Angelika Schori "Manchmal sind die Übergänge fliessend"

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Manchmal sind die Ăœbergänge fliessend
















Leonardo da Vinci: Wenn du schöne Farben wünschst, sorge stets für eine reine, weisse Grndierung Im Gegensatz zur Lokalfarbe bezieht die Erscheinungsfarbe die Farbreflexe der Umgebung mit ein. So etwa wenn bei einer weißen Vase auf einem blauen Tischtuch die Schattenseite einen blauen Schimmer bekommt. Lokalfarbe, in der Malerei die reine, durch Zwischentöne nicht gebrochene Eigenfarbe des dargestellten Gegenstands. (Lokalfarbe, Erscheinungsfarbe, Symbolfarbe, autonome Farbe Es geht darum, in welcher Beziehung die Farbe im Bild zur Wirklichkeit ausserhalb des Bildes steht. Diese Beziehung kann bei den Begriffen enger oder lockerer sein. Lokalfarbe ist die Farbe, die das gemalte Objekt in der Wirklichkeit tatsächlich hat, also ein roter Apfel in der Wirklichkeit ist im Bild auch rot. Erscheinungsfarbe heisst, dass die tatsächliche (Lokal-)Farbe durch Lichteinflüsse anders aussehen kann. Ein roter Apfel kann z. B. an seiner Schattenseite schwarz oder braun gemalt sein und im Licht gleichzeitig weiss oder gelb erscheinen. Symbolfarbe heisst, dass mit der sichtbaren Farbe bestimmte Ideen und Gedanken verbunden sind, die man ihr nicht ansieht. Rot ist die Liebe, Blau kann für Reinheit stehen, Gelb für Neid . Autonome Farbe (auch "absolute" Farbe) heisst, dass die Farbe sich von der tatsächlichen Farbe eines Gegenstandes völlig "eigengesetzlich" getrennt hat, dass sie einen "Eigenwert" in der Bildkomposition hat. Dann kann z. B. ein Himmel grün sein oder ein Pferd blau sein. Andere Farbmischungen ergeben völlig neue Farben. So erscheinen uns Gegenstände, die Rot und Grün reflektieren als gelb. Das Interesse an der vom Gegenstand, losgelöste Farbe. Die Farbe wird als reine, entmaterialisierte Lichterscheinung verstanden.

Ein Körper, der Licht weder absorbiert noch reflektiert, sondern durchlässt, erscheint uns durchsichtig. Dieser Vorgang heißt Transmission.

Darum ist nicht jede Banane gelb Dass ein Körper selbst nicht farbig ist, sondern nur darum farbig erscheint, weil seine Oberfläche bestimmte reflektierende Eigenschaften aufweist, zeigt uns die Banane. Bananen sind gelb. Aber nicht immer. Unreife Bananen sind grün, reife Bananen bekommen braune Flecken,



Die Augen nehmen das reflektierte Licht durch die Hornhaut auf. Es wird in der Linse gebündelt und auf die Sinneszellen der Netzhaut projiziert, in Nervenimpulse (neuronale Signale) umgewandelt, dem Gehirn zugeleitet und dort in bewegte, bunte Bilder umgewandelt. Ölbild! Das spannende an diesem Gemälde ist die Wechselwirkung die es erzeugt. Es kann als klassisches Ölbild gelesen werden, obwohl es keines ist. oder aber als Fotografie. Es entsteht eine Wechselwirkung zwischen drinnen und draussen. An das Ölgemälde von Eduard Manet, Bords de la Seine à Argenteuil, Edgar. Oder an „impression. soleil levant" Malers Claude Monet aus dem Jahr 1872, das der Stilrichtung Impressionismus ihren Namen gab Degas, Manet oder Caillebotte in der frühen Phase des Impressionismus geschaffen. Wenn wir aber die drei Farben Blau, Grün und Rot im Farbkasten mischen so bekommen wir Schwarz. Also die Subtraktive Farbmischung.


Manchmal sind die Übergänge fliessend. Man sieht Kunst und weiss nicht ob es Kunst ist. Man fragt sich vielleicht auch gar nicht ob das nun Kunst ist. Unser Alltag ist ein Ausstellungsraum. Überall kann Kunst gesehen werden. Kunst ist doch einfach da, neben uns, immer bereit um angenommen zu werden. Man kann die Kunst überall entdecken. Nur sieht sie nicht jeder. Wolkenformationen am Himmel, Felsgestein an den Klippen, Schattenwürfe in Wäldern oder urbane Situationen im Stadtraum. Sind Baustellen nicht auch Kunst? Per Zufall ineinandergreifende Materialien ergeben doch so oft wunderbare Installationen wies der Intellekt alleine vielleicht nicht geschaffen hätte. Dreidimensionale Bildräume entstehen wenn auf Strassen, an Häusern und in UBahnstationen gebaut wird. Überall bieten sich uns diese Kunstwerke an. Jedoch werden sie nicht als solche gesehen. So vieles wird einfach nicht gesehen. So vieles rauscht mit der Hektik an uns vorbei. Dabei kostet Sehen keine Zeit. Das Ziel bekommt die Aufmerksamkeit, leider nicht der Weg. In der Grundstruktur der Natur gibt es kaum Zufälle. Ein mathematisches Raster überzieht alles und lässt sie deshalb so perfekt erscheinen. Der Anteil des Zufalls ist somit viel geringer als im urbanen Raum wo wir Menschen mitagieren. So begegnen uns vom Zufall collagierte Farbkombinationen vielerorts. Menschengruppen die zusammenstehen, wartend auf den Bus und ihre Kleidungsstücke ergeben eine faszinierend schöne Farbkombination. Auf dem Schreibtisch sieht man plötzlich wie die Tischlampe, die Schere, der Leuchtstift und der Schraubenzieher das selbe Orange trägt und zusammen ein Stillleben der Gegenwart ergeben. Die weissen Wände im Schlafzimmer, sind getunkt in hellem grünen und gelben Licht. Die Decke erscheint in einem zarten Violett. Die Kunst liegt darin diese Momente aufzunehmen, sie zu sehen. Würden wir all diese Inspirationsquellen in einen musealen Kontext stellen, so würden wir es sofort als Kunst lesen und als solche akzeptieren. Tatsächlich ist es so, dass alles was im Kunstmuseum, in der Galerie, in einer Ausstellung hängt, als Kunst deklariert wird. Eigentlich absurd. Aber vielleicht aus einem einfachen Grund heraus. Es ist einfacher zu sagen, dass etwas Kunst ist wenn es im Museum hängt. Jedoch schwer, wenn es nicht im Museum hängt. Dem Betrachter wird das Urteilsvermögen so wie das Sehen abgenommen. Die Kunst wird ihm in einem institutionellen Rahmen vorgesetzt. Aber auch die Kunst ist im Gegenzug abhängig vom Betrachter. Sogar von mehreren Betrachtern. Sind deshalb vielleicht all die Bildräume im Aussenraum, die Farbkombinationen von Kleidern und die farbigen Schatten im Schlafzimmer keine Kunst? Wahrscheinlich ja. Denn Kunst verlangt mehrere Betrachter, ein Publikum. Die Inspiration lauert überall. Und die Frage kommt auf, ob all das Gesehene, dieses Zufällige vielleicht einfach die Inspiration ist. Ich denke ja und bedauere, dass nicht alle diese Kunstwerke sehen können.



Die Inspiration lauert 端berall.



!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Tief unter der Erde ist diese Installation zu sehen. Die gewölbte Decke ist mit tausend kleinen weissen Keramikplatten versehen. Und darauf findet ein spektakuläres Lichtspiel statt. Geht man dabei auf und ab, so entstehen unglaubliche Variationen an hell und dunkel. Setzt man sich hin und steht wieder auf, widerspiegeln sich die Lichteinflüsse auf den vermeintlich glatt polierten Oberflächen der Kacheln, in diversen Variationen nieder. Hunderte von den hell und dunkel Anteilen strahlen um die Wette. Starrt man die Kacheln lange an, so erscheint uns eine weisse, glänzende Reptilienhaut die sich durch den langgezogenen Raum schlängelt. Die weisse Farbe kann aus allen möglichen Materialien gewonnen werden: aus Kreide oder Zink, aus Reis oder kleinen fossillien Meerstieren in Kalksteingräben. Der niederländische Künstler Jan Vermeer stellte sogar einige seiner leuchtend weissen Farben nach einer Rezeptur her, zu deren Ingredienzen Alabaster und Quarzkristalle gehörten - und zwar in grossen Stücken, die das Licht in das Gemälde hinein reflektierten und es zum Tanzen brachten. Titel Leuchtstoffröhren auf Keramikplatten Masse variabel 2014 Metrostation „Belleville



schließlich werden sie schwarz. Die Ursache dieses Farbwechsels sind chemische Prozesse, die die Oberfläche der Banane und damit ihr Reflexionsvermögen verändern. ....Ihre Abstraktionen, die viel später entstanden sind, enthalten noch vielfach Teile aus der gegenständlichen Welt. Ich habe versucht, etwas Klang der alten Mosaike mit nach Hause zu nehmen. Man darf die farbige Erscheinung eines Naturwesens nicht für sich allein betrachten. Seine farbige Umgebung, die Umgebung in der es lebt, will mitgesehen werden. Der Mohn hat sein Rot aus der farbigen Welt entlehnt. Beim verblühen geht das Rot wieder zurück zur farbigen Welt und kommt im nächsten Sommer im neuen Mohn wieder zum Vorschein. Komplementärfarben in der Natur, sind anteilmässig immer ungleich. Der grüne Anteil einer Blume ist grösser als der rote Anteil, die Blüte. Malerei kann nicht isoliert betrachtet werden. Der Umraum ist immer ein Teil des Bildes oder beeinflusst das Bild. Deshalb ist der „White Cube„ ein für das Bild künstlich geschaffener Raum, wo viel getan wird um den Betrachter einen ruhigen Blick auf das Bild zu ermöglichen. Was eine Illusion ist. Nirgends sonst, als im Museum ist es so. zu geben und ihn und somit gegen die Gesetzmässigkeit der Natur. Das heisst wen die Malerei auf die Architektur trifft, so muss sich der Bildraum zur Umgebung öffnen. Ich Weiss Fragen Was ist die reflektierte Farbe? Pigmente und ... Libelle?

Reflexion bedeutet, dass etwas zurückgeworfen wird. Wenn man beispielsweise einen Ball gegen die Wand wirft und er zurückkommt, Zusammenfassung ▪ Licht ist elektromagnetische Strahlung mit Wellenlängen von 400 bis 700 Nanometer. Das sichtbare Licht erscheint farblos. Bricht man es jedoch mithilfe eines Prismas, entstehen sämtliche Spektralfarben von Rot bis Violett. ▪ Sobald sichtbares Licht auf einen Gegenstand fällt, reflektiert er einen bestimmten Teil der elektromagnetischen Strahlung und absorbiert alle anderen Teile. Was wir als Farbe wahrnehmen, hängt davon ab, welchen Bereich des Wellenspektrums ein Gegenstand reflektiert.





!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Ein Bild, gemalt wie mit Touche, Gouache und Ölkreiden. Im äusseren Bildrand sieht man schön die horizontalen und vertikalen Linien welche die vermeintlichen Ziegelsteine durch ihre Beschaffenheit in die Mauer zeichnen. In Wahrheit sind es Keramikplatten welche die Wand verzieren. Es gab mal eine Zeit da waren sie rein Weiss. Nun sind sie von den Jahren gezeichnet. Dreckspuren in verschiedenen Brauntönen sind über die ganze Bildfläche gezogen. An manchen Stellen mehr zu sehen, an manchen weniger. In der Mitte der Wand ist ein Rechteck aus dem Beton gefrässt. An gewissen Stellen wurde ungenau gearbeitet und wackelige Linien zieren nun diesen inneren Bildausschnitt. Am Rande dieses ausgeschnittenen Rechtecks sind die Kacheln abgefallen. Ein unregelmässiger grauer Streifen Beton weist darauf hin. Vom oberen Bildrand fliesst schwarze Farbe in den ausgeschnittenen Bildraum rein und es ergeben sich wunderschöne diffuse Momente im Bild. Als hätte man den Blick frei auf das Innere eines Kamins, umgeben vom Russ. Ein wässeriges Grau domminiert die Bildfläche und durch die hellen und dunklen Stellen im Bild entsteht eine Spannung wie im Sommer vor einem Gewittereinzug. Schaut man lange auf den Bildausschnitt so kommt einem der Maler William Turner oder Caspar David Friedrich in den Sinn. Die Meister der diffusen Dramatik in der Malerei. Betrachten man nun das ganze Bild nochmals in seiner ganzen Dimension, so entsteht ein Bild im Bildraum und man hat eine malerische Installation vor sich. The Shipwreck Schmutz auf Beton 400 x 340 cm 2014 Metrostation Louvre-Rivoli





Titel Magenta auf 24 Eisenplatten 1200 x 200 cm 2014 30 Rue du Moulin Joly, Paris !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Ich befinde mich im Galerien Quartier, Belleville. Eine warme Farbreflexion trifft auf vierundzwanzig kalte, gewölbte Metallplatten. Diese Platten sind in einem Winkel an einem Haus angebracht und strecken sich über zwölf Meter. Bleibt man stehen strahlt die Farbe Magenta in verschiedenen Nuancen ab. Geht man auf und Ab, so splittet sich die Farbe in unzählige Nuancen auf. Beträchtliche Farbverläufe entstehen. Wie eine Farbkasten, der ganz rechts mit hellem, grellen Magenta beginnt und sich langsam gegen Links gehend abdunkelt und in ein Grau übergeht. Hier wird mit der Wahrnehmung gespielt und sie wird sensibilisiert. Eine unbeschreibliche farbige Lichtreflexion ist hier zu sehen. Neben Material und Farbe sehen wir im Werk noch eine dritte Komponente, die Reflexion. Die Reflexion ist die vom Gegenstand, losgelöste Farbe. Diese Farbe wird als reine, entmaterialisierte Lichterscheinung verstanden und taucht die Platten in eine unglaublich schöne, indirekte Farbigkeit. Der Körper der das Magenta spendet ist ein grosser Kubus, der unterhalb der Metallplatten installiert wurde. Der Grund, dass wir Magenta sehen liegt in der Physik. Das Farbsehen geschieht mit Hilfe unterschiedlich farbempfindlichen Sensoren im Auge. Jede Farbe hat ihre eigene Wellenlänge. Ein Gegenstand, der alle Wellenlängen ausser Grün absorbiert und nur Grün reflektiert, erscheint uns Grün. Ein Körper der alle Wellenlängen ausser Rot absorbiert und nur Rot reflektiert, erscheint uns Rot. Gegenstände, die mehrere Wellenlängen reflektieren, erscheinen uns mischfarbig. Manche dieser Mischungen ergeben Farbtöne innerhalb einer Farbfamilie, beispielsweise alle Rotnuancen von Purpur, Scharlach bis Rosa. Das heisst, sieht das Auge die Summen aus den zwei Primärfarben Rot und Blau, so bewirken diese Empfindungen durch die additive Mischung, Magenta.




!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Betrachte ich diese Situation, so erinnert sie mich an die Impressionisten. An die Zeit als sie ihre Ateliers verliessen und "plein air", im Freien malten. Die Maler zeigten das moderne Grosstadtleben mit seinen Industriezonen, Bahnhöfen und Freizeitinseln, die Natur in ihrem atmosphärischen, instabilen Farbenzauber. Sie fingen den Augenblick ein, lösten den Gegenstand auf in flirrenden Tönen. Die Farben wurden ein eigenständiges Mittel der Malerei. Auch in diesem Bild lösen sich die Gegenstände auf. Fliessende Übergänge entstehen durch die enormen Wassermassen, die niederprasseln. Schon Monet kämpfte mit der flüssigen Masse: „Es ist schon schwierig, das Flüchtige festzuhalten, wenn das Lichtspiel einen fixen Punkt trifft, wie eine Stadt- oder Naturlandschaft, die sich nicht bewegt. Wie schwer ist dies erst, wenn das Licht auf das bewegliche, sein Erscheinungsbild stetig wandelnde Wasser fällt! So übte das Wasser in den Augen der Impressionisten einen besonderen Reiz aus. Das Flackern und Funkeln der spiegelnden Oberfläche einzufangen, stellte eine technische Herausforderung dar. Und hier, vor mir sehe ich nun ein Gemälde welches all diese Aspekte perfekt in einem Bild vereint. In der unteren Hälfte des Bildes ist schön ersichtlich wie die vermeintliche Ölfarbe mit dem Spachtel dick aufgetragen wurde und durch die Handbewegung nach unten, die Gegenstände auf dem Bild verzieht. Durch diese Maltechnik wird uns als Betrachter eine Szene gezeigt die wir erst auf den zweiten Blick entschlüsseln können. Auf dem verzehrten Malgrund tauchen hohe Gebäude auf, im Bild ist wenig Grün, Braun und Grau dominieren. Eine typische Szene wie man sie in einer Grossstadt vorfindet. Es ist ein Innenhof, in Paris. Ich betrachte eine zeitgenössische Ölmalerei die in einem Momentum passiert und nicht festgehalten werden kann.

Bale-Ville Regen auf Fensterglass 134 x 89 cm Mittwoch, 9.7.2014, 15:33 17 Rue Hotel de Ville



















Wo hört Kunst auf, wo beginnt sie? Kann Kunst unbewusst geschehen Macht Zufall Kunst Muss Kunst als Kunst definiert werden? Kunst braucht ein Betrachter Wer ist dieser Betrachter? Muss der Betrachter ein Kenner sein Kann der Betrachter ein Laie sein Ist der Betrachter der, der mehr als das Gewohnte sieht Der, der hinter dem Gesehenen zusätzlich eine Geschichte sieht? Ist er dann Beobachter und Künstler zugleich? Ein Künstler beobachtet, ein Laie auch. Und trotzdem sehen es nicht alle.






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