B.
#01/13 April 2013
Baustelle.
das magazin für Verkehrswegbauer
Mister Strassenbauer
100% Walliser
Auf gutem Weg
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Was macht den perfekten Strassenbauer, die perfekte Strassenbauerin aus? Das B. Magazin hat nachgefragt.
Ivo Brantschen ist der Mann für Grossprojekte: In «seinem» Wallis war der Polier schon auf vielen Baustellen.
Warum die EBA-Ausbildung für Gabriele Zecca und Fatos Hamiti ein Volltreffer ist.
Wegbereiter hilft r Lehrmeister
De üfungsauch bei der Pr vorbereitung
bauberufe.ch Fotografie: www.stefan-schaufelberger.com Agentur:
Inhalt
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Rund um Visp Die Südumfahrung der A 9 in Visp ist die grösste Baustelle im Wallis. Ein Teilstück ist der gedeckte Einschnitt in Turtmann.
Einsatz/News
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Macher/Firma
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Technik
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Freizeit/Portrait
Bob der Baumeister? Bob war nicht da, das B. Magazin schon: An der Baumaschinenmesse in Luzern wurden Bubenträume wahr.
Wissen/Schule
PolePosition Mit der EBA-Ausbildung sichern sich Fatos und Gabriele einen optimalen Start in ihre berufliche Zukunft.
Wissen/Inside
auf dem Prüfstand Nicht nur die Lernenden, auch die Experten stecken mitten in der Prüfungsvorbereitung.
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Es bleibt in der Familie Ueli Weber führt das Familienunternehmen in der dritten Generation. Mit Leidenschaft und Gitarrensound.
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Mister Big Gross, grösser, Caterpillar! Der CAT 992K ist der grösste Pneulader der Schweiz. Ein paar Bilder und Fakten.
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Zu-ga-be! Strassenbauer Sven liebt die Bühne. Im Gesangsunterricht lernt er nicht nur, den richtigen Ton zu treffen. 01/13 B. Magazin
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Einsatz/News
Der perfekte Strassenbauer
Umf
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Wer ist der beste? Das B. Magazin hat sich umgehört bei den Lernenden und den Chefs auf den Baustellen. So muss ein Strassenbauer sein:
«Ein guter Strassenbauer muss alle Arbeiten beherrschen: Belag, Planie, Werkleitungsbau. Er ist robust und wetterfest. Zudem sollte er motiviert und teamfähig sein.»
«Zuverlässig,
motiviert, pünktlich, innovativ, einsatzfreudig.» Sandro Rimini, dipl. Bauführer, Keller-Frei AG
Ilario Faoro, in der Zusatzausbildung zum Strassenbauer
«Gutes Know-how ist Voraussetzung. Er muss Spass an den Naturmaterialien haben: Stein, Erde, Humus. Freude und Verständnis für Maschinen hilft sicher auch.» Giuseppe Salpietro, Verkaufsberater, Eberhard Bau AG
«Ein guter Strassenbauer muss gerne draussen arbeiten. Er liebt Teamarbeit und ist stolz auf seinen Beruf.» Daniel Traxel, Spartenleiter Tief- und Strassenbau, Marti AG
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Und wie immer freut sich die Redaktion des B. Magazins über dein Feedback auch per Mail: baustelle@verkehrswegbauer.ch
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Einsatz/News
Mit Volldampf in die Lehre Zack – Lehrstelle da! Der Lehrstellenexpress von login schafft ein Bewerbungsverfahren für Gleisbau-Lernende im Schnellzugstempo. Diese Innovation ist einen Infra-Preis wert.
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extrem verkürzte Verfahren hat zudem den Vorteil, dass die Jugendlichen sofort wissen, ob sie die Lehrstelle haben.
Das neue, zusätzliche Bewerbungsverfahren für Gleisbauerinnen oder Gleisbauer von login gibt Vollgas: Eignungstest, Schnupperlehre, Bewerbungsgespräch und sogar medizinische Abklärungen – das alles in nur fünf (5!) Tagen! Dieses
Traumjob last minute Also, angehende Gleisbauer, aufgepasst: Wer noch keine Lehrstelle hat, ab auf www.login.org/ lehrstellen express – kaum beworben und geschnuppert, weisst du innerhalb einer Woche, ob deine Zukunft als Gleisbauer wahr wird.
it dem Lehrstellenexpress hat die login Berufsbildung den Fachverband Infra überzeugt und räumt den diesjährigen Infra-Preis für besondere Leistungen zur Pflege des Images des Infrastrukturbaus ab.
Im Baumaschinenhimmel
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m Februar fand die einzige Baumaschinen-Messe der Schweiz in diesem Jahr statt. Auf der Allmend in Luzern wurden Bubenträume wahr: An der BAUMAG waren in vier Hallen, einem Zelt und auf dem Demo- und Freigelände fette Teile, spektakuläre Demonstrationen und heisse Wettkämpfe zu bestaunen.
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Einsatz/Report
Einschnitt im Wallis Die A 9 von Visp bis Siders: Der grosse Walliser Autobahntraum besteht aus vielen Teilbaustellen. Das B. Magazin war vor Ort beim gedeckten Einschnitt in Turtmann.
Einsatz/Report
Mondlandschaft: Um den Boden zwischen den Spundwänden zu stabilisieren, wurde Zement hineingepumpt.
Millionenprojektes ist der gedeckte Einschnitt in Turtmann. Hier werden die Autos künftig westlich des Baches Turtmänna bis östlich des Bahnhofs Turtmann eine Etage tiefer fahren. Der 1350 Meter lange gedeckte Autobahntunnel besteht aus zwei richtungsgetrennten Röhren. Die Einfahrtsbereiche Ost und West wurden bereits 2005 erstellt, das Stück dazwischen ist in sechs verschiedene Baugruben unterteilt. Die Arbeiten in der Baugrube «Vaparoit» sind in vollem Gang.
Chef bauleiter Daniel Fryand (l.), Polier Ivo Brantschen (M.) und Rolf Schaller, örtlicher Bauleiter
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s ist eisig kalt an diesem Wintermorgen in Turtmann im südlichen Rhonetal. Trotz Minus temperaturen wird gebaut – eine der grössten und vielfältigsten Autobahnbaustellen im Oberwallis steht auch im Winter nicht still. Der Ausbau der A 9 geht über 31,8 Kilometer und verbindet künftig das Ober- mit dem Unterwallis. Ein Teilstück dieses
Ein Lebenswerk auf schwierigem Terrain Ivo Brantschen ist Polier der Arbeitsgemeinschaft und seit Baubeginn vor Ort. «Der gedeckte Einschnitt Turtmann ist ein spannendes Projekt – man baut wahrscheinlich nur einmal im Leben eine Autobahn», meint der gelernte Maurer. Ein spannendes, aber nicht unproblematisches Projekt: Seit Baubeginn mussten einige Projektänderungen vorgenommen werden. Neben geologischen Schwierigkeiten galt es auch, Vorschriften und Normen, die sich mit den Jahren geändert hatten, anzupassen. Grosse Baustelle – viele Herausforderungen! «Wegen des schwierigen Terrains kam
Einsatz/Report
Eisenleger Thomas Brigger aus Staldenried ist seit 35 Jahren auf dem Beruf. Die Kälte kann ihm nichts anhaben: «Man muss sich halt ein bisschen mehr bewegen.»
es zu ausserplanmässigen Setzungen. Der Boden verhielt sich nicht wie angenommen», erzählt Rolf Schaller, örtlicher Bauleiter. «Dies führte zu einem Baustopp von einem Jahr – eine aussergewöhnliche Situation!» Da das gesamte Bauwerk im Grundwasser liegt, wurden über das Trassee mehrere Spundwandkästen eingebaut. Die Spundbohlen werden bis zu 31 Meter tief in den Boden gerammt. Wegen der schwierigen Bodenbeschaffenheit werden die Wände seitlich zusätzlich mit bis zu 34 Meter langen Ankern stabilisiert. Zudem wurde vorgängig eine so genannte Jettingsohle eingebaut. Dabei pumpte eine Spezialmaschine unter grossem Druck Zement in den Boden. Dieser Zement in der Tiefe stabilisiert das Erdreich zwischen den Wänden.
Anschliessend werden das Sohlgewölbe, also der Tunnelboden, die Mittelwand und das Gewölbe sowie die Kabelkanaldecke erstellt. Dafür brauchen wir eine Woche», erklärt Polier Brantschen. Der gesamte Einschnitt besteht aus 111 Etappen. Die Tagbautunnel-Baustelle befindet sich knapp 20 Meter neben den SBB-Gleisen. Auf der anderen Seite befindet sich das Industriequartier, und weiter hinten ist der inzwischen stillgelegte Militärflugplatz. Hochspannungsleitungen und ein Flüsschen, die Turtmänna, stellen weitere Herausforderungen dar: Wegen der Leitungen darf sich der Kranarm auf der Baustelle nicht im 360-Grad-Radius drehen, sondern blockiert jeweils in der Position parallel zu den Gleisen. Zudem quert der Fluss Turtmänna das Bauwerk und muss vorübergehend umgeleitet werden.
INFO
Zahlen und Fakten «Gedeckter Einschnitt Turtmann» Bauzeit:
2004 bis 2014 Innenausbau:
2015 bis 2016 Länge Tunnelröhren:
je 1350 Meter
Breite Tunnelröhren:
je 10,2 Meter
Fahrbahn bis Tunneldecke:
mindestens 4,5 Meter
Bahnlinie, Hochspannung und die Turtmänna Inzwischen kommen die Arbeiten gut voran: «In einer Etappe von 12,5 Meter Länge wird ein Unterlagsbeton eingebracht. 01/13 B. Magazin
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Die Armierungseisen sorgen f端r die Sicherheit des Bauwerks. 9000 Tonnen Armierung werden beim gedeckten Einschnitt in Turtmann verarbeitet.
Einsatz/Report
Unterlagsbetoneinbau: Auf der Baustelle arbeiten zahlreiche Firmen Hand in Hand, total sind zwischen 50 und 60 Arbeiter verschiedenster Nationalität auf dem Platz.
Timing, Teamwork und Temperaturen Als federführende Firma der Arbeitsgemeinschaft fungiert Prader Losinger. «Zu Spitzenzeiten arbeiten hier zwischen 50 und 60 Leute verschiedener Firmen Hand in Hand», so Ivo Brantschen. «Zurzeit haben wir Schaler, Bauarbeiter und Eisenleger aus Portugal, aus Italien, aus Ost europa und aus der Schweiz auf dem Platz.» Die Koordination der einzelnen Arbeiten ist nicht immer einfach, sie erfordert genaues Timing. Auch die Zusammensetzung der Teams ist wichtig. Ivo Brantschen: «Die Zusammenarbeit muss funktionieren. Da muss man manchmal die Teams neu mischen, und schon läufts wieder rund.» So ergeben die Arbeitsgruppen eine bunte Mischung aus verschiedenen Nationalitäten und Firmen. Gut, wenn man da wie Brantschen der italienischen und französischen Sprache mächtig ist. Eine weitere Herausforderung ist das Wetter: Zurzeit ist tiefster Winter, es herrschen Minustemperaturen,
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und es liegt Schnee. «Bei grosser Kälte wie heute ist die Arbeitsleistung natürlich nicht dieselbe wie im Frühling. Alles geht etwas langsamer, Maschinen ver sagen wegen der Kälte den Dienst, und für Betonarbeiten müssen die Zusatzstoffe sowie das Wasser aufgeheizt werden.» Doch auch der Sommer hat seine Tücken: Ivo Brantschen erinnert sich an eine heisse Zeit, wo sogar die SUVA eingegriffen und die Ausgabe von Getränken sowie eine zusätzlichen Pause am Nachmittag angeordnet hat. Was lange währt … Derzeit laufen die Arbeiten planmässig. Die Verantwortlichen vor Ort wissen aber: Beim gedeckten Einschnitt muss man auf Überraschungen gefasst sein. Doch das Team ist eingespielt und motiviert, und wenn alles gut geht, sollte das A-9-Teilstück bei Turtmann im Jahr 2016 eröffnet werden. Auf diesen Moment freut sich nicht nur Polier Brantschen. Der örtliche Bauleiter Rolf Schaller und
der Chefbauleiter Daniel Fryand schauen dem Moment ebenfalls freudig entgegen. «Auch wenn schliesslich nicht wir, sondern andere bei der Einweihungsfeier das Band durchschneiden, ist es doch für die ganze Bautruppe ein grosser Augen blick. All die Mühe, die Probleme und die schier unüberwindbaren Hindernisse sind in diesem Moment vergessen.»
Einsatz/Persönlich
Der Grossbaustellenprofi Ivo Brantschens liebstes und einziges Arbeitsgebiet ist das Oberwallis. Er ist von hier, und hier war er auf Baustellen von der NEAT bis zur Südumfahrung Visp tätig.
Wie lange arbeiten Sie schon hier auf der Baustelle in Turtmann? Ich bin hier seit Baubeginn 2005. Als es aufgrund des schwierigen Terrains einen einjährigen Baustopp gab, war ich anderweitig tätig. Seit der Wiederaufnahme bin auch ich wieder vor Ort. Ich arbeite eigentlich nur auf Grossbaustellen, war auch schon bei der NEAT im Einsatz. Meine Baustellen befanden sich immer hier in der Gegend, ich kann abends immer heim nach St. Niklaus. In der Stadt arbeiten wäre nichts für mich. Was schätzen Sie an Ihrer Arbeit besonders? Ich arbeite seit 1977 auf dem Bau. Ich wusste schon immer, dass ich mich nach der Lehre weiterbilden würde. Ich bin gern an der Front; Büroarbeit ist nicht so mein Ding, obwohl als Polier natürlich ein Drittel meiner Tätigkeit im Büro stattfindet. Ich brauche den Austausch mit den Leuten draussen. Hier in Turtmann bin ich meist zu Fuss unterwegs, obwohl die Baustelle relativ weitläufig ist. Aber so verschaffe ich mir einen Überblick über den Betrieb und kann mich mit dem Team austauschen.
Was sind die grössten Herausforderungen in Ihrem Baustellenalltag? Als Polier bin ich die Ansprechperson Nummer eins für alle. So erfahre ich sehr viel, auch Privates. Neben der Familie bin ich meist der Erste, der Bescheid weiss, wenn zum Beispiel einer krank ist oder sonstige Probleme hat. Es gab allerdings auch schon Momente, da musste ich aufpassen, dass mir das alles nicht zu nahe ging. Da halfen mir dann ausführliche Gespräche mit meiner Frau. Aber gleichzeitig ist dies auch einer der Aspekte, die mir gefallen: Ich stehe immer mit den Menschen in Kontakt. Ich brauche den Umgang mit den Leuten. Wenn es die Gesundheit zulässt, werde ich auf jeden Fall bis zur Pensionierung Polier bleiben. 01/13 B. Magazin
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Wissen/Schule
Das ZukunftsAttest Gabriele Zecca und Fatos Hamiti machen das Eidgenössische Berufsattest EBA. Die zweijährige Ausbildung mit guter Anschlussmöglichkeit ist für die beiden der perfekte Start ins Berufsleben.
«Z
Gabriele
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eichnen und Rechnen sind meine Lieblingsfächer.» Fatos Hamiti, 22 Jahre alt, ist im zweiten und letzten Lehrjahr zum Strassenbaupraktiker EBA. Mit der Schule hatte er es nicht immer so: Der Realschüler lebte von seinem 11. bis 16. Lebensjahr in seiner Heimat Albanien. Nach der Rückkehr in die Schweiz absolvierte er zweimal die neunte Klasse. «Ich hatte Probleme in der Schule», erzählt Fatos. «Ich konnte die Sprache nicht und hatte keine Zukunftsperspektive.» Die Anlehre zum Gipser war nicht das Richtige, und Fatos wurde vorübergehend arbeitslos. «Durch Kollegen bin ich dann auf den Strassenbauer-Beruf aufmerksam geworden.» Sie waren es auch, die ihm beim Bewerbungsschreiben halfen. Nach der Schnupperlehre bei der Firma Tozzo AG in Bubendorf war für Fatos klar: Strassenbau soll es sein. «Ich habe mich zwei Mal um einen Ausbildungsplatz beworben. Beim ersten Mal gab es noch keine EBALehre.» Beim zweiten Mal hats offenbar
geklappt. Jetzt steht Fatos kurz vor seiner Abschlussprüfung. «Hallo, Roman, hier ist Gabriele» Auch für Gabriele Zecca war der Start ins Berufsleben nicht ganz einfach. Der gebürtige Süditaliener kam vor drei Jahren in die Schweiz. Bereits während der Schule arbeitete er in den Ferien zusammen mit dem Vater und den Brüdern auf dem Bau bei der Firma Marti AG in Bern. «Gabriele sprach kein Wort Deutsch, als er das erste Mal bei mir auf der Baustelle stand», erinnert sich Bauführer Roman Bürki. Doch Gabriele war hartnäckig: Er wollte Grundbauer werden, wie sein Vater und seine Brüder. «Roman hat mir geraten, eine richtige Lehre zu machen. Wenn ich Deutsch lerne, dann helfe er mir bei der Ausbildung, versprach er», erinnert sich Gabriele. In den Schulferien arbeitete er weiterhin als Aushilfe auf dem Bau und besuchte eine private Sprachschule. Und irgendwann klingelte Roman Bürkis
Wissen/Schule
Fatos arbeitet zurzeit auf der A 1 in Härkingen. Eine spannende Herausforderung mitten im täglichen Stossverkehr Bern‒Zürich.
Telefon: «Hallo, Roman, hier ist Gabriele.» Diesmal nicht mehr auf Italienisch. «Gabriele hatte ordentlich Gas gegeben beim Deutsch lernen und war bereit für eine Lehre.» Doch es klappte nicht gleich beim ersten Anlauf. Also machte er eine Anlehre und besuchte weiterhin die Schule. Vergangenes Frühjahr war es dann so weit: Gabriele bestand den Basic-Check und fing seine EBA-Ausbildung zum Grundbaupraktiker bei der Marti AG an. Plötzlich gute Noten Die Ausbildung zum eidgenössischen Berufsattest dauert zwei Jahre. Wer motiviert ist und das Zeug dazu hat, kann direkt nach der EBA-Ausbildung ins 2. Lehrjahr der EFZ-Ausbildung einsteigen. Nach weiteren zwei Jahren kann er dann das eidgenössische Fähigkeitszeugnis absolvieren. Das ist sowohl für Fatos wie für Gabriele eine Option. Beide hat inzwischen der Ehrgeiz gepackt. «Im 1. Semester hatte ich grosse Mühe mit Materialkunde und den verschiedenen Fachbegriffen», so Fatos.
Doch inzwischen geht er sogar gern zu den Blockkursen an die Berufsfachschule. «Ich habe Stützkurse besucht und konnte meine Noten verbessern. Gute Noten motivieren mich. Inzwischen lerne ich viel, um meinen Notenschnitt weiter zu verbessern.» Ähnlich geht es Gabriele: «Wenn ich in Sursee bin, lerne ich jeden Abend. Ich will weiterhin gute Noten schreiben.» Die Sprache ist immer noch hie und da ein Stolperstein. «Zum Glück ist Ali, mein Zimmergenosse, gut in Deutsch. Er hilft mir, alles richtig zu verstehen. Im Gegenzug helfe ich ihm im Rechnen.» Mehr Perspektive, weniger Party Fatos ist froh, hat er sein Zimmer im Lehrlingsheim meist für sich. «So habe ich Ruhe und kann mich ganz aufs Lernen konzentrieren.» Hausaufgaben erledigt er meist am selben Tag, und für anstehende Prüfungen wird gelernt. «Wenn ich in Sursee bin, konzentriere ich mich ausschliesslich auf die Schule. Bin ich
Fatos 01/13 B. Magazin
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Wissen/Schule
Heinz Stauffer ist Lehrlingsverantwortlicher bei der Marti AG «Bei der Marti AG haben wir aktuell 30 Lernende. Gabriele ist der Einzige in der Berufsrichtung Grundbau. Als sein Lehrlingsverantwortlicher stehe ich in regelmässigem Kontakt mit seinem Vorarbeiter und mit der Schule. Für Gabriele ist der Berufseinstieg über die EBA-Ausbildung ideal, er soll motiviert bleiben. Für uns ist er ein Glücksfall. Wenn er weiterhin so Gas gibt, sehe ich eine gute Zukunft für ihn. Ein guter Lernender profitiert zu Beginn von unserem Angebot, später profitiert die Marti AG von den gut ausgebildeten Fachleuten.»
Bauführer Roman Bürki ist Gabrieles Götti bei der Marti AG «Als ich Gabriele das erste Mal sah, war er 15 Jahre alt. Nach einer Woche Arbeit riet ich ihm, Deutsch zu lernen. Nur so hatte er eine Chance auf eine Ausbildung. Inzwischen hat er sich wirklich angestrengt, und wir sind froh, haben wir ihn bei uns. Wir haben uns für die EBA-Ausbildung entschieden, um Gabriele etwas Stress wegzunehmen. So kann er sich Zeit lassen und die Sprache weiter verbessern. Ich bin seit 10 Jahren bei der Marti AG. Ich habe hier eine Chance bekommen und gebe meinerseits nun Gabriele eine Chance. Wenn Gabriele weiterhin so motiviert bei der Sache ist, steht seiner Karriere im Grundbau nichts im Weg.»
wieder zurück im Lehrbetrieb, steht die Arbeit an erster Stelle.» Und auch die erfordert Disziplin: Die Firma Tozzo verlangt von ihren Lernenden zum Ende jedes Monats vollständig ausgefüllte Arbeitsblätter. «Ich gebe das Arbeitsbuch meist schon ein paar Tage vor der Deadline ab», erzählt Fatos und lacht. «Das gibt mir ein besseres Gefühl.» In Sursee hat er sein Laptop dabei und schaut sich darauf ab und zu einen Film an. «Ich brauche zudem jeden Abend meine Schokolade – ohne die kann ich nicht schlafen.» Auch Gabriele konzentriert sich während der Wochen in Sursee ausschliesslich auf die Schule. «Ich lasse mein Laptop jeweils zuhause, das brauche ich hier nicht.»
Neben Schule und Lernen geht er zweibis dreimal in den Fitnessraum. «Abends telefoniere ich regelmässig mit meiner Freundin.» Mehr Ablenkung braucht Gabriele nicht. «Wenn ein Test ansteht, kann es gut sein, dass Ali und ich bis elf Uhr abends lernen.» Zukunftsträume, Zukunftsaussichten Als Strassenbau-Lernender steht Fatos zurzeit für die Tozzo AG täglich auf der Autobahn A 1 im Einsatz. «Die Arbeit macht mir Spass. Am Anfang hatte ich grossen Respekt vor dem Verkehr hier auf der A 1, inzwischen habe ich mich daran gewöhnt. Natürlich steht die Sicher-
heit immer an erster Stelle.» Neben der täglichen Arbeit steckt Fatos inmitten der Prüfungsvorbereitungen. «Ich möchte direkt im Anschluss die EFZ-Ausbildung machen.» Diesem Plan steht nichts im Weg: Fatos darf seinen EFZ-Abschluss als Strassenbauer bei der Tozzo AG absolvieren. Gabriele hat noch ein Jahr Zeit. «Im Anschluss an das Berufsattest mache ich die EFZ-Ausbildung als Grundbauer. Später vielleicht noch die Polierschule. Aber eins nach dem anderen!» Als Grundbauer stehen Gabriele viele Möglichkeiten offen, und von seinem Lehrbetrieb, der Marti AG, bekommt er die nötige Unterstützung.
Infos zu den Ausbildungen im Verkehrswegbau
LINK
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www.verkehrswegbauer.ch
Wissen/Schule
Martin Siegrist ist Lehrlingsverantwortlicher bei der Tozzo AG «Wir wollen unseren Nachwuchs fördern, deshalb haben wir bei der Tozzo AG ein eigenes Förderprogramm. Fatos ist in der 2. Generation unserer EBA-Ausbildung. Aktuell haben wir 16 Lernende. Für die EBA-Absolventen haben wir das gleiche Ausbildungsprogramm wie für die EFZ, natürlich um ein Jahr verkürzt. Wir bieten unseren Lernenden eine gute Ausbildung, verlangen aber im Gegenzug Einsatz und Motivation.»
Fatos’ Götti bei der Tozzo AG ist Vorarbeiter Besir Toromanovic «Fatos ist der erste Lernende, den ich betreue. Ich bin seit 17 Jahren bei der Tozzo AG und gebe gerne mein Wissen weiter. Ich zeige Fatos alle Arbeitsschritte und erkläre sie ihm. Wenn es sein muss, auch mehr als einmal. Sobald Fatos Fehler macht, üben wir zusammen, bis er es ohne Fehler kann. Zudem kontrolliere ich seine Arbeitsblätter. Gemeinsam werden die Leistungsziele definiert und alle zwei Wochen überprüft. Ich arbeite gerne mit Fatos. Die Jungen sind unsere Zukunft, sie brauchen unsere Unterstützung.»
Kein Abschluss ohne Anschluss! Seit wann gibt es das eidgenössische Berufsattest im Verkehrswegbau, und wieso wurde es geschaffen? Die EBA-Ausbildung startete 2008. Ich war seit 2006 aktiv bei der Entwicklung dabei. Früher gab es nur die Anlehre. Doch nach einer Anlehre war Schluss: Der Lernende hatte keine weitere Ausbildungsmöglichkeit. Unter dem Credo «Kein Abschluss ohne Anschluss» wurde deshalb die EBA-Lehre entwickelt. Was unterscheidet die EBA- von der EFZ-Ausbildung? Die Ausbildung bis zum eidgenössischen Berufsattest dauert zwei Jahre. In dieser Zeit wird den Lernenden der Schulstoff des 1. Lehrjahres der EFZAusbildung vermittelt. Die EBA-Klassen sind kleiner, sie bestehen aus etwa 12 Schülern. So haben die Lehrer die Möglichkeit, besser auf die Bedürfnisse der Lernenden einzugehen. Unser Lehrer-Team ist kleiner als bei der EFZ-Ausbildung, und wir stehen in ständigem Kontakt und Austausch.
Peter Egger ist Leiter der EBA-Ausbildung an der Berufsfachschule in Sursee.
Welche Möglichkeiten hat ein EBA-Absolvent? Im Vergleich zur Anlehre wurde die EBA-Ausbildung inhaltlich aufgewertet. Das Niveau ist höher geworden. Dennoch ist die EBA für lernschwache Schüler, deren Schulrucksack nicht ganz so voll ist, eine gute Ausbildungsmöglichkeit. Es kommt oft vor, dass sich während der Ausbildung der Knoten löst und der Lernende plötzlich voller Motivation lernt und gute Noten schreibt. Nach dem EBA hat er deshalb die Möglichkeit, im 2. Lehrjahr bei der EFZ-Klasse einzusteigen und so nach weiteren zwei Jahren das eidgenössische Fähigkeitszeugnis zu erlangen.
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Wissen/Inside
Experten auf der Schulbank Auch Prüfungsexperten sind nur Menschen, und korrekte Prüfungsabnahme will gelernt sein. Deshalb werden die angehenden Experten mit einer Schulung auf ihre Aufgabe vorbereitet.
D
ie Lernenden sind nicht die Einzigen, die sich dieser Tage auf das Qualifikationsverfahren und die praktischen Prüfungen vorbereiten. Am Start stehen auch 18 neue Experten. Für die gestandenen Bauprofis fängt diese neue Aufgabe mit Schulbankdrücken an: Im Expertenkurs lernen die Vorar beiter, Poliere und Bauführer alles: Von der Berufsreform über das Qualifikationsverfahren und die Prüfungsmethodik im Allgemeinen bis hin zur Organisation der Prüfungen im Einzelnen. Beim praktischen Training in der Halle werden Objekte beurteilt, verglichen und anschliessend die Erkenntnisse daraus diskutiert.
INFO Qualifikations verfahren Daten & Fakten Zur Schlussprüfung gehören eine praktische und eine schriftliche Prüfung über die Berufskenntnisse sowie eine schriftliche Prüfung über den Schulstoff aus dem allgemeinbildenden Unterricht. Qualifikationsverfahren EFZ 14. bis 16. Mai 2013 Qualifikationsverfahren EBA 20. Mai bis 5. Juni 2013
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Wissen/Inside
Wieso wird man Experte? Was zeichnet einen guten Experten aus? Und wie zufrieden waren die Gefragten damals mit ihren Experten?
Marcel Lepori, Bauführer, Implenia Bau AG, Aarau: „Ich arbeite gerne mit Jungen zusammen, deshalb möchte ich Experte werden. So lerne ich das ganze System an der Schule kennen. Es ist eine Abwechslung zum Arbeitsalltag, und ich begegne vielen interessanten Menschen.”
Max Eng, Fachlehrer, Berufsfachschule Verkehrswegbauer, Sursee: „Ich betreue das Qualifikationsverfahren in den berufskundlichen Fächern. Ein guter Experte muss korrekt sein. Das heisst, er nimmt die Masse richtig auf und wertet alles den Richtlinien entsprechend aus.”
René Thommen, Polier, Amt für Verkehr und Tiefbau, Solothurn: „Durch meine Expertentätigkeit kann ich am Ball bleiben, ich kann den Jungen in unserem Betrieb wieder etwas Neues zeigen. Ein guter Experte muss sich an seine Richtlinien halten und objektiv bleiben. An meine Abschlussprüfung kann ich mich gut erinnern, ich war sehr zufrieden mit den Experten. Ich fühlte mich gut aufgehoben.”
Tom Ingold, Polier, Strabag, Bern: „Ich bin der Meinung, man muss die Jungen fördern, wo man kann. Deshalb stelle ich mich auch gerne der ExpertenAufgabe. Ein guter Experte muss fair sein und den Bewerber korrekt behandeln. Als Experte soll man ein Gefühl der Sicherheit vermitteln. Mit meinem Experten war ich damals zufrieden. Ich glaube, wenn ich nochmal an die Prüfung müsste, würde ich bestehen.” Marco Gasser, Polier, Toldo AG, Landquart: „Mein Vater ist seit 20 Jahren Experte, ich trete in seine Fussstapfen. Ich habe Respekt vor meiner ersten Prüfungsabnahme und hoffe, ich mache alles korrekt und kann ehrlich und objektiv sein. An meine eigene Abschluss prüfung kann ich mich gut erinnern – mit den Experten war ich sehr zufrieden, mit mir selber weniger.” 01/13 B. Magazin
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Macher/firmA
Tradition mit Zukunft Das Firmengrün ist eine Eigenkreation, der Unternehmenserfolg hausgemacht: Die Käppeli AG in Seewen zählt auf den Nachwuchs – das bewährt sich.
Keine Nachwuchs probleme bei der Käppeli AG: Die meisten Kader leute haben bereits ihre Lehre hier gemacht.
«W
ir schmücken uns nicht mit längst vergangenen Taten», so Guido Käppeli. «Unser Familienbetrieb blickt zwar auf eine sehr lange Tradition zurück. Trotzdem sehen wir lieber in die Zukunft.» Die Zukunft der Käppeli Strassen- und Tiefbau AG in Seewen/SZ liegt in den Händen der rund 90 Mitarbeitenden, davon sieben Lernende im Strassenbau. Sie alle sind mit ihren Jacken, Shirts und Maschinen weithin gut sichtbar in Seewen und Umgebung: Das markante, firmeneigene Grün im Logo wurde von Inhaber Dr. Guido Käppeli schliesslich höchstpersönlich gemischt! Das ist eine Weile her, und der Firmeninhaber hat sich inzwischen aus dem operativen Geschäft zurückgezogen. «Die Zukunft gehört den Jungen. Das Durchschnittsalter in unserer Firma liegt bei 32 Jahren – wir leben im Hier und Jetzt.» Die Mitarbeiter sind Gold wert – im wahrsten Sinne Geschäftsführer der Käppeli AG ist seit nunmehr 20 Jahren Edi Tonazzi. «Wir haben eine sehr geringe Fluktuation», freut sich Guido Käppeli. «Der grösste Teil unserer Kaderleute hat, wie Edi Tonazzi, bereits die Lehre bei uns gemacht.» Als lokales Unternehmen
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hat die Käppeli AG vorwiegend Aufträge in der Region. Mehr als die Hälfte kommen von privater Seite. «Im Strassenbau decken wir das ganze Spektrum ab: Erdarbeiten, Kanalisations- und Werkleitungen, Abschlüsse und Pflästerungen, Belagsarbeiten», erläutert Edi Tonazzi. «Wir übernehmen auch kleine Aufträge – wir sind schnell und flexibel.» Er muss es wissen: Bald feiert er 40 Jahre Firmenzugehörigkeit. Dafür gibts eine besondere Auszeichnung: Bei der Käppeli AG werden die Mitarbeitenden in Gold aufgewogen. Für zehn Jahre Firmenzugehörigkeit gibt es zehn Gramm Gold, für 40 Jahre entsprechend mehr. «Gold bewahrt lange seinen Wert. Genau wie unsere Mitarbeitenden.» Viele Erfolgsgeschichten und ein Weltmeistertitel Je nach Nachfrage hat die Käppeli AG bis zu sieben Lernende im Strassenbau. «Pro Jahr kommen zwischen acht und zehn Schnupperstifte», so Tonazzi. «Bis jetzt hatten wir noch nie Probleme mit dem Nachwuchs.» Es mangelt nicht an Interessenten – und auch nicht an der Motivation. Bis jetzt gab es noch keinen Lehrabbruch bei Käppelis. «Diesen Sommer werden gleich vier Strassenbauer ihren Abschluss
Macher/firmA
machen.» Und allen vieren steht eine Zukunft in der Firma offen: «Wir sind immer auf der Suche nach guten, motivierten Mitarbeitenden, die sich weiterbilden möchten.» Neben Strassenbauern bildet die Käppeli AG auch Baumaschinenmechaniker aus. Der Maschinen- und Wagenpark des Unternehmens ist umfangreich und zudem offenbar eine Talentschmiede: 2009 holte Käppeli-Lastwagenführer Jost Schmidig mit dem Team Schweiz die Goldmedaille im Geschicklichkeitsfahren. Nachwuchs im Bild Die Käppeli AG ist auf die Zukunft ausgerichtet und kümmert sich um den Nachwuchs. Da ist es auch nicht verwunderlich, gehört die Bilderseite hier ganz den Lernenden: Auf der Baustelle in Schwyz sind die beiden Strassenbau-Lernenden im 3. Lehrjahr Urs Schelbert und Michael Küttel sowie 2.-Lehrjahr-Stift Remo Schilter im Einsatz. Polier Othmar von Euw ist zufrieden mit der motivierten Truppe – trotz garstigem Schneeregen kommen die Arbeiten voran. Die Erschliessung des Terrains mit Werkleitungen, Wasser, Fernwärme und vielem mehr sollte bis Anfang März planmässig abgeschlossen sein.
Die Lernenden mit dem Chef (v. l.): Urs Schelbert, 3. Lehrjahr, Remo Schilter, 2. Lehrjahr, der Chef Edi Tonazzi und 3.-Lehrjahr-Stift Michael Küttel 01/13 B. Magazin
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Macher/Beruf
Pioniergeist und Rock ’n’ Roll Die E. Weber AG in Wattwil: Von einem Visionär gegründet, wird das Familienunternehmen heute in der dritten Generation geführt. Ueli Weber setzt auf Qualität, Leidenschaft und E-Gitarre.
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as Logo mit zwei schwarzen W auf gelbem Grund steht für Weber Wattwil und ist in der sanktgallischen 9000-Seelen-Gemeinde allgegenwärtig. Das Familienunternehmen ist inzwischen zur Weber Bau Holding AG mit verschiedenen Tochterfirmen angewachsen. «Wir sind regional stark verankert», erklärt Ueli Weber, Vorsitzender der Geschäftsleitung. «Als guter Arbeitgeber haben wir keine Rekrutierungsprobleme.» Das Unternehmen hat ein breites Angebot: Vom Strassenbau und -unterhalt über Tiefbau, Umgebungsarbeiten, Pflästerungen bis hin zu Hochbau und Immobilien unterhält die E. Weber AG viele Baustellen rund um Wattwil. «In der Firma halten sich die Erträge aus den Bereichen Strassenbau sowie Hoch- und Tiefbau ungefähr die Waage. Bei der gesamten Holding inklusive der Tochterfirmen generiert der Bereich Hoch- und Tiefbau zwei Drittel des Umsatzes.» Die Hälfte der Aufträge sind Kundengeschäfte, kommen also aus privater Hand. Ueli Weber: «Mir ist es sehr
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wichtig, Qualitätsarbeit abzuliefern. Dazu braucht man motivierte Arbeitskräfte. Bei uns herrscht ein sehr gutes Arbeitsklima. Auch das trägt zu unserem guten Ruf hier in der Region bei.» Wer wagt, gewinnt Ueli Weber führt das Unternehmen in der dritten Generation. «Mein Grossvater und mein Vater waren Macher.» Nicht ohne einen gewissen Stolz in der Stimme erzählt er von den Anfängen der Firma. «Als Visionär hat mein Grossvater 1919 einen kleinen Allerweltsladen eröffnet. Mit nur 23 Jahren kaufte er dann ein Geschäftshaus gegenüber dem Bahnhof Wattwil.» Ein Immobilien-Pionier, sozusagen. Nach der Heirat überliess Ueli Webers Grossvater die Führung des Ladens seiner Frau. Grossvater Weber, der unter anderem Bauleiter beim Kanton war, gründete unterdessen sein eigenes Bauunternehmen. Aus dem kleinen Geschäft für allerlei ist Mode Weber geworden, heute das grösste Modeunternehmen der Ostschweiz.
Von Gastarbeitern und Sommerferien im Süden Als Vorsitzender der fünfköpfigen Geschäftsleitung kennt Ueli Weber jeden Einzelnen der 180 Angestellten der Firma – und dessen Familie – persönlich. «Unsere Mitarbeiter sind das höchste Gut des Unternehmens», hält der 49-Jährige fest. So kann es vorkommen, dass Ueli Weber vor einer anstehenden Pensionierung die Agenda seines Vaters konsultiert und sich dessen Notizen zum ersten Arbeitstag des betreffenden Mitarbeiters zu Gemüte führt. «Ich besitze die Terminkalender meines Vaters bis ins Jahr 1956 zurück.» Die Nähe zu den Angestellten und die Sorge um deren Wohl standen immer im Mittelpunkt der Familie. Ueli Weber kann sich gut an seine Jugend erinnern, als es in den Sommerferien nach Süditalien ging: «Mein Vater pflegte einen engen Kontakt zu den Gastarbeitern. Oft waren mehrere Mitglieder einer Familie bei uns angestellt. Im Sommer, wenn die Arbeiter zurück in die Heimat gingen, fuhren wir mit der
Macher/Beruf
ganzen Familie runter zu Besuch. So viel gegessen wie dort haben wir selten!» Bis heute hat Ueli Weber Kontakt zu einigen ehemaligen Saisonniers. Aktuell stammen rund 70 Prozent der Belegschaft aus der Schweiz beziehungsweise der Region. Zum Beruf aus Leidenschaft Und wie sieht es mit Ueli Webers Berufsweg aus? Die erste Ausbildung, eine Maurerlehre, war eher eine positive Alibiübung. Im Vordergrund stand zu dieser Zeit das Gitarrespielen. «Obwohl ich in meiner Jugend in einer Hardrock-Band gespielt habe und wir sogar auf Tournee gingen, habe ich mich dann für ein Studium entschieden», so Weber. Es folgte eine Ausbildung als Zeichner parallel zum Studium am Abendtech in St. Gallen. In der Militärausbildung schaffte es Ueli Weber bis zum Genie-Oberst. «Der Militärdienst hatte damals gesellschaftlich einen anderen Stellenwert als heute.» Hatte er mit einer solchen Familientradition überhaupt eine Wahl? «Mich hat niemand
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ins Unternehmen gezwungen. Im Gegenteil, meine heutige Tätigkeit entspricht meiner Berufung. Ich habe sozusagen mein Hobby zum Beruf gemacht.» Seine Leidenschaft für Kunstgeschichte und historische Bauten kann er im Unternehmen bestens einbringen: Die E. Weber AG ist auch spezialisiert auf Restaurationen. Der beste Beweis dafür ist der Hauptsitz des Unternehmens: Die Büros befinden sich in einer ehemaligen Textilfabrik. Die schönen Räume mit Stuckaturen sowie das Treppenhaus im Art-déco-Stil wurden liebevoll restauriert. Rock ’n’ Roll fürs Gehirn Hier befindet sich auch Ueli Webers Ruheoase. Ein Sitzungszimmer sowie das Eckbüro wurden mitsamt Mobiliar im ursprünglichen Zustand belassen. Holztäfer an den Wänden, schwere Möbel und viele kleine Details aus vergangenen Tagen. Hier hat Ueli Weber nur wo nötig kleine Restaurationsarbeiten vornehmen lassen. Im Büro findet man weder Computer noch
Telefonanschluss. Ein Zugeständnis an die Moderne ist eine kompakte Stereoanlage. «Hierhin ziehe ich mich zurück, wenn ich lesen und mich konzentrieren muss.» Neben dem geräumigen Schreibtisch steht Webers zweites Zugeständnis an die Neuzeit: Eine E-Gitarre. «Gitarre spiele ich heute noch. Es ist gut fürs Gehirn. Ich habe ein rund dreistündiges Repertoire, das ich auswendig spielen kann.» Sagts und stimmt mit sicheren Griffen ein paar Akkorde von Deep Purple an. «Ich übe zwei Stunden pro Woche. Zuhause habe ich mehrere Gitarren, die stehen alle im Wohnzimmer. Meine Familie muss mir wohl oder übel zuhören, wenn ich spiele.» Agenda in der Hand, iPhone am Ohr Neben der Führung des Familienunternehmens ist Weber mit dem Einsitz in verschiedenen Verwaltungsräten beschäftigt, wodurch er auch abends viel unterwegs ist. Wie bekommt er das ganze Pensum unter einen Hut? «Ich arbeite nach
Macher/beruf
dem Eisenhower-Prinzip. Ich unterscheide strikt nach dringenden, wichtigen, eher unwichtigen und delegierbaren Pendenzen.» Darüber führt er akribisch Buch. Und genau wie einst sein Vater, benutzt auch er dazu die bewährte Agenda. In Papierform. Sein iPhone liegt zwar ebenfalls auf dem Schreibtisch, aber: «Mein elektronischer Kalender dient nur zur Orientierung. Die Planung führe ich von Hand.» Seine Agenda kopiert er einmal im Monat und legt die A4-Seiten ordentlich ab. Sein Nachfolger wird später seine Mitarbeiter mit viel Insiderwissen überraschen können.
Eine Frage der richtigen Motivation Der zweifache Vater ist seit 1991 im Unternehmen tätig. Sein Arbeitspensum ist hoch. Ist er ein Workaholic? «Nein. Ich teile mir meine Zeit gut ein und habe gelernt zu delegieren. Meine Motivation ist stets, das Unternehmen erfolgreich zu führen und meinen Mitarbeitern Sicherheit
en „ Nach in n , nach s ich e r h e it lität.“ a auss e n qu zu bieten.» Wegen dem Geld, so Weber, sollte man den Job nicht machen. Für ihn sind seine Wertvorstellungen wichtig. So hat er auch kein Problem damit, dass er wohl bis 70 arbeiten wird. Und wer wird die Zukunft des Unternehmens bestimmen? «Das wird sich zeigen. Mein Wunsch für meine Kinder ist, dass sie das machen können, was sie möchten. Ich dränge sie nicht in die Firma, sie sollen ihre Zukunft selber bestimmen können.»
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LehrStelle/Weiterbildung
Gut vorbereitet ist halb bestanden
en! s e L zu
e Gut ür di f n n e ge wiss üfun r P
Die praktischen Prüfungen des Qualifikationsverfahrens stehen vor der Tür – wie bereiten die Lehrbetriebe ihre Schützlinge auf den Ernstfall vor?
En rique Gome z Berufsbildner Walo Bertschinger AG, Schlieren Wie bereiten Sie Ihre Lernenden auf den praktischen Teil des Qualifikationsverfahrens vor? Bei uns beginnt die Vorbereitung auf den Abschluss und auf das Berufsleben mit dem ersten Tag der Lehre. Wir sind zwei Lehrlingsbetreuer und kümmern uns intensiv um die acht StrassenbauLernenden hier in Zürich. Alle sechs Monate überprüfen wir ihren Wissensstand, besprechen ihre Stärken und Schwächen und legen die nächsten Ausbildungsziele fest. Worauf wird bei der Überprüfung besonderer Wert gelegt? Überprüft werden die Fach- und die Methodenkompetenz. Wichtig für uns sind auch die Qualität der Arbeit und die Sozialkompetenz: Wie macht sich der Lernende im Team, wie kommuniziert er mit seinen Kollegen, den Vorgesetzten oder den Kunden? Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Eigeninitiative: Bringt sich der Lernende ein? Ist er nach wie vor motiviert? Das ist auch nach der Ausbildung wichtig, um ein guter Angestellter zu bleiben. Wie üben Sie konkret auf die praktische Prüfung? In den Wochen vor der Prüfung werden an zwei bis vier Tagen bei uns im Werkhof Prüfungsobjekte erstellt. Wir stellen eine Prüfungsaufgabe vergangener Jahre, die der Lernende erfüllen muss. Die Bedingungen sind die gleichen wie an der LAP: Dem Lernenden steht ein Gehilfe zur Seite, die Zeit ist begrenzt, und das Objekt wird am Schluss von uns benotet. Dank diesen Probeprüfungen können die Lernenden ihre Schwachstellen erkennen und sich verbessern. Zudem geben sie den Lernenden Selbstvertrauen und mehr Sicherheit am Tag der Prüfung. Walo Bertschinger Zürich AG Giessenstrasse 5, 8952 Schlieren www.walo.ch Anzahl Lernende: 6 – 8 Strassenbauer in Zürich 65 Strassenbauer in der ganzen Schweiz
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Ru be n Su ls er hrlingsbetreuer Leiter Spezialtiefbau, Le wil JMS Risi AG, Rappers Wie bereiten Sie Ihre Lernenden auf das Berufsleben vor? Bei der Grundbauer-Ausbildung ist uns wichtig, den Lernenden möglichst rasch in den normalen Arbeitsalltag einzuführen. Er soll rasch alle Bereiche seiner Arbeit kennen lernen. So wecken wir sein Interesse und seinen Wissensdurst. Voraussetzung für eine Grundbauer-Lehre ist eine gute körperliche Verfassung. Es ist von Vorteil, wenn der Lernende zuerst eine Schnupperlehre oder ein Praktikum bei uns macht. Wo liegen die Ausbildungs-Schwerpunkte, und wie wird der Lehrverlauf überprüft? Wichtig ist bei den Grundbauern ein gutes Mathematik-Verständnis. Da legen wir viel Wert drauf. Der Lernende muss den Mathe-Stoff der Oberstufe beherrschen. Im Weiteren führen unsere Lernenden Arbeitsbücher. Diese werden regelmässig überprüft. Üben Sie mit Ihren Lernenden auf die praktische Prüfung? Ja. Bei der JMS Risi AG bereiten wir Übungsobjekte analog der tatsächlichen praktischen Prüfung vor. Der Lernende führt die ihm gestellte Aufgabe unter den gleichen Bedingungen wie an der Prüfung aus. In der Werkstatt lernen unsere Auszubildenden alle nötigen technischen und mechanischen Voraussetzungen, die sie künftig im Berufsleben brauchen. JMS Risi AG Buechstrasse 43, 8645 Rapperswil www.jms-risi.ch Anzahl Lernende: 1 Grundbauer
LehrStelle/Weiterbildung
Yousty – deine Zukunft auf einen Klick Als Schüler: Auf yousty.ch bekommst du von Lernenden aus erster Hand Infos zu Beruf, Lehrfirma und Bewerbungsschreiben.
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Farbe bekennen! Grund- und Strassenbauer sind stolz auf ihren Beruf: Sie zeigen es mit Hoodie, Shirt oder Schlüsselanhänger. Es ist rot, und es ist cool: Bestell dir noch heute dein T-Shirt im Bauberufe-Look. Ob Grundbauer oder Strassenbauer – oute dich, bekenne Farbe. Im Online-Shop auf www.bauberufe.ch gibt es zudem weitere heisse Gadgets für den BaustellenAlltag: Warme Mütze im Winter oder ein Schlüsselanhänger für alle Fälle. Gut zu wissen: Du hast schon ein T-Shirt, aber noch keine Lehrstelle? Die Lehrstellenbörse auf www.bauberufe.ch hilft dir auf jeden Fall weiter.
Berufswahl – die Schule hilft Bei uns setzen sich die Schüler ab der 2. Sek mit der Berufswahl auseinander. Zuerst analysieren sie ihre Stärken, Schwächen, Vorlieben und Fähigkeiten. Auf diese Selbsteinschätzung erhalten sie von den Eltern und den Lehrern ein Feedback. Bei uns werden zudem nicht nur Bewerbungsoder Motivationsschreiben geübt und Schnupperwochen organisiert. Wir veranstalten auch gemeinsam mit dem lokalen Gewerbe einmal jährlich einen Berufsparcours. Für einen Tag kommen Betriebe aus verschiedenen Branchen an die Schule und stellen sich vor. Online-Check und Eigeninitiative Um unseren Schülern die bestmögliche Unterstützung zu geben, arbeiten wir eng mit dem Berufsinformationszentrum und den Eltern zusammen. Ein wichtiges Hilfsmittel für die Lehrbetriebe ist seit Kurzem der Stellwerk-Check. Der Test wird online gemacht und zeigt – unabhängig von Zeugnisnoten – den Leistungsstand in den Grundfächern auf. Die Hauptrolle bei der Berufswahl spielt der Schüler selbst. Es ist wichtig, dass er selber Schnuppertage organisiert und mit möglichen Ausbildungsbetrieben Kontakt aufnimmt. Testaufgaben zum Üben:
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bauberufe.ch
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www.stellwerk-check.ch
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technik
Holcim hat den Grössten Der Caterpillar 992K ist der grösste Pneulader der Schweiz. Das 100-Tonnen-Teil ist im Steinbruch in Untervaz täglich im Einsatz für die Holcim.
01 Der CAT 992K wurde mit dem Tiefgänger in Untervaz in Einzelteilen angeliefert und anschliessend zusammengebaut. Seit Januar 2013 ist er im Einsatz.
02 Reifendimension: 45/65-45. Der CAT 992K verfügt über vollhydraulische ölgekühlte Lamellenbremsen. Pro Rad ist ein Bremspaket in den Antriebsachsen eingebaut.
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03 Die Antriebsachsen verfügen über verstärkte Differenziale und ein Planetengetriebe. Ausgestattet ist der CAT 992K mit einem V12-Dieselmotor mit 814 PS netto.
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Der CAT 992K kostet um die zwei Millionen Franken. Für die Holcim in Untervaz ist er die kommenden 15 Jahre im Einsatz und leistet 1300 Arbeitsstunden im Jahr.
06 Das Planeten-Lastschaltgetriebe verfügt über drei Vorwärts- und drei Rückwärtsgänge, die Gangschaltung funktioniert elektronisch über Joystick.
04 Der Schaufelinhalt beläuft sich auf 10,7 bis 12,3 m3. In Untervaz ist ein Dumper mit fünf Schaufelladungen gefüllt. Pro Jahr werden so 800 000 bis 900 000 Tonnen Material abgebaut.
05 Feudales Innenleben: Die Kabine ist mit Klimaanlage und Heizung sowie beheizbarem Fahrersitz ausgestattet. 01/13 B. Magazin
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Mädchen stehen auf Fussballer … und Frauen stehen auf Musiker! Seit vier Jahren singt Strassenbau-Lehrling Sven mit Talent und Leidenschaft. Aber nicht in erster Linie der Frauen wegen.
E Vorname: Sven Name: Gerum Alter: 18 Jahre Wohnort: Islikon/TG Hobby: Singen Ausbildung: Strassenbauer EFZ (2. Lehrjahr)
ntspannt hängt Sven auf dem Sofa im Wohnzimmer daheim in Islikon. Es ist Nachmittag, und es bleiben noch ein paar Stunden bis zu seinem Auftritt am Abend. Svens grosse Leidenschaft ist das Singen. Seit vier Jahren nimmt der 18-jährige Strassenbau-Lehrling einmal wöchentlich Gesangsunterricht – vor gut drei Jahren stand er das erste Mal auf der Bühne. Das erklärt seine Gelassenheit heute: «Inzwischen bin ich nicht mehr nervös vor den Auftritten. Nachher ist es schlimmer, dann kommen die Feedbacks und Kommentare, das macht mich nervöser.» Natürlich müssen aber trotzdem ein paar Vorbereitungen getroffen werden – so ein Live-Auftritt hat es in sich. «Ich bin sehr froh, zeigt mein Chef Verständnis für mein Hobby. So darf ich jeweils am Tag meiner Auftritte etwas früher nach Hause, damit ich mich optimal vorbereiten kann.» Alles für den neuen Jaguar Zum Üben hat sich Sven ein eigenes Studio eingerichtet. In einer ehemaligen Mühle, die seinen Verwandten gehört, darf er nach Lust und Laune seine Songs ins Mikro schmettern. Ausgerüstet mit Mischpult, Boxen, Subwoofer und Mikro, hat Sven dort alles, was er braucht. Und weit und breit
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sind keine Nachbarn, die sich über allfällige Lärmbelästigungen beschweren könnten. Hier, weitab der Strasse und nahe dem Waldrand, können sich Fuchs und Hase – Sven sei Dank – zum Sound von Take-That- und Robbie-Williams-Coverstücken gute Nacht sagen. Und hier übt er auch heute Nachmittag die Songs noch einmal, die für den Anlass am Abend gewünscht sind. «Den Auftritt heute Abend habe ich durch meinen Gesangslehrer bekommen. Ich werde mit ihm im Duett singen – in einer Autogarage, zur Feier des neu eingetroffenen Jaguars», erklärt Sven. Mit geübten Handgriffen installiert er in dem grossen und sehr kühlen Partyraum seinen Computer. «Im Sommer ist es angenehm zwischen diesen Steinmauern hier. Im Winter muss ich mich warm anziehen, es hat keine Heizung.» Sagts, zieht den Reissverschluss seiner Jacke hoch und öffnet das File des ersten Songs am Computer. Google & Garfunkel «Ich covere vor allem Balladen. Meine Stimme eignet sich dafür besser als für schnelle Stücke oder Hip Hop und Rap.» So hat er im Verlauf seiner Gesangskarriere von Falco, mit dessen Musik er seinen ersten Talentwettbewerb gewonnen hat, zu Songs
Freizeit/Portrait
B e r? e i B n i t s u J „ t! “ h c i n r e B Li e
von Simon & Garfunkel, Take That oder Robbie Williams gewechselt. «Ich mag die Musik, die ich singe. Für mich müssen die Stücke nicht neu sein, ich stehe auch auf den Sound der 70er- und 80erJahre.» Das erste Stück heute ist «Bright Eyes». Sven steht konzentriert am Mikro, sobald die Musik aus dem Laptop erklingt, ist er voll bei der S ache. Fehlerfrei und mit weicher, gehaltvoller Stimme übernimmt er Art Garfunkels Part. Wow! Text und Töne sitzen. Als nächstes stehen Take That auf dem Programm. Musik ab, Mikro bereit, volle Konzentration … halt! Unvermittelt drückt Sven die StoppTaste und beginnt von vorn. Auch diesmal kommt er nicht weit … Texthänger! «Meine grösste Angst bei jedem Auftritt!» stöhnt er. Schnell zückt er sein Handy und googelt den Text von Take That’s «Patience». Neuer Versuch. Musik ab, Handy an und – voll und sicher erklingt seine Stimme, jetzt klappt es mit dem Text.
Wohnhauses stärkt sich Sven mit Tee und Guezli. Die Flasche Apfelschorle bleibt unberührt. «Kohlensäure ist schlecht für die Stimme, ebenso alle Milchprodukte. Am Tag eines Auftrittes esse ich keine Schokolade.» Alkohol trinke er sowieso nicht, und rauchen ist tabu. Sven gibt Acht auf seine Stimmbänder: «Gerade im Winter ist es nicht einfach. Ich ziehe mich halt warm an und habe immer einen Vorrat an Gummibärli bei mir.» Die schmieren die Stimmbänder und gehören deshalb zu Svens Grundausrüstung. Heute ist seine Stimme gut in Form, der heisse Tee tuts auch ohne Goldbären. Inzwischen ist es draussen dunkel geworden – noch eine Stunde bis zum Auftritt.
Notfall-Gummibärli und Schokoladenverbot Nachdem auch der dritte Song für den Auftritt am Abend sitzt, gibts eine kurze Pause zum Aufwärmen. Im Wohnzimmer des an das Studio grenzenden
Neues Outfit, sicheres Auftreten Immer noch kein Anzeichen von Nervosität. «Ich freue mich! Ich liebe es, vor Publikum zu singen», meint Sven mit glänzenden Augen. «Sobald ich auf der Bühne stehe, bin ich ein anderer Mensch.» Einer 01/13 B. Magazin
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s, „ Ich lie B e e n e au f d e r B ü h z u ste h e n .“
mit viel Selbstvertrauen, der weiss, dass er gut ist. Der, wenn es ihm allein auf der Bühne zu langweilig wird, auch mal mit dem Mikro hinunter ins Publikum geht und fremden Leuten die Hand schüttelt. Und einer, der manchmal vielleicht sogar arrogant wirke, fügt er hinzu. «Aber durch das Singen habe ich eine Menge gelernt, nicht nur auf die Stimme bezogen», zieht er Bilanz. «Ich bin selbstsicherer geworden, weiss inzwischen, wie ich mich kleiden soll, und habe sogar meinen Gang und meine Haltung verbessert.» All das hat ihm sein Lehrer und Mentor Walter Jonach beigebracht. Der Österreicher, selber Profimusiker, hat sich inzwischen gänzlich dem Lehrerberuf verschrieben. Seine Musikstunden am Nachmittag bietet er gratis an. «Ich finde es wichtig, junge Talente zu fördern und Erfahrung und Wissen weiterzugeben», so Jonach. «Svens Stimme ist aussergewöhnlich, in ein, zwei Jahren wird sie noch reifer klingen. Er ist zudem ruhiger und gelassener geworden. Die Zukunft kann allerhand für ihn bringen.»
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Gelassen in die Zukunft Ruhig, gelassen, selbstsicher – Attribute, die Sven auch in der Ausbildung zum Strassenbauer gebrauchen kann. «Auf dem Bau kann der Tonfall schon mal ruppig sein, da ist es wichtig, ein gutes Selbstvertrauen zu haben und sich nicht so schnell unterkriegen zu lassen.» Keine Gefahr bei Sven. Schon greift er zum Mikrofon, und die Gäste, die gekommen sind, um den neuen Jaguar zu bewundern, dürfen an diesem Abend zudem staunen über die sanfte Stimme des jungen, eleganten Sängers, der am nächsten Morgen wieder in seinen dreckigen Arbeitsstiefeln als Strassenbauer ordentlich zupacken wird.
www.ich-will-strassenbauer-werden.ch
Ausfahrt
Quizfrage
Schau genau!
3 Dinge … … die man (nicht) unbedingt wissen muss:
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Schnecken können bis zu drei Jahre am Stück schlafen.
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02 In der Sprache der Eskimos gibt es kein Wort für «Kopfschmerzen».
Auf welcher Seite ist der oben gezeigte Bildausschnitt? Schick deine Antwort bis 15. Juli 2013 an baustelle@verkehrswegbauer.ch. Mit etwas Glück gewinnst du bei der Verlosung ein Hoodie und ein T-Shirt!
03 Frauen blinzeln doppelt so oft wie Männer.
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Herzliche Gratulation, Sascha! Das B. Magazin gratuliert Sascha Weber aus Meerenschwand. Er wusste die richtige Antwort auf das Quiz in der Dezember-Ausgabe und hatte das nötige Glück. Ein Hoodie und ein T-Shirt im Strassenbauer-Look gehören ihm.
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bauberufe.ch Fotografie: www.stefan-schaufelberger.com Agentur:
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