Wie Adolf Hitler den Zweiten Weltkrieg vorbereitete

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Januar 1938

30. Januar 1933 Reichspräsident Paul von Hindenburg ernennt Adolf Hitler, Chef der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP), zum Reichskanzler. Die NSDAP ist mit 196 Sitzen stärkste Partei im Reichstag, kam bei den Wahlen im November 1932 aber nur auf 33,1 Prozent (minus 4,1 Prozentpunkte). Nach dem 30. Januar spricht die NS-Propaganda von „Machtergreifung“. Hitler ist entschlossen, eine Diktatur zu errichten. Er regiert zunächst in einer Koalition mit der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP), die bei der Wahl auf 8,3 Prozent gekommen war.

Die Bedenkenträger vom November 1937 werden von Hitler abserviert. Dazu bieten sich ihm Gelegenheiten, die als Blomberg-Fritsch-Krise in die Geschichte eingehen. Werner von Blomberg Werner von Fritsch Kriegsminister Blomberg heiratet im Januar 1938 mit Hitler als Treuzeuge eine Frau, die sich später als Prostituierte herausstellt. Er muss gehen. Gegen Fritsch werden homosexuelle Kontakte konstruiert. Hitler übernimmt selbst das Oberkommando über die Wehrmacht.

„Seit 5 Uhr 45 wird jetzt zurückgeschossen!“

16. März 1935 Die allgemeine Wehrpflicht wird wieder eingeführt. Sie war seit Ende des Ersten Weltkriegs ausgesetzt. Das „Gesetz über den Aufbau der Wehrmacht“ sieht eine Friedensstärke von 550 000 Mann vor. Die Westmächte und Italien protestieren zwar, weil Hitler gegen den Versailler Vertrag verstößt, aber Aktionen bleiben aus. Der Militärdienst umfasst seit August 1936 zwei Jahre.

12./15. März 1938 Das deutsche Reich verleibt sich Österreich ein. Der gebürtige Österreicher Hitler hat seit 1934 auf einen „Anschluss“ der Alpenrepublik hingearbeitet. Mit der Rückendeckung von Italiens Diktator Benito Mussolini setzt Hitler die Wiener Regierung unter Kurt Schuschnigg unter Druck, damit Arthur Seyß-Inquart, der österreichische NSDAP-Führer, Innenminister wird. Als die Wiener Regierung eine Volksabstimmung über die Unabhängigkeit durchführen will, lässt Hitler mobil machen und Seyß-Inquart richtet ein „Hilfeersuchen“ an Berlin. Die Wehrmacht rollt in Österreich ein. Unter dem Jubel der Bevölkerung verkündet Hitler am 15. März auf dem Wiener Heldenplatz „den Eintritt meiner Heimat in das Deutsche Reich“.

Deutschland Tschechoslowakei Österreich

Frankreich

29./30. September 1938

5. November 1937 Adolf Hitler spricht bei einer Konferenz vor den Spitzen der Wehrmacht und Außenminister Konstantin Freiherr von Neurath über seine Pläne für einen Angriffskrieg. Deutschland müsse das Problem seiner „Raumnot“ mit Gewalt lösen. Dies sollte spätestens in den Jahren 1943 – 1945 geschehen. Als Gegner gelten Österreich, die Tschechoslowakei und Frankreich. Die Sowjetunion und Polen sind nachrangig. Bedenken äußern Neurath, Kriegsminister Werner von Blomberg und Werner von Fritsch, Oberbefehlshaber des Heeres.

Opfer im Krieg gegen Polen

Deutschland Polen 19800

66 000

Sowjetunion 1500

gefallene oder verschollene Soldaten

Zivilisten*

Zivilisten**

>10 000

16 000

*durch Luftangriffe und Artilleriebeschuss **Exekutionen im Verantwortungsbereich der Deutschen Wehrmacht (1.Sept. bis 25.Okt.)

Tödlicher Größenwahn ZWEITER WELTKRIEG Mit dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen am 1. September 1939 begann eine Serie regionaler Kriege, die als Zweiter Weltkrieg in die Geschichte einging. Nach fast sechs Jahren Krieg, der am 8. Mai 1945 endete, offenbarte die Bilanz die größte Kriegskatastrophe der Weltgeschichte: 55 Millionen Tote, 35 Millionen Menschen wurden verwundet, drei Millionen waren vermisst. Wie bereitete Adolf Hitler diesen Krieg vor, der zu einer Neuordnung der Welt unter deutscher Vorherrschaft führen sollte?

Eine europäische Gipfelkonferenz in München verschafft Hitler freie Hand bei der nächsten Osterweiterung. Die Staats- und Regierungschefs von England, Frankreich und Italien gestehen Hitler zu, das bis 1918 österreichische Sudetenland aus der Tschechoslowakei auszugliedern und Deutschland zuzuschlagen. Hitler erklärt, dass diese seine letzte territoriale Forderung gewesen sei. Es wird geglaubt. Als Kopf der „Appeasement(Beschwichtigungs-)Politik“ gilt Großbritanniens Premier Arthur Neville Chamberlain. „Peace for our Time!“ sagt er nach seiner Rückkehr in London – „Friede für unsere Zeit!“

Kräfteverhältnis im September 1939 1,5*

4700 *in Millionen

1,0*

3200 2500 2000

0,6*

Soldaten

500

400

Panzer

Kampfflugzeuge

Deutschland

Schiff Wehrmacht

Polen

Sowjetunion

TorpedoSchiffe

Ostsee

Westerplatte

15.-16. März 1939

Danzig

Mit der militärischen Besetzung der „Rest-Tschechei“, die nach der Annektion des Sudetenlandes übrig geblieben ist, greift Hitler erstmals nach einem nichtdeutschen Land. Zuerst erpresst er eine Unabhängigkeitserklärung des slowakischen Landesteils. Dann wird dem tschechoslowakischen Staatspräsidenten Emil Hácha in Berlin so zugesetzt, dass er die Souveränität seines Landes per Unterschrift aufgibt. Am nächsten Tag rollt die Wehrmacht in Prag ein. Dort ist fortan der Sitz des „Reichsprotektorats Böhmen und Mähren“. Auch Polen und Ungarn verleiben sich tschechoslowakisches Territorium ein.

23. März 1939 Me

Abschluss des Nichtangriffspaktes am 24. August 1939 Von links nach rechts: Hintergrund: Richard Schulze (Ribbentrops Adjutant), Boris Schaposchnikow (Generalstabschef der Roten Armee), Joachim von Ribbentrop (deutscher Außenminister), Josef Stalin (sowjetischer Diktator), Vladimir Pavlov (sowjetischer Übersetzer); Vordergrund: Gustav Hilger (deutscher Übersetzer), Wjatscheslaw Molotow (sowjetischer Außenminister)

Litauen

m

Der äußerste Nordzipfel ell Ostsee a nd Ostpreußens, das Memelland, wurde laut Versailler Vertrag 1919 von Deutschland abgetrennt und 1923 von Litauen annektiert. Ostpreußen Etwa die Hälfte der Bevölkerung ist deutsch. Am 22. März stellt Polen Berlin ein Ultimatum mit der Drohung eines militärischen Eingreifens, sollte Litauen die Rückgabe verweigern. Da England und Frankreich nichts unternehmen, hat Hitler erneut Erfolg und das Memelland wird wieder deutsch. Kurz darauf kündigt Hitler den deutschpolnischen Nichtangriffspakt.

24. August 1939 Deutschland teilt mit der Sowjetunion vorab den polnischen Kuchen auf. Zugrunde liegt eine 180-Grad-Kehrtwende Hitlers in der Außenpolitik. Er schließt mit Todfeind Stalin einen Nichtangriffspakt auf zehn Jahre. Unterzeichnet wird er von den Außenministern Ribbentrop und Molotow in Moskau. In einem Geheim-Protokoll wird eine neue polnische Ostgrenze festgelegt, die Polen erneut teilt. Das Baltikum und Finnland werden im Hitler-Stalin-Pakt den Russen, Südosteuropa den Deutschen zugesprochen.

SMS Schleswig Holstein Litauen

Ostsee

Ostpreußen

Deutsches Reich Polen

1. September 1939 Da sich Polen Hitlers Forderung nach einer Rückgabe Danzigs und einem Landstreifen als Verbindung nach Ostpreußen verweigert, greift Hitler zur Gewalt. In den Morgenstunden des 1. September beschießt das Panzerschiff „Schleswig Holstein“ das Hafenfort Westerplatte in Danzig. Dann fallen 57 deutsche Divisionen in Polen ein. In seiner Rede vor dem Reichstag, die vom Rundfunk übertragen wird, legt Hitler gegen 10 Uhr vor dem Reichstag die Gründe für den Angriff dar, der angeblich nur zur Verteidigung erfolgt sei. So fällt auch der Satz: „Seit 5 Uhr 45 wird jetzt zurückgeschossen! (Jubel) Und von jetzt ab wird Bombe mit Bombe vergolten!" (Jubel) Hitler irrte um eine Stunde: Der Angriff auf Polen hatte schon um 4 Uhr 45 begonnen.

Text: Alexander Michel, Südkurier Konstanz; Infografik: Helen Gruber; Mitarbeit: Romina Birzer; Bilder: Bundesarchiv; Quellen: Friedemann Bedürftig: Lexikon Drittes Reich, Piper-Verlag, München 1997; Wolfgang Benz u.a.: Enzyklopädie des Nationalsozialismus, dtv, München 1997; www.1000dokumente.de, Peter Doyle: Der Zweite Weltkrieg in Zahlen, Bucher-Verlag 2014


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