B.
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Dezember 2012
Baustelle.
das magazin für Verkehrswegbauer
Neuanfang
Führungsposition
Geld und Glück
Seite 18
Seite 22
Seite 26
Erste Schulwoche für die neuen Verkehrswegbauer. Impressionen von der Einführungswoche.
Wie der Spanier Alberto López in der Schweiz vom Strassenbauer zum Bauführer wurde.
Endlich eigener Lohn! Doch nicht allein Geld zählt bei einem guten Ausbildungsplatz.
Da guckst du! lobt ssballtrainer Fu assen schweizer Str
www.ich-will-strassenbauer-werden.ch
Inhalt
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Schiff ahoi! Die Wasserbauspezialisten der Walo Bertschinger AG am Zürichsee: Schwimmweste obligatorisch.
Einsatz/News
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Macher/Firma
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Technik
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Freizeit/Portrait
Film ab! Ab sofort in den Schweizer Kinosälen: Der neue Werbespot für Strassenbauer mit Mike Schmid.
Wissen/Schule
Mit iPad und Schutzausrüstung Vom Klassenzimmer in die Praxis-Hallen: Eine Woche ÜK.
Wissen/Inside
Latours ZukunftsTipps Prominenter Motivator: FussballLegende Hanspeter Latour an der Diplomfeier 2012.
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Setzen lassen Jeder Stein ein Unikat: Pflästerer am Handwerken.
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Steilvorlage Wie die Spezialmaschinen von Walo am Hang zum Einsatz kommen.
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Gut abgeschnitten Stefan Kurzen mit Sense: Wettkampf-Handmähen im Oberland.
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Einsatz/News
Geht’s noch besser? Seit August liegt die zweite Ausgabe des B. Magazins auf. Via Facebook oder Mail könnt ihr jederzeit Lob, Kritik und Verbesserungsvorschläge anbringen. Oder ihr tut eure Meinung auf dieser Seite kund.
Norman Gysin: «Das Magazin ist sehr übersichtlich gestaltet und hat coole Beiträge. Gerade der Bericht über die Bagger war für mich als Maschinenfan super. Ich finde es auch immer witzig, wenn ich das eine oder andere bekannte Gesicht vom Campus im Magazin wiedererkenne. Die Mischung Bild/Text ist ideal, es soll ja kein ‹Blick› sein, der nur aus grossen Fotos und Schlagzeilen besteht.»
Remo Deflorin: «Ich finde auch die zweite Ausgabe sehr gelungen und hab sie von A bis Z durchgelesen. Als Strassenbau-Lernender interessieren mich natürlich die Reportagen über Baustellen. Auch die Portraits der Frauen auf dem Bau fand ich sehr spannend. In unserem Betrieb arbeitet keine Frau, deshalb kenne ich das gar nicht. Ich habe keine Änderungswünsche, einfach weiter so.»
Urs Schelbert (links): «Ich habe auch die zweite Ausgabe gelesen, vor allem die Geschichte über die Baustellen oder den Bericht über Internatsleiter Kaspar Bühlmann. Für meinen Geschmack dürfte es in der nächsten Ausgabe noch mehr über Maschinen drinhaben.»
Die Fans vom Baustellen-Magazin erfahren über Facebook News, Hintergrundinfos oder Making-of-Geschichten. Auch im Magazin nicht abgedruckte Fotos finden, Facebook sei Dank, den Weg an die Öffentlichkeit. FACEBOOK/BaustellenMagazin – reinschauen und Fan werden! Die Redaktion des B. Magazins freut sich auch auf dein Feedback-Mail an baustelle@verkehrswegbauer.ch
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ack zten Feedb t le lenm l u z ste n Bau agazi M
Andy Büchi (Mitte): «Wir schauen uns meist nur die Fotos an. Wenn es eine spannende Bildunterschrift hat, lesen wir sie auch noch.» Adrian Grob (rechts): «Oder die Storys über die Baustellen, die sind spannend. Den Schulteil lassen wir aus, das kennen wir ja alles.»
Einsatz/News
Enterprise zeichnet aus Grosse Ehre für die Berufsfachschule Verkehrswegbauer: Sie wurde von der Stiftung Enterprise für die neu lancierte Anschlussausbildung ausgezeichnet.
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nterprise, die Stiftung für Unternehmergeist in Wirtschaft und Gesellschaft, zeichnet jedes Jahr vorbildliches unternehmerisches Handeln in der Berufsbildung aus. Für die «wegweisende» Anschlussausbildung, die gemäss Enterprise «von grossem Unternehmergeist» zeugt, durfte die Berufsfachschule Verkehrswegbauer eine Anerkennungsurkunde der Stiftung entgegennehmen.
Start geglückt Die von der Berufsfachschule eigenständig entwickelte und lancierte Anschlussausbildung ist ein grosser Erfolg: Noch kein Jugendlicher, der von dem Angebot Gebrauch gemacht hat, brach die Lehre ab. Diese Ausbildung trägt damit wesentlich dazu bei, dass der Branche viele top ausgebildete Berufsleute zur Verfügung stehen.
LINK
www.verkehrswegbauer.ch
Oscarreife Leistung Strassenbauer goes Hollywood: Diesen Sommer drehte der Fachverband Infra zusammen mit Skicross-Olympiasieger Mike Schmid einen Kinospot. Wie cool es ist, Strassenbauer zu sein, zeigt der Mann aus dem Berner Oberland eindrücklich: Vom grauen Museum geht’s ab in die Halle 6 auf dem Campus Sursee. Wer nach diesem Werbespot nicht unbedingt und sofort eine Lehre im Verkehrswegbau anfangen möchte, dem ist nicht zu helfen. Weitere Bilder des Kino-Drehs und ein ausführliches Interview mit Mike Schmid gibt es auf Facebook.
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Einsatz/Report
Nichts f체r Landratten Noch vor einem Jahr w채re man in W채denswil nur mit dem Buschmesser ans Ufer gekommen. Heute kann man hier sogar 체bers Wasser gehen. Dem neuen Uferweg sei Dank.
Einsatz/Report
Abladen, zwischenlagern, aufladen: Viel Hin und Her, bis alles Material richtig auf den Ponton geladen ist.
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er Giessen, die Halbinsel bei Wädenswil am Zürichsee, ist seit nunmehr einem Jahr Guido Rüetschis zweites Zuhause. Er ist Polier bei der Walo Bertschinger AG und Baustellenverantwortlicher für den neuen Uferweg von Richterswil nach Wädenswil. «Als wir vor gut einem Jahr mit den Arbeiten loslegten, standen hier noch Häuser und grosse Pappeln», erzählt Guido. Zudem war der schmale Streifen zwischen See und Bahnstrecke komplett überwuchert. Viel zu tun also für die vier Wasserbauspezialisten von Walo Bertschinger. Mit Bagger und Boot Ohne Boot und Schwimmweste geht auf der Baustelle in Wädenswil nichts. Wegen der unmittelbar an den künftigen Uferweg grenzenden Bahngleise müssen viele Arbeiten vom Wasser her ausgeführt werden. Mit grossem Bagger-Aufgebot wurde das dichte Ufergewächs entfernt, auf Boote verladen und entsorgt. Danach kippte man eine Menge Kies in den See am Ufer. Mit diesen Riffaufschüttungen entsteht unter und über dem Wasser ein ökologisch wertvoller Lebensraum für Pflanzen sowie Fische und andere Tiere. Und für die Menschen? Die bekommen einen Fuss-
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gängersteg. Künftig kann man von Richterswil nach Wädenswil nicht nur dem Ufer entlang, sondern auch über der Wasseroberfläche spazieren. Pfahlbauer und Hochseekapitän Der Steg ruht auf 16 Meter langen Pfählen. Sie wurden bereits im Frühling 2012 von einem Ponton aus, einer Art grossem Floss, in den Seegrund gerammt. Kapitän während der gesamten Bauzeit ist Pit Breij. Der Ponton wird von einem Boot gestossen. Die «Breite» hat Baujahr 1968 und wurde für ihren Einsatz per Spezialtransport von Basel an den Zürichsee transportiert. Der 53-jährige Holländer Breij ist seit seinem 17. Lebensjahr auf See. Vor sechs Jahren hat er von den grossen Frachtschiffen zu den Wasserbauspezialisten gewechselt. «Wasserbau ist sehr vielseitig. Hier in Wädenswil wurden die Rammrohre vom Ponton aus 14 Meter tief in den Seegrund getrieben. So erreichen sie die nötige Stabilität.» Nie ohne Helm und Schwimmweste Inzwischen ist es Herbst, die Arbeiten sind weit fortgeschritten. Die Rammrohre sind versenkt, nun steht die Montage der Stahlprofilroste an. Der Tief-
Einsatz/Report
lader der Schneider Stahlbau AG aus Jona steht am Ufer zum Abladen bereit. Das Stahlbau-Team rund um Chefmonteur Ferdinando Defrancisci wird die Montage zusammen mit der Mannschaft von Guido Rüetschi ausführen. Der Platz am Ufer ist knapp. Doch der Baggerführer versteht sein Metier und lädt ohne viel Aufhebens die Roste in der richtigen Reihenfolge auf den Ponton. Während den Arbeiten am und auf dem See sind Schwimmwesten obligatorisch. Und weil hier auch mit Stahlträgern gearbeitet wird, gehört auf jeden Kopf ein Helm. Ist ja klar. Teamwork bei Wellengang «Hier packt jeder mit an», erzählt Guido. «Wir von der Wasserbau-Abteilung sind ein eingespieltes Team und arbeiten teilweise schon über 12 Jahre zusammen.» Gemeinsam mit den Stahlbauern, dem Bagger und den Stahlelementen tuckert die Mannschaft auf dem Ponton Richtung Montageplatz ein paar hundert Meter seeabwärts. Die Stützpfähle ragen knapp aus dem Wasser. «Wegen starker Regenfälle letzte Woche stieg der See etwa einen halben Meter an», so Guido. Bei einem JahrhundertHochwasser wäre der Steg überflutet. Das ist so
Chefmonteur Ferdinando Defrancisci: «Auf Montage braucht es Muckis. Und Vorsicht ist immer geboten, auch wenn wir nur einen halben Meter über dem Wasser arbeiten.»
Ob Rhein oder Zürichsee: Kapitän Pit Breij ist mit allen Wassern gewaschen.
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Einsatz/Report
Jetzt die Holzplanken drauf und noch das Geländer montieren – fertig ist der Laufsteg.
vorgesehen. Diese Gefahr besteht heute zum Glück nicht, der Pegel ist bereits wieder um 30 Zentimeter gesunken. Mit geübtem Manöver bringt Pit den Ponton in Position. Sobald die schwimmende Plattform fest verankert ist, kommen die Stahlbauer zum Einsatz. Zwei von ihnen springen beherzt auf ein kleines Floss, das vor dem Ponton bei den Stützpfeilern festgemacht ist. Fast wie bei IKEA Auf dem Ponton montiert Ferdinando derweil mit Pit die Stahlfüsse an den grossen Rosten. Diese werden später in die Pfähle millimetergenau auf die richtige Höhe eingeführt. Ferdinando dirigiert den Baggerfahrer, dieser hebt mit seinem Gerät das erste 3-Tonnen-Teil an und bringt es knapp über Boden in Position. Pit steht mit den Stahlfüssen, Schrauben und Werkzeug bereit. Es ist fast wie das Zusammenbauen eines Ikea-Regals. Nur die Einzelteile sind etwas grösser und schwerer. Sobald Ferdinando das Zeichen gibt, wuchtet der Bagger das Stahlelement in die Höhe und dreht ab zum Team auf dem Floss. Dort wird das Teil langsam, mit den Füssen voran, in die Stützpfähle abgesenkt. Nun beginnt für die Männer auf dem Floss die Arbeit. Mit
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riesigen Werkzeugen verbinden sie die Stahlroste. Schrauben werden montiert, angezogen, wieder gelockert, neu ausgerichtet. Rasch sind weitere zehn Meter Steg montiert. Eine starke Leistung!
INFO Der neue Uferweg Der neue Steg ist ausschliesslich für Fussgänger zugelassen. Nur die Unterhaltsfahrzeuge bis 2,2 Tonnen Gesamtgewicht dürfen die Holzplanken befahren. Dank des Stegs werden schützenswerte Pflanzen am Ufer erhalten, und die Spaziergänger können einen einmaligen Gang über der Wasseroberfläche geniessen. Der Uferweg ist ein Teilprojekt des Wanderweges rund um den Zürichsee. Er verbindet auf rund 1,8 Kilometern Richterswil und Wädenswil.
Einsatz/Persönlich
Matrose, Steuermann und Polier Guido Rüetschi ist Berufstaucher und hat die Matrosenund Steuermannprüfung. In 15 Jahren Wasserbau fischt man mitunter Skurriles aus den Fluten. Zum Beispiel Grabsteine.
Was ist die besondere Herausforderung beim Uferweg-Projekt hier in Wädenswil? Die grösste Herausforderung ist wie immer der Termindruck. Hier in Wädenswil kommen aber auch die besonderen Gegebenheiten der Umgebung hinzu. Zu Beginn mussten wir alles über das Wasser führen, da das Ufer nicht zugänglich war. Mit der grossen Baustelle direkt neben unserem Installationsplatz ist die Zufahrt zudem ziemlich eng. Das alles erfordert genaue Planung und viel Flexibilität. Machen Sie oft solche Projekte? Spannende Projekte gehören zum Wasserbau. Ich habe noch nie so lange auswärts gearbeitet wie bei diesem Projekt. Seit nunmehr einem Jahr sind die Giessenhalbinsel und mein Hotelzimmer mein zweites Zuhause. Meine Frau kann daheim frei über das Fernsehprogramm verfügen, und ich kann jeden Abend Schnitzel und Pommes frites essen. Spass beiseite: Es ist schon eine Umstellung für mich und auch für meine Familie.
Zum Wasserbau gehören auch Ihre Taucheinsätze. Ist das eine gruselige Angelegenheit, oder eher wie eine Schatzsuche? Man weiss natürlich nie genau, was einen erwartet. Als wir den Auftrag zur Sanierung des Ufers in der Badi Tiefenbrunnen in Zürich hatten, stiessen wir auf eine Überraschung: Grabsteine. Beim Bau des Bades Ende des 19. Jahrhunderts wurden sie als Füllmaterial im See versenkt. Wir fanden bei unseren Tauchgängen eine Menge Bruchstücke alter Grabsteine. Auf einigen war noch die Gravur zu entziffern. Ich habe mir so ein Stück als Erinnerung mit nach Hause genommen.
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Wissen/Schule
BaustellenPraxis Wer bereits in der Lehre ist, weiss: ÜK ist die Kurzform von «Überbetriebliche Kurse». Was, bitte schön, ist das? Das B. Magazin hat ÜK-Leiter Jürg Stolz und seinem Team über die Schulter geschaut.
ähigkeiten werden benotet und zählen bei F der Lehrabschlussprüfung.
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s ist kurz vor acht Uhr morgens. Werner Portmann, Berufsbildner Überbetriebliche Kurse, steht bereits an der Wandtafel, während seine Schützlinge – die meisten noch leicht verschlafen – im Klassenzimmer eintrudeln. Portmann gehört zum fünfköpfigen ÜK-
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Team, das unter der Leitung von Jürg Stolz sämtliche 23 Klassen der Berufsfachschule Verkehrswegbauer in der Praxis unterrichtet. Ob zwei- oder dreijähriger Lehrgang, Zusatzausbildung oder Nachholbildung: Für jeden Lernenden sind die ÜK-Kurse Pflicht. Die dort erlernten praktischen
Wer keinen Kopf hat, hat Beine Zurück im Klassenzimmer von Werner Portmann. Noch bleiben ein paar Minuten bis Schulbeginn. Zum Glück, denn manch einer tritt nach einem Blick auf die Wandtafel den Rückzug an. «PSA» steht dort. Die «Persönliche Schutzausrüstung» ist gefragt: Schuhe, Schutzbrille, Gehörschutz und Handschuhe. Zusätzlich sind Schreibzeug und Taschenrechner mitzubringen. Die Anweisung steht seit dem Vortag an der Tafel. Wer die Sachen nicht dabei hat, muss sie spätestens jetzt organisieren. Hektik, vereinzeltes Murren, Ausredenklauberei. Beim Schulgong sitzen aber alle an ihrem Platz. Mit oder ohne Ausrüstung. Portmann nimmt es gelassen, denn für solche Fälle gibt es genaue Regeln. Das vergessene Material muss so rasch wie möglich aufgetrieben werden. Für jede dadurch versäumte Lektion gibt es ein «Strafporto». Manchmal lässt sich
Wissen/Schule
Praxisnah: Das Arbeiten in den Hallen der Berufsfachschule ist fast wie auf der richtigen Baustelle. Die Lernenden arbeiten alleine oder in Zweiergruppen. Am Ende wird das Resultat vom ÜK-Lehrer begutachtet und benotet.
Portmann auf einen kleinen Deal ein: Heute kann sich ein Schüler das vergessene Material ausleihen. Morgen ist seine Ausrüstung aber komplett, und dazu wird er der ganzen Klasse Schoggistängeli spendieren. Wie im richtigen Baustellen-Leben «Disziplin und Respekt sind zwei wichtige Eigenschaften, die ich von meinen Schülern erwarte», erklärt Werner Portmann. «Als einer vom Bau werde ich von den Lernenden ernst genommen. Trotzdem müssen einige grundlegende Dinge zu Beginn halt auf die harte Tour gelernt werden.» Schutzausrüstung und Arbeitsmaterial sind das A und O. Wer ohne erscheint, hinterlässt im Klassenzimmer und später auch auf der Baustelle keinen guten Eindruck. Zur Sache – mit iPad und Wasserwaage Draussen in den Hallen geht’s dann ans Praktische. Nachdem die Pläne verteilt
und die Lernenden umgezogen sind, beginnt das Vermessen, Abstecken, Pickeln und Pflästern in den zugeteilten Hallen. Allein oder im Team gilt es, das heutige Tagessoll zu erfüllen. Dabei stehen die ÜK-Lehrer mit Rat und Tat zur Seite. Unterstützt werden sie auch von den Vorarbeitern in Ausbildung. Sie absolvieren so das Führungspraktikum. Und seit neuestem haben die Praktiker vom ÜK-Team eine weitere, äusserst nützliche Hilfe: das iPad. Anstatt mühevoll sämtliche Masse der Arbeiten der Lernenden von Hand in eine Liste aufzunehmen und anschliessend in den PC im Büro zu übertragen, wird dies gleich vor Ort in der Halle mittels iPad erledigt. Die Masse werden direkt eingegeben, und das Programm rechnet die Noten sowie den daraus resultierenden Klassendurchschnitt aus. Je nach Abweichung vom Norm-Mass gibt es nämlich Abzug – bis zu eine Note pro Zentimeter. Neben der Zeitersparnis birgt das iPad weitere Pluspunkte: Wenn der Lehrer mit lockerem Handgelenk die Finger über das
Display sausen lässt und seinen Schülern gleich den Klassendurchschnitt mitteilen kann, ist das an Coolness kaum zu überbieten. Nachteile sind bis jetzt keine aufgetreten. Die ÜK-iPads stecken in robusten Hüllen und haben dem Staub in den Hallen bis anhin getrotzt. Langzeitstudien fehlen allerdings noch. Theorie und Praxis – beide nicht zu unterschätzen Joel Kurzbauer und Serge Scheiwiller bilden heute ein Team in Halle 6. Während Joel sich mit den Pflastersteinen für den Randabschluss abmüht, kontrolliert Serge mit der Wasserwaage seine Arbeit. In Halle 8 ist die Klasse von ÜK-Lehrer Edgar Marfurt dabei, eine kleine Betonarbeit zu erstellen – eigentlich nicht die Kernkompetenz eines Strassenbauers. Aber auch das gehört in den Lehrplan. Wer weiss, worauf die Strassenbauer künftig auf den Baustellen draussen stossen werden?
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Wissen/Schule
So geht’s ab in den ÜK-Hallen
Joel Kurzbauer, vom KV-Absolventen zur Zusatzlehre Strassenbauer: «Mir liegt die Schule mehr, ich bin eher der Theoretiker. Die praktische Arbeit draussen ist noch nicht ganz mein Ding, aber es wird immer einfacher für mich. Zeit, Genauigkeit – alles zusammen ist eine grosse Herausforderung. In den ÜKs üben wir diese Dinge. Am meisten Respekt habe ich im Moment noch vor dem Pflästern.»
Fabio Tundo, ex Maurer, in der Strassenbauer-Ausbildung: «Ich arbeite gern praktisch. Die ÜKs sind für mich kein Stress. Oft helfe ich meinen Klassenkameraden, da ich schon etwas ä lter und erfahrener bin. Gerade bei der heutigen Arbeit kann ich natürlich von meiner Praxis als Maurer profitieren.»
Serge Scheiwiller, vom Forstwart und Maschinisten zur Zusatzlehre Strassenbauer: «ÜKs liegen mir sehr. Ich war mehr als 10 Jahre nicht mehr in der Schule – deshalb muss ich in der Theorie etwas nachholen. Bei den praktischen Arbeiten habe ich keine Probleme, meistens bin ich bei einem Notenschnitt von 5,5. Da ich im Betrieb immer noch oft als Maschinist eingesetzt werde, ist der Übungseffekt der ÜKs noch wichtiger für mich.»
Marc Tschannen, Vorarbeiterkurs: «Ich absolviere zweimal eine Woche Führungspraktikum als Vorarbeiter hier in Sursee. Die Klasse heute arbeitet relativ ruhig, das ist nicht immer so. Manchmal muss man rigoros durchgreifen. Wenn die Jungs motiviert sind, macht die Arbeit Spass, es ist aber auch eine grosse Herausforderung.»
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Wissen/Schule
Das ÜK-Team
Jürg Stolz, Ük-Leiter Im ÜK-Team: seit Oktober 1974 Werdegang/Erfahrung: Seit fast 40 Jahren ÜK-Lehrer. Ausserdem ist er als Leiter des Teams zuständig für die Planung, das Controlling und die Finanzen. Es gilt den praktischen Unterricht für 100 bis 120 Lernende pro Woche zu organisieren. Inklusive Material besorgen, Hallenplätze sicherstellen, Lehrperson disponieren. Ja, und dazu ist Jürg Stolz Stellvertreter von Schuldirektor Urs Lütolf und Prüfungsleiter EFZ.
Edgar Marfurt Im ÜK-Team: seit 8 Jahren Werdegang/Erfahrung: Als gelernter Strassenbauer 20 Jahre auf dem Bau. Ausserdem war er während seiner Ausbildung schon im ÜK-Kurs von Jürg Stolz. Er kam als Zweiter ins Team und ist neben seiner Lehrertätigkeit auch zuständig für die Werbung. Ihn sieht man auf Berufsmessen im ganzen Land. Ausserdem gilt er im Team als DER Kenner technischer Geräte aller Art.
Werner Portmann Im ÜK-Team: seit 6 Jahren Werdegang/Erfahrung: 20 Jahre als Polier auf dem Bau. Ausserdem ist er der ganz grosse Tüftler des Teams. Mit seiner in Eigenregie entwickelten iPad-Applikation hat er seine gesamte Mannschaft überrascht. Das auf Excel basierende Tool hat er so nebenher entwickelt – inzwischen möchte kein ÜKLehrer mehr auf seinen iPad verzichten.
INFO Philip Renfer Im ÜK-Team: seit 5 Jahren Werdegang/Erfahrung: Tiefbauzeichner, Strassenbau-Zusatzausbildung, Polierschule, Bauführer. Ausserdem ist er das kreative Element im Team und kocht ausgezeichnet Risotto. Er war ausgiebiger Software-Tester im iPad-Projekt und findet, als Jüngster des Teams habe er gegenüber den Lernenden manchmal Vorteile. Manchmal aber auch nicht.
Rolf Theiler Im ÜK-Team: seit 2 Jahren Werdegang/Erfahrung: Strassenbauer, Vorarbeiter, Polier, Bauführer. Hat die Baufirma der Eltern übernommen. Ausserdem war er der Antriebsmotor für Werner Portmanns Programmier-Arbeiten beim iPad-Projekt. Er ist zudem Prüfungsorganisator und neuer QS-Leiter. Als Qualitätsprüfer hat er ein Buch mit allen Bauplänen und Anleitungen für die ÜK-Schulungen angelegt – er nennt den A3 grossen Wälzer selber liebevoll und ein bisschen ironisch sein «Samichlausbuch».
Überbetriebliche Kurse In den überbetrieblichen Kursen (ÜK) werden die Lernenden in die grundlegenden praktischen Fertigkeiten ihres Berufs eingeführt. Die ÜKs sind obligatorisch. Gleisbauer, Grundbauer, Pflästerer und Industrie- und Unterlagsbodenbauer absolvieren ihre überbetrieblichen Kurse zum Teil an anderen Orten.
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Wissen/Inside
Diplomfeier 2012 Bei schönstem Spätsommerwetter fand am 28. September die Diplomfeier 2012 im Restaurant Krone in Lenzburg statt. Ausgezeichnet wurden dabei die Lehrabsolventen, die diesen Sommer ihre Lehre mit der Note 5,4 oder besser abgeschlossen haben.
Stolz dürfen sie sein (v.l.n.r.): Emra h Belju lji, Luka s Wassmer, Walter Wetter, Stefa n Hoch reutener, Thomas Kleel i, Alexa nder Sipka und Richa rd Alter matt
Von Fle iss, Mut und Glück 2012: Vorstand Alle waren da an der Diplomfeier hverbandes Infra , und Geschäftsführung des Fac er, die Schullei Chefexp erte n und Prüf ung sleit nde und Partner tung, die Lehrer, die Eltern, Freu weitere geladene der Diplomanden und zahlreiche die Diplomanden Gäste. Und nicht zuletzt natürlich ballexper te Hansselber. Laudator des Abends, Fuss er Rede auf den peter Latour, brachte es in sein n Aspekten Fleiss, Punkt: Neben den drei wichtige h die gegenseiMut und Glück spielt im Leben auc Rolle. Diese wurde tige Wer tschätzung eine grosse chneten Diploan der Feier zu Ehren der ausgezei chrieben. manden auf jeden Fall gross ges
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Wissen/Inside
«Ds Füür am brönne bhaute» Ihr Erfolgsrezept: Fleiss, Mut, Glück. Das sind die Hauptaspekte, die mir zu meinen Erfolgen verholfen haben. Natürlich spielen auch die Leidenschaft und der Durchhaltewille eine Rolle. Man muss das innere Feuer am Brennen halten, und ganz wichtig ist die Wertschätzung. Deshalb macht es mir immer besonders Freude, wenn ich zu Anlässen wie dieser Diplomfeier eingeladen werde. Da meinen Teil beizutragen, das ist mir eine Ehre. Hand aufs Herz: Sie sind viel mit dem Auto unterwegs. Nerven Sie sich über die Baustellen? Ich habe natürlich nicht immer Freude, wenn ich an eine Baustelle fahre. Ich will nicht heucheln, manchmal ist es schon mühsam. Aber dadurch, dass ich auch viel im Ausland mit dem Auto unterwegs war, habe ich gelernt, die Qualität der Schweizer Strassen zu schätzen. Und das bedingt Baustellen.
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Nach seinem Auftritt stand der Erfolgstrainer dem B. Magazin Red und Antwort:
Was wollten Sie als Kind werden, wenn Sie gross sind? Natürlich hat mich Fussball schon immer am meisten interessiert. Aber zu meiner Zeit gab es noch keine Profispieler. Ich verdiente mir oft zusätzliches Sackgeld als Hilfe beim Beck oder Metzger im Dorf. Da durfte ich samstags mit auf den Markt. Das hat mir gefallen: Der Umgang mit den Menschen und natürlich das Verkaufen. Ich glaube, ich wäre ein guter Verkäufer geworden. Meine Eltern waren aber doch froh, als ich mich für eine LaborantenLehre entschied.
Herr Latour, ich glaube, mit Ihnen als Trainer würde sogar ich als nicht-fussballspielende Frau auf dem Platz eine gute Figur machen. (Lacht) Solche Feedbacks höre ich gern. Das sind Reaktionen, die ich auslösen möchte. Ich gebe immer hundert Prozent Engagement.
Ihre Talente gingen hinter dem Rasterelektronenmikroskop etwas verloren … Ich habe meine Entscheidung zur Laboranten-Ausbildung nie bereut. Es war eine gute, solide Ausbildung. Dort habe ich gelernt zu analysieren. Das hat mir später als Fussballtrainer sehr geholfen.
in Mann, ein Wort – und viele Gesten! Reden kann er, der SRFFussballexperte und Ex-Trainer Hanspeter Latour. Man hört und sieht ihm gern zu. Breiter Berner Dialekt, dazu die stahlblau blitzenden Augen und wild gestikulierende Hände. Als Laudator war er genau der Richtige, um den jungen Schulabgängern eine grosse Portion Motivation und Wertschätzung mit auf den Weg zu geben.
Hanspeter Latour im Gespräch mit Baustellen-Magazin-Chefredaktorin Sibylle Ambs.
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Wissen/Inside
Alles auf Anfang Einführungswoche für die Neuen an der Berufsfachschule in Sursee – Programm, Highlights und Eindrücke aus den Klassenzimmern und aus der Lehrlingsunterkunft.
S
ursee, Montag, 3. September, neun Uhr: Antritt zur Begrüssung im Seminarraum auf dem Campus. Der Schulalltag als angehender Verkehrswegbauer beginnt. Was ist wo, wie komme ich
da hin, und wer kann mir weiterhelfen? Viele Fragen, viele Infos: Nach dem Zimmerbezug geht’s auf den Rundgang. Der schafft Klarheit über die Lage der verschiedenen Gebäude, Schulungsräume
und Hallen. Apropos Zimmerbezug: Die Lehrlingsunterkunft ist brandneu. Wie kommt sie an?
„ Ich finde die Zimmer
„ Die Lehrlingsunterkunft
super, ein bisschen wie im Hotel. Ich spiele am Abend oft Billard oder sehe mir im Aufenthaltsraum einen Film an.”
Ma rc Siegentha ler 16, Strassenbauer, Gr enc
Vom Schlaf- ins Klassenzimmer: Neben Informatikunterricht und Allgemeinbildung gilt es erst einmal, die Hausordnung zu lernen. Abwechslung vom Schulbankdrücken und nützliche Orientierungshilfe bietet der
Die Neul in ge im Pa rapleg ikerze ntru m …
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ist genial. Die Zimmer sind wunderschön, ich habe es mir ganz anders vorgestellt. Auch das Essen ist gut, es gibt immer verschiedene Menüs zur Auswahl und dazu ein grosses Salatbuffet.” hen
Ta mao Hi mmel Wi nterthur 18, Strassenbauer,
Postenlauf über das Campus-Gelände. Die Polizei-und-Roadcross-Schulung inklusive dem anschliessenden Besuch im Para plegikerzentrum Nottwil ist aufschlussreich und stimmt nachdenklich.
… in den ÜK-Hal
len …
… und beim Postenlauf über das Schulgelände.
Wissen/Inside
GSDF (Gott sei Dank Freitag) Nach einer Woche mit viel News ist am Freitag wohl manch einer froh, wieder heim ins eigene Bett zu kommen. Auch für die Lehrerschaft bedeutet die Projektwoche jeweils viel
Logistik und einen engen Zeitplan. Bevor es ins Wochenende geht, gibt es noch einen kurzen Rückblick: Was waren die Highlights der ersten Schulwoche?
„Die Unterkunft ist etwas kahl, aber die Zimmer gefallen mir trotzdem. Den Rundgang und die Maschinenkunde fand ich am besten, ich fahre auf Baumaschinen ab.”
ler Roman K li ng att uer, Walen st ba en 17, Stra ss
„Ich hab mir die Schule strenger vorgestellt. Zuhause habe ich ein grösseres Bett, das vermisse ich hier ein bisschen. Und das Essen schmeckt daheim auch besser.” „Dass man überall nur mit dem Schlüssel hineinkommt, ist ein
bisschen wie im Gefängnis. Die Schule war okay, die Lehrer erklären die Sachen sehr gut, wenn es sein muss zwei- oder auch dreimal.”
bauer, Seewil Florian Hag i, 15, Stra ssen ssenbauer, Teu fen Valentino Barletta, 16, Stra bauer, Buchs Phi lipp Bodmer, 17, Stra ssen
„Die Zimmer sind luxusmässig. Ich habe noch Probleme mit der Orientierung hier. Beim Rollstuhlfahren in Nottwil habe ich erfahren, wie schwer der Alltag als Gehbehinderter ist. Man sollte beim Bauen mehr Rücksicht auf die Rollstuhlfahrer nehmen.”
Und dann sind da noch zwei alte Bekannte aus dem B. Magazin vom April 2012: Wie waren die ersten Tage für Moritz und Marco in Sursee?
„ Es waren sehr viele Informationen aufs Mal. Ich habe einen angenehmen Zimmergenossen bekommen, und die Lehrer sind bis jetzt überhaupt nicht streng. Mit der Hausordnung und den Regeln hier werde ich gut klarkommen.”
„Am ersten Tag war halt
er N y deg g Mor itz z li p -Bü m 23, Ber n
Marco Cre scenzi 16, Lau fen
alles neu. Ich war froh, habe ich Moritz getroffen, den ich ja schon kenne. In meiner Klasse bin ich der Jüngste. Den Parcourslauf zu Beginn fand ich gut, um den Campus kennen zu lernen. Die Unterkunft gefällt mir, abends gehe ich oft zu Fuss nach Sursee.” 03/12 B. Magazin
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Macher/firmA
steinhartes Handwerk Pflästerer sei man aus Leidenschaft, sagt Mike Hauswirth. Der Mann führt die Mike Hauswirth Natursteinarbeiten GmbH, hat drei Berufsabschlüsse und pflästert mit Herzblut.
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as noble Chalet aus dunklem Holz steht oberhalb Saanen und gehört einem französischen Geschäftsmann. Einem mit dem Auge fürs Besondere: Der Platz vor seinem Chalet soll mit einer Bogenpflästerung verschönert werden. Das Team von Mike Hauswirth ist bereits früh am Tag vor Ort. Über mangelnde Arbeit kann sich der 41-jährige Firmengründer und Inhaber nicht beklagen. Dank Kreativität und konstant hoher Qualität ist seine Arbeit in der Region gefragt. «Das Pflästerer-Handwerk ist eine rare Berufsgattung. Wir Pflästerer lieben die Arbeit mit dem natürlichen Stein, man kann mit ihm Kunstwerke vollbringen», erzählt er.
35 Tonnen Rolling Stones … In der Einfahrt zum Chalet warten 35 Tonnen Pflastersteine darauf, an ihren Platz geklopft zu werden. Aus einem Radio plärren die Rolling Stones. Mit ihrem «Satisfaction» kommen sie nur schwer gegen das Klopfen der Pflästererhämmer an. Die Stimmung im Team ist locker und
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kameradschaftlich. «Ich habe je nach Saison acht bis zehn Mitarbeiter», so Mike. «Das ist für mich die oberste Grenze, ich möchte nicht grösser werden. Weniger ist manchmal mehr.» … und eine Woche Costa Brava Sein Unternehmen konnte dieses Jahr das 10-Jahre-Jubiläum feiern. «Ich habe das ganze Team für eine Woche nach Spanien an die Costa Brava eingeladen. Das hat allen Spass gemacht.» Der gelernte Landschaftsgärtner hat nach dem Lehrabschluss die Ausbildung zum Pflästerer absolviert. An der Vorarbeiterschule in Sursee lernte er zudem viel über den Strassenbau. Darum legte er gleich auch die Prüfung zum Strassenbauer ab. Mike Hauswirth ist ausgebildeter Polier und Bauführer. Ein kompetenter Chef, der sein Handwerk versteht. «Der Pflästerer ist ein Handwerker im wörtlichen Sinn. Wir bearbeiten die Steine von Hand, Maschinen kommen nur selten zum Einsatz.
Das braucht neben einer guten Ausbildung auch jahrelange Übung», erzählt er. «Ich möchte die Faszination der Arbeit mit Natursteinen weitergeben. Darum ist klar, dass wir in unserem Unternehmen Lehrlinge ausbilden.» Aus China oder aus der Saane «Ich versuche, meine Kunden für Schweizer Steine zu begeistern. Die sind zwar etwas teurer als die chinesischen, dafür weiss ich, unter welchen Bedingungen sie gewonnen wurden.» Pflastersteine kommen heute aus der ganzen Welt. Es gibt solche aus der Türkei, aus Deutschland oder eben aus Ostasien. Es kann aber auch sein, dass der Chef oder einer seiner Angestellten das Bachbett der Saane nach geeigneten Natursteinen durchforstet. Daraus entsteht dann eine «Saane-Pflästerung». Dafür werden die vom Wasser rund geschliffenen Steine hochkant verlegt. Eine äusserst dekorative Pflästerung – für Stöckelschuhe allerdings nicht geeignet.
Macher/firmA
Die Steinfl端sterer aus dem Saanenland: Mike Hauswirth (vorne, Mitte) mit seinem Team.
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Macher/Beruf
LÓpez übernimmt die Führung Von Salamanca nach Sursee: Wie der gebürtige Spanier Alberto López vom Strassenbauer zum Bauführer wurde, der gern mit dem Velo unterwegs ist und sich manchmal als Baustellen-Psychologe fühlt.
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er Tiefbau stecke voller Überraschungen, sagt Alberto López. Er muss es wissen, denn er ist diplomierter Bauführer Tiefbau bei der Landis Bau AG in Zug. Der charmante spanische Akzent verrät auch nach 20 Jahren in der Schweiz seine Herkunft. Denn genau so lange ist es her, seit er seine Heimatstadt Salamanca nordwestlich von Madrid in Richtung Sursee verlassen hat, um Strassenbauer zu werden.
Jugendlicher Leichtsinn und ab in die schweiz Für Strassen hat sich Alberto López schon als kleiner Junge interessiert. Dass er es eines Tages bis zum Bauführer schaffen würde, hätte er trotzdem nicht gedacht. «In Spanien machte ich das Gymnasium. Drei Monate vor der Matur brach ich die Schule ab», erzählt er. «Heute schüttle ich natürlich den Kopf über mein Verhalten, aber damals war ich jung und leichtsinnig und wollte das Leben geniessen.» Schule abgebrochen, keine Matur, kein Plan –
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was nun? «Mein älterer Bruder Raoul lebte damals bereits seit zehn Jahren in der Schweiz. Auf der spanischen Botschaft wurde er auf ein Angebot aus Sursee aufmerksam.» Der Verband Schweizerischer Strassenbauunternehmer (siehe Infobox) suchte in Zusammenarbeit mit den spanischen Behörden Nachwuchs für den Strassenbau. «Das war meine Chance auf eine Ausbildung, eigenes Geld und Selbständigkeit. Ich zögerte nicht und stieg zusammen mit 20 weiteren Spaniern in den Bus Richtung Schweiz.»
Rotkreuz, das ihm sein damaliger Arbeitgeber, die Cellere AG, zur Verfügung stellte. «Dort war ich aber nur unter der Woche, die Wochenenden verbrachte ich bei meinem Bruder Raoul.» Kein leichter Start. «Für mich war nicht nur die Sprache neu, auch die Mentalität in der Schweiz ist ganz anders als in Spanien», erinnert sich Alberto. «Ich spielte Fussball in einem Team mit anderen Spaniern und lernte so Leute kennen. Später fand ich zudem durch meinen Beruf Freunde – auch solche aus der Schweiz.»
Neue Sprache, neue Mentalität, neue Chancen Während des ersten Jahres wurden die angehenden Strassenbau-Lernenden in verschiedene Firmen platziert. In zweiwöchigen Blockkursen in Sursee lernten sie Deutsch und wurden auf die Ausbildung vorbereitet. «Ich war bei Stephan Wyss im Unterricht. Er konnte ausgezeichnet Spanisch, das war gut für uns.» Alberto López wohnte in einem Zimmer in
Frau, Kinder und Karriere Nach Ende der Ausbildung zum Strassenbauer ruhte sich Alberto aber nicht auf den Lorbeeren aus. Er besuchte die Vorarbeiterschule und liess sich zum Polier ausbilden. «Einer der grossen Vorteile des Bildungssystems in der Schweiz sind die Weiterbildungsmöglichkeiten. Wer das Zeug für mehr hat, muss nicht ein Leben lang Strassenbauer bleiben. Im Gegensatz zu meinem Heimatland Spanien hat
Macher/beruf
Macher/Beruf
u ss man n g e n m u a Β f hu “ Im Tie Β e r rasc Ü it m r e ll im m e n d sch n n n e n .” u n e n h kö r ec ag ie r e n e r f u a r da
López der Motivator: Adrian Arifi (links) fing mit 15 Jahren als Hilfsarbeiter bei der Landis an. Inzwischen hat er die Lehre als Strassenbauer sowie die Vorarbeiterschule abgeschlossen. Bald fängt er mit der Polierausbildung an. «Albertos Argumente haben mich überzeugt.»
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man hier die Chance, nach oben zu kommen, wenn man will.» López wollte. Denn inzwischen hatte er auch Familie: Seine Frau, eine Schweizerin, ist Primarlehrerin, zusammen haben sie zwei Kinder. Mit seiner Frau spricht Alberto Spanisch. «Wir haben uns so kennen gelernt. Es wäre jetzt irgendwie komisch, wenn wir uns plötzlich auf Deutsch unterhalten würden.» Auch wenn er damit inzwischen keine Probleme mehr hat. Mit seinen zwei Kindern spricht López Spanisch. «Ich möchte, dass sie meine Wurzeln verstehen und einen Bezug zu meiner Heimat haben.»
führer musste her – Alberto López war zur Stelle und absolvierte die Bauführer-Ausbildung. «Die Landis hat mich während der Ausbildung zum Bauführer von Anfang an unterstützt. Ich war für vier Ausbildungsmodule jeweils während drei Monaten ganztägig an der Schule in Sursee.» Zum Glück wohnt López in der Nähe, so konnte er abends nach Hause und Zeit mit seiner Familie verbringen. «Die Ausbildung war nicht einfach, und für mich kamen Sprachprobleme dazu. Aber ich habe es geschafft – und wenn ich das kann, kann es jeder», meint Alberto augenzwinkernd.
Bauführer gesucht 2003 wechselte Alberto López als Polier von der Marti AG zur Landis Bau AG in Zug. Das Familienunternehmen rund um Inhaber und Verwaltungsratspräsident Karl Rust feierte 2009 sein 250-jähriges Bestehen. Der Bereich Tief- und Strassenbau unter der Leitung von Jürg Pfiffner als einzigem Bauführer gelangte 2007 an seine Kapazitätsgrenzen. Ein zweiter Bau-
Kein 8-bis-5-Uhr-Job «Als Alberto bei uns anfing, sah er nur schwarz», erinnert sich Spartenleiter Jürg Pfiffner lachend. Wieso schwarz? «Er war Strassenbauer durch und durch, die sehen alles schwarz. Bei der Landis machen wir aber viele Aufträge gemeinsam mit der Hochbauabteilung, da muss man umdenken.» Und so lernte Alberto López, nicht nur schwarz zu sehen, sondern auch grau
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Alberto López mit Werkstattchef Roland Henggeler: Diesen Dumper kann er bald wieder einsetzen.
(Hochbau) und sogar grün (Umgebungsgestaltung). «Neben der Vielseitigkeit ist die Ungewissheit eine grosse Herausforderung im Tiefbau: Du weisst nie, was dich erwartet», erzählt López. «Natürlich kannst du vorher alles ausmessen und berechnen und Bodenproben nehmen. Aber die Wahrheit kommt erst beim Aushub an den Tag. Oft müssen wir unsere ursprünglichen Pläne über den Haufen werfen und von vorn beginnen.» Flexibel muss man also sein. «Als Bauführer bin ich verantwortlich für den Materialeinkauf, muss die Termine einhalten, das Budget im Griff haben, die Arbeiter einteilen, auf die Sicherheitsrichtlinien achten und nicht zuletzt die Abrechnungen machen. Ich bin also auch Einkäufer, Buchhalter und Personalchef.» Und manchmal sogar ein bisschen Psychologe. Beispielsweise ist er bei Wind und Wetter der Erste auf der Baustelle. «Für ein motiviertes Team musst du mit gutem Beispiel vorangehen. Ich erwarte von meinen Leuten nichts, was ich nicht auch selbst tun würde.»
Mit dem Velo auf die Baustelle «Als Bauführer fehlte mir die körperliche Arbeit. Am Abend fragte ich mich: Alberto, was hast du gemacht? Aber inzwischen habe ich mich daran gewöhnt. Dennoch gehe ich täglich auf meine Baustellen, um nach dem Rechten zu sehen.» Das sind bis zu sieben verschiedene Baustellen in der Stadt Zug und Umgebung. Bei der Landis überlegt man sich zurzeit die Anschaffung einiger Fahrräder für die Bauführer. «Wenn ich mit dem Velo zu den Baustellen fahren könnte, würde ich viel Zeit und einiges an Parkbussen sparen. Hier in Zug wäre das die optimale Lösung für uns.» Auch privat setzt sich López im Sommer nach Feierabend oft auf sein Rennvelo. «Ich brauche die Bewegung, um nach der Arbeit den Kopf frei zu bekommen und einen körper lichen Ausgleich zu schaffen.»
INFO Das Spanien-Projekt Stephan Wyss ist heute noch Lehrer für allgemeinbildenden Unterricht an der Berufsfachschule in Sursee. Vor 20 Jahren übernahm er die Leitung des SpanienProjektes. Es sah vor, Gastarbeitern aus Spanien eine Ausbildung im Strassenbau zu ermöglichen. Stephan Wyss reiste ins spanische Granada, um die Sprache zu lernen. Später bereiste er das Land noch mehrmals. In der Schweiz betreute er die Lernenden in Sursee: «Ich unterrichtete die neuen Lernenden aus Spanien in Deutsch. Alberto López war Klassenbester, nicht zuletzt dank seiner guten Ausbildung in Spanien.»
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LehrStelle/Weiterbildung
Alles eine Frage des Geldes? Schule fertig, Lehrstelle gefunden, endlich eigener Lohn. Das B. Magazin sprach mit zwei Lehrlingsverantwortlichen über die Gehälter in der Stifti – und was darüber hinaus zählt. ” E s is t w ic h t ig n ic h t n u r m it , L e r n e n d e A n r e iz e n z u m f in a n z ie l l e n o t iv ie r e n .”
Roge r Haus er rlingsbetreuer Technischer Leiter/Leh Cellere AG, Aarau Wie gut verdient man als Lehrling bei der Cellere AG? Unsere Löhne richten sich nach den Vorgaben des Baumeisterverbandes. Für Lernende in der Zusatzausbildung, die ja meist etwas älter sind und gewisse Berufserfahrungen mitbringen oder teilweise bereits Familie haben, wird die Situation individuell angeschaut und der Lohn entsprechend definiert. Lohn ist nur ein Aspekt, auf welche weiteren Anreize zählen Sie? Richtig, der Lohn ist nicht das Wichtigste. Unsere Firma ist ein Familienunternehmen, wir legen deshalb grossen Wert auf guten Zusammenhalt und zufriedene Mitarbeiter. Wir übernehmen für unsere Lehrlinge beispielsweise die Reisespesen an die Berufsfachschule in Sursee und die Kosten für das gesamte Schul mate rial. Die Lernenden bekommen eine Strassenbauerkiste sowie Berufskleidung und Schuhe. Auch der Transport zu den Baustellen in der Region wird von uns organisiert. Wie organisieren Sie die Betreuung der Lernenden im Betrieb? Wir achten darauf, dass unsere Lernenden wenn möglich während der gesamten Dauer der Lehre dem gleichen Polier unterstellt sind. Das ermöglicht uns einerseits eine bessere Beurteilung seiner Leistungen aufgrund der Berichte des Poliers, und der Lernende andererseits hat während seiner gesamten Ausbildung ein und dieselbe Ansprechperson, zu der er ein Vertrauensverhältnis aufbauen kann. Cellere AG Herzogstrasse 41, 5001 Aarau www.cellere.ch Anzahl Lernende: 2 bis 3 pro Lehrjahr
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Ku rt Schü pbach ehrlingsKaufmännischer Leiter/L AG verantwortlicher Brossi Nach welchen Richtlinien werden die Lehrlingslöhne der Brossi AG berechnet? Auch wir bei der Brossi AG richten uns nach den Vorgaben des kantonalen Baumeisterverbandes. Anstelle von finanziellen Anreizen bieten wir unseren Lernenden zahlreiche andere Möglichkeiten. Was bieten sie ihren Lernenden? Alle Lernenden bei uns profitieren von drei- bis fünftägigen internen Schulungen. Diese führt Brossi jährlich auf dem Werkhof durch. Daran nehmen die Lernenden aller Lehrjahre gemeinsam teil. Zudem dürfen unsere Lernenden während ihrer Ausbildung ein bis zwei Zusatzwochen besuchen – beispielsweise Pflästerer oder Trockenmaurer. Wir halten auch immer Ausschau nach Nachwuchstalenten, die Interesse an einer Weiterbildung zum Vorarbeiter, Polier oder gar Bauführer haben. Beschäftigt Brossi ihre Lernenden nach Abschluss der Ausbildung weiter? Wir sind immer auf der Suche nach motivierten Mitarbeitern, die ihre Arbeit gern und gut machen. Bei gutem Lehrverlauf und wenn die Chemie stimmt, beschäftigen wir die Lernenden weiter. Die Qualität der Bewerbungen, die Vorkenntnisse der Bewerber und die Identifizierung mit dem gewünschten Beruf sind enorm angestiegen. Bei der Brossi AG gab es noch nie einen Lehrabbruch im Bereich Strassenbauer – das spricht für die Branche, für die Mitarbeiter und auch für unsere Firma.
Brossi AG Wülflingerstrasse 285, 8408 Winterthur www.brossi.ch Anzahl Lernende: 1 pro Lehrjahr
LehrStelle/Weiterbildung
Aha-Erlebnis für Berufsberater «Verkehrswegbauer hautnah» – das Motto war Pflicht an der Informationsveranstaltung für Berufsbildner aus der ganzen Schweiz. Im September pilgerten 22 Berufsberater an die Berufsfachschule Verkehrswegbauer nach Sursee. Sie erhielten hautnahe Einblicke in die Arbeiten in den Hallen und den Klassenzimmern der Strassen-, Grund- und Gleisbauer sowie der Industrie- und Unterlagsbodenbauer. Dominik Studer, Berufsinspektor aus Solothurn, war nicht das erste Mal in Sursee: «Als Verantwortlicher
für die Bauberufe setzte ich mich mit der Branche auseinander. Es ist wichtig, die Kontaktpersonen hier zu kennen.» So ist er gerüstet für die Gespräche mit Firmen und Lernenden. Brigitte Rodel, Berufs- und Studienberaterin aus Stans, ist gekommen, um sich zu informieren. «Ich möchte mir ein eigenes Bild über das Berufsfeld Verkehrswegbauer machen. So kann ich künftig mit konkreten Argumenten für die verschiedenen Berufsrichtungen an Lehrstellensuchende herantreten.»
Tipps vom Berufsberater
Ri char d He fti d Berufs-, Studien- un dorf Ur in Laufbahnberater
Geld und Prestige sollten nicht ausschlaggebend sein Auf der Suche nach einer passenden Lehrstelle solltest du vor allem darauf achten, welcher Beruf am besten zu dir, deiner Persönlichkeit und deinen Fähigkeiten und Talenten passt. Verdienstmöglichkeit und Prestige sollten dabei eine untergeordnete Rolle spielen.
suchen + Finden = Bauberufe.ch
Handwerk ist Gold wert Das Bildungssystem in der Schweiz bietet jedem Schulabgänger ausgezeichnete Möglichkeiten. Es braucht nicht zwingend einen Uni-Abschluss, um später einen guten Job zu bekommen. Gefragt sind vor allem Fachkräfte, die ihr Handwerk von der Pike auf gelernt haben. Beispielsweise in einer Lehre im Strassenbau. Im Anschluss daran hast du viele Weiterbildungsmöglichkeiten bis zum Baumeister oder Ingenieur. Durch deine praktischen Erfahrungen während deiner Lehre wirst du so zu einer wertvollen Führungskraft, die ihr Handwerk versteht.
LINK
www.berufsberatung.zh.ch
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Technik
Ganz schön schräg Am Hang sind sie gefragt. Die Spezialmaschinen für Damm- und Deponiebau von Walo Bertschinger AG sind auf der ganzen Welt im Einsatz. Im vergangenen Herbst in Posieux in der Schweiz.
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technik
Der Fertiger wird mit dem Nachlader beschickt. In die Böschung können bis zu 1000 Tonnen Asphalt pro Tag eingebaut werden.
Der Maschinist des Fertigers steht per Funk in ständigem Kontakt mit dem Kollegen im Fertigerwindenwagen.
Alle Böschungsgeräte sind auf eine Neigung von maximal 1:1,5 ausgerichtet. Die Sitze können der Neigung angepasst werden.
Die Asphaltarbeiten in der Deponie Châtillon in Posieux dauerten einen Monat.
Die Spezialmaschinen und das Personal des Damm- und Deponiebaus von Walo sind in ganz Europa und sogar in China unterwegs.
INFO
Auf der Krone steht der Fertigerwindenwagen, von dessen Kabine aus unter anderem die Walzenwinde und der Nachlader gesteuert werden. Die Maschine steht auf 4 Raupen, das gesamte Gerät ist 80 Tonnen schwer.
PRISKA MÜLLER, DIPL. BAU-ING. ETH, ERKLÄRT DIE BAUSTELLE: Bei der Erweiterung der Deponie Châtillon in Posieux im Kanton Freiburg hatte die Firma Walo Bertschinger AG als Subunternehmer den Auftrag für das Asphaltgeschäft. Die Böschungsfläche beläuft sich auf 4300 m2, die Sohlenfläche auf 2300 m2, die Neigung beträgt 1:1,5 respektive 66,6% respektive 33,7 Grad, was das Maximum für unsere Maschinen ist. Für die Montage und die Demontage des Walzenwindenwagens benötigten wir je einen Tag.
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Freizeit/Portrait
Scharfes Hobby, Stefan Im Sommer lässt Stefan Kurzen Grashalme über die Klinge seiner Sägesse springen – wettkampfmässig.
Zeigen, was man hat: Stefan präsentiert stolz Kranz und Medaille.
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Z
Präsident des Berner Handmähvereins und mehrfacher Kranzträger. Auch Stefans beide jüngere Brüder Mario und Reto mischen in der HandmäherSzene mit.
Gras, aber kein Fussball Handmähen? Sobald man auf dem Hof von Stefan Kurzens Eltern oberhalb von Frutigen steht, versteht man die Sache. Steile Hänge, grüne Wiesen, enge Strässchen. «Hier oben ist Handmähen ein naheliegendes Hobby. Fussballspielen ist etwas schwierig, es ist überall steil und hat wenig ebene Flächen», erklärt Stefan. «Viele meiner Wettkampfkollegen sind Landwirte. Früher wurde hier alles von Hand gemäht, daraus hat sich die Sportart entwickelt.» Der 19-jährige Strassenbauer-Lehrling betreibt sein Hobby seit sieben Jahren wettkampfmässig. Das hat Tradition in der Familie Kurzen: Stefans Vater ist
Mit Köpfchen und scharfer Klinge «Mein grösster Erfolg bis jetzt war der Vize-Schweizer-Meister-Titel in der Jugend-Kategorie.» Inzwischen mäht Stefan bei den Herren. In dieser Kategorie muss er sich seine Sporen noch verdienen, denn hier mähen die Besten mit. Einer der Ältesten auf dem Wettkampfplatz ist über 85 Jahre alt. Muss man besonders fit sein, um die Sense zu schwingen? «Eine gute Kondition hilft natürlich», meint Stefan. «Bauchund Beinmuskulatur werden sehr beansprucht. Aber vieles ist auch eine Frage der Technik. Man muss den richtigen Schwung haben.» Und natürlich das richtige Material: Die Sense besteht aus dem Holm (Holzgriff) und dem Schwert (Klinge). Das Schwert ist bis zu 135 Zentimeter lang. Jeder Mäher präpariert seine Sense nach individuellem Gutdünken. Hier wird die Spitze etwas gebogen, da wird ein zusätzlicher Griff am Holm befestigt. Regeln gibt es diesbezüglich keine. «Hauptsache, die Sägesse ist nicht motorisiert.»
ugegeben, beim Anblick einer Sense – auf Schweizerdeutsch: Sägesse – kommt einem spontan nicht unbedingt eine Sportart in den Sinn. Es erscheinen eher Bilder von Bauern auf dem Feld oder vom Sensenmann mit der Kapuze über dem Schädel. Doch mit diesem hat Stefan Kurzen aus Achseten im Berner Oberland herzlich wenig zu tun. In seinen stahlblauen Augen leuchten Schalk und Leidenschaft, wenn der angehende Strassenbauer in seinem breiten Oberländer-Dialekt von seinem Hobby, dem Handmähen, erzählt.
Freizeit/Portrait
Mit der Dengelmaschine wird das Metall der Klinge gepresst. Je dünner, desto schärfer kann es geschliffen werden.
Der letzte Schliff Vor und nach jedem Wettkampf wetzt Stefan seine Sense mit dem Schleifstein. Dieser wird zuerst benetzt. Danach fährt Stefan mit dem Stein dem Schwert entlang, bis es rasiermesserscharf ist. Sieht gefährlich aus … «Unfälle passieren selten. Ich bin einmal ausgerutscht und habe mich in den Daumen geschnitten. Der Arzt hat mir nicht geglaubt, dass der Schnitt, der bis auf den Knochen ging, von einer Sense stammt. So messerscharf und sauber, wie mit dem Skalpell gezogen.» Trotz Verletzung schaffte es Stefan in jener Saison bei der Schweizer Meisterschaft auf den zweiten Platz. «Tängele» statt trainieren Um ein derart scharfes Schwert zu erhalten, muss das Metall der Klinge dünn sein. Beim Mähen dehnt sich dieses aus und wird stumpf – Zeit, das Schwert zu dengeln (Schweizerdeutsch: tängele). «Das gehört nicht gerade zu meinen Lieblingsbeschäftigungen», grinst Stefan, während er die Dengelmaschine aus der Garage holt. Na, wenigstens
INFO
Handmähen kurz erklärt: Beim Handmähen geht es darum, eine bestimmte Fläche (Mahd) möglichst schnell und sauber zu mähen. Gemäht wird mit der Sense. Der Mäher bestimmt die Breite der Mahd selber, ihre Länge ist bei den Herren maximal 45 Meter. Zeit und gemähte Fläche
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kann man das Teil aufstellen, wo man möchte – und während die Metallbacken der Maschine das Metall des Schwertes platt drücken, geniesst Stefan die Aussicht ins gegenüberliegende Tal. Der DengelVorgang muss bis zu sechsmal über die ganze Länge der Klinge wiederholt werden. So wird die Sense für den Wettkampf präpariert. Und wie sehen Stefans persönliche Turniervorbereitungen aus? «Ein Training im eigentlichen Sinn gibt es nicht. Wenn es etwas zu mähen gibt, packe ich mit an. Ansonsten gehe ich einfach an die Wettkämpfe – das sind insgesamt vier in der Schweiz, verteilt über den Sommer.» Am Abend vor dem Wettkampf kein Fondue, ansonsten geht er es locker an. Im Winter fährt Stefan Ski. Auch seine Arbeit als Strassenbauer hilft: «Die körperliche Arbeit hält mich fit. Ich wollte von Anfang an einen handwerklichen Beruf. Nach meiner Ausbildung als Strassenbauer werde ich vielleicht die Vorarbeiterschule machen.» Als Bauführer im Büro sieht sich Stefan weniger: «Ich brauche viel frische Luft und möchte darum möglichst oft draussen sein.»
ergeben die Punktzahl. Für unsauberes Mähen oder schräge Ränder gibt es Strafpunkte. In der Schweiz gibt es Wettkämpfe in Frutigen, Rothenthurm, Herisau und L’Etivaz. Die Resultate aus den drei Deutschschweizer Wettkämpfen ergeben den Schweizer Meister. Weitere Infos: www.handmaehen.ch
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STRASSENBAUERIN/ STRASSENBAUER EIN BERUF FÜR DICH?
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Ausfahrt
Quizfrage
Schau genau!
Weihnachtsgrüsse & Frühlingsgefühle Das ganze Team des B. Magazins wünscht allen frohe Festtage und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Bis im Frühling Hals- und Beinbruch unter dem Motto: Viel Sonne und Pulver gut! Alles neu macht übrigens nicht erst der Mai, das nächste B. Magazin erscheint im April 2013.
Auf welcher Seite ist der oben gezeigte Bildausschnitt? Schick deine Antwort bis 15. Februar 2013 an baustelle@verkehrswegbauer.ch. Mit etwas Glück gewinnst du bei der Verlosung ein Hoodie und ein T-Shirt. Shirt und Hoodie für Ariane Das B. Magazin gratuliert der Gewinnerin Ariane Hänggi aus Büsserach. Sie wusste die richtige Antwort auf das Quiz in der September-Ausgabe und hatte das nötige Glück. Ein Hoodie und ein T-Shirt im Strassenbauer-Look gehören ihr.
3 Dinge …
Impressum Herausgeber:
Berufsfachschule Verkehrswegbauer Postfach 6210 Sursee Tel. 041 922 26 26 info@verkehrswegbauer.ch www.verkehrswegbauer.ch
Redaktion und Inserate:
… die man (nicht) unbedingt wissen muss:
Fachverband Infra Weinbergstrasse 49 Postfach 8042 Zürich Tel. 044 258 84 92 baustelle@verkehrswegbauer.ch
Redaktionskonzept und Text: Sibylle Ambs-Keller, Leitung/Text – www.die-textwerkstatt.ch
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Gestaltung/Layout: Eclipse Studios – www.eclipsestudios.ch
Fotos: Ameisen fallen immer nach rechts um, wenn sie vergiftet werden.
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Wenn man eine Briefmarke anleckt, nimmt man etwa eine Viertelkalorie zu sich.
Stefan Schaufelberger – www.stefan-schaufelberger.com Markus Senn – www.markussenn.ch Andrin Winteler – www.buerobureau.com Ben Zurbriggen – www.ben-zurbriggen.ch
Druck: Druckerei Baldegger – www.baldegger.ch
Auflage: Kermit der Frosch ist Linkshänder.
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3 Fragen zum Schluss 01
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Hochsommer – wie schützt du dich vor Sonne und Hitze auf der Baustelle? Regen ohne Ende – wie hältst du dich trocken bis zum Feierabend?
03 Arbeitsbeginn um 6 Uhr
früh – wie kommst du am schnellsten aus den Federn?
Die drei besten Tipps werden im nächsten Baustellen-Magazin abgedruckt. Mach mit – sende deinen Tipp an: baustelle@verkehrswegbauer.ch
www.ich-will-strassenbauer-werden.ch
www.verkehrswegbauer.ch