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22. Jahrgang
Gemeindefteiheit in Osterreich Bürgermeister Dr. Alois Lugger Vorbemerkung der Schriftleituug: A>u 14. September d. I . wurde im Niesensaal der Hofburg der von bekannten internationalen Fachleuten besuchte Kongreß „Freiheit in der Gemeinschaft" eröffnet. Anschließend au den Vortrag des Baslcr llniv.-Professors D r . Adolf Gaffer über die „kommunale Selbsticgierung als europäisches Problem", in dem der Gelehrte besonders die Verhältnisse in der Schweiz und in T i r o l aufzeigte, hielt Bürgermeister D r . Alois Lugger den folgenden Vortrag über die „Gemeindefreiheit in Osterreich", der auch für die Leser des „Amtsblattes" lehrreich sein dürfte.
Wenn mir heute «die Aufgabe gestellt ist, über die Gemeindefreiheit in Österreich zu sprechen, fo sei mir gestattet, vorerst einen kurzen überblick über die Entwicklung des heute in Österreich geltenden Gemeinderechtes zu geben. Die Gemeinde selbst 'ist sicherlich so alt wie das Land, sie geht bis zu den Anfängen der Siedlung zurück, sie hat ihren Ursprung nicht in einem Willensakt der Staatsgewalt, sondern sie ist das Ergebnis eines Entwicklungsprozesses. Die Tatsache des örtlichen Zusammenlebens von Menschen erzeugte eine Reihe von gemeinsamen Interessen und Problemen, welche nur gemeinsam durch einen Lokalverband, die Gemeinde, befriedigend gelöst werden konnten. So wie im ganzen deutschen Sprachraum, erhielt auch in Österreich 'das Gemeindewesen erst im M i t t e l alter Form und Ausbildung. Grundlage für die erste Ausbildung des Gemeindewesens im Mittelalter war die Agrarverfassung. Nicht der Landesfürst gestaltete das blecht des gemeindlichen Verbandes, sondern der Grundherr. Er führte in der Landgemeinde durch seine Organe die wirtschaftlichen Obliegenheiten der Gemeinde, sprach Recht und handhabte die Ortspolizei. Anch die Entwicklung der Städte nahm ihren Ausgang oon den Ollen, denen der Gru»dl,erl M a r t l rechle und später auch besondere Stadtrechle verliehen hatte. Während die Landgemeinden größtenteils in der Untertänigkeit unter dem Grundherrn verblieben, gelangten die Städte zur völligen Selbstverwaltung. Diese Entwicklung fand ihre natürliche Grundlage
wohl i m Aufblühen von Gewerbe und Handel, das den Städten Reichtum und Macht brachte, sie wurde aber auch vom Landesfürsten gefördert, der in den Städten und i m Bürgertum oin Gegengewicht gegen Vie Macht des Adels erkannte. Vom Landesfürsten erhielten die Städte mannigfache Freiheiten, Markt-, Steuer- und Münzrechte, aber auch häufig die Gerichtsbarkeit. Die freie Wahl des früher vom Grundherrn eingesetzten Stadtrichters durch die Bürgerschaft, brachte sine weitgehende Selbstverwaltung, die von den Behörden der Stadt vollzogen wurde. Hatten die Städte die Abhängigkeit vom früheren Grundherrn vollends abgestreift, so unterstanden sie als landesfürstliche Städte unmittelbar den Behörden des Landesherrn. Die in der damaligen Zeit verliehenen Stadtrechte enthielten moist nicht nur die Stadtverfassung, sondern auch Gebiete des Verwaltungsrechtes, wie auch des Z i v i l - und Strafrechtes. Vom 18. Jahrhundert ab trat eine fortwährende Minderung der Rechte der Städte sin, M Gunsten der Zentralgewalt der Landesfürsten, wohl als Auswirkung des wirtschaftlichen RiederMNges der Städte durch Kriege und innere Unruhen, aber auch durch das Aufkommen des Absolutismus, bis allmählich die Gemeindebehörden mehr unteren Instanzen der landesfürstlichen Verwaltung, als Organen der Selbstverwaltung glichen. Dagegen hatte das Aufkommen des Absolutismus den Landgemeinden eine Erleichterung des Abhängigteilsverhällüissev gebracht, da anch die Grundherrschaft den landesfiirstlichen Behörden unterstellt wurde. Andererseits aber wurden auch die Landgemeinden zur Besorgung von Geschäften der Staatsgewalt und zur M i l w i r t i l n g hiebei herangezogen. Die Gemeinden waren somit ein Opfer des allgewaltigen, absoluten Staates geworden, der ein Recht auf Selbstverwaltung nicht anerkannte und auch die lokale Verwaltung restlos seiner Regelung und Beaufsichtigung zu unterwerfen suchte lind die Organe der Gemeinde zu Beauftragten der Regierung herabdrückte. Vine 'andere Stellung nahmen wie Gemeinden in