Inside – Outside Teil 1 Die Sehnsucht nach dem Ursprßnglichen Teil 2 Interviews Masterarbeit von Maria Zimmermann Mentor: Prof. Roman Kurzmeyer FHNW Institut Kunst, 2014
Dank Mein Dank richtet sich zuallererst an meine InterviewpartnerInnen, die sich bereit erklärt und sich Zeit genommen haben, mir Fragen zu beantworten: Dr. phil. Andreas Altorfer, Paolo Bianchi, Felix Brenner, Dr. Gerhard Dammann, Claudia Dichter, Rossella Fallacara, Rea Furrer, Otto Gilli, Dr. Monika Jagfeld, Mag. Nina Katschnig, Markus Landert, Sarah Lombardi, Guido Magnaguagno, Dorothee Messmer, Madeleine ‚die Malerin‘, Walter Riedweg, Margrit Roth, Dr. Thomas Röske, Filib Schürmann, Christine Sefolosha, Vanda Vieira-Schmidt, Dr. med. Doris Wiget, Pierce Wyss, Eva Zwimpfer. Danken möchte ich auch meinem Mentor Dr. Roman Kurzmeyer für die konstruktiven Anregungen und die Begleitung dieser Arbeit. Meinem Sohn Elias Zimmermann bin ich für seine uneigennützige Unterstützung, seine Geduld und das intensive, kritische Gegenlesen des Textes sowie für zahlreiche, anregende Gespräche mit Dank verbunden.
Aus Rechtlichen Gründen sind die autorisierten Interviews, Teil 2, die ich im Rahmen meiner Recherchen basierten Arbeit geführt habe, nur bei mir oder an der FHNW, Institut Kunst in Basel, einsehbar.
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Inhalt Abstract ................................................................................................................................................... 4 Einleitung ................................................................................................................................................ 5 1. Einführung ins Thema ......................................................................................................................... 7 1.1 Die Suche nach der Inspiration - Der Blick auf das Fremde ......................................................... 7 2. Kunsthistorische Entwicklung ........................................................................................................... 10 2. 1. Walter Morgenthaler: Ein Geisteskranker als Künstler: Adolf Wölfli ...................................... 10 2. 2. Hans Prinzhorn: Bildnerei der Geisteskranken ......................................................................... 11 2. 3. Jean Dubuffet - Art brut ........................................................................................................... 13 2. 4. Leo Navratil und Gugging ......................................................................................................... 16 2. 5. Harald Szeemann ....................................................................................................................... 18 3. Akademisch ausgebildete Künstler nehmen Bezug auf historische Vorbilder, auf Künstler der Art brut/Outsider Art ................................................................................................................................... 20 4. Biografie ............................................................................................................................................ 23 5. Fazit ................................................................................................................................................... 29 Literaturliste .......................................................................................................................................... 32
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Abstract
Die Bilderwelten der Art brut/Outsider Art, einer Kunstform, deren KünstlerInnen dem Mainstream fern bleiben, fasziniert, inspiriert und lädt zum Nachdenken über die Conditio humana ein. Die geschichtliche Entwicklung zeigt, dass sich Aussenseiterkunst unter immer wieder neuen Gesichtspunkten betrachten lässt. Die Psychiatrie hat sich in den letzten 60 Jahren durch das Aufkommen von Psychopharmaka entscheidend gewandelt. Heute sind Kunsttherapien als Bestandteil eines umfassenden Behandlungskonzepts etabliert. Kreativwerkstätten bieten Menschen mit einer geistigen und/oder psychischen Beeinträchtigung die Möglichkeit, sich visuell gestalterisch auszudrücken. Diese Angebote und die universelle Medienwelt machen es heute faktisch unmöglich kulturell unbeeinflusst zu bleiben. Diese kulturelle ‚Unbefangenheit‘ war aber lange Zeit ein Merkmal der Aussenseiterkunst. In meiner Arbeit untersuche ich, einerseits durch Fachliteratur, andererseits durch Interviews mit KunstvermittlerInnen und KünstlerInnen, die Frage nach der Stellung der AussenseiterkünstlerInnen im zeitgenössischen Kunstbetrieb. Ausserdem möchte ich in der vorliegenden Masterarbeit weitere Fragen klären, wie die der Rezeption der Aussenseiterkunst heute und wie und ob kunsthistorische Vorbilder zeitgenössischen Künstlern als Inspirationsquelle dienen.
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Einleitung
Seit einiger Zeit beschäftigen mich Werke, die der Art brut oder Outsider Art zugeschrieben werden. Heute gibt es für KünstlerInnen, die ausserhalb des etablierten Kunstbetriebes und der jeweiligen -strömungen stehen diverse Ausdrücke wie Raw Art, Vernacular Art, Visionary Art, Self-taught Art, Folk Art, Zustandsgebundene Kunst, Deviante Kunst, oder neurodiverses.1 In dieser Arbeit werde ich mich auf die beiden Termini Art brut und den englischen Begriff Outsider Art bzw. die deutsche Übersetzung Aussenseiterkunst, beschränken. Art brut ist ein ideologisch aufgeladener Begriff, geprägt durch den Künstler und Sammler Jean Dubuffet. Dieser Begriff beschreibt Kunst, die, so Dubuffet, keiner kunsthistorischen Epoche zugeordnet werden kann, der Ausdruck ist mittlerweile jedoch selber ein historisch begrenzter Begriff geworden, der hauptsächlich für Dubuffets Auswahl angewendet wird. Auf seine Auswahlkriterien werde ich im Kapitel ‚Kunsthistorische Entwicklung‘ genauer eingehen. Der Begriff Outsider Art wurde 1972 vom englischen Kunsthistoriker Roger Cardinal eingeführt. Was ursprünglich als ein Äquivalent zum Begriff Art brut gedacht war, hat sich zu einem Sammelbegriff für die verschiedensten Bezeichnungen entwickelt. Das Bedürfnis visuell meiner Innenwelt Ausdruck zu geben, hat mich Parallelen zur Aussenseiterkunst erkennen lassen. So habe ich mich mit den Codes, der Ästhetik der Werke, aber auch der Rezeption der Biografien von AussenseiterkünstlerInnen auseinandergesetzt. Art brut/Outsider Art empfinde ich als inspirierend. Ich bin überzeugt, dass davon wichtige Impulse ausgehen, Wertvorstellungen zu Kunst und KünstlerInnentum zu hinterfragen. Anfänglich hat auch mich das Ungewohnte, Fremde fasziniert, sowohl in seinem visuellen Ausdruck, wie auch die damit einhergehenden Künstlerbiografien. Bei AussenseiterkünstlerInnen, doch nicht nur, sind oft gezwungenermassen Kunst und (alltägliches) Leben miteinander verknüpft. Dieses Konzept, das schon in der Romantik verfolgt wurde, hat für mich Modellcharakter, und ich versuche mein Leben diesem anzunähern. In der Schweiz und dem nahen Ausland gibt es bedeutende Sammlungen von Art brut und Outsider Art. Klären möchte ich, wie heute Art brut bzw. Outsider Art rezipiert wird und dementsprechend mit MuseumsleiterInnen, Kuratoren/Kuratorinnen, Galeristen/Galeristinnen und Sammlern/Sammlerinnen Gespräche führen. Ebenso wichtig ist es mir mit den KünstlerInnen, insbesondere den Aussenseitern in Kontakt zu treten. Welche Stellung nehmen sie im Kunstbetrieb ein? Wie vermitteln sie ihre Biografie oder wie wird diese vermittelt? Lassen sich akademisch ausgebildete KünstlerInnen heute wirklich wieder vermehrt von Art 1
Vgl. Weinhart, Martina (Hrsg.): Weltenwandler: Die Kunst der Outsider, Hatje Cantz Verl., Ostfildern-Ruit 2010, S. 15. Raw Art – s. Art brut - franz. für ‚unverbildete, ‘rohe‘ Kunst, Visionary Art - Visionäre Kunst, Vernacular Art Kunst von Autodidakten, die sich selber nicht als Künstler betrachten, Self-taught - autodidaktische Kunst, Folk Art – Volkskunst, insbesondere von indigener Völker, Zustandsgebundene Kunst – s. Leo Navratil , Deviante Kunst - engl. Ausdruck für abweichend (von der etablierten Kunst), neurodiverses – Kunst von Menschen mit einer neurologischen Erkrankung z. B. Autismus.
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brut und Outsider Art inspirieren? Lässt sich die hypothetische Aussage von Guido Magnaguagno, der im Saaltext der Solothurner Jahresausstellung 12/13 geschrieben hat, die Jury habe bei der Beurteilung der Werke zunehmend solche bevorzugt, die Richtung Art brut tendiert hätten, belegen? Diese Fragen stellen den Kern meiner ‚soziologischen Feldforschung‘ zum kunstgeschichtlichen Begriff der Art brut/Outsider Art in der Gegenwartskunst dar. Als Ausgangslage dieser Arbeit zeige ich die historische Entwicklung der Art brut und der Outsider Art auf. Die aus den Interviews gewonnenen Erkenntnisse sollen in einem weiteren Schritt in die Arbeit einfliessen. Die Reflexion meiner praxisbezogenen künstlerischen Arbeit, ebenfalls in Form eines Interviews, rundet diese Arbeit ab.
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1. Einführung ins Thema
1.1 Die Suche nach der Inspiration - Der Blick auf das Fremde Das Fremde hat Menschen schon immer fasziniert, Verständnis und Begeisterung hervorgerufen und gleichzeitig Vorurteile begünstigt und Ablehnung bewirkt. In den letzten Jahren entstanden Ausstellungen und Publikationen über Outsider Art unter Titeln wie Weltsichten2, Weltenwandler3, Weltensammler4, die verdeutlichen, dass verschiedene Welt- und Lebenserfahrungen, Einstellungen und Massstäbe nebeneinander existieren. Diese betreffen aber nicht nur die Kunst der Aussenseiter. Der Dichter Durs Grünbein sagte: „Wenn ein Körper stirbt, geht ein Kosmos zugrunde, jedes Hirn repräsentiert eine eigene Welt. Wir haben jetzt also etwa sechs, [heute acht] MilliardenWelten.“ 5 Somit kann jede ‚Welt‘ als eine exotische betrachtet werden. Es tangiert nicht nur Kontinente und Völker, die ausserhalb des eigenen Lebensraums liegen, sondern Fremdes in jedem Menschen, in der eigenen Kultur. Wie Klaus von Beyme in seinem Buch Die Faszination des Exotischen beschreibt, hat eine an Freud orientierte Psychologie „daher die Anerkennung des Exotischen an das Bewusstsein des Fremden in jedem Betrachter gebunden.“ 6 Kunstgeschichtlich lässt sich die Aussage von Lovejoy/Boas aus dem Jahr 1935 festhalten, die Beyme später zitierte, dass neben dem Exotismus im engeren Sinne seit der Antike ein ‚kultureller Primitivismus‘ lebt, der aus „der Unzufriedenheit der Zivilisierten mit Ihrer Zivilisation entstanden ist.“7 Auch wird der Mythos vom ‚wilden Mann‘, der an den paradiesischen Urzustand erinnert, der bewundert und verachtet wird, in allen Kulturen zu einem „psychischen Bedürfnis“ 8 stilisiert. Künstler reisten während verschiedener Epochen, doch besonders während des Kolonialismus und Imperialismus zu Studien- und Inspirationszwecken in ferne Länder, schufen Werke nach Beschreibungen von Reisenden und sammelten Stammeskunst. Exotisches, Orientalische diente ihnen als Vorbilder für ihre Werke. Als Pionier des Primitivismus kann Paul Gauguin (1848-1903) mit seinen Reisen in die Südsee gelten. Wer als geisteskrank galt und gilt unterliegt der Einschätzung der jeweiligen Gesellschaft und ihren sozialen Normen. Irre und Geisteskranke erregten Neugier, da ihr Verhalten, oft auch das Erscheinungsbild, von der gesellschaftlichen Norm abwich. Das Abbilden, Beschreiben 2
Müller, Angela, Schubert, Jutta (Hrsg.): Weltsichten. Beiträge zur Kunst behinderter Menschen. EUCREA Deutschland e.V. und Kunstwerke e. V., TIAMAT Verl., Berlin 2001. 3 Weinhart, Martina (Hrsg.): Weltenwandler: Die Kunst der Outsider. Hatje Cantz, Ostfildern-Ruit Verl., 2010. 4 Landert, Markus/ Kunstmuseum Thurgau (Hrsg.): Weltensammler – Internationale Aussenseiterkunst der Gegenwart: Sammlung Korinne und Max E. Ammann, Benteli Verl., Bern 2011. 5 Müller, Angela (u. a. ): Weltsichten, S. 20. 6 Vgl. Beyme, Klaus: Die Faszination des Exotischen : Exotismus, Rassismus und Sexismus in der Kunst. Fink Verl., München 2008, S. 8. 7 Ebd., S. 17. 8 Ebd., S. 56.
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von Geisteskranken hat eine lange Tradition. Théodore Géricault (1791-1824) portraitierte als einer der ersten Menschen, die als geisteskrank eingestuft wurden. In der klassischen Moderne der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts suchten Künstler Mittel und Wege, um sich aus dem Akademismus des 19. Jahrhunderts zu befreien. Ab 1905, im Wechsel der Strömungen von Kubismus über Fauvismus zum Surrealismus, wurden Negerplastiken, orientalische Kunst und polynesische Totems zur künstlerischen Inspiration herangezogen. Die Avantgarde, die sich von der Kunst der Primitiven anregen liess, verfügte aber meistens nur über vage Informationen und nur gelegentlich wurde der Versuch unternommen aussereuropäische Völker zu verstehen. In einer Form von Neo-Primitivismus wurde Inspiration auch im eigenen Land, in einer früheren Kulturstufe, gesucht. Gereist wurde auch in der engeren Heimat. Die Avantgarde suchten ländliche, ‚archaische‘ Regionen auf, was sich in ihren Werken als ‚Folklorismus’ niederschlug. Trotzdem endete nicht jeder Archaismus im Nationalismus. Gerade Künstler, die im Ausland lebten, zeigten, dass Primitivismus und Internationalismus sich nicht ausschlossen. Als Sujet (miss-)brauchten verschiedene Künstler das Volk der Roma und Sinti (Zigeuner), aber auch die am Rande der konventionellen Gesellschaft lebenden Schausteller und Gaukler. Die ‚naiven Sonntagsmaler‘, Dilettanten, brachten weitere Anregung und Künstler wie Henri Rousseau (1844-1910), dessen Werk keine formalästhetischen Bezüge zu seiner Zeit aufwies, wurden gefeiert. 9 Unter Freuds Einfluss wurde der Primitivismus oft in Verbindung mit dem ‚ Infantilismus‘ gebracht, der sich in der Form an die ästhetischer Gestaltung von Kindern und Geisteskranken anlehnte. Auch Walter Morgenthaler, auf dessen Schrift Ein Geisteskranker als Künstler: Adolf Wölfli ich im nächsten Kapitel ausführlich eingehe, beschreibt dies folgendermassen: „Das Primitive (Infantiles, Archaisches und ethnographisch Primitives) spielt bei Wölfli auch in der Form [der Ästhetik] eine grosse Rolle. […] die verschiedenen Kennzeichen der ideoplastischen Kunst, wie wir sie aus der grossen Literatur längst kennen, die wir auch in den Blättern von Wölfli immer wieder auffinden, es ist die ganze Einstellung, der ganze Geist, der uns aus der Persönlichkeit und ihren Werken entgegenweht, der uns an etwas Ursprüngliches gemahnt.“10 Nach dem zweiten Weltkrieg erlebte der Primitivismus eine Form von Renaissance, doch wurde nicht mehr in exotischer Ferne gesucht (der Heimische wurde als ‚Folklore‘ beschönigt), sondern es entstand ein neue Form von Archaismus in Form von Concept Art, Land Art und Performance Art. 11 Jean Dubuffet, der Initiator von Art brut, der eine ‚antikulturelle Position‘ vertrat, hatte zwar ein klares Programm, das er aber widersprüchlich handhabte. Die Definition schien sich „der
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Ebd., S. 127-155. Morgenthaler, Walter: Ein Geisteskranker als Künstler: Adolf Wölfli. MedusaVerl. Wien, Berlin 1985, S. 79. 11 Vgl. Beyme, Klaus: Die Faszination des Exotischen : Exotismus, Rassismus und Sexismus in der Kunst. S. 156f. 10
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Kategorisierung und stilistischen Bestimmungen“12 zu entziehen. Besonders hart kritisierte er die amerikanische, New Yorker Avantgarde, deren „‚primitivistisches Ethos‘ in abstrakte Formen verloren“13 gegangen sei. „Nur die ungezügelte Aggressivität und Wildheit- nicht eine humanistisch gebändigte Rezeption des Primitivismus - schien für Dubuffet ein Weg aus der Regression.“14 Neue Techniken aber auch Alltagsgegenstände, ein eigentlicher Experimentalismus, brachten der Avantgarde neue Inspiration und verdrängten Primitivismus und Archaismus. Der einschränkende Begriff Art brut wurde im Laufe der Zeit auf „jede überraschende avancierte Kunst angewandt und weitete sich zur ‘Outsider-Kunst’ schlechthin aus.“15 Die Sehnsucht nach dem ‚Exotischen‘ aber bestand und besteht weiter. Besonders Künstler decken heute noch diese Sehnsucht ab. Seitdem der Psychiater Cesare Lombroso (1835-1909) das Buch Genio e follia geschrieben hat, hält sich die romantische Vorstellung, dass Genie und Wahnsinn nahe beieinander liegen. Die Gesellschaft schreibet Künstlern oft eine gewisse ‚Verrücktheit‘ zu, geradezu ein Prädikat für Künstlertum und ihre ‚Genialität‘.16
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Ebd. Ebd. 14 Ebd. 15 Ebd. 16 Vgl. Feilacher, Johann (Hrsg.): blug, gugging-ein ort der kunst. Brandstätter Verl., Wien 2006, S. 24. 13
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2. Kunsthistorische Entwicklung
2. 1. Walter Morgenthaler: Ein Geisteskranker als Künstler: Adolf Wölfli 1921 erscheint die Schrift Ein Geisteskranker als Künstler geschrieben von Walter Morgenthaler (1882-1965), Psychiater in der Bernischen Kantonalen Irrenanstalt Waldau (heute UPD Waldau). Angeregt durch die Psychoanalyse, die um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert entstand, sammelten zahlreiche Psychiater Produkte ihrer Patienten zu diagnostischen Zwecken. So erfasste auch Morgenthaler zwischen 1908 und 1920 Zeichnungen und Schriften von Patientinnen und Patienten, insofern sie Zeichenformen enthielten, die zwischen Bild und Sprache angesiedelt waren. 17 Besonders dem künstlerischen Werk seines Patienten Adolf Wölfli(1864-1930), der zeichnete, malte, dichtete und komponierte, brachte Morgenthaler eine wertschätzende Haltung entgegen, worauf schon die Bezeichnung ‚Künstler‘ im Titel seines Buches, schliessen lässt. Das Interesse nicht nur ,,reiches und interessantes, psychiatrisches Material kritisch gesichtet vorzulegen“, sondern zu beweisen „[…] dass dieses Anders und Eigenartige gerade das ist, was unseren Kranken zum Künstler macht […]“ 18, machte die Schrift Morgenthalers so bedeutungsvoll. Ein Vergleich zwischen Wölfli und normalen Künstlern hielt Morgenthaler im Kapitel ‚Wölfli und normale Künstler‘ fest. Den Unterschied mache Wölflis Krankheit aus, aber den Willen zum Ausdruck, die besondere Art der affektiven Einstellung, durch die Sinnesempfindungen und ihrer Verarbeitung sei bei normalen Künstlern gleich. Ebenso wären infantile Züge, die er bei seinem Patienten bescheinigte, teilweise bei allen Künstlern nachzuweisen. 19 „Der Künstler bewahrt sich ganz allgemein eine viel unmittelbarere, naivere Stellung zur Umwelt oder zur Innenwelt, als sie der gewöhnliche Mensch meist hat.“20 Morgenthaler verwies aber auch auf die Introversion und das Mystische und hielt Künstler allgemein, wenn auch nicht jederzeit, für Mystiker. Auch Wölfli attestiert er dies, der durch immer stärker werdende Introversion in akuten Phasen seiner Krankheit solche Erlebnisse durchgemacht hatte.21 Weiter hielt Morgenthaler fest, dass die Zeichnungen der Kranken oft, mit Vorsicht zwar, den Zeichnungen gewisser moderner Künstler gegenüber gestellt werden könnten: „Tatsächlich ist auch nicht selten eine grössere oder geringere Ähnlichkeit zu finden.“22 Zum Schluss meinte Morgenthaler, dass er mit der vorliegenden Schrift nicht versucht habe, das Wesen des Künstlers zu ergründen, da es nicht nur ein Wesen gebe, sondern verschiedene und viele. Er hoffe aber „ein Stück Grundelement des Künstlers aber – und zwar ein Stück, das von der offiziellen Kunstwissenschaft wohl bisher zu wenig beachtet worden ist – mit der vorliegenden Arbeit aufgedeckt zu haben.“ 23 17
Vgl. Luchsinger, Katrin (Hrsg.): Pläne: Werke aus Psychiatrischen Kliniken in der Schweiz 1850-1920. Kronos Verl., Zürich 2008, S. 18. 18 Vgl. Morgenthaler, Walter: Ein Geisteskranker als Künstler: Adolf Wölfli, Medusa Verl. Wien, Berlin 1985, S. Vllf. 19 Ebd., S. 83. 20 Ebd. 21 Ebd., S. 84. 22 Ebd., S. 89. 23 Ebd., S. 91.
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2. 2. Hans Prinzhorn: Bildnerei der Geisteskranken Nur ein Jahr später, 1922, wird das Buch Bildnerei der Geisteskranken24 des Kunsthistorikers und Psychiaters Hans Prinzhorn (1886-1933) veröffentlicht. Mit seinem zusammengetragenen ‚Material‘ will er nicht Kriterien für pathologische Abweichungen von der sogenannten ‚Normalität‘ ergründen, sondern den Ursprung der Kreativität erforschen. Prinzhorn hatte die Gräueltaten des Ersten Weltkriegs erlebt und damit den Glauben an eine Vernunftkultur verloren. Mit dieser ‚Programmschrift‘ will er eine Neugründung von Kultur mit Werken von Anstaltspatienten als Modell einleiten.25 Prinzhorn hält fest, dass es weder inhaltliche noch formale Merkmale von Irrenkunst gibt und bestreitet damit den diagnostischen Nutzen. Auch er, wie Morgenthaler, anerkennt den ästhetischen Wert der Werke. Trotzdem spricht er von ‚Bildnerei‘, um eine vorschnelle Wertung der Werke als Kunst zu vermeiden. Er stellt aber diese künstlerischen Arbeiten über die akademische Kunst seiner Zeit, die er als „fast nur intellektuelle Ersatzkonstruktionen“ 26 bezeichnet. Dieses Buch Bildnerei der Geisteskranken versetzt Künstler wie Paul Klee, Oskar Schlemmer, Alfred Kubin, aber auch viele andere Kunstschaffende in Begeisterung. Obwohl man annehmen kann, dass die Schrift Morgenthalers unter einigen Künstlern bekannt war, erreicht das Werk von Hans Prinzhorn, der schon vor seiner Publikation Vorträge gehalten hat, einen grösseren Bekanntheitsgrad. Wie kaum ein anderer Künstler der Moderne beschäftigte sich Paul Klee (1879-1940) schon früh, 1902, mit den eigenen Kinderzeichnungen und der bildnerischen Kreativität von Kindern.27 Da er einen authentischen, unverbildeten Ausdruck suchte, erstaunt es nicht, dass er sich als einer der Ersten, 1912, mit Zeichnungen von Geisteskranken auseinandergesetzt hat. Noch vor dem Erscheinen der Publikation besuchte er die kleine Sammlung in Heidelberg (was nicht absolut gesichert ist28) und wahrscheinlich auch das Klinikmuseum Waldau. Klee bekannte sich offen zu seinen Inspirationen, die inhaltlich wie stilistisch eine Verbindung zu Werke von [Kindern und] Geisteskranken aufzeigte. 29 In seinen am Bauhaus gehaltenen Vorlesungen nahmen Klees Ausführungen über die Idee von Spontaneität und ursprünglicher Kreativität einen wichtigen Platz ein. So dürften die Arbeiten von Kindern und Geisteskranken nicht nur in seinen eigenen Arbeiten, sondern auch im Unterricht eine Rolle gespielt haben. Klee sprach aber auch von der geistigen und visionären Seite der Kunst von Geisteskranken und nannte sie „eine rein spirituelle Vision“30 Damit wird deutlich, dass
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Prinzhorn, Hans: Bildnerei der Geisteskranken : ein Beitrag zur Psychologie und Psychopathologie der Gestaltung. Heidelberg 1922, mit einem Geleitw. von Thomas Röske, Springer Verl., 8. Aufl., Wien 2011. 25 Vgl. Ebd., S. V. 26 Vgl. Ebd., S. IV. 27 Vgl. Baumgartner, Michael, Zentrum Paul Klee Bern (Hrsg.): Klee und Cobra – ein Kinderspiel. Hatje Cantz Verl., Ostfildern 2011, S. 12. 28 Vgl. Gregor Wedekind, „Paul Klee und die Bildnerei der Geisteskranken“, in: ungesehen und unerhört, Künstler reagieren auf die Sammlung Prinzhorn. Band 1:Bildende Kunst /Film/Video. Beyme, Ingrid von, Röske, Thomas (Hrsg.), Wunderhorn Verl., Heidelberg 2013, S. 44. 29 Vgl. Vögele, Christoph (Hrsg.): Bunt ist meine Lieblingsfarbe: Farbstift-und Ölkreidezeichnungen der Art brut und der Moderne. Kunstmuseum Solothurn, Kehrer Verl., Heidelberg 2004, S. 8f. 30 Peiry, Lucienne: Art brut: Jean Dubuffet und die Kunst der Aussenseiter. Edition Flammarion, Paris 2005, S. 30.
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formale und geistige Abstraktion für die frühe Moderne ebenso prägend war wie die Gestik von Fauvismus und Expressionismus. 31 Aus den Künstlerkreisen um Max Ernst begeisterten sich Freunde und Bekannte für die Publikation Prinzhorn. Ernst schenkte bei seiner Ankunft in Frankreich das Buch Bildnerei der Geisteskranken Paul Eluard, der es bei Hans Arp, Sophie Taeuber, Jean Dubuffet und André Breton bekannt machte. Sie und viele andere Künstler waren auf der Suche nach den Ursprüngen künstlerischer Prozesse, fasziniert von den zahlreichen Abbildungen, die diese fremdartigen Bereiche des Inneren darstellten. 32 Besonders die Surrealisten interessierten sich für alle (Spiel-)arten von absonderlichen Kunstäusserungen und unterzogen sich und ihre Kunst verschiedenster Methoden. Bretons und Eluards Identifikationen gingen soweit, dass sie „eine Reihe von pathologischen Krankheiten nachahmten, absurde Assoziationen, verrückte Ausschweifungen und chaotisch verbale Bilder vortäuschten.“33 Mit dem Beginn der 30er Jahre erfährt die Sammlung Prinzhorn eine Abwertung durch die Nationalsozialisten. 1937 wurde in München im Haus der Deutschen Kunst, die Ausstellung ‚Entartete Kunst‘ eröffnet, die danach als Wanderausstellung in neun deutschen und österreichischen Städten gezeigt wurde. Zur Diffamierung von Moderner Kunst wurden Werke von Künstlern wie Picasso, Nolde, Klee, Kandinsky, Chagall, Kirchner, Kokoschka denen von Anstaltspatienten gegenübergestellt, um das pathologisch Krankhafte zu zeigen.34 Nach Ausstellungsende wurden die Werke der Künstler aus den Museen entfernt, zerstört oder verkauft. Die Künstler wurden beim Ausüben ihrer Arbeit behindert, sie wurden verfolgt und ins Exil getrieben.35 Für viele Künstlerpatienten, auch Künstler, die in der Prinzhornsammlung erfasst waren, endete das Leben durch die ‚Aktion T4‘ in der Gaskammer.36
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Vgl. Vögele, Christoph (Hrsg.): Bunt ist meine Lieblingsfarbe: Farbstift-und Ölkreidezeichnungen der Art brut und der Moderne. S.10. 32 Vgl. Peiry, Lucienne: Art brut: Jean Dubuffet und die Kunst der Aussenseiter, S. 31. 33 Ebd., S. 32. 34 Ebd., S. 33. 35 Vgl. Vögele, Christoph (Hrsg.): Bunt ist meine Lieblingsfarbe: Farbstift-und Ölkreidezeichnungen der Art brut und der Moderne, S. 29. 36 Brand-Claussen, Bettina, Röske, Thomas, Rotzoll, Maike (Hrsg.): Todesursache: Euthanasie, Verdeckte Morde in der NS-Zeit. Wunderhorn Verl., Heidelberg 2012, S. 11 Als ‘Aktion T4‘ wird die Selektion und Tötung von Anstaltspatienten bezeichnet. Die zur Durchführung beauftragte Abteilung befand sich in der Berliner Tiergartenstr. 4.
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2. 3. Jean Dubuffet - Art brut Nach dem zweiten Weltkrieg hatte Jean Dubuffet (1901-1985) einige künstlerische Experimente hinter sich und ebenfalls zu Studienzwecken Afrika bereist37, als er mit der Avantgarde bricht, obwohl er deren Kunst als Erfindung schätzt. In theoretischen Texten opponiert er gegen die offizielle Kunst. Doch nicht nur Künstler geraten in sein Schussfeld, auch Historiker, Händler und Kunstliebhaber verdächtigt er, dass nur sie über ein Kunstverständnis verfügen und Berufung und Genialität des Künstlers verherrlichen. Nach seiner Meinung gibt es „[…] in jedem Menschen ein riesiges Reservoir an höchster Kreativität und geistiger Vorstellungskraft[...]“38. Dieses künstlerisch philosophische Denken, dass die Kunst „ein für jedermann offener Bereich ist, der überhaupt keine besondere Begabung, keine Bildung, und keine Einführung verlangt“ und es genügt, wenn jede Nachahmung vermieden wird, sich jeder „einfach so ausdrückt, weil es ihm Freude bereite[t], ohne falsche Scham“39, beflügelt Dubuffet nach dieser ‚authentischen‘ ‚rohen‘ Kunst zu suchen, die er ausserhalb der kulturellen Kunst zu finden glaubt. So schreibt er in „Anmerkungen für Schöngeister“: „[…] Ich liebe das Wenige an einer Sache. Ebenso liebe ich das Embryonale, das mangelhaft Gearbeitete, das Unvollkommene, das Gemischte. Ich bevorzuge die rohen Diamanten, in ihrem Gestein. Und mit Fehlern.“ 40 1945 reiste Dubuffet in die Schweiz und entdeckt die Kunst von Adolf Wölfli, Aloïse und Heinrich Anton Müller, wie auch die aus Brot gefertigten Figuren von Joseph Giavarini, der als Gefangener von Basel bekannt wurde. So erhält Dubuffet die Bestätigung, er war von der Publikation Bildnerei der Geisteskranken tief beeindruckt, […] „dass Millionen von Ausdrucksmöglichkeiten bestanden ausserhalb der erlaubten Wege und Kulturen.“ 41 In den nächsten zwei Jahren forscht Dubuffet nach Künstlern und Werken, die er in einer kleinen Veröffentlichungsreihe, sechzehn Ausgaben, ‚La situation des cahiers de L’Art brut‘ 42 zeigen will. In erster Linie geht es ihm aber um ein Vermitteln dieser Kunst, die nicht nur psychisch Kranken gewidmet sein sollte, […] „sondern allgemein eher Kunstwerken, die von Leuten geschaffen werden, die nicht den normalen Künstlerkreisen angehören, die über aktuelle Kunst wenig informiert sind oder bewusst davon abweichen.“ 43 „Die [Art brut] Künstler sind wie man sehen wird, meist Leute, die damit keine Karriere machen, sondern die sich ihrer Kunst nur gelegentlich widmen. Sie schaffen diese Werke für sich und zu ihrer eigenen Freude, ohne grossartige Lebensziele damit zu verfolgen, angetrieben nur von dem Bedürfnis, die Erlebnisse, die sich in ihrem Inneren abspielen, nach aussen zu tragen. Eine bescheidene Art von Kunst, die sich oft nicht einmal gewiss ist, Kunst zu sein.“ 44 Noch ist das Konzept der ‚L‘Art brut‘ nicht klar umrissen und Dubuffets Denken unterliegt noch teilweise dem Primitivismus der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert. Es zeichnet sich 37
Vgl. Beyme, Klaus: Die Faszination des Exotischen, S. 155. Peiry, Lucienne: Art brut: Jean Dubuffet und die Kunst der Aussenseiter, S. 35f. 39 Ebd., S 38. 40 Vgl. Franzke, Andreas (Hrsg.): Dubuffet, Jean: Die Malerei in der Falle, Antikulturelle Positionen. Gachnang & Springer Verl., Bern-Berlin 1991, S. 80. 41 Vgl. Peiry, Lucienne: Art brut: Jean Dubuffet und die Kunst der Aussenseiter, S. 44. 42 Ebd., S. 60. 43 Ebd., S. 57. 44 Vgl. Franzke, Andreas (Hrsg.): Dubuffet, Jean: Die Malerei in der Falle, Antikulturelle Positionen. S. 84. 38
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jedoch ab, dass er Werke, die ausserhalb der Norm westlicher ästhetischer Traditionen, der Hochkunst stehen, bevorzugt.45 1948 gründet Dubuffet mit sechs weiteren Mitgliedern in Paris die ‚Compagnie de L’Art Brut‘, damit seine Idee einer Sammlung juristisch verankert wird. Das Konzept beinhaltet eine Sammlungs- und Ausstellungstätigkeit, mit der Absicht, weitere Schriften zu publizieren. Dubuffets dualistische Ansichten, bei der sich ,echte Kunst‘ und ,falsche Kunst‘ gegenüberstehen, die er als eine Gegenkultur bezeichnet, sind ein wesentliches Prinzip, auf der seine Definition der Art brut beruht. ‚Seine‘ Künstler sind Autodidakten, die keine Anregung, keine Impulse bekommen und denen Kultur fremd ist. Diese Unkenntnisse schützen diese Künstler „vor jeder Art von Deformation durch vorsätzliche Lügen oder durch Mimesis.“46 Gleichzeitig hält er aber auch fest, dass Werke von Künstlern mit einer psychischen Erkrankung Gesunden gleich gestellt sind: „[…] dass die Wirkung der Kunst auf uns in allen Fällen die gleiche ist, und dass es ebenso wenig eine Kunst der Geisteskranken gibt wie eine Kunst der Magenkranken oder der Kniekranken.“ 47 Art brut soll sich nicht auf den mentalen Zustand des Künstlers stützen. „Wahre Künstler sind unter den Irren fast ebenso selten wie unter den normalen Menschen.“ 48 Dennoch wird der psychisch Kranke als eine Ausnahme angesehen, der dazu fähig ist, „alle Verkrustungen des Gewohnten zu durchbrechen, […] und die Übergänge zu schaffen, durch die sich die inneren Stimmen des wilden Menschen ausdrücken können.“49 Diese Aufwertung des Wahnsinns, die nach Dubuffets Meinung den Künstler vor jeglicher Beeinflussung schützen, ist doppeldeutig, da sie die Berechtigung und die Grenzen des Begriffs negiert. Künstlerisches Schaffen ist nach Dubuffet eng mit dem Wahnsinn verbunden. 50 Dubuffet formuliert, trotz der Vielfalt von Werken der Art brut, klare Vorgaben, welche den Begriff Art brut prägen: „Fehlen einer künstlerischen Ausbildung, Unkenntnis jeglicher kultureller Tradition, Neufindung der Phasen der Kreativität, Schaffung der Werke in der Anonymität, autarke Entwicklung der Kunst.“ 51 Seine Prinzipien erweitert er 1959 noch mit: ,,Gleichgültigkeit gegenüber jeglicher Anerkennung und Kommerzialisierung, Verwendung bescheidener technischer Mittel, glühende geistige Anspannung [Obsessivität], ungebremster Erfindergeist, Rausch und totale Freiheit.“ 52 Zu einem späteren Zeitpunkt räumt er ein, dass es Zusammenhänge zwischen der kulturellen Kunst und Art brut gibt. „Beide stehen sich nicht radikal gegenüber, sondern überschneiden einander und beeinflussen sich gegenseitig.“53 Seine eigenen künstlerischen Arbeiten, die er in dieser Zeit realisiert, sind stark von den Werken ,seiner‘ Künstler beeinflusst und erscheinen wie Kopien der Originale. Lucienne Peiry relativiert und schreibt: „Wenn es dabei ein Plagiat gegeben habe, dann sei es 45
Vgl. Peiry, Lucienne: Art brut: Jean Dubuffet und die Kunst der Aussenseiter, S. 60. Ebd., S. 91f. 47 Franzke, Andreas(Hrsg.): Dubuffet, Jean: Die Malerei in der Falle, Antikulturelle Positionen., S. 94. 48 Ebd. 49 Peiry, Lucienne: Art brut: Jean Dubuffet und die Kunst der Aussenseiter, S. 92. 50 Vgl. ebd., S. 123. 51 Ebd., S. 93. 52 Ebd., S. 121. 53 Ebd. 46
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ideologischer Art.“54 In den Worten des Künstlers und Sammlers: „ich wurde nie von der Art brut direkt beeinflusst, Ich wurde von ihrer Freiheit beeinflusst, eine Freiheit, die mir sehr geholfen hat: Ich habe sie als Beispiel genommen.“55 Obwohl Dubuffet sich selbst und seinen Mitstreitern Richtlinien zu Art Brut gibt, wie Vertraulichkeit, Verstecktheit und Abgrenzung vom kulturellen Milieu, verhält er sich äusserst inkonsequent und zieht Vorteile aus der Kommerzialisierung von Art brut-Werken.56 Gleichzeitig wacht er eifersüchtig über seine Sammlung und verteidigte sie autoritär als sein Monopol.57 In späteren Jahren, ab 1960, wird die Suche nach geeigneten Werken schwieriger, da sich psychiatrische Anstalten verändert haben, kunsttherapeutische Ateliers geschaffen wurden und Dubuffet die dort entstandene Kunst ablehnt. Neuen Auftrieb geben ihm Spiritisten, die ihn auf medial inspirierte Kunst aufmerksam machen. Zu diesem Zeitpunkt nimmt er auch Künstler in seine Sammlung auf, deren kulturelles Engagement er grundsätzlich ablehnt, „die […] eine künstlerische Ausbildung erhalten haben, aber in denen der Geist der Art brut weht.“58 Diese trennt er von der ,reinen‘ Art brut Sammlung und nennt sie ‚Collection annexes‘ (Nebensammlung), die 1982 als ‚Neuve Invention‘ in die Art brut Sammlungsgeschichte eingehen.59 1976 werden bei der Überführung der Sammlung nach Lausanne 6500 Objekte und mehr als einhundert Künstler verzeichnet. Heute, mit einem Bestand von mehr als sechzigtausend Werken, wird die Sammlung in Lausanne im Château de Beaulieu aufbewahrt, erforscht und ausgestellt. 60
54
Ebd., S. 99. Ebd., S. 100. 56 Vgl. ebd., S. 114f. 57 Vgl. ebd., S. 119. 58 Vgl. ebd., S. 145 59 Vgl. Ebd. 60 Vgl. Peiry, Lucienne: Collection de l’Art Brut, Lausanne. Mit Vorw. v. Sarah Lombardi, Edition Flammarion, Paris 2012, S. 11. 55
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2. 4. Leo Navratil und Gugging Von all diesen, meist englischen, Bezeichnungen, die eine Kunst ausserhalb der etablierten beschreiben, bedarf der Begriff ,zustandsgebundene Kunst‘ einer Erklärung. Der Psychiater Prof. Dr. Leo Navratil (1921-2006) hat sich, nach Morgenthaler und Prinzhorn, am intensivsten mit der Erforschung künstlerischer Werke psychisch Kranker auseinander gesetzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg beginnt mit dem Psychiater Leo Navratil eine neue Ära in der Landes-, Heil- und Pflegeanstalt Gugging, Kloster Neuburg (Österreich). Er lässt seine Patienten, vorerst zu diagnostischen Zwecken, zeichnen und beschrieb seine Erkenntnisse 1965 in seinem ersten Buch Schizophrenie und Kunst. „Fasziniert von den ungewöhnlichen Zeichnungen mancher schizophrener Kranker, hat sich mein diagnostisches Interesse bald in ein Interesse an den Beziehungen zwischen Psychose und Kreativität und dann zwischen Psychose und Kunst verwandelt.“61 Mit dem von ihm erschaffenen Begriff ,zustandsgebundene Kunst‘ hebt Navratil klar hervor, dass diese Kunst eng an die (psychische) Verfassung des Künstler(patienten) gebunden ist: „Zustandsgebundenheit bedeutet Einschränkung der Freiheitsgrade (in Bezug darauf, was man macht und wie man etwas macht) und vermehrte Kreativität. Der Unterschied zwischen der Kunst der Berufskünstler und der Patienten besteht darin, dass die Kunst der Berufskünstler mehr traditionsgebunden, kulturgebunden und zeitgebunden ist.“ 62 Obwohl Navratil die Begabung einzelner Patienten erkennt, schreibt er 1983: „Die künstlerische Qualität der Arbeiten unserer Patienten hängt mit denen psychotischen Störungen zusammen und zwar so, dass die Qualität der Arbeiten abnimmt oder völlig schwindet, wenn bei dem Patienten eine Heilung oder wesentliche Besserung eintritt.“63 In den siebziger Jahren entstehen Kontakte mit professionellen Künstlern. Navratil schreibt: „[…] dass die künstlerische Anerkennung der Gugginger Zeichner zu einem grossen Teil den Wiener Künstlern zu verdanken ist. Viele Maler und Schriftsteller haben die Gugginger Künstler kennengelernt; ich bin mit ihnen bekannt geworden und habe von ihnen Anregung empfangen.“64 Arnulf Rainer, Peter Pongratz und andere erkennen die Qualität der Werke und lassen sich für ihre eigenen Arbeiten davon inspirieren. Verkaufsausstellungen folgen und die Kunstwerke finden nach und nach internationale Beachtung. Das 1981 gegründete Zentrum für Kunst- und Psychotherapie, eine Wohngemeinschaft, in welcher sich psychiatrische Patienten künstlerisch betätigen konnten, wird unter Navratils Nachfolger Prof. Dr. Feilacher 1986 in Haus der Künstler umbenannt. Es (war) und ist das Ziel, dass Werke von Künstlerpatienten denen von professionellen Künstlern gleichgesetzt werden. Nicht die Krankheit steht heute im Mittelpunkt, sondern das Talent des einzelnen Künstlers. „Nicht als Künstlerpatienten sondern als Künstler – ohne psychopathologische Assoziationen – mit Recht auf volle Anerkennung, sowohl ihrer Kunst, 61
Navratil, Leo: Schizophrenie und Kunst. Fischer Verl., Frankfurt a. M. 1996, S. 11. Navratil, Leo: Die Künstler aus Gugging: zustandsgebundene Kunst. Ausstellungskatalog, Medusa Verl. Wien, Berlin 1983, S. 21f. 63 Ebd., S. 21. 64 Navratil, Leo: Schizophrenie und Kunst, S. 19. 62
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als auch als Mensch“65 wollen und sollen die Bewohner wahrgenommen werden. Für die heutige Kunst aus Gugging hat der Begriff ,zustandsgebundene Kunst‘ keine Bedeutung mehr. Die ehemalige Landesnervenklinik ist seit 2006 als Art Brut Center Gugging unter der Leitung von Prof. Dr. Johann Feilacher bekannt und beherbergt Museum, Galerie, Atelier, eine Veranstaltungshalle und zahlreiche Archiv- und Arbeitsräume. Auf dem Gelände befindet sich auch das Haus der Künstler.
65
Feilacher, Johann (Hrsg.): blug, gugging-ein ort der kunst, S. 10.
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2. 5. Harald Szeemann Mit Harald Szeemann (1933-2005) eröffnet einer der kreativsten und innovativsten Ausstellungsmacher den Diskurs zwischen der zeitgenössischen und der Aussenseiterkunst. Als Leiter der Kunsthalle Bern initiiert und organisiert er 1963 die Ausstellung ,Bildnerei der Geisteskranken, Art brut, Insania Pingens‘. Als Rückblick auf die Ausstellung schreibt Szeemann damals: „In einer Ausstellungsreihe über unbekannte Regionen und Randgebiete bildnerischen Schaffens vermittelte die Kunsthalle Bern im September anhand von Werken 17 schizophrener Bildner aus der Sammlung Heidelberg, Lausanne, Paris und Waldau-Bern einen Überblick über das Thema. Die Ausstellung war nicht als Illustration von Krankengeschichten gedacht, sondern wurde vom Bilde, von der Intensität des Ausdrucks gestaltet.“66 Die Ausstellung löst ein grosses Echo aus und macht die Werke und ihre Künstler, sogenannte Geisteskranke, über die Grenzen hinaus bekannt. Noch befürchten professionelle Künstler eine Abwertung ihrer Arbeiten, wenn diese im gleichen Ausstellungsraum wie die Werke von Geisteskranken gezeigt werden. Es ist eine Haltung, die sich auf eine Ideologie stützte, die Künstler und ihre Werke idealisiert. 67 So schreibt Szeemann in einem Beitrag: „Die Position der ‘entarteten Kunst‘ ist eine Bejahung, wie seinerzeit die der Kunst von der Naturvölker, und einer Befragung gewichen. Und die Befragung ergab das Gegenteil von früheren Behauptungen[…] sie ergab vor allem ein Wegrücken von der statischen Bildbetrachtung, Bildvergleichung, inhaltlicher Anortstrukturanalyse. Nicht mehr um an Kunst gemessene Inhalte und Formen, sondern um Verhaltensweisen, Weltbilder, fluktuierende Energien, die durch Krankheit ungleich stärker sich äussern, als Modellfälle, seismographischer als bei normalen Künstlern und mehr zustandshaft als bei diesen. Man könnte direkt sagen, dass der geistig-normale Künstler heute zu vernachlässigen ist, dass seine Produkte obsessions- und saftlos angewandte Kunst sind […].“68 1972, mit der documenta 5, die unter der Losung ‚Befragung der Realität – Bildwelten heute‘ angezeigt wurde, erreicht Szeemann, dass gezeigte Beiträge von Psychiatriepatienten öffentlich, teilweise kontrovers, diskutiert werden. Er ist überzeugt, dass Art brut und zeitgenössischen Kunst gleich betrachtet werden müssen. In der Ausstellung ‚Visionäre Schweiz‘ (1991) zeigt Szeemann Künstler, Visionäre und Aussenseiter. Klee und Giacometti gemeinsam mit Aloïse, Heinrich Anton Müller und Soutter, Hodler und Lohse mit Huemer, einem Niklaus von Flüe und einem Henry Dunant. Er schreibt im Vorwort: „[…]dies ist keine polemische Ausstellung. Es ist eine Hommage an eine bestimmte Art von Kreativität […].“ 69 Mit seinem unveröffentlichten Beitrag ‚Ein neues Museum für Lausanne, Die Collection de L’Art Brut‘ kritisiert Szeemann die Institution „[…]doch scheint nach allen Vorbehalten 66
Szeemann, Harald: Individuelle Mythologien. Merve Verl., Berlin 1985, S. 125f. Vgl. Bezzola, Tobia, Kurzmeyer, Roman (Hrsg.): Harald Szeemann- with by through because towards despite. Catalogue of all exhibithions. 1957-2005, Voldemeer, Zürich 2007, S. 89. 68 Szeemann, Harald: Individuelle Mythologien, S. 83f. 69 Szeemann, Harald (Hrsg.): Visionäre Schweiz. Sauerländer Verl., Aarau 1991, S. 7. 67
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Dubuffets gegen den kulturellen Ort, das Museum, dieses doch gesiegt zu haben.“70 Zum einen sind es die Ausstellungsräume, die er als wenig einladend empfindet, zum anderen wird das Obsessive der Künstler nicht mehr sichtbar, aber vor allem beanstandet er, dass Wölfli kulturell nicht unbeeinflusst gewesen sei. Gelungen sei Dubuffet die Befreiung des schöpferischen Potentials aus den ‚Klauen‘ der psychiatrischen Anstalten, doch „[…] nun geht es um die Schaffung des Museums der Obsessionen unserer Zeit.“ 71 Harald Szeemann hat als Kurator die Kunst mit seinen Ausstellungsformen nachhaltig beeinflusst.
70 71
Szeemann, Harald: Individuelle Mythologien, S. 146. Ebd., S. 148.
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3. Akademisch ausgebildete Künstler nehmen Bezug auf historische Vorbilder, auf Künstler der Art brut/Outsider Art
Seit den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts haben sich Künstler, sowohl in Europa als auch in den USA, in ästhetischer, formaler, philosophischer und spiritueller Hinsicht von Art brut/Outsider Art beeinflussen lassen und haben diese Kunst gesammelt. Inspirationsquellen waren in den Anfängen Publikationen, später zusätzlich vermehrt Ausstellungen, die Art brut und Outsider Art gezeigt haben. Wichtige Sammlungen wie die Collection L’Art Brut in Lausanne oder die Sammlung Prinzhorn in Heidelberg, das Psychiatrie Museum Waldau Bern und Gugging in Klosterneuburg bei Wien haben wesentlich zur Bekanntheit dieser Werke beigetragen. 72 Heute existiert neben grösseren und kleineren Ausstellungsorten eine grosse Anzahl von Begleitheften, Katalogen und Publikationen, die sich der Kunst der Art brut, der Kunst des Marginalen, der Aussenseitern und der Kunst des Mediumismus widmen. Zeitschriften wie Raw Vision (Hrsg. John Maizel), internationale Kunstmessen (z. B. Outsider Artfair in New York, seit 1993), Galerien (z. B. von Susanne Zander in Köln, seit 1988) tragen dazu bei, dass das Interesse an dieser Kunstform in den letzten zwanzig Jahren stetig zugenommen hat. Noch 2005 kritisierte Lucienne Peiry, dass die Bedeutung der Art brut und Outsider Art für die zeitgenössische Kunst nicht untersucht worden sei und nur spezielle Studien sich Berührungspunkten zugewandt hätten, obwohl die Thematik zentral für die Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts sei.73 Dies war schon Jahre zuvor, 1993, bei der Ausstellung in der Kunsthalle Basel ‘Parallel Visions‘ von Maurice Tuchman thematisiert worden. 74 Inzwischen scheint eine wachsende Anzahl von Kuratoren und Kuratorinnen sich mit dieser Thematik zu beschäftigen, wie die Ausstellungsreihe im Hamburger Bahnhof, Berlin, ‘Secret Universe‘ (Claudia Dichter, Udo Kittelmann) oder die Biennale von Venedig 2013, ‘Il Palazzo Enciclopedico‘ (Massimo Gioni) gezeigt haben. Wichtig scheint für zeitgenössische, ausgebildete Künstler, wie schon bei der Ausstellung ‘Parallel Visions‘ erkannt wurde, nicht der formale, stilistische Ausdruck der Aussenseiter, sondern „das expressive Potential des schöpferischen Akts“ 75. „Der Sinn für das Wesentliche, die Intensität, und das Fehlen von Rafinessen sind das, was die Mainstream Künstler an den Aussenseitern fasziniert, und nicht so sehr irgendein Stil oder Thema.“ 76 Wie Thomas Röske und Ingrid von Beyme im Katalog ungesehen und unerhört festhalten, steht für KünstlerInnen heute oft die Erforschung der Lebenswirklichkeit historischer Psychiatriepatienten hinter ihren Werken im Vordergrund. Die zahlreichen Arbeiten, die in den vergangenen Jahren Bezug zur Sammlung Prinzhorn genommen haben, zeigen dies auf. KünstlerInnen entdecken in diesen Werken, wie damals die Avantgarde der 1920er Jahre, Verwandtschaften zu ihrer 72
Vgl. Peiry, Lucienne: Art brut: Jean Dubuffet und die Kunst der Aussenseiter, S. 236. Vgl. ebd. 74 Vgl. Tuchman, Maurice, Eliel, Carol S. (Hrsg.): Parallel Visions. Los Angeles County Museum of Art ; Princeton University Press, Princeton (NJ )1992, S. 3. 75 Ebd., S. 10. 76 Ebd. 73
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eigenen künstlerischen Arbeit. Die Auseinandersetzung mit den Werken kann als Bestätigung des eigenen künstlerischen Weges dienen, aber auch als Antrieb für die persönliche Entwicklung betrachtet werden.77 Parallelen zwischen In- und Outsidern sind teilweise gut dokumentiert, besonders Malerei und Zeichnungen, die Bezug zu Kunst von Aussenseitern nehmen, sind stark vertreten. Doch auch „Bildhauer haben sich von den Environments wie den idealen Palast des Briefträgers Cheval in Hauterives, die Türme von Simon Rodia in Watts, Los Angeles und die Konstruktionen von Clarence Schmidt in Woodstock“ 78inspirieren lassen. So wird der Impuls, den Jean Tinguely von Anton Heinrich Müllers Maschinenkonstruktionen erhalten hat, verschiedentlich erwähnt; ausführlich im Katalog Heinrich Anton Müller: 1869-1930, Katalog der Maschinen, Zeichnungen und Schriften.79 Stilistische Anleihen sind oft erkennbar, wie zum Beispiel bei Julian Schnabels Werk, das Bezüge zu August Wallas Schriftbild und Träger aufweist. 80 Aber auch Annette Messagers ‚Jardin du Tendre‘ von 1988 lässt Bezüge zum ,Enzyklopädischen Garten‘ von Armand Schulthess erkennen.81 In den 1960er Jahren ist es besonders Georg Baselitz, der ,Anleihen‘ an die Malerei von Aussenseitern macht, und in den Gemälden von A. R. Penck besteht eine Verwandtschaft mit den Werken Louis Soutters.82 Arnulf Rainer hat sich schon früh und intensiv mit der Kunst der Art brut/Outsider Art auseinandergesetzt und überarbeitet bis heute Werke aus der Sammlung Prinzhorn, indem er sie durch seine Eingriffe ,dynamisiert‘. 83 USamerikanische Künstler haben sich intensiv mit dem Werk von Henry Darger auseinandergesetzt, was sich in einem eigentlichen ‚Dargerism‘ niedergeschlagen hat.84 Zwischen zeitgenössischen Künstlern und Miroslav Tichy hat sich eine Form des Austausches entwickelt. Doch dieser Austausch beinhaltet nicht nur den Bezug zu Fotos von Tichy, sondern einen gegenseitigen Austausch von Werken.85 Max Matter, ein Schweizer Künstler, hat mit grosser Intensität das Werk von Adolf Wölfli in sein Schaffen aufgenommen. Für eine Fotoperformance liess er sich von seinen Zeichnungsschülern dieselbe schwarze Augenmaske aufs Gesicht malen, hinter der auch Wölflis sein Selbstbildnissen verbirgt.86 Bezüge werden auch in neuen Medien realisiert, wie die Videoinstallationen in der Sammlung Prinzhorn von Javier Téllezs Rotations oder CoRPo SaNTo von Dias und Riedweg zeigen.87 77
Vgl. Beyme, Ingrid von, Röske, Thomas, „ungesehen und unerhört, Künstler reagieren auf die Sammlung Prinzhorn.“, in: ungesehen und unerhört, Band 1, S. 12. 78 Peiry, Lucienne: Art brut: Jean Dubuffet und die Kunst der Aussenseiter, S. 236. 79 Vgl. Kurzmeyer, Roman (Hrsg.): Heinrich Anton Müller: 1869-1930, Katalog der Maschinen, Zeichnung und Schriften: Ausstellungen Kunstmuseum Bern, Basel, Frankfurt a. M., Stroemfeld/Roter Stern, 1994, S. 191. 80 Vgl. Peiry, Lucienne: Art brut: Jean Dubuffet und die Kunst der Aussenseiter, S. 241f. 81 Vgl. ebd., S. 142. 82 Vgl. ebd., S. 144f. 83 Vgl. Beyme, Ingrid von, Röske,Thomas, „ungesehen und unerhört, Künstler reagieren auf die Sammlung Prinzhorn.“ in ungesehen und unerhört, Band 1, S. 12. 84 Vgl. http://www.folkartmuseum.org/sites/folk/files/Dargerism.pdf. Stand 16. 10.13. 85 Wipplinger, Hans-Peter, Hoesle Adi, (Hrsg.): Artist for Tichy-Tichy for Artists. Museum Moderne Kunst, Stiftung Wörlen, Passau 2007. 86 Vgl. Vögele, Christoph (Hrsg.): Bunt ist meine Lieblingsfarbe : Farbstift-und Ölkreidezeichnungen der Art brut und der Moderne, S. 16. 87 Vgl. Peter Cross „ungesehen und unerhört, Das Karnevaleske als Medium der Reaktion südamerikanischer Künstler auf die Sammlung Prinzhorn“, in: ungesehen und unerhört, Künstler reagieren auf die Sammlung Prinzhorn. Band 1, S. 290.
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Doch nicht nur die Bildende Kunst ist durch Aussenseiter beeinflusst, auch in der Musik und in der Komposition ist deren Einfluss seit Jahren hör- und erlebbar. Besonders die Texte von Adolf Wölfli haben Musiker zu Vertonungen angeregt. Wölfli selber gab oft musikalische Hinweise, wie diese Werke zu verstehen sind. Zudem war er der Ansicht, dass Musiker seine Trauermärsche hätten spielen können.88 Von den Werken aus dem Künstlerhaus Gugging hat sich 1995 auch der Rockmusiker David Bowie beeinflussen lassen, dessen zwanzigstes Album ‚Outside‘ davon geprägt ist.89 Schriftsteller wie Ernst Jandl, André Heller und Gerhard Roth haben ebenfalls Gugging besucht und liessen sich von den dortigen Künstlern inspirieren. 90 Der Schriftsteller und Literaturwissenschaftler W. G. Seebald pflegte Kontakte mit dem Gugginger Schriftsteller Ernst Herbeck, wovon der Prosaband Schwindel. Gefühle von 1990 zeugt.91 1979 erschien die Erzählung Der Mensch erscheint im Holozän von Max Frisch. Ihm wurde unterstellt, dass der Protagonist Herr Geiser autobiografische Züge aufweise, was er entschieden zurückwies. Frisch liess aber durchblicken, dass ihn ein Mann namens Armand Schulthess, „ehedem ein Beamter, ein Eremit, der jetzt im Alter alles wissen wollte“ und ein enzyklopädisches Werk schuf, ihn angeregt hatte.92 Die Liste der Künstler, die sich mit Werken der Art brut/Outsider Art auseinandergesetzt haben, könnte noch weiter geführt werden. Trotz all der wertvollen Bezüge, die zur Kunst der Aussenseiter geschaffen wurde und wird, scheint mir die Anmerkung wichtig, dass Künstler zu Zeiten von Paul Klee, wie auch heute noch „spielerisch unter dem Schutz des Systems Kunst höchst bewusst inszenieren“93 konnten und können. Im Gegensatz liegt den Arbeiten von Psychiatriepatienten eine existenzielle Notwendigkeit zugrunde, „eine zwanghafte Erfahrung der Abweichung von konventionellen Normen“ 94, die in der Vergangenheit zur Folge hatte, dass diese Menschen in Anstalten gebracht wurden.
88
Vgl. Peiry, Lucienne: Art brut: Jean Dubuffet und die Kunst der Aussenseiter, S. 248 f. Ebd., S. 250. 90 Vgl. http://austria-forum.org/af/AEIOU/Gugging. Stand, 10. 11. 2013. 91 Vgl. Sebald, W. G.: Schwindel. Gefühle. Eichborn Verl., Frankfurt a. M. 2001, S. 44 -57. 92 Vgl. Schmitz, Walter: Max Frisch: Das Spätwerk (1962-1982). Eine Einführung, A. Francke Verl., Tübingen 1985, S. 142. 93 Gregor Wedekind „Paul Klee und die Bildnerei der Geisteskranken“ in: ungesehen und unerhört, Künstler reagieren auf die Sammlung Prinzhorn. Band 1, S. 49. 94 Ebd. 89
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4. Biografie
Biografien von Aussenseiterkünstlern werden häufig in einer Form dargestellt, die heute nicht mehr zeitgemäss scheint. Dargestellt wird eine Lebensbeschreibung, die auf einem tradierten Künstlermythos beruht.
Das Bild des Künstlers Der bürgerlichen Gesellschaft dient das Bild des Künstlers allgemein als Projektionsfläche. Auf diese werden oft klischeehafte Vorstellungen einer Existenz projiziert, die sozial ungebunden ist, selbstbestimmt arbeitet und sexuell freizügig lebt. Doch wie immer, wenn solche Wünsche durch andere verkörpert werden, sind die Reaktionen darauf ambivalent: Einerseits unterschwellige Verachtung und Ausgrenzung, andererseits Faszination und Verehrung.95 Bei Art brut-/AussenseiterkünstlerInnen kommt hinzu, dass ihre Biografie, die häufig durch Krankheit und sozialen Status von der Norm abweicht, den Mythos von ,Genie und Wahnsinn’ begünstigt. Art brut-/AussenseiterkünstlerInnenbiografien sind deshalb besonders anfällig, mythisiert und zu Legenden stilisiert zu werden. „Zum Genie wird man […] nicht allein durch hervorragende Begabung, sondern man wird von der Öffentlichkeit zum Genie erklärt. Genie ist, wen man in einer bestimmten Zeit und Kultur dafür hält.“ 96 Das Gleiche gilt für ‚Verrücktheit‘, psychische Erkrankungen und ihre Stigmatisierung. 97 So hat sich „der Mythos vom schizophrenen Künstler Adolf Wölfli auf die Rezeption seines Werkes ausgewirkt“98 und „die zeitgenössische Literatur hält an diesem Gemeinplatz, der die (vermeintliche) Verwandtschaft zwischen Schizophrenie und Kunst erklärt“ 99 fest. Die Legende vom Künstler als Bohemien und Aussenseiter, Prophet, Genie und ‘Wahnsinniger‘ hat eine lange Tradition, wozu der Umstand beigetragen hat, dass dieses Künstlerbild „hochgradig flexibel und variabel ist und durchaus unterschiedliche, gar gegensätzliche Tendenzen einzuschliessen vermag.“100 Der Künstlermythos hat sich im Verlauf der Moderne verändert und viele Erweiterungen und Wandlungen erlangt. Dazu haben Künstler selber beigetragen, indem sie „das Märchen vom Schöpfertum des Künstlers“101 revidiert und weiterentwickelt haben. So geschah dies zum Beispiel in der ersten Hälfte des 20. Jh. durch die Einführung des Zufalls, der Orientierung an den
95
Vgl. Sabine Faster, „Themen und Positionen der aktuellen Künstler/innenforschung“, in: Die Wiederkehr des Künstlers. Faster, Sabine (Hrsg.), Böhlau Verl., Köln 2011. S. 11. 96 Thomas Anz, „Autoren auf der Couch? Psychopathologie, Psychoanalyse und biographisches Schreiben“, in: Grundlagen der Biographik. Theorie und Praxis des biographischen Schreibens. Klein, Christian (Hrsg.), J. B. Metzler Verl., Stuttgart 2002. S. 88f. 97 Vgl. Thomas Röske, „Zeichnungen von Millionenwert“, in: Die Wiederkehr des Künstlers. S. 58. 98 Martin Stingelin, „Wölflis Moderne“, in: Portrait eines produktiven Unfalls – Adolf Wölfli. Dokumente und Recherchen. Hunger, Bettina (Hrsg.), Stroemfeld/Nexus Verl., Basel Frankfurt a. M. 1993. S. 13. 99 Ebd., S. 20. 100 Sabine Faster , „Themen und Positionen der aktuellen Künstler/innenforschung“, in: Die Wiederkehr des Künstlers. S. 11. 101 Ebd., S. 12.
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Zeichnungen von Kindern und Werken von Psychiatriepatienten, wie auch den Methoden der Ecriture- oder Design automatique.102
Kreativität heute „Die Diversifizierung des Künstlerbildes und die Integration nichtkünstlerischer Tätigkeiten in das Rollenprofil des Künstlers bzw. der Künstlerin [zum Beispiel Forscher oder Manager] bilden in der aktuellen Entwicklung aber nur die eine Seite der Medaille. Die andere Seite besteht darin, dass die Kreativität über das Künstlerische im engeren Sinne hinaus eine Aufwertung erfährt und der Künstler zum neuen gesellschaftlichen Rollenideal erhoben wird.“103 Dass diese Sehnsucht nach einer ursprünglichen Kreativität auch bei zeitgenössischen KünstlerInnen, ja, ganz allgemein in der Gesellschaft existiert, erstaunt nicht, leben wir doch in einer Zeit, in der Virtualität und Artifizielles unseren Alltag bestimmen. Werke von Aussenseiterkünstler werden als besonders authentische, echte und ursprüngliche empfunden.
Kunstgeschichte Anfänglich war die Kunstgeschichte eine reine Künstlergeschichte. Vasaris Viten wurden 1550 publiziert. Lange Zeit wurden diese Viten hauptsächlich fortgeschrieben, korrigiert, ergänzt und ausgeschmückt. Im 18. Jahrhundert begann sich die Kunstgeschichte zu einer historischen Wissenschaft zu entwickeln. 104 Im 19. Jh. setzte sich nicht nur die Verwissenschaftlichung der Kunstgeschichte, sondern auch die mythisierende Vorstellung vom Künstler fort. Dieser Künstlermythos wurde von den Künstlern selber entsprechend gefördert. Die Vita, insbesondere das Liebes- und Seelenleben des einsamen, heroischen Künstlers, stand für das kunstinteressierte Publikum im Vordergrund und dokumentierte sozusagen das Werk.105 Die Legende vom Künstler, die typischen und immer wiederkehrenden biografischen Formeln der frühen Kunstliteratur, haben Ernst Kris und Otto Kurz untersucht. Weitgehend aus der Antike übernommen, haben solche Formeln lange Zeit die Lebensbeschreibung der Künstler und durch sie das Bild vom Künstler schlechthin geprägt.106 Als Gegenbewegung lehnten Kunsthistoriker wie Aby Warburg und Alois Riegl es ab, „künstlerische Artefakte primär aus der Subjektivität ihrer individuellen Urheber heraus zu erklären.“107 Sie erdachten stattdessen komplexe Modelle zur Deutung der Kunstentwicklung. In der Kunstwissenschaft des 20. Jh. finden sich verschiedene Bemühungen, den 102
Vgl. ebd. Ebd. 104 Vgl. ebd., S. 16. 105 Vgl. ebd. 106 Vgl. Ulrich Raulff, „ Das Leben - buchstäblich. Über neuere Biographik und Geschichtswissenschaft“, in: Grundlagen der Biographik, S. 56. 107 Sabine Faster, „Themen und Positionen der aktuellen Künstler/innenforschung“, in: Die Wiederkehr des Künstler, S. 17. 103
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Biografismus zu überwinden. Das Nachzeichnen des genialen Schöpfers und Bohemiens ist in der aktuellen Kunstwissenschaft und -geschichte kein Thema mehr. Heute sind Kunstforschung und -vermittlung bestrebt, „die Verbindung von Biografie und Sozialstatus, psychischer Konstitution, Habitus und Werk als komplexe Konstruktion“ 108 zu verstehen und entsprechend ihrer spezifischen historischen Situation zu analysieren. Heutige Ausstellungskataloge zeigen von zeitgenössischen, ausgebildeten KünstlerInnen meistens ein reduziertes biografisches Bild, das auf einigen wenigen faktischen Daten beruht, dargestellt in tabellarischer Form. Die biographischen Angaben zu AussenseiterkünstlerInnen hingegen beinhalten oft eine detaillierte Lebensbeschreibung und sind häufig pathologisierend. Schon zur Zeit der ‚Entdeckung‘ der Art brut-Künstler, ab 1910, sind diese zwei verschiedenen Darstellungsformen üblich. Ausgebildete KünstlerInnen haben die Rezeption ihrer Person kontrolliert und gesteuert, wie es auch heute noch der Fall ist. Art brut-/AussenseiterkünstlerInnen war dies nicht möglich und unmöglich ist es teilweise für Outsider auch heute noch.
Biografische Selbstinszenierung Eine biografische Selbstinszenierung, bei der Werk und Künstlerpersona verschmelzen, kann als künstlerische Strategie gewertet werden. Diese wird zuweilen nicht nur vom KünstlerInnen eingesetzt, sondern auch von Kritikern und Kuratoren mitgetragen. Julian Schnabel versucht sich gezielt durch „Selbststilisierung in Selbstportraits oder durch Kultivierung von performativen Auffälligkeiten in der Öffentlichkeit“ 109 auf dem Kunstmarkt zu behaupten. Jonathan Meese, der sich und sein persönliches Umfeld inszeniert und damit polarisiert, „beherrscht das gesamte Spektrum der medialen Gestaltungsmöglichkeiten und setzt diese gezielt ein.“110 Selbstinszenierung kann auch zum Werk per se werden wie zum Beispiel bei der britischen Künstlerin Trace Emin oder der Künstlerin und Autorin Elke Krystufek. Selbstverständlich sind die Biografien in Ausstellungskatalogen der erwähnten KünstlerInnen in tabellarischer Form und ohne pathologisierende Angaben.
Biografie als Begründung Biografien von Art brut-/AussenseiterkünstlerInnen, aber auch von zeitgenössischen KünstlerInnen, sind bis in die heutige Zeit eine Mischung aus Fakten und Fiktionen und bedienen sich häufig einer Erzählweise, wie sie das Publikum liebt. Das Interesse an der Biografie ergibt sich aus einer verständlichen Neugier, doch ist sie auch ein Instrument, das bei der Analyse von Werken und Epochenstrukturen hilft. 111
108
Ebd. Ebd., S. 19. 110 Karlheinz Essl, „Vorwort“, in: Jonathan Meese – Fräulein Atlantis. Essl Museum Kunst der Gegenwart, Prestel Verl., München 2008, S. 8. 111 Vgl. Peter-André Alt, „Mode ohne Methode? Überlegungen zu einer Theorie der literaturwissenschaftlichen Biographik“, in: Grundlagen der Biographik, S. 31. 109
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Bei AussenseiterkünstlerInnen kommt hinzu, dass oft versucht wird, ein anderes Weltbild, die Wahrnehmung einer anderen Realität, durch die Biografie zu erklären. Werke von AussenseiterkünstlerInnen, deren visuelle Darstellung scheinbar keinem Stil entspricht, keiner kunstgeschichtlichen Epoche zugeordnet werden kann/soll und somit keine Verortung erfährt, weder in der vergangenen noch gegenwärtigen Kunstgeschichte, werden so legitimiert. Mit dem Erzählen des Kontexts, in dem das Werk geschaffen wurde, werden zusätzliche Information transportiert, aber auch Emotionen, die das Publikum zu einer Auseinandersetzung mit dem Werk anregen sollen.112 Am Beispiel des Künstlers Bill Traylor mit einer afroamerikanischen Herkunft schreibt Roman Kurzmeyer, dass „Zeichnungen aufgrund seiner Lebensgeschichte nicht zu erwarten“113 waren und seine Biografie sie auch nicht erklärte. In seinem nächsten Umfeld wurde er nicht als der Künstler wahrgenommen, „den wir heute in ihm zu erkennen glauben.“114 Über lange Zeit wurde Traylors Biografie wie eine Legende weitererzählt. Mit den zunehmenden Kenntnissen über die Lebensumstände hat sich aber das Verständnis für Traylors Schaffen, seine Motivwahl, verändert. 115 Ähnlich verhält es sich mit Adolf Wölfli, der erst in der Anstalt als Künstler entdeckt wurde, „nicht weil die Krankheit sein künstlerisches Talent freigelegt hätte, sondern primär, weil er in der Waldau in Walter Morgenthaler einer Person begegnete, zu deren sozialer Tradition es gehörte, Kunst zu pflegen und zu kaufen.“116 Auch heute noch haben für Sarah Lombardi117, Leiterin der Collection de l’Art Brut, einige der biografischen Kriterien nach Dubuffet ihre Wichtigkeit nicht verloren. Die Kriterien umfassen das Fehlen einer künstlerischen Ausbildung, die Schaffung der Werke in der Anonymität, eine autarke Entwicklung der Kunst, die Gleichgültigkeit gegenüber Anerkennung und Kommerzialisierung, Verwendung bescheidener technischer Mittel und Obsessivität. Damit lässt sich nach ihrer Aussage der elementare Unterschied zwischen einem Art brut- und einem ausgebildeten Künstler/Künstlerin aufzeigen. Dass das Kriterium des fehlenden kulturellen Einflusses schon zu Zeiten von Dubuffet nicht einlösbar war, zeigt auch Adolf Wölfli. Er verwendete für seine Arbeiten Vorlagen wie Zeitungen und Zeitschriften. „Die zahlreichen Belege von Bibelzitaten, Klassikerzitaten und Volksliedern sowie die im Werk selber markierten Verweise auf die illustrierte Zeitung ‘Über Land und Meer‘ machen deutlich, dass Wölfli nicht unbelesen war.“ 118 Er bediente sich auch Reklamen wie der ,Campell’s Tomato Soup‘, lange bevor Andy Warhol sie für seine Kunst entdeckt hat. Wölfis Rückgriff auf die Reklame setzt sich auch in seinem Spätwerk fort.119
112
Vgl. Interview mit Markus Landert, 6. Juni, 2013, S. 36. Roman Kurzmeyer, „Pflug und Stift“, in: Bill Traylor, 1854-1949. Deep Blues. Helfenstein, Josef, Kurzmeyer, Roman (Hrsg.), Ausstellungskatalog Kunstmuseum Bern, DuMont Verl., Köln 1998, S. 11. 114 Ebd. 115 Ebd. 116 Bettina Hunger, „Das bewegte Leben der Familie Wölfli oder Die Modernisierung der Armut im Kanton Bern 2. Hälfte 19. Jahrhundert“, in: Portrait eines produktiven Unfalls – Adolf Wölfli, S. 35. 117 Interview mit Sarah Lombardi, 19. August, 2013, S. 65. 118 Ralph Schröder, „Adolf Wölfli als Leser“, in: Portrait eines produktiven Unfalls – Adolf Wölfli, S. 215. 119 Vgl. ebd., S. 284. 113
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Nebst ihrer Verpflichtung, das Erbe Dubuffets zu schützen, grenzt sich die Institution Collection de l‘ Art Brut mit ihrem Kriterienkatalog gegen andere Museen ab und sichert sich so ihren Platz in der immer grösser werdenden Museumslandschaft. Für den auf Art brut/Outsider Art spezialisierten boomenden Kunstmarkt ist die Biografie geradezu substanziell und liefert wichtige Verkaufsargumente.
Psychiatrie-Biographien Bis 1930 wurden die meisten Bilder und dreidimensionalen Arbeiten aus den psychiatrischen Anstalten nicht als Kunst verstanden und vernichtet. Werke, die ‚überlebt‘ haben und heute als Kunst betrachtet werden, existieren aufgrund ihrer Rezeption durch Kunstinstitutionen: Kunsthistoriker, Kuratoren, Kritiker, Publikum, Galerien und Kunstmarkt. Zu künstlerischem Schaffen wurden die Langzeitpatienten zwischen 1850 und 1930 nicht ermuntert, aber Zeichnen, Malen, Schnitzen und Handarbeit wurden geduldet, da dies eine gewisse Ruhe garantierte.120 Es wurde, wie Thomas Röske, Leiter der Sammlung Prinzhorn, schreibt, „gezeichnet und gemalt, um damit oder mit den Ergebnissen magisch auf die Realität zu wirken“, oder „die eigene Sicht, diejenigen Ereignisse […] die zur Einweisung des Betreffenden geführt hatten“ 121, aufzuzeigen. Es wurden „vermeintlich von Gott hervorgerufene Visionen aufgezeichnet, um sie der Nachwelt zu überliefern.“ 122 „Daneben gab es aber zumindest bei einigen Männern und Frauen, die damals in Psychiatrien lebten, ein Bewusstsein von Kunst und Künstlertum, auch wenn es sich um künstlerische Laien handelte. Manche stellten sogar in ihren Werken Künstler dar – und damit wahrscheinlich sich selbst.“123 „In einigen Fällen gelang es Anstaltsinsassen, mit ihrem Anspruch Kunst zu schaffen, innerhalb der Institution eine Sonderstellung zu erreichen und einen eigenen Atelierraum zu erhalten“124, wie zum Beispiel Adolf Wölfli in der Waldau bei Bern. Damit eine Anerkennung von den zuständigen Ärzten erfolgte, mussten die Kunsterzeugnisse „sich an den Konventionen der Zeit orientierten.“125 Ausnahmen, wie Walter Morgenthaler, der Wölfli explizit als Künstler verstand, aber auch Prinzhorn, der die Werke in einem künstlerischen Sinne betrachtete, waren selten. „Aus Prinzhorns Bildnerei der Geisteskranken ist Kunst […] geworden, und ihre zeitgenössischen Schöpfer verstehen sich selbstverständlich als Künstler.“126 Dies zumindest gilt für Kunstschaffende, welche ihren Status als Künstler reflektieren können. Für die Biografien historischer Anstaltspatienten bedeutet das „Erzählen […] nicht selten, die Lücken zu überspielen, die die Dokumentation des Lebens hinterlassen hat.“ 127 So werden 120
Vgl. Thomas Röske, „Zeichnungen von Millionenwert“, in: Die Wiederkehr des Künstlers. S. 58. Ebd., S. 59. 122 Ebd. 123 Ebd., S. 61. 124 Ebd., S. 65. 125 Ebd., S. 65. 126 Ebd., S. 59. 127 Peter-André Alt, „Mode ohne Methode? Überlegungen zu einer Theorie der literaturwissenschaftlichen Biographik“, in: Grundlagen der Biographik, S. 33. 121
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heute mit Hilfe psychiatrischer Anstaltsakten aus dem vergangenen Jahrhundert AussenseiterBiografien rekonstruiert und damit auch die Möglichkeit geschaffen, ein geschichtliches Kapitel aufzuarbeiten.
Kritik an der Biografie KünstlerInnen mit einer sogenannten ‚Self-taught’- Biografie wehren sich heute teilweise vehement gegen das Etikett ‚Outsider‘, obwohl sie womöglich in der Vergangenheit auf dem Aussenseiter-Kunstmarkt davon profitiert haben. Sie kritisieren die massive Übergewichtung ihrer biografischen Angaben. So fühlt sich Christine Sefolosha 128 durch die Zuschreibung in ihrer Rezeption eingeschränkt. Chris Hipkiss (Pseudonym für Chris und Alpha Mason) fühlt sich geradezu gettoisiert: „once the work has been pigeonholed – the artist must be ‚reframed‘ in order to fit the profil.“129 In dieses Profil ist auch die Biografie eingebunden. Eine Umoder Neuschreibung der Biografie und damit eine Neupositionierung auf dem Kunstmarkt, was schließlich der Zweck sein dürfte, scheint ein mühsames Unterfangen. Einige AusstellungsmacherInnen und Kuratoren/Kuratorinnen sind heute bestrebt, die Grenzen zwischen In- und Outsider Kunst aufzuheben und haben dieses Ausstellungskonzept, wie das Kunstmuseum Thurgau, das Aussenseiterkünstler und wichtige zeitgenössische Positionen zeigt, zu ihrem Programm gemacht. Ganz nach dem Vorbild Harald Szeemanns hat auch der Direktor und Kurator der Binnale von Venedig 2013, Massimiliano Gioni, diese Idee übernommen. Zu ,Il Palazzo Enciclopedico‘, einem Architekturmodell eines Museums des Künstlers Marino Auriti, sagte Gioni: „I found Auriti inspirational because, as a selftaught artist, he blurs the distinction between the so-called outsider and the professional, which is a central concern of this exhibition.“ 130 Die Ausstellung werde sich mit „the constant challenge of reconciling the self with the universe, the subjective with the collective, the specific with the general, and the individual with the culture of her time” 131 beschäftigen. Zwischen Biografie und dem Werk besteht eine Differenz. Kaum jemand kann sich der Faszination des Biografischen entziehen. Doch der wissenschaftliche Anspruch strebt nach Objektivität in der Beurteilung des Werkes – unabhängig von der Biografie. So schreibt etwa George Widener, ein Künstler mit Asperger Syndrom: ,,Artwork will need to speak for itself, regardless of what label it’s been given or what some critic once said about it.“132 Oder die Galeristin Susanne Zander: „Es geht ja um die Arbeit, nicht um die Lebensgeschichte des Künstlers [Horst Ademeit].“133 Ähnliche Ansichten geben die meisten Kuratoren/Kuratiorinnen und KunsthistorikerInnen von sich – was zuweilen im Gegensatz zum Umgang mit Biografien in ihren Ausstellungen steht.
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Interview mit Christine Sefolosha, 1. 7. 2013, S. 56. Mason, Alpha, „Outsider Art: An Inside View“, in: The Outsider/Patricide 6, Coombs, Neil (Hrsg.), Dark Windows Press, Rhos-on-Sea UK.. 2013, S. 40. 130 artobserved.com/.../frieze-interviews-massimo-gioni... Stand, 7. 12. 13. 131 blogs.cornell.edu/art2701mja245/2013/06/01/168/ Stand, 7. 12. 13. 132 Georg Widener, (u. a.), „Insider of the Outsider“; in: Outsider Art: An Inside View, S. 37. 133 http://www.monopol-magazin.de/artikel/20106860/Interview-Susanne-Zander-outsider-art-biennalevenedig.html. Stand, 5. 1. 2014. 129
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5. Fazit
In meiner auf Recherchen basierten Arbeit waren die Gespräche mit meinen InterviewpartnerInnen, die sich über ein ganzes Jahr verteilt haben, zentral. Dazwischen habe ich quer durch die Kunstlandschaft Ausstellungen in Sammlungen, Galerien und Museen besucht und verschiedene Publikationen gelesen. Den Eindruck, dass Werke zunehmend Richtung Art brut tendieren, wie Guido Magnaguagno im Saaltext der Solothurner Jahresausstellung 12/13 geschrieben hat, teile ich nicht. Festgestellt habe ich, dass in Ausstellungen Videokunst zurückgegangen ist und Malerei und Zeichnungen, auch kleinformatige, zugenommen haben. Das Angebot an Inspirationsquellen für KünstlerInnen ist immens und Medien sind omnipräsent. So interessieren sich akademisch ausgebildete KünstlerInnen unter anderem auch für Art brut/Outsider Art, dabei aber oft für den geschichtlichen Hintergrund. Das Formenvokabular, die Materialwahl, die Ästhetik und der Gestus, der den Art brut-/AussenseiterkünstlerInnen zugeschrieben wird, ist schon lange von den Mainstream-KünstlerInnen übernommen worden. Heute nehmen akademisch ausgebildete KünstlerInnen in ihrer eigenen Formensprache Bezug auf historische Arbeiten von Art brut und Outsider Art und schaffen so eine Verbindung zur zeitgenössischen Kunst. Generell werden Werke der Art brut/Outsider Art als echt, authentisch, ursprünglich bezeichnet, doch ist dies bei der heutigen Aussenseiterkunst so nicht mehr nachvollziehbar. Zu sehr haben sich die verschiedenen Kunstformen vermischt und kaum noch jemand in der westlichen Welt ist kulturell unbeeinflusst. Häufig verfügen heute auch OutsiderKünstlerInnen über künstlerische Vorbildung, Ausbildung in verwandten Berufen oder ein (abgebrochenes) akademisches Studium. Reine Autodidakten sind eher selten und ‚selftaught’ zu einem Label für den Kunstmarkt geworden. Die Ausbildungsfrage ist für Aussenseiterkunst kein wirkliches Kriterium mehr und auch AussenseiterkünstlerInnen wollen und sollen am florierenden Kunstmarkt partizipieren. Der Begriff Authentizität ist heute zu einem Schlagwort geworden. Werke von In- wie Outsidern sollten alle den gleichen Kriterien wie Eigenständigkeit, Weiterentwicklung oder Qualität der künstlerischen Idee standhalten. Dies betrifft auch besonders Aussenseiterkunst aus den sogenannten ,Offenen Ateliers‘. Bei diesen Arbeitsgemeinschaften ist immer schon vorausgesetzt, „dass man an künstlerischen Werken arbeitet.“ 134 Doch wie auch von akademisch ausgebildeten Künstlern entstehen hier Werke von unterschiedlicher Qualität. . Ob KünstlerInnen und ihrer Kunst, In- wie Outsider, Anerkennung finden, bestimmt heute meistens der Kunstmarkt. Der Outsider Boom der letzten Jahre hat sich zu einem interessanten, internationalen Geschäft entwickelt und die Nachfrage nach ‚neuen‘, unbekannten Aussenseitern zu einer eigentlichen ,Entdeckungsjagd‘.
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Thomas Röske, „Von der Anstaltskunst zum Offenen Atelier“, in: Grenzgänger. Fallacara, Rosella, Thomann, Ulrike, Kuratorinnen des gleichnamigen Projekts: Grenzgänger. Nuova Grafica Fiorentina, Italia 2011, S. 23.
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Der Kunstbetrieb hat in den vergangenen Jahren auf die ‚Wiederentdeckung‘ reagiert. Vermehrt wurden so Ausstellungen, die sich mit Art brut/Outsider Art beschäftigten, gezeigt, sodass man von einem eigentlichen Outsider-Trend sprechen könnte. Monika Jagfeld führt diesen zurück auf eine „immer wiederkehrenden Sehnsucht nach dem (vermeintlich) ‚Authentischen‘.“135 Beim grossen Ausstellungsangebot macht dennoch die Art brut/Outsider Art nur einen Bruchteil aus. Ausstellungen, besonders auch thematische, sind in erster Linie in den Sammlungen präsent. Die Sehnsucht nach dem ‚Ursprünglichen‘, die in einem Zusammenhang mit einer immer komplexeren Weltauffassung steht, wird heute in der Gesellschaft diskutiert und eine teilweise Rückkehr, Umkehr, gefordert. Trotzdem glaube ich nicht, dass Art brut/Outsider Art für das Schaffen einer Mehrzahl von KünstlerInnen von entscheidender Bedeutung ist. Dass Art brut/Outsider Art in der Kunstgeschichte ihren Platz gefunden hat, zumindest an der Biennale von Venedig 2013, glaubt die Galeristin Susanne Zander: „Das zeigt auch, dass die Outsider heute endlich kunsthistorisch zugeordnet werden. Ich glaube, für die Outsider Art ist diese Ausstellung ein Meilenstein.“136 Diese Aussage scheint mir zu einfach, denn Art brut/Outsider Art-KünstlerInnen haben bis heute keinen eigenständigen Platz in der Kunstgeschichte. Vielmehr glaube ich, dass dazu noch einiges geleistet werden muss. So überzeugen mich Forschungsarbeiten, die eine historische Aufarbeitung betreiben, wie sie heute an den verschiedenen Psychiatrischen Kliniken und in Sammlungen stattfinden. In Zukunft wird vielleicht öfters vom Lebenskunstwerk die Rede sein, das eine biografische Pathologisierung ausschliesst. Beim Lebenskunstwerk findet eine Verknüpfung von Kunst und Leben statt, unabhängig von Kunststil, Kunstentwicklung und Mainstream. Paolo Bianchi: „Die Radikalität, die man in der Aussenseiterkunst findet, wird im Lebenskunstwerk widergespiegelt.“137 Es sind Parallelen bei In- und Outsider-Künstlern und ihren ‚Welten‘ zu beobachten. Ein Lebenskunstwerk, das von zeitgenössischen, ausgebildeten Künstlern wie Olafur Eliasson geschaffen wurde und wird (Paolo Bianchi zählt dies zu den Lebenskunstwerken), scheint mir vom Künstler reflektiert, ja bewusst so konstruiert zu werden. Ob dies auch auf Lebenskunstwerke von Aussenseiterkünstler zutrifft, oder letztendlich nur eine Zuschreibung ist, sei dahingestellt. Die Bezeichnung Lebenskunstwerk schafft letztendlich eine neue, eine andere Kategorie und gibt dem Künstlermythos neuen Auftrieb. Trotzdem würde ich, um meine eigene künstlerische Arbeit einzuordnen, diese am ehesten mit diesem Begriff bezeichnen. Zu meinem persönlichen Umgang mit diesem Begriff findet sich dazu im Anhang ‚Interviews‘ ein fiktives Selbstinterview.138 Leider haben sich auf meine Anfragen für ein Interview nur ganz wenige Kunstschaffende gemeldet und noch weniger haben sich mir für ein Interview zur Verfügung gestellt. Menschen mit Psychiatrieerfahrung fürchten nach wie vor ein ‚Coming out‘ und davor, stigmatisiert zu werden. Damit sind die Ansichten von KunstvermittlerInnen in dieser 135
Interview mit Frau Dr. Monika Jagfeld, 15. Mai 2013, S. 19. http://www.monopol-magazin.de/artikel/20106860/Interview-Susanne-Zander-outsider-art-biennalevenedig.html. Stand, 5. 1. 2014. 137 Interview mit Paolo Bianchi, 22. Okt. 2013, S. 76. 138 Interview mit Maria Zimmermann, 20. Jan. 2014, S. 98. 136
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Recherchen-Arbeit in der Überzahl, und ich bin mir bewusst, dass die Antworten, die dieses komplexe Thema betreffen, nur beschränkt aussagekräftig sind. Vielleicht aber bestätigt sich damit auch mein Gefühl, dass dieses Thema für KünstlerInnen nicht so bedeutungsvoll ist wie für KunstvermittlerInnen, für die Bezeichnen und Einordnen ein zentraler Aspekt ihres Berufes darstellt. Gerne hätte ich das Thema, insbesondere in Bezug zur Biografie, weiter erforscht, zum Beispiel mit Nachforschungen in Klinikarchiven. Auch hätte ich gerne die spezifischen Bedürfnisse und Ansichten von KünstlerInnen mit Psychiatrieerfahrung noch besser kennengelernt. Diese Interviewgruppe zu aktivieren scheint mir sehr schwierig und zeitaufwändig. Es würde zu einer neuen, eigenständigen Arbeit führen. Biografien werden sich immer auf die Rezeption der Werke auswirken, erklären diese aber nicht. Für die zukünftige Entwicklung von Ausstellungen kann ich mir gut vorstellen, dass Inund Outsider-Kunstwerke gemeinsam vermittelt werden, ohne Kategorisierung. AussenseiterkünsterInnen und ihre Werke sind wieder vermehrt in den Fokus des Kunstbetriebs gerückt, doch über die Nachhaltigkeit dieser Tendenz lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nur spekulieren. Es wäre wünschenswert und ganz in meinem Sinne, würde die hoffnungsvolle Aussage von Paolo Bianchi zutreffen: „Die Outsider sind in der Gegenwartskunst angekommen.“139
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Vgl. Interview mit Paolo Bianchi, 22. Okt. 2013, S. 76.
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