1 Storch Alaans stolzier ich rum als Storch. Ich bin der Mittelpunkt auf aam gelbn Blütnteppich. Ich der Storch. Abber, ich bin fei scho lang nemmer die Attraktion. Scho lang nemmer. Früher, wie ich nu der Adebar war, da ar des ganz anders. Da hams Würfelzucker auf`s Fensterbrettla higlecht und sogar denkt, ich zwick die Fraa in`s Baa, und dann, dann sind`s Zwaa – also sie kriecht a Kind. Storch, Storch guter hobb bring mer halt aan Bruder. Storch, Storch bester, von mir aus aa a Schwester. Aus, vorbei, scho lang rum. Heitzutag waas a jedes Kind, wie des lefft mit die Kinder – Internet, ein Klick und du bist aufgeklärt; selber nu kan Zungnkuss, net amol des einfachste Lippn-Bussi abkriecht, aber scho wissen, wie Fellatio funktioniert Tja, der Mann im Haus, erspart den Zucker auf dem Fensterbrett! Allans, stolzier ich rum als Storch. Ich bin der Mittelpunkt auf aam gelbn Blütnteppich. Abber, ich bin fei scho lang nemmer die Attraktion. Früher hast du mich auf aaner Kerwa schießn kenna. Auf aam weißn Röhrla binni balanciert , wari nebn die Wachsrosn eipflanzt. Und wenn da a junger Borsch seim Madla mich, den Storch, für zwanzig Pfenning gschossn hat, dann hat sie genau gwußt, was der will. Er hat ihr den Storch gebn, und ihri Bäggli sin schlagartig blutrot worn. Sie hat ihri Augn gsenkt, und der Borsch hat genau gsehn, wie er bei ihr dro iss. Vielleicht hat sie ihm aa, den Stoch auf sei Hirn droschn: „Ich bin a Anständige. Such dir a Flittla, a Schlampn, der kannst so aan Storch schießn, du bleds Mannsbild du!“ Tja, die Zeitn sinn lang rum. Heit schickn`s a SMS: Ich liebe Dich – und dahinter babbt a Smilie. A drückela und zack, iss es bei der Herzdame. Die Angesimste liest die Nachricht, abber von ihrer Reaktion kriecht der Borsch nix mit. Er kriegt vielleicht a paar Zeichn als Antwort auf seim Handy. Aber ihri Augn, ihri Bäggli, ihrn rotn Hals, ihr Gsicht, sichter net – naja manchmal
2 vielleicht a besser, dasser nix sicht. Arm simmer gworn im Zwischenmenschlichn. Schnell, abber arm simmer gworn. Des merk ich als Storch fei aa. Aus iss mit der Symbolik. Grad nu, dass mi schützn, wenni Glück hab . Und beim Sonntags-Spaziergang werri a paar klaane Kinder zeigt: „Dornb, schau halt hi a Storch.“ Und dann, wenner wergli steh bleiberd der Torben, die Stöpsel von seim I-Pot wiederwillig aus seini Löffl rausbobblt: „Ja, Mama, was denn? “ „Schau halt Dorbn.“ „Was solli schaua.“ „Ja mach halt deini Glotzer auf“, schaltet sich diplomatisch der Vater ei. „Gerhard, sprech net a so mit meinem Sohn!“ „Des iss a meiner, und der Hundkrüppl hört net. Iss doofheret von die Scheiß Dings-da-Stopsl, die na des Hirn bled dröhnt.“ „Gerhard sei ruhig!“ würgt sie ihn ab. Und zu ihrm Sohn flötet sie geduldig wie immer, „schau doch Dorbn, der Storch.“ „Und was frisst der Mama?“ „Frösch!“ „Fösch? pfui – Teufel!“ Alaans dabbi rum als Storch. Ich bin der Mittelpunkt auf aam gelbn Blütnteppich. Ich der Storch. Abber, ich bin fei scho lang nemmer die Attraktion. Scho lang nemmer! Abber mir geht`s immer nu besser wie die Maikäfer. Die Maikäfer hats ja ganzer gar wegpfiffn. Ganzer gar. Dabbi halt allaans rum als Storch!