INDIEKINO MAG, #06, Februar/März 2020

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D LA VERITÉ Ganz die Diva D FOR SAMA Für die Tochter D WAVES Pures Gefühlskino D PAUSE Es brodelt in Elpida D ÜBER DIE UNENDLICHKEIT Eins ans andere reihen D DIE FARBE AUS DEM ALL Private Okkult-Suppe D CRONOFOBIA Zeitgenössische Melancholie D EMMA Auf Hochglanz poliert D PLÖTZLICH HEIMWEH Verliebt in die Schweiz D DIE PERFEKTE KANDIDATIN Maryam manövriert D NEW YORK – DIE WELT ZU DEINEN FÜSSEN Stadtwanderer D JEAN SEBERG – AGAINST ALL ENEMIES Im Visier des FBI D JEAN-PAUL GAULTIER: FREAK & CHIC Wild, bunt, exzessiv D DIE ­KÄNGURUH-CHRONIKEN Zukünftiger Berlin-Film-Klassiker D MOM + MOM L’auberge italienne

Magazin FÜR unabhängigeS KINO

D 6 D FEBRUAR/MÄRZ 2020

indiekinoMAG

EMMA – START AM 5.3.2020



„ FILME DIESES K ALIB ERS GIBT ES SELTEN BIS NIE“ – PETER DEBRUGE, VA R I E T Y

„ DIE EPISCHE GESCHICHTE EINER MODERNEN AMERIK ANISCHEN FAMILIE .“ – TY BURR, T H E B O S T O N G LO B E

KELVIN

HARRISON, JR.

LUCAS

HEDGES

TAYLOR

RUSSELL

ALEXA

DEMIE

MIT

UND

RENÉE ELISE

STERLING K.

GOLDSBERRY

BROWN

Editorial V O N D E M G E F E I E R T E N R E G I S S E U R T R E Y E D WA R D S H U LT S

In unserem Februar/März-Magazin dreht sich zunächst einmal alles um die Berlinale. Wir sind gespannt auf das Festival unter neuer Leitung und freuen uns vor allem auf den diesjährigen Wettbewerb mit Filmen von Kelly Reichardt, Hong Sang-soo, Abel Ferrara, Sally Potter und Burhan Qurbani und auf die neue Reihe „Encounters“, die filmische Experimente ins Rampenlicht holen will. Auf den Seiten 8/9 stellen wir beide Programme etwas ausführlicher vor. Einige der Berlinale-Filme kommen bereits im März ins Kino, wie beispielsweise Ulrike Ottingers PARIS CALLIGRAMMES, Christian Petzolds UNDINE, Abel Ferraras SIBERIA und der Dokfilm WAGENKNECHT von Sandra Kaudelka über die Linken-Politikerin. Da vor der Weltpremiere auf dem Festival nicht berichtet werden darf, finden sich zu diesen nur kurze Ankündigungen im Magazin – mehr gibt es dann online unter www.indiekino.de, wo wir in einem Berlinale-Blog über unsere Seh-Erlebnisse berichten werden. Nach der großen imaginären Sause hält dann der Realismus Einzug ins Kino: Im März starten auffällig viele Dokumentarfilme. Der vielfach preisgekrönte und sehr berührende FOR SAMA beispielsweise, in dem Waad Al-Kateab für ihre neugeborene Tochter die Situation in Aleppo festhält. Oder JENSEITS DES SICHTBAREN – HILMA AF KLINT, der es sich zur Aufgabe macht, die erste abstrakte Malerin – Hilma af Klint malte ihre ersten abstrakten Bilder bereits 1906 und damit sechs Jahre von Kandinsky, der als Pionier des Abstrakten gilt – in der Kunstgeschichte zu etablieren. Oder die exzessive Doku JEAN PAUL GAULTIER: FREAK UND CHIC. Oder der sehr schöne, nachdenkliche Film PLÖTZLICH HEIMWEH, in dem die chinesische Reporterin Yu Hao erzählt, wie sie ihre unwahrscheinliche Wahlheimat in den Appenzeller Bergen entdeckte. Oder CHICHINETTE über die kleine, zähe Jüdin Marthe Hoffnung, die als französische Spionin im 2. Weltkrieg arbeitete. Viel Spaß beim Lesen und viel Spaß im Kino Eure INDIEKINO-Redaktion Die April-Ausgabe des INDIEKINO Magazins erscheint am 27.3.

AB 19. MÄRZ IM KINO


INDIEINHALT

06 Magazin

38 WEITER im KINO

10 „ES GIBT NUR EINE WIE CATHERINE DENEUVE.“ INTERVIEW MIT HIROKAZU KORE-EDA ZU LA VERITÉ

39 Kinderfilme

14 FÜR DIE TOCHTER FOR SAMA 16 Pures Gefühlskino Waves 24 AUF HOCHGLANZ POLIERT EMMA

42 PASTELL MIT KANTE – DIE NEUEN TRENDFARBEN 44 Kinoadressen, Impressum, Abo 46 Nachbild

Neu im FEBRUAR/MÄRZ 19 21 37 35 20 27 28 24

800 mal einsam – Ein Tag mit dem Filmemacher Edgar Reitz Anders essen – Das Experiment Bliss Body of Truth Brot Chichinette Cronofobia Emma

34 36 22 14 34 30 32 37 29

Euforia Der Fall Richard Jewell Die Farbe aus dem All For Sama Jean Paul Gaultier: Freak & Chic Jean Seberg Jenseits des Sichtbaren – Hilma af Klint Just Mercy Die Känguru-Chroniken

20 36 36 37 30 19 22 23 18 28

Der Krieg in mir Das letzte Geschenk Der letzte Mieter Limbo Mom + Mom Narziss und Goldmund New York – Die Welt vor deinen Füßen Paris Calligrammes Pause Die perfekte Kandidatin

35 31 26 20 18 31 10 20 21 16 26

Plötzlich Heimweh Siberia Sword of God The Royal Train Über die Unendlichkeit Undine La Vérité Wagenknecht Waterproof Waves Das Wunder von Taipeh

Starts der Woche 13.2.

5.3.

12.3.

26.3.

20 The Royal Train

19 24 22 14 32 29 20 36 23 10 21

19 22 28 20

35 20 30 36 18 26 31

20.2. 37 28 34 35

Bliss Cronofobia Euforia Limbo

27.2. 21 37 30 35 26

Anders essen – Das Experiment Just Mercy Mom + Mom Plötzlich Heimweh Das Wunder von Taipeh

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800 mal einsam – Ein Tag mit dem Filmemacher Edgar Reitz Emma Die Farbe aus dem All For Sama Jenseits des Sichtbaren Hilma af Klint Die Känguru-Chroniken Der Krieg in mir Das letzte Geschenk Paris Calligrammes La Vérité Waterproof

Narziss und Goldmund New York – Die Welt vor deinen Füßen Die perfekte Kandidatin Wagenknecht

19.3. 27 36 34 31 18 16

Chichinette Der Fall Richard Jewell Jean Paul Gaultier: Freak & Chic Siberia Über die Unendlichkeit Waves

Body of Truth Brot Jean Seberg Der letzte Mieter Pause Sword of God Undine


Paula BEER Franz ROGOWSKI

Ein Film von CHRISTIAN PETZOLD

AB 26. MÄRZ IM KINO


INDIEMAGAZIN

Al-Shafag: Wenn der Himmel sich spaltet

FILMFESTIVAL TÜRKEI DEUTSCHLAND Das Filmfestival Türkei Deutschland feiert Jubiläum: Zum 25. Mal zeigt das Festival in Nürnberg vom 20.–29.3. deutsche und türkische Spiel-, Kurz- und Dokumentarfilme mit dem Ziel, den Dialog zwischen den beiden einander so nahen und doch oft in Konflikt stehenden Kulturkreisen zu fördern. Im Mittelpunkt des Programmes steht der Wettbewerb der Spielfilme, in dem acht Filme aus der Türkei und Deutschland von einer internationalen Jury bewertet werden. In der Sektion „Filmlandschaften“ sind Beiträge zu sehen, die für das deutsche und türkische Kino besonders repräsentativ sind. Der jährlich verliehene Öngören-Filmpreis für Menschenrechte und Demokratie erinnert an den türkischen Autor und Theatergründer Vasıf Öngören, der auch in Deutschland lebte. www.fftd.net

FILMBUCH: THE SOUND OF FURY Die von Hannes Brühwiler kuratierte Filmreihe “Sound of Fury” über die Filme der linken US-Filmschaffenden, die während der McCarthy-Ära auf der Hollywood-Blacklist standen, lief 2019 in mehreren Kinos und Filmmuseen in Deutschland. Im Bertz-Fischer-Verlag ist nun das Buch „Sound of Fury – Hollywoods Schwarze Liste“ erschienen, und es erzählt nicht nur abenteuerliche Geschichten darüber, wie mit Berufsverbot belegte Filmschaffende verdeckt weiterarbeiten konnten, sondern stellt vor allem deren Filme vor, die zu den interessantesten der linken US-Filmgeschichte gehören. „Sound of Fury“ ist vor allem ein Kompendium, das zum Entdecken einlädt. Viele Filme sind online verfügbar – etwa auf archive.org – aber vielleicht regt das großartige Film-Buch ja auch einige Kinos noch einmal an, die Reihe aufzunehmen. (Hannes Brühwiler (Hg.), The Sound of Fury – Hollywoods Schwarze Liste, Bertz-Fischer, € 25,00)

INTERNATIONALE KURZFILM­ WOCHE REGENSBURG Klassiker, Weltpremieren, Workshops und Partys stehen vom 11.-18.3. auf dem Plan bei der Internationalen Kurzfilmwoche Regensburg. Neben den Kurzfilmen des internationalen und des deutschen Wettbewerbs zeigen die Kurator*innen im Bayern- und Regionalfenster Werke lokaler Filmkünstler*innen. Außerdem gibt es Reihen für Videokunst und Musikvideos und Räume für transmediale Projekte. Der Filmnachwuchs kann sich in Workshops und Schulvorstellungen mit Kurzfilmen befassen. In der „Blauen Stunde“ wird zu Vorträgen und Diskussionen geladen, und die „Foyerstellenparty“ in der filmgalerie bietet Gelegenheit, zu entspannen und miteinander ins Gespräch zu kommen. www.kurzfilmwoche.de

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INTERNATIONALES FRAUENFILMFESTIVAL Mit der Deutschlandpremiere von ­ ECOMING BLACK beginnt das diesjährige Internationale FrauenFilmFestiB val (IFFF). Regisseurin Ines Johnson-Spain reflektiert in ihrem Dokumentarfilm ihr Aufwachsen als schwarzes Kind von weißen Eltern in Deutschland. Diversität und Empowerment sind die Kernphilosophien des IFFF, das vom 24.-29.3. in Dortmund und Köln stattfindet. In fünf Wettbewerben und vier Sektionen werden Filme von Regisseur*innnen aus aller Welt gezeigt, die queere und intersektional-feministische Themen behandeln. Der Fokus liegt in diesem Jahr auf der Zeit „Nach der Wende“ und auf Filmen von Frauen*, die die Mainstream-Erzählungen vom vereinten Deutschland hinterfragen. Im Rahmenprogramm wird das Buch „Schwarzer Feminismus“ von Kommunikationssoziologin Natasha A. Kelly vorgestellt, die zum Publikumsgespräch anwesend ist. www.frauenfilmfestival.eu Becoming Black

VERLOSUNG I: MIDSOMMAR Einer unser Lieblingsfilme des letzten Jahres war Ari Asters gewitzter PsychoFolk-Horror-Film MIDSOMMAR: Ein paar College-Studenten reisen nach Schweden, um dort den Mitsommer-Festivitäten einer abgelegenen Community beizuwohnen, unter ihnen sind auch die trauernde Dani (Florence Pugh) und ihr hilfloser Freund Christian. Die Rituale wirken zunächst skurril, werden aber immer gewaltsamer, und Faszination schlägt in Panik um, Kichern in Verstörung. Nur für Dani scheint auf einmal alles Sinn zu machen… Wir verlosen je eine DVD und Bluray. Bei Interesse schreibt uns bis zum 15.3. an info@indiekino.de. Stichwort: Midsommar

VERLOSUNG II: THE VIRGIN SUICIDES In verträumten, sonnendurchfluteten Bildern und zum schwebenden Elektro-Sound von Air erzählte Sofia Coppola 1999 in ihren ersten Spielfilm die Geschichte von fünf Schwestern nach dem Roman „The Virgin Suicides“ von Jeffrey Eugenides. Nachdem die jüngste Schwester, die dreizehnjährige Cecilia, Selbstmord begeht, verhängen die katholischen Eltern eine absolute Ausgangssperre, und das Leben der Mädchen wird immer enger. Coppola erzählt aus der Perspektive der Nachbarjungen, die sich an die enigmatischen Schwestern mit Wehmut und Unverständnis erinnern. Selten war Teenager-Melancholie schöner und trauriger. Wir verlosen drei Blurays mit der remasterten Fassung unter allen, die uns bis zum 15.3. an info@indiekino.de schreiben. Stichwort: The Virgin Suicides


Berlin Alexanderplatz

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WETTBEWERB

Wir freuen uns auf die Berlinale unter neuer Leitung: Das Wettbewerbsprogramm, das Carlo Chatrian bei der Berlinale-Pressekonferenz eloquent und mit großer Liebe zu den Filmen präsentierte, weckt hohe Erwartungen. Von Burhan Qurbanis moderner Adaption von Alfed Döblins BERLIN ALEXANDERPLATZ, in der Franz Biberkopf zu Francis aus Afrika wird, der in der Hasenheide landet und den Kleinkriminellen Reinhold kennenlernt, über den Psychothriller El prófugo (The Intruder) von Natalia Meta bis hin zum franko-kambod­schanischen Dokumentarfilm Irradiés (Irradiated) von Rithy Panh sind wir eigentlich auf alles gespannt. Seit langem heiß erwartet werden die neuen Filme von Abel Ferrara und Christian Petzold, die beide bereits im März auch regulär in die Kinos kommen. Ferraras SIBERIA (Start 13.3.) erzählt von der realen und spirituellen Suche

eines Barmanns. Das Drehbuch beginnt schon auf der ersten Seite mit einer Variation auf Pascals Wette auf die Unsterblichkeit. Petzold hat in UNDINE (Start am 26.3.), mit Paula Beer und Franz Rogowski, die Legende von der Wasserfrau adaptiert. Mit dabei sind auch Filmemacher*innen wie Kelly Reichardt, Hong Sangsoo, Sally Potter und Mohammad Rasoulof, deren Fans wir seit langem sind. Reichardt kehrt mit ihrem neuen Film FIRST COW zur Zusammenarbeit mit dem Autor Jonathan Raymond zurück. Die Geschichte basiert lose auf einer Episode aus Raymonds Roman „Half Life“, in der es um die Freundschaft zwischen einem zurückhaltenden chinesischen Koch und einem enthusiastisch-naiven Trapper an der amerikanischen Westküste im 19. Jahrhundert geht. Nur sind die Charaktere hier umgedreht: Der chinesische Immigrant ist der verwegene Typ, der amerikanische Koch „Cookie“ der schüchterne. In THE WOMAN WHO RAN, dem neuen Film von Hong Sang-soo, und seinem siebten mit der Schauspielerin Kim Min-hee, trifft eine Frau während einer Geschäftsreise alte Freundinnen wieder. Während des freundlichen Geplauders werden Risse unter der Oberfläche deutlich. In Sally Potters Film THE ROADS NOT TAKEN spielen Javier Bardem, Elle Fanning und Salma Hayek die Hauptrollen in der Geschichte um verschiedene Lebensentscheidungen, die zu realen und halluzinierten Parallel­handlungen führen. Wer Mohammad Rasoulofs letzten Film A MAN OF INTEGRITY gesehen hat, musste sich fragen, wie lange das iranische Regime Rasoulof wohl noch arbeiten lassen würde. Im Juli 2019 wurde Rasoulof wegen „Propaganda gegen den Staat“ zu einer Haftstrafe von einem Jahr verurteilt, blieb aber vorläufig auf freiem Fuß und konnte den Film Sheytan vojud nadarad (There Is No Evil) drehen. A metamorfoso dos pássaros

Berlinale 2020 ENCOUNTERS Hinzugekommen ist in diesem Jahr ein ganz neuer Wettbewerb unter dem Titel ENCOUNTERS, der Filme vorstellt, die „Mut und die Suche nach einer neuen Sprache“ beweisen. Einer der Höhepunkte ist sicherlich Josephine Deckers Shirley. Nach ihrem Erfolg mit MADELINE’S MADELINE, der leider nicht im deutschen Kino lief, aber auf Festivals und in den US-Kinos gefeiert wurde, erzählt SHIRLEY eine fiktive Geschichte über die Horror-Schriftstellerin Shirley Jackson (gespielt von Elizabeth Moss), die in ein seltsames, sexuell aufgeladenes Verhältnis mit einem Paar gerät. Sandra Wollmers Film

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THE TROUBLE WITH BEING BORN ist eine metaphysische Geschichte über einen Mann, der mit einer Androidin zusammenlebt, die aussieht wie ein 10-jähriges Mädchen. Sie erinnert sich nur an die Dinge, die der Mann, den sie „Vater“ nennt, ihr einprogrammiert hat. Wollner sagt über ihren Film, er sei „ein leiser Abschied vom Menschen wie wir ihn kennen, der schon lang im Gange ist.“ Vielversprechend klingt auch Mariusz Wilczyńskis Animationsfilm Zabij to i wyjedź z tego miasta (KILL IT AND LEAVE THIS TOWN), der aus wilden, wie dahin gekritzelten surrealen Bildern zu bestehen scheint. FUNNY FACE von Tim Hutton ist eine Rachegeschichte, die sich vermutlich nur zur Tarnung wie ein Horrorfilm mit einem maskierten Killer anlässt. Victor Kossakovsky, dessen HeavyMetal-trifft-Natur-Film AQUARELA gerade erst im Kino war, präsentiert mit GUNDA ein Plädoyer gegen die massenhafte Ausbeutung von Tieren. Unter anderem beobachtet Kossakovsky hier ein einbeiniges Huhn, zwei pfiffige Kühe und die titelgebende Mutter-Sau Gunda.


WOCHE DER KRITIK Während der Berlinale findet vom 19.-27.2. im Hackesche Höfe Kino wieder die „Woche der Kritik“ statt: In sieben Filmprogrammen, die meist aus einem Kurzfilm und einem abendfüllenden Film bestehen, und auf der Veranstaltung „Cinema Plural - Konferenz ohne Namen“ (19.2., Theaterdiscounter Berlin), einer Art TED-Konferenz der Filmkultur, diskutieren Filmkritiker*innen über Politik und Ästhetik, Vorlieben und Ablehnung, neue Distributions- und Rezeptionsformen. In allen Veranstaltungen geht es um Diskurs und Austausch - über Filme, und zwischen Filmen untereinander. So stehen sich im Programm „Anmut Irreal“ der Spielfilm

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LOS ­FANTASMAS von Sebastián Lojo, in dem ein junger Mann durch die Nacht in Guatemala-Stadt streift, und der aus Montagen von altem Filmmaterial und Re-Enactments collagierte Film-Essay AMERICA von Garrett Bradley gegenüber. Anhand der Filme soll im Gespräch dann die „Verbindung zur Welt“ im „schönen Kino“ erforscht werden. An anderen Abenden reagieren Filmkritiker*innen mit unterschiedlichen ästhetischen Ansätzen unter dem Titel „Streitgespräch“ spontan auf Filmprogramme. Mehr unter: wochederkritik.de

Common Birds

WEITERE SEKTIONEN Auch in den anderen Sektionen ist Bewegung: Das kulinarische Kino und die NATIVe-Reihe werden nicht fortgesetzt, das Kurzfilmformat Berlinale Shorts, das Panorama und das Forum haben mit Anna Henckel-Donnersmarck, Michael Stütz und Cristina Nord neue Kurator*innen bekommen. Gefühlt ist das Kinder- und Jugendprogramm Generation – immer ein guter Tipp und meist gibt es auch noch Karten – nochmals gewachsen und zum 70sten Jubiläum hat sich das Festival die schöne Reihe „On Transmission“ einfallen lassen: Berlinale-Filmschaffende stellen einen eigenen Film vor – und dann Arbeiten von jüngeren Kolleg*innen, mit denen sie sich verbunden fühlen. So kommen Ang Lee und Hirokazu Kore-eda zusammen oder Margarethe von Trotta und Ina Weisse. Der Ehrenbär geht an Helen Mirren, und die Retrospektive widmet sich diesmal King Vidor.

BERLINALE GOES KIEZ

Die Kooperation mit den Berliner Kiezkinos bleibt auch unter der neuen Leitung bestehen. Statt im Berlinale Palast kann man beispielsweise Christian Petzolds UNDINE in der intimen Atmosphäre des b-ware!ladenkino (26.2. um

21.30 Uhr) gucken, oder PETITE FILLE, Sebastian Lifshitz‘ Porträt der 8-jährigen Sasha, die Gendernormen bricht, im Schöneberger Xenon (25.2. um 21.30 Uhr). Im Filmrauschpalast Moabit diskutieren in der Veranstaltung „Around the Block: Talent Goes Kiez“ (24.2. um 17 Uhr, Eintritt frei) Expert*innen über die Zukunft des Kinos, und im City Kino Wedding bietet der Forumsfilm ANNE AT 13.000 FT (22.2. um 18 Uhr) über die wechselhafte 27-jährige Anne die Gelegenheit, den kanadischen Newcomer Kazik ­Radwanski zu entdecken. Weitere Berlinale-Kiezkinos sind das Moviemento, die Neuen Kammerspiele Kleinmachnow und das Thalia Potsdam. Tickets für alle Veranstaltungen gibt es bereits ab dem 17.2.

Petit Fille

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INDIEFEATURE

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INDIEFEATURE Hirokazu Kore-eda ist einer unser absoluten Lieblingsregisseure, seit uns NOBODY KNOWS (2004) um vier Geschwister­ kinder, von denen das älteste gerade mal zwölf Jahre alt ist und die sich umeinander kümmern, als die Mutter eines Tages spurlos verschwindet, mit seiner Zartheit und Präzision einfach umgehauen hat. Dann kamen unter anderem der rührende LIKE FATHER, LIKE SON (2013) und im vorletzten Jahr dann der verdiente Cannes-Gewinn mit SHOPLIFTERS (2018). LA VERITÉ ist nun Kore-edas erste im Ausland realisierte internationale Produktion. Thomas Abeltshauser hat sich auf dem Filmfest Venedig mit dem Regisseur über seinen neuen Film unterhalten.

„Es gibt nur eine wie Catherine Deneuve“

Interview mit Hirokazu Kore-eda über LA VERITÉ

INDIEKINO: LA VERITÉ ist Ihr erstes Projekt außerhalb Japans und in einer Ihnen fremden Sprache. Was hat Sie zu dem Stoff bewogen? Hirokazu Kore-eda: Wenn Sie einen Regisseur nach seiner Inspiration fragen, ist die Antwort nicht immer die Wahrheit. Aber im Ernst: Es begann im Grunde mit einem Theaterstück, das ich vor 15 Jahren geschrieben hatte und das von einer gefeierten Schauspielerin handelte und davon, was passiert, bevor sie auf die Bühne geht und danach. Alles spielte sich in der Garderobe ab, aber ich habe das Stück nie beendet. 2009 begegnete ich Juliette Binoche und wir begannen darüber zu reden, gemeinsam ein Projekt zu entwickeln. Als ich mein altes Stück vorschlug, verbanden wir es mit der Idee einer erwachsenen Tochter und ihrer Mutter, einer älteren Schauspielerin. Ich fing dann 2015 an, das Drehbuch zu schreiben. Hatten Sie schon lange den Wunsch, außerhalb Japans zu drehen? Überhaupt nicht. Ich hatte nie das Bedürfnis oder den Ehrgeiz, im Ausland zu arbeiten. Aber in den letzten zehn Jahren kamen immer mehr solcher Angebote. Und das konkreteste war das hier von Juliette Binoche, die einfach nicht lockerließ. Zum Glück! Was waren dabei die Herausforderungen? Und wie haben Sie Klischees vermieden, denen andere Filmemacher, die außerhalb ihres Kulturkreises arbeiten, wie Woody Allen oder Asghar Farhadi, immer wieder verfallen sind? Ich wollte auf keinen Fall diese Postkartenbilder von Paris, deswegen habe ich die Handlung auf Fabiennes Villa und den Garten sowie auf das Studio, in dem sie den Science Fiction-Film dreht, beschränkt. 90 Prozent finden an diesen Locations statt, und das reduziert das Risiko, Stereotype zu reproduzieren immens. Aber ich hatte auch früher nie das Gefühl, einen japanischen Film zu machen, genauso wenig wie LA VERITÉ jetzt ein spezifisch französischer Film ist. Die Crew, die Darsteller und ich haben schlicht den uns bestmöglichen Film gemacht. Trotzdem: Wäre diese Geschichte so auch in Japan denkbar? Gab es Überlegungen, in Ihrer Heimat mit japanischen Darstellern zu drehen?

Das wäre nicht möglich gewesen. Ich hatte auch von Anfang an Catherine Deneuve im Kopf, weil ich eine Schauspielikone in dieser Rolle brauchte, die nicht nur die Filmgeschichte ihres Landes repräsentiert, sondern auch weltweit berühmt ist. In Japan gibt es keine noch lebende Filmdiva, die auf eine ähnliche Karriere zurückblicken könnte. Der Film lebt wegen Catherine Deneuve und dem, was sie verkörpert. Es gibt nur eine wie sie. Wie haben Sie sie für die Hauptrolle der Fabienne gewonnen? Meine Erinnerung an die erste Begegnung ist, dass sie ohne Pause rauchte. Und ich dachte nur: Wow, das sind eine Menge Zigaretten! Und dann sagte sie: „Ich habe keine Lust, Paris zu verlassen.“ Damit war die Sache klar. Der Rest war Plauderei. Welche Filme wir gesehen haben und mochten, welcher Regisseur in ihren Augen nicht besonders gut war und welche japanischen Restaurants ich in Paris besuchen sollte. So sprangen wir von einem Thema zum anderen, bis sie plötzlich aufstand und sich verabschiedete. Beim Rausgehen winkte sie noch kurz und meinte: „Ich glaube, wir könnten gut miteinander auskommen.“ Inwieweit haben Sie mit ihr die Parallelen zwischen ihr und der Figur gesprochen? Etwa über ihre Schwester, die 1967 tödlich verunglückte Schauspielerin Françoise Dorléac? In all unseren Gesprächen wurde ihre Schwester nie erwähnt, aber den Rollennamen Fabienne hat Catherine Deneuve selbst gewählt. Es ist ihr realer zweiter Vorname, so wollte sie wohl zu verstehen geben, dass es in Ordnung ist, dass es Verbindungen zwischen ihrer Biografie und der Figur gibt und diese auch sichtbar sind. Ich habe sie viel über ihr Leben als Filmstar und ihr Verhältnis zu ihrer Tochter befragt. Dabei hat sie auch die Unterschiede deutlich gemacht, etwa dass sie sich im Gegensatz zu Fabienne sehr gut mit ihrer Tochter Chiara Mastroianni versteht, sie standen ja mehrmals gemeinsam vor der Kamera. Sie betonte auch, dass sie niemals mit einem Mantel oder Schuhen in Leopardenprint erwischt werden würde. Letztlich spielt sie sich nicht selbst, aber dieser leicht sarkastische, aber liebevolle Duktus etwa ist natürlich ganz Deneuve. Zu Beginn des Films etwa, wenn der Interviewer Fabienne fragt, welche Schauspielerin in Frankreich ihre DNA habe, und sie sagt „keine“, das ist original Catherine. FEBRUAR/MÄRZ 2020 D

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INDIEFEATURE Es geht in Ihrem Film auch um das Spielen von Rollen, vor der Kamera, aber auch im realen Leben, im Alltag. Was hat Sie daran interessiert? Das ist für mich der Kern der Geschichte. Wie durch den Akt des Schauspielens Mutter und Tochter die Chance haben, wieder eine Beziehung zueinander aufzubauen. Aber ist Schauspielen wirklich Illusion und Lüge? Ist der Vortrag eines geschriebenen Monologs zwangsläufig weniger ehrlich oder weniger wahrhaftig als etwas spontan Gesagtes? Wir präsentieren uns ja auch im echten Leben. Mit diesen Fragen und Themen setzt sich auch der Film auseinander und spielt damit. Wie arbeiten Sie dabei derart sensibel mit den Darsteller*innen und dem französischen Dialog, ohne selbst die Sprache zu sprechen? Ich hatte für sechs Monate eine herausragende Dolmetscherin, die dafür sorgte, dass ich zu keinem Moment wegen der Kommunikation und fehlender Sprachkenntnisse in Stress geriet. Aber es stimmt natürlich, ich konnte nicht unmittelbar Regie führen oder direkt Anweisungen geben, es ging immer über sie. Ich bin zunächst mit der gesamten Filmcrew und danach mit allen Darsteller*innen das Drehbuch durchgegangen und wir haben dabei über jede Szene konkret gesprochen, die unterschiedlichen Stimmen herausgearbeitet, damit wir uns alle über den Ton des Films einig sind. Und sobald wir dieselbe Vorstellung von dem Film hatten, den wir zusammen machen wollten, war die Sprachbarriere nicht mehr relevant. Beim Dreh selbst habe ich dann mehr auf Rhythmus und Tonfall geachtet als auf den Dialog selbst. Sie arbeiten immer wieder mit Kinderdarstellern zusammen, so auch hier. Wie haben Sie das Mädchen gefunden und hat sich Ihre Art der Regieführung verändert?

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Wir haben sie durch ein Casting gefunden, sie hatte bis dahin nur in ein paar Weihnachtsstücken mitgewirkt, aber nie vor der Kamera gestanden. Bei meinen bisherigen Filmen hatte ich den Kindern immer erst morgens erzählt, was heute gedreht wird, und immer erst bei jeder Szene ins Ohr geflüstert, was sie sagen sollen. Das ging hier natürlich nicht, ich musste mich auf die Dolmetscherin verlassen. Aber auch das Mädchen kannte das Drehbuch nicht, sie wusste anfangs nur, dass sie zu ihrer Großmutter zu Besuch fahren. Sie lernte immer nur genau das, was für den jeweiligen Moment notwendig war. Es gibt einen Film im Film, die Dreharbeiten eines Science Fiction-Dramas. Warum? LA VERITÉ spielt auf mehreren Erzählebenen, neben der Mutter-Tochter-Beziehung zwischen Catherine Deneuve und Juliette Binoche in der realen Gegenwart gibt es Rückbezüge zu ihrer gemeinsamen Vergangenheit. Und das wollte ich durch diese fiktive Ebene des Films im Film verbinden, in der eine weitere Mutter-Tochter-Verhältnis wie ein Echo das Geschehen reflektiert. Wie haben Sie den Tonfall des Films gefunden, der sehr elegant zwischen feinem, scharfzüngigem Humor und Reflektionen über das Altern und Bereuen changiert? Ich wollte ernsthafte Themen mit leichtem, komödiantischem Ton verhandeln. Manche Szenen und Dialoge wirken auf dem Blatt fast böse und grausam, ich wollte ihnen die Schwere nehmen, ohne ihnen die Tiefe zu nehmen oder sie albern wirken zu lassen. Ton und Tempo sollten leicht und trocken sein, wie das klare Herbstlicht am Ende des Films. D Das Gespräch führte Thomas Abeltshauser


Originaltitel: La vérité D Japan/Frankreich 2019 D 106 min D R: Hirokazu Koreeda D B: Hirokazu Koreeda, Léa Le Dimna D K: Eric Gautier D M: Alexei Aigui D D: Catherine Deneuve, Juliette Binoche, Ludivine Sagnier, Ethan Hawke D V: Prokino

La Verité – Leben und Lügen lassen Ganz die Diva

In Hirokazu Kore-edas erster außerhalb von Japan realisierter Regiearbeit spielen Catherine Deneuve und Juliette Binoche Mutter und Tochter. Fabienne Dangeville (Deneuve) ist ganz Schauspielerin und Diva, nichts und niemand ist ihr wichtiger als die aktuelle Performance, und mit jahrelanger Routine scheucht sie alle, die sich zufälligerweise in ihrer Nähe befinden, durch die Gegend. Gerade hat sie ihre Memoiren veröffentlicht. Aus diesem Grund ist auch ihre Tochter Lumir (Binoche) mit ihrem Mann, dem mäßig erfolgreichen Seriendarsteller Hank (Ethan Hawke) und ihrer Tochter Charlotte aus der Wahlheimat USA auf einen Kurzbesuch nach Paris gekommen. Kaum hält Lumir das Buch in der Hand, beginnt sie mit Post-its die Stellen zu markieren, die ihrer Meinung nach Unwahrheiten und Auslassungen enthalten. Fabienne wischt die Einwände mit einer desinteressierten Handbewegung, die so nur die Deneuve hinbekommt, zur Seite. „Es sind meine Memoiren, wen interessiert die Wahrheit?“ Koreedas exzellentes Gespür für zwischenmenschliche Schwingungen funktioniert auch im dysfunktionalen französischen Schauspieler-Familien-Mikrokosmos – und das erstaunlicherweise, obwohl der Regisseur kein Französisch spricht. Geschickt täuscht er am Anfang ein großes, dunkles Geheimnis vor, nur um dann ein viel komplexeres Geflecht zu spinnen, in dem Wahrheit und Lüge, Darstellen und Sein sich nach und nach als relative Begriffe entpuppen. Anders als seine jüngsten japanischen Filme, die immer auch den Zusammenhalt der Gesellschaft verhandeln, ist LA VERITÉ ein Kammerspiel, in dem alle um sich selbst und umeinander kreisen – für Kore-eda-Fans gibt es aber einen hübschen Film im Film, der an Kore-edas surreale Arbeiten wie AFTER LIFE (1999) oder AIR DOLL (2009) erinnert. D Hendrike Bake

Start am 5.3.2020 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

Fabienne Dangeville (Catherine Deneuve) is an established actress and diva who has just published her memoir. However, her daughter Lumir (Juliette Binoche) remembers her childhood very differently…

AUSSTELLUNG IM MUSEUM FÜR FILM UND FERNSEHEN 13.2.2020 – 20.4.2020

DAS VIRTUELLE KABINETT


INDIEFEATURE Wie eine Entschuldigung oder eine Erklärung wirkt der Film, wie ein verstaubter Brief, auf dem „For Sama“ steht, den Sama in vielen Jahren vielleicht selbst sehen wird, wenn sie das möchte. Waad Al-Kateab hat diesen Film für ihre Tochter gedreht, damit sie sich irgendwann an das Syrien erinnern kann, das Al-Kateab verließ, und damit sie sehen und vielleicht verstehen kann, warum ihre Mutter bleiben wollte und schließlich doch floh. Im Angesicht der Bilder, die Al-Kateab jahrelang in ihrer Stadt Aleppo aufgenommen hat, wirken die meisten Worte unangebracht, schmal, jedenfalls fehl am Platz. Zum Studium war sie in die nordsyrische Stadt gezogen. 2012 bricht dort die friedliche Revolution aus, Al-Kateab nimmt mit befreundeten Studenten daran teil und dokumentiert sie mit ihrer Handkamera. In Zeitsprüngen ist zu sehen, wie sich die Lage über die Jahre veränderte: Zu den Demonstrationszügen kommen brennende Autos hinzu, Aleppo gerät unter Beschuss und 2016 unter monatelange Belagerung.

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Al-Kateab, die für Channel 4 als Reporterin aus Aleppo berichtete und heute in London lebt, stellte mit Edward Watts aus rund 300 Stunden an Material ihren Film zusammen. Sie ist hier dezidiert in einer anderen Rolle: Der Film ist persönlich, ein erschütterndes Dokument des Krieges und der Zerstörung zwar, vor allem aber ein Dokument ihres Lebens, mit ihrem Mann und ihrer Tochter in ihrem Zuhause. Die kleine Familie lebte in einem Krankenhaus in Ost-Aleppo, das Hamza Al-Kateab, der Mann der Filmemacherin, aufbaute und als das letzte noch intakte in diesem Stadtteil leitete. Inmitten von Tod und Leid gehören zu ihrem Leben auch Momente, die in den Nachrichten nicht vorkommen: die gemeinsamen Abendessen mit den Nachbarn, die Schneeballschlacht zwischen Ruinen und die Freude über eine mitgebrachte Kaki-Frucht. Darüber schwebt immer die Frage: Welches Beispiel möchte man seinen Kindern vorleben? Und bedeutet die Flucht aus Syrien oder der Verbleib im Land, ein schlechtes Vorbild zu sein?


INDIEFEATURE Al-Kateab erzählt die Geschichte in FOR SAMA selbst, in der Zeitrechnung ihrer Tochter, die sie stets adressiert: Sie spricht über die Diktatur der Assad-Familie, die besteht „seit dein Großvater zehn Jahre alt war“. Ab und an ist die Filmemacherin zu sehen: Mal filmt sie sich bei der Arbeit am Computer, mal im Außenspiegel eines Autos oder in der gemeinsamen Wohnung – nur ganz selten gibt sie die Kamera aus der Hand. Die Bilder ihrer Hochzeit und jene von Samas Geburt, Momente der Hoffnung, nehmen andere auf. Fast immer aber sind es Al-Kateabs Stimme und Atem, welche die Bilder explodierender Bomben, die Rauchschwaden und Gespräche begleiten. Wenn Al-Kateab zugibt, dass sie weder ihrem Mann noch sich selbst eingestehen wolle, dass sie Angst habe zu ersticken in Aleppo, teilt sie diese Gedanken – Jahre später – mit ihrem Publikum. FOR SAMA ist auch Dokument des Ausnahmezustands während der Belagerung Aleppos, während der Alle Apotheker, Klempner oder Ärzte

auf einmal zu sein hätten, wie es im Film heißt. In den schlimmsten Szenen werden Kinder nach Bombenangriffen in das Krankenhaus eingeliefert, ein Arzt sagt fassungslos: „Kinder haben damit nichts zu tun.“ In einem der Zimmer dieses Krankenhauses verbringt Sama ihr erstes Jahr, um sie herum gehen Leben zu Ende und ihres beginnt. Diese grausame Parallelität und der ganze Film sind nur zu ertragen, weil Al-Kateab eine Geschichte erzählt, eine Liebesgeschichte, an der sich das Publikum wie die Filmemacherin selbst entlanghangeln kann oder muss. Samas Eltern wissen, wofür sie kämpften und warum sie, wie viele andere, so lange blieben. Ebenso wichtig ist ein Film, der daran erinnert, dass dieser Krieg nicht zu Ende ist – ein Appell an all jene, die Gefahr laufen, das zu vergessen. Samas Name bedeutet Himmel, einer mit Sonne, Wolken, Vögeln und ohne Luftwaffe, erklärt Al-Kateab. So ist FOR SAMA also beides: ein Film für ihre Tochter, und ein Film für den Frieden. D Lili Hering

For Sama Für die Tochter

Originaltitel: For Sama D Grossbritannien/Syrien 2019 D 95 min D R: Waad Al-Kateab, Edward Watts D K: Waad Al-Khateab D S: Chloe Lambourne, Simon McMahon D M: Nainita Desai D V: Filmperlen

Start am 5.3.2020 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

Director Waad Al-Kateab made a film about her daughter Sama so she‘ll be able to remember the Syria that Al-Kataeb left and so her daughter will be able to see and perhaps understand why she wanted to stay but ultimately did flee.

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INDIEFEATURE

Waves

Pures Gefühlskino

Es ist besser, vor dem Kinobesuch nichts über WAVES zu wissen, erst recht nicht über die Handlung. Die wird hier nicht verraten, aber ich würde empfehlen, weder diesen Text noch irgendeinen anderen zu lesen. Der Film beginnt furios. Die Leinwand ist noch schwarz, ein Atmen ist zu hören und ein Kratzen, dann folgt die Kamera einem Mädchen auf dem Fahrrad in eine so perfekte Welt, dass ihre Zerbrechlichkeit sofort spürbar wird. Tyler und seine Freundin fahren an der Küste entlang, ein Fuß hängt aus dem Fenster, der andere ist auf dem Gas, sie knutschen, singen, dann rast die Kamera durch die Räume, die ihr Leben bestimmen: Highschool, Parties, Liebe am Strand, gutsituierte Familien in luxuriösen Häusern. Tyler ist Sportler, posiert vor dem Spiegel und schickt die Bilder an seine Freundin, die im Telefon als „Goddess“ abgespeichert ist. Alles ist Farbe, Körper, Sound. Der Soundtrack von Trent Reznor und Atticus Ross hält die Stimmung, wenn nicht gerade Songs von Kanye West, Animal Collective, Frank Ocean oder Tyler the Creator in den Mix einfließen. Die Bilder D 16

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pulsieren wie der Sound. Alles ist dauernd in einer Bewegung, die darauf zu lauern scheint, gegen eine Wand zu rasen. Wir warten auf die Wand. Trey Edward Shults hat zuletzt den psychologischen Endzeit-Thriller IT COMES AT NIGHT gedreht, der Körperhorror, Kommentar über gesellschaftliche Ausschlussmechanismen und effektvolles Spannungskino zugleich war. Hier spielt Shults noch virtuoser mit Zuschauererwartungen und den Konventionen des Erzählkinos. Manchmal sieht WAVES aus, als wollte Shults‘ Film-Pop-Avantgardisten des Kinos wie Gaspar Noé oder Harmony Korine zeigen, wie man das alles schneller und lauter machen kann. Dann, etwa in der Mitte des Films, folgt der Schlag in die Magengrube und es geht in einer anderen Tonart weiter, bevor, tatsächlich wie Wellen, die Energie des Anfangs wieder aufflammt, um wieder zu Stille zu werden. WAVES ist pures, körperliches Gefühlskino, in dem sich die ganze Welt in Farben, Sound und Körpergestus auflöst. Die Dialoge sind selten notwendig, manchmal kaum zu verstehen. Sprache ist auch nur ein Körperteil,


das zum Ausdruck wird. Wenn die Bewegungsmöglichkeiten sich einengen, wird auch das Bild schmaler. Über dem Abspann singen Alabama Shakes: „Sound and color/This life ain’t like it was”. WAVES ist pures Kino, pure Wucht, Farbe, Sound. Viel besser wird es nicht. D Tom Dorow

USA 2019 D 135 min D R: Trey Edward Shults D B: Trey Edward Shults D K: Drew Daniels D M: Trent Reznor, Atticus Ross D D: Lucas Hedges, Sterling K. Brown, Taylor Russell, Elisa Lau D V: Universal Pictures

Start am 19.3.2020 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

Music, sound design, and a kinetic sense of editing and cinematography energize a story that could easily have become rather staid in someone else’s hands. “WAVES has the rhythm of an ebb and flow. I think this makes the film very similar to real life.“ (Edward Trey Shults)


INDIEKRITIKEN Originaltitel: Om det oändliga D Schweden 2019 D 78 min D R: Roy Andersson D B: Roy Andersson D K: Gergely Pálos D S: Johan Carlsson; Kalle Boman; Roy Andersson D D: Ania Nova, Lesley Leichtweis Bernardi, Martin Serner D V: Neue Visionen

Über die Unendlichkeit Eins ans andere reihen

Ein Mann und eine Frau sitzen auf einer Bank, hoch über einer Stadt, im Himmel fliegt ein Schwarm Vögel vorbei. „Es ist schon September“ sagt die Frau, worauf der Mann nur antwortet: „Hmm.“ Ein Paar schwebt hoch über dem vom Krieg zerstörten Köln, allein der mächtige Dom scheint kaum versehrt. Ein Mann trägt ein Kreuz durch die Gasse einer modernen Stadt, eine geifernde Menge um ihn. Im nächsten Moment wacht ein Priester, der seinen Glauben verloren hat, aus seinem Alptraum auf. Dies sind nur einige der Vignetten, die der schwedische Regisseur Roy Andersson in ÜBER DIE UNENDLICHKEIT zeigt. Gedreht hat er wie stets in seinem unverwechselbaren Stil, in starren Einstellungen auf meist komplett im Studio gebauten Sets, die detailgetreu, aber auch künstlich wirken. Einen roten Faden in den Filmen Anderssons zu finden, ist nicht leicht, vielleicht auch vergeblich. Wiederkehrende Figur der Vignetten ist allein der Priester, der am Verlust seines Glaubens verzweifelt und auch von einem Psychiater nur Banalitäten erfährt. Dieses individuelle Schicksal stellt Andersson gegen Momente der Geschichte, neben dem zerstörten Köln etwa eine Szene mit Hitler im schon zerstörten Führerbunker oder deutsche Truppen, die im verschneiten Sibirien einer ungewissen Zukunft entgegengehen. Fast alle Vignetten werden von einer weiblichen Erzählstimme kommentiert, deren kurze Bemerkungen stets mit „Ich sah einen Mann/eine Frau“ beginnen. Andersson hat sie mit Scheherazade, der Erzählerin der 1001 Nacht verglichen, auch sie eine Frau, die eine Episode an die andere reiht, Episoden, die manchmal kaum einen Bezug zu haben scheinen, dann wieder voller Assoziationen sind. Am Ende geht es hier wie da ums Überleben, darum, dem unweigerlichen Ende jedes Lebens etwas entgegenzusetzen. D Michael Meyns

Start am 19.3.2020 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

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in ABOU ENDLESSNESS Roy Andersson (SONGS FROM THE SECOND FLOOR) adds more disjointed and melancholy scenes to his strangely apocalyptic universe.

Zypern/Griechenland 2018 D 96 min D R: Tonia Mishiali D B: Tonia Mishiali, Anna Fotiadou D K: Yorgos Rahmatoulin D S: Emilios Avraam D M: Julian Scherle D D: Stella Fyrogeni, Andreas Vasileiou, Popi Avraam, Marios Ioannou D V: Olymp Film

Pause

Es brodelt in Elpida Endlos scheint die Liste der möglichen Beschwerden zu sein, die Elpidas Gynäkologe ihr in Hinblick auf die anstehenden Wechseljahre in Aussicht stellt. Dabei ist ihr Alltag bereits trostlos genug. Ihr herrischer Mann Costas (Andreas Vassiliou) behandelt sie wie seine Leibeigene, die von ihm in keinster Hinsicht als Mensch mit Gefühlen und Bedürfnissen wahrgenommen wird und der er jegliche Freude am Leben verwehrt. Flucht aus dieser Tristesse findet Elpida (Stela Fyrogeni) nur in kurzen Tagträumen, in denen sie sich gegen Costas auflehnt oder heiße Küsse mit fremden Männern tauscht. Zunehmend verschwimmen dabei die Grenzen zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Nach und nach wird die in gedeckten, blau-grauen Farben ausgestattete Eintönigkeit ihres Alltags von roten Elementen durchbrochen. Das ist keine bahnbrechende Idee, aber so sensibel eingesetzt, wie Tonia Mishiali ihren gesamten Film inszeniert. Er baut durch die wiederholte Abbildung vermeintlicher Nebensächlichkeiten eine beklemmende Atmosphäre auf, die stellenweise nur schwer zu ertragen ist. Elpidas unterdrückte Emotionen brodeln in ihr und werden in ihrer Anspannung deutlich sichtbar. Ihre Körperhaltung und die sorgenvollen Blicke drücken mehr aus, als Worte es könnten, wobei ihre Passivität bisweilen auch frustrieren kann – sie selbst genauso wie das Publikum. Die meist stumme Elpida, deren Name ausgerechnet „Hoffnung“ bedeutet, ist keine Frau ohne Eigenschaften, aber bleibt schemenhaft genug um als Stellvertreterin für alle Opfer häuslicher Gewalt und Unterdrückung zu stehen. Für diejenigen, denen der Wunsch nach selbstbestimmter Sexualität, Lust und Zuneigung, egal in welchem Alter, abgesprochen wird. Für alle, die dringend eine Pause von ihrem Leben brauchen, um endlich leben zu können. D Katharina Franck

Start am 26.3.2020 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

Elpida escapes her dreary life by having short daydreams in which she rebels against her unbearable husband and shares hot kisses with unknown men.

Termine unter www.indiekino.de


INDIEKRITIKEN Deutschland 2019 D 84 min D R: Anna Hepp D K: Oliver Freuwörth, Elí Roland Sachs, Christian Scholz D S: Julia Suermondt D V: déjà-vu film

800 Mal Einsam – Ein Tag mit dem Filmemacher Edgar Reitz

Deutschland 2020 D 110 min D R: Stefan Ruzowitzky D B: Stefan Ruzowitzky, Robert Gold D K: Benedict Neuenfels D S: Britta Nahler D D: Emilia Schüle, Roxane Duran, Jannis ­Niewöhner, Kida Khodr Ramadan, Jessica Schwarz D V: Sony Pictures

Narziss und Goldmund Fantasy-Parabel

Kein Selbstdarsteller

Die Filmemacherin Anna Hepp porträtiert den legendären Autorenfilmer, Regisseur der „Heimat“ – Serien und Kinofilme und Mitinitiator des Oberhausener Manifests Edgar Reitz. Hepp verehrt Reitz und sagt das gleich zu Anfang. Aber der tief ernste Reitz will nicht verehrt werden. Er ist kein Selbstdarsteller, weicht ihrem Blick und der Kamera aus, der Widerwille gegen Starkult und Oberflächlichkeit ist groß. Das Gespräch kommt dadurch ins Laufen, dass Hepp Reitz den Raum zum Erzählen gibt. Sie gibt Stichworte, er bestimmt Reihenfolge, Tempo, meist auch das Thema und erstaunt seine Gesprächspartnerin immer wieder mit unerwarteten Perspektiven und Geständnissen. Reitz erzählt von sich als jemand, für den das Filmemachen die prägendste Kraft im Leben war: „Ein Film ist ein Magnetfeld, und das gesamte übrige Leben richtet sich nach diesem Magnetfeld aus.“ Finanzielles Risiko und große Abhängigkeit von der Resonanz sind naheliegende Folgen. Überraschender ist, dass Reitz, der viel mit autobiografischem Material gearbeitet hat, von der erschreckenden Erfahrung berichtet, dass persönliche Erlebnisse, die Erinnerung und sein Verhältnis dazu in vielen Fällen ausgelöscht wurden durch die filmische Verarbeitung, er Wirklichkeit und Kunst nicht mehr unterscheiden könne. Ob dieser Verlust sich lohne, fragt Hepp, das eigene Leben dem Film zu opfern – Reitz ist unsicher, gewählt hat er das so nicht. Er gibt ehrlich Einblick in die Schattenseiten seines Filmemacherlebens, erzählt von tiefen Krisen, Zweifeln, Verletzungen. Noch nachdem „Heimat“ und „Die zweite Heimat“ Welterfolge waren hat es dreizehn Drehbuchversionen gebraucht, bis man beim WDR bereit war, die Fortsetzung zu finanzieren. Der marketingtaugliche, aber sinnfreie Titel „Heimat 3“ wurde Reitz aufgezwungen, die Filme wurden nur halb gut. Man fragt sich unwillkürlich, wie gut die ersten Versionen waren. D Susanne Stern Start am 5.3.2020 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

Termine unter www.indiekino.de

Filmmaker Anna Hepp portrays legendary auteur filmmaker Edgar Reitz, the director of the “Heimat” Series and the co-initiator of the Oberhausen Manifesto.

Hermann Hesses Roman „Narziß und Goldmund“ (1930) handelt von der Suche nach einem vollkommenen Leben und nach künstlerischer Verwirklichung am Beispiel von zwei Jungen, die im Kloster enge Freunde sind und dann getrennte Wege gehen müssen. Während Goldmund sich in die Welt stürzt, um seine Mutter zu finden, Liebe, Tod und Gewalt erlebt und schließlich zum Künstler wird, bleibt Narziß im Kloster zurück und widmet sich der Askese und Meditation. Regisseur Stefan Ruzowitzky (ANATOMIE, DIE FÄLSCHER) lässt die Erzählung in einem Fantasy-Mittelalter spielen, das an Kinder-Märchenverfilmungen erinnert, was ulkigerweise gar nicht so unpassend ist – sind doch auch Hesses Erzählungen in Fantasiewelten spielende Parabeln – und macht aus den Jungen sehr heutige Charaktere. Als der kleine Goldmund von seinem Vater im Kloster abgeliefert wird, ist der ein wenig ältere Narziss nicht begeistert, dass er sich um den Jungen kümmern soll, aber der gütige Abt will, dass der kleine Asket auch mal die Regeln bricht. Als die Erwachsenen sich später als Abt und Bildhauer im Kloster wiederbegegnen, veranstalten sie ein Wettrennen wie in einem Buddy-Movie. Und dass die innige Liebe, die Narziss für seinen Freund empfindet, auch körperlich sein könnte, wird zumindest in den Raum gestellt. Gleichzeitig erscheint vieles in Hesses Gedankenwelt inzwischen sehr fremd. Vor allem trifft das auf die Frauen zu, die im Hesse-Universum nicht als eigenständige Personen auftreten, sondern ausschließlich als Funktion im Leben unserer Helden: Entweder sie sind Erfahrungen, die man am Wegesrand mitnimmt (Goldmund) oder am Lebensende vermisst (Narziss), oder es geht um die Urmutter, die Goldmund sein Leben lang sucht, denn „Ohne Mutter kann man nicht lieben und ohne Mutter kann man nicht sterben“. Schräge Mischung. D Hendrike Bake

Start am 12.3.2020 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

An opulent adaptation of Hermann Hesse‘s novel set in the Middle Ages about two boys who meet each other in monastery school. Narziss wants to join the monastery while Goldmund wants to explore the world.

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INDIEKRITIKEN

The Royal Train

Der Krieg in mir

Margareta von Hohenzollern-Sigmaringen spielt seit dem Tod ihres Vaters Michael die Rolle der rumänischen Kronprinzessin und verfolgt weiter das Ziel, die ehemalige Königsfamilie wieder zu politischer und wirtschaftlicher Macht zu bringen. Der „königliche Zug“, mit dem bereits ihr Vater den Kontakt zu den Untertanen hielt, rollt weiter durch das Land, mitsamt höfischer Entourage und großem Empfang an jeder Station. Regisseur Johannes Holzhausen hat die monarchistische Kampagne auf der Reise durch Rumänien begleitet.

Der Filmemacher Sebastian Seidler träumt vom Krieg. Beide seiner Großväter waren als Soldaten im Krieg, aber Seidler hat vor allem Opa Hans im Verdacht, in Weißrussland Kriegsverbrechen begangen zu haben. Der Filmemacher folgt einerseits gemeinsam mit seinem Vater den Spuren des Großvaters, recherchiert in Archiven und reist nach Weißrussland und befragt andererseits die Genetikerin Isabelle Mansuy und die „Somatic Experiencing®-Therapeuten“ Peter A. Levine und Anngwynn St. Just nach der Vererbbarkeit von Traumata.

Start am 13.2.2020

Originaltitel: The Royal Train D Rumänien/Österreich 2019 D 90 min D R: Johannes Holzhausen

Start am 5.3.2020

Deutschland/Schweiz 2019 D 83 min D R: Sebastian Heinzel

Wagenknecht

Brot

Zwei Jahre hat Regisseurin Sandra Kaudelka die LINKEN-Politikerin Sahra Wagenknecht begleitet. Sie zeigt ihre Alltagsroutine und die wiederkehrenden Fragen und Themen, die sich durch ihre Karriere ziehen. Kaudelka zeigt aber auch die enormen Belastungen, der die Politikerin ausgesetzt ist, während der Bundestagswahl 2017 und schließlich 2019, als Wagenknecht vom Parteivorsitz zurücktrat. Was sie dabei immer antreibt, ist die Frage, in was für einer Welt man leben will und was sie dafür zu tun bereit ist. WAGENKNECHT hat seine Weltpremiere auf der Berlinale.

Dokfilmer Harald Friedl macht ein Panorama der Betriebe auf, die mit dem Brotbacken zu tun haben. Er besucht einen österreichischen Familienbetrieb, der inzwischen wieder auf Zusatzstoffe verzichtet, und eine französische Traditionsbäckerei, die die Scheiben ihrer riesigen Brote einzeln an die Kunden aus Nachbarschaft verkauft. Aber er spricht auch mit dem Erfinder der Backstationen und besucht die futuristischen Labore der belgischen Puratos Gruppe, in denen enthusiastische Wissenschaftler an den Backmischungen der Zukunft tüfteln.

Start am 12.3.2020

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Deutschland 2020 D R: Sandra Kaudelka

Start am 26.3.2020

Deutschland/Österreich 2019 D 90 min D R: Helmut Friedl

Termine unter www.indiekino.de


INDIEKRITIKEN

Anders Essen – Das Experiment

Waterproof

Durchschnittliche Mitteleuropäer*innen benötigen pro Jahr eine Fläche von 4.400 Quadratmetern, ein kleines Fußballfeld, für den Anbau von Nahrung und Futtermitteln. Wir bräuchten eine zweite Erde, wenn weltweit alle Menschen auf diese Weise konsumieren würden. Kurt Langbein und Andrea Ernst haben für ihre Doku genau jenes „Durchschnittsfeld“ angepflanzt. Ein Selbstversuch mit zwei österreichischen Familien soll zeigen, ob es möglich ist, innerhalb weniger Monate, den persönlichen Landverbrauch zu senken und damit auch die CO2-Belastung zu verringern.

In Jordanien, einem der trockensten Länder der Erde, arbeiten Aysha, Khawla und Rehab als die ersten Klempnerinnen des Landes. Sie erfüllen sich damit den Traum von der eigenen Unabhängigkeit, tragen zur Lebensqualität ihrer Kund*innen bei und setzen sich als NGO auch für das Recht anderer Jordanierinnen zu arbeiten, ein. Als Khawla unter Korruptionverdacht gerät, muss Aysha die Firma übernehmen. Aber die Anklage bedroht nicht nur das Geschäft, sondern auch die Freundschaft der Frauen.

Start am 27.2.2020

Österreich 2020 D 84 min D R: Kurt Langbein, Andrea Ernst

Start am 5.3.2020

Deutschland 2019 D 88 min D R: Daniela König


INDIEKRITIKEN Originaltitel: The Color Out Of Space D USA 2019 D 111 min D R: Richard Stanley D B: Scarlett Amaris, Richard Stanley D S: Brett W. Bachman D D: Nicolas Cage, Q’Orianka Kilcher, Joely Richardson, Tommy Chong D V: Drop-Out Cinema

Die Farbe aus dem All Private Okkult-Suppe

Originaltitel: New York – The World Before Your Feet D USA 2018 D 95 min D R: Jeremy Workman D K: Jeremy Workman D S: Jeremy Workman D M: Max Avery Lichtenstein, Carly Comando Helen Jane Long, Rhonda Mackert, Tom Rosenthal D D: Matt Green D V: Happy Entertainment

New York – Die Welt vor deinen Füssen Stadtwanderer

THE COLOR OUT OF SPACE des „Kultregisseurs“ (Arte, Tracks) Richard Stanley ist eine freie Verfilmung der gleichnamigen Geschichte von H.P. Lovecraft, mit psychedelischen Effekten und Nicolas Cage, der sein übliches Ding macht. Ein Meteor stürzt in den Garten einer Familie und löst Mutationen aus, die an John Carpenters THE THING erinnern. Das sieht alles hübsch aus, mit wenig CGI und vielen analogen Special Effects und einem größtenteils elektronischen Soundtrack, der von Donnergrollen bis zum Tinnitus-Fiepen eine effektive Terror-Soundkulisse aufbaut. Neben zahlreichen bekannten Bands, die im Laufe der Jahrzehnte mit Satanismus kokettiert haben, tauchen auf dem Soundtrack allerdings auch die Nazi-Metal-Bands Burzum und Mayhem auf. Richard Stanley ist mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit kein Neonazi, obwohl er einen bizarren Dokumentarfilm (SECRET GLORY) über den SS-Mann Otto Rahn und dessen Suche nach dem heiligen Gral gedreht hat, in dem NS-Mythologie mehr perpetuiert als entmystifiziert wird. Der 1966 geborene Südafrikaner Stanley ist ein in den 80er Jahren sozialisierten Horror-Fan und Filmemacher, der über das Interesse am Okkulten, Dunklen und Bösen auch an den Nazis vorbeigekommen ist, und deren Mythologie als Pop-Element, irgendwo zwischen Provokation, Ironie und Geschmacksverstärker, in seine private Okkult-Suppe einrührt. THE COLOR OUT OF SPACE ist voller Verweise für Eingeweihte: von Büchern, die ins Bild gehalten werden (Necronomicon, Crowley, Algernon Blackwood), über den Meteor, dessen Eigenschaften als „blutender Stein“ an den Nazi-Gral von Otto Rahn erinnern, bis hin zu Lovecrafts Farbe selbst, die hier in den Kontext der Katharer gestellt wird, für die der Messias keine menschliche Figur war, sondern ein weltvernichtender Lichtstrahl. D Tom Dorow

Start am 5.3.2020 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

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THE COLOR OUT OF SPACE is a loose adaptation of the eponymous H.P. Lovecraft story. A meteor crashes into a family’s garden and triggers mutations reminiscent of John Carpenter’s THE THING.

New York City zu entdecken macht Spaß. Ob Times Square, Fifth Avenue, MoMA oder Central Park – zu sehen gibt es mehr als genug. Als Tourist*in läuft man, bis die Füße qualmen, und fliegt nach ein paar Tagen mit dem guten Gefühl nach Hause, sich das Wichtigste angeschaut zu haben. Auf ganz andere Art erläuft Matt Green den Big Apple. Der 37-jährige Ingenieur aus Virginia geht seit mehr als sechs Jahren zu Fuß durch die schnelllebige Metropole am Hudson River und hat dabei schon mehr als 8000 Meilen zurückgelegt. Sein Ziel ist, jeden Block in allen fünf Stadtbezirken abzulaufen. Auch innerstädtische Parks, Strände und Friedhöfe erwandert er. Auf seinem Blog „I’m Just Walkin’“ kann man die Stadtwanderung mitverfolgen. Doch Green geht es nicht nur darum, Straßen abzuhaken. Er interessiert sich für die vielseitige Stadt, ihre Geschichte und ihre Einwohner*innen. Er fotografiert, recherchiert und staunt besonders über Details – Feigenbäume in Hinterhöfen, Friseursalons mit „z“ im Namen oder Wandmalereien zum 11. September. Green lebt im Hier und Jetzt und lässt sich Tag für Tag auf Neues ein. Eine Wohnung hat er nicht. Er übernachtet bei Freund*innen, ist Couchsurfer oder jobbt als Catsitter. Jeremy Workman begleitet ihn mit der Kamera – ohne Filmcrew –, trifft ihn sommers wie winters in unterschiedlichen Stadtvierteln und fängt ein, wie Green mit verschiedensten Menschen ins Gespräch kommt. In seinem inspirierenden Dokumentarfilm porträtiert Workman diesen philosophischen Großstadtwanderer, der akribisch sein Ziel verfolgt – egal, was andere sagen. NEW YORK – DIE WELT VOR DEINEN FÜSSEN ist ein Film, der den Blick für all die Kleinigkeiten am Wegesrand schärft und Lust macht, New York City oder die eigene Stadt zu erlaufen und neu kennenzulernen – es müssen ja nicht gleich 8000 Meilen sein. D Stefanie Borowsky

Start am 12.3.2020 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

Matt Green has been walking along the Hudson River for more than six years. He takes photographs, researches, and is amazed about the details. His goal is to walk in all the five boroughs of New York.

Termine unter www.indiekino.de


INDIEKRITIKEN

Paris Calligrammes

Start am 5.3.2020 Originaltitel: The Royal Train D Deutschland/Frankreichh 2019 D 129 min D R: Ulrike Ottinger

In PARIS CALLIGRAMMES verknüpft die Filmemacherin, Fotografin und Weltensammlerin Ulrike Ottinger historisches Archivmaterial mit eigenen Arbeiten zu einem Soziogramm ihrer Zeit als bildende Künstlerin in Paris in den 1960er Jahren. Dabei entsteht ein sehr persönliches Bild einer

Epoche des Aufbruchs und die Kartografie einer Stadt und ihrer Utopien – von der Librairie Calligrammes, einem Treffpunkt deutscher Intellektueller im Exil, bis zur Cinémathèque française, die Ottingers Liebe zum Kino entzündete. PARIS CALLIGRAMMES feiert seine Premiere auf der Berlinale. FEBRUAR/MÄRZ 2020 D

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INDIEFEATURE

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INDIEFEATURE

Emma

Auf Hochglanz poliert

Wenn Autumn de Wildes EMMA eine Leckerei wäre, dann am ehesten eine Pyramide von Maccarons. Während die Masse der Jane Austen-Verfilmungen seit Emma Thompsons fulminantem PRIDE & PREJUDICE auf einen mal eher romantischen, mal eher burschikosen Naturalismus setzt, ist de Wildes EMMA auf Hochglanz poliert, in fast schon surreal leuchtenden Pastellfarben (nebenbei die Trendfarben des kommenden Frühlings) ausgestattet und so präzise choreografiert, wie der unvermeidliche und alles verändernde Country Dance in der Mitte des Films. Die Figuren sind so liebevoll inmitten der Blümchen und Mustertapeten platziert wie das Personal in Wes Anderson-Filmen, und ein zarter Humor, der mit Räumen, Bewegungen und Synkopen spielt, zieht sich durch den Film. Mal sind das Kleinigkeiten wie die Präzision, mit der die reiche, schöne und smarte Emma (Anya Taylor-Joy), die gerne als Kupplerin Pläne für andere schmiedet, aber selbst keine Eile hat, den komfortablen Lieblingstochter-Status aufzugeben, ihre Kutschentür aufschlägt als würde sie ein i-Tüpfelchen setzen. Mal geht es in Richtung Slapstick, etwa in jenem Running Gag um Bill Nighy, der Emmas ergebenen und hypochondrischen Vater spielt. Ständig ist Mr. Woodhouse kalt: „Finden Sie nicht, dass es hier zieht?“, und dann muss das Personal eilig Paravents um den Hausherrn herum aufstellen, die Räume neu aufteilen. Mal trennen sie angehende Liebende, mal verbergen sie sie vor den Blicken anderer. Aber, um bei der Maccarons-Analogie zu bleiben, EMMA sieht nicht nur sehr gut aus (Kamera: Kelly Reichhardt-Kinematograf Christopher Blauvelt), der Film hat auch ein sehr süßes und butterweiches Herz. Als Emmas Pläne fehlschlagen, ihr Protegé, die gutherzige Waise Harriet Smith (Mia Goth), bestmöglich zu verheirateten, ist die Zerknirschung spürbar, und als es zwischen Emma und dem unverblümten Mr. Knightley (Johnny Flynn) auf besagtem alles verändernden Ball endlich knistert, sind die Funken zu sehen. D Hendrike Bake

Großbritannien 2020 D 132 min D R: Autumn de Wilde D B: Eleanor Catton D K: Christopher Blauvelt D S: Nick Emerson D M: Isobel Waller-Bridge D D: Anya Taylor-Joy, Gemma Whelan, Bill Nighy, Mia Goth, Rupert Graves, Callum Turner, Josh O’Connor D V: Universal Pictures

Start am 5.3.2020 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

Rich, beautiful and smart Emma loves to devise plans for others, but is in no rush to give up her comfortable status as the favorite daughter – until she dances with outspoken Mr. Knightley. A pastel colored Austen adaptation.

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INDIEKRITIKEN Originaltitel: Krew Boga D Polen/Belgien 2018 D 100 min D R: Bartosz Konopka D B: Przemyslaw Nowakowski, Anna Wydra, Bartosz Konopka D K: Jacek Podgórski D M: Jerzy Rogiewicz D D: Jan Bijvoet, Jeroen Perceval, Krzysztof Pieczynski, Jacek Koman D V: Drop-Out Cinema

Sword Of God Fiebertraum des Bischofs

An der kalkweißen Küste eines noch nicht christianisierten Landes stehen zwei Männer Gottes. Der Jüngere, dessen Namen wir nicht kennen, hat den Älteren, einen Bischof, aus dem Meer gerettet, obwohl der gesandt wurde, ihn zu töten. Der Namenlose und Bischof Willibrord treffen schnell auf die heidnischen Einwohner der Insel, die ihr Dorf in einer Felsspalte gebaut haben und ihre Gottheiten mit weißem Ton maskiert verehren. Es bleibt nicht viel Zeit, sie zum Glauben des metallenen Kreuzes und der steinernen Kirchen zu bekehren, denn in wenigen Monaten wird „Er“ folgen, und alles auslöschen, was ihm missfällt, angefangen mit dem gescheiterten Missionar. Trotz widerkehrender Zweifel macht sich Willibrord mit Eifer ans Werk, besiegt den Schamanen des Dorfes in einem Glaubenswettstreit und überzeugt, ohne dass sie seine Worte verstehen, eine kleine Gruppe Dörfler, mit ihm eine Kirche zu bauen. Der Namenlose hadert mehr mit sich und der Aufgabe. In seiner Verzweiflung näht er seinen Mund zu, sucht die Nähe der Häuptlingstochter, und wird durch sein selbstgewähltes Märtyrium zum Propheten für sie und das Dorf, und somit auch zum Rivalen Willibrords. Bartosz Konopka hat sich bislang eher als Dokumentarfilmer (u.a. der oscarnominierte MAUERHASEN) einen Namen gemacht. SWORD OF GOD ist das Gegenteil eines Dokumentarfilms: Die genaue Ära und das Land sind bestenfalls vage, und die Charaktere Archetypen. Sie sprechen wenig, und manches davon ist auch nicht untertitelt. Die Handkamera klebt immer an ihnen, wie in einer Kriegsreportage, aber die schlammig-dreckige Welt, durch die sie sie verfolgt, ist zu kontrastreich und voller starker Farben für verité. Vielleicht dokumentiert der Film den frenetischen Fiebertraum des Bischofs, während er am Strand stirbt und weiß, dass die Details egal sind, weil am Ende seiner Reise wie bei jeder Missionierung nur der Tod und keine Erlösung wartet. D Christian Klose

Start am 16.3.2020 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

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The dark Middle Ages: two knights try to convert a pagan tribe to Christianity, otherwise there will be a massacre …

Deutschland 2019 D 85 min D R: John David Seidler D B: John David Seidler D K: Conny Beisler D S: John David Seidler D M: Matthias Hornschuh D V: mindjazz pictures

Das Wunder von Taipeh Lebenslange Fußballleidenschaft

Als sie noch klein waren, träumten sie davon, einmal in der Nationalmannschaft zu spielen. Dass es so was damals überhaupt nicht gab, war egal – alles, was zählte, war der Fußball. Im Dokumentarfilm DAS WUNDER VON TAIPEH erzählen zahlreiche ehemalige Nationalspielerinnen von einem Deutschland, in dem Mädchen das Fußballspielen im Verein seit 1955 verboten war, dessen Fußballbund sich konsequent dem Fortschritt in den Weg stellte – vor allem aber von der eigenen, lebenslangen Fußballleidenschaft, die sie sich von einem Haufen alter weißer Männer nicht nehmen lassen wollten. Porträtiert werden die damalige Trainerin Anne Trabant-Harbach und ihr Team der SG 09 Bergisch-Gladbach, die damals erfolgreichste Frauenfußballmannschaft, die 1981 – anstelle eines Nationalteams – als Vertreter Deutschlands zur ersten Fußballweltmeisterschaft der Frauen nach Taiwan reiste. Vollkommen absurd erscheint der deutsche Sexismus, als die Frauen in Taiwan brechend volle Stadien und begeisterte Fans vorfinden: Hier ist man den Deutschen und dem DFB beim Thema Gleichberechtigung im Fußball nämlich meilenweit voraus. Die gut recherchierte und bebilderte Doku (Kamera: Conny Weißler) macht unmissverständlich klar: Zu jedem Zeitpunkt waren es die Frauen selbst (unterstützt von männlichen Alliierten), die sich ihre Freiheit erkämpften, ganz gleich wie träge und schwerfällig die Strukturen waren, die ihnen dabei im Wege standen. Der Film beschreibt die Entwicklung vom Hobby- und Kneipenteam zum „richtigen“ Verein, berichtet über hartes Training auf sandigen Bolzplätzen, über absurde sexistische Bevormundung und LGBTQ+-Diskriminierung und den unbändigen Willen dieser Frauen, ihr Leben nach den eigenen Wünschen und Vorstellungen zu leben. Die Geschichte, die sich dabei entfaltet, ist irrwitziger, aufregender und bewegender, als es jede WUNDER VON BERN-Inszenierung sein könnte. D Eva Szulkowski

Start am 27.2.2020 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

In the MIRACLE OF TAIPEI former female national players talk about how Germany placed many obstacles in their way and about their own, lifelong passion for football that couldn’t be taken away by a bunch of old, white men.

Termine unter www.indiekino.de


Originaltitel: Mamma + Mamma D Italien 2018 D 81 min D R: Karole Di Tommaso D B: Karole Di Tommaso, Chiara Ridolfi D K: Sara Purgatorio D S: Martina Caggianelli D M: Giulia Anania, Marta Venturini D D: Linda Caridi, Maria Roveran, Andrea Tagliaferri, Silvia Gallerano, Stefano Sabelli D V: Pro-Fun Media

Mom + Mom L’auberge italienne

Karole (Linda Caridi) und Ali (Maria Roveran) leben zusammen in einer harmonischen Beziehung und wünschen sich ein gemeinsames Kind. Da den beiden Frauen in Italien dafür ohne Mann kaum legale Möglichkeiten offenstehen, müssen sie nach Barcelona fahren, wo sich Ali künstlich befruchten lassen kann. Ein langwieriger und vor allem teurer Prozess steht an, bei dem Karole als „andere Mama“ ihre Lebensgefährtin bei jedem Schritt liebevoll unterstützt. Nicht ganz so harmonisch ist jedoch das Zusammenleben mit Alis chaotischem Exfreund Andrea (Andrea Tagliaferri), den die beiden aus Kostengründen weiterhin bei sich wohnen lassen. Neben diesem Partymonster müssen sie sich außerdem um ihre skurrilen internationalen Gäste kümmern, an die sie die restlichen Zimmer ihrer Wohnung untervermieten. MOM + MOM ist eine sehr persönliche Geschichte von Regisseurin Karole Di Tommasi, die auch das Drehbuch schrieb. Dies verleiht dem Film seine Stärken und zugleich auch seine größten Schwächen, wenn sich feine Beobachtungen mit Klamauk abwechseln. Gerade im zweiten Teil des Films, wenn Karole in ihr Heimatdorf fährt, spürt man die Verbundenheit der Hauptfigur mit ihrer Familie und dem Leben auf dem sonnendurchfluteten Land. Hier, wo die Menschen das Beichten mit ebenso viel Leidenschaft begehen wie das Zubereiten leckerer Speisen, tankt Karole Kraft, selbst wenn sie dort nicht jeder willkommen heißt. Dies ist aber nur ein kurzer Moment der Ruhe inmitten einer überspitzten Handlung, die einem unausgewogenen Rhythmus folgt. Immer wieder unterbrechen Karoles abstrakte Tag- und Albträume die hektischen Szenen in ihrer „l’auberge italienne“. Dabei ist ihnen oft nur schwer zu folgen. Das ist vor allem ob der sympathischen Hauptdarstellerinnen schade, auf die sich die Geschichte auch ganz unaufgeregt hätte verlassen können. D Katharina Franck

Start am 27.2.2020 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

Termine unter www.indiekino.de

Planning to have children and a chaotic flatshare – the Italian comedy MOM + MOM fluctuates between subtle observations and slapstick.


INDIEKRITIKEN Schweiz 2018 D 93 min D R: Francesco Rizzi D B: Daniela Gambaro, Francesco Rizzi D D: Vinicio Marchioni, Sabine Timoteo, Leonardo Nigro D V: Filmperlen

Cronofobia

Die perfekte Kandidatin

Zeitgenössische Melancholie

Maryam manövriert sich durch

Die Hauptfigur in CRONOFOBIA bleibt blass, und das ist ihr auch recht. Michael (gespielt von Vinicio Marchioni) verdingt sich als privater Ermittler. Er deckt jedoch keine Korruptionsskandale oder Seitensprünge auf, sondern überführt als falscher Kunde Mitarbeiter*innen von Tankstellen, Sportgeschäften und Juwelieren der Unterschlagung. Seine Freizeit verbringt er in einer 24-Stunden-Bar über der Autobahn oder in seinem zum Wohnmobil und Detektivbüro umgebauten Van. Film Noir im Spätkapitalismus. Der tristen Ortlosigkeit dieser Existenz als Schattenbild des kapitalistischen Ideals unternehmerischer Dynamik wird die Situation von Anna (Sabine Timoteo) gegenübergestellt. Diese lebt in einem mondänen Haus gegenüber von Michaels Van, gefangen in Trauer und Erinnerungen. Über Parkplatz, Straße und Zaun hinweg kommen sie und Michael sich näher. Die bis zur Transparenz verblasste Identität der Hauptfigur hilft ihr nicht nur in ihrem Beruf, sondern auch in dieser Beziehung weiter. Durch Beharrlichkeit und Verständnis bietet sich Michael als Leinwand für Annas Projektionen an, erzeugt gerade so viel Widerstand, um diese Projektionen zu reflektieren. Seine unscheinbare, doch zunehmend bestimmte Präsenz in ihrem Leben beginnt allmählich, dieses subtil umzuformen. Die nur selten sentimentale Filmbeziehung wird vom gesamten Team des Regisseurs Francesco Rizzi hervorragend in Szene gesetzt. Vor allem zu Beginn fesselt der Soundtrack, die Hintergründe sind wunderschön ausgestaltet und beleuchtet, und die Darsteller*innen überzeugen durchweg. Mit seiner ästhetischen Inszenierung zeitgenössischer Melancholie schafft es Rizzi, das Individuelle, das Zwischenmenschliche und das Gesellschaftliche in einem eigenständigen, nachdrücklichen Film zu verbinden. D Yorick Berta

Start am 20.2.2020 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

D 28

D FEBRUAR/MÄRZ 2020

Originaltitel: The Perfect Candidate D Saudi-Arabien/Deutschland 2019 D 101 min D R: Haifaa Al-Mansour D B: Haifaa Al-Mansour, Brad Niemann D K: Patrick Orth D S: Andreas Wodraschke D M: Volker Bertelmann D D: Mila Al Zahrani, Nora Al Awadh, Dae Al Hilali D V: Neue Visionen

Michael is a private investigator. He spends his free time in a 24 hour bar over the highway or in his converted van that serves as his home and office. Anna lives in a mundane house across from Michael’s van, trapped in grief and memories.

In Saudi-Arabien, Heimatland von Regisseurin Haifaa Al Mansour (DAS MÄDCHEN WADJA) durften Frauen bis vor zwei Jahren nicht Auto fahren. Umso mehr scheint die Hauptfigur Dr. Maryam (Mila Al Zahrani) unter Beweis stellen zu wollen, dass es jetzt geht: Mit ihrem nagelneuen Kleinauto („Es war ein Angebot!“) manövriert sie souverän durch ihr Leben – nach Hause zu ihren zwei Schwestern und dem verwitwetem Musiker-Vater und zur Klinik, wo sie in der Notaufnahme arbeitet. Wenn sich ein Patient von Maryam nicht behandelt lassen will, weil sie eine Frau ist, schmerzt das. Der Patient muss operiert werden, trotzdem soll sich lieber ein Krankenpfleger um ihn kümmern als die junge Ärztin. Die unbefestigte Straße vor dem Krankenhaus, die jeden Patienten zuerst durch den Schlamm führt, ist nicht Maryams Aufgabe. Aber als sie wegen fehlender Erlaubnis eines männlichen Vormunds nicht zu einer Ärzte-Konferenz fliegen darf, führen Umwege Maryam zur Kandidatur als Lokalpolitikerin. Die Sache mit der Straße wird zu ihrem ersten Wahlversprechen. Berührend ist die Würde, mit der Maryam aller Kritik trotzt. Langsam, aber stetig begleitet Al Mansour ihre Protagonistin auf allen Etappen und behandelt Erfolge ebenso wie Misserfolge. „Egal, ob sie gewinnt oder verliert“, wendet sich einmal die ältere Schwester von Maryam an die jüngere, „du hast nicht dazu beigetragen.“ Und so hat DIE PERFEKTE KANDIDATIN auch eine ganz universale Botschaft: Sei es ein alternder Musiker wie Maryams Vater oder eine junge Ärztin im Niqab, den eigenen Weg geht jeder Mensch selbst. D Anna Hantelmann

Start am 12.3.2020 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

Young Saudi Arabian doctor Maryam runs for local office by accident …

Termine unter www.indiekino.de


INDIEKRITIKEN

Die Känguru-Chroniken Zukünftiger Berlin-Film-Klassiker

In Marc-Uwe Klings legendärer Kolumnensammlung „Die Känguru-Chroniken“ erzählt der Kleinkünstler und Ich-Erzähler Marc-Uwe Kling Anekdoten aus seinem Leben, in denen das Känguru, das eines Tages gegenüber von ihm und schließlich ganz in seine Kreuzberger Wohnung einzieht, eine tragende Rolle spielt. Das Känguru ist die Sorte Anarcho-Mitbewohner, die ungern zwischen „mein“ und „dein“ unterscheidet und im Zweifel alle Schnapspralinen selbst isst, das Kochen aber gern den anderen überlässt. Andererseits boxt das Känguru seine Freunde auch raus, wenn die Situationen, die es ihnen eingebrockt hat, wie zu erwarten war eskalieren. Es guckt gerne Bud-Spencer-und-Terrence-Hill-Filme und bereichert

Start am 5.3.2020 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

Termine unter www.indiekino.de

Scatter-brained artist Marc-Uwe and his anarchist roommate, the Känguru, have to outwit a property speculator who wants to rebuild Kreuzberg. An adaptation of Mark-Uwe Kling’s cult classic “The Känguru Chronicles”.

Deutschland 2019 D R: Dani Levy D B: Dani Levy, Marc-Uwe Kling D K: Filip Zumbrunn D D: Dimitrij Schaad, Rosalie Thomass, Carmen-Maja Antoni, Henry Hübchen, Tim Seyfi D V: X-Verleih

Marc-Uwes Leben mit einem unermüdlichen Strom besserwisserischer Kommentare. Das im Paddington-Stil genial animierte Känguru mit seinem cowboymäßig schwingendem Gang und der quäkigen Nerv-Stimme ist auch der Star der Verfilmung, aber anders als in den Büchern gibt es in Dany Levys Adaption auch einen lässigen Plot, der die rasant aufeinander folgenden Gags zusammenhält. Während das Ambiente eher an die Berliner Neunziger erinnert, ist das Drama top-aktuell: Der Immobilienspekulant und Rechtpopulist (wir sagen „Patriot“) Jörg Dwigs (Henry Hübchen) will den Görlitzer Park zubauen. Das noch nicht luxussanierte Eckhaus, in dem Marc-Uwe (Dimitri Schaad), das Känguru, Hertas Eckneipe und die Späti-Brüder ihr Habitat haben, sollte eigentlich bleiben, aber aufgrund einer Kette blöder Umstände, die vor allem das Känguru zu verantworten hat, beschließt Dwigs, dort doch lieber ein Parkhaus zu bauen … Meine Lieblingswitze waren die Szene in der Dwigs Geliebte Jeannette (Bettina Lamprecht als Alice Weidel) mit ihrem stahlharten Babybauch eine Fahrstuhltür blockiert, und der Späti-Bruder, den seine Eltern in einem Anfall von Überassimilation „Otto von“ getauft haben. Ein zukünftiger Berlin-Film-Klassiker. D Toni Ohms FEBRUAR/MÄRZ 2020 D

29 D


INDIEKRITIKEN Deutschland 2019 D 86 min D R: Nicola Alice Hens D B: Nicola Alice Hens D K: Gaetan Varone, Nicola Alice Hens D S: Michelle Barbin D M: Raphael Bigaud, Vincent David D V: missingFILMs

Chichinette – Wie ich zufällig Spionin wurde Widerständiger Geist

Marthe Hoffnung war ein ganz normales Mädchen, das sich bloß wünschte, „ein angenehmes, interessantes Leben zu führen.“ Aber dann kamen die Nazis, und alles wurde anders: Auf sie und ihre Familie wartete ein Leben mit Trennung und Verlust, Flucht und Widerstand. Heute sind Marthe Hoffnung-Cohn, 93, und ihr Mann ein ganz normales Paar, wenn auch viel beschäftigt und unterwegs. Auf der ganzen Welt hält sie Vorträge und berichtet von einer Vergangenheit, von der selbst ihr Partner lange Zeit nichts ahnte: Marthe war Spionin für die französische Armee und lieferte wichtige Informationen, die mit zum Ende des Krieges führten. Der Film CHICHINETTE – WIE ICH ZUFÄLLIG SPIONIN WURDE zeigt sie auf ihren Reisen und hört zu, während sie erzählt, wie damals alles so gekommen ist. Der Untertitel ist vielleicht etwas irreführend, denn Zufall war längst nicht der alleinige Faktor bei Marthes Werdegang: Wir lernen eine Frau kennen, deren Willenskraft und widerständiger Geist ihr halfen, sich gegen die Schreckensherrschaft der Deutschen aufzulehnen – und das obwohl sie als junge Frau zunächst niemand so richtig ernst nehmen wollte. Der Dokumentarfilm begleitet sie auf Vortragsreise durch Frankreich, durch ihre alte Heimat, aus der sie vertrieben wurde. Bewegt ist nur die Gegenwart, die Vergangenheit wird ausschließlich durch einzelne Fotos und ausdrucksstarke Illustrationen gezeigt. Über weite Strecken des Films ist allein Marthes Stimme zu hören, ergänzt durch zurückhaltende, aber wirkmächtige Aufnahmen von heute. So findet der Film eine eigene Sprache für das Unaussprechliche, fernab aller Klischees, die man aus Dokus über den Nationalsozialismus kennt. Täter sehen wir nur selten – der Film gehört den Jüdinnen und Juden, den Französinnen und Franzosen, die mit Marthe gelebt, die sie geliebt und mit ihr für die Freiheit gekämpft haben. D Eva Szulkowski

Start am 19.3.2020 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

D 30

D FEBRUAR/MÄRZ 2020

Marthe Hoffnung was a spy for the French army and delivered important information that contributed to the end of World War II. The films shows her during her lecture tours and listens as she talks about how it all came to be back then.

Originaltitel: Seberg D USA 2019 D 96 min D R: Benedict Andrews D B: Joe Shrapnel, Anna Waterhouse D K: Rachel Morrison D S: Pamela Martin D M: Jed Kurzel D D: Kristen Stewart, Jack O’Connell, Anthony Mackie, Vince Vaughn, Zazie Beetz, Colm Meaney D V: Prokino

Jean Seberg – Against All Enemies Erlesene Melancholie

1970 ist die US-Schauspielerin Jean Seberg in Europa ein Superstar und eine Nouvelle-Vague-Ikone. In den USA dagegen waren ihre Filme mit dem Regisseur Otto Preminger wenig erfolgreich. Seberg fliegt in die USA, um für eine Rolle in einem Western vorzusprechen und begegnet auf dem Flug dem charismatischen Bürgerrechtsaktivisten Hakim Jamal. Bei der Ankunft in Los Angeles stellt sie sich neben Jamal und zeigt den Black-Power-Gruß. Damit, und durch ihre Unterstützung der Black Panther Party und des NAACP gerät sie ins Fadenkreuz des FBI, dessen COINTELPRO-Programm darauf ausgerichtet ist, den Ruf linker Aktivisten zu vernichten bzw. sie zu „neutralisieren“. SEBERG ist visuell ein sehr schöner Film. Die Kameraarbeit von Rachel Morrison (FRUITVALE STATION, MUDBOUND, BLACK PANTHER) hüllt Kristen Steward als Jean Seberg in ein golden strahlendes Licht, das ihre farbenfrohen Dior-Kostüme wie Erinnerungen an ein unmögliches Glück erstrahlen lässt. Der verträumte Soundtrack von Jed Kurzel und Popsongs aus dem Katalog erlesenster Melancholie setzen die Stimmung. Wenn Seberg/Steward in einem rosafarbenen Gewand zu Scott Walkers Song „It’s raining today“ in ein Restaurant schwebt, wirkt sie wie im Blick gefangen, den sie selbst auf sich zieht. Das ist ein ungewöhnlicher Stil für einen Film über einen Polit-Skandal, aber SEBERG ist weniger ein Biopic, als eine Elegie und eine Warnung an heutige Aktivist*innen, sich zu wappnen. Sollte die Klimabewegung sich eines Tages politisieren, werden ähnliche Reaktionen der Staatsgewalt folgen. Weniger überzeugend ist ein Erzählstrang, in dem ein junger FBI-Agent, der Seberg überwacht, Gewissenbisse bekommt. Immerhin bietet er aber die Gelegenheit den alltäglichen Sexismus und Rassismus in der FBI-Kultur zu zeigen, wo noch hasserfülltere Beleidigungen als das N-Wort zum Umgangston gehörten. D Tom Dorow

Start am 26.3.2020 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

SEBERG tells the story of actress Jean Seberg (BREATHLESS), who was driven to numerous suicide attemps by J. Edgar Hoover’s FBI because she was involved with the black civil rights movement and the Black Panther party.

Termine unter www.indiekino.de


VIFF

FILMFEST WISMAR

Undine Christian Petzold verfilmt die Legende der Wasserfrau Undine im modernen Berlin. Hier ist Undine, die Frau aus dem Wasser, die nur eine Seele bekommt, wenn ein Mann sie liebt, eine Stadthistorikerin (Paula Beer), die von ihrem Freund (Jakob Matschenz) verlassen wird und sich später in den Industrietaucher Christoph (Franz Rogowski) verliebt. UNDINE läuft im Wettbewerb der Berlinale und zum Redaktionsschluss waren nur wenige Details über den Film bekannt. Wir sind gespannt und berichten nach der Premiere. Start am 26.3.2020

Deutschland/Frankreich 2020 D 90 min D R: Christian Petzold D D: Paula Beer, Franz Rogowski, Jacob Matschenz

Siberia Es sah lange so aus, als ob Abel Ferraras Film SIBERIA nie zustande käme. Ein Kickstarter-Projekt, das den Film finanzieren sollte, scheiterte. Aber nun startet SIBERIA doch im Wettbewerb der Berlinale. Willem Dafoe, mit dem Ferrara seit NEW ROSE HOTEL (1998) immer wieder zusammengearbeitet hat, ist hier ein desillusionierter Barmann hoch im Norden Alaskas, der sich auf eine Reise begibt, die durch reale Landschaften führt, aber auch in die Seele des Helden, basierend auf C.G. Jungs erst 2009 veröffentlichtem Tagebuch „Das rote Buch“. Start am 19.3.2020

Calligrammes Ab 05. März im Kino!

Der neue Film von Ulrike

USA 2018 D 104 min D R: Matthew Ross D D: Keanu Reeves, Molly Ringwald, Ana Ularu, Aleks Paunovic

www.realfictionfilme.de


INDIEFEATURE

Jenseits des Sichtbaren – Hilma af Klint Pionierin des Abstrakten

D 32

D FEBRUAR/MÄRZ 2020


INDIEFEATURE

JENSEITS DES SICHTBAREN – HILMA AF KLINT geht der Frage nach, warum die Rolle der schwedischen Künstlerin Hilma af Klint in der Kunstgeschichte und besonders der abstrakten Kunst bis heute nicht anerkannt worden ist. Damit ist der Film Teil einer größeren Bewegung zur kritischen Revision der Kunstgeschichte. So harren Künstlerinnen wie Janet Sobel, die vor Jackson Pollock das Action Painting erfand, und Elsa von Freytag-Loringhoven, der vermutlichen Autorin des Marcel Duchamp zugeschriebenen epochalen Fountain, immer noch ihrer breiten Anerkennung. Für Hilma af Klint, deren großformatigen Gemälde die Geburtsstunde der abstrakten Malerei markieren, wird sich der Weg langsam ebnen, was auch Halina Dyrschkas neuem Film zu verdanken ist. Über eine chronologische Aufarbeitung von af Klints Lebenswerk nähert sich Dyrschka der Künstlerin und ihrem Umfeld. Sie zieht dabei immer weitere kontextuelle Kreise: von der adeligen Herkunft über die Situation der weiblichen Kunsterziehung um 1900 bis zur Pluralität der Weltmodelle, die Naturwissenschaft und Religion zu Beginn des 20. Jahrhunderts zur Verfügung stellen. Sowohl die Relativitätstheorie als auch die Theosophie und die Anthroposophie finden sich in af Klints ab 1906 immer abstrakter werdenden Gemälden verdichtet. Somit ist ihre Kunst nicht nur der Beginn der bislang als männliche Innovation verstandenen abstrakten Malerei, sondern auch ein beeindruckendes Zeugnis der Diskurse ihrer Zeit. Durch die Entdeckung Hilma af Klints wird das kunsthistorische Narrativ der Originalität des individuellen Genies zwar nicht beseitigt, aber aufgeweicht und von seinen sexistischen Konnotationen befreit. Mit Klarheit, Übersicht und exzellenten Interviewpartner*innen beantwortet Dyrschka die Frage, warum Hilma af Klint so lange unbekannt blieb, indem sie die Verquickung von frauenfeindlicher Kanonisierung und kapitalistischer Marklogik aufzeigt. D Yorick Berta

Originaltitel: Beyond The Visible: Hilma Af Klint D Deutschland 2019 D 85 min D R: John David Seidler D B: John David Seidler D K: Conny Beisler D S: John David Seidler D M: Matthias Hornschuh D V: mindjazz pictures

Start am 5.3.2020 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

In 1906 Dane Hilma af Klint painted large format abstract pieces? – six years before the first official abstract painting in European art history.

FEBRUAR/MÄRZ 2020 D

33 D


INDIEKRITIKEN Frankreich 2019 D 94 min D R: Yann L’Hénoret D V: STUDIOCANAL

Jean-Paul Gaultier: Freak & Chic

Italien 2018 D 115 min D R: Valeria Golino D B: Francesca Marciano, Valia Santella, Valeria Golino D K: Gergely Pohárnok D S: Giogiò Franchini D M: Nicola Tescari D D: Riccardo Scamarcio, Valerio Mastandrea, Isabella Ferrari, Valentina Cervi, Jasmine Trinca, Francesco Borgese D V: missingFILMs

Euforia

Reicher Bruder, armer Bruder

Wild, bunt und exzessiv

Wenn jemand einen biografischen Dokumentarfilm der etwas anderen Art verlangt, dann ist das Jean-Paul Gaultier. Auch wenn der Designer inzwischen das Rentenalter erreicht hat und unlängst ankündigte, sich aus der Welt der Haute Couture Modenschauen zu verabschieden, darf man davon ausgehen, dass Gaultiers Energie noch lange nicht erloschen ist und schon längst neue, wilde Ideen und Projekte in seinem Kopf herumschwirren. So jemanden hinzusetzen und über sein Leben erzählen zu lassen, unterlegt von Bildern aus der Vergangenheit, wäre allerdings allzu langweilig und konservativ. So nimmt der Dokumentarfilmer Yann L’Hénoret die vor zwei Jahren entstandene Revue „Fashion Freak Show“ als roten Faden seiner Doku. In der von der Film und Theaterregisseurin Tonie Marshall inszenierten Show ließ Gaultier sein Leben Revue passieren und das an einem ganz besonderen Ort: Dem Folies Bergères, einem der berühmtesten Nachtclubs Paris, dem Ort, an dem Toulose-Lautrec und die anderen Impressionisten feierten und Absinth tranken. So entsteht in L’Hénorets Film, der fortwährend zwischen Aufnahmen von Proben und Entstehung der Revue zu Bildern des fertigen Produkts hin und her schneidet, unterlegt mit kurzen Aussagen, in denen Wegbegleiter Gaultiers Genie preisen und der Meister selbst aus seinem Leben erzählt, eine Art Biografie aus zweiter Hand. Die kurzen Filme, die auf der Bühne hinter die Tänzer projiziert wurden, steuern dabei ein Who-is-Who der Gaultier-Welt bei: Madonna tritt ebenso auf wie die Almodovar-Muse Rossy de Palma, das Fotografen-Duo Pierre & Gilles ist beteiligt, Marion Cotillard kommt zur Premiere etc., pp. Wild, bunt und exzessiv ist das Ganze, bis an die Grenze der Reizüberflutung, und insofern genau das, was man von einem Film über den Exzentriker Jean-Paul Gaultier erwarten kann. D Michael Meyns

Start am 19.3.2020 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

D 34

D FEBRUAR/MÄRZ 2020

Jean-Paul Gaultier looks back on his life in “Fashion Freak Show” (2018) in Folies Bergères. The show serves as a thread in L’Hénoret’s excessive documentary.

EUFORIA (2018), die zweite Regiearbeit der Schauspielerin Valeria Golino, ist nicht zu verwechseln mit Lisa Langseths Film EUPHORIA (2017) oder der TV-Serie Euphoria (2019), obwohl die beiden Filme Geschwisterbeziehungen verhandeln, und sowohl die Filme als auch die High-School-/ Drogen-Serie der Euphorie eher skeptisch gegenüberstehen. Golinos Film erzählt von zwei Brüdern, dem jüngeren, reichen, schwulen, hektischen Kunstmanager Matteo, gespielt vom italienischen Superstar Riccardo Scamarcio, und dem älteren, eher ruhigen und depressiven Lehrer Ettore (Valerio Mastandrea). Letzterer hat einen inoperablen Hirntumor, von dem zwar sein Bruder, aber weder er selbst noch der Rest der Familie etwas weiß. Matteo will seinem Bruder helfen und holt ihn nach Rom, um ihn von befreundeten Spezialisten behandeln zu lassen. So stürzt Ettore in das Glamourleben von Matteo, das an Paolo Sorrentinos LA GRANDE BELLEZA erinnert. Matteo lebt in einem unpersönlichen, aber gigantischem Loft mit einer spektakulären Terrassen-Lounge und einer Dachterrasse. Er ist ständig von allen möglichen Hofschranzen umgeben, ständig wird gefeiert, auf dem Tisch liegt fast immer eine Line Koks bereit. Valeria Golino inszeniert ihre Geschichte in elliptischen Vignetten mit vielen Auslassungen. Mal ist die ganze Familie beieinander, dann ist sie wieder weg, plötzlich sind Matteo und Ettore auf einer Art Wallfahrt in Bosnien, bei der Matteo den Bruder auf den Balkon schickt, um mit einer Zufallsbekanntschaft eine schnelle Nummer zu schieben. EUFORIA hat durch die Grundidee, einen Schwerkranken in Unkenntnis seiner Lage zu lassen, ein gewisses Glaubwürdigkeitsproblem. Aber der Film will wohl auch mehr eine Parabel sein, in der das stille Genießen des Augenblicks der hektischen Betäubung der eigenen Gefühle gegenübersteht. D Hannes Stein

Start am 20.2.2020 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

When Matteo, a high flying, rich art entrepreneur learns that his brother Ettore, a grumpy teacher, has cancer he invites him to stay with him in Rome but doesn’t tell him that his condition is terminal.

Termine unter www.indiekino.de


Deutschland/Schweiz 2019 D 92 min D R: Evelyn Schels D B: Evelyn Schels D K: Börres Weiffenbach D D: Marina Abramovic, Sigalit Landau, Shirin Neshat D V: NFP/Filmwelt

Body of Truth Physisch, drastisch, hochsymbolisch

Vier Frauen. Vier Künstlerinnen. Und viermal eine ganz eigene Definition des „Body of Truth“ porträtiert Evelyn Schel in ihrem gleichnamigen Dokumentarfilm. Marina Abramovic, die mit ihren Body Art Performances der 70er-Jahre bekannt geworden ist, markiert den Anfang. Für sie ist „razor only the pen, skin only the paper, blood only the color“. Ihr Körper ist der Tempel, in dem ihre jugoslawisch-kommunistische Vergangenheit eingraviert ist, und zugleich ist er auch die selbsternannte, spirituelle Opfergabe. Ganz anders die deutsche Fotografin Katharina Sieverding, der es nur im übertragenen Sinne um den Körper geht, nämlich um den politischen Körper, die politische Hülle und darum, das Dahinterliegende sichtbar zu machen – sei es Rechtspropaganda oder der Größenwahn von Weltallreisenden. Der israelischen Künstlerin Sigalit Landau geht es wiederum um den traumatisierten Körper, den eigenen und den eines jüdischen Kollektivs. Sie nähert sich mit ihren großformatigen Installationen einer Heilung und den Prozessen dahinter an. Und schließlich befasst sich die iranische Fotografin Shirin Neshat mit den Frauenkörpern in ihrem Heimatland, ihrem Verhältnis zur Religion, zur Sprache, zur männlichen Gewalt. So physisch, drastisch und hochsymbolisch viele der gezeigten Werke dieser Künstlerinnen wirken, so sehr berühren die Geschichten dahinter und die Vehemenz, mit der diese Frauen ihr Leben der Kunst widmen. Der 90-minütige Dokumentarfilm erfordert einige Geduld, vor allem, da sich das Publikum nicht aussuchen kann, mit welcher Künstlerin und welchem Werk es mehr Zeit verbringen möchte. Doch gerade diese Erfahrung ist lohnenswert: Zeitgenössische Kunst dieser Art braucht Zeit für ihre Wirkung, doch zeigt BODY OF TRUTH die große Menschlichkeit hinter Werken, die man im White Cube einer Galerie für rein skandalträchtig halten mag. D Anna Hantelmann

Start am 26.3.2020 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

Four artists that work with bodies: Marina Abramovic, Shirin Neshat, Sigalit Landau, and Katharina Sieverding.

Schweiz 2019 D 79 min D R: Yu Hao D B: Yu Hao, Fabian Kaiser D K: Yu Hao, Zhao Kangcheng, BjoÃàrn Lindroos D S: Fabian Kaiser D M: Tobias Preisig D V: Lakeside Film

Plötzlich Heimweh Verliebt in die Schweiz

Die chinesische Fernsehreporterin Yu Hao sieht sich als eine Zuschauende, Heimatlose und Außenstehende. Ihre Familiengeschichte ist von der Zwangsumsiedelung ihrer Eltern während der Kulturrevolution und dem Bruch mit der katholischen Religion ihrer Großmutter geprägt. Zwei Jahre jünger und deshalb kleiner als ihre Klassenkameradinnen in der Schule fühlte sie sich nie wirklich zugehörig. Ihr Gefühl der Fremdheit steigert sich eher noch, als sie sich in einen Schweizer verliebt und – zunächst auf Besuch – nach Uräsch im Appenzellerland zieht. Ohne ein Wort Deutsch, geschweige denn Schwyzerdütsch zu sprechen, ist die Kamera ihr einziges Mittel, um mit ihrer Umgebung zu kommunizieren. Die ans Reisen gewöhnte Reporterin ist fasziniert von den Almbauern, die seit Generation das gleiche Leben führen. Yu filmt den Almauftrieb, die prächtig geschmückten Sylvesterkläuse, die Trachten und Rituale und immer wieder die Wolken unter den Almen – in hinreißenden Bildern, die manchmal an chinesische Drucke erinnern. Aus dem Besuch werden zwölf Jahre, in denen Yu allmählich Deutsch lernt und mit ihrer Umgebung ins Gespräch kommt. Sie lädt chinesische Künstler ein, organisiert Ausstellungen und ein Schattenspieltheater, das Appenzeller Legenden im chinesischen Stil erzählt. Sie entdeckt immer wieder Korrespondenzen zwischen den Kulturen. So bringt sie der Katholizismus der Appenzeller mit dem ihrer Großmutter in Verbindung. Als sie sich bei einer Reise nach China von der verstorbenen Großmutter verabschieden will und Schulfreundinnen in Shanghai wiedertrifft, bemerkt sie, dass sie plötzlich Heimweh nach der Schweiz hat. Yus Film ist weniger eine politische Geschichte über Migration als eine sehr schöne, private und romantische Liebesgeschichte. In ihrer Verliebtheit ins Appenzeller Bergidyll findet Yu tatsächlich eine Art Heimat und das ersehnte Gefühl des Dazugehörens. D Tom Dorow Start am 27.2.2020 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de

Well-travelled Chinese TV Reporter Yu Hao who falls head over heels for the Appenzell mountain idyll.


INDIEKRITIKEN

Das letzte Geschenk

Der Fall Richard Jewell

Der 88-jährige, kauzige, gewiefte Schneider Abraham soll ins Altersheim gesteckt werden. Stattdessen macht er sich auf die Reise von Buenos Aires nach Polen, um dem Jugendfreund, der ihm während des Holocaust das Leben rettete, ein Geschenk zu überbringen. Auf seiner Odyssee quer durch Europa verliert Abraham sein Visum, sein Geld und fast auch ein Bein, trifft auf schräge Gestalten und lernt besondere Menschen kennen, wie die Anthropologin Ingrid, die ihm hilft, Deutschland zu durchqueren ohne einen Fuß auf deutschen Boden setzen zu müssen.

Erneut erzählt Clint Eastwood von einem amerikanischen Alltagshelden, der mit dem „System“ in Konflikt kommt. Richard Jewell (Paul Walter Hauser, I, TONYA) war ein autoritätsgläubiger Wachmann, der gern Polizist geworden wäre. Als er im Sommer 1996 eine Bombe findet, gilt er zunächst als Held, wird dann aber verdächtigt, sie selbst gelegt zu haben, weil er als weißer Single, der im Keller seiner Mutter (Kathy Bates) lebt, genau ins Terroristen-Profil passt.

Start am 5.3.2020

Argentinien/Spanien 2017 D 91 min D R: Pablo Solarz D D: Miguel Ángel Solá, Ángela Molina, Martin Piroyansky, Natalia Verbeke, Julia Beerhold

Start am 11.3.2020

Originaltitel: Richard Jewell D USA 2019 D 131 min D R: Clint Eastwood D D: Paul Walter Hauser, Sam Rockwell, Kathy Bates, Jon Hamm, Olivia Wilde, Nina Arianda

Just Mercy

Der letzte Mieter

Verfilmung des autobiografischen Buches von Bryan Stevenson, der die „Equal Justice Initiative“ gründete, die sich für die Verteidigung von zu Unrecht und von zum Tode Verurteilten einsetzt. Michael B. Jordan spielt Stevenson als jungen, idealistischen Anwalt, der gerade erst Harvard abgeschlossen hat. In Alabama gerät er an den Fall von Walter McMillian (Jamie Foxx), der einen grausamen Mord begangen haben soll. Es gibt hinreichend Beweise für seine Unschuld, aber auch einen zwiespältigen Zeugen, der McMillan schwer belastet …

Als Tobias, von Beruf Klempner bei einer Berliner Immobilienfirma, seinen Vater Dietmar besucht, ist die Räumung des Berliner Altbaus in vollem Gange und Dietmar gerade in eine heftige Auseinandersetzung mit einem Makler verwickelt. Er will sich aus der Wohnung, in der er 40 Jahre lang gelebt hat, nicht vertreiben lassen. Der Streit eskaliert, auf einmal steht die junge Polizistin Shirin in der Tür, und auf der etwas schluffige Tobias findet sich im Zentrum eines naturalistisch und dicht erzählten Geiseldramas wieder.

Start am 27.2.2020

D 36

D FEBRUAR/MÄRZ 2020

USA 2019 D 136 min D R: Destin Daniel Cretton D D: Michael B. Jordan, Brie Larson, Jamie Foxx, O’Shea Jackson Jr., Rafe Spall, Tim Blake Nelson

Start am 26.3.2020

Deutschland 2019 D 97 min D R: Gregor Erler D D: Pegah Ferydoni, Sebastian Achilles, Maximilian Brauer

Termine unter www.indiekino.de


Bliss Dezzy, eine Künstlerin mit Malblockade und drohender Wohnungslosigkeit, erlebt durch eine neue Superdroge zwischen ihren Blackouts immer extremere Fragmente eines Höllentrips. Auf schraddeligem Super-16 hat Joe Begos eine liebevolle Hommage an die B-Movies der späten VHS-Tage gedreht. Die Szenen spielen in wenigen Wohnräumen, Kneipen und Clubs voller Menschen in Leder und Sonnenbrillen. Alles ist in starken Farben beleuchtet oder durch Farbfilter gedreht, und jeder Innenraum kennt nur die Zustände „hart ausgeleuchtet“ und „voller ominöser Schatten“. Start am 20.2.2020

USA 2019 D 80 min D R: Joe Begos D D: Dora Madison Burge, Tru Collins, Rhys Wakefield, Jeremy Gardner

Limbo Tim Dünschede hat sein Debüt in einem einzigen, souverän inszenierten Take gedreht: Ana, die junge Compliance Managerin, entdeckt krumme Beträge in der Buchhaltung ihrer Firma. Der Chef bietet ihr an, darüber zu reden, fährt mit ihr in den Feierabend. Unterwegs verlieren wir die beiden, folgen Carsten, dem der Kleinganove Ozzy Zugang zum „Wiener“ verschaffen soll, der ist einer der Obergangster der Unterwelt, und schließlich treffen sich alle in einem Club, der mit Alkohol, illegalem Boxkampf, Frauenhandel und Geldwäsche keine Wünsche offen lässt…

Start am 20.2.2020

Termine unter www.indiekino.de

Deutschland 2020 D 90 min D R: Tim Dünschede D D: Elisa Schlott, Tilman Strauß, Martin Semmelrogge, Christian Strasser


WEITERINDIEKINO

Die Wütenden Regisseur Ladj Ly versteht seinen Film als Warnung an die Politik. 15 Jahre nach den schweren Ausschreitungen in den Banlieues hat sich nichts geändert. Eine neue Generation ist herangewachsen. Es ist an der Politik, sich um sie zu kümmern. Ly gelingt ein lebensnaher Einblick in eine Welt abseits des Systems. Ein Mikrokosmos mit eigenen Regeln und Gesetzen, in dem eine Handvoll Polizisten versucht, für Ordnung zu sorgen. Ein täglicher Eierlauf, der einen hochspannenden Film ergibt, den Kameramann Julien Poupard in vibrierende Bilder umsetzt. Originaltitel: Les Misérables D Frankreich 2019 D 103 min D R: Ladj Ly D D: Damien Bonnard, Alexis Manenti, Djebril Zonga

La Gomera Corneliu Porumboiu ist einer der wichtigsten Vertreter der rumänischen Neuen Welle und ist mittlerweile einer der internationalen Regiestars auf Filmfestivals. In der verwickelten Noir-Geschichte um einen korrup­ ten Polizisten, eine gefakte Luxus-Prostituierte und einen absurden Ausbruchs­plan, die Porumboiu hier erzählt, spielt die berühmte Pfeifsprache Silbo, die auf La Gomera einst zur Kommunikation in der bergigen Landschaft benutzt wurde und heute vor allem als Kulturgut gepflegt wird, eine wichtige Rolle. Originaltitel: La Gomera D Rumänien/Frankreich 2019 D 97 min D R: Corneliu Porumboiu D D: Vlad Ivanov, Catrinel Marlon, Rodica Lazar, Agusti Villaronga

The Farewell

Sorry We Missed You

Lulu Wangs beeindruckendes Debüt THE FAREWELL ist ehrlich und zärtlich, nachfühlbar und berührend, und durchzogen von Momenten eines schrägen Alltags-Humors, wie er sich aus widersprüchlichen Gefühlen und Situationen ergibt. Billis geliebte Oma Nai Nai hat Krebs. Die Familie hat beschlossen, es ihr nicht zu sagen, aber damit alle Nai Nai noch einmal sehen können, werden sie die Hochzeit von Billis Cousin feiern. Es wäre allerdings besser, wenn Billi nicht mit nach China kommt – sie kann ihre Gefühle zu schlecht verbergen. Natürlich fährt Billi dann doch …

Ken Loach knöpft sich die Ich-AG vor: Ricky Turner aus Newcastle macht sich als Paketbote selbstständig. Wenn alles gut läuft, werden er und seine Frau Abbie, die als ambulante Altenpflegerin arbeitet, das Häuschen abbezahlen können. In der Hoffnung auf ein Leben, das wenigstens ein bisschen komfortabler ist, verkaufen die Turners Abbies Kleinwagen und schaffen sich einen Lieferwagen an. Womit sie nicht gerechnet haben, ist der erbarmungslose Druck. Für den Fall, das eben mal nicht alles gut läuft, gibt es keinen Puffer.

USA 2019 D 98 min D R: Lulu Wang D D: Awkwafina, Tzi Ma, Jim Liu, Gil Perez-Abraham, Ines Laimins

Großbritannien 2019 D 100 min D R: Ken Loach D D: Kris Hitchen, Debbie Honeywood, Rhys Stone, Katie Proctor

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INDIEKINDER Deutschland 2018/19 D 89 min D R: Sarah Winkenstette D B: Susanne Finken D K: Monika Plura D S: Nicole Kortlüke D M: Leonard Petersen D D: Yoran Leicher, Sobhi Awad, Anna König, Andreas Nickl, Mohamed Achour D V: farbfilm D FSK: 0

Zu weit weg Neue beste Freunde

Lassie – Eine abenteuerliche Reise Deutschland 2020 D R: Hanno Olderdissen D 100 min D FSK: 0

Die Hündin Lassie muss ihren besten Freund, den Bayern Flo, verlassen und nach Norddeutschland zu einem Grafen ziehen. Mit dessen Enkelin Priscilla freundet sie sich aber auch schnell an. Nur den bösen Hausmeister mag Lassie nicht, büxt aus, und macht sich auf eine abenteuerliche Reise. Während Lassie nach Flo sucht, machen sich auch der Hausmeister und Priscilla, zuerst separat, dann zusammen auf die Suche nach dem berühmten Collie. Die erste deutsche Verfilmung des Kinderfilm-Klassikers.

Der 11-jährige Ben, seine große Schwester Isa und seine Eltern müssen aus ihrem Dorf Niederkirchberg wegziehen, denn das ganze Dorf wird abgerissen, um für den Braunkohletagebau Platz zu schaffen. Während die anderen Jungs aus Bens Fußballverein ins neu gebaute Neuniederkirchberg umziehen, geht es für Bens Familie in die nächstgrößere Stadt nach Düren. Eigentlich findet Ben das gar nicht so schlecht, denn dort wartet ein besserer Verein auf ihn, aber dann stellt er ziemlich bald fest, dass eine halbe Stunde vom alten Zuhause ganz schön weit weg ist. Seine alten Freunde haben bald einen neuen Stürmer gefunden, Ben dagegen ist in der neuen Mannschaft erstmal in der Abwehr und in der Klasse der Neue. Manchmal radelt Ben zurück ins alte Dorf und besucht das alte Haus. Auch, dass er deshalb dann gleich mit dem anderen Neuen in der Klasse, Tariq, befreundet sein soll, passt Ben eigentlich nicht. Aber Tariq spielt ebenfalls Fußball und hat einen ziemlich coolen Move beim Torschuss, und so wird aus den beiden doch ein Team. Außerdem hat Tariq ebenfalls gerade ein Zuhause verloren, denn er kommt aus Syrien aus der Stadt Aleppo, in der seit fast zehn Jahren Krieg herrscht und viele Häuser zerstört sind. In Düren wohnt Tariq im Jugendheim, denn seine Eltern sind in einem Flüchtlingslager in der Türkei und seinen Bruder hat er bei der Überfahrt aus den Augen verloren. Als Ben davon erfährt, beschließt er, Tariq bei der Suche zu helfen… D Toni Ohms

Spatzenkino in Berlin & Brandenburg: Frühlingswunder ca 45. min D für Kinder ab 4 Jahren

Für die allerkleinsten Kinogänger*innen zeigt das Spatzenkino ganz kurze Kurzfilmprogramme mit liebevoller Moderation. Im März beginnt im Spatzenkino der Frühling mit der kleinen Raupe Nimmersatt, die so einen Bärenhunger hat, dass sie sich durch einen Apfel, zwei Birnen, drei Pflaumen, vier Erdbeeren und fünf Apfelsinen frisst. Ein kleines Pflänzchen kommt aus der Erde und wird größer, und der kleine Vogel Binke übt das Fliegen. Alle Termine auf: www.Spatzenkino.de

Termine unter www.indiekino.de

Start am 12.3.2020 ¢ Alle Spielorte und Termine auf www.indiekino.de


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INDIEFEATURE

100 Jahre Federico Fellini Am 20. Januar diesen Jahres wäre Federico Fellini – Regisseur von LA STRADA, LA DOLCE VITA, LE NOTTI DI CABIRIA, 8 ½, GIULIETTA DEGLI SPIRITI, SATYRICON, AMARCORD, GINGER & FRED – 100 Jahre alt geworden. Fellini begann seine Karriere als Journalist und Karikaturist und arbeitete als Drehbuchautor und Regieassistent mit den Neorealisten zusammen, bevor er zur Regie wechselte und mit I VITELLONI (DIE MÜSSIGGÄNGER, 1952), der in Venedig den Silbernen Löwen gewann, erste Erfolge feierte. Fellinis Filme waren bei der zeitgenössischen Kritik und beim Publikum heiß umstritten. Für die linke Filmkritik war Fellini zu unpolitisch, für die rechte zu anarchisch, für alle zu obskur. Das hielt ihn nicht davon ab, mit seinen opulenten, transgressiven Traumbildern und seinen Obsessionen zu einem der einflussreichsten Filmemacher des 20. Jahrhunderts zu werden. Spuren von Fellinis LA DOLCE VITA und 8 ½, hat die Filmkritik schon bei Warhol, Scorsese, Coppola, Antonioni, Ingmar Bergman, Todd Haynes, Terrence Malick, Alejandro Innarritu, Terry Gilliam und David Lynch konstatiert. Paolo Sorrentino lehnt seine dekadenten Szenarien deutlich sichtbar bei Fellini an, eine Seelenverwandte ist auch Alice Rohrwacher, die ihre Figuren nicht nur ähnlich wie Fellini im Raum ansiedelt, sondern auch seine Vorlieben für Zirkus und Performance, Psychoanalyse und Religion, extravagante Persönlichkeiten in prosaischen Landschaften zu teilen scheint.  „Fellini – Mastroianni Alter/Ego“ Ausstellung zu Fellinis Filmen mit Marcello Mastroianni als Hauptdarsteller. (Istituto Italiano di Cultura Berlino, bis zum 29.2.)  „Fellini 100. Unsterbliches Genie“ Ausstellungsprojekt von Fellinis Geburtsstadt Rimini (bis zum 15. März im Castel Sismondo, Piazza Malatesta und dem historischen Stadtzentrum von Rimini, anschließend in Rom, Moskau und Berlin)  Fellini-Retrospektive im Filmmuseum Potsdam (April/Mai 2020)  „Federico Fellini: Von der Zeichnung zum Film“, Ausstellung mit Karikaturen und Filmzeichnungen des Regisseurs (Folkwang Museum, Essen, 23.10.2020–7.2.2021)  Fellini Museum im Castel Sismonodo in Rimini: die Eröffnung ist für Ende 2020 geplant

La Dolce Vita

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Betty Draper in “Mad Men”

INDIEFEATURE

Saving Private Ryan

Mad Max: Fury Road

PASTELL MIT KANTE – DIE NEUEN TRENDFARBEN Farbdesign im Film folgt Trends. Nach Spielbergs SAVING PRIVATE RYAN (1998) waren zum Beispiel entsättigte Farben en vogue. Spielberg selbst orientierte sich offenbar an den Farb-Dokumentaraufnahmen von George Stevens, der die Invasion der Alliierten auf 16 mm-Film filmte, aber bald wurde das Farbdesign auch für alle möglichen Filmgenres benutzt: für dystopische Science-Fiction-Filme und Serien (THE ROAD, 28 DAYS LATER), Action- und Noir-Filme und psychologische Dramen. Der Trend ist noch nicht ganz vorbei und hallt beispielsweise im Nachwendekrimi FREIES LAND von Christian Alvart oder dem zwischen Naturalismus und Thriller angesiedeltem DER LETZTE MIETER von Gergor Erler, der im März ins Kino kommt, nach. In den 2010er Jahren war eine kurze intensive Zeit lang die „orange and teal“-Palette, bestehend aus einem satten Blau-Grün und dem komplementär leuchtenden Orange, vor allem in Action- und Superhelden-Filmen omnipräsent. Seit MAD MAX: FURY ROAD (2015) und BLADE RUNNER 2049 (2017) ist die Farbkombination allerdings kaum noch zu sehen.

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Das melancholische Mädchen

Aktuell tauchen in Filmen wie LE MANS 66, ONCE UPON A TIME IN HOLLYWOOD oder WAVES extra-kraftvolle, fast psychedelische Farbtöne auf, entweder taghell strahlend, wie man sie aus den B-Filmen der Roger-Corman-Produktionen der 1960er Jahre (THE TRIP, 1967) kennt – oder die Nacht in Farbflächen tauchend wie in den italienischen Giallo-Filmen der 1970er (PROFONDO ROSSO, 1975). Andererseits gab es in den letzten Monaten eine ganze Reihe von Filmen, vor allem von Regisseurinnen, die auf Pastell und Weiß als bestimmende Farben setzen. EMMA von Autumn de Wilde, LITTLE JOE von Jessica Hausner, DIE PERFEKTE KANDIDATIN von Haifaa al Mansour, DAS MELANCHOLISCHE MÄDCHEN von Susanne Heinrich oder PARADISE HILLS von Alice Waddington, aber auch Ari Asters MIDSOMMAR bedienen sich mit vollen Händen bei den traditionellen, zarten „Mädchenfarben“ Hellblau, Hellgelb, Lindgrün und Rosa in allen Schattierungen von zart bis pink und versehen sie mit Kante. Auf der Suche nach historischen Vorbildern haben wir eine Ahnenlinie ausgemacht, die bei den quietschvergnügten Doris Day-Komödien beginnt. Dort konnotierten die Pastelltöne vor allem Niedlichkeit und Fügsamkeit, waren aber auch damals schon gepaart mit Witz und Selbstironie. So unbedarft und harmlos wie ihre Hütchen war Doris Day nie. Auch Alfred


Little Joe

Hitchcock steckte seine Darstellerinnen gelegentlich in Pastell. Ausgerechnet in ihrem einzigen Film mit Hitchcock (THE MAN WHO KNEW TOO MUCH, 1956) tauscht Day allerdings die Pastellkleider, die sie am Anfang trägt, gegen ein graues Kostüm aus, und zwar in der Szene, in der ihr Lied „Que sera, sera“ James Steward den Weg zum gefangenen Sohn weist. Frauen, die handeln, entlässt Hitchcock aus der neurotischen Pastell-Falle. In der epochalen Serie „Mad Men“ (2007–2015) feierten die Pastelltöne ein Wiedersehen in der Farbgestaltung der Garderobe und Lebenswelt von Don Drapers Ehefrau Betty. Deren himmelblaue Petticoat-Kleider und zartgelben Negligés waren direkt an die Doris-Day-Filme angelehnt, aber die fröhlichen Farben konnten die Lethargie und Depression, die den restriktiven Hausfrauenalltag regierten, nicht übertünchen, im Gegenteil, sie betonten sie noch. Betty und die anderen Ehefrauen gaben ihr Bestes, niedlich und häuslich zu sein, und gingen daran kaputt. Auch in PARADISE HILLS (2018) von Alice Waddington sind die Pastelltöne noch die Farben der Gewalt, die Frauen angetan wird: Aufmüpfige junge Frauen werden in einem angeblichen Umerziehungscamp, dass sich später als Mordfabrik herausstellt, in weiße Rüschenkleidchen gesteckt. Die Rebellinnen tragen ein schwarzes Punk-Ninja-Outfit.

Emma

Das aktuelle Revival der Pastellfarben dagegen ist selbstbewusst und fröhlich und durchbricht die Farbstereotype statt sie lediglich zu kommentieren. Susanne Heinrichs Diskurspop-Film DAS MELANCHOLISCHE MÄDCHEN (2019) reklamiert die Pastelltöne (leicht ins Neon gehend) einerseits als Powerfarben, andererseits scheint deren Blassheit aber auch von einer Art Verschwommenheit des aktuellen Feminismus und Antikapitalismus zu erzählen – sehnt sich die Hauptperson doch nach den klaren, kämpferischen Positionen der 1980er Jahre. Die Pastelltöne in Jessica Hausners LITTLE JOE (2019) sind dagegen etwas schräg, pastellorange und fies hellgrün beispielweise, und verstärken die extreme Seltsamkeit des lichten „Horrorfilms“, in dem eine Pflanze beginnt, die Gefühle der Menschen, die mit ihr in Kontakt kommen, zu manipulieren. EMMA (2020) von Autumn de Wilde wiederum ist vor allem ein großes Fest in Regency-Farben, deren leicht manische Qualität noch durch die überbordende Ornamentik von Kleidern, Tapeten und Blümchenarrangements verstärkt wird. Damit ist Autumn de Wilde den Doris-Day-Komödien eigentlich schon wieder recht nahe – mit dem kleinen Unterschied, dass ihre Hauptperson nichts weniger sein möchte, als niedlich und anschmiegsam. D H. Bake & T. Dorow

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Alpirsbach: Subiaco Kino Berlin: Acud Kino, b-ware!ladenkino, Bali Kino, Brotfabrik Kino, Bundesplatz-Kino, City Kino Wedding, Eva-Lichtspiele, filmkunst66, Filmrauschpalast, fsk-Kino, Hackesche Höfe Kino, Il Kino, Kino Krokodil, Sputnik Kino, Tilsiter Lichtspiele, Union Filmtheater, Wolf Kino, Xenon Kino, Z-inema, Zukunft Bielefeld: Lichtwerk im Ravensberger Park, Kamera Filmkunsttheater Bonn: Rex Filmtheater, Neue Filmbühne Bremen: Atlantis Filmtheater, Gondel Filmtheater, Schauburg Chemnitz: Kino Metropol Dießen am Ammersee: Kinowelt am Ammersee Dresden: Filmgalerie Phase IV Enkenbach-Alsenborn: Provinz Programmkino Essen: Essener Filmkunsttheater Fellbach: Orfeo-Programmkino Frankfurt: Mal Seh’n Kino Freudenstadt: Subiaco Kino im Kurhaus Fürstenfeldbruck: Lichtspielhaus Fürstenfeldbruck Göttingen: Lumière

Halle: Luchs Kino am Zoo, Puschkino Hamburg: Studio-Kino, Blankeneser Kino, Die Koralle, Elbe Theater Heilbronn: Kinostar-Arthaus Kaiserslautern: UnionStudio für Filmkunst Kassel: Bali, Gloria, Filmladen Kiel: Traumkino Köln: Filmpalette, Lichtspiele Kalk, Odeon Kino, OFF Broad­ way, Weisshaus Kino Lich: Kino Traumstern Ludwigsburg: Caligari Kino, Luna Lüneburg: Scala Programmkino München: Arena, Monopol Münster: Cinema Münster Nürnberg: Casablanca Filmkunsttheater Oberhausen: Kino im Walzenlager Ochsenfurt: Casablanca Kino Pforzheim: Cineplex Pforzheim, Kommunales Kino, Rex Filmpalast Schramberg: Subiaco Kino Templin: Multikulturelles Centrum Weimar: Kommunales Kino mon ami

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Geschäftsführung: Hendrike Bake Redaktion: Hendrike Bake, Thomas Dorow redaktion@indiekino.de Filmtexte: Hendrike Bake, Yorick Berta, Stefanie Borowsky, Tom Dorow, Katharina Franck, Anna Hantelmann, Lili Hering, Christian Klose, Elinor Lewy, Michael Meyns, Harald Mühlbeyer, Toni Ohms, Hannes Stein, Susanne Stern, Eva Szulkowski, Lars Tunçay Texte Kinohighlights: INDIEKINO MAGAZIN und Kinos

Bildnachweis: Filmbilder/Plakatmotive: Filmverleiher/Filmfestivals “The Sound of Fury” (S. 6): Bertz-Fischer Verlag Verlosung MIDSOMMAR (S. 7): Weltkino Filmverleih Verlosung THE VIRGIN SUICIDES (S. 7): capelight pictures Berlinale (S. 8/9): Internationale Filmfestspiele Berlin

Grafik: Michael Zettler, Nora Wiesner (Zett Media) Akquise/Marketing: Verleih: Hendrike Bake, info@indiekino.de Online: Michael Spiegel, spiegel@indiekino.de Firmen/Festivals: Eva Schulze, eva@indiekino.de Druck: Bonifatius Druck, Paderborn Auflage: 25.000

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Eine Gewähr für die Richtigkeit der Termine kann nicht übernommen werden. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Ein Nachdruck ist nur mit Genehmigung von Redaktion und Autor und mit Quellenangabe gestattet. Für unverlangt eingesandtes Textmaterial wird keine Haftung übernommen.



Nachbild

Eine Kuh schaut ins Tal. Nebel steigt auf. Wie schön. Manchmal sehnt man sich nach den Spektakelfilmen nach ein bisschen Ruhe und Stille, nach vorsichtigeren Bildern, zarteren Sounds und nach einem genaueren, langsameren Hinschauen, auf Dinge, die tatsächlich da sind. PLÖTZLICH HEIMWEH der Chinesin Yu Hao ist ein Film, der genau das macht. Bedächtig, vorsichtig und ohne große Worte zu machen, erzählt Yu Hao, wie sie, die immer umhergereist ist, auf einmal, ausgerechnet in der Schweiz und unter Leuten, deren Sprache sie nicht spricht, ein Gefühl von Ankommen verspürt hat. Der Blick, den sie auf dieses neue, fremde Zuhause wirft, ist zurückhaltend und respektvoll, aber auch offen und neugierig. Erstmal sieht sie einfach hin.

vorschau INDIEKINO im APRIL

D BERLIN ALEXANDERPLATZ Francis in der Hasenheide D DEERSKIN Schöne Jacke D KOPFPLATZEN Innerer Kampf D MONOS Teenage ­Guerilla D ALS WIR TANZTEN Konkurrent & Liebhaber D DOWNHILL Männlichkeits­ krise D Vergiftete Wahrheit Jurist gegen Konzern D DER JUNGE UND DIE WILDGÄNSE Vogelflug D MARIE CURIE – ELEMENTE DES LEBENS Radioaktiv D WIR ELTERN Autofiktionale Komödie D GIRAFFE Verbindungen D THE ROADS NOT TAKEN Alternative Leben D EINE GRÖSSERE WELT Schamanin werden D Harriet – Der Weg in die Freiheit ­Underground Railroad D IL TRADITORE Kronzeuge gegen die Cosa Nostra D PELIKANBLUT Mutterliebe D DIE RÜDEN Gewaltversuche D SUNBURNED Ungleiche erste Liebe D LUCY IN THE SKY Astronautin D EINE GESCHICHTE VON DREI SCHWESTERN Eingeschneit

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„EINE LIEBEVOLLE VERNEIGUNG VOR DEM GENREKINO.“ DEADLINE

www.LaGomera-film.de

/LaGomera.film

AB 13. FEBRUAR IM KINO



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