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VINCE EBERT
1 DS Geschichte Noch zu retten?
KANN EINE NATION, die mit dem Bau eines Flughafens überfordert war, das Weltklima retten? Und reduziert sich die Erderwärmung, wenn man das Eisfach offen lässt? Unseren Ehrgeiz, die Welt zu retten, hinterfragt Vince Ebert humoristisch und zugleich wissenschaftlich fundiert. Denn: Möglicherweise tun wir aus den richtigen Gründen das Falsche. Kein Zweifel, dass sich unser Planet erwärmt. Fraglich sind für Ebert jedoch die Konsequenzen, die wir ziehen. Könnte die Anpassung an den Klimawandel also zielführender sein als der Versuch, ihn zu verhindern? Vince Ebert zeigt eine Vielfalt innovativer Konzepte und Alternativen, um eine lebenswerte Zukunft zu gestalten.
Vince Ebert Lichtblick statt Blackout – Warum wir beim Weltverbessern neu denken müssen dtv | 224 S. | 15,– € O P 150 Lesepunkte Auch als eBook
EXKLUSIV | INTERVIEW
EIN MANN, EINE MISSION: „Make Science great again!“ Unter diesem Motto wechselte der Diplom-Physiker Vince Ebert vom Experimentierlabor auf die Bühne. Als Wissenschaftskabarettist hat er seine Berufung gefunden und sorgt seit seinem Karriere-Urknall mit „Physik ist sexy“ in Bühnenshows und Bestsellern für Geistesblitze, die Spaß machen. Höchste Zeit für sein aktuelles Projekt: „Lichtblick statt Blackout“ für innovative Zukunftsideen und Debatten ohne Scheuklappen.
T Angenommen, Sie würden
2023 zu Ihrem 25-jährigen Bühnenjubiläum Glückskekse an die Menschen hierzulande verteilen: Welche Weisheit würden Sie unters Volk bringen?
„Denken Sie selbst – sonst tun es andere für Sie“ – das war der Titel meines ersten Buches. Der Spruch macht vielleicht nicht glücklich, aber dafür ein bisschen klüger.
T Wo sehen wir hier in Deutsch-
land zu schwarz und in welcher Hinsicht sind wir zu blauäugig?
Die berühmtesten deutschen Erfindungen sind ja bekanntlich die Spaßbremse und die Reiserücktrittsversicherung. Weil wir ständig mit dem Schlimmsten rechnen. Doch mit unserem Ehrgeiz, alle Risiken zu vermeiden, berauben wir uns unserer Chancen. Deswegen plädiere ich in meinem Buch auch zu mehr Mut und zu mehr Technologieoffenheit. Fortschritt und Innovation gibt es nun mal nicht ohne das Eingehen von Risiken.
T Was veranlasste Sie eigent-
lich 1998 als junger DiplomPhysiker zum Sprung vom Kellerlabor auf die Kabarettbühne?
Schon im Studium erkannte ich, dass Humor und Wissenschaft durchaus kompatibel sind. In unserem Labor z.B. hing ein Schild: „Bitte nicht mit dem verbleibenden Auge in den Laser gucken!“ T Ihr Wechsel zum Kabarett
war und ist alles andere als eine Absage an die Wissenschaft, sondern eher ein Bekenntnis dazu. Was macht Ihnen Wissenschaft so bedeutsam?
Das größte Geschenk der Naturwissenschaft besteht darin, dass sie uns etwas über den Gebrauch von geistiger Freiheit lehrt: Skeptisch zu sein, kritische Fragen zu stellen, Autoritäten nicht blind zu vertrauen.
T Wie würden Sie Ihre Mission
als Wissenschaftskabarettist auf den Punkt bringen?
Ich möchte wissenschaftliche Zusammenhänge aufzeigen und nicht missionieren. Viele Wissensformate kommen derzeit ja nicht ohne mahnende Worte und Appelle aus, dass wir über unsere Verhältnisse leben, den Planeten ruinieren und dringend umsteuern müssen. Die Grauzone zwischen objektiver Wissensvermittlung und subjektiver Bewertung verschwimmt immer mehr. Ich halte das für eine ungute Entwicklung, weil die Wissenschaft im Kern wertfrei ist.
T Mit ökologischen Themen
befassen Sie sich nicht erst seit gestern. Wann und wodurch wurde Ihnen Handlungsbedarf bewusst?
Als ich noch ein Kind war, war der Rhein so verdreckt, dass man verrückt sein musste, um darin zu schwimmen. Auch die Vince Ebert Luftverschmutzung war damals immens. Ozonloch, verbleites Benzin, FCKW in Spraydosen – all diese Probleme haben wir inzwischen gelöst oder zumindest massiv verringert. Kurz gesagt: Umweltschutz ist in Deutschland eine echte Erfolgsgeschichte. Chapeau! Beim Klimaschutz hingegen verhält sich die Sache deutlich komplexer ...
T Was hat Sie zum neuen Buch veranlasst? Auch ich sorge mich natürlich um die Zukunft unseres Planeten. Die Erderwärmung wird die Menschheit zweifellos vor große Herausforderungen stellen. Gerade deswegen können wir es uns nicht leisten, Konzepte, die seit 20 Jahren nichts bewirkt haben, weiterzuführen. Trotz sündhaft teurer Klimaschutzmaßnahmen steigen die globalen Emissionen unaufhörlich an. Das Buch ist ein Weckruf, nicht noch mehr vom Gleichen zu machen. Wir müssen weg von unserem grünen Tunnelblick und beim Weltverbessern neu denken.
T Was wünschen Sie sich für unsere
Debattenkultur?
Heutzutage billigt man dem Gegenüber immer weniger eine andere Sicht auf die Welt zu, sondern man wertet das, was er denkt, moralisch ab. In der Klimadebatte sind diese Fronten besonders deutlich zu erkennen. „Bist du ein linksgrün versiffter Gutmensch oder ein rücksichtsloser Klimaleugner?“ Über diese Frage zerbrechen langjährige Freundschaften, ja sogar Familien. Und deswegen müssen wir dringend wieder miteinander reden, statt uns auf Facebook oder Twitter gegenseitig für irre zu erklären. Dem anderen einfach mal zuzuhören kann dabei auch nicht schaden.
© Frank Eidel ENTDECKEN SIE AUCH