«Sylacauga - Der Meteorit der Hodges» Martin Volmer

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Martin Volmer

Sylacauga Der Meteorit der Hodges Eine Sammlung authentischer und erfundener Berichte


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Recherche und Sammlung authentischer und erfundener Berichte Januar bis Juli 2013, Basel

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Der Fall des Meteoriten Am 30. November des Jahres 1954 fiel ein grapefruitgrosser Meteorit durch das Dach des Hauses der Familie Hodges in Oak Grove, Sylacauga, im Bundesstaat Alabama in den Vereinigten Staaten von Amerika. Der Meteorit durchschlug damals das Dach des Hauses, ehe er auf ein Radio fiel, und dann auf die liegende Ann Hodges prallte. Dadurch erlitt Ann Hodges erhebliche Verletzungen an der Hüfte und der Hand. Ein lauter Knall zerriss damals die nachmittägliche Stille im Haus, woraufhin die Mutter von Ann Hodges im Wohnzimmer nach ihrer Tochter sah. Sie fand ihre Tochter im verwüsteten Zimmer verletzt am Boden liegen und stellte ein grosses Loch in der Decke des Zimmers fest. Daraufhin kamen der Hausarzt der Familie Hodges, Doctor Jacobs und die örtliche Polizei. Die Polizei untersuchte in kurzer Zeit den Tatort und stellte den Meteoriten sicher. Dokumentiert wurde das Loch in der Decke des Hodges Hauses, und auch der Personenschaden. Doctor Moody Jacobs untersuchte Ann Hodges und stellte linksseitig eine grosse Wunde an der Hüfte bis hin zur Brust fest. Er überwies sie zur weiteren Behandlung ans örtliche Krankenhaus, nachdem Ann Hodges mehrmals über Übelkeit und Schwindelgefühle klagte. Ihr Mann wurde bei der Arbeit alarmiert und kam noch während der Untersuchung des Arztes ins Haus. Eugene Hodges machte sich Sorgen wegen des Loches im Dach des Hauses. Das Ehepaar Hodges hatte das Haus gemietet und erwartete Schwierigkeiten mit der Besitzerin Frau Birdie Guy. Noch war unklar woher dieser Gegenstand geflogen kam, doch zerstörte er das Dach eines Hauses und verletzte dabei eine Person. Die Presse erschien daraufhin zahlreich in Sylacauga und nahm wohlwollend die Geschichte auf. Zu dieser Zeit erregten merkwürdige Geschichten um Personen aus der Arbeiterklasse viel Aufsehen. Noch bevor der Meteorit von der Polizei freigegeben wurde, entbrannte ein Streit über den Schadenfall, den rechtmässigen Besitzer des Objektes und über die eigentliche Bestimmung und Herkunft des Steines.

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Wenige Tage nach Einlieferung ins Krankenhaus konnte die 31-jährige Ann Hodges wieder nach Hause zurückkehren. Auf sie wartete ein riesiger Haufen Post, Genesungswünsche, Drohbriefe, Fanpost und Briefe obskurer Gruppierungen, unter anderem von Anhängern ausserirdischer Lebensformen, religiöser Gemeinschaften und seltsamer Heilpraktiker. Der Streit mit ihrem Ehemann um das Loch im Dach des Hauses wartete auf sie, wie auch die wiederkehrenden Schwindelgefühle und die andauernde Depression.

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Interview mit Eugene Hodges, 2005

John: Erzählen Sie uns nochmal im Detail wie Sie heimgefahren sind, über Fort Williams und dann sind Sie rechts abgebogen? Eugene: Nun, ich kam runter zur Hauptstrasse und fuhr links in Richtung Fort Williams und dann fuhr ich Richtung Westen. John: Und was sagte der Mann an der Kreuzung? Eugene: Der Mann an der Kreuzung sagte, “Hodges, beeil Dich lieber, Etwas fiel in Euer Haus und traf Deine Frau“. John: Wie ging es Frau Hodges, als Sie Sie zuerst sahen? Eugene: Nun, Sie war völlig durcheinander und aufgebracht. John: War Doctor Moody bereits wieder weg? Eugene: Als ich reinkam, kam er mir gerade entgegen. John: Was sagte Ihre Frau als Sie hereinkamen? Eugene: Sie sagte “Etwas kam durchs Haus und traf mich. Es traf das Radio, dann traf es mich und dann rollte es auf den Boden. Und dann nahm die Polizei es mit“. Und dann ging die Polizei damit fort. John: Ich erinnere mich, dass Sie mir damals erzählten, dass Ihre Frau Ihnen sagte „ Schatz, wir hatten hier heute ein riesiges Durcheinander“. Eugene: Ja, ich glaube, das sagte Sie. Irgendwas in der Art. Ich weiss nicht mehr genau. John: Das ist es, an was ich mich erinnere, als ich Sie ein paar Jahre zuvor interviewt habe. Sie sagten, dass Ihre Frau einen Mittagsschlaf machte, als Etwas aufs Radio schlug und Sie dann traf. Sie hatte eine Decke über sich gezogen. 6


Eugene: Ja, genau so war’s. John: Und es rollte auf den Boden, und Sie wachte voller Schrecken auf. Ihre Mutter kam in das Zimmer und sagte „ Was ist passiert?“, und Ann sagte„ Ich glaube der Kamin ist runtergefallen“. Eugene: Irgendwas in der Art, ja. Ich erinnere mich nicht mehr genau daran, das ist ja solange her. John: Das ist was ich weiss. Und Sie sagen mir, was Sie wissen, ich lege Ihnen keine Wörter in den Mund. Wie sind alle an der Geschichte interessiert. Alle schauten damals das Ding an und nannten es den „Stein“, und Niemand wusste was es war. Und alle reimten sich da Etwas zusammen und schauten nach oben zu dem Loch in der Decke... Eugene: Alle dachten, dass es ein Teil von einem Flugzeug war, was da runterfiel. Das war was alle dachten, ja. John: Kamen Reporter zu Ann ins Krankenhaus? Eugene: Oh ja. Und irgendwie war auch ein anderer Doctor ihr Doctor, Doctor P. Jr. Es war komisch, er gab ihr allerhand Medizin, Pillen und so Zeugs, aber es ging ihr nicht besser, sie lag einfach nur da rum. Und für zwei bis drei Tage schaute er gar nicht nach Ihr, er untersuchte Sie nicht. Eines Tages ging ich durch den Korridor und traf Ihn, da packte ich Ihn, drückte Ihn an die Wand, damit ich endlich mal seine Aufmerksamkeit bekam und sagte „Er solle sich zum Teufel scheren und die Finger von Ann lassen“. Und ich sagte auch noch, dass er nicht mehr in den Raum zurückgehen soll. John: War das als Ann Nierensteine hatte und damit im Krankenhaus lag, oder war es der Vorfall mit dem Meteoriten? Ich dachte, Doctor Moody wäre ihr Arzt gewesen. Eugene: Jacobs. John: Jacobs, ja Moody Jacobs. Eugene: Ja. 7


John: Aber Doctor P. behandelte Ann als sie mit den Nierensteinen krank war. Eugene: Das war als das mit dem Meteoriten war. John: Was war das höchste Angebot, was Sie jemals erhielten? Eugene: Nun, vor dem ganzen Presserummel, ich weiss nicht mehr genau, ich glaube, da war dieses Museum in Arizona welches den Stein kaufen wollte. Aber als Sie dann ein Foto von Ann und ihrer Verletzung sahen, drückte das den Preis runter. Von da an ging es nur noch bergab. John: Ich hab hier ein Foto, wozu ich Sie noch gerne Etwas fragen möchte. Das ist Ihr altes Haus, abgebrannt. Es brannte einige Jahre später ab. Eugene: Oh, das wusste ich nicht, das ist das erste Mal, dass ich das sehe. John: Das fand ich in der Talladega Zeitung. Aber...hier liegt doch Ann begraben? Oder? Eugene: Sie haben sich aber recht umgehört, mächtig ins Zeug gelegt. John: Was? Eugen: Sie wollen damit angeben, oder? John: Nun, worin Sie da involviert sind, die ganze Geschichte, sie ist einzigartig in ihrer Form. Eugene: Mmh, das ist mir schon klar. John: Es passierte Niemandem sonst. Ich gebe dieses Projekt nicht einfach so auf. Ich möchte eine akkurate, auf Fakten beruhende... Eugene: ...Reportage machen, mmh? John: Das ist es, was ich hier versuche zu machen, ja. Und ich würde es gerne im Internet veröffentlichen. Wenn Jemand also Interesse an der Geschichte hat... 8


Eugene: ...kann er die Wahrheit darüber lesen. John: Erzählen Sie uns von dem Zeitpunkt, als Ann den Meteoriten abgab? Eugene: Nun, da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich glaube ich sagte irgendwas wie „Das Ding können wir als Türstopper brauchen“, sowas in der Art. Dann fragte Sie mich, was ich davon halten würde, wenn wir es an ein Museum geben würden. Und ich sagte dann „Das ist ein gute Idee“. Das ist alles, was ich noch weiss. John: Also waren Sie glücklich darüber, dass es weg sollte? Eugene: Oh ja, ich war dafür. John: Ich glaube, ich verstehe das. Eugene: Alles klar. John: Gut. John: Noch ein Frage. Um die Geschichte richtig darzustellen. Eugene: Vielleicht erinnere ich mich, vielleicht auch nicht. John: Ich erinnere mich, dass Sie mir einst sagten, Ann wünschte sich, dass Es einfach auf die Strasse gefallen wäre und nie Jemanden getroffen hätte. Eugene: Ja. Sie sagte sehr häufig, dass Sie sich wünschte, dass das Ganze nie passiert wäre. Nun, Sie erholte sich nie mehr richtig davon, Sie hatte diesen Nervenzusammenbruch und so Sachen. Sie war nicht mehr dieselbe Person wie zuvor.

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Das Wohnhaus der Hodges in Oak Grove, Sylacauga

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Die besch채digte Decke des Hauses

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Zeitungsinterview mit dem Augenzeugen Michael Thomas im November des Jahres 1954. „Genau an der vorausliegenden Stelle sah man plötzlich diesen kleinen, runden Nebel, der infolge des Tageslichtes aber schwer zu erkennen war. Voller Ungeduld und klopfenden Herzens lief ich zu der Stelle hinüber und versuchte trotz des hellen Himmels mehr zu sehen. Ich sah einen runden Nebel an der fraglichen Stelle mit zentraler Verdichtung. Die letzte Gewissheit brachte die genaue Verfolgung. Das Objekt konnte mit grosser Mühe beobachtet werden und liess deutliche Bewegung erkennen. Und als die ersten Wolken den Himmel verdunkelten waren alle Zweifel behoben“.

Zeitungsinterview mit dem Nachbarn J. Adams, 11.1954 „Als ich am Nachmittag vom Laden zurückkam sah ich diesen Schweif am Himmel. Durch ein starkes Rauschen und ein blaugrünliches Licht wurde ich darauf aufmerksam gemacht und konnte die seltene Erscheinung sehen. Die glühende Masse kam von Norden her nach Süden und fiel zur Erde. Den Schweif sah ich ganz deutlich mehrere Minuten am Himmel stehen“.

Interview mit dem Tankstellenbesitzer William White, 12.1954 „Ich hörte plötzlich diesen lauten Knall. Ich dachte, da ist ein Flugzeug direkt über unseren Köpfen abgestürzt. Ich ging nach Draussen auf die Strasse, und sah nur diese Rauchwolke über dem Hodges Haus. Dann war alles wieder ruhig“.

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Fall eines Meteoriten am Nachthimmel

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Polizeibericht des damals 23-jährigen Beamten Jason C. Anderson vom 30. November 1954 „Verständigt von einem Nachbarn fuhren die diensthabenden Polizisten T. Clark und J.C. Anderson, gegen 15:10 Uhr zum Haus der Familie Eugene Hewlett Hodges und seiner Frau Ann Elizabeth. Wir fanden Ann Hodges am Boden liegend mit einer schweren Wunde an der linken Körperseite. Ihre Mutter Ida Franklin war auch anwesend. Sie fand Ann Hodges als erste und eilte ihr zur Hilfe. Das Wohnzimmer war erheblich beschädigt, ein Tisch lag umgestürzt da und der Inhalt eines Schrankes lag verteilt auf dem Boden. Ein grosses Loch befand sich in der Wohnzimmerdecke des Hauses. Wir verständigten den Hausarzt der Hodges, Doctor Moody Jacobs und stellten den Stein sicher, der den entstandenen Schaden verursacht hatte. Nachdem Doctor Jacobs eingetroffen war, verliessen wir den Tatort. In einer internen Sitzung mit dem Polizeichef W.D. Ashcraft und dem Bürgermeister Ed Howard wurde später ein Stillschweigen gegenüber den Medien vereinbart mit dem Einhergehen genauerer Untersuchungen des Objektes und des Opfers Ann Hodges“.

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Die Verletzung von Ann Hodges

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Die Verletzung Doctor Moody Jacobs untersuchte und versorgte Ann Hodges damals noch in dem Hodges Haus. Es handelte sich um eine durch den Aufprall entstandene starke Prellung mit Bluterguss. Ann klagte jedoch fortwährend über starke Schwindelgefühle und Übelkeit, sodass der Arzt seine Patientin zur genauen Untersuchung ins örtliche Krankenhaus überwies. Im Krankenhaus wurde die Behandlung von Doctor P. Jr. weitergeführt. Nach einer einwöchentlichen Beobachtung und der abgeschlossenen Versorgung wurde Ann Hodges wieder nach Hause entlassen. Über die Jahre hinweg blieb der Zustand von Ann Hodges gleichbleibend schlecht. Die Symptome ihres Leidens waren Schwindelgefühle, Angstzustände, Depressionen und Nervenleiden. Die Zeit nach dem Aufprall des Meteoriten im Haus der Hodges brachte viel Aufmerksamkeit der Presse und auch der Bevölkerung mit sich. Eine Aufmerksamkeit, die Ann Hodges bis dahin nicht kannte. Sie erhielt hunderte von Briefen und Wünschen. In vielen Briefen wurden Mitgefühl oder Genesungswünsche bekundet, doch gab es auch Drohbriefe, die Ann Hodges als Satansweib und Teufelsanbeterin darstellten, die es zu verbrennen galt. Wochenlang wurde daraufhin eine Polizeipatrouille eingerichtet, um das Haus und die Umgebung zu überwachen. Zu dem Zeitpunkt des Aufpralls und die kommenden zwei Jahre, war die Herkunft des Steines völlig unklar. Es war bis dahin nie die Rede von einem ausserirdischen Gestein. Also musste es die Macht vom Bösen sein, die da so zerstörerisch in die Mitte eingeschlagen hatte. Die Drohungen liessen nicht nach, und Ann’s Nervenleiden war so stark ausgeprägt, dass sie den kommenden Sommer in einer Heilklinik verbrachte. Die Beziehung des Ehepaares Hodges litt zunehmend unter der Anspannung und der Krankheit. Eugene und Ann trennten sich bald darauf und wurden im Jahre 1961 geschieden. Ann Hodges bezog zusammen mit ihrer Mutter ein nahegelegenes Haus. Sie erholte sich nie wieder von diesem Vorfall und verstarb an den Folgen eines Herzinfarktes im Jahre 1972. Eugene Hodges verliess ebenfalls das gemeinsame Haus und bezog eine kleine Mietwohnung in Sylacauga. Er verstarb im Jahre 2005 eines natürlichen Todes im Alter von 84 Jahren. 16


Sylacauga Der Meteorit der Hodges

Ein Stein fiel im November des Jahres 1954 in das Haus der Familie Hodges, die das Haus damals als Mieter bewohnten. Dabei zerstörte der Stein das Dach des Hauses erheblich und richtete auch im Inneren des Hauses grossen Schaden an. Am Tag des Geschehens nahm die Polizei den Stein in ihren Gewahrsam. Einige Zeit später ging der Stein wieder zurück in den Besitz der Hodges. Es vergingen zwei Jahre bis ein Forschungsteam der Nasa Raumfahrtbehörde den Zwischenfall zur Kenntnis nahm, und den Stein der Hodges untersuchte. Nach ausführlichen Untersuchungen war bald eindeutig klar, dass der Stein ein Meteorit ist, ein Gestein also aus dem Weltall. Seit diesem Tag ist der Meteorit auch als Sylacauga Meteorit bekannt. Das Interesse an dieser Neuigkeit und Wende der ganzen Geschichte wurde wieder sehr gross und es gab Kaufangebote für den Meteoriten in 4-stelligen DollarBereichen. Es wurde davon ausgegangen, dass der Stein aus einem Flugzeug gefallen war. Das es sich nun aber um ein ausserirdisches Objekt handelte, war erschreckend und faszinierend zugleich. War das ein erster Kontakt? Ein Angriff? Was kommt als nächstes? Es gab viele offene, verängstigte Fragen. Vor allem aber stellte sich Ann Hodges erschreckende und quälende Fragen, wie es auch in einem verschollenen Interview ein halbes Jahr nach dem Vorfall deutlich wurde. Sie litt zu dieser Zeit unter sehr starken Depressionen und hatte wiederkehrende Nervenzusammenbrüche, die später gezielt behandelt wurden. Ann Hodges hatte nach diesem Rummel um ihre Person kein Interesse mehr an dem Meteoriten. Sie dachte an einen Verkauf. Als dann jedoch auch wieder die Fotografien von ihrer Verletzung auftauchten, sanken die Preisgebote und blieben dann sogar ganz aus. Zeitgleich mit der Bekanntgabe der Existenz des Meteoriten machte auch die Hauseigentümerin Frau Birdie Guy Besitzansprüche geltend, sie erhoffte sich mit dem Verkaufserlös des Meteoriten den entstandenen Schaden am Haus decken zu können. Gerichtlich wurde dann aber verfügt, dass der Meteorit Ann Hodges Eigentum sei. Das Ehepaar Hodges gab den Meteoriten dann viel später als Geschenk an das Museum in Sylacauga, wo noch heute eine Scheibe des Sylacauga Meteoriten neben dem beschädigten Radio ausgestellt ist. 17


Interview mit Eugene Hodges wenige Tage nach dem Unfall in Sylacauga, 1954

John: Eugene, wie geht es heute Ihrer Frau? Eugene: Nun, Sie ist noch im Krankenhaus, aber Sie wird schon wieder. John: Wir haben vorher miteinander Ihr Haus angeschaut. Es sieht aus, als wäre ein Wirbelsturm durch das Wohnzimmer gefegt. Im Dach klafft ein riesiges Loch. Eugene: Ja. Ich mache mir grosse Sorgen wegen des Daches. Zahlt da eine Versicherung, wenn da so ein Ding auf unseren Kopf fällt? Die denken doch, dass wir nicht ganz bei Sinnen sind. John: Erzählen Sie mir, was genau passiert ist, was hat Ihnen Ihre Frau gesagt? Eugene: Mmh, also gesagt hat Sie, dass Etwas auf Sie rauffiel, und es einen mächtigen Knall gab. John: Wo waren Sie als das passierte? Eugene: Ich war bei der Arbeit, als ein Kollege im Büro einen Anruf erhielt, und mir dann sagte, dass Etwas auf meine Frau fiel und ich nach Hause fahren soll. John: Und dann? Eugene: Ich fuhr also los, nach Hause, da war schon mächtig Betrieb. Die Polizei war da und viele Leute aus der Nachbarschaft. Die Parkers, die Barricks, die Burnsides, und alle aus der verdammten Gegend, und dann auch noch Doctor Jacobs. John: Und dann gingen Sie ins Haus? Zu Ihrer Frau? Wo war Sie? Eugene: Ja, ich lief geradewegs dem Doc in die Arme, der erzählte mir, dass er Sie wahrscheinlich mitnehmen müsse, ins Krankenhaus...zur genaueren Untersuchung.

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John: Und Ihre Frau? Eugene: Die lag auf dem Sofa im Wohnzimmer, in diesem Durcheinander mit einer Decke drübergezogen. John: Was sagte Sie? Eugene: Ooh, nun, Sie sagte irgendwas wie „Hier ist Heute mächtig was los“. Eugene: Aber Sie sah gut aus, also im Dach da, da war dieses riesige Loch und der Stein lag noch auf dem Boden als ich reinkam. Mmh, der Stein war schon ein recht grosser Stein. Nun, Sie hatte wohl einen Schrecken, aber Sie lächelte mir zu. John: Was machte die Polizei in Ihrem Haus? Eugene: Die beiden Officers liefen so herum und schauten immer ungläubig zu dem Loch in der Decke. Dann schoben sie die Sachen wieder zurecht und nahmen den Stein mit. Zur Untersuchung. John: Sagte die Polizisten Etwas zu Ihnen? Wie sollte es weitergehen? Eugene: Die gingen einfach weg. Den ganzen Ärger hatte ich. Frau Guy wird nicht sehr erfreut sein, wenn Sie das hört. Die schmeisst uns hier raus.

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Auf einer erhaltenen Postkarte, datiert aus dem Jahre 1956, bittet ein Pfarrer aus Newport Ann Hodges um den Meteoriten. Reverend J. H. Holmes, „Angels of mercy“, Bellevue, Newport schreibt: „Sehr geehrte Frau Hodges. Würden Sie uns den Meteoriten übergeben, um ihn in Zeremonien einsetzen zu können? Wir würden für das Porto aufkommen. Vielen Dank und Gott möge Sie schützen“.

Schilderung der Augenzeugin Eye Witness im Jahr 1954: „Ich arbeitete im Garten vor unserem Haus, als plötzlich unter lautem Getöse ein grellweisser Blitz herabschoss. Dann gab es diesen lauten Aufprall, und ein Pfeifen und ein Surren. Der Stein schlug in das Haus der Hodges ein. Es gab eine riesige Staubwolke. Ich hab so was noch nie gesehen, ich dachte, dass sei ein Flugzeugabsturz und rannte ins Haus. Ich dachte, dass jetzt gleich der Rest auf uns herunter fällt“.

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Ein Meteorit am HImmel

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Der 9-jährige Bill Field sah den Meteoriten von seinem Haus in Sylacauga aus, Interview im Mai 2011: „Ich stand mit meiner Mutter im Garten, sie war am Wäsche aufhängen. Ich erinnere mich, wie das Objekt durch den Himmel schoss und einen weissen Streif hinter sich herzog. Dann folgte ein lauter Knall und schwarzer Rauch stieg empor“. Field wurde später Filmemacher und untersuchte den Unfall von Sylacauga genauer. Dabei führte er auch Interviews mit Eugene Hodges und weiteren Augenzeugen. Er sicherte sich die Rechte an der Geschichte und verkaufte das Manuskript an das Filmstudio 20th Century Fox. Bis zum jetzigen Zeitpunkt wurde das Manuskript noch nicht verfilmt, jedoch zählt die Geschichte nach wie vor zum wichtigsten Ereignis, welches die Stadt Sylacauga je hervorgebracht hat. „Es war das grösste Ding was die Stadt jemals literarisch getroffen hat“, sagt Field.

Aus dem Tagebuch des Polizeibeamten Anderson (Verfasst wenige Tage nach dem Unfall, im Jahre 1954), entdeckt von seinen Enkeln: „Als wir an diesem Tag von den Nachbarn zu den Hodges gerufen wurden, wussten wir nicht was uns erwartete. Als wir das Haus betraten, lag Ann auf dem Zimmerboden und bei ihr sass ihre Mutter. Sie hatte eine schwarze, grosse Wunde an ihrer Hüfte. Es war ein komischer Anblick. Ann schaute uns lächelnd und doch ganz verängstigt an. Sie musste gar nicht aussprechen, was sie dachte. Da war ein riesiges Loch in der Decke des Hauses. Und auf dem Boden lag dieser grapefruitgrosse Stein. Er war schwarz und ganz glatt. Es war mir unvorstellbar, dass dieses Ding durch so ein dickes Dach knallen und dabei noch Jemanden treffen konnte. Es war eine merkwürdige Stimmung an diesem Tag in dem Haus der Hodges. Wir alle schauten uns an und wussten, dass Etwas ganz aussergewöhnliches geschehen war. Doch Niemand wagte Etwas zu sagen. Ich glaube nicht an einen Flugzeugabsturz, es wurde auch kein Flugzeug als vermisst gemeldet. Ich glaube an gar nichts“. 22


Aufprall eines Meteoriten

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Die Geschichte Nun jährt sich die Geschichte um den Meteoriten der Hodges bald bereits zum 60ten mal. Und immer noch bildet sie zahlreiche Grundlagen für wilde Spekulationen und fantastische Geschichten. Erst vor wenigen Monaten zweifelte ein Wissenschaftler der Washington University die Herkunft des Meteoriten an. Es sei ein einfacher Unfall gewesen, ein Baumschlag und zweifelhafte Polizeiarbeit. Nach neueren Untersuchungen des Meteoriten sei keine genaue Verwandtschaft zu den anderen zwei Meteoritenfunden nachweisbar. Damals wurde behauptet, dass zur gleichen Zeit noch zwei weitere Meteoriten auf die Erde stürzten. Der eine ist bekannt als McKinney Meteorit. Von dem dritten Teil des Sylacauga Meteoriten ist der Fundort bekannt, jedoch verweigern die Besitzer bis zum heutigen Tag jede Öffentlichkeit und Analyse. Es wird aber davon ausgegangen, dass es sich bei dem Objekt um das kleinste der drei Meteoriten handelt, mit einem Gewicht von ungefähr 1,5 Kilogramm. Von beiden Funden wurde viel später berichtet, da aus Angst vor grosser Aufmerksamkeit deren Existenz verheimlicht wurde. Nun steht der Hodges Meteorit also wieder alleine da. Seiner Bekanntheit und seinem Ruhm tut dies keinen Abbruch. Zum grossen Bedauern vieler Journalisten und Forscher ist der damalige Unfallort seit langem nicht mehr erhalten. Kurz nachdem das Ehepaar Hodges aus dem Haus auszog, brannte das Haus vollständig nieder. Die Besitzerin Frau Birdie Guy liess auf dem Grundstück einen Autoparkplatz anlegen, sodass nichts mehr an den berühmten Unfall in Oak Grove, Sylacauga erinnert. Für November des Jahres 2014 wird im 12.000 Einwohner zählenden Sylacauga ein grosses Volksfest geplant, an dem die damalige Geschichte vom Meteoriteneinschlag als Theaterstück aufgeführt werden soll. Der Meteorit der Hodges steht im Mittelpunkt dieser Veranstaltung. Dieses Fest wird dann auch im Sylacauga Museum und dem umliegenden Park stattfinden. Noch heute gilt der Fall der Hodges Personenschaden durch einen Meteoriten.

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als

einzig

dokumentierter


Sylacauga, Oak Grove Im Frühling des Jahres 2010 begann die Planung um das Stadtviertel Oak Grove, welches den damaligen Wohnort der Familie Hodges einschloss. Dank des generösen Angebotes des Bürgers und Landbesitzers Bloise Zeigler an die Stadt Sylacauga, soll das Viertel in einen städtischen Garten umgewandelt werden. Zeigler kontaktierte den Bürgermeister von Oak Grove einige Wochen zuvor, um zu klären wohin sich die Zukunft der brachliegenden, 20 Hektaren grossen, ehemaligen Weihnachtsbaum-Gärtnerei bewegen könnte. Der Vorschlag, einen gemeinnützigen Garten zu errichten, stiess auf grosses Interesse. In diesen schweren Zeiten sollte Arbeitslosen und Leuten mit niedrigem Einkommen ein Gemeinschaftsgarten zur Verfügung stehen. Die Abmachung, die nun in den letzten Verhandlungen steckt, erlaubt der Stadt die Nutzung Zeigler`s Grundstückes für die nächsten 5 Jahre. Zeigler, der selber 20 Jahre lang Bürgermeister von Oak Grove war, kündigte an nach dem ersten Jahr weitere Gespräche über mögliche Verlängerungen des Nutzungsrechtes führen zu wollen. „Ich bin an dem Punkt angekommen, wo ich die Weihnachtsbaum-Gärtnerei nicht mehr führen kann“, sagt der 96-jährige Zeigler. „Ich bin fast blind, wegen Makuladegeneration und möchte mein Land nicht verwahrlosen sehen. Ich hatte viele Miet- und Kaufanfragen für mein Land, doch wenn das alles den Einwohnern von Oak Grove helfen kann, habe ich sehr viel mehr Freude daran. Es ist eine Möglichkeit für mich zu helfen. Und wenn die Stadt das Richtige daraus macht, ist vieles getan“. Die Verträge sind noch nicht unterzeichnet, doch ist sich Zeigler sicher, dass die Stadt das Beste daraus machen wird.

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Der Bürgermeister Charles Merkel untersucht zur Zeit den 2 Hektaren grossen öffentlichen Garten der Stadt Sylacauga, um zu schauen wie sich der 20 Hektaren grosse Oak Grove Garden entwickeln könnte. Merkel führt Gespräche mit den beiden Zuständigen des Sylacauga Gartens, Margaret Morton und Bill Roberts. Die Stadt wird ausserdem Gespräche mit der Städteplanerin vom Talladega Bezirk, Wanda Jurriaans und dem Bauamt der Ost Alabama Regionalplanungskommission führen. „Wir haben bereits mit zahlreichen Leuten über die Entwicklung des Gartens gesprochen, auch mit einem der besten Landschaftsgärtner der Region, Don Coleman. Wir haben beschlossen, das Projekt schnell voranzutreiben und sammeln nun Gelder für die Realisation des Projektes. Der nächste Schritt ist die Vertragsunterzeichnung, dann können wir mit den Planungen beginnen“. Eine grosse Entscheidungsfindung wird auch noch der Name des Gartens sein. Merkel sagt, dass bis jetzt zwei Namen in Betracht kämen. Der eine wäre Oak Grove Garden, der andere Comet Grove Garden, da sich der Garten in der Nähe des Comet Drive-in Theaters befindet, und es auch der berühmt gewordene Tatort des einzig dokumentierten Meteoriteneinschlages mit Personenverletzung ist. „Bloise sagt ja, dass es eine Menge hungriger Leute in dieser Gegend hat, denen er helfen möchte“, sagt Merkel. „Wir werden die verschiedenen Wünsche der Notschlafstellen und Obdachlosenheimen sammeln, um eine möglichst breite, zufriedenstellende Lösung für den Park zu finden. Vielleicht haben wir aber sogar einen genug grossen Garten, der weit über die Bezirksgrenzen hinaus Leute anspricht. Wir würden gerne einen Gemüsemarkt etablieren, der günstigere Preise hat“. Zeigler möchte nicht in den Entscheidungsprozess des Gartens involviert werden, solange alles seinen guten Gang nimmt. Er möchte nur sein Land zur Verfügung stellen, mit dem Wissen, Etwas für die Region und ihre Bewohner getan zu haben.

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Bloise Zeigler lebt seit 51 Jahren in Oak Grove. Und nun, wo er sich seinem 97. Geburtstag nähert, wünscht er sich nichts mehr als ein sinnvolles und nachhaltiges Fortbestehen seines Landes . Seit dem Tod seiner Frau vor acht Jahren, lebt Zeigler alleine in einem 4Zimmer-Haus. Seine Kinder sind erwachsen, und leben mit ihren Familien in der Umgebung. Er sieht das Ganze als seine Chance der Bevölkerung zu helfen. „Bloise ist unser Einwohner Nummer 1“ sagt Merkel. „Er denkt immer nur daran, den anderen zu helfen“.

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Sturz eines Meteoriten

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Die McKinneys Zum selben Zeitpunkt fielen im November des Jahres 1954 noch zwei weitere Meteoriten in Sylacauga zu Boden. Ganz unweit des Hodges Hauses stürzte ein etwas kleinerer Meteorit auf das Grundstück der McKinneys. Aus Angst, man würde ihnen den Stein wegnehmen, verheimlichten sie dessen Existenz aber mehrere Jahre. Erst nachdem sich die Aufmerksamkeit um den Hodges Meteoriten gelegt hatte, verkauften die dunkelhäutigen McKinneys ihren Fund für eine beachtliche Summe. Die einzige Person die aus diesem Meteoritenfall als Sieger hervorging, war dann auch Julius K. McKinney. Der Bauer, der einen Tag nach dem Hodges Vorfall einen Meteoriten auf seinem Grundstück fand. McKinney verkaufte einige Jahre später den Meteoriten an das Smithsonian Museum. Noch Heute ist das Fragment des Meteoriten im Museum ausgestellt, ohne jedoch dabei auf das weitaus berühmtere Stück der Hodges hinzuweisen. John C. Hall, der Assistent des Museumsdirektors am Naturkundemuseum in Tuscaloosa, Alabama sagte in einem Interview :“Der Bauer McKinney fuhr mit seinem Pritschenwagen voller Brennholz nach Hause. Auf dem Heimweg sah er einen schwarzen Stein in der Mitte der Strasse liegen, er stiess ihn zur Seite und setzte die Fahrt fort. In dieser Nacht hörte er im Radio von dem komischen Stein der Hodges und fuhr wieder zurück zu der Stelle und nahm den Stein mit heim, wo seine Kinder damit spielten. Als einzigem erzählte McKinney einem Postbeamten von seinem Fund, dieser half ihm dabei einen Anwalt zu finden. Um seinen Fund zu schützen und einen Verkauf zu tätigen. Experten bestätigten später, dass das knapp 4 Pfund schwere Objekt ein Teil des grösseren Hodges Meteoriten sei. Es teilte sich vermutlich beim Eintritt in die Erdatmosphäre. McKinney verkaufte den Stein an das Smithsonian Museum in Washington. Die McKinneys gaben die Verkaufssumme des Meteoriten nie preis, doch berichteten Beobachter von einem Hauskauf und einem gebrauchten Auto bei den McKinneys“.

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Der Fall des Meteoriten, Teil 2 Am frühen Dienstagabend im November 1954 suchten Feuerwehr und Polizei nach einem Flugzeugabsturz oder einem ähnlichen Ereignis. Sie fanden jedoch weder Feuer, noch Rauch, auch kein Flugzeugwrack, was irgendeinen der merkwürdigen Hinweise aus der Bevölkerung bestätigen sollte. Experten spekulierten, dass dieses Objekt ein Meteorit sei, oder ein selbstgebautes Flugobjekt. Aber es war auch ein Objekt, etwas grösser als ein Golfball, welches einen riesigen, kuriosen Wirbel in der Bevölkerung verursachte. In der Zeit um 1954 gab es noch kein Internet, wenige Leute besassen Telefone oder Fernseher. Es dauerte daher einige Zeit, bis sich Neuigkeiten in dem schwach besiedelten, über 260 km2 grossen Sylacauga verbreiteten. In dieser Ära der blinden Angst vor Atombomben, dem kalten Krieg, vor Ausserirdischen und vor fremden Flugobjekten war die Bevölkerung sehr verunsichert wegen des besonderen Objektes, was da in Alabama zu Boden gegangen war.

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Meteorit Ein Meteorit ist ein Festkörper kosmischen Ursprungs, der die Erdatmosphäre durchquert und den Erdboden erreicht hat. Er besteht überwiegend aus Silikatmineralien oder einer Eisen-Nickel-Legierung. Da es sich fast immer um vielkörnige Mineralaggregate handelt, werden Meteoriten unabhängig ihrer chemischen Zusammensetzung zu den Gesteinen gezählt. (Duden)

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Quellennachweis

Kometen, Max Gerstenberger, Franckh’sche Verlag ,1961 (S. 8-10, S.43, S.51) Talladega Newspaper (1.12.1954, S.1/ 4.7.1980, S.5/ 12.11.2004, S.14) Washington Post (5.1955) The Astronomical Journal, Newhaven, USA (1954) National Geographic (12.1954, S.12/ 4.1964, S.75) Nasa Internetseite (Suchbegriffe: Sylacauga, Ann Hodges) Sylacauga News (20.5.2011, S.14) Oak Grove Daily News (3.7.2007, S.25) Meteoriten, Kosmos der Himmelsführer, Franckh Kosmos Verlag, 1981 ( S. 42-48, S. 101) Einführung in die Astronomie, Wolfram Winneberg, Bibliographisches Institut (1991, S.106) Verschiedene Internetblogs

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