIEKRITIKEN Deutschland 2019 D 106 min D R: Julia Horn D B: Julia Horn D K: Timm Lange, Arne Wolter D S: Alexandra Karaoulis, Johannes Hiroshi Nakajima D M: Jörg Follert, SunSunPark D V: HornFilm
Havelland Fontane
Bruderliebe Sehr behutsam
Bruderliebe hat für Michael Becker viele Bedeutungen: „wenn man sich verstanden fühlt“, „wenn man sich teilt“, „wenn so, wie man ist, ok ist“, „Zuhausesein“, das alles versteht er darunter. Dass sich sein Bruder Markus bei ihm erkannt, verstanden fühlt, das wünscht er sich. Er pflegt seinen geistig und körperlich schwer beeinträchtigten Bruder bei sich zuhause, ein einsamer Mann einen einsamen Mann, beide zwischen vierzig und fünfzig. Nach einem Autounfall lag Markus im Koma, die Ärzte sagten ihm nur wenige Tage Leben voraus, ihr Vater plante die Beerdigung. Michael aber hatte sich vorgenommen, seinen Bruder zurück in die Gesellschaft zu holen. Er filmte die Familie und Nachbarn, das Einkaufszentrum, die Haferflocken, die sie beide zum Frühstück essen und spielte die Lebensschnipsel seinem Bruder im Krankenhaus vor. So begleitet Michael die Entwicklung seines Bruders mit der Kamera, und die Regisseurin Julia Horn mit ihrem Team die Entwicklung von deren Beziehung über mehrere Jahre: Die Bilder der Außenstehenden fließen in vom Protagonisten Selbstgefilmtes; Landschaften, Außenblicke und Videotagebuch wechseln sich ab. Michael hält Zustände, Launen, Anekdoten und den Blick von einer Schaukel in den Himmel fest. Horns Film BRUDERLIEBE ist sehr behutsam, die Kamera tastet die Körper und Gesichter ab, zeigt zwar Details, wirkt aber nie aufdringlich. Die Pflege sei „ein lebensgefährlicher Job“, weil man seinen eigenen Rhythmus verlasse und nur noch in jenem des anderen lebe, erzählt Michael. „Mein Leben findet gar nicht mehr statt“, so simpel formuliert er das Ergebnis seiner Entscheidung, seinen Bruder selbst zu pflegen anstatt ihn, wie es der überforderte Vater getan hätte, in ein Heim einzuweisen. Seine bedingungslose Zuneigung ist jeden Moment spürbar: Er glaubt an Liebe als Methodik zur Heilung. Und rät seinem Bruder Markus, aus seinen Gefühlen ein Schwimmbecken zu machen – damit er reinspringen und mehr davon haben könne. D Lili Hering Start am 28.11.2019 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de
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After a serious accident the doctors prognose just a few more days for Markus, but his brother Michael believes Markus will wake up from his coma and brings pieces from his old life to the hospital every day. A documentary.
Seit 2016 ist der Dokumentarfilmer Bernhard Sallmann mit Theodor Fontanes „Wanderungen in der Mark Brandenburg“ unterwegs. Während im Off Auszüge aus Fontanes Texten zu hören sind, zeigt eine sehr stille, aufmerksame Kamera Bilder aus der Gegenwart, die so alltäglich wie bezaubernd sind. Nach ODERLAND. FONTANE, RHINLAND. FONTANE und SPREELAND. FONTANE erkundet der vierte und letzte Teil der Wanderungen HAVELLAND. FONTANE nun „die Verschmelzung einer Flusslandschaft mit dem Großraum Berlin-Potsdam“. Start am 5.12.2019
Deutschland 2019 D 109 min D R: Bernhard Sallmann D D: Judica Albrecht
Das Forum Drei Jahre lang hat das Team um Marcus Vetter (DER TUNNEL) vor und hinter die Kulissen des World Economic Forum im Schweizer Davos geblickt. Klaus Schwab hatte die Konferenz 1971 gegründet, um den Spitzen der globalen Politik und Wirtschaft einen Ort zu Austausch und Weiterbildung zu geben. Aber laufen die Fäden der Macht hier nur zu einer abgehobenen Parallelwelt zusammen, oder auch wieder zu einer tatsächlichen Verbesserung der Welt auseinander? Vetter lässt auch Kritiker*innen der Konferenz zu Wort kommen. Start am 5.12.2019
D 2019 D 115 min D R: Marcus Vetter
Termine unter www.indiekino.de
Madame
Pavarotti
Stéphane Riethauser erzählt in seinem Dokumentarfilm das Leben seiner Großmutter Caroline – und damit auch sein eigenes. Caroline hat ein schwieriges Verhältnis zu Männern und Stéphane zu Frauen, so stellt er gleich zu Beginn fest. Zusammen sind sie ein starkes Paar im Geschlechterkampf: Sie bleibt bis zu ihrem Lebensende lieber Single, als ihre finanzielle Unabhängigkeit für einen Mann aufzugeben. Stéphane bricht spät aus der heteronormativen Gutbürgerlichkeit aus und hat dann aber ein umso heftigeres Coming out als fernsehpubliker LGBTQ-Aktivist.
Luciano Pavarotti hat auf allen großen Bühnen und mit Popstars wie Bono und Elton John gesungen. Ron Howard (EIGHT DAYS A WEEK) interviewt Pavarottis Weggefährt*innen, und beschreibt den Lebensweg des Mannes mit dem Taschentuch von seiner Jugend als Sohn eines singenden Bäckers, über den Auftritt der „Three Tenors“ bei der Fußballweltmeisterschaft 1990, der sie auch jenseits der Opernwelt bekannt machte, bis zu Pavarottis Tod 2007.
Start am 12.12.2019
Schweiz 2019 D 94 min D R: Stéphane Riethauser D D: Stephane Riethauser, Caroline Della Beffa
Start am 26.12.2019
USA D 114 min D R: Ron Howard
INDIEKRITIKEN Originaltitel: Le mystère Henri Pick D Frankreich 2019 D 100 min D R: Rémi Bezançon D B: Rémi Bezançon, Vanessa Portal D K: Antoine Monod D S: Valérie Deseine D M: Laurent Perez del Mar D D: Fabrice Luchini, Camille Cottin, Alice Isaaz, Hanna Schygulla D V: Neue Visionen
Der geheime Roman des Monsieur Pick Literaturkritiker als Detektiv
Die ehrgeizige junge Verlegerin Daphné Despero (Alice Isaaz) lebt mit dem erfolglosen Schriftsteller Frédéric Koska (Bastien Bouillon) in Paris. Als sie gemeinsam Daphnés Vater im beschaulich-pittoresken Crozon im Département Finistère in der Bretagne besuchen, erzählt dieser von der ortsansässigen Bibliothek der abgelehnten Bücher. Zwischen den dort gelagerten, von Verlagen abgelehnten Manuskripten entdeckt Daphné eines, das sie begeistert: „Die letzten Stunden einer großen Liebe“. Der Pariser Verlag, für den Daphné arbeitet, veröffentlicht den Roman, der schnell ein Riesenerfolg wird – vor allem wegen der Umstände seiner Entstehung. Der verstorbene Crozoner Pizzabäcker Henri Pick soll den Roman heimlich im Hinterzimmer seiner Pizzeria verfasst haben. Doch während einer TV-Literatursendung äußert der berühmte Literaturkritiker Jean-Michel Rouche (Fabrice Luchini) Zweifel an der Autorschaft des Pizzeriabetreibers. Der zynische Kritiker hält das Ganze für eine geniale Inszenierung des Verlags, was er vor laufender Kamera kundtut. Daraufhin verliert er nicht nur seine Frau, die sich – durch den Roman inspiriert – mit schönen Worten von ihm trennt, sondern auch seinen Job. Verständlich, dass Jean-Michel nun Detektiv spielt, um herauszufinden, wer der wahre Autor des Romans ist. Nach anfänglichen Differenzen unterstützt Henri Picks Tochter, die literaturbegeisterte Joséphine (Camille Cottin), ihn bei seinen Recherchen. Mit DER GEHEIME ROMAN DES MONSIEUR PICK verfilmt Regisseur und Co-Drehbuchautor Rémi Bezançon (C’EST LA VIE – SO SIND WIR, SO IST DAS LEBEN) mit Witz und Leichtigkeit den gleichnamigen Roman von David Foenkinos, in dem der französische Autor seine eigene Branche und deren Marketingstrategien kritisch in den Blick nimmt. D Stefanie Borowsky
Start am 26.12.2019 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de
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Cynical literary critic Jean-Michel is sceptical of the origin tale of the successful novel “The Last Hours of a Great Love“ – a Breton pizza chef Henri Pick is said to have written it in the back room of his pizzeria – and begins to investigate.
Deutschland 2019 D 79 min D R: Annekatrin Hendel D B: Annekatrin Hendel D K: Martin Farkas, Johann Feindt, Thomas Plenert D S: Gudrun Steinbrück D M: Robert Lippok D D: Sven Marquardt, Dominique „Dome“ Hollenstein, Robert Paris D V: Real Fiction Filmverleih
Schönheit & Vergänglichkeit Katzen der Nacht
Wie kommt man eigentlich zu so einem Job? Bei Sven Marquardt eine berechtigte Frage: Heute ist er als gefürchteter Türsteher des Berliner Technotempels Berghain bekannt; angefangen hat er mit einer Fotografie-Ausbildung in der DDR, wo er mit seinem punkigen Aussehen ordentlich aneckte und bald lieber Clubgänger*innen als Architektur fotografierte. Diesen Lebenslauf zeichnet der auf der Berlinale prämierte Dokumentarfilm SCHÖNHEIT UND VERGÄNGLICHKEIT von Annekatrin Hendel. Etwas beiläufig begleitet er außerdem Marquardts Jugendfreundin und Dauermuse Dominique „Dome“ Hollenstein und den ehemaligen Fotografiekollegen Robert Paris. Sie alle erzählen bereitwillig von den alten Zeiten als ikonisches Trio. Die eingeblendeten Schwarzweiß-Fotografien von Ost-Berlin und seinen hedonistischen Nachtschwärmer*innen sind ein Faszinationsgarant. Und auch die Videoaufnahmen sogenannter Modeschauen der 80er Jahre – „heute würde man dazu Performances sagen“ – sind aufregend. Die von ungekürzten Interviews nur lose strukturierte Erzählung plätschert vor sich: Mal berichtet Robert von seiner persönlichen und fotografischen Reise nach Indien, dann plaudert Dome über ihren Hauptverdienst, Rosenschmuck für bayerische Damen, und Sven erwähnt ihr gegenüber mehrmals seine Vorlieben für „angenehm emanzipierte Frauen“. Letztendlich bleibt es eine Hommage an Sven Marquardt, der mit seiner Berliner Schnauze bereits zu etlichen Interviews gebeten wurde. Wer tiefe Einblicke in sein Türsteher-Image erwartet, der hat sich in der falschen Schlange angestellt. Denn in SCHÖNHEIT & VERGÄNGLICHKEIT geht es vor allem darum, wie die Katzen der Nacht bei Tag und im Alter aussehen. Die Tür zum Seelenleben eines Türstehers öffnet hingegen die ebenfalls 2019 auf der Berlinale prämierte Doku BERLIN BOUNCER. D Anna Hantelmann
Start am 5.12.2019 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de
Annekathrin Hendel portrays the East Berlin bouncer and photographer Sven Marquardt and his circle of friends.
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Originaltitel: Hors Normes D Frankreich 2019 D 114 min D R: Eric Toledano Olivier Nakache D B: Olivier Nakache, Eric Toledano D K: Antoine Sanier D S: Dorian Rigal-Ansous D D: Vincent Cassel, Reda Kateb, Aloïse Sauvage, Mirabela Vian D V: Prokino
Alles ausser gewöhnlich Plädoyer für die Menschlichkeit
Mit unermüdlichem Einsatz arbeiten Bruno Haroche (Vincent Cassel) und seine Mitarbeiter daran, die Welt jeden Tag ein bisschen besser zu machen. Sie engagieren sich für Heranwachsende, die von den Behörden als hoffnungslose Fälle abgestempelt werden. Rund 40 Jugendliche betreut die Gruppe aktuell, die meisten leben mit einer besonders schweren Form von Autismus und passen nicht in die gesellschaftliche Norm. Das Team von „Das Schweigen der Gerechten“ kümmert sich voll Liebe und Verständnis um sie, während ihnen das Gesundheitssystem Steine in den Weg legt, die sich nur durch Improvisation lösen lassen. Ihre Arbeit bewegt sich ständig im Grenzbereich der Legalität. Brunos Handy klingelt Tag und Nacht. An ein Privatleben ist da schon lange nicht mehr zu denken. Doch Kürzertreten oder gar Aufhören wäre keine Option, denn ein ganzes Netzwerk aus Ärzten und Eltern verlässt sich auf sie. Die Innenansicht, die Olivier Nakache und Éric Toledano hier liefern, basiert auf eigenen Erfahrungen. Die Regisseure arbeiteten selbst in der Einrichtung von Stephane Benhamou, wie Bruno im wahren Leben heißt. Sie erlebten die unhaltbaren Umstände, die den Alltag der Sozialarbeiter prägen, am eigenen Leib mit. Ihr Film ist entlarvend ehrlich und einnehmend. Auf einzigartige Weise verbinden Nakache und Toledano immer wieder sozialkritische Themen mit Humor, der auf einen breiten Geschmack trifft. Ihr soziales Engagement und die Leidenschaft, mit der sie wichtige Themen ansprechen, hat sich auch seit ihrem Durchbruch mit ZIEMLICH BESTE FREUNDE nicht geändert. Akribisch recherchieren sie ihre Themen und verfassen gemeinsam die Drehbücher. Knapp zwei Jahre nach DAS LEBEN IST EIN FEST legen sie mit ALLES AUSSER GEWÖHNLICH ein weiteres flammendes Plädoyer für die Menschlichkeit vor. Ein berührender, beglückender Film nah am Leben, der lange nachhallt. D Lars Tunçay
Start am 5.12.2019 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de
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Bruno Haroche and his colleagues support teenagers who are labeled as hopeless cases by the authorities. Olivier Nakache und Éric Toledano’s (THE INTOUCHABLES) new film.
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Kurzweilig und kurios erzählt DIE WACHE eine nächtliche Episode auf der Polizeistation. Kommissar Buron (großartig: Benoît Poelvoorde) verhört seinen Hauptverdächtigen Fugain (ebenso großartig: Grégoire Ludig) auf jedes noch so banale Detail, um einen Mord aufzuklären. Wie von dem belgischen Kult-Regisseur, Musiker und Künstler Quentin Dupieux (RUBBER) zu erwarten, wird das Ganze von Minute zu Minute absurder und endet in einem fulminanten Finale. Was für alle Dupieux-Fans ein Muss sein wird, ist für Neueinsteiger ein sanfter Einstieg. Nach seinen schrilleren US-Produktionen, ist DIE WACHE Dupieux’ Rückkehr nach Frankreich und kommt um einiges klassischer daher: vom eleganten Set über den verhaltenen Soundtrack bis hin zu der minutiösen Sezierung französischer Gepflogenheiten. Produktionsdesign und Set stammen von Dupieux’ Frau Joan Le Boru und die Detailverliebtheit lässt sich sehen: Mit sanften Beigetönen und an die 70er Jahre angelehnten Frisuren hat eine Polizeistation nie ikonischer ausgesehen. Banalitäten und Alltagsgeschichten werden auf die Spitze getrieben. Es entfaltet sich ein Kammerspiel, das allein durch den
Die Wache
Prägnante Absurditäten Originaltitel: Au poste! D Frankreich 2018 D 73 min D R: Quentin Dupieux D B: Quentin Dupieux D K: Quentin Dupieux D S: Quentin Dupieux D M: David Sztanke D D: Benoît Poelvoorde, Grégoire Ludig, Anaïs Demoustier, Marc Fraize D V: Little Dream
Start am 12.12.2019 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de
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KEEP AN EYE OUT tells a curious tale of a nightly episode at a police station in a curious way, where a very arduous investigation gets more absurd by the minute, so to speak.
Dialog und die fantasievollen Gedankenspiele von Kommissar und Verdächtigtem unterhält. Immerhin begann Dupieux seine Karriere beim französischen Wunderkind Michel Gondry. Mit ihm teilt er die hyperstilisierte Bildsprache und die damit verbundenen Seitensprünge in die Musikvideound Werbefilmwelt. Und Dupieux ist ebenso wie Gondry ein großer Träumer. Der Belgier kommt dabei aber weniger verspielt daher, sondern lebt von prägnanten Absurditäten in einem scheinbar langweiligen Alltag. In nur 73 Minuten entführt er sein Publikum mit DIE WACHE in eine Nacht, die in ihren Zwielichtigkeiten fast real erscheint. D Anna Hantelmann
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INDIEKRITIKEN Großbritannien/Deutschland/Dänemark 2018 D 89 min D R: Victor Kossakovsky D B: Victor Kossakovsky, Aimara Reques D K: Victor Kossakovsky, Ben Bernhard D S: Victor Kossakovsky, Molly Malene Stensgaard, Ainara Vera D M: Eicca Toppinen D V: Neue Visionen
Aquarela
The Peanut Butter Falcon
Blau, Grün und Schwarz
Zwei Männer und ein Floß
90 Minuten Wasser. In flüssiger und fester Form. Als Eis und Dampf. Das ist der Inhalt des neuen dokumentarischen Essayfilms von Victor Kossakovsky, bekannt für VIVAN LAS ANTIPODAS!, der geografische Antipoden beschrieb. Und auch AQUARELA lebt von Gegensätzen, beschreibt das lebensschaffende, lebenswichtige Element Wasser in seiner Schönheit und seiner Zerstörungskraft, zeigt, wie Menschen es zu beherrschen, zu bezwingen suchen und manchmal auch in ihm verenden. Gleich zu Beginn, in einer Sequenz, die auf dem sibirischen Baikalsee gefilmt wurde, sieht man Menschen und ihre Autos, die trotz brüchigem Eis versuchen, den See zu überqueren – und manchmal im Eis einbrechen. Von hier geht es weiter, nach Grönland, auf den Atlantik, nach Schottland und Miami, Mexiko und Venezuela, auf eine Reise um den Globus, die jedoch in keinem Moment etwa den lehrreichen BBC-Dokumentationen ähnelt, in denen die markante Stimme David Attenboroughs Halt verleiht und die Natur und Tierwelt immer vor allem malerisch erscheint. Was beide Ansätze verbindet: Sie sind bildgewaltig, Kossakovskys Film zusätzlich durch das Aufnahmeverfahren. Er drehte mit 96 Bildern pro Sekunde, die für die Kinoauswertung zwar auf 48 reduziert wurden, aber immer noch unfassbar scharfe, unwirklich klare Bilder erzeugen. Die Bilder aus den unterschiedlichen Regionen sind impressionistisch montiert, keine Texteinblendungen oder Kommentare bieten Orientierung, man muss, man sollte sich ganz dem Fluss der Bilder hingeben, der archaischen Kraft von Eisbergen, die abbrechen und unheilverkündend knacken, aber auch der Schönheit der Farben des Wassers, die AQUARELA oft wie ein Gemälde wirken lassen, eben wie ein Aquarell. So reines Blau, Grün, aber auch Schwarz hat man selten auf der Leinwand gesehen. Menschen kommen zwar auch gelegentlich vor, aber immer nur am Rand, quasi zum Größenvergleich, denn der unbestreitbare Star dieses überwältigenden Films ist eindeutig das Wasser. D Michael Meyns Start am 12.12.2019 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de
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USA 2019 D 93 min D R: Tyler Nilson, Michael Schwartz D B: Tyler Nilson, Michael Schwartz D K: Nigel Bluck D M: Zachary Dawes, Noam Pikelny, Jonathan Sadoff, Gabe Witcher D D: Zack Gottsagen, Shia LaBeouf, Dakota Johnson, John Hawkes, Thomas Haden Church, Jon Bernthal, Bruce Dern D V: Tobis Film
90 minutes of water. In liquid and solid form. As ice and steam. The visually stunning essay film shows the element of water in its beauty and in its destructive power.
Zaks (Zackary Gottsagen ) erster Fluchtversuch kostet ihn einen Pudding und bringt ihn nur bis kurz vor das Altenheim, in dem er untergebracht ist. Da passt der 22-Jährige mit Down-Syndrom zwar nicht rein, aber niemand hat eine bessere Idee. Für die zweite Flucht muss er niemanden bestechen und läuft Stunden später in nichts als einer weißen Unterhose am eingeseiften Körper in die Freiheit, bis er auf einem Boot einschläft. Das gehört Tyler (Shia LaBeouf), und auch er ist auf der Flucht, vor seiner Vergangenheit und rachsüchtigen Fischern. Ballast kann er als einsamer Wolf nicht gebrauchen, und er will den blinden Passagier möglichst bald loswerden, aber so ein herzloser Knochen ist er gar nicht. Zak will in Florida bei seinem Lieblingswrestler Salt Water Redneck das Handwerk lernen, und Florida liegt auch auf dem Weg für Tyler. Auf ein Floß umgestiegen, schippern sie den Fluss hinab, mit wenig Gepäck, vielen Träumen und einem Glas Erdnussbutter. Über das Kämpfen weiß Tyler einiges, das er Zak beibringen kann, und sie reden über Familie und den Unterschied zwischen guten und bösen Herzen. Aber die Fischer sind noch hinter ihnen her, und die Pflegerin Eleanor (Dakota Johnson), die Zak sicher zurück ins Heim bringen soll, auch wenn es ihr schwerfällt, als sie ihn in seiner neuen Freiheit sieht. Das Langfilmdebüt von Michael Schwartz und Tyler Nilson konstruiert gekonnt eine humorvolle Geschichte, bei der verlorene Familienbande, Aussichtslosigkeit und drohende Gewalt überwunden und Freundschaften geknüpft werden, ohne dass auch nur eine Messerspitze Zynismus oder Kitsch darin steckt. Die Hauptrolle wurde für Zackary Gottsagen geschrieben, und er treibt mit seinem naiv-ehrlichem Enthusiasmus den Film an, liefert eine den anderen Darsteller*innen ebenbürtige Leistung ab und braucht als Charakter manchmal Hilfe, aber nie Mitleid. Idyllische Naturbilder und Folk-Musik runden das Ganze zu einer unterhaltsamen Reise à la Mark Twain ab. D Christian Klose
Start am 19.12.2019 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de
Two men on the lam: 22 year old Zak with down syndrome and outsider Tyler sail towards Florida on a raft and become friends.
Termine unter www.indiekino.de
INDIEKRITIKEN Originaltitel: Les crevettes pailletées D Frankreich 2019 D 103 min D R: Maxime Govare, Cédric Le Gallo D B: Romain Choay, Maxime Govare, Cédric Le Gallo D K: Jérôme Alméras D S: Samuel Danési D M: Thomas Couzinier, Frédéric Kooshmanian D D: Nicolas Gob, Alban Lenoir, Michaël Abiteboul, David Baïot D V: Edition Salzgeber
Die glitzernden Garnelen Freundschaft, Solidarität, Glamour und Party
Eine Menge PRISCILLA – QUEEN OF THE DESERT, ein bisschen SWIMMING WITH MEN, ein bisschen FOUR WEDDINGS AND A FUNERAL und eine rundum sympathische Angelegenheit: DIE GLITZERNDEN GARNELEN erzählt eine fröhliche fiktionale Geschichte rund um das queere Wasserballteam „Les crevettes pailletées“, das es wirklich gibt und in dem Regisseur Cédric Le Gallo selbst trainiert hat. Aufhänger ist ein kleiner medialer Skandal. Der Profischwimmer Matthias Le Goff (Nicolas Gob) hat einen aufdringlichen Journalisten als schwul beschimpft und wird vom Verband mit gemeinnütziger Arbeit gestraft: Er soll die Garnelen für die anstehenden Gay Games in Kroatien trainieren. Unwillig stellt er sich beim Team vor und stößt dort auch nicht auf viel Gegenliebe – vor allem der aktivistische Joël (Romain Lancry) ist wenig begeistert von der Idee, einem homophoben Hetero einen Persilschein auszustellen. Beim Training stellt sich dann allerdings sehr schnell heraus, dass die sexuelle Orientierung gar nicht der größte Unterschied zwischen Matthias und den Garnelen ist: Während es Matthias vor allem ums Ziel, ums Gewinnen geht, geht es den Garnelen um Freundschaft, Solidarität, Glamour und Party. Im Zweifel ist ihnen der Preis für die beste Performance wichtiger als der Titel, und ihre größte Sorge ist neben der Qualifikation, für die sie das brachiale lesbische Team „Die Aufräumerinnen“ besiegen müssen, eine gute Abschlusschoreo hinzulegen. Bei der Qualifikation immerhin kann Matthias helfen. Die Choreo übernimmt Transfrau Fred. Und so macht sich die ganze Bagage – Matthias und seine Tochter, der heimlich kranke Teamchef Jean, sein unglücklicher Exfreund Alex, Baby Vincent, Fred, Joël, Partymaus Xavier und Familienmann Cédric – dann eines Tages im Sightseeing Bus (siehe PRISCILLA) auf den Weg von Paris nach Kroatien. D Hendrike Bake
Start am 5.12.2019 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de
Termine unter www.indiekino.de
Professional swimmer Matthias Le Goff calls an intrusive journalist gay and the association punishes him by making him do non-profit work: he has to train the gay water polo team “The Shiny Shrimps” for the upcoming Gay Games in Croatia.
Originaltitel: Amazing Grace D USA 2019 D 120 min D R: Sydney Pollack, Alan Elliott D S: Jeff Buchanan D D: Aretha Franklin D V: Weltkino
Aretha Franklin: Amazing Grace Schillerndes Zeitdokument
1972 erhielt Sidney Pollack, einer der profiliertesten New-Hollywood-Regisseure, den Auftrag, einen Film zu den Aufnahmesessions von Aretha Franklins Gospel-Album „Amazing Grace“ zu drehen. Die Aufnahmen fanden in der „New Temple Missionary Baptist Church“ in Los Angeles statt, vor einem Live-Publikum. Es sollte ein Baptistengottesdienst so „authentisch“ wie möglich simuliert werden. Das Album wurde zu einem gigantischen Erfolg, aber Sidney Pollacks Filmaufnahmen verschwanden für Jahrzehnte im Archiv, angeblich wegen technischer Schwierigkeiten bei der Ton-Bild-Synchronisation. Wenn man den im letzten Jahr von Allan Elliot fertiggestellten Film heute sieht, 47 Jahre nach der Entstehung der Aufnahmen, schleicht sich ein anderer Verdacht ein. Pollacks Film ist zu gut und komplex für das Geschäft – und zu wenig glamourös. AMAZING GRACE ist gerade kein immersiver Konzertfilm, in dem man versinken kann, sondern ein Film über eine Simulation. Pollack zeigt die Betriebsamkeit und die Schwierigkeiten der Technik, er zeigt die Probleme, die technische Verzögerungen mit der Stimmung im Publikum verursachen, die Animationsversuche des Reverend James Cleveland, die etwas gezwungene Ekstase des Southern California Community Choirs. In einem Baptisten-Gottesdienst wird der heilige Geist beschworen, hier wird er herbei inszeniert. Dabei steht die musikalische Qualität der Aufnahmen außer Frage. Aretha Franklin singt erd- und himmelerschütternd. Aber sie ist hier nicht die charismatische, kraftstrotzende, tanzende Soulkönigin, sondern eine schweigsame, tief konzentrierte – und tief religiöse – Künstlerin, die zwischen den einzelnen Songs wie eine lebende Statue auf der Bühne steht, während um sie herum die Produktion tost. In einer hinteren Ecke stehen Mick Jagger und Keith Richards an der Wand, knallwach und aufmerksam, als wollten sie keinen Moment verpassen. Das sollte man auch heute nicht. D Tom Dorow Start am 28.11.2019 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de
ARETHA FRANKLIN: AMAZING GRACE is a fascinating, dazzling historic document about a career highlight of one of the greatest singers of the 20th century, and about the production of one of her most successful albums.
DEZEMBER 2019 D
27 D
INDIEKRITIKEN Dänemark/Kanada 2019 D 112 min D R: Lone Scherfig D B: Lone Scherfig D K: Sebastian Blenkov D S: Cam McLauchlin D M: Andrew Lockington D D: Zoe Kazan, Tahar Rahim, Andrea Riseborough, Caleb Landry Jones, Jay Baruchel, Bill Nighy D V: Alamode
The Kindness of Strangers
Japan/Deutschland 2018 D 102 min D R: Sabu D B: Sabu D D: Shintarô Akiyama, Sho Aoyagi, Keita Machida, Hayato Onozuka D V: rapid eye movies
Jam
Rasantes Knirschen
Nicer than life
Lone Scherfig hat ein Weihnachtsmärchen gedreht: THE KINDNESS OF STRANGERS spielt in New York im Winter in einer Zeit, die möglicherweise die Gegenwart ist, vielleicht aber auch nicht. Die Frisuren sehen nach heute aus, die Autos und Hemden älter, das Macbook, das irgendwann groß im Bild ist, stammt definitiv aus diesem Jahrzehnt, aber niemand hat ein Handy. Vielleicht benutzt es auch nur keiner. In dieser Epoche, die der unseren sehr ähnlich sieht, aber irgendwie auch nicht, treffen einsame Seelen aufeinander, die ebenfalls etwas Unscharfes haben. Sie sehen den Leuten, die man so auf der Straße trifft, ähnlich, aber so ganz von dieser Welt sind sie nicht. Clara, die Zoe Kazan mit großen Augen und der Jahreszeit völlig unangemessenen Kleidchen spielt, ist mit ihren zwei kleinen Jungen vor einem gewalttätigen Ehemann nach New York geflüchtet. Da dieser Polizist ist, können die drei nirgendwo um Hilfe bitten. Jeff (Caleb Landry Jones) fliegt aus einem Job nach dem anderen. Einer der Bosse fragt ihn „Nenne mir eine Sache, in der du gut bist, eine einzige.“ Jeff fällt nichts. Er landet schließlich in der Suppenküche, in der die einsame Krankenschwester Alice (Andrea Riseborough) arbeitet. Die betreibt außerdem noch einen Gesprächskreis zum Thema Vergebung, den wiederum der schüchterne Anwalt John Peter und sein ehemaliger Klient, der misanthropische Marc regelmäßig besuchen. Und dann ist da noch ein runtergewirtschaftetes russisches Restaurant, das dem alten Timofey (Bill Nighy) gehört, der dort nur Kaviar serviert, weil die Küche so schlecht ist, und der über Geschäftliches nur sehr ungern redet. THE KINDNESS OF STRANGERS hat etwas von einem Kinder- oder Jugendbuch, alles ist etwas „nicer than life“, etwas skurril, und niemand auch nur das allerallerkleinstebisschen ambivalent, und natürlich findet sich, ganz weihnachtsgerecht, für alle Kümmernisse eine Lösung. D Hendrike Bake
Start am 12.12.2019 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de
D 28
D DEZEMBER 2019
A group of lonely souls find each other in a Christmassy, snowy New York.
Drei Geschichten, die auf komplexe Weise mit einander verknüpft sind: Der junge Takeru will seine im Koma liegende Freundin retten, indem er durch gute Taten gutes Karma erzeugt. Der Schlagersänger Hiroshi wird von einem weiblichen Superfan entführt und soll in einer Nacht einen Song für sie schreiben. Der aus dem Gefängnis entlassene Tetsuo will sich an seiner alten Gang rächen und wird nun von immer neuen Gangmitgliedern verfolgt, während er seine Großmutter im Rollstuhl durch die Stadt schiebt. Derweil planen die Gangster, auf die Tetsuo es abgesehen hat, einen Überfall auf Hiroshis Fan. Anders als in den ähnlich konstruierten Filmen von Alejandro G. Iñárritu (AMORES PERROS, BABEL) aus den Nuller Jahren, in denen die Erzähllogik den Anschein erweckte, dass ein geheimnisvolles Schicksal die Fäden unsichtbar zusammenhält, knirscht es ganz bewusst ganz gewaltig in der rasanten Erzählmaschine, die der japanische Regisseur Sabu zusammengebastelt hat. Sabus Filme sind Desillusionserzählungen. Hier geht nichts vollkommen auf, und wenn sich Erzählstränge berühren, dreht sich nicht gleich das Universum mit. Aber Sabu meint es auch besser mit seinen Figuren. So hysterisch überdreht, komisch und gewalttätig JAM teilweise auch sein mag, hat Sabu ein Herz für die aufrichtige Verzweiflung Takerus, und Hiroshi wird möglicherweise sogar von seinem Zynismus geheilt. Wenn Hiroshis Geschichte an Stephen Kings MISERY erinnert, oder die von Tetsuo an die „Lone Wolf and Cub“-Serie, dann verleiht Sabu diesen berühmten Erzählungen über den Wahn von Fans und die Unerbittlichkeit der Rache einen seltsamen, romantischen, absurden, aber sehr menschlichen Dreh. Dadurch wird nicht alles gut, aber manches anders und vieles ehrlicher. JAM ist mit leichter Hand gedreht und macht auf jeden Fall großen Spaß. D Hannes Stein
Start am 26.12.2019 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de
Sabu tells three fast-paced stories that are tied to each other, even though nothing fully connects. JAM is shot with a light tone and is definitely very fun.
Termine unter www.indiekino.de
INDIEKRITIKEN Deutschland 2019 D 90 min D R: Leonie Stade, Annika Blendl D D: Marielle Blendl, Lida Freudenreich, Annika Blendl, Leonie Stade, Jochen Strodthoff D V: Cine Global
All I Never Wanted Media-Mockumentary
Originaltitel: Buñuel en el laberinto de las tortugas D Spanien/Niederlande 2018 D 80 min D R: Salvador Simó D B: Eligio Montero, Salvador Simó D S: José Manuel Jiménez D M: Arturo Cardelús D V: Arsenal Filmverleih
BuÑuel Im Labyrinth der Schildkröten Anarchie und Eitelkeit
Blitzlichtgewitter. Armin Rohde spannt den Bizeps, Bussis fliegen durch die Luft, Klaus Lemke hält ein Schild mit eindeutiger Botschaft an die staatliche Filmförderung ins Bild. Szenen eines deutschen Filmfests. Mittendrin: Annika Blendl und Leonie Stade, zwei junge Regisseurinnen auf Finanzierungssuche. „Wer sind die denn?“, raunt es und schon steht ein Veranstaltungsmitarbeiter da und schickt sie vom Teppich, der Platz werde schließlich für echte Promis gebraucht. Blendl und Stade brachten 2015 den Dokumentarfilm MOLLATH – UND PLÖTZLICH BIST DU VERRÜCKT in die Kinos. Was nun in ALL I NEVER WANTED folgt, ist ein Film im Film, ein Mockumentary, ein Gemisch aus dokumentarischer Methode und Spiel. Ein Nadelstich in die Glamourblase. Die Filmemacherinnen folgen für ihre fiktive Doku Frauen auf dem Weg zum Erfolg. Namentlich Mareile (Mareile Blendl), Schauspielerin Anfang 40, und dem minderjährigen Model Nina (Lida Freudenreich), die ihr Glück in Mailand versucht. Mareile steckt ihren eigenen TV-Serien-Tod und die folgende Karriereumgestaltung nicht gut weg. Vom landesweiten Abendprogramm geht es ans Provinztheater. Die junge Nina zerbricht derweil unter dem Casting- und Konkurrenzdruck. Die Super-Frauen drohen zu scheitern. Neben den beiden Protagonistinnen geht es auch um die Filmemacherinnen, die sich selbst schmierigen Investoren und anderen Hindernissen ausgesetzt sehen – und doch Teil der Maschinerie sind. Ohne Protagonistinnen gibt es keinen Film und ohne Film will der Investor das Geld zurück, daher greifen sie auch zu unorthodoxen Methoden, um Mareile und Nina am Ball zu halten. Tragisch-komisch inszeniert die Fake-Doku das alte Lied von Sein und Schein. Das wirkt mal plakativ, mal köstlich überspitzt und funktioniert in den situativen Momenten am besten. D Clarissa Lempp
Start am 12.12.2019 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de
Termine unter www.indiekino.de
A film within a film, a mockumentary, a mixture of documentary methods and acting. ALL I NEVER WANTED follows several women on the path paved with compromises on their way to success in the media industry.
Paris 1933: Luis Buñuel, der surrealistische Skandalregisseur, hat ein neues Projekt – ausgerechnet einen Dokumentarfilm. Mit dem befreundeten Anarchisten Ramón Ancín und einer Crew macht sich der Künstler auf in die spanische Bergregion Las Hurdes, um das ärmliche Leben der dortigen Bevölkerung aufzunehmen. Das Ergebnis, der halbstündige Film LAS HURDES, TIERRA SIN PAN (Land ohne Brot, ESP 1933), wird dann aber doch keine „richtige“ Doku, weil der Regisseur das Inszenieren nicht lassen kann und der surrealistische Impuls ihn zur Verfremdung drängt. Der biografische Animationsfilm BUÑUEL IM LABYRINTH DER SCHILDKRÖTEN von Salvador Simó, basierend auf einer Graphic Novel von Fermín Solís, zeigt die kuriose Entstehungsgeschichte des Films (und nimmt sich dabei selbst künstlerische Freiheiten heraus). Seinen größten Reiz bezieht der Film aus dem Wechsel zwischen Zeichentrick und den Originalaufnahmen: Das scheinbar Dokumentarische wird als gestellt entlarvt, während das Gezeichnete vorgibt, „wirklich“ zu sein. Die Welt besser machen, Menschen helfen, die Revolution anzetteln – nicht weniger als das ist die Motivation hinter Buñuels und Ancíns Projekt. Demgegenüber stehen der Geltungsdrang und die Eitelkeit des Künstlers, derer sich Luis selbst im Angesicht des Elends, das er in den Bergen vorfindet, nicht ganz entledigen kann. Auch wenn der Animationsfilm sich Mühe gibt, uns Buñuel nahe zu bringen als fehlbaren, aber dennoch sympathischen Typen, bleibt der Regisseur einem doch vor allem als Arsch in Erinnerung – nicht nur im Umgang mit den Tieren, die für die Entstehung von LAS HURDES ihr Leben lassen mussten. Schlussendlich drängt BUÑUEL zu sehr auf eine harmonische Auflösung seiner Konflikte und scheint sich nicht so recht zu trauen, den unangenehmen Ambivalenzen der Wirklichkeit konsequent ins Auge zu blicken. D Eva Szulkowski
Start am 26.12.2019 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de
The biographical animated film BUÑUEL IN THE LABYRINTH OF TURTLES shows the strange origin story of the Buñuel’s film LAS HURDES.
DEZEMBER 2019 D
29 D
INDIEFEATURE
Die Wahrheit liegt im Schrägen Bruno Dumont hat vier Texte von Charles Peguy für zwei Filme über Jeanne d‘Arc bearbeitet. Wie die Figur der Johanna von Orléans selbst ist auch Charles Peguy eine politisch umstrittene Figur, auf die sich rechte Nationalisten und katholische Extremisten ebenso berufen wie linke Philosophen, etwa Alain Badiou. Peguy stammte aus einer Bauernfamilie und war Sozialist, bevor er sich dem Katholizismus zuwendete, den Modernismus ablehnte und über die Aufwertung der Tradition bei nationalistischen Begriffen landete. Als einer der ersten französischen Freiwilligen wurde er 1914 im Krieg erschossen. Bruno Dumont hat in Interviews gesagt, er verstehe sich selbst als einen „Primitiven“, der sich außerhalb der realen Politik sieht. An Peguy scheint ihn vor allem das Wüten gegen die Welt zu interessieren.
JEANNETTE – DIE KINDHEIT DER JEANNE D’ARC JEANNETTE hätte man wohl früher als „Rockoper“ bezeichnet. Hier tanzen und headbangen die Darsteller*innen, die zum Großteil Laien sind, zur Musik des französischen Elektro-Metallers Igorrr. Die achtjährige Lise Leplat Prudhomme als Jeannette und später die ältere Jeanne Voisin stehen in irgendwelchen Dünen und singen mit voller Inbrunst Peguys fast liturgische, sich oft wiederholende Verse – Peguy verstand seine Werke über Jeanne D‘Arc als eine Art mittelalterliches Mysterienspiel. Eine Handlung im eigentlichen Sinne gibt es nicht. In drei Monologen und drei Dialogen – mit einer gleichaltrigen Freundin, einer von Zwillingen gespielten Nonne, und einem täppischen Onkel – klagt Jeanne über die Abwesenheit des Königreichs Gottes und hadert damit, handeln zu dürfen, zu können und zu wollen und die Eltern belügen zu müssen. Der innere Aufruhr ist groß, aber selbst die Musik wird immer wieder von gleichgültigem Schafsblöken unterbrochen. „Das Risiko der Ernsthaftigkeit ist, dass sie zu Schwulst wird, weshalb man sie (…) mit der Komödie und dem Schwank ausbalancieren muss. Die Wahrheit liegt notwendigerweise im Schrägen“, sagt Dumont im Interview in Le Monde. Und so mögen die in Jeannes Vision in Bäumen schwebenden Heiligen so albern wirken wie die headbangende Doppel-Nonne und der schlecht rappende Onkel, dennoch hat das alles etwas Berührendes. Vor allem, wenn Jeanne über das Elend der Welt klagt – „Immer nur nichts, nichts, niemals nichts“ – und dabei ihr Kindergesicht in Großaufnahme keine Spur von Zweifel zeigt, ist das erstaunlich erschütternd. Die schwebenden Heiligen im Baum tauchen allerdings auch schon in der wohl frühesten Filmversion der Jeanne d’Arc von George Méliès um 1900 auf. Vielleicht will Dumont auch zurück zu einer naiveren, direkteren Form des Kinos.
Originaltitel: Jeannette, l’enfance de Jeanne d’Arc D Frankreich 2017 D 115 min D R: Bruno Dumont D B: Bruno Dumont D K: Guillaume Deffontaines D S: Basile Belkhiri, Bruno Dumont D M: Gautier Serre D D: Lisa Leplat Prudhomme, Jeanne Voisin, Lucile Gauthier, Victoria Lefebvre D V: Grandfilm
Start am 25.12.2019 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de
D 30
D DEZEMBER 2019
Bruno Dumont‘s extremely odd rock opera about Jeanne d‘Arc‘s childhood is a about the ecstatic decision to revolt.
Ohne die Choreografien und die Musik wären Peguys Texte kaum zu ertragen, dazu ist dessen Weltentwurf doch etwas zu streng, zu nationalistisch („Frankreich den Franzosen“) und zu katholisch. Andererseits zeigt der keinerlei Religiosität verdächtige Dumont eben keine Heldin, die notwendigerweise für das Richtige kämpft, sondern einen kindlichen emotionalen Aufruhr. Der Aufruhr sieht sich immer auf der Seite der Gerechtigkeit, egal auf welches Weltkonstrukt er sich bezieht, und sei es die idiotische Idee, das Oberhaupt des Hauses Valois sei gottgewollter als das Oberhaupt des Hauses Lancaster. JEANNETTE meint vermutlich nicht nur Greta Thunberg, sondern auch die jungen Faschisten.
JEANNE D’ARC JEANNE beginnt am Vorabend von Jeanne d’Arcs letzter Schlacht und Gefangennahme und erzählt von ihrem Prozess. Gesungen wir nur noch selten. Wenn JEANNETTE ein Film über die innere Ekstase des Aufruhrs ist, ist JEANNE ein Film über die Melancholie des Scheiterns an der Welt und über den Sophismus der Macht. Der harte Sound aus JEANNETTE ist einem sanfteren, melancholischen Pop gewichen, geschrieben vom 74 Jahre alten Sänger Christophe. Jeannes innere Monologe singt Augustin Charnet von der französischen Indieband Kid Wise, später tritt Christophe selbst als Jeannes letzter Ankläger auf und singt in der gleichen, hohen Tonlage, nur mit etwas brüchigerer Stimme, über eine furchtbare Höllenvision. Zunächst aber geht JEANNE so weiter wie JEANNETTE. Die Darsteller stehen in irgendwelchen Dünen, angeblich ist irgendwo in der Nähe Paris, hinter der Baumgruppe da hinten. Jeanne steht vor der endgültigen Niederlage. Gilles de Rais, ihr Marschall und später einer der grausamsten
INDIEFEATURE Verbrecher der Geschichte, spricht am Morgen vor der Schlacht über ein Massaker, bei dem Franzosen eines der reichen Dörfer in der Nähe geplündert, Männer, Frauen und Kinder verbrannt haben. Er bereut, es verpasst zu haben, zu schade, so ein Spaß. Jeanne glaubt, es wären die Engländer gewesen. Die Engländer seien nicht so dumm, Frauen zuerst zu verbrennen, tot wären sie ja zu nichts nutze. Man könne sie zwar auch tot noch benutzen, aber... Das sei Hexerei, sagt ein Kardinal, sind sie ein Hexer, Monsieur de Rais? Noch nicht, sagt de Rais. Nach diesen Reden mag sie die Kriegsmaschine nicht mehr anschmeißen. Für die Schlacht selbst steht die Reitertruppe vom Elysee-Palast ein, die um Jeanne herum ein paar Figuren reitet, oft aus der Perspektive Gottes
selbst gefilmt, von ganz oben. Dann wird Jeanne gefangen, und der Prozess beginnt. Den filmt Dumont in einer echten Kathedrale, wenn auch der von Amiens, nicht der von Rouen, wo der historische Prozess stattfand. Jeannes Ankläger, die im Auftrag der mit den Engländern verbündeten Burgunder ein politisch kommodes Urteil fällen müssen und zugleich eine „Wahrheit“ produzieren müssen, die im Propagandakrieg funktioniert, sind Karikaturen, deren Grimassen und Selbstinszenierung an Schurkenund Idiotenrollen von Monty Python bis zu STAR WARS-Filmen denken lassen. Jeanne, wieder von der inzwischen zehn Jahre alten Lise Leplat Prudhomme gespielt, steht in vollendeter, mysteriös geheimnisloser Unschuld vor ihren Anklägern. Es ist ein zäher Prozess, und auch der Film zieht sich dahin, während die Schurkerei ihren Lauf nimmt. Dumont zeigt auch die Hilfs- und Unterschurken, die notwendig sind, um die Welt so zu erhalten, wie Jeannes Rebellion sie nicht wollte: die drögen Soldaten, die halb professionellen, halb verblödeten Folterer, die ihr Metier nur als einen Beruf unter vielen sehen. Das hat einen gewissen Witz, aber an den Furor von JEANNETTE reicht JEANNE nicht heran. Nur wenn Christophe von der Hölle singt, entwickelt der Film ganz unmittelbare Wucht. D Tom Dorow Originatitel: Jeanne d‘Arc D Frankreich 2019 D 13 min D R: Bruno Duont D B: Bruno dumont D K: David Chambille, M: Christophe D D: Lise Leplat Prudhomme , Annick Lavieville , Justine Herbez , Benoît Robail Alain Desjacques , Serge Holvoet, Julien Manier D V: Grandfilm
Start am 2.1.2020 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de
The second part of Bruno Dumont‘s strange biopic of Jeanne d‘Arc begins on the eve of Jeanne‘s final battle and recounts her trial.
«EINE HERRLICH SKURRILE KOMÖDIE» ROLLING STONE fr
«POINTIERTE INSZENIERUNG» KINO-ZEIT.DE
EIN VERHÖR VON BENOÎT POELVOORDE AB 12. DEZEMBER IM KINO, SOZUSAGEN
INDIEKRITIKEN Originaltitel: Deux Moi D Frankreich 2019 D 110 min D R: Cédric Klapisch D B: Cédric Klapisch D S: Valentin Féron D D: François Civil, Ana Girardot, François Berléand, Camille Cottin D V: STUDIOCANAL
Einsam zweisam Eher schüchterne Leute
Mit EINSAM ZWEISAM (DEUX MOI) kehrt Cédric Klapisch ein wenig zu seinen Anfängen von CHACUN CHERCHE SON CHAT (1996) zurück, in dem die junge Chloë ihr multikulturelles Pariser Viertel an der Bastille kennenlernt und vielleicht die Liebe findet, als sie ihr verloren gegangenes Kätzchen Gris-Gris sucht. Auch diesmal spielt ein Kätzchen eine Rolle, und auch diesmal nimmt eine Ecke von Paris eine Art dritte Hauptrolle ein, diesmal ist es die Gegend zwischen Gare du Nord und der Metrostation Stalingrad. Hier wohnen Mélanie (Ana Girardot) und Rémy (François Civil) Haus an Haus – sie in einer pittoresken Pariser Altbau-Dachwohnung, er im grau-blauen Beton-Neualtbau – ohne voneinander zu wissen. Immer wieder begegnen sie sich, in Mansours (Simon Abkarians) NachbarschaftsLaden, in der Metro, auf der Straße, ohne einander als Nachbarn wahrzunehmen. Er sieht vor sich hin, sie checkt ihr Handy, wie das eben so ist. Dabei sind sie sich sehr ähnlich. Beide sind um die Dreißig, ruhig, freundlich, und eher schüchterne Leute. Mélanie knapst noch an einer Trennung und ist sehr nervös, weil sie im Job eine Präsentation halten soll. Rémy macht die Entlassung seiner Kollegen im Versandlager zu schaffen und der neue Callcenter-Job ist auch eine Herausforderung. Nachdem er in der U-Bahn eine Panikattacke hat, schickt ihn der Arzt zu einem freundlichen Kassentherapeuten (François Berléand) der seine Klienten auf billigen blauen Bürostühlen empfängt. Mélanie liegt derweil bei ihrer Analytikerin (Camille Cottin) auf der mondänen Couch und lässt den Blick über William Morris-Tapeten schweifen. Klapisch erzählt ihre parallel verlaufenden Leben zum freundlichen Elektro-Soundtrack mit einer Art gechillter Eleganz. Es passiert auf den ersten Blick recht wenig – die beiden treffen ihre Familie, gehen zur Therapie, probieren es mit Sozialen Medien – aber es verändert sich doch etwas. D Toni Ohms
Start am 19.12.2019 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de
D 32
D DEZEMBER 2019
Two unlucky singles around 30 who could be destined for one another live in the same quarter in Paris and pass each other by.
Originaltitel: The Good Liar D USA 2019 D 109 min D R: Bill Condon D B: Jeffrey Hatcher D K: Tobias A. Schliessler D S: Virginia Katz D M: Carter Burwell D D: Ian McKellen, Helen Mirren, Russell Tovey, Mark Lewis Jones D V: Warner Bros.
Das alte Böse McKellen vs Mirren
Roy Courtney (Ian McKellen) ist kein netter Mensch, aber sehr gut darin, wie einer zu wirken. Für seine Arbeit als Trickbetrüger ist das unerlässlich. Wenn er auf Datingportalen wohlhabende ältere Damen anschreibt und sich beim ersten Treffen als von der Welt gebeutelter und trotzdem unbedingt optimistisch bleiben wollender Witwer präsentiert, ist er auch sehr charmant. Aber natürlich ist seine gesamte Geschichte erlogen, inklusive des Namens. Und wenn es darum geht, seine Opfer um ihr Geld zu erleichtern, kennt Roy keine Zurückhaltung oder Mitgefühl. Sein letzter und größter Coup sollen knapp drei Millionen Pfund sein, die die pensionierte Professorin Betty McLeish (Helen Mirren) angespart hat. Bald hat er Bettys Vertrauen erobert und leitet den nächsten Schritt seines Plans ein. Aber auch wenn Betty seine Absichten nicht kennt, bekommt sie allmählich kleine Einblicke in Teile von Roys Vergangenheit. DAS ALTE BÖSE ist Ians McKellens dritte Zusammenarbeit mit Bill Condon nach GODS AND MONSTERS und MR. HOLMES, und es ist eine Freude, ihn als Roy dabei zu beobachten, wie er seinen Plan vorantreibt und einmal sogar vor der Kamera vom intriganten Gauner zum verliebten Rentner „umschaltet“. Das Publikum hat immer wieder Einblick hinter die Kulissen seines Plans, während von Betty nur das naive Verhalten gezeigt wird, das Roy sieht und von ihr erwartet. Dass Betty aber auch Geheimnisse hat und wahrscheinlich nicht arm und übertölpelt enden wird, ist schon daran zu erkennen, dass sie von Helen Mirren gespielt wird und in der allerersten Szene ebenfalls lügt. So beobachtet man fasziniert Roys Fortschritte und sucht gleichzeitig nach Hinweisen darauf, was sich hinter Bettys Maske versteckt, bis sich die ganze Geschichte in mehreren Etappen entfaltet hat. D Christian Klose
Start am 28.11.2019 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de
Ian McKellen plays con man Roy, who meets recently widowed Betty, played by Helen Mirren.
Termine unter www.indiekino.de
INDIEKRITIKEN Posrtugal/Frankreich/Argentinien 2019 D 98 min D R: Ico Costa D D: Henrique Bonacho D V: Steppenwolf
Alva
Alles was Du willst.
Kreatürliches Überleben
Zwei Planlose
In ALVA fällt ein Mann durch die Netze der Zivilisation, um im Wald ein kreatürliches Dasein zu fristen. Der Film illustriert einen sozialen und individuellen Prozess, der aus einem prekarisierten und zunehmend verzweifelten Menschen einen Mörder, einen Ausgestoßenen und schließlich einen Vogelfreien macht. Dieser Mensch heißt Henrique und ist ein portugiesischer Ziegenhirte. Seine Vorgeschichte ist unbekannt, doch scheint sie ihn das Sorgerecht für seine Töchter gekostet und ihn an den Rand des Existenzminimums gebracht zu haben. Eines Tages begibt sich Henrique von seiner Hütte in die Stadt, um für das verlorene Sorgerecht Rache zu nehmen und flüchtet nach diesem Gewaltakt in die Wildnis. Die Flucht endet in einem Fluss namens Alva, in dem sich Henrique schließlich entscheidet, in die Zivilisation zurückzukehren und sein Schicksal anzunehmen. ALVA ergeht sich jedoch weder in religiöser Symbolik, noch erlaubt er eine emotionale Einfühlung in die Hauptfigur. Ebenso wenig ermöglicht der Regisseur Ico Costa eine psychologische Profilierung von Henrique oder überhaupt jede Form von kohärenter Deutung. Stattdessen scheint die Kamera sich an ihren wortkargen Protagonisten anzupassen und folgt ihm stumm durch die Straßen, in die Büsche, auf der Flucht. Doch blitzt in dieser unzugänglichen Reise schließlich doch eine Erkenntnis auf: Das Zigarettendrehen, das Henrique Halt und Sinn zu geben scheint, wird in der Wildnis durch das unablässige Sammeln von Beeren ersetzt. Erst in dieser Reduktion seiner Existenz auf das kreatürliche Überleben zeigt sich das Ausmaß schon des vorherigen Elends – ein Leben, das durch die Monotonie des Lohnerwerbs und den Entzug an sinnstiftenden Beziehungen schon lange zu einem Überleben degradiert worden ist. D Yorick Berta
Start am 12.12.2019 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de
Termine unter www.indiekino.de
Originaltitel: Tutto quello che vuoi D Italien 2017 D 106 min D R: Francesco Bruni D B: Francesco Bruni D K: Arnaldo Catinari D S: Cecilia Zanuso D M: Carlo Virzì D D: Andrea Carpenzano, Giuliano Montaldo, Arturo Bruni, Propizio Emanuele, Donatella Finocchiaro D V: Kairos Filmverleih
One day goatherd Henrique leaves his hut to go to the city to exact his revenge because of his lost custody and flees into the wildness after this act of violence.
Alessandro hat keine großen Ambitionen. Ohne Job und mit einem abgebrochenen Studium hängt er am liebsten mit seinen Freunden in Cafés, schaut Frauen hinterher und fabuliert, was er kaufen würde, wenn er mal reich wäre, ohne irgendetwas dafür zu tun. Um das bisschen Geld, das er aber doch braucht, und um etwas von zuhause wegzukommen, übernimmt er die Betreuung des alten Dichters Giorgio. Die Welt hat Giorgio vergessen und der Mittachtziger ist dabei, es auch zu tun. Äußerlich auch im Alter noch Klasse und Bildung ausstrahlend, ist sein Inneres chaotisch. Manchmal hat er „gestern“ noch Fußball gespielt, und manchmal hält er beim Kartenspiel Alessandros Freunde für G.I.s. Passend dazu ist sein letztes Werk, bevor er das Schreiben aufgab, eine in die Bürowände geritzte Ode an die letzten Kriegstage, die er als Teenager erlebte, an seine verlorenen amerikanischen Freunde – und an ein Geschenk, das sie ihm hinterlassen haben. Die Aussicht auf dieses sicher sehr wertvolle Geschenk motiviert Allessandro genug, um in der Bibliothek zu recherchieren und mit dem alten Dichter eine Exkursion in Giorgios Jugend zu unternehmen. Seine eigenen Freunde will er eigentlich nicht mitnehmen, aber die sind zu sehr Männer der Tat, um ein Nein zu akzeptieren, und bei einer Bergtour sicher auch nützlich. Mit mehr Leuten ist es ja auch netter, meint Giorgio. Zwischen Giorgio, der manchmal vergisst, dass er kein Jugendlicher mehr ist und einen Überschuss an Liebe als den Kern jeder Poesie betrachtet, und Alessandro, der weder weiß, was er mal werden will, wenn er „groß“ ist, noch, was er machen soll, falls er sich einmal verliebt, entsteht eine merkwürdige Freundschaft. Und während Giorgio mit den jungen Männern einige seiner Erinnerungen noch einmal aufsucht, wächst in Alessandros das Vertrauen, dass es in seinem Leben doch Dinge geben könnte, für die es sich einzusetzen lohnt. Angefangen mit einer alten Liebe. D Chrsitian Klose
Start am 21.11.2019 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de
23 year old slacker Alessandro is ordered by his father to help Alzheimer‘s afflicted Giorgio and befriends the old man.
DEZEMBER 2019 D
33 D
INDIEKRITIKEN Deutschland 2019 D 104 min D R: Neele Leana Vollmar D B: Lars Hubrich, Neele Leana Vollmar D K: Frank Lamm D S: Ana de Mier y Ortuño, Hansjörg Weißbrich D M: Oliver Thiede D D: Damian Hardung, Max von der Groeben, Luna Wedler, Milan Peschel, Hans Löw D V: Warner Bros.
7500
Auerhaus Ahnung von Freiheit
AUERHAUS ist ein Weihnachtsfilm. Das Jahr neigt sich dem Ende zu. AUERHAUS ist ein Anti-Weihnachtsfilm. Neele Leana Vollmers Verfilmung des Bestseller-Romans von Bov Bjerg fängt die ganze Tristesse des Kleinstadtlebens Anfang der 1980er Jahre ein. Das italienische Kleinstadt-Eiscafé, die seelenlosen Verschalungen der Kleinstadt-Häuser, die gelangweilte Kleinstadt-Dorfjugend. Der lakonische 18-jährige Ich-Erzähler Höppner fasst es so zusammen: „Die anderen Gymnasien hießen Schiller-Gymnasium und Albert-Einstein-Gymnasium. Unseres hieß Gymnasium am Stadtrand“. Zu Hause hängt der Stiefvater die Decken in den ohnehin schon erstickend engen Räumen ab. Als sich Höppner die Gelegenheit wenigstens für einen kleinen Ausbruch bietet, greift er mit beiden Händen zu. Sein Freund Frieder ist nach einem Selbstmordversuch in die Psychiatrie eingeliefert worden. Die Ärzte empfehlen, dass er bei seinen Eltern auszieht, aber nicht alleine wohnt. Also ziehen Frieder und Höppner und Höppners Freundin Vera, die er dazu überredet hat, und Cäcilia, die mitkommen soll, damit Vera nicht das einzige Mädchen ist, in das leerstehende Haus von Frieders Opa. Später gesellen sich noch die Pyromanin Pauline, die Frieder in der Psychiatrie kennengelernt hat, und der schwule Elektriker Harry dazu. AUERHAUS erzählt von diesem Zusammenleben als Aufeinanderfolgen nicht so sehr von Ereignissen, als von Stimmungen, die sich fast alle im grau-blauen Bereich bewegen. Frieder ist schon ganz schön irre und die Angst, er könnte sich etwas antun, wohnt mit. Auch die anderen sind, wie in dem Alter üblich, alle primär mit sich selbst beschäftigt. Höppner ist vor allem verwirrt. Vom Zauber einer schrägen Freiheit, der den Roman durchweht, ist weniger zu spüren, dafür vermittelt das Zusammenhausen aber eine erste Ahnung davon, dass es diese Freiheit geben könnte, und dass man dafür vor allem eins muss: bloß weg! D Toni Ohms
Start am 5.12.2019 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de
D 34
D DEZEMBER 2019
Neele Leana Vollmer’s adaptation of the bestelling novel by Bov Bjerg captures all of the dreariness of small town life in the early 1980s.
7500 ist der Notfallcode für eine Flugzeugentführung. Auf einem Routineflug nach Paris muss der Ko-Pilot Tobias Ellis das Ruder übernehmen, als Terroristen das Flugzeug kapern und den Piloten schwer verletzen. Selbst verwundet, kann Ellis die Kidnapper und Geiseln, inklusive seiner Freundin, vom Cockpit aus nur über die Monitore sehen, und muss von dort aus verhandeln, um eine Katastrophe zu verhindern. Die deutsch-österreichische Ko-Produktion ist der erste Langfilm von Patrick Vollrath, dessen Kurzfilm ALLES IST GUT 2015 für den Oscar nominiert war. Start am 26.12.2019
Deutschland 2019 D 92 min D R: Patrick Vollrath D D: Joseph Gordon-Levitt, Carlo Kitzlinger, Max Schimmelpfennig, Aylin Tezel, Murathan Muslu
Motherless Brooklyn Jonathan Lethems Roman MOTHERLESS BROOKLYN war 1999 eine literarische Sensation: ein aktueller Hardboiled-Krimi mit einem zwangsgestörten Detektiv, dessen Arbeit immer zugleich ein Kampf mit seinem Tourette-Syndrom und anderen Ticks und Zwangsstörungen ist. Der eigentliche Thrill im Thriller war es, den Kampf im Kopf des Heldens zu verfolgen. Edward Norton, der auch selbst die Hauptrolle spielt, hat den eigentlich nicht verfilmbaren (und kaum übersetzbaren) Roman verfilmt und in die fünfziger Jahre verlegt. Ausführliche Kritik im nächsten Heft.
Start am 12.12.2019
USA 2019 D 144 min D R: Edward Norton D D: Edward Norton, Bruce Willis, Bobby Cannavale, Willem Dafoe, Leslie Mann, Gugu Mbatha-Raw, Alec Baldwin
Termine unter www.indiekino.de
KINOSTART 05.12.2019
Die zwei Päpste
SCHÖNHEIT & V ERGÄ NGL ICHK EI T EIN FILM VON ANNEKATRIN HENDEL
SVEN MARQUARDT
Start am 5.12.2019
USA 2019 D 109 min D R: Fernando Meirelles D D: Jonathan Pryce, Anthony Hopkins
INTERNATIONALE FILMFESTSPIELE Berlinale Panorama
HOT DOCS TORONTO
Berlinale Panorama
Competition
Die Dichterin Emily Dickinson (1830-1886) galt lange als verschrobene Einsiedlerin. In den letzten Jahren hat die literaturwissenschaftliche Forschung mit Hi-Tech-Methoden nachgewiesen, dass die Dichterin eine leidenschaftliche Beziehung zu ihrer Nachbarin, Jugendfreundin und Schwägerin Susan Gilbert hatte. Madeleine Olnek nahm das zum Anlass, eine queere Komödie zu drehen, in der Emily und Susan eine wilde Liebesgeschichte durchleben, über Männer gespottet wird, und Dickinsons düster-romantisches Gedicht „Because I could not stop for Death“ zur Polka-Melodie von „I wish I was in Dixie“ gesungen wird. Start am 28.11.2019
Termine unter www.indiekino.de
USA 2018 D 84 min D R: Madeleine Olnek D D: Molly Shannon, Susan Ziegler, Amy Seimetz
ROBERT PARIS
FESTIVAL OF GERMAN FILMS
HELSINKI INTERNATIONAL
Mexiko
Film Festival
FREEZONE BELGRADE Competition
Cinematografie MARTIN FARKAS | JOHANN FEINDT | THOMAS PLENERT | Montage GUDRUN STEINBRÜCK | Ton NIC NAGEL | MORITZ SPRINGER | Komposition ROBERT LIPPOK | Herstellungsleitung HEIKE GÜNTHER | Produktionskoordination HEIKE HETMANCZYK | Postproduktion Supervisor RENÉ HENDEL Color Grading TILL BECKMANN | Titeldesign, Animation, Trailer MARIA LISSEL | Mischung MICHAEL KACZMAREK | Sounddesign TOBIAS ADAM | Tonschnitt ANDREAS VORWERK | Musik BLEIBEIL | Redaktion (RBB) JENS STUBENRAUCH | Produktionsleitung (RBB) RAINER BAUMERT Zusätzliche Kamera HEIKE HETMANCZYK | HOLLY TISCHMAN | JAN BEHREND | gefördert von Medienboard Berlin-Brandenburg | Bundesbeauftragte für Kultur und Medien | Kulturelle Filmförderung Mecklenburg-Vorpommern | Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein - Filmwerkstatt Kiel | German Films eine Produktion von IT WORKS! Medien GmbH | in Koproduktion mit Rundfunk Berlin-Brandenburg | im Verleih von REAL FICTION | Buch, Regie, Produktion ANNEKATRIN HENDEL
©2018
Wild Nights with Emily
DOMINIQUE HOLLENSTEIN
HEINER CAROW-PREIS
grafik MARIA LISSEL
Der argentinische Kardinal Jorge Mario Bergoglio (Jonathan Pryce) bittet, von seiner Arbeit frustriert, Papst Benedikt XVI. (Anthony Hopkins) im Jahr 2012 darum, in den Ruhestand gehen zu dürfen. Benedikt lehnt ab und lädt seinen früheren Konkurrenten um das Papstamt nach Rom ein. Dort unterhalten sich die beiden Geistlichen über ihre Werdegänge, den Umgang mit den Diktaturen, unter denen sie aufwuchsen und ihre daraus entstandenen sehr unterschiedlichen Haltungen. Und nach einem gemeinsamen Fußballabend hat Benedikt einen Vorschlag.
INDIEKINDER
KinderfilmE A–Z Chihiros Reise ins Zauberland ¢ Wolf
Der kleine Rabe Socke 3 – Suche nach dem verlorenen Schatz Auf dem Dachboden von Mutter Dachs findet der kleine Rabe Socke eine Schatzkarte, die der Opa vom kleinen Dachs gezeichnet hat, bevor er verschwunden ist. Zusammen mit dem Bären Eddie und dem kleinen Dachs macht sich Socke auf den Weg in die Berge, um den Schatz zu finden. Dann wird er nämlich König, bittedanke, und alle müssen machen, was er sagt. Auf dem Weg zum Schatzberg erleben die drei eine Menge Abenteuer. Nur gut, dass Socke so mutig ist, Eddie so stark und der kleine Dachs, den Socke erst gar nicht dabei haben wollte, so klug. Start am 12.12.2019 ¢ Acud Kino, Union
Deutschland 2019 D R: Verena Fels, Sandor Jesse D FSK: oA
Rotschühchen und die sieben Zwerge ¢ Bali-Kino
Drei Haselnüsse für Aschenbrödel ¢ Union
Shaun das Schaf: UFO-Alarm ¢ Acud Kino, Bundesplatz-Kino, Il Kino, Sputnik Kino
Das singende klingende Bäumchen ¢ Union
Spatzenkino: Weihnachtswunder
DIE EISKÖNIGIN 2 ¢ Eva-Lichtspiele, Union
Fritzi – Eine Wendewundergeschichte ¢ Acud Kino, Bali-Kino, Bundesplatz-Kino
Der kleine Maulwurf ¢ b-ware!ladenkino
INTERNATIONALER KURZFILMTAG
¢ Bali Kino, Eva Lichtspiele, Kino Intimes, Union Filmtheater, Xenon Kino alle Termine unter spatzenkino.de, Vorbestellungen unter 030/449 47 50
Thomas und seine Freunde ¢ Union, Preview am 1.1. um 15.45 Uhr Sputnik Kino, Preview am 1.1. um 11 Uhr
Ukrainischer Kinoclub: Überraschungsfilm für Kinder ¢ Brotfabrik
¢ Am 21.12.: Kurzfilmprogramme für Kids im Acud Kino und Sputnik Kino
DIE LEGENDE VOM WEIHNACHTSSTERN ¢ Sputnik Kino
Kinderfilm des Monats: Santa & Co. – Wer rettet Weihnachten?
Die unendliche Geschichte ¢ City Kino Wedding
Drei Tage vor Heiligabend passiert eine Riesenkatastrophe am Nordpol: Alle Wichtel sind krank, und ohne deren Arbeit muss Weihnachten ausfallen. Das darf nicht sein, und deswegen macht sich Santa auf den Weg, um 92.000 Tabletten Vitamin C zu besorgen. Nur leider wird er wegen der ungewöhnlichen Bestellung für einen Verrückten gehalten und verhaftet. Erst durch die Hilfe des Anwalts Thomas und seiner Zwillinge kommt er wieder frei. Aber es stehen ihnen einige wilde Abenteuer bevor, bis Weihnachten – hoffentlich – gerettet ist.
¢ Bali Kino, Bundesplatz Kino, Eva Lichtspiele, Kino Intimes, Sputnik Kino, Union Filmtheater, Xenon Kino, Alle Termine unter kinderkinobuero.de, Vorbestellungen unter 030/235 562 51
D 36
D DEZEMBER 2019
Frankreich/Belgien 2018 D R: Alain Chabat D 92 min, FSK : oA
Mein Leben als Zucchini ¢ Wolf
MOMO ¢ Sputnik Kino
Neues von uns Kindern aus Bullerbü ¢ Wolf
PETTERSON UND FINDUS – MORGEN FINDUS WIRDS WAS GEBEN
Unsere Lehrerin, die Weihnachtshexe ¢ Bali-Kino, Eva-Lichtspiele, Il Kino, Union
¢ Sputnik Kino
Termine unter www.indiekino.de
Jan Delay
An na T hal bach
Nellie Thalbach
Dieter Hallervorden
Suche nach dem verlorenen Schatz EINE AKKORD FILM PRODUKTION IN KOPRODUKTION MIT UNIVERSUM FILM, TATAMI FILMS und NDR, SWR, HR UNTERSTÜTZT VON MFG FILMFÖRDERUNG BADEN-WÜRTTEMBERG, HESSENFILM UND MEDIEN, MEDIENBOARD BERLIN-BRANDENBURG, MITTELDEUTSCHE MEDIENFÖRDERUNG, NORDMEDIA, DEUTSCHER FILMFÖRDERFONDS, FILMFÖRDERUNGSANSTALT, DIE BEAUFTRAGTE DER BUNDESREGIERUNG FÜR KULTUR UND MEDIEN MIT DEN STIMMEN VON JAN DELAY, ANNA THALBACH, NELLIE THALBACH, ULRICH SMANDEK, RANJA BONALANA und DIETER HALLERVORDEN MUSIK ALEX KOMLEW ANIMATION DIRECTOR LUTZ STÜTZNER ANIMATION SUPERVISORS KATRIN INZINGER, JOAH JENSEN SOUNDDESIGN CHRISTIAN HECK REDAKTION HOLGER HERMESMEYER, BIRGIT PONTEN, Film GmbH BENJAMIN MANNS, PATRICIA VASAPOLLO KOPRODUZENT FLORIAN SCHMIDT-PRANGE EXECUTIVE PRODUCER SEBASTIAN RUNSCHKE, VALENTIN GREULICH DREHBUCH KATJA GRÜBEL BASIEREND AUF BÜCHERN VON NELE MOOST UND ANNET RUDOLPH PRODUZENT DIRK BEINHOLD REGIE VERENA FELS & SANDOR JESSE ©DERUniversum KLEINE RABE SOCKE © AKKORD FILM & THIENEMANN-ESSLINGER VERLAG
WWW.RABE-SOCKE-FILM.DE
/RABESOCKEFILM
AB 12. DEZEMBER NUR IM KINO!
INDIEKINOHIGHLIGHTS
BALI-KINO CINEMA! ITALIA!
D 38
D DEZEMBER 2019
Im Dezember macht die Cinema!Italia!-Tournee im Zehlendorfer Bali-Kino halt. Vom 12.-18.12. zeigt das Bali täglich um 20.30 Uhr einen der sechs Filme der Reihe aktueller italienischer Produktionen in der Originalfassung mit deutschen Untertiteln. UN GIORNO ALL’IMPROVVISO (Aus heiterem Himmel) erzählt im Geist des Neorealismus von einem 17 Jahre alten Fußballer, der eine große Chance wahrnehmen könnte, müsste er sich nicht um seine psychisch labile Mutter kümmern. In UNA QUESTIONE
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Troppa Grazia
PRIVATA (Eine private Angelegenheit) erzählen die Brüder Paolo und Vittorio Taviani zum letzten Mal gemeinsam (Vittorio ist im April 2018 gestorben) von Widerstand, Freundschaft und Liebe in Kriegszeiten. MA COSA CI DICE IL CERVELLO (Sind denn alle durchgedreht?) ist eine überdrehte Spionage-Komödie und UNA STORIA SENZA NOME (Eine Geschichte ohne Namen) ein Mystery-Thriller um den Raub des drei Meter breiten Gemäldes „Natività“ von Caravaggio, das im Oktober 1969 von der Mafia
in Palermo gestohlen wurde und sich dann in Luft auflöste. In TROPPA GRAZIA (Zu viele Wunder) erscheint der Landvermesserin Lucia (Alba Rohwacher) die Heilige Maria, und in OVUNQUE PROTEGGIMI (Schütze mich auf allen Wegen) versucht ein abgewrackter sardischer Folk-Sänger einer Frau zu helfen, die das Sorgerecht für ihr Kind zurück haben will. balikino-berlin.de 12.-18.12., jeweils um 20.30 Uhr
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INDIEKINOHIGHLIGHTS
SPUTNIK KINO BLN – Berlin Lesbian Non-Binary Filmfest Zen in the Ice Rift
Zum zweiten Mal präsentiert das Berlin Lesbian Non-Binary Filmfest im Sputnik Kino Filme aus der ganzen Welt, die lesbische, nonbinäre, trans* und inter* Perspektiven auf die Leinwand bringen. Mit zwanzig Filmvorführungen an zwei Tagen hat sich das Filmangebot im Vergleich zum letzten Jahr dabei verdoppelt. Fast alle Filme sind aktuelle Produktionen und die Bandbreite reicht vom philippinischen BILLIE & EMMA (R: Samantha Lee), in dem sich 1996 in einer katholischen Mädchenschule Billie mit Berufswunsch Rockstar in die schwangere Emma verliebt, über die Doku SHAKEDOWN (USA 2018), in der Leilath Weinraub einen Blick hinter die Kulissen der lesbischen Underground-Partyreihe von und für afroamerikanische Frauen in L.A. wagt, bis hin zum Dokumentarfilm SEAHORSE (UK 2019), in dem Jeanie Finlay die komplexe Situation porträtiert, die Freddy
als schwangerer Transmann zu meistern hat. Weitere Filme thematisieren polyamouröse Beziehungen (GOOD KISSER), Trans-Coming-Out (BEING IMPOSSIBLE), Intersexualität (NO BOX FOR ME) oder lesbische Liebe in der DDR (UFERFRAUEN – LESBISCHES L(I)EBEN IN DER DDR). Aus den Kurzfilmprogrammen kann das Publikum den Favoriten wählen, und mit GENDERNAUTS – EINE REISE DURCH DIE GESCHLECHTER (1999) von Monika Treut steht auch ein queerer Klassiker auf dem Programm. Das BLN wird von Schirmherrin Monika Hermann am Nikolausabend um 18 Uhr mit einem Grußwort in der Kinobar eröffnet. Um 19 Uhr läuft dann SAINT FRANCES (USA 2018, R: Alex Thompson), in dem Hetero-Single Bridget als Kindermädchen in das krisenreiche Familienleben von Maya, Annie und ihrer Tochter Frances hineingezogen wird. blnfilmfest.org 6.–8.12.
Once Upon a Time in ... Hollywood
KINO KROKODIL PRENZLAUER BERG – REIGEN
FILMRAUSCHPALAST BEST OF RAUSCH
„In den ersten drei Jahren nach der Wende drehte ich einen Dokumentarfilm über Leute, die zwischen Prenzlauer Allee und Greifswalder Straße wohnen. … Wir fingen an mit der Ausrufung der Republik Utopia in der Nacht vom 3. Oktober 1990 auf dem Kollwitzplatz und hörten Ende 1993 mit den Dreharbeiten auf. Je länger wir gedreht hatten und je mehr Gespräche ich geführt hatte, desto mehr war mir klar geworden, es geht nicht um diese drei Jahre nach dem Mauerfall. … Alles was dem Wort Prenzlauer Berg angeheftet, angedichtet, in die Schuhe geschoben wird und womit der Bezirk in Stadtmagazinen von München bis Hamburg vermarktet wird als touristische Sensation, war mir egal. Ich wollte zeigen, dass das ein ganz normales Stück Stadt ist, wo Menschen leben mit ganz individuellen Lebenswegen.“ (Regisseur Jörg Foth in „Durchgangzimmer Prenzlauer Berg“, 2012) 11.12 um 19 Uhr, in Anwesenheit des Regisseurs Jörg Foth
Die Filmrauschpalast-Crew hat aus dem Programm des letzten Jahres wieder ihre Lieblinge gekürt und zeigt diese zwischen den Jahren noch einmal. Besonders am Herzen liegt ihnen dabei die Tarantinos Hollywood-Fantasie ONCE UPON A TIME IN … HOLLYWOOD, den sie – einmalig in Berlin – auf 35mm und in der Originalfassung zeigen werden. Wir stellen uns vor, dass die Projektion auf der gekrümmten Leinwand im Off-Hinterhof-Kino Tarantinos Vorstellung von Kino ziemlich nahekommen wird. Ebenfalls auf dem Programm stehen Gaspar Noés eskalierender Party-Albtraum CLIMAX, die tapfere lesbische Liebesgeschichte RAFIKI der nigerianischen Regisseurin Wanuri Kahiu, das eindringliche Coming-of-Age Drama AVA von Léa Mysius, Hirokazu Kore-edas zarte Familiengeschichte und harsche Gesellschaftskritik SHOPLIFTERS, Jonah Hills Trip zurück in die 90er Jahre MID 90s und ein besonderer Liebling der INDIEKINO-Redaktion: Lee Chang-dongs Verfilmung der Murakami-Kurzgeschichte BURNING. filmrauschpalast.de 27.12.–5.1.
D 40
D DEZEMBER 2019
BROTFABRIK-KINO BERLIN-FILM-KATALOG: GORILLA BATHES AT NOON Wegen Nasenbluten landet der russische Soldat Victor im Krankenhaus. Als er entlassen wird, ist seine Truppe aus Deutschland abgezogen. Auch seine Frau mit dem gemeinsamen Kind will nichts mehr von ihm wissen. In die Heimat zurückkehren mag er nicht. Und so beginnt für Victor auf der Suche nach Nahrung, Unterkunft und Liebe eine Odyssee durch das Berlin der frühen 1990er, wo er erlebt, wie das riesige Lenin-Denkmal demontiert wird, wo ihm aber auch – in einer improvisierten Notbehausung mit anderen Ausgestiegenen und Ausgestoßenen – der leibhaftige Lenin erscheint. Der 1932 in Belgrad geborene Regisseur Dušan Makavejev sorgte Anfang der siebziger Jahre für Furore mit WR – Mysterien des Organismus, nach dessen Verbot er nach Paris emigrierte. Auch dieses 1992 entstandene Spätwerk bietet eine furiose Mischung aus Fiktion, Dokumentarfilm und Found Footage (hier insbesondere Michail Tschiaurelis 1949 entstandener heroischer Kriegsfilm DER FALL VON BERLIN, in dem der gottgleiche Stalin den Zweiten Weltkrieg gewinnt). Der Blick auf die Absurditäten des Lebens im Berlin des Jahres 1992 ist dabei vor allem ein Blick auf die Absurditäten der Geschichte. 9.-–1.12., OmU, jeweils um 18 Uhr
INDIEKINOHIGHLIGHTS
BUNDESPLATZ-KINO DEFA-FILME DER 70ER JAHRE Das Bundesplatz Kino setzt seine Reihe mit DEFA-Filmen der 1975er Jahre fort. In HOSTESS (1975, R: Rolf Römer) fragt Johannes seine langjährige Freundin Jette, ob sie das Verhältnis nicht „legalisieren“ möchte. Der prosaische Antrag bringt Jette dazu, darüber nachzudenken, was sie von der Liebe eigentlich erwartet. Der Film war ein Publikumserfolg. Die Kritik war abschätzig. Im Eulenspiegel schrieb die Satirikerin Renate Holland-Moritz: „Außerdem finden gutbesuchte Film-Betten immer ihr Publikum, desgleichen die von den Jugendlichen favorisierten Beatgruppen und Popsängerinnen. Holland-Moritz schrieb auch die Geschichte, auf der DER MANN, DER NACH OMA KAM (1972) von Roland Oehme basiert, eine der erfolgreichsten Komödien der DEFA. Als die Oma heiratet, sucht das Ehepaar Piesold verzweifelt nach einem Ersatz, der Kinder und Haushalt zusammen hält. Es meldet sich zu ihrem Erstaunen ein junger Mann, Erwin Graffunda (Winfried Glatzeder). Graffunda ist so perfekt, dass die Gerüchteküche zu brodeln beginnt. Dann stellt sich heraus, dass Graffunda an einer Dissertation über die Emanzipation der Frau arbeitet. 1.12. HOSTESS 15.12. DER MANN, DER NACH OMA KAM, jeweils um 15.30 Uhr Der Mann, der nach Oma kam
IL KINO IO SONO VALENTINA NAPPI
BALI-KINO KINO DER NACHBARN: HANIA
IO SONO VALENTINA NAPPI dreht sich um die Pornodarstellerin desselben Namens, die schon in Monica Stambrinis Kurzfilm QUEEN KONG eine wichtige Rolle spielte. Hier geistert sie ruhelos durch eine fremde Stadt, bevor sie ihren Liebhaber trifft und sie, nach einem langen Gespräch, Sex haben. Monica Stambrini ist zu einem Regiegespräch am 9.12. um 19 Uhr im il Kino. Vor dem Hauptfilm läuft QUEEN KONG.
Im polnischen Weihnachtsfilm HANIA (2007) von Janusz Kaminski bereitet sich ein junges Paar in Warschau auf das gemeinsame Fest vor. Zufall oder nicht, nach der Begegnung mit einem Nikolaus in der Innenstadt beschließen die beiden, den Waisenjungen Kacper zum Weihnachtsfest zu sich einzuladen. Die Begegnung konfrontiert sie mit eigenen Kindheitserinnerungen und vergrabenen Träumen. 16.12. um 18 Uhr, OmeU
9.12. um 19 Uhr. OmeU, in Anwesenheit von Regisseurin Monica Stambrini
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INDIEKINOHIGHLIGHTS
FILMRAUSCHPALAST, SPUTNIK KINO, Z-INEMA HORROR ZUM JAHRESWECHSEL Christmas Evil
der Schwarzweiß-Klassiker NIGHT OF THE LIVING DEAD. Am 20.12. um 22.30 Uhr. Im Z-inema gibt es Schnee: Am 3. und 10.12. schleppen zwei Wehrmachtssoldaten einen Gefangenen in ein eingeschneites norwegisches HOUSE (HUSET, 2016) und finden dort etwas noch Böseres vor. Am 17.12. geht ein durchgeknallter Killer im Weihnachtsmannkostüm auf Mordtour. Die Handlung von SILENT NIGHT (2012) klingt vertraut (und ist ein Remake/Teil 6 von SILENT NIGHT, DEADLY NIGHT), aber dieser Santa hat etwas, was den anderen beiden fehlt: Einen Flammenwerfer und Malcolm McDowell.
Wie letztes Jahr schon zeigen die Kinder vom Bahnhofskino im Dezember drei wenig besinnliche Filme: In CHRISTMAS EVIL beschenkt ein junger Mann als Weihnachtsmann die guten Kinder und bestraft die unartigen Erwachsenen. In JACK FROST mutiert ein Serienkiller zu einem mörderischen Schneemann, und in SANTA CLAUS CONQUERS THE MARTIANS kidnappen Marsianer den Weihnachtsmann, um das rigide Mars-Schulsystem aufzulockern. Am 8.12. ab 22 Uhr gibt es im Filmrauschpalast dazu Kurzfilme, Kekse und Glühwein. Im Sputnik Kino ist die „It‘s Only A Movie“-Filmreihe zumindest halb in Weihnachtsstimmung: In SILENT NIGHT, DEADLY NIGHT freut sich der kleine Billy auf Weihnachten, bis ein Räuber vor seinen Augen seine Eltern tötet. Jahre später ist es Billy selbst, der in Rot-Weiß und mit Axt durch den Schnee stapft und den Tod bringt. Der zweite Teil des Double-Features ist
Filmrauschpalast: BLOODY CHRISTMAS am 8.12. ab 22 Uhr Sputnik Kino: SILENT NIGHT, DEADLY NIGHT & NIGHT OF THE LIVING DEAD am 20.12. ab 22.30 Uhr Z-inema: HOUSE am 3. & 10.12. um 20 Uhr SILENT NIGHT am 17.12. um 20 Uhr
BROTFABRIK KINO LEONARD COHEN DOUBLE FEATURE
BROTFABRIK KINO MICHAEL KLIERS KURZFILME ÜBER DAS KINO
Am 7.12 und 8.12 gibt es in Brotfabrik die Gelegenheit zu einem ganzen Abend mit Leonard Cohen. Nach dem biografischen Dokumentarfilm Marianne & Leonard: Words Of Love, über Cohen und seine Muse/Freundin Marianne Ihlen um 20 Uhr zeigt das Kino um 22 Uhr den Konzertfilm Leonard Cohen – Live at the Isle of Wight 1970. Nach Miles Davis, Ten Years After, Emerson, Lake and Palmer, The Doors, The Who, Jethro Tull, Jimi Hendrix und vielen anderen trat bei dem legendären Festival am letzten Tag gegen zwei Uhr morgens auch Leonard Cohen auf, mit großer Band, und sang neben seinen bis dahin größten Hits auch Songs von seiner damals noch nicht erschienen, immer noch besten Platte „Songs of Love and Hate“: Let’s sing another song boys, this one’s grown old and bitter. 7.12. und 8.12. um 20 & 22 Uhr
Vor seiner Arbeit als Spielfilmregisseur drehte Michael Klier (SYSTEM OHNE SCHATTEN, IDIOTEN DER FAMILIE) in den 70er und 80er Jahren zahlreiche Kurzfilme über Film für das Fernsehen. Das Brotfabrik-Kino zeigt eine Auswahl dieser Filme, von denen wir uns vor allem an den schönen Film über den Kameramann Henri Alekan, neben Eugen Schüfftan einer der Erfinder der Bildgestaltung im poetischen Realismus, erinnern. Zu sehen sind: Nicht versöhnt - Jean-Marie Straub in Italien (1970, 30 min), Roberto Rossellini (1976, 11 min), Truffaut und die Frauen (1977, 10 min), Godards Kameramänner (1980, 22 min), Casting (1986, 23 min), Licht von Alekan für Cocteau und Wenders (1987, 24 min), Die kleinen Schwestern der Nouvelle Vague/Die Viererbande (1989, 18 min) 12.12. und 13.12. um 18 Uhr, am 12.12. in Anwesenheit von Michael Klier
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INDIEKINOHIGHLIGHTS
ACUD KINO, BROTFABRIK KINO, SPUTNIK KINO Russisch Dok: ES IST NICHT SCHLIMM & VERDAMMT ZU ÜBERLEBEN Die Reihe „Russisch Dok“ zeigt aus Anlass des Welt-AIDS Tages am 1.12. zwei mittellange Filme über HIV-positive Menschen. In ES IST NICHT SCHLIMM von Svetlana Fiodorova begleitet die Kamera das junge Paar Oles und Sascha, die versuchen, trotz der HIV-Infektion klarzukommen. Der Regisseur Vladimir Tyulkin hat sich schon in mehreren Filmen dem Thema HIV gewidmet. In VERDAMMT ZU ÜBERLEBEN begleitet er zwei HIV-positive Schwestern bei Besuchen bei Freunden und Bekannten. Aber nicht alle wollen gefilmt werden, aus Sorge um ihren Ruf bei den Nachbarn.
ACUD KINO AG DOK PRÄSENTIERT: CLOUD MAKING MACHINE – ZWISCHEN HEIM UND HEIMAT Als Firas nach Deutschland kam, wusste er nur, dass das Land voller Blumen und freundlicher Menschen sein sollte. Aber vieles am Land war anders, als er und die anderen Teilnehmer*innen eines Theaterprojekts für Geflüchtete es erwartet hatten. Bei den Proben fühlen sie sich sicher, offenbaren ihre Ängste und Gedanken, und bringen die Botschaften an die verlassene Heimat auf die Bühne und als Videobriefe vor die Kamera von Susanne Dzeik. 5.12. um 20 Uhr, in Anwesenheit der Regisseurin Susanne Dzeik
Acud Kino: 11.12., 20 Uhr Sputnik Kino: 16.12., 19 Uhr Brotfabrik Berlin: 19.12., 18 Uhr Verdammt zu Überleben
CITY KINO WEDDING BERLINALE SPOTLIGHT: DIE GRUBE
EVA-LICHTSPIELE WERKSCHAU BRUNO GANZ: BROT UND TULPEN
DIE GRUBE am bulgarischen Goldstrand ein „Thermalbad“ zu nennen, ist vielleicht etwas hochgegriffen, aber als kostenloses Wellnessparadies bietet sie einigen schrägen Vögeln und Rentner*innen einen Platz, um sich zu treffen, zu entspannen und auch zu flirten. Als die Stadtverwaltung Eintritt für das Bad erheben will und dieser soziale Treffpunkt gefährdet ist, machen sich die Menschen aus der Grube stark für ihre Erhaltung. Die Regisseurin und gebürtige Bulgarin Hristiana Raykova, die diesen Kampf in mehreren Besuchen dokumentiert hat, ist nach dem Film anwesend und unterhält sich mit Berlinale-Sektionsleiterin Linda Söffker.
Zum Abschluss der Bruno Ganz-Werkschau läuft in den Eva-Lichtspielen noch einmal der Überraschungserfolg PANE E TULIPANI (BROT UND TULPEN, 2000) von Silvio Soldini: Bruno Ganz spielt dort den charmanten isländischen Kellner Fernando, der der in Venedig gestrandeten Hausfrau Rosalba, Unterschlupf gewährt und sich in sie verliebt. Deutsche Fassung: 8.12. um 15.15 Uhr OmU-Fassung: 15.12. um 15.15 Uhr
4.12. um 19 Uhr, in Anwesenheit von Regisseurin Hristiana Raykova
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INDIEKINOHIGHLIGHTS
BUNDESPLATZ-KINO, IL KINO, LICHTBLICK KINO WERKSCHAU ALICE & ALBA ROHRWACHER Corpo Celeste
Im Dezember sind in der Werkschau des Italian Film Festivals noch drei Filme zu sehen, in denen Alba Rohrwacher mitspielt oder Alice Rohrwacher Regie führt. In Alice Rohrwachers erstem Spielfilm CORPO CELESTE (FÜR DEN HIMMEL BESTIMMT, 2011) kehrt die 13-jährige Marta nach Jahren in der Schweiz ins ländliche Italien zurück und soll sich dort wie alle Jugendlichen auf die Konfirmation vorbereiten, kann aber mit dem bizarren katholischen Ritual nicht viel anfangen. In IO SONO L’AMORE (I AM LOVE, 2009) von Luca Guadagnino spielt Tilda Swinton die Russin Emma, Frau des Oberhauptes des Recchi-Clans, einer alteingesessenen Mailänder Modedynastie. Sie schwebt unbeeindruckt, reich und kalt durchs Leben, bis sie dem Koch Antonio begegnet. Alba Rohrwacher spielt ihre
Tochter Elisabetta, die in London Kunst studiert und sich dort in eine Frau verliebt hat. Mit LAZZARO FELICE (GLÜCKLICH WIE LAZZARO, 2018) um den gutmütigen Lazzaro, der von allen ausgebeutet wird, hat Alice Rohwacher eine moderne Heiligengeschichte gedreht, eine Parabel auf Unterdrückung, ausbleibenden Widerstand, den Willen zur Unterwerfung und Gruppenmentalitäten.
Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull
Dancer in the Dark
CORPO CELESTE: Lichtblick Kino am 3.12. um 20 Uhr Bundesplatz-Kino am 6.12. um 18 Uhr Il Kino am 8.12. um 16 Uhr IO SONO L’AMORE: Lichtblick Kino am 9.12. um 20 Uhr Bundesplatz-Kino am 13.12. um 18 Uhr Il Kino am 15.12. um 16 Uhr LAZZARO FELICE: Lichtblick Kino am 17.12. um 20 Uhr Bundesplatz-Kino am 20.12. um 18 Uhr Il Kino am 22.12. um 16 Uhr
EVA-LICHTSPIELE DER ALTE DEUTSCHE FILM
FSK-KINO AM ORANIENPLATZ ROBBY MÜLLER WEIHNACHTSSPECIAL
Die Eva-Lichtspiele zeigen jeden Mittwoch um 15.45 Uhr deutschsprachige Filme aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Highlight im Dezember ist DIE BEKENNTNISSE DES HOCHSTAPLERS FELIX KRULL (1957) von Kurt Hoffmann am 18.12. nach dem Roman von Thomas Mann. Horst Buchholz spielt den sonnigen Hochstapler, der sich als Marquis ausgibt und mit Zaza (Liselotte Pulver), der Verlobten des Marquis, auf Weltreise geht. Erika Mann schrieb am Drehbuch mit. Außerdem zu sehen: Der „volkstümliche Familienfilm“ LIEBESGESCHICHTEN (1943, 4.12.) von Viktor Tourjansky und das „rheinische Lustspiel aus dem Alltagsmlilieu einer Kleinstadt“ KORNBLUMENBLAU (1939, 11.12.) von Hermann Pfeiffer.
Das fsk-Kino zeigt vom 20. bis 25.12. drei der schönsten Filme, bei denen Robby Müller der Kinematograf gewesen ist. In ALICE IN DEN STÄDTEN (1974, R: Wim Wenders) suchen der abgebrannte Journalist Philip und die kleine Alice nach dem Großvater des Mädchens. Robby Müllers Kamerafahrten an den immergleichen Siedlungshäusern entlang und in der Wuppertaler Schwebebahn gehören zu den eindringlichsten Bildern des Films. Jim Jarmuschs amüsante Ausbrechergeschichte DOWN BY LAW (1986) und Lars von Triers Todesstrafen-Musical DANCER IN THE DARK (2000) mit Björk in der Hauptrolle sind ebenfalls längst Klassiker. Außerdem läuft in den Nachmittagsvorstellungen noch einmal die Doku LIVING THE LIGHT – DIE BILDERWELTEN DES ROBBY MÜLLER. 20.–25.12., fsk-kino.peripherfilm.de
D 44
D DEZEMBER 2019
INDIESERVICE
Die INDIEKINOS
ACUD Kino Mitte
1
Veteranenstr. 21, 10119 Berlin www.acudkino.de 030/44 35 94 98
City Kino Wedding Filmrauschpalast im Centre Français Moabit 8 Lehrter Str. 35, 10557 Berlin Wedding 6 www.filmrausch.de 030/394 43 44
Müllerstraße 74, 13349 Berlin www.citykinowedding.de 01525/968 79 21
b-ware! ladenkino Friedrichshain 2 Gaertnerstr. 19, 10245 Berlin ladenkino.de, 030/63 41 31 15
Sputnik Kino am Südstern Kreuzberg 12 Hasenheide 54, 10967 Berlin www.sputnik-kino.com 030/694 11 47
11
Greifenhagener Str. 32, 10437 Berlin www.kino-krokodil.de 030/44 04 92 98
Segitzdamm 2, 10969 Berlin www.fsk-kino.de 030/614 24 64
Blissestr. 18, 10713 Berlin www.eva-lichtspiele.de, 030/92 25 53 05
10
Nansenstr. 22, 12047 Berlin www.ilkino.de 030/81 89 88 99
Kino Krokodil Prenzlauer berg
fsk-Kino am Oranienplatz Kreuzberg 9
Eva-Lichtspiele Berlin Wilmersdorf 7
IL KINO NEUKÖLLN
Union Filmtheater Friedrichshagen Bölschestr. 69, 12587 Berlin 14 www.kino-union.de 030/65 01 31 41
Wolf Kino Tilsiter Lichtspiele NEUKÖLLN 15 Friedrichshain 13 Weserstraße 59, 12045, Berlin wolfberlin.org 030/921 03 93 33
R.-Sorge-Str. 25a, 10249 Berlin www.tilsiter-lichtspiele.de 030/426 81 29
Bali Kino Zehlendorf 3 Teltower Damm 33, 14169 Berlin www.balikino-berlin.de 030/811 46 78
REINICKENDORF
Xenon Kino Schöneberg
PANKOW
16 Kolonnenstr. 5, 10827 Berlin www.xenon-kino.de 030/78 00 15 30
C 6 11 8 H 17 1
SPANDAU
MITTE
7
Caligariplatz 1, 13086 Berlin www.brotfabrik-berlin.de 030/471 40 01
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A 9 16
5
LICHTENBERG
MARZAHNHELLERSDORF
B 2 Friedrichshain-
CHARLOTTENBURGWILMERSDORF
Brotfabrikkino Weissensee 4
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12 E
TEMPELHOFSCHÖNEBERG
STEGLITZZEHLENDORF
kreuzberg
F 18 10 G 15 14 D
NEUKÖLLN
Z-inema MITTE
17
Bergstr. 2, 10115 Berlin www.z-bar.de 030/28 38 91 21
TREPTOWKÖPENICK
3
Bundesplatz-Kino Wilmersdorf 5 Bundesplatz 14, 10715 Berlin www.bundesplatz-kino.de 030/85 40 60 85
B-ware! Open Air IN DEN PRINZESSINNENGÄRTEN NEUKÖLLN A im FMP1 Friedrichshain B ladenkino.de
Freilichtbühne WeiSSensee Weissensee
C
freilichtbuehne-weissensee.de
Freiluftkino D Friedrichshagen Friedrichshagen
www.freiluftkino-friedrichshagen.de
Freiluftkino Hasenheide KreuzberG E
Freiluftkino Pompeji Friedrichshain
Freiluftkino Insel zu Gast im Cassiopeia Friedrichshain F
Windlicht im Filmrausch palast: „Umsonst & DrauSSen“ Moabit H
www.freiluftkino-hasenheide.de
www.freiluftkino-insel.de
G
freiluftkino-pompeji.de
Zukunft Friedrichshain
18
Laskerstr. 5, 10245 Berlin kino-zukunft.de 0176/57861079
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DEZEMBER 2019 D
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Nachbild
Get Carter
Zurück zum Beton. Seit einiger Zeit sind die einst verhassten brutalistischen (von brut = roh) Betontempel der 1970er Jahre wieder schwer in Mode. Als Filmkulisse waren sie allerdings schon immer sehr beliebt. Eines der berühmtesten Beispiele ist das mittlerweile abgerissene Trinity Square Parkhaus, in dem GET CARTER (1971) mit Michael Caine spielte. In A CLOCKWORK ORANGE (1971) nutzte Stanley Kubrick – angeblich auch aus Budgetgründen – Londons futuristischste Neubauten als Hintergrund für die seelische Ödnis der Droogs. Für HIGH RISE (2015) baute Ben Wheatley seinen eigenen architektonischen Alptraum, der Hybris, Seelenkälte und Glamour der Bewohner*innen verkörperte. Umso lustiger ist es, dass nun DIE WACHE von Quentin Dupieux feinste brutalistische Architektur für ein intimes und albernes Kammerspiel nutzt, in dem sich weniger dystopische Abgründe offenbaren, als die zähen Mühlen des Alltags. Die Wache
D LINDENBERG! MACH DEIN DING Deutschrock D SORRY WE MISSED YOU Prekär arbeiten D LA GOMERA Pfeifsprachenkrimi D Milchkrieg in Dalsmynni Korrupte Co-op D UNA PRIMAVERA Trennung nach 40 Jahren D FREIES LAND Im wilden Osten D JOJO RABBIT Freund Hitler D Little Joe Glückspflanze D DER MARKTGERECHTE MENSCH Nach der Deregulierung D JUDY Garlands Ende D DAS GEHEIME LEBEN DER BÄUME Film zum Baum D DIE WÜTENDEN Vorstadtzorn D LITTLE WOMEN Gerwig-Remake D 1917 One-Take-WWI D A HIDDEN LIFE Liebesopfer D DAS FREIWILLIGE JAHR Nur noch weg D INTRIGE Geht Polanski noch? D VARDA PAR AGNÉS Von Agnès Varda lernen D DARKROOM – TÖDLICHE TROPFEN Praunheim-Krimi D EIN WEISSER WEISSER TAG Witwer in Island D THE LODGE Ösi-Hammer-Horror D Miles Davis – Birth of the Cool Miles never smiles D DARK WATERS Politthriller von Todd Haynes D WEATHERING WITH YOU Liebe und Sonnenschein
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AB 26. DEZEMBER IM KINO