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Tiroler Landestheater

Kunst und Kultur als Bindeglied

Der Mai im Tiroler Landestheater wird nachdenklich und bewegend, aber aus musikalischer Sicht auch ungewöhnlich. Das Mehrspartenhaus gewährt zudem einen Ausblick auf die neue Spielzeit 2022.23.

Mieczysław Weinbergs 1968 fertiggestellte Oper „Die Passagierin“ war in der Sowjetunion mit einem Aufführungsverbot belegt und erlebte erst 42 Jahre später ihre viel beachtete szenische Uraufführung bei den Bregenzer Festspielen. Auf Basis des gleichnamigen Romans von Zofia Posmysz, die selbst als junge Polin in den Vernichtungslagern Auschwitz und Ravensbrück interniert war, schuf der sowjetische Komponist polnisch-jüdischer Herkunft ein eindrückliches Bekenntnis gegen das Vergessen. Fünfzehn Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg kommt es auf einem Ozeandampfer zu einer Begegnung zwischen der früheren KZ-Aufseherin Lisa und der ehemals internierten Martha. Lisa sieht sich mit ihrer Vergangenheit konfrontiert, gerät in Panik und muss sich nun mit ihrer Schuld auseinandersetzen. Weinbergs Musik vereint Elemente der Zwölftonmusik und der Volksmusik, arbeitet gekonnt mit Zitaten und orientiert sich an der Klangsprache seines Freundes und Mentors Dmitri Schostakowitsch. Die Verwendung polnischer, deutscher, englischer und hebräischer Sprache verleiht dem Werk eine bewegende Authentizität.

Ungewöhnliche Instrumente

Im siebten Symphoniekonzert am 12. und 13. Mai unternimmt das Tiroler Symphonieorchester Innsbruck (Leitung: Adrien Perruchon) gemeinsam mit dem Duo Fetén Fetén eine musikalische Reise nach Spanien. Jorge Arribas und Diego Galaz bringen in ihren Auftritten ihre ganz individuelle Sicht der spanischen traditionellen Musik und Tanzmusik wie Bolero, Jota, Rumba oder Paso Doble in den Konzertsaal. Verwoben mit den spanischen Melodien sind außerdem musikalische Einflüsse, die Fetén Fetén von ihren Tourneen mitgebracht haben – etwa vom Balkan und aus Südamerika. Zu hören sind aber auch japanische Anklänge, Gesänge der Möwen oder der Klang des Meeres. Für große Begeisterung sorgt Fetén Fetén mit ihrem einzigartigen Instrumentarium wie eine Strohvioline, eine Campingstuhlflöte und eine „singende Säge“.

Ausblick auf 2022.23

Das Spielzeitmotto „Aufmachen sollen sie, die Theater, nicht zu! Nicht damit die Finsternis hinein kann, sondern damit das Licht endlich auch einmal hinaus darf“, ein Zitat der Schriftstellerin Elfriede Jelinek, stellt die Bedeutung von Kunst und Kultur als gesellschaftliches Bindeglied in den Mittelpunkt. Im Musiktheater stehen dann große Opern wie „Così fan tutte“ von Wolfgang Amadeus Mozart, Modest Mussorgskis „Boris Godunov“ und „Elektra“ von Richard Strauss am Programm wie auch reizvolle Neuentdeckungen – Robert Schumanns einzige große Oper „Genoveva“ oder Léo Delibes‘ Oper „Lakmé“. Als Tiroler Uraufführung kommt „Bergkristall“ von Adalbert Stifter als Oper des Komponisten Michael F. P. Huber (Libretto: Alois Schöpf) auf die Bühne. In der Sparte Schauspiel zieht sich ein besonderer roter Faden durch die Spielzeit 2022.23: In den Kammerspielen gelangen ausschließlich Stücke von Autorinnen zur Aufführung. Der Bogen spannt sich dabei über 90 Jahre, von der Komödie über Comic bis hin zum Volksstück. Für junges Publikum steht unter anderem Christine Nöstlingers Kinderbuchklassiker „Konrad oder das Kind aus der Konservenbüchse“ auf dem Programm. Ein ganz spezielles Projekt bietet der Theaterclub Generations, wenn TeilnehmerInnen aller Altersstufen gemeinsam eine Aufführung für die Kammerspiele erarbeiten. AS

In der Oper „Die Passagierin“ entwickelt sich ein beklemmendes Szenario, das immer wieder um die Themen Verdrängung und Verantwortung kreist.

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