JANUAR 2011
BILDUNG
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Pionier der Sexualerziehung in der Schule “Ein wichtiger und unverzichtbarer Teil der Gesamterziehung“
FOTO: APETITO
In der Gesamtschule BonnBeuel findet Sexualkunde ab der 6. Klasse statt. In allen Richtlinien und Lehrplänen sind Themen wie Zärtlichkeit und Erotik an verantwortungsvolle Partnerschaft und Liebe gebunden. Die Sexualaufklärung wird immer stärker zur dominierenden Instanz gezogen. Regelmäßig findet einmal in den 6. Schuljahrgängen eine Projektwoche zum Thema Sexualerziehung statt. In dieser praktischen Woche werden viele verbindliche Inhalte der Sexualerziehung besprochen, wie zu den Beispielen: Beziehungen und
Sexualität, Geschlechterrollen, Empfängnisverhütung, sexueller Missbrauch und sexuell übertragbare Krankheiten. Am Anfang der Woche werden viele Fragen von den Schülern gesammelt. Jeder Schüler hat die Möglichkeit anonym einen Zettel oder Brief in einen dafür vorgesehenen Briefkasten ein zuwerfen. Später werden dann alle Fragen beantwortet.” Wir berücksichtigen besonders die emotionalen Aspekte der Sexualität, deswegen teilen wir Mädchen und Jungen manchmal in zwei Gruppe auf.” wie Vogel die unterschiedliche Gefühlswelt von Mädchen und Jungen darlegt,” Mädchen interessieren sich immer für die Beziehungsfragen wie was ich machen kann damit er sich in mich verliebt? Währendessen stellen die Jungen eher praktisch sexuelle Fragen, ob zum Beispiel mein Penis zu klein ist?” Auch der Einsatz von Multimedian Methoden wie DVD’ s werden in dieser Woche eingesetzt.
Foto: Privat
“S
exualerziehung ist ein wichtiger und unverzichtbarer Teil der Gesamterziehung.” sagt die Beratungslehrerin Angelika Vogel, die sich seit über 30 Jahren an der Gesamtschule Bonn-Beuel mit der sexuellen Erziehung beschäftigt. Sexualkunde ist in den Schulgesetzen aller Bundesländer verankert und von der Grundschule an ein fester Bestandteil in den Lehrplänen. “Die Sexualerziehung soll dazu beitragen, dass Schülerinnen und Schüler in Fragen der Sexualität, zunehmende Verantwortung für sich und andere übernehmen.” legt die 62-jährige dar.
Die Gesamtschule Bonn- Beuel: Sexualerziehung ist notwendig, um die indivdual- und sozialethischen Aufgaben der Erziehung zu erfüllen
sie in allem zu unterstützen was nötig ist. “Wenn die Schülerinnen schwanger werden und Probleme bekommen, wie zum Beispiel mit der Klärung der finanziellen Situation und können sie sich genau dort beraten lassen. “ erläutet Vogel. Das Peerprojekt “Beziehungsweisen” wird in den 9. Schuljahrgängen veranstaltet. Die Gesamtschule Bonn-Beuel, die Pro Familia und der Caritasverband vereinbaren das Projekt in gemeinsamer Verantwortung.” Unser Ziel ist es, Jugendliche mittels einer längeren und intensiven sexualpädagogischen Schulung als kompetente Beratungslotsen auszubilden.” erklärt Vogel. Das Projekt zieht sich durch das
Während den 7. Und 8. Schuljahrgängen arbeiten Pro Familia und ein Caritasverband eng mit der Schule zusammen. Die Schule kann keinen richtigen Sexualunterricht organisieren, deshalb haben die Schüler die Möglichkeit sich an eine dieser zwei Beratungsorganisationen zu wenden, um mit ihnen ihre Probleme zu besprechen und
ganze Schuljahr. Viele Begleitungen und Schulungen rund um die Themen Liebe, Partnerschaft und Sexualität werden intensiv ausgebildet. Ob die Schüler aus anderen Kulturen mit sexueller Aufklärung zu Recht kommen? ”Die Schüler gehen sehr offen mit diesem Thema um, dennoch sind Eltern mit islamischen Hintergrund strickt dagegen” erklärt Vogel, “ Wir versuchen mit den Eltern in Kontakt zu treten um ihnen unsere Materialen an zu bieten, ihnen die Angst ein wenig zu nehmen und Verständnis zu vermitteln.”
✓ www.bzga.de ✓ www.schule.loveline.de
Sexuallehrerin Angelika Vogel
Hilfsträger Pro familia : Seit 1952 setzt sich pro familia für die Interessen von Frauen, Männern, Jugendlichen und Kindern auf dem Gebiet der sexuellen und reproduktiven Rechte ein. Sie bieten Familienplanung, Sexualpädagogik und Sexualberatung. Caritas : ist eine in vielen Ländern tätige soziale Hilfsorganisation der römischkatholischen Kirche, in Deutschland als Deutscher Caritasverband e. V. mit über 900 einzelnen Einheiten organisiert – die meisten davon als selbstständig eingetragene Vereine.
Junge Mütter ohne Panik in der Schwangerschaft Mit dem Projekt „Jung und Schwanger“ entsteht ein neues Hilfenetz
Diplom-Sozialarbeiterin Roswitha Keck-Bock leitet die Gruppe “Jung und Schwanger” und berät im Kölner Gesundheitsamt jugendliche Schwangere und ihre Familien über Schwangerschaftkonflikte und auch zu allen anderen Lebensfragen wie die Schwierigkeiten mit der Finanzierung, dem Elternhaus, der Schule oder der Partnerschaft. 2009 nahmen 220 Mädchen und Frauen die Beratung und davon 55 das zusätzliche Angebot der Familienhebamme wahr.” Unser Ziel ist die Gesundheit von Mutter und Kind mit Hilfe niedrigschwelliger
Angebote innerhalb des sozialen Netzes zu sichern.” erläutert die 49-jährige. Jeden Tag bietet KeckBock drei bis fünf psycho-soziale Beratungen an und normalerweise dauert jedes Gespräch circa anderhalb Stunden. Manche kommen alleine oder mit dem Partner oder ihren Müttern.” Die Jüngsten kommen mit 12 Jahren aber erstaunlicherweise am besten zu Recht und vor allem die 17-bis 21-jährigen erwiesen sich als besonders unterstützungsbedürftig”, erklärt Kick-Bock. Manchen Schwangeren und werdenden Väter erscheint ein Schwangerschaftsabbruch als ein-
FOTO: PRIVAT
“Junge Mädchen im Alter von 13 bis 23 Jahren, zählen zur Kategorie junge Schwangerschaft.“ sagt DiplomSozialarbeiterin Roswitha Keck-Bock, die Gruppe “Jung und Schwanger“ leitet.
zig denkbare Lösung. Andere fragen sich, ob sie das Kind nicht trotz schwieriger Umstände bekommen wollen.” In dieser Situation helfen wir bei der Entscheidungsfindung, das heißt wir analysieren die Wohnsituation, die Partnerschaft und auch möglichst die finanzielle Unterstüzung zusammen, bevor das Baby geboren wird.” stellt Keck-Bock klar,” Aber die endgültige Entscheidung liegt über einen Schwangerschaftsabbruch oder das Austragen der Schwangerschaft allein bei ihnen selbst.” Für Schwangere, die ihr Kind bekommen wollen, können mit finanzieller Hilfe vom Staat rechnen. “ Bis zum 6. Lebensjahr, haben die Eltern unabhängigen Anspruch auf Arbeitslosengeld II.” legt Keck-Bock dar. Die meinsten der betreuten Schwangeren kommen aus Bildungsfernen, und ärmeren Bevölkerungsschichten. 56% aller Schwangeren Frauen und 59% ihrer Partner unter 18 Jahren haben gerade mal den Hauptschulabschluss oder sogar noch eine schlechtere Schulbildung. “Viele haben Verhütungspanik und es mangelt auch an Aufklärung der sexuellen Kenntnisse, obwohl wir auch pädagogische Veranstaltun-
Jugendliche Verhütungsverhalten beim ersten Mal
Quelle: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
E
s gibt viele Gründe, weshalb eine Schwangerschaft ein Problem sein kann – gerade wenn man noch sehr jung ist. Sie haben selten Rückhalt in ihren Familien, häufig keine stabilen Partnerschaften und auch das Hilfesystem berücksichtigt ihre speziellen Bedürfnisse nicht immer ausreichend. Um junge Schwangere und Mütter zusätzlich zu den rein staatlichen Angeboten zu unterstüzen, wurde das Projekt “Jusch- jung und schwanger” vor vier Jahren vom Kölner Gesundheitsamt ins Leben gerufen.
Angaben in %
gen anbieten.” seufzt Keck-Bock,” Aber es ist keine Verpflichtung für jede Schule, deswegen findet Pädagogische Veranstaltung leider nicht an jeder Schule statt.” Weiter fügt Keck-Bock zu, “auch in den Medien findet heutzutage keine Aufklärung statt, ganz im Gegenteil sogar, nicht ohne Grund heißt es wie so
oft “Sex sells”. Fehlinterpretation und falsche Informationen werden den Jugendlichen somit auf ver-
schiedenen Plattformen geboten ohne das es ihnen verständlich gemacht wird.”
✓ www.stadt-koeln.de