fotocommunity [plus] 4-2012

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Komposition: Wie man starke Bilder gestaltet [plus] Neue Kameras: Schön, schlank, schnell Handyfotos: Trendy oder trivial? [plus] Bildsprache: Quer denken bringt neue Ideen

Tierisch gut: Fashion-Fotografie [plus]

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3 - 2012 4

D 7,80 € A 8,90 € L 8,90 € CH 14,90 SFr

Jetzt noch umfangreicher!


Hintergrund: Sony Alpha 900, Zeiss 24mm. Porträt: Pentax 645D, 55 mm, f5,0, 1/60 s, ISO 200

Die Inspiration zu seinem Bild fand Felip Mars unter anderem in Leonardo da Vincis Gemälde „Mona Lisa“. „Ich wollte eine zarte, fast zerbrechliche Frau darstellen im starken Kontrast zum dramatischen Hintergrund“, beschreibt der Fotograf. Der Hintergrund besteht aus einer gestitchten HDR-Aufnahme zusammengesetzt aus 4x5 Bildern. Die einzelnen Fotos wurden in Venedig gemacht. „Den Vordergrund habe ich im Studio in München fotografiert, wofür sechs ockerfarben gefilterte 4 Bank Kino Flos für das Hauptlicht und ein Daylight Arri Scheinwerfer mit Octa Diffusor zum Einsatz kamen – typisches Spielfilm-Licht also“, so Felip Mars. Die genieteten MetallElemente sind schließlich in einem 3D-Programm entstanden. Tipp: Wenn Ihr eine Idee für ein Bild im Kopf habt, fertigt eine Skizze auf Papier an, und sammelt dann alle Zutaten zusammen, die Ihr für die Vollendung einer Aufnahme benötigt. Felip Mars, felipmars [fc-user:961611], www. felipmars.com


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Canon EOS 5D Mark II, Canon 24-70mm F/2,8 L USM, 48 mm, f8,0, 1/200 s

Als Architekt ist Frank Heinens Stil sehr grafisch und perspektivisch aufgebaut. „Oft sind in meinen Fashion-Bildern Diagonalen zu finden, die den Blick zum Motiv beziehungsweise Fokuspunkt führen. Ansonsten gilt die Devise: Weniger ist mehr“, gibt er zu verstehen. Bei der High-key-Aufnahme wird DJane Anna Reusch durch den überstrahlten Hintergrund in Szene gesetzt; das Gesicht liegt hingegen im Schatten. Neben der vorgenommenen Hautretusche wurde das Weiß des Hintergrundes sowie der Gesamtkontrast aufgehellt und angeglichen. Tipp: Erzeugt „Frozen Moments“: Versucht auf Euren Bildern eine Stimmung festzuhalten, die den Betrachter in die Geschichte des Fotos hineinzieht. Frank Heinen, F. Heinen [fc-user:429306], www.frankheinen.com


Panasonic FZ50, 343 mm, f11,0, 1/15 s, ISO 100

Den Makrofotografen zieht es an steile Hänge und auf moorige Feuchtwiesen. Für die Aufnahme des Hirschkäfers fand Arik Siegel es besonders spannend, das imposante Insekt mal nicht in der klassischen „Draufsicht“ abzulichten, sondern die Kopfpartie von unten auf den Sensor zu bannen. „Hierfür habe ich ihn auf einen dürren Halm klettern lassen, den ich senkrecht fixierte, um die Untersicht realisieren zu können“, erläutert er. Nach ein paar Aufnahmen, die der Fotograf mithilfe eines Diffusors und Stativs machen konnte, flog das Insekt wieder davon. Bis auf 37 cm kam Arik Siegel mit der Kamera an den Käfer heran. Tipp: Für Makroaufnahmen eignen sich Kameras mit großer Tiefenschärfe, ein kleiner Diffusor, um das Motiv ins rechte Licht zu rücken, sowie ein Stativ und Kabelfernauslöser. Arik Siegel, arik37 (GDT), [fc-user:582408] www.arik37.com

Für seine Focus-Stackings sammelt Markus Reugels tote Insekten, die er zum Beispiel beim Spazierengehen findet. Stacking heißt, dass mehrere Aufnahmen mit unterschiedlichen Schärfebereichen zu einer einzelnen Aufnahme verrechnet werden. Allein die Fotografie der Fliege besteht aus 41 Einzelbildern. „Mit solch extremen Studio-Makroaufnahmen kann ich die kleinen Wesen aus einem anderen Blickwinkel zeigen“, erklärt der Fotograf begeistert. Eine Makrolinse ist für diesen Schwerpunkt ein Muss, will man einen Abbildungsmaßstab von 1:1 erreichen. Tipp: Achtet bei Makros auf die Komposition des Ausschnitts, der maßgeblich zur Stimmung im Bild beiträgt. Farben sollten harmonieren und im gesamten Bild stimmig sein. Markus Reugels [fc-user:1507860], www.kenopictures.com


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Sony Alpha 77, Schneider Kreuznach S 50mm/2.8, 50 mm, f5,6, 1/160 s, ISO 100


Ordnung schaffen – Spannung aufbauen Die Gestaltung eines Bildes ist die eigentliche Kür der Fotografie. Erlaubt ist im Prinzip alles, doch es gibt dennoch feste Regeln, die über ein gutes oder schlechtes Bild entscheiden. Oder die ein gutes Bild noch besser machen können. In den kommenden Ausgaben von fotocommunity [plus] nehmen wir uns einige Gestaltungsprinzipien vor und freuen uns, wenn sie zur Nachahmung anregen. Fotos: Wolfgang Heinen


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RAUM Wir zeigen hier extra kein klassisches Architekturbild als Beispiel für Raum – das ist zu einfach und naheliegend. Raum definiert sich vor allem durch einen festen Anfang und ein festes Ende. Der Vordergrund fixiert nicht nur den ersten Blick, sondern die ausufernden Algen führen den Blick weiter in die Tiefe über die Lagune hinweg zu den Häuserreihen, wo der Blick von einer vertikalen in eine horizontale Bewegung umgeleitet wird. Das Hochformat, aufgeteilt in wenige querformatige Bildelemente oben und unten, erhöht die gestalterische Spannung.

KONTRAST Mit „Kontrast“ ist hier nicht eine hohe Gradation gemeint, sondern der gestalterische Umgang mit Gegensätzen. An diesem Beispiel ist es auf der einen Seite, oben, die aufmerksamkeitsstarke Baumkrone gegen die fast die gesamte Fläche des Bildes einnehmende Wiesenfläche. Punkt gegen Fläche – das ist gestalterisch eines der wichtigsten Werkzeuge. Dabei kommt es allerdings noch sehr darauf an, wie groß der Punkt in Relation zur Fläche ist. Weitere „Kontrastmittel“ sind weiß und schwarz, groß und klein sowie die Farbkomplementäre Blau/Gelb, Grün/ Magenta und Rot/Cyan.


„Folge dem weißen Kaninchen” oder:

Querdenken für Fotografen Weshalb sind die Bilder einiger Fotografen erfolgreich, während andere nicht einmal beachtet werden? Was unterscheidet sie – was macht sie zu etwas Besonderem, zu etwas Einzigartigem? Eine mögliche Antwort: Viele dieser Bilder folgen nicht dem aktuellen „Mainstream” – sie sind einfach anders, kreativer als die Masse der Bilder, die Tag für Tag belichtet werden. Diese Fotografen orientieren sich nicht an etablierten Normen, sondern DENKEN QUER und entwickeln ihren ganz individuellen fotografischen Standpunkt.

[FLOW . 2012]

[querdenken.] QUERDENKEN bedeutet „um die Ecke denken”, „nicht linear denken”, und ist gleichbedeutend mit der inneren Bereitschaft, auch Umwege im Denken in Kauf zu nehmen. Denn wer bei der Entwicklung von Bildideen immer nur bekannte Wege einschlägt, bewegt sich auf ausgetretenen Pfaden, die kaum Überraschungen bereit halten. Das ist zwar auf den ersten Blick sicher und bequem und führt schnell zu Ergebnissen – ist aber nicht wirklich kreativ. Denn um das Ziel schnell und ohne Risiko zu erreichen, werden bekannte und bewährte (Denk-)Strukturen und antrainierte Muster verwendet. Die Ergebnisse sind dann bekannte und altbewährte Lösungen. Allerdings führt QUERDENKEN nicht zwangsläufig immer zu einer praktisch umsetzbaren Bildidee – wird aber in den meisten Fällen neue Sichtweisen auf das Thema ermöglichen. Im Grunde ist QUERDENKEN damit ein Wechsel der inneren Perspektive.

Nun aber bitte nicht QUERDENKEN mit einem verworrenen oder komplizierten Denken in einen Topf werfen. QUERDENKER sind auch keine „Querulanten”, wie so oft vermutet, sondern Menschen, die neben dem linearen Denken auch über QUERDENKEN ein kreatives Ziel erreichen können. Wie dies funktioniert, lässt sich am Vergleich eines Waldspaziergangs mit einer Schnitzeljagd gut erkennen: Bei einem Waldspaziergang geht man meist entlang bekannter Wege, ohne dabei größere Überraschungen zu erleben. Ganz anders bei einer Schnitzeljagd: auch sie führt von einem Ausgangspunkt zum Ziel, ändert jedoch ständig die Richtung, verläuft dabei querfeldein und erfordert aktives Mit- und Umdenken. Gleichzeitig erlebt man viel Neues und erhält eine Vielzahl von Impulsen.


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[ AND THIS IS NOT . 2011/2012 ]

Überträgt man dieses Beispiel auf unser Denken, dann kann ein zufällig ausgewähltes oder gefundenes Wort, Geräusche, Stimmen, Musikfetzen oder Bilder in einer Zeitschrift – als „Störung” dienen und längst vergessene Gedanken oder Gefühle wach werden lassen. Jede dieser Störungen kann einen neuen Impuls für einen kreativen Richtungswechsel geben und lenkt damit das Denken auf vollkommen neue und unerwartete Wege. Versuchen wir im Normalfall möglichst „störungsfrei” zu arbeiten, setzen wir also beim QUERDENKEN Störungen gezielt zur Aktivierung unserer Kreativität ein. [zufallswörter.] „Du suchst eine knackige Idee für einen Fotowettbewerb? Du bist es leid, immer dieselben Motive in immer der gleichen Art zu fotografieren? Du brauchst neue Impulse für kreative Bildideen?”

SERVIERUNG und der Idee dazu die Blumen komplett in eine Frischhaltefolie einzuschweißen. Aus „eingeschweiß” werden im nächsten Stepp die SCHWEISSPERLEN, die als farbige Tropfen deutlich sichtbar auf einer weißen Blume liegen. Und zum Schluss dieser kleinen Übung entsteht aus dem SPRÜHNEBEL, der für die Tropfen benötigt wird, die Idee, die Blumen mit einem feinen Sprühnebel zu umgeben. Wie man sieht, entwickeln sich die Ideen vollkommen losgelöst von dem Ausgangswort. Ständig entstehen neue Zufallswörter aus den Ideen, die wiederum weitere Ideen ermöglichen und gleich wieder weitere Zufallswörter entstehen lassen. Eine solche Ideensammlung kann innerhalb kürzester Zeit eine Vielzahl von unterschiedlichen Ideen hervorbringen.

[ FROZEN . 2005 ]

Um unser QUERDENKEN zu starten, müssen wir unser lineares Denken in eine andere Richtung lenken. Dafür arbeiten wir zunächst einmal mit zufällig ausgewählten Wörtern. Diese findet man schnell in irgendeinem Buch. Schlage es beliebig auf und greife ein Substantiv heraus. Kombiniere nun dieses Wort – oder jedes x-beliebige andere Wort – mit Deinem Thema. Beispiel: Zufallswort ist FLUT und das Thema lautet BLUMEN. Es geht nun nicht darum, eine direkte Beziehung zum Zufallswort herzustellen (also Blumen schwimmen in der Flut) – sondern das Wort dient ausschließlich als Impulsgeber, als Umleitung und als Störung der gewohnten Denkmuster. Über eine solche kreative Spielerei mit Zufallswörtern ist es sehr gut möglich, vollkommen unerwartete Ideen zu entwickeln, weil Du dich außerhalb der normalen Denkstrukturen befindest. Wichtig dabei ist allerdings, sich nicht an das Zufallswort zu „klammern”, sondern es quasi als einen Startpunkt zu betrachten und ständig neue Zufallswörter aus dem Ausgangswort oder den entstehenden Ideen zu entwickeln. In der Praxis kann das dann zum Beispiel folgendermaßen aussehen: Ausgangswort lautet FLUT. Spontane erste Idee: eine Flut von Blumen, ein Blumenmeer. Aus dem Blumenmeer > Meer > Salzwasser entwickelt sich das neue Zufallswort: SALZ. Neue Idee: Blumen sind nahezu komplett von einer Salzkruste bedeckt, quasi konserviert. Weiter geht es mit dem Zufallswort: KON-


Foto: Viola B. Becker [fc-user:1387135]


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Der große CEWE FOTOBUCH Gestaltungs-Workshop VII

Der schönste Tag Viola B. Becker [fc-user:1387135] fällt das Gestalten von Fotobüchern mit der Software von CEWE leicht. Aber auch sie sagt, dass ein CEWE FOTOBUCH nur dann ein Hingucker wird, wenn man ein paar Dinge beachtet. Welche das sind, verrät sie uns anhand eines Hochzeitsfotobuches.

Als Fotografin und diplomierte Designerin folge ich dem Motto „Less is more“. Ich gestalte puristisch, setze Akzente sehr bewusst und wiederhole diese an passenden Stellen, denn mir geht es in erster Linie um meine Fotos. Damit diese gut zur Geltung kommen, achte ich darauf, die Seiten nicht mit zu vielen Aufnahmen zu überladen. Ich empfehle, maximal sechs Bilder auf eine Seite zu nehmen. Die Seite daneben sollte, meiner Meinung nach, dann nur ein Bild zeigen. Generell ist es wichtig, dass man in einem Buch die Doppelseite als Ganzes sieht und die beiden Seiten stimmig gestaltet.


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