Pharma-Markt Schweiz 2016

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2016

Pharma-Markt Schweiz


Impressum 23. Auflage, herausgegeben 2016 von

Interpharma Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz Petersgraben 35 Postfach 4009 Basel Telefon: 061 264 34 00 E-Mail: info@interpharma.ch Die Inhalte der Broschüre finden Sie auch auf der Website von Interpharma u nter www.interpharma.ch. Grafiken der jeweils aktuellsten Version können Sie zu Ihrer freien Verwendung unter Quellenangabe herunterladen.

Redaktionsteam Interpharma: Samuel Enderli, Sara Käch, Carolin Lorber, Heiner Sandmeier Umschlagbild: © iStockphoto

In dieser Publikation werden Personen und Funktionsbezeichnungen anstelle der Doppelbezeichnung hauptsächlich in männlicher Form verwendet, stehen aber jeweils für die männliche und die weibliche Form. Disponible en traduction française © Interpharma, 2016 Basel Abdruck mit Quellenangabe erwünscht


Pharma-Markt Schweiz Ausgabe 2016


Inhaltsverzeichnis Nutzen und Kosten von Medikamenten Gesundheitskosten im internationalen Vergleich ........................ 7 Ausgaben für Medikamente im internationalen Vergleich ........... 9 Ausgabenstruktur der Schweizer Haushalte ............................. 11 Direkte und indirekte Krankheitskosten .................................... 13 Krebsüberlebensraten im europäischen Vergleich..................... 15 Lebenserwartung .................................................................... 17 Medikamentenmarkt Medikamentenmarkt Schweiz ................................................. Kassenpflichtige Medikamente ............................................... Rezeptfreie Medikamente ....................................................... Medikamente nach Kassen- und Verschreibungspflicht .......... Absatzkanäle nach Umsatz und Bestand ................................ Generika und generikafähiger Markt ....................................... Generikafähige Wirkstoffe ....................................................... Medikamente gegen seltene Krankheiten ................................ Bio- und gentechnisch hergestellte Medikamente ................... Marktanteile von Medikamenten nach Indikationsgebiet .......... Weltweiter Medikamentenumsatz ...........................................

19 21 23 25 27 29 31 33 35 37 39


Volkswirtschaftliche Bedeutung der Pharmabranche Handelsbilanz der pharmazeutischen Produkte ...................... Handelsbilanz nach Weltregionen ........................................... Pharmahandelsbilanz im internationalen Vergleich .................. Arbeitsplatzproduktivität Pharmaindustrie / Gesamtwirtschaft......................................... Anzahl Beschäftigte Pharmaindustrie  / Gesamtwirtschaft ........ Kennzahlen der Interpharma-Firmen für die Schweiz .............. Kennzahlen der Interpharma-Firmen weltweit ......................... Interpharma-Firmen: Ausgaben für F&E weltweit ..................... Interpharma-Firmen in der Schweiz: Umsatz, Forschung und Export ............................................................ Medikamentenzulassungen der Interpharma-Firmen ............... Schweizer Innovationssystem im internationalen Vergleich ...... Forschung und Entwicklung Entwicklungskosten eines neuen Medikaments ...................... Der Werdegang eines Medikaments ....................................... Klinische Studien in der Schweiz ............................................ Pharmazeutische Patente beim Europäischen Patentamt ........ Finanzierung von F&E in der Schweiz ...................................... Aufwendungen für F&E in der Privatwirtschaft ........................ Wissenschaftlicher Impact nach Ländern ................................ Versuchstierstatistik ................................................................

41 43 45 47 49 51 53 55 57 59 61

63 65 67 69 71 73 75 77


Zulassung, Preisbildung und RĂźckerstattung von Medikamenten Zulassungsverfahren von Swissmedic .................................... Anzahl zugelassener Medikamente in der Schweiz.................. Medikamente und ihre Verkaufseinheiten ................................ Statistik der kassenpflichtigen Medikamente ........................... Zusammensetzung des Medikamentenpreises ........................ Medikamentenpreisvergleich Schweiz – Ausland .................... Preisvergleiche europäischer Staaten ..................................... Die Schweiz als Referenzland .................................................

79 81 83 85 87 89 91 93

Fragen und Antworten rund um Medikamente.................. 94 Anhang Staatliche Vorschriften im Arzneimittelbereich ........................ 114 Nichtstaatliche Regelungen im Arzneimittelbereich ................ 118



Nutzen und Kosten von Medikamenten Hoher Anteil der stationären Behandlung Den mit knapp 45% grössten Anteil an den gesamten Gesundheitskosten machte in der Schweiz 2013 die stationäre Behandlung aus. Die ambulante Behandlung verursachte rund 30% der gesamten Ausgaben. Etwas mehr als 10% entfielen auf Medikamente. Im internationalen Vergleich gaben fast alle anderen Länder weniger für die stationäre Behandlung aus. Hingegen war der Anteil der Arzneimittel in der Schweiz mit 10.5% der Gesundheitskosten gemäss OECD deutlich kleiner als in den Vergleichsländern (AT, BE, DE, FI, FR, JP und US). Dieser Anteil umfasst in Apotheken, Drogerien, von selbst dispensierenden Ärzten und im Spital ambulant abgegebene Medikamente. In vielen Vergleichsländern werden die im Spital (ambulant oder stationär) abgegebenen Medikamente indes nicht in diese Berechnung einbezogen. Auch das Bundesamt für Statistik weist diese Daten für die Schweiz nicht aus. Von allen 34 OECD-Staaten wurde prozentual nur in Dänemark, Luxemburg, den Niederlanden, Norwegen und Schweden weniger für Medikamente ausgegeben als in der Schweiz.

6


Gesundheitskosten im internationalen Vergleich Anteil an den gesamten Gesundheitskosten (in %), 2013 CH BE AT JP¹ SE FI DE FR 0

20

40

60

80

© Interpharma

US¹ 100

n  Stationäre Behandlung    n  Ambulante Behandlung    n  Arzneimittel Quelle: OECD Health Data 2015.

¹ Daten für 2012.

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Geringe Ausgaben für Medikamente im internationalen Vergleich In der Schweiz wurde im Jahr 2013 mit 666 US-Dollar pro Kopf weniger Geld für Medikamente ausgegeben als in anderen vergleichbaren Ländern wie zum Beispiel Deutschland (678 US-Dollar) oder den USA (1026 US-Dollar). Gegenüber 2012 kam es zu einer Zunahme um rund 9 US-Dollar. In fast allen OECD-Ländern flossen 2013 über 10% der gesamten Gesundheitsausgaben in den Arzneimittelbereich. In allen Nachbarstaaten lag der Anteil der Medikamente deutlich höher. Insbesondere in Italien (18.6%) und Frankreich (14.5%) waren Medikamente der deutlich grössere Kostenblock als in der Schweiz (10.5%). In der Schweiz werden die im Spital ambulant abgegebenen Medikamente von der OECD in diese Berechnungen miteinbezogen, während in den meisten anderen Ländern keine im Spital (ambulant oder stationär) abgegebenen Medikamente enthalten sind.

8


Ausgaben für Medikamente im internationalen Vergleich Ausgaben pro Kopf (in USD, kaufkraftbereinigt), 2013

US DE CH BE FR IT AT SE NL DK

1 026 678 666 603 596 572 536 459 © Interpharma

397 240

0

200

400

600

800

1 000

1 200

Quelle: OECD Health Data 2015.

Anteil der Medikamente an den Gesundheitskosten In %, 2013 18.6

IT FR BE DE AT US CH SE NL DK

14.5 14.1 14.1 11.8 11.8 10.5 9.4 © Interpharma

7.7 5.2

0

5

10

15

20

Quelle: OECD Health Data 2015.

9


Ausgaben für Medikamente tiefer als für Alkohol und Tabak Der Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) misst die Preisentwicklung der für die privaten Haushalte bedeutsamen Waren und Dienstleistungen. Transferausgaben wie Steuern, Sozialversicherungsbeiträge oder Krankenkassenprämien werden dabei nicht erfasst. Den Änderungen im Konsumverhalten wird durch eine jährliche Anpassung und Neugewichtung des Warenkorbs Rechnung getragen. Die Gewichte geben an, wie viel die Schweizer Haushalte von ihrem verfügbaren Nettoeinkommen durchschnittlich für einen Ausgabenposten aufwenden. Auf der Basis dieser Gewichtungen wird dann der Gesamtindex berechnet. Der Anteil der Medikamente am Warenkorb beträgt in diesem Jahr 2.3%. Das bedeutet, dass die Schweizer Haushalte durchschnittlich 2.3% ihres verfügbaren Einkommens für Medikamente ausgeben. Das ist im Vergleich zu anderen Ausgabenposten bescheiden, so geben die Haushalte mit 2.9% des Einkommens mehr für Alkohol und Tabak aus. Der Posten «Medikamente» umfasst die gesamten Ausgaben für Medikamente. Es wird also nicht nur derjenige Anteil miteinbezogen, den die Haushalte direkt (über Selbstbehalt, Franchise oder für nicht vergütete Medikamente) bezahlen, sondern auch der über die Krankenkassen finanzierte Anteil ist darin enthalten. Die Gewichtungsgrundlage für den Landesindex bildet die Haushaltsbudgeterhebung (HABE). Für die Neugewichtung des Warenkorbs 2016 wurden bei rund 3 000 zufällig ausgewählten Haushalten die Ausgaben erhoben und zu einer durchschnittlichen Ausgabenstruktur hochgerechnet. Ausgehend von dieser Ausgabenstruktur wurden die einzelnen Warenkorbpositionen gewichtet. 10


Ausgabenstruktur der Schweizer Haushalte Warenkorb des Landesindex der Konsumentenpreise (in %), 2016 Wohnungsmiete

18.1

Nahrungsmittel

9.4

Restaurants und Hotels

9.1

Autos, Motor- und Fahrräder

8.2

Spitalleistungen

6.2

Arzt-/Zahnarztbesuche¹

5.5

Bekleidung und Schuhe

3.8

Freizeit und Kultur Alkohol und Tabak

2.9

Telekommunikation

2.7

Pauschalreisen

2.3

Medikamente

2.3

Garten und Heimtiere

0.8

Zeitungen und Bücher

0.8

0

5

10

15

20

Quelle: Landesindex der Konsumentenpreise, Gewichtung 2016, Bundesamt für Statistik, 2016. 1

Ambulante Leistungen (ohne Spital ambulant), ohne Medikamente.

11

© Interpharma

2.9


Hohe indirekte Krankheitskosten Neben direkten medizinischen Kosten für Arztbesuche, Spitalaufenthalte und Medikamente verursachen Krankheiten immer auch indirekte Kosten etwa durch Produktivitätsverluste am Arbeitsplatz oder durch die Pflege durch Angehörige. 2011 machten in der Schweiz gemäss einer Studie im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit (BAG) bei den meisten der sieben wichtigsten nicht übertragbaren Krankheiten die indirekten Kosten die Mehrheit der Kosten aus. So verursachten Rückenschmerzen und Rheuma, Krebs, Demenz, Diabetes und speziell psychische Krankheiten weniger direkte medizinische Kosten als indirekte Kosten. Für gesundheitspolitische Entscheide ist es wichtig, das Gesamtbild im Auge zu haben und nicht nur die direkten Kosten, die im Gesundheitswesen selbst anfallen. Bessere Therapien und Behandlungen sind zwar in der Regel teurer als bestehende Therapieformen, sie führen aber auch dazu, dass die Patientinnen und Patienten besser und schneller genesen. Damit können die Betroffenen wieder schneller an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Dies reduziert nicht nur die individuelle Krankheitslast, sondern auch die Kosten, die durch Krankheiten ausserhalb des Gesundheitswesens verursacht werden. Bessere Therapien können also die indirekten Kosten senken.

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Direkte und indirekte Krankheitskosten Anteil direkter und indirekter Kosten an den Gesamtkosten in der Schweiz, 2011 (in %)

80

28.9

60 40

71.1

20

16 799 Mio. CHF 38.3

61.7

23 574 Mio. CHF

10 867 Mio. CHF

5 627 Mio. CHF

2 172 Mio. CHF

51.7

53.8

56.3

60.2

48.3

46.2

43.7

39.8

0

h Ast

auf

PD ma sl heu , CO z-Krei n, R r e e z r H me sch ken c ü R

ma

n  Direkte medizinische Kosten

Kr

e bs

Dem

enz Ps

14 661 Mio. CHF

72.6

27.4

es gen bet run Dia Stö e h isc yc h © Interpharma

5 467 Mio. CHF

100

n  Indirekte Kosten

Quelle: Die Kosten der nicht übertragbaren Krankheiten in der Schweiz, Wieser et al., Bericht im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit, 2014.

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Unterschiedlicher Zugang zu innovativen Krebstherapien Dank neuen Diagnosemöglichkeiten und Medikamenten wie modernen Antikörpertherapien kann Krebs heute in vielen Fällen früher erkannt, besser behandelt oder sogar geheilt werden. In Europa existieren grosse Unterschiede bezüglich des Zugangs zu neuen Krebstherapien und unterschiedlich lange Wartefristen für neue Medikamente. Dies hat Auswirkungen auf die Überlebensrate von Krebspatienten. Denn ein rascher Zugang zu neuen Therapiemöglichkeiten und Medikamenten ist wichtig für den Behandlungserfolg bei einer Krebserkrankung. So ist die relative 5-Jahre Überlebensrate in der Schweiz bei vielen Krebsarten deutlich höher als in anderen europäischen Ländern. Speziell in osteuropäischen Ländern wie Polen liegen diese Raten tiefer. Die relative 5-Jahre Überlebensrate gibt die Sterblichkeit der Menschen mit Krebs im Vergleich zur Sterblichkeit der Menschen ohne Krebs an. Diese Masszahl berücksichtigt somit die Tatsache, dass unter Krebspatienten nur ein Teil der Sterblichkeit auf Krebs zurückzuführen ist, da auch bei Menschen ohne Krebs eine gewisse Sterblichkeit zu erwarten ist. Ein Wert von 100% bedeutet, dass die Sterblichkeit bei Menschen mit Krebs genauso hoch ist wie die Sterblichkeit bei Menschen ohne Krebs. Eine Rate von 61% wie im Falle von Dickdarmkrebs in der Schweiz ist so zu verstehen, dass der Anteil der überlebenden Menschen mit Dickdarmkrebs fünf Jahre nach Diagnosestellung 61% des erwarteten Anteils der Überlebenden der Gesamtbevölkerung ohne Dickdarmkrebs entspricht. Die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen mit Krebs fünf Jahre nach der Diagnose noch am Leben sind, ist damit im Vergleich zur Bevölkerung ohne Krebs um 39% reduziert. 14


Krebsüberlebensraten im europäischen Vergleich Relative 5-Jahre Überlebensraten (in %)

FR SE IT CH NL DE AT DK UK PL

86.1 86.0 85.5 84.6 84.5 83.6 82.1 81.5 79.3 71.6

DE CH AT SE IT FR NL DK UK PL

62.2 61.4 61.2 61.1 60.8 59.7 58.1 53.6 51.3 46.7

IT CH DE AT FR SE NL UK DK PL 0

n  Brustkrebs

20

40

n  Dickdarmkrebs

60

80

100

n  Magenkrebs

Quelle: Cancer survival in Europe 1999–2007 by country and age: results of EUROCARE-5 – a population-based study, Roberta De Angelis et al., The Lancet Oncology, Volume 15(1), 2014.

15

© Interpharma

32.4 31.6 31.3 31.0 26.3 21.7 20.4 17.0 16.0 15.6


Hohe Lebenserwartung bei guter Gesundheit In der Schweiz werden Frauen und Männer nicht nur immer älter, sondern bleiben in der Regel auch länger gesund. Die Lebensqualität alter Menschen hat sich dank medizinischen Fortschritten und einem gesünderen Lebensstil spürbar verbessert. Die Lebenserwartung betrug in der Schweiz 2013 rund 83 Jahre. Nur Japan hat eine noch längere Lebenserwartung. Aber nicht nur die Lebenserwartung ist in der Schweiz sehr hoch, sondern auch die sogenannte gesunde Lebenserwartung. Dieses Mass berücksichtigt gesundheitliche Beschwerden und gibt somit an, wie viele Jahre durchschnittlich ohne gesundheitliche Einschränkungen verbracht werden. Ein etwas anderes Mass ist die Lebenserwartung in guter Gesundheit, das Informationen zur Sterblichkeit mit Angaben zum selbst wahrgenommenen Gesundheitszustand für jede Altersklasse kombiniert. Diese werden alle fünf Jahre mit der Schweizerischen Gesundheitsbefragung erhoben. 1992 betrug die Lebenserwartung in guter Gesundheit im Alter von 65 bei den Frauen 11.9 Jahre, bei den Männern 11.1 Jahre. Bis 2007 nahm dieser Wert bei beiden Geschlechtern um über 1.5 Jahre zu. Bei der letzten Gesundheitsbefragung 2012 wurden die Antwortmodalitäten geändert, sodass die Werte nicht mehr direkt mit den Vorjahren vergleichbar sind. Die Lebenserwartung in guter Gesundheit betrug bei den Frauen 12.9 Jahre und bei den Männern 12.5 Jahre. In der Befragung gaben über 71% der Frauen und fast 75% der Männer zwischen 65 und 74 Jahren an, in sehr guter oder guter Gesundheit zu leben. Bei den über 75-Jährigen waren es bei den Frauen noch rund 61% und bei den Männern gut 64%. 16


Gesunde und gesamte Lebenserwartung Ab Geburt (in Jahren), beide Geschlechter, 2013 75

84

73

83

72

83

72

82

72

82

71

81

71

81

71

81

69

50

60

79

70

n  Gesunde Lebenserwartung bei Geburt

80

90

n  Lebenserwartung bei Geburt

© Interpharma

JP IT CH SE FR DE UK AT US

Quelle: Global Health Observatory Data Repository, World Health Organization, 2016.

Lebenserwartung bei guter Gesundheit 16 Im Alter von 65 Jahren (in Jahren) 12

11.1

11.9

11.8

11.9

12.6

13.5

13.0

13.5

12.5

12.9

8 4

1992

n  Männer

1997

2002

2007

© Interpharma

0 20121

n  Frauen

Quelle: Bundesamt für Statistik, 2014. 1

Daten von 2012 aufgrund einer Überarbeitung des Fragebogens nicht direkt mit den Vorjahren vergleichbar.

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Medikamentenmarkt Medikamentenmarkt 2015 wächst aufgrund neuer, innovativer Medikamente Der Medikamentenmarkt Schweiz nahm 2015 im Vergleich zum Vorjahr um 5.3% auf rund 5.4 Milliarden Franken zu. Das ist ein stärkeres Wachstum als in den vergangenen Jahren, in denen der Markt stagnierte. Der Zuwachs ist insbesondere auf die Einführung neuer, innovativer Medikamente speziell gegen Hepatitis C zurückzuführen, welche diese Infektionserkrankung bei über 90% der Betroffenen heilen können. Zusammen mit anderen antiviralen Mitteln machte das Wachstum dieser Arzneimittelgruppe rund die Hälfte des gesamten Marktwachstums aus. Die Zahl der verkauften Packungen nahm um 0.8% auf 211 Millionen Einheiten zu.

Medikamentenmarkt Schweiz Zu Fabrikabgabepreisen

In Packungen

Apotheken

Absatzkanal

2  797.1 Mio. CHF (+6.4%)¹

122.1 Mio. (+2.7%)

SD-Ärzte²

1  295.1 Mio. CHF (+3.5%)

41.6 Mio. (+2.8%)

Spitäler

1  221.9 Mio. CHF (+5.1%)

39.0 Mio. (–5.9%)

68.5 Mio. CHF (–2.0%)

7.6 Mio. (–3.4%)

Total 5 382.6 Mio. CHF (+5.3%)

Drogerien

211.0 Mio. (+0.8%)

Quelle: Interpharma mit Datengrundlage IMS Health Schweiz, 2016. 1 2

Vergleich zum Vorjahr. Ärzte mit eigener Praxisapotheke werden als selbst dispensierende Ärzte (SD-Ärzte) bezeichnet.

18

© Interpharma

2015


Medikamentenmarkt Schweiz nach Wert Marktvolumen 2015: 5 382.6 Mio. CHF (zu Fabrikabgabepreisen, 100%)

n Apotheken 52.0% n SD-Ärzte 24.1% n Spitäler 22.7%

© Interpharma

n Drogerien 1.2%

Quelle: Interpharma mit Datengrundlage IMS Health Schweiz, 2016.

Medikamentenmarkt Schweiz nach Menge Marktvolumen 2015: 211.0 Mio. Packungen (100%)

n Apotheken 58.2% n SD-Ärzte 19.7% n Spitäler 18.5%

© Interpharma

n Drogerien 3.6%

Quelle: Interpharma mit Datengrundlage IMS Health Schweiz, 2016.

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Stärker wachsender kassenpflichtiger Markt Im Jahr 2015 betrug der Anteil kassenpflichtiger Medikamente am Gesamtumsatz für Arzneimittel zu Herstellerabgabepreisen rund 82.6% oder 4 445 Millionen Franken. Dieser Markt nahm gegenüber dem Vorjahr mit 6.8% stärker zu als der Gesamtmarkt, der wertmässig um 5.3% gewachsen ist. Ein Medikament wird erst dann kassenpflichtig, wenn das Bundesamt für Gesundheit (BAG) die Rückvergütung durch die Krankenkassen zulässt. Die Behörde prüft die Wirksamkeit, die Zweckmässigkeit und die Wirtschaftlichkeit des Medikaments und legt danach dessen maximalen Vergütungspreis verbindlich fest. Das BAG orientiert sich dabei an den Preisen vergleichbarer Medikamente sowie an Auslandpreisen und berücksichtigt den therapeutischen Mehrnutzen.

Kassenpflichtige Medikamente Zu Fabrikabgabepreisen

In Packungen

Apotheken

Absatzkanal

2 259.6 Mio. CHF (+7.7%)¹

71.6 Mio. (+3.4%)

SD-Ärzte²

1 154.7 Mio. CHF (+4.5%)

36.6 Mio. (+2.8%)

Spitäler

1 027.2 Mio. CHF (+7.8%)

14.0 Mio. (+1.2%)

Drogerien

3.6 Mio. CHF (–2.6%)

0.8 Mio. (–2.4%)

Total 4 445.1 Mio. CHF (+6.8%)

123.0 Mio. (+2.9%)

Quelle: Interpharma mit Datengrundlage IMS Health Schweiz, 2016. 1 2

Vergleich zum Vorjahr. Ärzte mit eigener Praxisapotheke werden als selbst dispensierende Ärzte (SD-Ärzte) bezeichnet.

20

© Interpharma

2015


Kassenpflichtige Medikamente nach Wert Marktvolumen 2015: 4 445.1 Mio. CHF (zu Fabrikabgabepreisen, 100%)

n Apotheken 50.8% n SD-Ärzte 26.0% n Spitäler 23.1%

© Interpharma

n Drogerien 0.1%

Quelle: Interpharma mit Datengrundlage IMS Health Schweiz, 2016.

Kassenpflichtige Medikamente nach Menge Marktvolumen 2015: 123.0 Mio. Packungen (100%)

n Apotheken 58.2% n SD-Ärzte 29.7% n Spitäler 11.4% 0.7%

© Interpharma

n Drogerien

Quelle: Interpharma mit Datengrundlage IMS Health Schweiz, 2016.

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Ein Siebtel rezeptfreie Medikamente OTC-Medikamente («over the counter», über den Ladentisch) sind in Apotheken, Drogerien, in der Arztpraxis oder in Spitälern ohne Rezept erhältlich. Manche von ihnen werden in Verbindung mit einer ärztlichen Verordnung von der Grundversicherung bezahlt, lassen sich aber auch ohne ärztliches Rezept erwerben. In diesem Fall muss der Käufer den gesamten Preis selbst bezahlen. 2015 machte der Markt mit rezeptfreien Medikamenten auf der Basis von Herstellerabgabepreisen rund 766 Millionen Franken oder 14.2% des Gesamtumsatzes von Medikamenten in der Schweiz aus. Der Umsatz der OTC-Medikamente nahm gegenüber dem Vorjahr um 2.7% zu, während es 2014 noch zu einer leichten Abnahme gekommen war (–0.6%). Bezüglich der Menge der abgesetzten rezeptfreien Medikamente wurde 2015 eine Zunahme von 2.6% auf 87.4 Millionen Packungen registriert.

Rezeptfreie Medikamente 2015 Zu Fabrikabgabepreisen 579.0 Mio. CHF (+3.0%)¹

66.0 Mio. (+2.8%)

In Packungen

SD-Ärzte²

93.3 Mio. CHF (+3.4%)

10.4 Mio. (+4.9%)

Spitäler

25.3 Mio. CHF (+6.5%)

3.4 Mio. (+7.3%)

Drogerien

68.5 Mio. CHF (–2.0%)

7.6 Mio. (–3.4%)

766.1 Mio. CHF (+2.7%)

87.4 Mio. (+2.6%)

Total

Quelle: Interpharma mit Datengrundlage IMS Health Schweiz, 2016. 1 2

Vergleich zum Vorjahr. Ärzte mit eigener Praxisapotheke werden als selbst dispensierende Ärzte (SD-Ärzte) bezeichnet.

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© Interpharma

Absatzkanal Apotheken


Rezeptfreie Medikamente nach Wert Marktvolumen 2015: 766.1 Mio. CHF (zu Fabrikabgabepreisen, 100%)

n Apotheken 75.6% n SD-Ärzte 12.2% n Spitäler 3.3%

© Interpharma

n Drogerien 8.9%

Quelle: Interpharma mit Datengrundlage IMS Health Schweiz, 2016.

Rezeptfreie Medikamente nach Menge Marktvolumen 2015: 87.4 Mio. Packungen (100%)

n Apotheken 75.5% n SD-Ärzte

11.9%

n Spitäler 3.9%

© Interpharma

n Drogerien 8.7%

Quelle: Interpharma mit Datengrundlage IMS Health Schweiz, 2016.

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Grossteil der Medikamente ist kassenpflichtig Nicht alle Medikamente, die von der Grundversicherung vergütet werden, sind verschreibungspflichtig. Zwar ist der Grossteil der kassenpflichtigen Arzneimittel, die 2015 wertmässig rund 82.6% des Gesamtmarkts ausmachten, verschreibungspflichtig. Es gibt aber auch rezeptfrei erhältliche Medikamente, die von der Grundversicherung bezahlt werden (4.5% des Gesamtmarkts). Dafür ist in jedem Fall eine ärztliche Verschreibung notwendig. Liegt kein Rezept vor, so werden die Kosten auch nicht von der Grundversicherung übernommen. Umgekehrt ist wertmässig etwas weniger als die Hälfte des Markts der nicht kassenzulässigen Medikamente verschreibungspflichtig. Dazu zählen etwa hormonelle Verhütungsmittel. Auf der Basis der Anzahl verkaufter Packungen zeigt sich ein etwas anderes Bild: Rund 58% des Gesamtmarkts waren 2015 kassenzulässig, wobei der Grossteil davon verschreibungspflichtig war. Bei den nicht kassenzulässigen Arzneimitteln war rund ein Drittel aller verkauften Packungen verschreibungspflichtig.

24


Medikamentenmarkt nach Kassenpflicht nach Wert

n Kassenzulässige Produkte 82.6% (4 445.1 Mio. CHF) n Verschreibungspflichtig 78.1% (4 202.2 Mio. CHF) n Rezeptfrei 4.5% (242.9 Mio. CHF) n Nicht kassenzulässige Produkte 17.4% (937.5 Mio. CHF) n Verschreibungspflichtig 7.7% (414.3 Mio. CHF) n Rezeptfrei 9.7% (523.2 Mio. CHF)

© Interpharma

Marktvolumen 2015: 5 382.6 Mio. CHF (zu Fabrikabgabepreisen, 100%)

Quelle: Interpharma mit Datengrundlage IMS Health Schweiz, 2016.

Medikamentenmarkt nach Kassenpflicht nach Menge

n Kassenzulässige Produkte 58.3% (123.0 Mio.) n Verschreibungspflichtig 43.3% (91.1 Mio.) n Rezeptfrei 15.0% (31.5 Mio.) n Nicht kassenzulässige Produkte 41.7% (88.0 Mio.) n Verschreibungspflichtig 15.2% (32.1 Mio.) n Rezeptfrei 26.5% (55.9 Mio.) Quelle: Interpharma mit Datengrundlage IMS Health Schweiz, 2016.

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© Interpharma

Marktvolumen 2015: 211.0 Mio. Packungen (100%)


Apotheken weiterhin wichtigster Absatzkanal Der Medikamentenumsatz in den Apotheken hat 2015 im Vergleich zum Vorjahr zugenommen. In den 1 774 Apotheken in der Schweiz wurden wertmässig 52% der Medikamente verkauft. Sie waren damit der wichtigste Absatzkanal für Medikamente. Eine immer grössere Bedeutung kommt den Versandapotheken zu. Bei den Drogerien kam es im Vergleich zum Vorjahr zu einer leichten Abnahme der Verkäufe. In den Spitälern und bei den SD-Ärzten hingegen wurden Zunahmen registriert. Zwischen 2005 und 2015 wurden über 100 neue Apotheken eröffnet, während die Zahl der Drogerien um 160 zurückging. Zwischen 2005 und 2009 nahm die Zahl der SD-Ärzte von 3 928 auf 3 555 ab. Gegenüber dem Vorjahr kam es 2015 zu einer Abnahme von 25 SD-Ärzten. Der sprunghafte Anstieg im Jahr 2010 ist darauf zurückzuführen, dass die Daten seit 2010 nach kantonalen Bestimmungen erhoben werden. Zudem wurde seit 2011 eine neue Datenquelle eingesetzt. Deshalb sind die Zahlen von 2009 bis 2014 nur beschränkt miteinander vergleichbar.

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Absatzkanäle nach Umsatz In Mio. CHF, zu Fabrikabgabepreisen 2 500

2 797 2 273

1 500 1 000 500 0

1 295 1 008

1 222

817 97

05

69

06

07

Apotheken

08

09

10

SD-Ärzte1

11

12

Spitäler

13

14

15

Drogerien

© Interpharma

2 000

Quelle: Interpharma mit Datengrundlage IMS Health Schweiz, 2016.

Absatzkanäle nach Bestand Anzahl SD-Ärzte1, Apotheken, Drogerien und Spitäler

7 000 6 000

5 809

5 000 4 000

3 928

3 000 1 000 0

1 774

1 672

533 333

693 570

05

06

07

Apotheken

08

09

SD-Ärzte1

10

11

12

Spitäler

13

14

15

Drogerien

Quelle: Interpharma mit Datengrundlage IMS Health Schweiz; Cegedim Switzerland SA, Zweigniederlassung Zürich; pharmaSuisse, 2016. 1

Ärzte mit eigener Praxisapotheke werden als selbst dispensierende Ärzte (SD-Ärzte) bezeichnet.

27

© Interpharma

2 000


Hoher Substitutionsanteil der Generika Die kassenpflichtigen Generika erreichten 2015 ein wertmässiges Volumen von 637 Millionen Franken. Im Vorjahresvergleich belief sich das Wachstum auf über 7%. Mengenmässig legten die Generika um gut 13% zu. Seit dem Jahr 2005 hat sich der Markt der Generika wertmässig mehr als verdoppelt. Im generikafähigen Markt hat sich der Anteil der Generika in den letzten Jahren erhöht. Zu diesem Markt zählen sowohl Generika als auch patentabgelaufene Originale, von denen Generika existieren. Daneben gibt es aber auch Originale, von denen es keine Generika gibt, weil unter anderem deren Preise bereits so tief sind, dass sie für Generikahersteller wirtschaftlich nicht attraktiv sind. Das Marktvolumen dieser Produktgruppe betrug im Jahr 2015 rund 497 Millionen Franken. Bei den zwanzig umsatzstärksten patentabgelaufenen Wirkstoffen betrug der mengenmässige Anteil der Generika 2015 über 79%. Somit waren rund vier von fünf verkauften Einheiten (Tabletten, Kapseln etc.) Generika. 2005 war nur rund jede zweite Einheit ein Generikum gewesen. Ein Grund für die deutliche Erhöhung des Generikaanteils zwischen 2005 und 2006 liegt in der Einführung des differenzierten Selbstbehalts. Dieser Regelung zufolge zahlen die Versicherten beim Bezug des Originalpräparats 20% Selbstbehalt, beim Generikum hingegen nur 10%.

28


Generika Generikamarkt (in Mio. CHF, zu Fabrikabgabepreisen)

700 637.0

600 500 400 300 261.2

100 0 05

06

07

08

09

10

11

12

13

14

15

© Interpharma

200

Quelle: Interpharma mit Datengrundlage IMS Health Schweiz, 2016.

Generikafähiger Markt Generikafähige Wirkstoffe, Top 20 (nach Wert), monatlich abgegrenzt Anteil Generika am generikafähigen Markt (in %, auf der Basis von Counting Units1) 100 80

29.7

28.9

28.4

29.3

29.1

27.6

28.0

24.4

21.5

20.8

70.3

71.1

71.6

70.7

70.9

72.4

72.0

75.6

78.5

79.2

06

07

08

09

10

11

12

13

14

15

49.7

60 40

0

05

n Generika  n Patentabgelaufene Originale, von denen Generika existieren Quelle: Interpharma mit Datengrundlage IMS Health Schweiz, 2016. 1

Anzahl Tabletten, Kapseln, Milliliter etc.

29

© Interpharma

20

50.3


Zunahme generikafähiger Wirkstoffe In der Schweiz sind immer mehr generikafähige Wirkstoffe auf dem Markt, also Wirkstoffe, die nicht mehr patentgeschützt sind und von denen Generikaproduzenten Generika herstellen und auf den Markt bringen dürfen. In den letzten Jahren hat die Zahl der generikafähigen Wirkstoffe stark zugenommen. Während im Jahr 2000 noch weniger als 100 Wirkstoffe mit Generikakonkurrenz auf dem Markt waren, waren es 2015 bereits über 260. Zwar sind in einigen Jahren aufgrund des Rückzugs von Generika einige Wirkstoffe nicht mehr generikafähig gewesen. Diese Austritte wurden aber durch die zahlreichen Eintritte mehr als kompensiert. Zu dieser Gruppe wurden nur Wirkstoffe gezählt, deren Patent abgelaufen ist und bei denen es eine Konkurrenzsituation zwischen dem Originalpräparat und mindestens einem Generikum gibt. Es gibt aber auch patentabgelaufene Wirkstoffe, bei denen es keine Generika gibt. Dies unter anderem deshalb, weil die Preise des Originalpräparats schon so tief sind, dass sich ein Markteintritt für Generikahersteller wirtschaftlich nicht lohnt.

30


Generikafähige Wirkstoffe Anzahl generikafähiger Wirkstoffe¹

250 261

200 150 100

0 00 01

02 03 04 05 06 07

08 09

10

11

12

13

14 15

Quelle: Interpharma, 2016.

Bestand an aktiven Substanzen (meist als Base) mit Konkurrenzsituation zwischen Originalprodukt und Generikum. Basis: Spezialitätenliste per Ende Jahr, inkl. Kombinationen, ohne Biologicals.

1

31

© Interpharma

50


Immer mehr Medikamente gegen seltene Krankheiten Eine Erkrankung, die weniger als einmal pro 2 000 Einwohner pro Jahr auftritt, gilt als selten. Da aber 6 000 bis 8 000 solcher Krankheiten bekannt sind, ist dies mit einer Volkskrankheit zu vergleichen. Gemäss Schätzungen der Universität Lausanne leiden etwa 7% der Schweizer Bevölkerung an einer seltenen Erkrankung, also rund 852 000 Personen. Lange galten seltene Erkrankungen als Waisenkinder der Medizin. Im englischen Sprachgebrauch werden sie deshalb auch Orphan Diseases genannt. 1983 wurde in den USA der Orphan Drug Act eingeführt, der die Förderung der Entwicklung neuer Medikamente gegen seltene Erkrankungen zum Ziel hat. Im Jahr 2000 wurde in der EU eine ähnliche Richtlinie verabschiedet. Dies hat dazu beigetragen, dass die Zahl der zugelassenen Medikamente gegen seltene Krankheiten angestiegen ist. Momentan sind zahlreiche solcher Medikamente in Entwicklung, die meisten im Bereich Krebs. In der Schweiz existiert bis jetzt kein vergleichbares Programm und die Vergütung ist vielfach ungelöst. Im Oktober 2014 hat der Bundesrat in Beantwortung mehrerer Vorstösse ein nationales Konzept Seltene Krankheiten verabschiedet, um die Situation von Menschen mit seltenen Krankheiten zu verbessern. 2015 verfügten in der Schweiz 172 Medikamente über einen oder mehrere Orphan-Drug-Status, wobei das Marktzulassungsverfahren noch nicht bei allen abgeschlossen war. Der Status kann schon vor der eigentlichen Zulassung verliehen werden. Gemessen an den gesamten kassenpflichtigen Medikamentenausgaben machen Orphan Drugs in der Schweiz rund 3% aus.

32


Forschung im Bereich seltene Krankheiten Orphan Drugs in Entwicklung nach Therapiegruppe1 (2013) 195 85 32 28 20 18 16 14 14 7 41

0

50

100

150

200

© Interpharma

Krebs Genetische Erkrankungen Neurologische Erkrankungen Infektionskrankheiten Atemwegserkrankungen Autoimmunkrankheiten Augenerkrankungen Transplantationen Stoffwechselkrankheiten Bluterkrankungen Übrige

Quelle: Medicines in Development, Rare Diseases, 2013 Report, PhRMA, 2013. 1

Einige Medikamente wurden mehr als einer Kategorie zugeordnet.

Anzahl Indikationen mit Orphan-Drug-Status Grundgesamtheit: 172 Medikamente mit Orphan-Drug-Status (2015)1

250 200 150

50 0

8

33

72

92

118

2006 2007 2008 2009 2010

139

2011

162

196

216

244

© Interpharma

100

2012 2013 2014 2015

Quelle: Swissmedic, 2016. 1

Ausschlaggebend ist das Datum, an dem der Orphan-Drug-Status verliehen wurde. Medikamente, deren Orphan-Drug-Status entzogen wurde, wurden nicht miteinbezogen.

33


Erfolgreicher Einsatz von Bio- und Gentechpräparaten Wirkstoffe, die durch biotechnologische Methoden in gentechnisch veränderten Organismen hergestellt werden, sind im Gegensatz zu klassisch chemischen Wirkstoffen meist komplexe, hochmolekulare und grosse Proteine. 2015 wurden über 30% mehr Medikamente aus biotechnologischer Herstellung abgegeben als noch vor fünf Jahren. Ihr Wert zu Fabrikabgabepreisen betrug 929 Millionen Franken, das sind rund 17% des Gesamtmarktes. Biotechnologisch hergestellte Medikamente werden zur Behandlung von schweren oder lebensbedrohlichen Krankheiten wie multipler Sklerose oder Bluterkrankungen und insbesondere gegen Krebs und Diabetes erfolgreich eingesetzt. Gerade in der Onkologie ist der Anteil der Gentechpräparate stetig zunehmend. Nebst der eigentlichen Herstellung kommen heute gentechnologische Methoden in der Erforschung und Entwicklung von praktisch jedem neuen Medikament zum Einsatz. Eine Besonderheit von Biopharmazeutika ist, dass von ihnen keine wirkstoffidentischen Generika hergestellt werden können. Von den sehr komplexen Biopharmazeutika können nach Patent­ ablauf ähnliche Nachbildungen, sogenannte Biosimilars (aus dem Englischen «similar» = «ähnlich»), zugelassen werden. Dafür wurde ein eigenes Verfahren etabliert, bei dem Tests zu Wirksamkeit und Verträglichkeit im Labor und in klinischen Studien durchgeführt werden müssen. Der Hersteller von Biosimilars benötigt aber für die Zulassung ein kleineres Studienprogramm, als der Originalhersteller vorweisen muss.

34


Markt bio- und gentechnisch hergestellter Produkte Marktentwicklung (in Mio. CHF, zu Fabrikabgabepreisen) 1000 929

800 600 400

0 15 90

95

00

05

10

15

Š Interpharma

200

Quelle: Interpharma mit Datengrundlage IMS Health Schweiz, 2016.

Indikationen bio- und gentechnisch hergestellter Produkte

n Krebs n Rheuma n Multiple Sklerose n Diabetes n Augenleiden n Blutbildung n Impfstoffe n Wachstumshormone n Andere

31.4% 23.2% 10.0% 7.2% 6.9% 4.6% 4.2% 2.8% 9.7%

Quelle: Interpharma mit Datengrundlage IMS Health Schweiz, 2016.

35

Š Interpharma

Marktvolumen 2015: 929.1 Mio. CHF (zu Fabrikabgabepreisen, 100%)


Medikamente gegen Erkrankungen des Zentralnervensystems am meisten verkauft 2015 hatten Medikamente gegen Erkrankungen des Zentralnervensystems mit 14.5% den grössten Marktanteil. Darunter fallen Schmerzmittel, Medikamente gegen Krankheiten wie Epilepsie und Parkinson sowie Behandlungen von psychischen Erkrankungen (Halluzinationen, Wahnvorstellungen und Depressionen). Am stärksten vertreten innerhalb dieser Gruppe waren Schmerzmittel. Den zweitgrössten Marktanteil erreichten Krebsmedikamente und Mittel gegen Infektionskrankheiten mit je 12.4%. Zu Ersteren zählen klassische Zytostatika, die in der Chemotherapie eingesetzt werden, sogenannte monoklonale Antikörper, die allein oder in Kombination mit einer Chemotherapie zum Einsatz kommen, sowie diverse weitere in der Krebstherapie eingesetzte Präparate. Die Medikamente gegen Infektionskrankheiten umfassen Arzneimittel etwa gegen Hepatitis C, HIV oder Antibiotika. Ebenfalls in dieser Gruppe enthalten sind Impfstoffe.

36


Marktanteile von Medikamenten nach Indikationsgebiet Marktvolumen 2015: 5 382.6 Mio. CHF (zu Fabrikabgabepreisen, 100%)

n Urogenitalsystem n Sinnesorgane n Haut n Übrige

4.3% 3.9% 3.6% 17.4%

Quelle: Interpharma mit Datengrundlage IMS Health Schweiz, 2016.

37

© Interpharma

n Zentralnervensystem 14.5% n Krebs 12.4% n Infektionen 12.4% n Herz-Kreislauf 9.7% n Atemwegssystem 5.9% n Alimentäres System 5.5% n Blutbildung 5.4% n Muskel- / Skelettsystem 5.0%


Schweizer Firmen mit weltweitem Marktanteil von rund 9% Die Erfassung des internationalen Medikamentenmarkts durch das Marktforschungsinstitut IMS Health zeigt, dass Novartis im Jahr 2015 mit einem Umsatz von über 48 Milliarden US-Dollar wie schon im letzten Jahr die Spitzenposition einnahm. Roche belegte mit einem weltweiten Pharmaumsatz von mehr als 36 Milliarden US-Dollar Platz 7. Diejenigen Interpharma-Firmen, die 2015 ihren Hauptsitz in der Schweiz hatten, erreichten zusammen einen weltweiten Umsatz von über 85 Milliarden US-Dollar, was einem Marktanteil von rund 8.9% entspricht. Der Marktanteil illustriert die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Pharmaindustrie. Die konsolidierten Zahlen von IMS Health umfassten 2015 rund 70% des Gesamtmarktes von rezeptpflichtigen Medikamenten zu Fabrikabgabepreisen, je nach Land mit oder ohne Spitäler. Sie können deshalb von den publizierten Daten der Firmen abweichen. Der Weltmarkt wird auf insgesamt rund 956 Milliarden US-Dollar geschätzt.

38


Weltweiter Medikamentenumsatz Gesamtmarkt 2015: 955.8 Mrd. USD

1

Umsatz¹ (Mrd. USD)

Marktanteil

Novartis

CH

48.4

2

Pfizer

US

46.5

4.9%

3

Sanofi

FR

39.5

4.1%

Gilead Sciences

US

38.8

4.1%

Johnson & Johnson

US

37.3

3.9%

4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

5.1%

Merck Sharp & Dohme (MSD)² US

36.5

3.8%

Roche

36.1

3.8%

CH

AstraZeneca

UK/SE

31.2

3.3%

GlaxoSmithKline

UK

29.7

3.1%

Teva

IL

26.6

2.8%

AbbVie

US

24.4

2.6%

Amgen

US

22.2

2.3%

Lilly

US

20.9

2.2%

Allergan

IR

20.4

2.1%

Novo Nordisk

DK

18.9

2.0%

Bayer

DE

18.4

1.9%

17

Boehringer Ingelheim

DE

17.6

1.8%

18

Bristol-Myers Squibb

US

13.6

1.4%

Mylan

NL

13.5

1.4%

19 20

Takeda

JP

12.5

1.3%

21

Biogen

US

10.2

1.1%

22

Otsuka

JP

9.1

0.9%

23

Valeant

CA

8.9

0.9%

24 25

Astellas

JP

8.6

0.9%

Daiichi Sankyo

JP

8.1

0.9%

Quelle: Interpharma mit Datengrundlage IMS Health Schweiz, 2016.

Zu Fabrikabgabepreisen, rezeptpflichtige Medikamente. ² In den USA: Merck & Co.

1

39

© Interpharma

Rang Firma Land


Volkswirtschaftliche Bedeutung der Pharmabranche Pharma als Motor der Exportwirtschaft Trotz der 2015 nach wie vor anhaltenden Krise im Euroraum konnte sich die Pharmaindustrie als Exportmotor der Schweizer Volkswirtschaft behaupten. Allerdings nahmen die Exporte u.a. wegen des starken Schweizer Frankens gegenüber dem Vorjahr um 0.6% ab, beliefen sich aber noch immer auf über 70 Milliarden Franken. Sie machten damit über einen Drittel des Exportvolumens der Schweiz aus. Der Exportüberschuss für pharmazeutische Produkte nahm im Vorjahresvergleich zu, da weniger importiert wurde (+5.7%). Er betrug über 42 Milliarden Franken. Der wichtigste Exportmarkt für pharmazeutische Produkte ist weiterhin Europa. Entwicklung der Pharmahandelsbilanz Pharmahandelsbilanz (in Mrd. CHF) 70.3

70 60 50

42.5

40

27.8

30 20

0 1990   Exporte

1995

2000

Überschuss

2005

Importe

Quelle: Aussenhandelsstatistik, Eidgenössische Zollverwaltung, 2016.

40

2010

2015

© Interpharma

10


Export von pharmazeutischen Produkten

n EU 52.1% n DE 14.2% n UK 7.0% n IT 6.7% n FR 4.6% n ES 4.3% n Übrige EU 15.3%

n Nicht-EU 47.9% n Übriges Europa 2.9% n US 18.0% n JP 3.6% n BR, RU, IN, CN, MX, TR, KR 9.5% n Übrige Länder 13.9%

© Interpharma

Exportvolumen 2015: 70.3 Mrd. CHF (100%) =^ 34.7% aller Schweizer Exporte

Quelle: Aussenhandelsstatistik, Eidgenössische Zollverwaltung, 2016.

Import von pharmazeutischen Produkten

n EU 77.7% n DE 19.6% n IT 10.4% n ES 5.8% n UK 4.6% n FR 2.8% n Übrige EU 34.5%

n Nicht-EU 22.3% n Übriges Europa 0.6% n US 13.9% n JP 1.7% n BR, RU, IN, CN, MX, TR, KR 3.7% n Übrige Länder 2.4%

Quelle: Aussenhandelsstatistik, Eidgenössische Zollverwaltung, 2016.

41

© Interpharma

Importvolumen 2015: 27.8 Mrd. CHF (100%) =^ 16.7% aller Schweizer Importe


Wachstum in den BRIC-Staaten Europa ist nach wie vor die wichtigste Exportdestination für pharmazeutische Produkte aus der Schweiz, gefolgt von den USA. Im Langzeitvergleich haben sich die Gewichte indes verschoben: Während 1990 noch über 62% aller Pharmaexporte in europäische Länder gingen, waren es 2015 noch 55%, wobei die Aufhebung der Frankenuntergrenze Anfang letzten Jahres dazu führte, dass in Europa weniger Erlöse erzielt wurden. Mehr als verdoppelt hat sich im selben Zeitraum hingegen der Anteil der Exporte in die USA, die von 8% auf 18% zulegten. Umgekehrt hat sich der Anteil der Exporte nach Japan von gut 10% auf noch 3.6% stark verringert. Einen immer grösseren Anteil an den gesamten Medikamentenausfuhren vereinen dagegen die BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China) auf sich. In den letzten gut 15 Jahren hat sich deren Anteil auf über 6% mehr als vervierfacht. Auch bei den Importen ist Europa nach wie vor der wichtigste Markt. Zwar hat der Anteil der Importe aus europäischen Ländern in den letzten Jahren leicht abgenommen, doch noch immer gehen im Import fast acht von zehn ausgegebenen Franken nach Europa. Der Anteil der USA hat sich seit 1990 von 6.3% auf 13.9% mehr als verdoppelt, während der Anteil der Einfuhren aus Japan und den BRIC-Staaten auf tiefem Niveau stabil geblieben ist.

42


Pharmazeutische Exporte nach Weltregionen Anteil pharmazeutischer Exporte der Schweiz nach Weltregionen (in %) 100 80 60 40

0

1990

Europa

1995   USA

2000

2005

Japan

2010

BRIC

2015   Rest

© Interpharma

20

Quelle: Aussenhandelsstatistik, Eidgenössische Zollverwaltung, 2016.

Pharmazeutische Importe nach Weltregionen Anteil pharmazeutischer Importe der Schweiz nach Weltregionen (in %) 100 80 60 40

0

1990

Europa

1995   USA

2000

2005

Japan

BRIC

2010

2015   Rest

Quelle: Aussenhandelsstatistik, Eidgenössische Zollverwaltung, 2016.

43

© Interpharma

20


Hoher Exportüberschuss 2014 konnte die Schweiz für pharmazeutische Produkte einen Exportüberschuss von über 38 Milliarden Franken verbuchen. Der Vergleich mit anderen Ländern zeigt, dass die Schweiz mit diesem Resultat nicht nur relativ, sondern auch in absoluten Zahlen die Spitzenposition einnahm. So wiesen die Nachbarländer deutlich kleinere Exportüberschüsse aus. Die positive Handelsbilanz der Schweiz demonstriert die hohe Wettbewerbsfähigkeit ihrer Pharmaindustrie. Die Schweiz ist nicht nur in Europa, sondern auch weltweit das Land mit dem grössten Exportüberschuss pharmazeutischer Produkte. Sie ist aber nicht nur ein wichtiger Produktionsstandort, sondern auch ein bedeutender Forschungsstandort. Grossbritannien, die USA und Japan weisen negative Handelsbilanzen für pharmazeutische Erzeugnisse aus. Nach wie vor werden innovative Medikamente, die häufig mit biotechnologischen Methoden produziert werden, in den klassischen Industrieländern hergestellt.

44


Pharmahandelsbilanz im internationalen Vergleich In Mio. CHF, gemäss SITC 54-Klassifikation1, 2014

20 000

38 350 27 040 21 628

10 000

9 526 8 622 3 030 2 329 1 701 1 481

0

–247

–10 000 –20 000

–16 106

–30 000

© Interpharma

40 000 30 000

–25 600

–40 000 CH DE

IE

BE

NL

FR

DK

IT

AT

UK

JP

US

Quelle: UN Comtrade Database, 2016 (Umrechnung in CHF durch Interpharma).

¹ D ie Standard International Trade Classification (SITC) ist eine Statistikklassifikation, welche für die Einordnung von Gütern im Rahmen der Aussenhandelsstatistik verwendet wird.

45


Überdurchschnittliche Arbeitsplatzproduktivität Die Pharmaindustrie ist die produktivste Branche in der Schweiz. Die Arbeitsplatzproduktivität stieg zwischen 1980 und 2008 praktisch jedes Jahr an, danach hat sie bis 2012 wieder abgenommen. 2014 lag sie mit rund 627 000 Franken pro Beschäftigtem deutlich höher als Anfang der 2000er-Jahre. Die Produktivität der Pharmaindustrie übertrifft diejenige der Gesamtwirtschaft um mehr als das Vierfache. Letztere ist seit 1980 mit Ausnahme weniger Jahre ebenfalls jährlich gestiegen, allerdings viel weniger stark als die Produktivität der Pharmabranche. Die Arbeitsplatzproduktivität ist definiert als nominale Bruttowertschöpfung in Franken pro Beschäftigtem. Im Branchenvergleich zeigt sich, dass die Pharmaindustrie selbst wertschöpfungsintensive Branchen wie den Finanzsektor deutlich übertrifft. Auch die klassische chemische Industrie ist nur rund ein Drittel so produktiv wie die Pharmabranche.

46


Arbeitsplatzproduktivität Pharmaindustrie / Gesamtwirtschaft Nominale Bruttowertschöpfung pro Arbeitsstelle (Vollzeitäquivalente), in CHF 800 000 627 233

600 000 400 000 200 000 0 63 783 1980

1990

2000

Pharmaindustrie

2014

Gesamtwirtschaft

© Interpharma

157 964

103 952

Quelle: BAK Basel Economics, Polynomics, 2015.

Arbeitsproduktivität nach Wirtschaftszweigen Nominale Wertschöpfung pro geleistete Arbeitsstunde (in CHF), 2014 Pharmaindustrie Finanzsektor Chemieindustrie Elektro/Feinmechanik IT/Kommunikation Handel Gesamtwirtschaft Maschinenbau Business Services Öffentlicher Sektor Metallindustrie Gastgewerbe

332 155 111 109 94 86 81 76 76 60 31

0

50

150

250

350

Quelle: BAK Basel Economics, Polynomics, 2015.

47

© Interpharma

72


Zunehmende Bedeutung der Pharmaindustrie als Arbeitgeber Die Pharmabranche ist in der Schweiz ein wichtiger Arbeitgeber. Das Beschäftigungswachstum in der Pharmaindustrie hielt ungebrochen an und war auch in der Rezession dynamischer als in der Gesamtwirtschaft. So waren 2014 insgesamt rund 41 800 Beschäftigte direkt bei Pharmaunternehmen angestellt, was gut 1% aller Schweizer Beschäftigten entspricht. Indirekt waren über Zulieferindustrien nochmals rund 182 000 Beschäftigte in der Herstellung von Vorleistungen tätig. Die Zahl der Direktbeschäftigten ist seit 1980 in fast jedem Jahr angestiegen und hat sich seit 1995 verdoppelt. Zwischen 1990 und 1995 ging diesem Stellenausbau eine rückläufige Entwicklung voraus, die zum einen durch eine konjunkturelle Eintrübung der Gesamtwirtschaft und zum andern durch einen Strukturwandel in der chemisch-pharmazeutischen Industrie gekennzeichnet war. Zwischen 1996 und 2014 betrug das jährliche Beschäftigungswachstum in der Pharmaindustrie durchschnittlich rund 3.7%. Damit war es rund dreimal höher als in der Gesamtwirtschaft mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 1.2%.

48


Anzahl Beschäftigte Pharmaindustrie / Gesamtwirtschaft Anzahl Beschäftigte in Pharmaindustrie und Gesamtwirtschaft (in 1 000) 6 000

2 000

5 056.2 3 530.1 22.8

0 1980

45

30

15

1990

Gesamtwirtschaft (linke Achse)

2000

2010

0 2014

Pharmaindustrie (rechte Achse)

Quelle: BAK Basel Economics, Polynomics, 2015.

49

© Interpharma

4 000

41.8


Hohe Forschungsinvestitionen in der Schweiz Die 24 Interpharma-Firmen gaben 2015 in der Schweiz über 6.9 Milliarden Franken für Forschung und Entwicklung (F&E) aus. Das ist mehr als doppelt so viel, als sie in der Schweiz Umsatz erzielten. Diese hohen finanziellen Investitionen in den Forschungsplatz Schweiz belegen die Bedeutung des Standorts und zeugen vom treibenden Innovationsgedanken innerhalb der Firmen. Beim Forschungs- und Entwicklungsprozess tragen die forschenden Pharmaunternehmen das volle Forschungsrisiko selbst. Insbesondere die Firmen mit Hauptsitz in der Schweiz (Actelion, Novartis, Roche) investierten viel in F&E, aber auch Merck, Janssen-Cilag und Vifor tätigten grosse F&E-Investitionen. Zusätzlich zu den F&E-Ausgaben investierten die InterpharmaFirmen in der Schweiz über eine Milliarde Franken in Anlagen wie technische Geräte, Maschinen, Gebäude- und Betriebsausstattung. Beides schlägt sich in einem Personalbestand auf hohem Niveau nieder. Damit ist die Pharmaindustrie ein tragender Pfeiler der schweizerischen Volkswirtschaft.

Personalbestand der Interpharma-Firmen in der Schweiz Pharmasektor Schweiz, 2015¹ Personalbestand Quelle: Interpharma, 2016.

50

29 409

© Interpharma

Manche der insgesamt 24 Interpharma-Firmen sind in der Schweiz als Regionalgesellschaften organisiert und können darum gewisse Kennzahlen für die Schweiz nicht ausweisen, obschon sie in der Schweiz investieren.


Interpharma-Firmen in der Schweiz Pharmasektor Schweiz, 20151, in Mio. CHF 7 000 6 000

6 968

5 000 4 000 3 000 3 104

1 000 0

1 365 © Interpharma

2 000

n  Umsatz 2  n  F&E  n  Anlageinvestitionen Quelle: Interpharma, 2016.

Die Zahlen basieren auf den 24 Interpharma-Firmen, die im Juni 2016 Mitglied bei Interpharma waren, auch wenn im Jahr 2015 noch keine Mitgliedschaft bestanden hat. Manche Firmen schlüsseln gewisse Kenn­ zahlen nicht nach Ländern auf und deshalb fehlen die entsprechenden Angaben in diesen Zahlen. Bei Konzernen mit mehreren Divisionen wurden nur die Angaben der Pharmadivision miteingezogen. ² Nur rezeptpflichtige Medikamente.

1

51


Hohe weltweite Ausgaben für Forschung und Entwicklung Die 24 Interpharma-Firmen investierten 2015 weltweit über 90 Milli­ ­arden Franken in die Erforschung und Entwicklung von Medikamenten und neuen Therapien. Dies entspricht rund 20% ihrer Umsätze. Diese Reinvestitionen in Forschung und Entwicklung (F&E) sind im Branchenvergleich überdurchschnittlich hoch. Über 516 000 Beschäftigte arbeiteten weltweit in den Pharmadivisionen der Firmen. Bei den Gesamtkonzernen der Interpharma-Firmen – also mit allen übrigen Divisionen wie beispielsweise Medizinaltechnik-, Generikaoder Tierarzneimittelsparten – waren mehr als eine Millionen Menschen angestellt. Die Konzerne investierten gut 100 Milliarden Franken in F&E und tätigten mit rund 29 Milliarden Franken grosse Investitionen in den Bau neuer Anlagen.

Weltweit, 2015 Personalbestand der Interpharma-Firmen weltweit1 Personalbestand der Interpharma-Firmen weltweit (Konzerne) Quelle: Interpharma, 2016.

52

516 847 1 175 139

© Interpharma

Personalbestand der Interpharma-Firmen und -Konzerne


Interpharma-Firmen weltweit Pharmabereich weltweit, 2015¹, in Mio. CHF 400 000

447 174

300 000 200 000 100 000 90 838

0

10 852

93 077

n  Umsatz 2  n  F&E  n  Anlageinvestitionen  n  Betriebsgewinn Konzerne (alle Divisionen), weltweit, 2015, in Mio. CHF 600 000 500 000

589 520

400 000 300 000 200 000 100 000 100 704

29 283

110 902

© Interpharma

0

n  Umsatz  n  F&E  n  Anlageinvestitionen  n  Betriebsgewinn Quelle: Interpharma, 2016.

Die Zahlen basieren auf den 24 Interpharma-Firmen, die im Juni 2016 Mitglied bei Interpharma waren, auch wenn im Jahr 2015 noch keine Mitgliedschaft bestanden hat. Manche Firmen schlüsseln gewisse Kenn­ zahlen nicht nach Ländern auf und deshalb fehlen die entsprechenden Angaben in diesen Zahlen. Bei Konzernen mit mehreren Divisionen wurden nur die Angaben der Pharmadivision miteingezogen. ² Nur rezeptpflichtige Medikamente.

1

53


Grosse Investitionen in den Forschungsstandort Schweiz 2015 gaben die Interpharma-Firmen Actelion, Novartis, Roche, Gilead, Merck und Vifor Pharma in der Schweiz 6 935 Millionen Franken für Forschung und Entwicklung (F&E) im Bereich Pharma aus. Dies entspricht 34.6% ihrer weltweiten F&E-Ausgaben. 2014 waren es noch über 500 Millionen Franken weniger. In den USA investierten die Unternehmen 9 271 Millionen Franken in F&E. Die hohen Investitionen in die pharmazeutische Forschung und Entwicklung in der Schweiz und in den USA unterstreichen die Wichtigkeit dieser beiden Forschungsstandorte.

54


Interpharma-Firmen: Ausgaben für F&E weltweit Weltweite F&E-Ausgaben von Interpharma-Firmen¹, 2015: 20 026 Mio. CHF (100%)

n Schweiz 34.6% =^ 6 935 Mio. CHF n Übriges Europa 10.7% =^ 2 135 Mio. CHF n USA 46.3% =^ 9 271 Mio. CHF n Japan 3.6% =^ 731 Mio. CHF © Interpharma

n Übrige 4.8% =^ 954 Mio. CHF

Quelle: Interpharma, 2016.

¹ B asierend auf Daten für F&E im Bereich Pharma von Actelion, Novartis, Roche, Gilead, Merck und Vifor Pharma. Die anderen Interpharma-Firmen schlüsseln ihre F&E-Investitionen nicht nach Ländern auf und wurden darum nicht berücksichtigt.

55


Forschungsinvestitionen dank Pharmaexporten Die 24 Interpharma-Firmen investierten in der Schweiz 2015 fast sieben Milliarden Franken in Forschung und Entwicklung (F&E). Das ist mehr als doppelt so viel, als sie in der Schweiz Umsatz erzielt haben. Darum sind für die Schweiz attraktive Rahmenbedingungen für F&E essenziell. Die grossen F&E-Investitionen sind nur dank dem hohen Exportvolumen der Pharmaindustrie möglich. 2015 wurden Pharmaprodukte im Wert von über 70 Milliarden Franken exportiert. Damit war die Pharmaindustrie mit einem Ausfuhrvolumen von über einem Drittel der Gesamtexporte eine wichtige Stütze für den Schweizer Aussenhandel. Seit 1990 konnte die Schweizer Pharmabranche ihre Exporte von rund acht Milliarden Franken auf über 70 Milliarden Franken steigern. Sie hat damit das Wirtschaftswachstum in der Schweiz massgeblich beeinflusst.

56


Interpharma-Firmen in der Schweiz: Umsatz, Forschung und Export In Mrd. CHF, 2015 70

70.3

60 50 40 30 20

0

3.1

Umsatz

7.0

Forschung und Entwicklung

© Interpharma

10

Export

Quelle: Interpharma; Aussenhandelsstatistik, Eidgenössische Zolllverwaltung, 2016.

57


Gute Innovationsbilanz der Interpharma-Firmen Der medizinische Fortschritt erfolgt in kleinen Schritten. Die laufende, schrittweise Innovation über Jahre hinweg führt zu wirksameren, sichereren und verträglicheren Behandlungen. Für neue Wirkstoffe und Indikationen, die Behandlungsmöglichkeiten erweitern, sind grosse Investitionen in Forschung und Entwicklung notwendig. Zwischen 2005 und 2015 wurden von Swissmedic insgesamt 203 Medikamente mit neuen Wirkstoffen zugelassen, die von den Interpharma-Firmen entwickelt worden sind. Die meisten Zulassungen erfolgten in den Bereichen Krebs und Impfstoffe, gefolgt von Medikamenten gegen Stoffwechselkrankheiten. Auch einige Medikamente gegen seltene Krankheiten wurden zugelassen. Krebserkrankungen sind in der Schweiz die zweithäufigste Todesursache. Mit der Erweiterung der Behandlungsmöglichkeiten durch neue Wirkstoffe und dem raschen Zugang zu innovativen Medikamenten kann die Lebensqualität der betroffenen Patienten gesteigert werden. Viele der neu zugelassenen Medikamente mit neuen Wirkstoffen sind in der Zwischenzeit insbesondere im Bereich Krebserkrankungen für weitere Indikationen indiziert. Die Zuordnung zu den Indikationskategorien erfolgte in der Grafik ausschliesslich anhand derjenigen Indikation, für die ein neuer Wirkstoff ursprünglich zugelassen wurde. Neben Medikamenten gegen Krankheiten, von denen Menschen in der Schweiz betroffen sind, forschen viele Interpharma-Firmen auch im Bereich von Krankheiten, die primär in Entwicklungs- und Schwellenländern vorkommen. 58


Medikamentenzulassungen der Interpharma-Firmen Anzahl Swissmedic-Zulassungen der Interpharma-Firmen nach Indika­tionsgebiet, 2005–2015¹, total 203 Zulassungen

Krebs Impfstoffe Stoffwechselkrankheiten 2 Diabetes Bluterkrankungen Neurologische Erkrankungen 3 Hepatitis Herz-Kreislauf-Erkrankungen HIV Sonstige Infektionen 4 Atemwegserkrankungen 5 Augenkrankheiten Urogenitalerkrankungen Multiple Sklerose Hautkrankheiten Rheumatoide Arthritis COPD Epilepsie Übrige 6

47 23 13 12 10 10 10 10 8 7 7 6 5 5 5 4 3

14

0

5

10 15 20 25 30 35 40 45 50

Quelle: Swissmedic-Jahresberichte, diverse Jahrgänge; Interpharma, 2016.

Zulassungen aller Firmen, die 2015 Interpharma-Mitglied waren, auch wenn beim Zeitpunkt der Zulassung noch keine Interpharma-Mitgliedschaft bestanden hat. Konzernuntergruppen wurden ebenfalls miteinbezogen. Zulassungen von Medikamenten, die 2015 nicht mehr auf dem Markt waren, wurden nicht mitgezählt. 2 Ohne Diabetes. 3 Ohne Epilepsie. 4 Ohne HIV und Hepatitis. 5 Ohne COPD. 6 Transplantationsmedizin, diverse andere Krankheiten. 1

59

© Interpharma

4


Spitzenplatz der Schweiz im Innovationsranking Die Schweiz ist gemäss dem europäischen und dem globalen Innovationsindex Europa- respektive Weltmeisterin der Innovation. Ihre besonderen Stärken liegen unter anderem bei der Anzahl wissenschaftlicher Publikationen in internationalen Zeitschriften und deren Zitierhäufigkeit, der Anzahl Patentanmeldungen sowie den Einnahmen aufgrund von Lizenzen und Patenten im Ausland. Auch hohe Beschäftigungsquoten in wissensintensiven Aktivitäten oder der hohe Anteil von Neugraduierten zeichnen die Schweiz aus. Der europäische Innovationsindex wird anhand von 25 Indikatoren, der globale Innovationsindex mittels über 80 Indikatoren erstellt. Die Datengrundlage stammt bei beiden primär aus den Jahren 2010 bis 2014. Trotz der im europäischen Vergleich relativ guten Stellung geben die jüngeren Entwicklungen in der Schweiz Anlass zur Besorgnis. So ist die Schweiz im Vergleich zu anderen Staaten im Bereich der klinischen Forschung ins Hintertreffen geraten. Mit einem Masterplan zur Stärkung der biomedizinischen Forschung und Technologie, den der Bundesrat im Dezember 2013 verabschiedet hat, soll die globale Wettbewerbsfähigkeit des Forschungsstandorts Schweiz und der Schweizer Pharmaindustrie gestärkt werden.

60


Schweizer Innovationssystem im europäischen Vergleich Europäischer Innovationsindex 2014

IS

AT

FR

0.4

0.56

BE

0.59

0.62

IE

0.59

0.62

LU UK

0.63

NL

0.64

FI

0.64

0.68

CH SE DK DE

0.5

0.65

0.68

0.74

0.6

0.74

0.7

0.81

0.8

0.3 0.2 © Interpharma

0.1 0.0 EU

Quelle: Innovation Union Scoreboard 2015, Europäische Union, 2015.

Schweizer Innovationssystem im weltweiten Vergleich Globaler Innovationsindex 2015

66

68.3

68

57.0

LU DK HK DE

IS

56.3

57.1

IE

57.2

59.0

SG

54

57.7

59.1

56

59.4

60.0

60.1

58

61.6

60

62.4

62

62.4

64

© Interpharma

52 50 CH UK SE

NL US

FI

KR

Quelle: Global Innovation Index 2015, WIPO et al., 2015.

61


Forschung und Entwicklung Viel Zeit und noch mehr Geld Der Entwicklungsaufwand für ein neues Medikament ist in den vergangenen Jahrzehnten stark gestiegen, vor allem aufgrund der hohen gesetzlichen Anforderungen an die Sicherheit. Während die erforderliche Teilnehmerzahl für klinische Studien früher wenige Hundert betrug, sind es heute in der Regel mehrere Tausend. Bis zur Markteinführung eines neuen Medikaments dauert es durchschnittlich acht bis zwölf Jahre. Durch die lange Entwicklungszeit bleibt den Pharmafirmen wenig Zeit, die hohen Kosten innerhalb der Laufzeit des Patentschutzes zu amortisieren. Eine 2012 publizierte Schätzung des renommierten Londoner Office of Health Economics geht für das Jahr 2000 von Forschungs- und Entwicklungskosten von rund 1.5 Milliarden US-Dollar (rund 1.3 Milliarden Franken) für ein erfolgreich auf den Markt gebrachtes Medikament mit neuem Wirkstoff aus. Bei der Entwicklung neuer Medikamente entfielen 2011 36.1% der gesamten Forschungs- und Entwicklungskosten auf die klinische Forschung, wo auch 45% des gesamten Personalaufwands anfielen. Über einen Fünftel machten Gebühren und verschiedene andere Kostenposten aus. Das ist nur unwesentlich mehr als für die Erforschung neuer Wirkstoffe. Die Vorbereitung und Entwicklung des Produktionsprozesses verursachte 13.5% der Gesamtkosten.

62


Kostenblöcke bei der Medikamentenentwicklung Anteil an den Gesamtkosten (in %), 2011 n Klinische Forschung

36.1%

n Gebühren und Verschiedenes 21.2% n Erforschung neuer Wirkstoffe 19.3% n Vorbereitung und Entwicklung des Produktionsprozesses 13.5%

© Interpharma

n Regulatorisches1 5.7% n Nicht klinische Sicherheitsprüfungen2 4.2%

Quelle: CMR International, 2012 Pharmaceutical R&D Factbook, 2012.

Kosten im Bereich Zulassung klinischer Studien, Marktzulassung, Patentfragen etc., ohne Gebühren. 2 Zum Beispiel Toxizitätsprüfungen etc. 1

Personalaufwand nach Entwicklungsphasen Anteil am Gesamtpersonalaufwand (Vollzeitäquivalente, in %), 2011 n Forschung 29.7% n Präklinische Phase

11.4%

n Klinische Phase n Phase I n Phase II n Phase III

45.0% 14.9% 13.2% 16.9%

n International Roll-out¹

9.7%

Quelle: CMR International, 2012 Pharmaceutical R&D Factbook, 2012.

¹ Phase nach der ersten Marktzulassung (Zugang zu anderen Märkten, Registrierungsgebühren etc.).

63

© Interpharma

n Submission 4.2%


Der Weg bis zum Medikament ist lang Präklinische Phase Chemische und biologische Forschung Vorklinische Entwicklung

– Wirkstoffsynthese – Gezielter Wirkungsnachweis in Zellsystemen oder / und am Tier – Pharmakologie und Pharmakokinetik am Tier (Wirkstoffeffekte) – Verträglichkeitsprüfung am Tier über drei Monate – Teratologie (Einfluss auf den Fötus im Tier) – Wirkstoffherstellung – Entwicklung geeigneter Darreichungsformen

Klinische Phase I

– Pharmakologie und Pharmakokinetik am Menschen (Wirkstoffeffekte) – Wirkung am gesunden Freiwilligen – Wirkstoffherstellung in grossen Mengen

Klinische Phase II

– Pharmakologie und Pharmakokinetik an Patienten (chemische Veränderung des Wirkstoffs im Organismus) – Wirkung an einer kleineren Zahl ausgewählter Patienten – Fertilität (Wirkung auf Fortpflanzung beim Tier) – Verträglichkeit über sechs, zwölf und mehr Monate am Tier

Klinische Phase III – Wirkung an einer grösseren Zahl Patienten unter praxisnahen Bedingungen – Verträglichkeit bei längerer Applikation am Tier – Markteinführungsparameter – Entwicklung der endgültigen Darreichungsformen – Wirkstoffproduktion für die Einführung Klinische Phase IV – N ach der Einführung des Medikaments: nach Bedarf weitere, gezielte klinische Prüfungen – Überwachung des Medikaments in der medizinischen Praxis – Erfassung und Auswertung von Nebenwirkungen

64


Der Werdegang eines Medikaments > 1 Mio. Substanzen 10 000 Substanzen 20 Substanzen 10 Präparate 0

Forschung

5

Präklinische Phase

1 Präparat 10

15

Klinische Phase

Verkauf

I

IV

II III

20

© Interpharma

Jahre

Quelle: Interpharma.

65


Immer weniger klinische Studien Um die Wirksamkeit, Sicherheit und Qualität von neuen Medikamenten zu überprüfen, müssen Pharmafirmen vor dem Marktzutritt klinische Studien durchführen. Dabei werden zunächst Versuche an gesunden Freiwilligen (Phase I), dann an einer kleinen Anzahl von Patienten (Phase II) und schliesslich an einer grösseren Zahl Patienten (Phase III) durchgeführt. Erst danach kann bei der Arzneimittelbehörde Swissmedic ein Marktzulassungsgesuch eingereicht werden. Nach der Marktzulassung muss das neue Medikament in der Praxis überwacht werden (Phase IV). Jeder klinische Versuch muss durch die zuständige Ethikkommission bewilligt und von Swissmedic definitiv freigegeben werden. Die Zahl der durchgeführten Studien ist ein Indikator für die Attraktivität eines Forschungsstandorts. Während es 2015 gegenüber dem Vorjahr zwar zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder zu einer leichten Zunahme klinischer Studien gekommen ist, hat die Zahl der durchgeführten klinischen Studien in den letzten zehn Jahren isgesamt deutlich abgenommen. Seit 2005 hat sich die Zahl klinischer Versuche um rund 43% reduziert. Dieser Trend zeigt sich in allen Phasen. Speziell ausgeprägt ist der Rückgang bei Phase I (–75%). Der im Dezember 2013 vom Bundesrat verabschiedete Masterplan zur Stärkung der biomedizinischen Forschung und Technologie sieht Massnahmen vor, um dieser Abnahme entgegenzuwirken. Unter anderem soll die Qualität der Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten in der klinischen Forschung an Universitäten und Spitälern erhöht werden. Das per Anfang 2014 in Kraft getretene Humanforschungsgesetz legt die Grundlage für effizientere Bewilligungsverfahren für klinische Versuche bei den Ethikkommissionen. 66


Klinische Studien in der Schweiz Von Swissmedic definitiv zur Durchführung freigegebene klinische Studien mit Arzneimitteln 400 350

363

300 250 200

207 129 117

100 50

86 78

95 22

0 05

29 6

06

07

08

09

10

11

12

13

14

© Interpharma

150

15

n  Total1  n  Phase I   n  Phase II   n  Phase III   n  Phase IV Quelle: Swissmedic, 2016. 1

D as Total kann von der Summe der Phasen I - IV abweichen, da Studien der Phase 0 und Anwendungsstudien aufgrund ihrer kleinen Anzahl nicht miteinbezogen wurden.

67


Patentschutz fördert den medizinischen Fortschritt Patente erlauben es, eine Erfindung während der Patentschutzdauer von 20 Jahren kommerziell exklusiv zu nutzen. Als Gegenleistung müssen die Forschungs- und Entwicklungsergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Dritte können von der gewerblichen Nutzung der patentierten Erfindung ausgeschlossen und die Nutzung kann gegen Entgelt in Lizenz gewährt werden. Bei Medikamenten ist die Patentlaufzeit wegen der Dauer der Entwicklung und des behördlichen Marktzulassungsverfahrens faktisch auf höchstens 15 Jahre reduziert. Durch den Patentschutz werden die für Forschung und Entwicklung getätigten Investitionen geschützt und Anreize für weitere Innovationen geschaffen, denn die Entwicklung neuer Medikamente ist zeitaufwendig und teuer und die Pharmafirmen tragen das Forschungsrisiko allein. Zudem lässt sich der Herstellungsprozess eines Medikaments relativ leicht nachahmen. Vor diesem Hintergrund ist das Patentgesetz, das den Schutz biotechnologischer Erfindungen präzisiert, für die Pharmaund Biotechfirmen in der Schweiz von höchster Bedeutung. Neben dem Schutz der eigentlichen Erfindung stellt der Schutz der von den Gesundheitsbehörden geforderten Daten aus präklinischen und klinischen Studien (Erstanmelderschutz) sicher, dass sich während der Schutzperiode nach der Marktzulassung kein anderes Unternehmen auf diese Daten beziehen und sie nutzen kann. Gerade für ein Land wie die Schweiz, das über keine Rohstoffe verfügt, sind Wissen und Know-how wichtiges Kapital. In der pharmazeutischen Forschung wurden aus der Schweiz zwischen 2000 und 2010 über 85 Patente pro Million Erwerbstätige angemeldet.

68


Pharmazeutische Patente beim Europäischen Patentamt Patentanmeldungen beim Europäischen Patentamt oder via PCT¹ pro Million Erwerbstätige (Gesamtwirtschaft), Durchschnitt 2000 – 2010

UK

FR

© Interpharma

33.3

NL

16.7

33.9

US

37.0

SE

20

43.2

52.0

40

52.0

60

85.1

80

94.5

100

0 DK

CH

DE

IT

Quelle: BAK Basel Economics; OECD REGPAT database, 2012.

Patent Cooperation Treaty: internationaler Vertrag, der es ermöglicht, durch Einreichen einer einzigen Patentanmeldung für alle Vertragsstaaten des PCT ein Patent zu beantragen. Doppelzählungen wurden ausgeschlossen.

1

69


Über 18 Milliarden Franken für Forschung und Entwicklung In der Schweiz wurden 2012 mehr als 18 Milliarden Franken in Forschung und Entwicklung (F&E) investiert. Dies zeigt die volkswirtschaftliche Bedeutung des Forschungsplatzes Schweiz. Nach wie vor investiert die Privatindustrie besonders viel. Im Jahr 2012 betrug ihr Anteil etwa 61% aller ausgegebenen Mittel oder gut elf Milliarden Franken. Die öffentliche Hand (Bund und Kantone) war mit über 25% an der Finanzierung von F&E beteiligt. Weniger als 2% entfielen auf private Organisationen ohne Erwerbszweck und auf Hochschulen.

70


Finanzierung von F&E in der Schweiz Gesamtausgaben für F&E im Jahr 2012: 18 510 Mio. CHF (100%) n Privatwirtschaft 60.8% n Bund 15.3% n Kantone 10.1% n Andere1 1.7%

© Interpharma

n Ausland 12.1%

Quelle: F&E der Schweiz 2012, Bundesamt für Statistik, 2014.

Private Organisationen ohne Erwerbszweck und eigene Mittel der Hochschulen.

1

71


Pharmaindustrie massgebend bei der nationalen Forschung und Entwicklung Forschung und Entwicklung (F&E) nehmen in der schweizerischen Privatwirtschaft einen hohen Stellenwert ein. Die Intramuros-F&EAufwendungen haben gegenüber 2008 zugenommen und betrugen 2012 insgesamt 12.8 Milliarden Franken. Diese Ausgaben umfassen alle verwendeten finanziellen und personellen Mittel, die für F&E im eigenen Unternehmen in der Schweiz (Fabrikationsstätten oder Laboratorien) eingesetzt werden. Mit fast 3.8 Milliarden Franken tätigte die Pharmaindustrie rund 30% aller IntramurosF&E-Aufwendungen in der Schweiz. Ihr Anteil war damit rund doppelt so hoch wie derjenige der Maschinen- und Metallindustrie. Viele Unternehmensgruppen konzentrieren ihre F&E-Aufwendungen zunehmend in einzelnen Unternehmenseinheiten, während andere Divisionen deren F&E-Ergebnisse anwenden. Wird dies miteinbezogen, hat die Pharmabranche 2012 von über 5.7 Milliarden Franken oder 45% der gesamten Intramuros-F&E-Aufwendungen profitiert. Im Pharmabereich investierten die im Jahr 2014 zu Interpharma gehörenden Firmen in der Schweiz über sechs Milliarden Franken in F&E. Sie gaben weltweit im Schnitt 19.3% ihres Umsatzes dafür aus. Das ist im Vergleich zu anderen Branchen ein sehr hoher Anteil.

72


Aufwendungen für F&E in der Privatwirtschaft Intramuros-F&E-Aufwendungen nach Wirtschaftszweig Gesamtaufwendungen 2012: 12 819 Mio. CHF (100%) n Pharma

29.6%

n Maschinen / Metall

15.7%

n Forschung und Entwicklung 14.4% n Informations- und Kom munikationstechnologien

10.8%

n Hochtechnologieinstrumente 8.0% 4.0%

n Nahrungsmittel

0.5%

n Andere

17.0%

© Interpharma

n Chemie

Quelle: Bundesamt für Statistik, 2013.

Forschungsinvestitionen nach Branchen Anteil der F&E-Investitionen am weltweiten Umsatz (in %), 2014 Interpharma-Firmen

19.3

Pharma und Biotechnologie

14.4

Computer (Software und Services)

10.1

Informationstechnologie (Hardware)

8.0

Luftfahrt und Verteidigung Elektrotechnik und Elektronik

4.5

Automobilbau

4.4

Industrietechnik

2.9

Chemische Industrie

2.6

0

5

10

15

© Interpharma

4.5

20

Quelle: The 2015 EU Industrial R&D Scoreboard, 2016; Interpharma, 2015.

73


Hoher Beachtungsgrad der Schweizer Forschung Trotz der wachsenden Konkurrenz von Ländern, die in den letzten Jahren massiv in Forschung und Entwicklung investiert haben (vor allem in Asien), geniesst die Schweizer Forschung weltweit hohe Beachtung. Die Schweiz belegte beim Beachtungsgrad der zwischen 2009 und 2013 erschienenen wissenschaftlichen Publikationen eine hervorragende Position, wie die bibliometrische Untersuchung zur Forschung in der Schweiz des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation zeigt. Von den 20 Ländern mit dem höchsten Publikationsaufkommen war die Schweiz das produktivste Land: Auf 1 000 Einwohnerinnen und Einwohner kamen pro Jahr 3.9 Publikationen. Die Schweiz belegte in fast allen Naturwissenschaften einen Platz unter den ersten fünf. In der Periode 2007 bis 2011 war sie indes noch besser platziert. In der klinischen Medizin schaffte es die Schweiz nicht unter die besten fünf Länder und belegte den siebten Rang. In einer wissenschaftlichen Publikation werden in der Regel andere Publikationen zitiert. Je häufiger ein Artikel zitiert wird, desto grösser ist seine Wirkung (Impact) in der Forschungsgemeinschaft. Schweizer Publikationen wurden zwischen 2009 und 2013 ausserordentlich oft zitiert und fanden in der Forschungsgemeinde überdurchschnittliche Beachtung. An erster Stelle der Weltrangliste nach Impact standen die USA. Die Schweiz belegte, mit einem Wert, der 17% über dem globalen Durchschnitt liegt, den dritten Platz. Die Schweiz lieferte zwar nur 1.2% am weltweiten Publikationsaufkommen, ihre Publikationen wurden aber international stark rezipiert. 74


Beachtung wissenschaftlicher Publikationen nach Fächern 2009–2013 1 2 3 4 5 UK IS CH NL

US

Physik, Chemie und Erdwissenschaften US CH

NL

Landwirtschaft, Biologie und Umweltwissenschaften UK CH NL Ingenieurs- und technische Wissenschaften, Informatik

DK

NL

UK

DK

US

DK

CH US UK

© Interpharma

Forschungsfeld Life Sciences

Quelle: Bibliometrische Untersuchung zur Forschung in der Schweiz 1981–2013, Bericht des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation, 2016.

Wissenschaftlicher Impact nach Ländern Top 10, 2009–2013

116

117

118

115

120

120

FR

SE

95

© Interpharma

100

105

100

105

106

108

105

109

110

110

90 US

NL

CH

UK

BE

DK

CA

DE

Welt

Quelle: Bibliometrische Untersuchung zur Forschung in der Schweiz 1981–2013, Bericht des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation, 2016.

75


Ohne Tierversuche keine biomedizinische Forschung Auch modernste Technologien können lebende Organismen und das Zusammenspiel von Organen noch nicht genügend abbilden. Deshalb braucht es auch in absehbarer Zukunft Tierversuche. Die forschenden Pharmaunternehmen der Schweiz verpflichteten sich 2010 in einer Charta, gesetzlich und ethisch die höchsten Tierschutzstandards anzuwenden. Dazu gehören auch Bemühungen im Forschungsbereich 3R1. In der Schweiz müssen alle Eingriffe und Handlungen an Tieren zu Versuchszwecken von den zuständigen Behörden bewilligt werden. Jeder Tierversuch wird von einer unabhängigen Kommission beurteilt, der auch Mitglieder von Tierschutzorganisationen angehören. Ratten und Mäuse waren 2014 die am häufigsten eingesetzten Tiere und deckten zusammen mit Vögeln (inkl. Geflügel) rund 88% der Versuchstiere ab. Die Gesamtzahl der eingesetzten Tiere hat sich seit 1983 von nahezu zwei Millionen um über zwei Drittel auf 606 505 im Jahr 2014 verringert. Im Vergleich zum Vorjahr nahm die Anzahl Tiere um 2.8% zu. Rund 30% aller Versuchstiere wurden in der Industrie eingesetzt, 54% an Hochschulen und Spitälern. Gegenüber dem Vorjahr kamen in der Industrie im Jahr 2014 5 915 Tiere weniger zum Einsatz (−3.1%). 1

D as Forschungsprinzip 3R bemüht sich um eine Reduzierung (Reduction), eine Verbesserung (Refinement) und den Ersatz von Tierversuchen (Replacement).

76


Versuchstiere in der Schweiz In Tierversuchen eingesetzte Versuchstiere, bewilligungspflichtig 2 000 000

1 992 794

1 600 000 1 200 000 800 000

606 505

0 1983

1990

2000

2010 2014

© Interpharma

400 000

Quelle: Tierversuchsstatistik 2014, Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen, 2015.

Versuchstiere nach Tierarten

n Mäuse 64.3% n Ratten 13.7% n Vögel (inkl. Geflügel) 10.3% n Fische 6.6% n R indvieh, Schafe, Ziegen, Schweine, Pferde, Esel, diverse Säuger 2.3% n A mphibien, Reptilien, Wirbellose 1.3% n Kaninchen, Hunde, Katzen 0.8% n M eerschweinchen, Hamster, andere Nager 0.6% n Primaten 0.04% Quelle: Tierversuchsstatistik 2014, Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen, 2015.

77

© Interpharma

Versuchstiere 2014: 606 505 (100%)


Zulassung, Preisbildung und Rückerstattung von Medikamenten Aufwendige Zulassungsprüfung für Medikamente Damit ein Medikament vom Schweizerischen Heilmittelinstitut (Swissmedic) zugelassen wird, muss der Antragsteller eine umfangreiche Dokumentation bereitstellen. Diese muss unter anderem Wirksamkeit, Qualität und Sicherheit sowie Identität, Reinheit und Wirkstoffgehalt des Medikaments belegen. Das gesamte Zulassungsverfahren beansprucht in der Regel 330 Tage. Auf Antrag des Herstellers oder der Vertriebsfirma kann Swissmedic ein beschleunigtes Zulassungsverfahren («fast track») vorsehen, wenn es sich um eine Erfolg versprechende Therapie einer schweren, invalidisierenden oder lebensbedrohlichen Krankheit handelt, gegen die es keine oder nur unbefriedigende Behandlungsmöglichkeiten mit zugelassenen Medikamenten gibt, oder wenn vom neuen Medikament ein hoher therapeutischer Nutzen erwartet wird. 2015 wurden zwölf Gesuche im beschleunigten Verfahren bearbeitet. Solche Verfahren dauern erfahrungsgemäss 140 Tage. Seit Anfang 2013 gibt es ein Zulassungsverfahren mit Voranmeldung. Der Hersteller gibt dabei Swissmedic den Einreichungstermin frühzeitig bekannt. Swissmedic erstellt daraufhin einen zeitlich gestrafften und genau terminierten Ablauf der Begutachtung, wobei der Begutachtungsumfang gleich ist wie beim normalen Verfahren. Die Gebühren sind indes höher. Für dieses Verfahren sieht Swissmedic eine Dauer von 264 Tagen vor.

78


Zulassungsverfahren von Swissmedic

Eingang des Zulassungsgesuchs

Administrative Prüfung (formale Kontrolle)

Antragsteller

Externe Experten Ständiges Expertengremium

Wissenschaftliche Begutachtung

Unvollständige Unterlagen Antragsteller Zusätzliche Unterlagen erforderlich Antragsteller

Zulassungsentscheid

Stellungnahme Firma Neue Unterlagen

Zulassung

– Neueinreichung – Wiedererwägung – Verzicht – Rekurs

Zulassungsbescheinigung © Interpharma

Ablehnung

Quelle: Swissmedic.

79


Weniger zugelassene Medikamente Alle Medikamente, die in der Schweiz erhältlich oder für den Export aus der Schweiz bestimmt sind, müssen vom Schweizerischen Heilmittelinstitut (Swissmedic) zugelassen werden. 2015 wurden 28 Humanarzneimittel mit neuen Wirkstoffen zugelassen. Im Jahr 2015 nahm die Zahl der durch Swissmedic zugelassenen Medikamente gegenüber dem Vorjahr um 0.8% ab und belief sich auf insgesamt 8 312 Human- und Tierarzneimittel. Über einen längeren Zeitraum betrachtet, ging der gesamte Bestand der Zulassungen stark zurück. Im Jahr 1990 betrug deren Zahl 10 119 Einheiten. Damit lag sie um über 1 800 Einheiten höher als heute. Aufgrund des jeweiligen Nutzen-Risiko-Verhältnisses teilt Swissmedic die Human- und Tierarzneimittel in unterschiedliche Abgabekategorien ein, die gleichzeitig auch Auskunft über die Abgabeberechtigung geben. 2015 entfielen auf die Abgabekategorien A und B (rezeptpflichtig) über 66% aller zugelassenen Medikamente.

80


Humanarzneimittel1

2000

2013

2014

2015

7 224

7 726

7 662

7 593

Tierarzneimittel

890 698 714 719

Total zugelassene Arzneimittel

8 114 8 424 8 376 8 312

© Interpharma

Anzahl in der Schweiz zugelassener Medikamente

Quelle: Jahresberichte, diverse Jahrgänge, Swissmedic. 1

H umanarzneimittel, Allergene, Biotechnologika, Homöopathika, Impfstoffe, Phytotherapeutika, Radiopharmazeutika sowie weitere Präparatekategorien.

Abgabekategorien im Zeitverlauf Anteile Medikamente nach Abgabekategorie¹ (in %) 50 46.1

40 30

23.7 20.4

20 10

7.8

0 1990

1995

2000

2005

2010

2015

A: Einmalige Abgabe auf ärztliche oder tierärztliche Verschreibung B: Abgabe auf ärztliche oder tierärztliche Verschreibung C: Abgabe nach Fachberatung durch Medizinalperson (Apotheken)² D: Abgabe nach Fachberatung (Apotheken und Drogerien)² E: Abgabe ohne Fachberatung²

© Interpharma

2.0

Quelle: Jahresberichte, diverse Jahrgänge, Swissmedic.

Gewisse Präparate sind mehr als einer Abgabekategorie zugeteilt und werden deshalb mehrmals gezählt (Packungsgrösse bzw. Dosierung). 2 Rezeptfrei. 1

81


7 593 Medikamente in 18 862 Verkaufseinheiten 2015 waren beim Schweizerischen Heilmittelinstitut (Swissmedic) 7 593 Humanarzneimittel zugelassen. Diese Heilmittel, die unter einer Handelsmarke verkauft werden, sind in verschiedenen Darreichungsformen, Dosierungen und Packungsgrössen erhältlich. Die Darreichungsformen umfassen: Fest Pulver, Puder, Granulate, Kapseln, Tabletten, Dragées, Zäpfchen (Suppositorien) Halbfest Salben, Cremes, Pasten, Gels, Membranpflaster Flüssig Lösungen in Ampullen, Infusionen und Tropfen, Sirupe, Suspensionen, Emulsionen, Sprays, Aerosole, Fertigspritzen Diese wiederum können in verschiedenen Dosierungen, Farbund Geschmacksvarianten vorliegen. Zusätzlich können sie in mehreren Packungsgrössen zum Verkauf angeboten werden. Ende 2015 zählte man 18 862 verschiedene Verkaufseinheiten. Im internationalen Vergleich ist die Zulassungspraxis in der Schweiz deutlich restriktiv. In einigen europäischen Ländern, insbesondere in Deutschland, sind zudem vermehrt ältere Produkte auf dem Markt.

82


Medikamente und ihre Verkaufseinheiten

Darreichungsformen

Dosierungen

Packungsgrössen

Bsp.: Voltaren® oder Valium®

Bsp.: Tabletten, Kapseln, Suppositorien, Lösungen in Ampullen

Bsp.: 1, 5, 10 mg Wirksubstanz

Bsp.: 1 Ampulle, 5 Suppositorien, 10 Kapseln, 20 Tabletten

Quelle: Interpharma.

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© Interpharma

Medikament (Handelsmarke)


Steigende Anzahl kassenpflichtiger Medikamente Nicht alle Medikamente werden von den Krankenkassen vergütet. Die kassenpflichtigen Medikamente sind in der sogenannten Spezialitätenliste (SL) des Bundesamts für Gesundheit (BAG) aufgeführt. Deren Umfang hat in den letzten Jahren zugenommen, unter anderem auch deshalb, weil Generikahersteller verpflichtet sind, alle Packungsgrössen des Originalpräparats anzubieten. Die SL umfasste Ende 2015 insgesamt 2 922 Präparate in 9 649 Packungen. Fast 93% davon waren rezeptpflichtig (Abgabekategorien A und B), die restlichen rund 7% waren rezeptfrei erhältlich (Abgabekategorien C und D). Diese rezeptfreien Medikamente werden nur dann vergütet, wenn eine ärztliche Verschreibung vorliegt. 2015 waren über 41% aller SL-Packungen Generika. Von den 2015 neu in die SL aufgenommenen Packungen waren es über 59%. Das BAG entscheidet nach Empfehlung der Eidgenössischen Arzneimittelkommission über die Aufnahme in die SL und setzt den maximalen Vergütungspreis fest. Dafür massgebend sind die Wirksamkeit, die Zweckmässigkeit und die Wirtschaftlichkeit des betreffenden Medikaments. Zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit werden zum einen die Preise mit dem Ausland verglichen. Zum anderen gilt der therapeutische Quervergleich mit Medikamenten gleicher Indikation oder ähnlicher Wirkungsweise. Wird ein Innovationszuschlag beantragt, so muss dieser durch erhöhte Wirksamkeit oder ein besseres Risikoprofil (weniger Nebenwirkungen) belegt werden. Er ist explizit in der Verordnung zum Krankenversicherungsgesetz festgehalten, weil die Schweiz Interesse an einem forschungsfreundlichen Umfeld hat. 84


Kassenpflichtige Medikamente nach Abgabekategorien Total kassenpflichtige Medikamente 2015: 9 649 Packungen¹ (100%) n Liste A: 2 382 (24.7%) n Liste B: 6 581 (68.2%) (2.0%)

n Liste D: 482

(5.0%)

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n Liste C: 191

Quelle: Bundesamt für Gesundheit, 2016, Stand: 1.12.2015. 1

13 Packungen (0.1%) konnten keiner Liste zugeordnet werden. Es handelt sich dabei um Pens, Diskhaler und Babynahrung.

1995 2012 2013 2014 2015

Anzahl Präparate

2 255

2 844

2 871

2 898

2 922

Anzahl Packungen

5 383

9 378

9 563

9 725

9 649

Quelle: Bundesamt für Gesundheit, 2016, Stand: 1.12.2015.

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Medikamente in der Spezialitätenliste (SL)


Der Medikamentenpreis ist kein Marktpreis Der Publikumspreis eines kassenpflichtigen Medikaments entsteht nicht auf dem freien Markt, sondern wird staatlich festgesetzt. Er setzt sich zusammen aus dem Vertriebsanteil, dem Fabrikabgabepreis, der Verkaufsabgabe und der Mehrwertsteuer. Der Fabrikabgabepreis kommt aufgrund eines therapeutischen Quervergleichs (TQV), eines allfälligen Innovationszuschlags und eines Auslandpreisvergleichs (APV) zustande. Beim TQV wird mit den Kosten bereits zugelassener Arzneimittel ähnlicher Indikation oder gleicher Wirkungsweise verglichen. Beim APV werden seit Juni 2015 neben den Preisen in Dänemark, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, den Niederlanden und Österreich neu auch die Preise in Belgien, Finnland und Schweden berücksichtigt. Das Schweizerische Heilmittelinstitut (Swissmedic) erhebt eine Verkaufsabgabe. Diese wird für jede verkaufte Packung fällig, ist abhängig vom Fabrikabgabepreis und wird vom Hersteller getragen. Sie beträgt höchstens fünf Franken pro Packung und trägt zu fast 50% zu den Einnahmen von Swissmedic bei. Die Vertriebszuschläge für verschreibungspflichtige Medikamente wurden 2010 neu geregelt: Für Medikamente bis zu einem Preis von 880 Franken sank der Anteil von 15% auf 12%, für Medikamente, deren Preis bei 880 Franken oder mehr liegt, von 10% auf 7%. Für nicht verschreibungspflichtige Medikamente gilt ein preisbezogener Vertriebszuschlag von 80% ohne zusätzlichen fixen Zuschlag pro Packung.

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Zusammensetzung des Medikamentenpreises Pharmazeutische Fachleistungen gemäss KVG Mehrwertsteuer (2.5%) Publikumspreis (gemäss Spezialitätenliste, SL) 1

Vertriebskosten

Betriebskosten (Logistik, Infrastruktur, Personal) Kapitalkosten

Fabrikabgabepreis

Verkaufsabgabe

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Auslandpreisvergleich (AT, BE, DE, DK, FI, FR, NL, SE, UK) auf der Basis der Fabrikabgabepreise Therapeutischer Quervergleich Quelle: Bundesamt für Gesundheit. 1 Die Relation zwischen Publikums- und Fabrikabgabepreis finden Sie unter www.spezialitaetenliste.ch.

Vertriebszuschläge (Kategorie A und B, ohne LOA1) + Preisbezogener Zuschlag

+ Zuschlag je Packung (in CHF)

0.05 – 4.99

12%

4.00

5.00 –10.99

12%

8.00

11.00 –14.99

12%

12.00

15.00 – 879.99

12%

16.00

880.00 – 2 569.99 7% 60.00

ab 2 570.00

0%

240.00

Quelle: Bundesamt für Gesundheit. 1

Leistungsorientierte Abgeltung.

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Fabrikabgabe- preis (in CHF)


Medikamentenpreise weiter gesunken Im September 2015 waren bei einem Wechselkurs von CHF 1.20 pro Euro die rund 200 umsatzstärksten patentgeschützten Originalpräparate in der Schweiz 10% teurer als im Durchschnitt der neun Vergleichsländer. Dies geht aus dem siebten gemeinsamen Auslandpreisvergleich von santésuisse und Interpharma hervor. Erstmals wurde der Preisvergleich mit den drei zusätzlichen neuen Vergleichsländern Belgien, Finnland und Schweden durchgeführt. Der Preisunterschied ist primär auf den nach der Aufhebung der Frankenuntergrenze durch die Schweizerische Nationalbank im Januar 2015 erstarkten Franken sowie die Erweiterung des Länderkorbs zurückzuführen. Nach der Aufhebung der Frankenuntergrenze haben sich als Folge der Frankenstärke die Kosten des für die Volkswirtschaft enorm wichtigen Pharmastandorts Schweiz um nochmals rund 20% erhöht, nachdem schon in den Jahren davor der Franken massiv überbewertet gewesen war und sich der Standort Schweiz verteuert hatte. Die Preisüberprüfung durch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) erfolgt alle drei Jahre und bei Indikationserweiterung. Preisanpassungen sind jedoch in der Regel nur nach unten möglich. Somit werden sich die Preisunterschiede gegenüber dem Ausland weiter verringern. Der Verbraucherpreisindex von Eurostat misst die Preisentwicklung über einen längeren Zeitraum. Er zeigt, dass die Medikamentenpreise in der Schweiz in den letzten Jahren deutlich gesunken sind. Hingegen sind die Medikamentenpreise in anderen Referenzländern gestiegen respektive nicht so stark gesunken wie in der Schweiz. 88


Medikamentenpreisvergleich Schweiz – Ausland Top-200-Originalpräparate, 9-Länder-Korb (Wechselkurs CHF / EUR: 1.20) 120

80

FI

82

BE

60

83

SE

88

92

AT

88

94

99

DK

90

CH Ø Länder- DE Korb

100

80

102

100

UK

NL

FR

40 20 © Interpharma

0

Quelle: Gemeinsamer Auslandpreisvergleich santésuisse und Interpharma, Dezember 2015.

Harmonisierter Verbraucherpreisindex Pharmazeutische Erzeugnisse (Index, 2005=100) 128.5

120

122.5 114.7

110

104.6 103.5 99.4 98.0 95.9 91.7 87.0

100 90 80 70

DE  NL

AT  FR

UK  BE

DK   FI

SE   CH

68.2 © Interpharma

60 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015   Ø Länderkorb

Quelle: Eurostat, 2016.

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Preisvergleich mit dem Ausland Ein wesentlicher Bestandteil bei der Festsetzung des Medikamentenpreises ist der Preisvergleich mit dem Ausland. Zwischen 2010 und Mai 2015 bestand der Länderkorb aus Dänemark, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, den Niederlanden und Österreich. Seit Juni 2015 werden die Schweizer Preise zusätzlich mit denjenigen in Belgien, Finnland und Schweden verglichen. Der Auslandpreisvergleich (APV) kommt sowohl beim erstmaligen Festsetzen eines Preises im Rahmen der Aufnahme in die Spezialitätenliste (SL) zum Tragen als auch bei der dreijährlichen Preisüberprüfung aller Medikamente, die bereits in die SL aufgenommen wurden. Seit Juni 2015 wird bei Letzterer der therapeutische Quervergleich (TQV) berücksichtigt. Zuvor kam ab 2012 primär nur der APV zur Anwendung. Hingegen wurde die Toleranzmarge von 5% gestrichen. Nach wie vor werden während der Patentlaufzeit zusätzlich die Kosten für Forschung und Entwicklung berücksichtigt. Bei den dreijährigen Preisüberprüfungen sind nur Preissenkungen möglich, nicht aber Preiserhöhungen. Sollte sich beispielsweise der momentan starke Franken abschwächen und sollten die Schweizer Preise tiefer liegen als im Durchschnitt des Länderkorbs, so werden die Preise in der Schweiz nicht automatisch erhöht. Preiserhöhungsgesuche sind möglich.

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Preisvergleiche europäischer Staaten

AT UK

BE SE

ES

DK NO

PT

FI CH

NL

FR

IT

DE IE

Preisvergleich offiziell mit allen EU-Staaten Preisvergleich offiziell mit ausgewählten Staaten

GR Preisvergleich inoffiziell mit ausgewählten Staaten Preisvergleich inoffiziell mit allen EU-Staaten Kein Preisvergleich © Interpharma

Schweiz Offiziell

Quelle: IMS Health; EFPIA.

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Internationale Auswirkungen der schweizerischen Arzneimittelregulierung Die Schweizer Medikamentenpreise sind sowohl in Industrie- als auch Schwellenländern Bestandteil des Referenzkorbs, anhand dessen die dortigen Preise festgelegt werden. Wie mithilfe der Preise aus den Referenzmärkten die eigenen Preise ermittelt werden, ist von Land zu Land unterschiedlich. Teilweise wird der Tiefstpreis verwendet, teilweise ein Durchschnitts- oder Medianpreis. Aufgrund der internationalen Preisreferenzierung hat jede Änderung der Schweizer Medikamentenpreise weltweite Auswirkungen. Eine Preissenkung um 10 Prozent würde für die Branche zu einem weltweiten Umsatzrückgang von fast 1 108 Millionen Franken führen. Hiervon würden rund 515 Millionen Franken in der Schweiz selbst verloren gehen, gut 470 Millionen in Industrieländern und über 122 Millionen in Schwellenländern. Mit anderen Worten: Die internationale Preisreferenzierung verdoppelt die globalen Auswirkungen jeder Preissenkung in der Schweiz. Abgesehen von den Auswirkungen auf die Preise kann dies Unternehmensentscheidungen über die Einführung innovativer Medikamente beeinflussen und zu Verzögerungen der Einführung von Produkten im Schweizer Markt führen. Bei einer starken Preissenkung in der Schweiz ist es möglich, dass die Markteinführung in der Schweiz erheblich verzögert würde.

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Die Schweiz als Referenzland

BE PO

TW

KR

FI

RU HU

SK

BR CH OM

TR BH TU

SA

LB

JO

EG

IR

CA

Durchschnitt der Korbpreise Andere Korbpreise (z.B. Median)

© Interpharma

DZ Tiefste Korbpreise

Quelle: Internationale Auswirkungen der schweizerischen Arzneimittelregulierung, Charles River Associates, Studie im Auftrag von Interpharma und Novartis, März 2013; Interpharma, 2015.

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Fragen und Antworten rund um Medikamente Wissenswertes über Medikamente Was ist ein Medikament? Ein Medikament (auch Arzneimittel, Heilmittel oder pharmazeutische Spezialität genannt) ist ein Mittel zur Behandlung von Krankheiten und Beschwerden beim Menschen oder beim Tier. Es kann Krankheiten heilen (kuratives Medikament), lindern (palliatives Medikament) oder verhüten (präventives Medikament). Ein Medikament kann auch vom Körper selbst erzeugte Stoffe oder Flüssigkeiten ersetzen. Ausserdem kann es Mikroerreger, Parasiten und andere körperfremde Stoffe, die eine Krankheit verursachen, unschädlich machen. Woraus sind Medikamente zusammengesetzt? Medikamente setzen sich aus Wirk- und aus Hilfsstoffen zusammen. Medikamente mit einem Wirkstoff heissen Monopräparate, solche mit mehreren Wirkstoffen werden Kombinationspräparate genannt. Was ist ein Wirkstoff? Ein Wirkstoff ist eine Substanz, die im menschlichen Körper eine Wirkung oder eine Reaktion hervorruft. Wirkstoffe können chemische Elemente und Verbindungen sowie deren natürliche Gemische und Lösungen, aber auch mikrobielle, pflanzliche oder tierische Naturstoffe sein. Durch chemische Synthese oder auf biooder gentechnischem Weg können auch synthetische Wirkstoffe erzeugt werden.

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Was ist ein Hilfsstoff? Hilfsstoffe sind nötig, um das Medikament in eine bestimmte Form zu bringen, es haltbar zu machen, zu aromatisieren, zu färben oder um dessen Gebrauch zu verbessern. Beispiele für Hilfsstoffe sind Stärke, Zucker, Gelatine, Fette, Öle, Wasser oder Alkohole. Wirken Medikamente, die denselben Wirkstoff enthalten, immer gleich? Die Wirkung eines Medikaments ist abhängig von Alter, Geschlecht und der körperlichen Verfassung des Patienten sowie dem Stadium einer Krankheit. Ausserdem sind Medikamente mit dem gleichen Wirkstoff oft nicht identisch zusammengesetzt, was ihre Wirkung beeinflussen kann. Sie können z.B. unterschiedliche Hilfs-, Zusatz- oder Farbstoffe enthalten. Auch die Galenik (Arzneimittelform) kann unterschiedlich sein: Was der eine Hersteller als Kapsel anbietet, ist beim anderen nur in Form eines Dragées oder einer Tablette erhältlich. Schon darauf reagieren einzelne Patienten unterschiedlich. Der Arzt oder die Ärztin entscheidet deshalb aufgrund der Krankengeschichte des Patienten und seiner Diagnose, welche Behandlung und damit welches Medikament für den Patienten am besten geeignet ist. In welchen Formen gibt es Medikamente? Bei Medikamenten werden feste, halbfeste, flüssige und gasförmige Darreichungsformen (galenische Formen) unterschieden. Feste Formen sind Tabletten, Dragées, Kapseln, Pulver, Puder, Granulate und Zäpfchen (Suppositorien). Zu den halbfesten zählen Salben, Pasten, Cremes und Gels. Zu den flüssigen gehören Tinkturen, Infusionen, Tropfen, Lösungen in Ampullen, Fertigspritzen, Sirupe und Sprays und zu den gasförmigen die Inhalationen.

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Wie werden Medikamente verabreicht? Es werden verschiedene Anwendungsarten (Applikationen) unterschieden. Grundsätzlich gibt es systemische und topische Anwendungsarten. Die systemischen Applikationen wirken auf das ganze Organsystem, die topischen hingegen nur an der Stelle des Körpers, an der das Präparat angewendet wird (z.B. auf der Haut). Welche systemischen Anwendungsarten gibt es? Medikamente können oral eingenommen, d.h. geschluckt werden. Dabei gelangen die Wirkstoffe über den Magen-Darm-Trakt ins Blut und werden dorthin transportiert, wo ihre Wirkung beabsichtigt ist. Bei der rektalen Anwendung werden die Wirkstoffe aus den Zäpfchen durch die Schleimhaut des Enddarms aufgenommen. Unter der parenteralen Applikation versteht man üblicherweise die Injektion. Injiziert wird intravenös (in die Venen), intramuskulär (in die Muskeln) oder subkutan (unter die Haut). Wird eine Lösung über längere Zeit intravenös verabreicht, spricht man von einer Infusion. Ein Medikament in Form von Aerosol, Dampf oder Gas wird inhalativ angewendet (eingeatmet). Die transdermalen Formen werden auf die Haut geklebt. Sie verfügen über ein Wirkstoffdepot, aus welchem die Wirksubstanz kontinuierlich durch die Haut hindurch abgegeben wird.

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Welche topischen Anwendungen gibt es? Bei der kutanen Anwendung wird das Medikament, z.B. eine Salbe, auf die Haut aufgetragen. Daneben gibt es Anwendungen auf die Schleimhäute der Nase (nasal), der Augen (ophthalmologisch), der Ohren (otologisch) und der Vagina (vaginal). Was sind die Gefahren von Medikamentenfälschungen? Medikamentenfälschungen stellen eine ernste Gefahr für die Gesundheit dar. Fälschungen können zwar den richtigen Wirkstoff enthalten, jedoch in zu hoher oder zu niedriger Dosierung oder in verunreinigter Form. Gefährlich werden kann es aber auch, wenn von den erwarteten Wirkstoffen nicht die geringste Spur vorhanden ist. In vielen Fällen enthalten die vermeintlichen Arzneimittel beispielsweise gemahlenen Backstein oder Mehl, in seltenen Fällen auch Giftstoffe wie Insektizide oder Rattengift. In den Industriestaaten ist der Verkauf von Arzneimitteln über das Internet das wichtigste Einfallstor für gefälschte Medikamente. Medikamente, die illegal über das Internet verkauft werden, sind gemäss Weltgesundheitsorganisation WHO zu über 50% gefälscht. Beim Bezug von Medikamenten aus legalen Quellen wie Apotheken, Drogerien und Arztpraxen besteht in der Schweiz keine Gefahr, Medikamentenfälschungen zu erhalten.

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Nutzen und Kosten von Medikamenten Wie wirkt sich der medizinische Fortschritt aus? In der Regel basiert der medizinische Fortschritt auf vielen kleinen Verbesserungen, die jedoch für eine bessere Lebensqualität der Patientinnen und Patienten entscheidend sind. Die laufende, schrittweise Innovation über Jahre hinweg führt zu wirksameren, sichereren und verträglicheren Behandlungen. Gerade neue Medikamente können dazu beitragen, in anderen Bereichen Kosten einzusparen, weil sie zu kürzeren Spitalaufenthalten und weniger Arztbesuchen führen. Oft verbessern neue Medikamente die Überlebenschancen und beschleunigen die Heilung. Ausserdem profitieren viele Menschen heute von einer guten Gesundheit bis ins hohe Alter. Noch immer lassen sich jedoch nur wenige Krankheiten vollständig heilen. Deshalb sind auch weiterhin hohe Investitionen in die Forschung nötig, um weitere Fortschritte zu erzielen. Wo konnten in den vergangenen Jahren bedeutende Fortschritte erzielt werden? Im letzten Jahr kamen Medikamente gegen Hepatitis C auf den Markt, die diese bisher unheilbare Krankheit mit einer rund zwölfwöchigen Therapie in 95% der Fälle ohne grosse Nebenwirkungen heilen können. Das ist ein grosser Durchbruch in der Bekämpfung dieser Infektionskrankheit. Weiter können heute Krebserkrankungen dank modernen Antikörper- oder Chemotherapien teilweise ambulant statt stationär behandelt werden. Die betroffenen Personen können rascher wieder in ihr gewohntes Umfeld zurückkehren. Bedeutende Fortschritte konnten beispielsweise in der Behandlung von Brustkrebs gemacht werden. Jedes Jahr erkranken in der Schweiz über 5 000 98


Frauen an dieser Krankheit. Dank besserer Diagnostik und neuen Medikamenten haben sich zudem die Aussichten vieler Brustkrebspatientinnen in den letzten Jahren deutlich verbessert. So beträgt heute die Überlebenschance bei Brustkrebs fünf Jahre nach Diagnosestellung ca. 75%. Bei Früherkennung des Tumors erhöht sich die Überlebenschance um weitere 20%. Der Fortschritt durch innovative neue Medikamente zeigt sich aber auch in der Behandlung von Aids, Diabetes, Asthma, multipler Sklerose oder Herz-Kreislauf-Krankheiten. Diese Medikamente haben das Leben vieler Patienten verbessert. Können wir uns diesen Fortschritt weiterhin leisten? Umfragen zeigen immer wieder, dass die Schweizer Bevölkerung ein qualitativ hochstehendes Gesundheitswesen wünscht. Neue Behandlungsmethoden und Medikamente sollen ohne Verzögerung und für alle, unabhängig von Einkommen und Vermögen, zugänglich sein. Während die Kosten des Gesundheitswesens in den letzten Jahren vor allem im stationären Sektor angestiegen sind, ist der Anteil der Medikamente an den Gesundheitskosten seit 1985 stabil. Medikamente (Apotheken, selbst dispensierende Ärzte) machen weniger als 10% der Gesundheitskosten aus. Heute muss für die Entwicklung eines innovativen Medikaments über eine Milliarde Schweizer Franken aufgewendet werden. Tatsächlich stehen den höheren Medikamentenkosten jedoch bessere Heilungserfolge sowie mehr Lebensqualität der Patienten gegenüber. Gleichzeitig reduziert sich oft der Aufwand kostspieliger Spitalaufenthalte, Pflegetage und Arztbesuche. Die höheren Ausgaben für neue Medikamente führen deshalb insgesamt zu tieferen Behandlungskosten.

99


Forschung und Entwicklung Wie entsteht ein Medikament? Bei der Suche nach neuen Wirkstoffen baut die pharmazeutische Industrie auf den Erkenntnissen der Grundlagenforschung auf, die vor allem von den Universitäten und Hochschulen betrieben wird. Auf eine konkrete Problemstellung ausgerichtet (angewandte Forschung), werden in den Forschungslabors der pharmazeutischen Industrie zahlreiche Substanzen in verschiedenen Phasen (präklinische und klinische Studien) auf ihre Wirksamkeit und ihre Sicherheit geprüft (vgl. S. 64). Eigentliche Durchbrüche sind in der Medizin trotz grossen Forschungsanstrengungen relativ selten. Häufiger sind kleinere Fortschritte, die sich aus der Weiterentwicklung bekannter Wirkstoffe ergeben. Für die Patienten sind die kleinen Fortschritte aber ebenso wichtig. Dies wird besonders deutlich bei der Insulintherapie für Diabetiker, der Behandlung von Asthmatikern, der Transplantationsmedizin oder der Krebsbehandlung. Gäbe es keine therapeutischen Alternativen, müssten viele Patienten mit einer für sie nicht optimalen Behandlung vorliebnehmen. Zu den schrittweisen Verbesserungen zählen höhere Wirksamkeit oder bessere Sicherheit durch geringere Nebenwirkungen. Dies kann durch optimierte Wirksubstanzen oder neue Darreichungsformen, die auf die spezifischen Bedürfnisse der Patienten abgestimmt sind, erzielt werden.

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Was sind präklinische Studien? Ist ein neuer Wirkstoff gefunden, muss zuerst in präklinischen Studien – zu denen Tierversuche gehören – geprüft werden, ob er wirkt und ob er verträglich ist. Vor allem muss ausgeschlossen werden, dass der neue Wirkstoff am Tier und später beim Menschen bei langfristiger Anwendung giftig wirkt (akute und chronische Toxizität), das Erbgut verändert (Mutagenität), Krebs erzeugt (Kanzerogenität) oder Missbildungen des ungeborenen Kindes verursacht (Teratogenität). Massgebend für die Durchführung der Tierversuche ist das schweizerische Tierschutzgesetz, das zu den strengsten der Welt gehört. Seit 1987 unterstützen die Interpharma-Firmen die Stiftung Forschung 3R, die sich zum Ziel gesetzt hat, Tierversuche durch Alternativen zu ersetzen (Replace), ihre Anzahl zu verringern (Reduce) oder die Versuchsanordnungen zugunsten der Tiere zu verbessern (Refine). Nicht zuletzt durch die konsequente Umsetzung des 3R-Konzepts in der forschenden Pharmaindustrie ist es gelungen, die Gesamtzahl der in der Schweiz pro Jahr eingesetzten Versuchstiere seit 1983 von nahezu zwei Millionen um über zwei Drittel auf 606 505 im Jahr 2014 zu verringern.

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Was sind klinische Studien? Wenn die präklinische Phase positiv verlaufen ist, wird die Substanz in klinischen Studien am Menschen geprüft. Dies erfolgt in einer ersten Phase bei gesunden Menschen (Probanden), in einer zweiten Phase erstmals bei Patienten. Schliesslich wird der Wirkstoff in einer dritten Phase an einer grösseren Patientenzahl getestet und die geeignete Dosierung ermittelt. Nach der behördlichen Zulassung des Medikaments werden mit einer klinischen Studie (Phase IV) eventuelle unerwünschte Medikamentenwirkungen und allfällige Wechselwirkungen in der Arztpraxis und im Spital überwacht und erfasst. Die gesetzliche Grundlage für die Forschung am Menschen bilden in der Schweiz das 2014 in Kraft getretene Humanforschungsgesetz (HFG) und die dazugehörigen Verordnungen sowie das Heilmittelgesetz (HMG). Diese richten sich an internationalen Standards wie der ICH1 aus. Wer trägt das Forschungsrisiko? Das Risiko ist gross, dass ein Medikament aufgrund von Nebenwirkungen oder ungenügender Wirkung, die in den klinischen Studien festgestellt werden, nicht weiterentwickelt wird. Von 10 000 Substanzen, die in den Forschungslabors untersucht und geprüft werden, gelangen zehn Substanzen in die Phase der klinischen Studien. Davon besteht nur gerade eine Substanz alle klinischen Tests und kommt später als Medikament in den Handel. Die Kosten für die Entwicklung eines innovativen Medikaments betragen heute über eine Milliarde Franken. Die Schweizer Pharmaindustrie finanziert ihre Forschungstätigkeit zu 100% aus eigenen Mitteln und trägt somit das ganze Forschungsrisiko allein.

1

ICH = International Conference on Harmonisation of Technical Requirements for Registration of Pharmaceuticals for Human Use (www.ich.org).

102


Wie wird die Forschung vor Nachahmern geschützt? Die forschenden Unternehmen müssen Gewähr haben, dass ihre Erfindungen nicht durch Dritte wirtschaftlich genutzt werden, ohne dass sich diese an den hohen Kosten des Forschungsaufwands beteiligen. Der Staat schützt die Unternehmen davor, indem er für einen neuen Wirkstoff Patentschutz gewährt. Der gesetzliche Patentschutz ist auf 20 Jahre beschränkt und beginnt mit dem Zeitpunkt der Patentanmeldung, noch bevor die präklinischen Studien etwa in Zellsystemen durchgeführt werden. Mit den zunehmenden Sicherheitsanforderungen an neue Medikamente ist die nutzbare Schutzdauer immer kürzer geworden. Bis ein neues Medikament auf dem Markt zugelassen wird, verstreichen durchschnittlich acht bis zwölf Jahre. Der Patentschutz eines neuen Medikaments auf dem Markt beträgt damit durchschnittlich nur noch zehn Jahre. Um mit dieser Entwicklung mitzuhalten, wurde das Patentgesetz am 1. September 1995 revidiert. Aufgrund des sogenannten «ergänzenden Schutzzertifikats» kann der Patentschutz für neue Medikamente auf weitere fünf Jahre und damit auf eine effektiv nutzbare Schutzfrist von maximal 15 Jahren ausgedehnt werden.

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Warum ist es wichtig, dass auch Daten geschützt sind? Die Gesundheitsbehörden verlangen von der Pharmaindustrie umfangreiches Datenmaterial aus präklinischen und klinischen Studien, bevor ein Medikament zugelassen wird. Das Datenmaterial ist zur Beurteilung von Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit des Medikaments notwendig. Die Pharmaunternehmen investieren viel Zeit und Geld in die Aufbereitung dieser Daten. Der Schutz der eingereichten Daten (Erstanmelderschutz) stellt sicher, dass sich während der Schutzperiode nach der Marktzulassung kein anderes Unternehmen auf die Daten beziehen oder diese nutzen kann. Der Erstanmelderschutz bietet Anreiz dafür, die Mittel für die Forschung und Entwicklung bereitzustellen. Erstanmelderschutz ist ein vom Patentstatus unabhängiger Investitionsanreiz. Aus diversen Gründen kann für ein bestimmtes Produkt in einem bestimmten Land kein Patent vorliegen. In einem solchen Fall ist der Erst­ anmelderschutz der primäre Investitionsanreiz. Dies gilt etwa für die zunehmende Tendenz, auf der Basis gut etablierter Wirkstoffe neue Indikationen zu entwickeln.

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Medikamentenmarkt Was sind Originalpräparate? Als Originalpräparate werden Medikamente bezeichnet, für deren Wirkstoff oder Darreichungsform der Hersteller ein Erfindungspatent oder eine entsprechende Lizenz vom Patentinhaber erhalten hat. Originalpräparate behalten diesen Status in den meisten Ländern auch nach Ablauf des Patentschutzes. Was sind Generika? Nach Patentablauf können andere Hersteller Medikamente mit dem Wirkstoff des Originalpräparats ebenfalls herstellen und verkaufen. Diese Medikamente nennt man Generika. Für Generika können andere Hilfsstoffe (Bindestoffe, Farbstoffe, Aromastoffe usw.) verwendet werden als beim Originalpräparat. Generika werden in der Regel billiger angeboten als die entsprechenden Originalpräparate, weil der Forschungsaufwand entfällt. Was sind Biosimilars? Von den sehr komplexen Biopharmazeutika können nach Patentablauf ähnliche Nachbildungen, sogenannte Biosimilars (aus dem Englischen «similar» = «ähnlich»), zugelassen werden. Dafür wurde ein eigenes Verfahren etabliert, bei dem Tests zu Wirksamkeit und Verträglichkeit im Labor und in klinischen Studien durchgeführt werden müssen.

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Wie entwickelt sich der Medikamentenmarkt in der Schweiz? Der Medikamentenmarkt Schweiz nahm 2015 im Vergleich zum Vorjahr um 5.3% auf 5.38 Milliarden Franken zu. 2014 war ein Zuwachs von 0.7% verzeichnet worden. Das Wachstum 2015 ist prim채r auf die Einf체hrung neuer, innovativer Medikamente gegen Hepatitis C und andere virale Erkrankungen zur체ckzuf체hren.

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Zulassung, Preisbildung und Rückerstattung von Medikamenten Wie wird die Qualität der Medikamente kontrolliert? Der Patient muss die Gewähr haben, dass das Medikament qualitativ einwandfrei ist. Die Herstellung unterliegt deshalb einer strengen behördlichen Kontrolle. Dafür ist in der Schweiz grundsätzlich das Schweizerische Heilmittelinstitut (Swissmedic) zuständig. Die Fachstellen der Kantone wirken bei dieser Kontrollaufgabe mit. Da der grösste Teil der Medikamente exportiert wird, richtet sich die Medikamentenherstellung ausserdem nach internationalen Standards, um die Anerkennung der in der Schweiz produzierten Medikamente im Ausland zu gewährleisten. Was wird vorsorglich für die Medikamentensicherheit getan? 1. Pflicht zur Zulassung Es dürfen nur Medikamente auf den Markt kommen, die den gesetzlichen, international harmonisierten Anforderungen an Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität genügen. In der Schweiz entscheidet Swissmedic aufgrund einer eingehenden Prüfung, ob ein Medikament den gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungen entspricht und zum Verkauf zugelassen wird. Dadurch sollen Patienten vor Gefahren und Täuschungen geschützt werden.

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2. Medikamentenabgabe durch den Fachhandel oder den Arzt Die richtige Anwendung eines Medikaments setzt in der Regel eine fachliche Beratung voraus. Deshalb müssen die meisten Medikamente im Fachhandel, also in der Apotheke oder in der Drogerie, bezogen werden (siehe «Risikogerechte Abgabekategorien»). In einigen Kantonen sind auch die Ärzte berechtigt, Medikamente direkt den Patienten abzugeben (Selbstdispensation). Dasselbe gilt für das entsprechend ausgebildete Personal in Spitälern. 3. Risikogerechte Abgabekategorien Swissmedic entscheidet bei der Zulassung aufgrund des jeweiligen Nutzen-Risiko-Verhältnisses, ob ein Medikament nur auf ärztliche Verschreibung hin (rezeptpflichtig) oder ohne solche Verschreibung, aber mit fachlicher Beratung (rezeptfrei) verkauft werden darf. Entsprechend teilt Swissmedic die Medikamente in verschiedene Abgabekategorien ein. Die rezeptpflichtigen Medikamente werden in die Kategorien A oder B eingeteilt, die rezeptfreien in die Kategorien C, D oder E. Rezeptfreie Medikamente werden auch als OTC-Medikamente bezeichnet («over the counter», über den Ladentisch). Diese Medikamente sind für die Selbstmedikation, d.h. für die eigenverantwortliche Behandlung durch die Patienten, bestimmt. Medikamente der Kategorien A, B und C sind nur in der Apotheke erhältlich, solche der Kategorie D werden auch in Drogerien abgegeben. Medikamente der Kategorie E werden rezeptfrei und ohne Fachberatung in allen Geschäften abgegeben.

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4. Angaben auf der Packung und der Packungsbeilage zur Patienteninformation Jede Medikamentenpackung muss mit vorgeschriebenen Angaben versehen sein. Dazu gehören die Nennung des Markennamens des Medikaments und seines Wirkstoffs sowie einige wichtige Hinweise, u.a. zur Sicherheit und zur richtigen Aufbewahrung. Die Angaben auf der Packung dienen auch dazu, dass ein Medikament möglichst unverwechselbar als solches erkannt wird. Jede Packung enthält zudem eine mehrsprachige Patienteninformation als Beilage, die über den Zweck, die korrekte Anwendung und die Symptome allfälliger unerwünschter Wirkungen des Medikaments informiert. 5. Verfalldatierung Auf jeder Medikamentenverpackung ist ein Verfalldatum aufgedruckt oder eingeprägt. Es gibt an, wie lange das Medikament bei richtiger Lagerung mindestens haltbar und verwendbar ist. Zur Ermittlung dieses Verfalldatums sind Echtzeit-Lageraufzeichnungen gesetzlich vorgeschrieben. Medikamente, deren Verfalldatum überschritten ist, können einer Apotheke oder Drogerie zur umweltgerechten Entsorgung zurückgebracht werden. Abgelaufene Medikamente müssen in jedem Fall entsorgt werden, sie dürfen von Gesetzes wegen beispielsweise nicht für humanitäre Projekte verwendet werden.

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Was wird für die Überwachung der Medikamentensicherheit getan? Tritt bei einem Medikament eine neue unerwünschte Arzneimittelwirkung (UAW) auf, muss Swissmedic oder eine der von ihr bezeichneten UAW-Meldestellen sofort benachrichtigt werden. Gleiches gilt für ungewohnt häufig auftretende, bereits bekannte UAW. Erweisen sich aufgrund von UAW-Meldungen Massnahmen zur Wahrung der Medikamentensicherheit als nötig, ist Swissmedic dafür zuständig. Welche Medikamente werden von der Krankenversicherung vergütet? Die Krankenkassen vergüten ein Medikament im Rahmen der obligatorischen Krankenversicherung (OKP) gemäss Krankenversicherungsgesetz (KVG) nur, wenn es von einem Arzt verschrieben wurde und in der Spezialitätenliste (SL) des Bundesamts für Gesundheit (BAG) aufgeführt ist. Nicht in der SL aufgeführte Medikamente müssen die Patienten selbst bezahlen oder sie werden ihnen von ihrer freiwillig abgeschlossenen Zusatzversicherung vergütet. In der ambulanten ärztlichen Praxis (d.h. ausserhalb des Spitals) dürfen zulasten der OKP nur SL-Medikamente verschrieben und abgegeben werden. Im Spital können darüber hinaus Medikamente (z.B. aus spitaleigener Herstellung) eingesetzt und von der OKP vergütet werden, die in der ambulanten Praxis nicht erhältlich sind. Die Verschreibung von Arzneimitteln ausserhalb ihrer arzneimittelrechtlichen Zulassung (Off-Label-Einsatz) gehört mangels therapeutischer Alternativen in etlichen Bereichen der Medizin zum Alltag. Unter sehr einschränkenden Bedingungen werden solche Therapien von der obligatorischen Krankenversicherung vergütet. Grundsätzlich müssen die Kassen dafür nicht aufkommen. Auf110


grund verschiedener Bundesgerichtsentscheide sind die Krankenkassen jedoch angehalten, den Off-Label-Einsatz von Medikamenten nach Zustimmung des Vertrauensarztes und nach klaren Regeln zu vergüten. Sofern der Patient an einer schweren oder lebensbedrohenden Krankheit leidet, von der Behandlung ein gros­ser Nutzen erwartet wird und es keine Alternative gibt, müssen die Kosten übernommen werden. Vor diesem Hintergrund sind der Zugang und die Vergütung von Medikamenten im Off-Label-Einsatz nicht immer für alle Betroffenen gleich. Es kann zu Ungleichbehandlungen je nach Vertrauensarzt oder Versicherer infolge unterschiedlicher Anwendung der Entscheidungskriterien kommen. Im Interesse der Rechtssicherheit und zur Vermeidung unnötiger Gerichtsverfahren hatte der Bundesrat 2011 entschieden, die Bundesgerichtskriterien und die geltende Praxis auf Verordnungsstufe zu regeln (Art. 71a und 71b der Krankenversicherungsverordnung, KVV). Wie werden die Medikamentenpreise in der Schweiz festgelegt und überprüft? Nachdem ein Medikament von Swissmedic zugelassen worden ist, entscheidet das BAG auf Antrag des Herstellers, ob das Medikament in die Spezialitätenliste aufgenommen und damit von der Grundversicherung (OKP) vergütet wird. Massgebend dafür sind seine Wirksamkeit, seine Zweckmässigkeit und seine Wirtschaftlichkeit. Darüber entscheidet das BAG auf Empfehlung der Eidgenössischen Arzneimittelkommission (EAK). Berücksichtigt werden dabei der therapeutische Mehrnutzen, also die Wirkung eines Medikaments im Vergleich zu bereits zugelassenen Medikamenten derselben Indikation, aber auch die Preissituation im Ausland. Der entsprechende Länderkorb umfasst seit Juni 2015 neben Dänemark, 111


Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, den Niederlanden und Österreich neu auch Belgien, Finnland und Schweden. Für die Abgeltung der hohen Forschungs- und Entwicklungskosten besteht die Möglichkeit der Gewährung eines Innovationszuschlags. Die Kontrolle der SL-Medikamentenpreise obliegt dem BAG. Der staatliche Preisüberwacher hat gegenüber dem BAG ein Empfehlungsrecht. Im Mai 2013 hat der Bundesrat entschieden, das Verfahren der Aufnahme in die SL per 1. Juni 2013 zu beschleunigen. Das BAG hat damit innert 60 Kalendertagen nach der Zulassung durch Swissmedic über die Aufnahme in die SL zu entscheiden. Dies bedeutet eine erhebliche Reduktion der Verfahrensdauer. Die Medikamentenpreise werden seit 2010 alle drei Jahre überprüft. Seit Mai 2012 wurde dafür primär die Preissituation im Ausland berücksichtigt, womit sich die Preisunterschiede gegenüber dem Ausland weiter verringert haben. Seit Juni 2015 kommt neben den Preisen im Ausland auch wieder der therapeutische Quervergleich zur Anwendung. Bei Indikationserweiterung findet eine sofortige Überprüfung statt. 2010 fand eine ausserordentliche Preisüberprüfung aller Medikamente, die zwischen 1955 und 2006 auf die Spezialitätenliste aufgenommen wurden, statt. Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass sich die Medikamentenpreise tieferen Preisen aus den Referenzländern anpassen müssen. Steigen die Preise im Ausland jedoch an, werden die Preise in der Schweiz nicht nach oben korrigiert. Die Preisbildung der Generika richtet sich nach dem Preis des patentabgelaufenen Originals. Das Generikum muss dabei günstiger sein und einen Mindestpreisabstand einhalten. Seit Juni 2015 gelten diesbezüglich fünf Stufen, die sich hinsichtlich Marktvolu112


men des Originalprodukts während der letzten drei Jahre vor Patentablauf unterscheiden. Zuvor war seit 2011 das Marktvolumen vier Jahre vor Auslaufen des Patentschutzes massgebend. Diese Preisabstände bewegen sich je nach Umsatzvolumen zwischen 10% und 60% gegenüber dem Preis des patentabgelaufenen Originalpräparats. Bei Medikamenten, die nicht kassenpflichtig sind, richtet sich die Preisbildung nach dem Wettbewerb. Welche Vorschriften gelten für Medikamentenwerbung? Publikumswerbung Medikamente sind wegen der Wirkungen und Risiken, die für den Laien nicht unmittelbar erkennbar sind, besondere Konsumgüter. Die Publikumswerbung ist deshalb grundsätzlich nur für rezeptfreie Medikamente zulässig. Dafür gelten die im Heilmittelgesetz (HMG) und in der Arzneimittel-Werbeverordnung (AWV) festgelegten Schranken. Für rezeptpflichtige Medikamente ist die Publikumswerbung verboten, ebenso für Medikamente in der Spezialitätenliste des Bundesamts für Gesundheit. Fachwerbung Die Fachwerbung, d.h. die Werbung gegenüber Fachleuten, die zur Abgabe von Medikamenten berechtigt sind (Ärzte, Apotheker und Drogisten), unterliegt den Bestimmungen des Heilmittelgesetzes (HMG) und der Arzneimittel-Werbeverordnung (AWV). Swissmedic anerkennt im Bereich der Fachwerbung die eigenverantwortliche Überwachung durch scienceindustries. Grundlage dafür ist der Pharma-Kodex, der von den Partnerverbänden von scienceindustries (ASSGP, Intergenerika, Interpharma, vips) mitgetragen wird. 113


Anhang Staatliche Vorschriften im Arzneimittelbereich 1 Zulassung von Arzneimitteln für den Verkauf 1.1 B undesgesetz vom 15. Dezember 2000 über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz, HMG), in Kraft seit dem 1. Januar 2002 www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20002716/ index.html 1.2 Verordnungen zum Heilmittelgesetz Die wichtigsten Ausführungsbestimmungen zum HMG sind in folgenden Verordnungen zu finden: – Verordnung vom 17. Oktober 2001 über die Arzneimittel (Arzneimittelverordnung, VAM) www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/ 20011787/index.html – Verordnung des Schweizerischen Heilmittelinstituts vom 9. November 2001 über die Anforderungen an die Zulassung von Arzneimitteln (ArzneimittelZulassungsverordnung, AMZV) www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/ 20011693/index.html – Verordnung vom 22. Juni 2006 des Schweizerischen Heilmittelinstituts über die vereinfachte Zulassung von Arzneimitteln und die Zulassung von Arzneimitteln im Meldeverfahren (VAZV) www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/ 20051634/index.html 114


– Verordnung vom 17. Oktober 2001 über die Bewilligungen im Arzneimittelbereich (Arzneimittel-Bewilligungsverordnung, AMBV) www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/ 20011780/index.html – Verordnung vom 17. Oktober 2001 über die Arzneimittelwerbung (ArzneimittelWerbeverordnung, AWV) www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/ 20011778/index.html – Verordnung vom 18. Mai 2005 über die Gute Laborpraxis (GLPV) www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/ 20031589/index.html

Weitere Informationen zum Heilmittelgesetz und zu den Verordnungen dazu vermittelt die Website des Schweizeri­ schen Heilmittelinstituts (Swissmedic): www.swissmedic.ch

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Forschung am Menschen

2.1 Bundesgesetz über die Forschung am Menschen (Humanforschungsgesetz, HFG), in Kraft seit dem 1. Januar 2014 www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/ 20061313/index.html 2.2 Verordnungen zum Humanforschungsgesetz D ie wichtigsten Ausführungsbestimmungen zum HFG sind in folgenden Verordnungen zu finden: – Verordnung über klinische Versuche in der Humanforschung (Verordnung über klinische Versuche, KlinV) www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/ 20121176/index.html – Verordnung über die Humanforschung mit Ausnahme der klinischen Versuche (Humanforschungsverordnung, HFV) www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/ 20121177/index.html – Organisationsverordnung zum Humanforschungsgesetz (Organisationsverordnung HFG, OV-HFG) www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/ 20121179/index.html

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3 Zulassung von Arzneimitteln zur Vergütung durch die obligatorische Krankenversicherung 3.1 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (Krankenversicherungsgesetz, KVG) www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/ 19940073/index.html 3.2 Verordnungen zum Krankenversicherungsgesetz Die wichtigsten Ausführungsbestimmungen zum KVG, soweit sie die Arzneimittel betreffen, die von der obligatorischen Krankenversicherung vergütet werden, sind in folgenden Verordnungen zu finden: – Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Kranken­ versicherung (KVV) www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/ 19950219/index.html – Verordnung des EDI vom 29. September 1995 über Leistungen in der obligatorischen Krankenpflege­ versicherung (Krankenpflege-Leistungsverordnung, KLV) www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/ 19950275/index.html 3.3 Spezialitätenliste (SL) Verzeichnis der durch die obligatorische Krankenversicherung vergüteten Arzneimittel: www.spezialitaetenliste.ch Weitere Informationen zur Vergütung von Arzneimitteln durch die obligatorische Krankenversicherung vermittelt die Website des Bundesamts für Gesundheit (BAG): www.bag.admin.ch 117


Nichtstaatliche Regelungen im Arzneimittelbereich 1 Verhaltenskodizes Die Pharmakodizes (Verhaltenskodex der pharmazeutischen Industrie in der Schweiz) vom 4. Dezember 2003, revidiert am 6. September 2013, und der Pharma-Kooperations-Kodex (Verhaltenskodex der pharmazeutischen Industrie in der Schweiz über die Zusammenarbeit mit Fachkreisen und Patientenorganisationen) vom 6. September 2013 regeln unter anderem die Fachwerbung für Arzneimittel sowie die Beziehungen der Pharmaunternehmen zu Ärzten und Apothekern bei Veranstaltungen zur Fort- und Weiterbildung und bei der klinischen Arzneimittelforschung. Im Hinblick auf international massgebende Vorschriften und Branchenkodizes, unter anderem von den Verbänden IFPMA1 und EFPIA 2, wurden die Regelungen in der Schweiz entsprechend angepasst. Im 2014 in Kraft getretenen Pharma-Kooperations-Kodex ist die Offenlegung von Geldleistungen von Pharmaunternehmen an Fachpersonen (insbesondere Ärzte) und an Organisationen, die Fachpersonen beschäftigen (Spitäler, Forschungsinstitute u.a.), neu geregelt.

IFPMA = International Federation of Pharmaceutical Manufacturers and Associations; weltweite Vertretung der forschenden Pharmaindustrie. 2 EFPIA = European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations; europäische Vertretung der forschenden Pharmaindustrie. 1

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Die Pharmakodizes werden von den Verbänden scienceindustries, ASSGP, Intergenerika, Interpharma und vips getragen und durch ein scienceindustries angegliedertes Kodex-Sekretariat überwacht (www.scienceindustries.ch/engagements/pharma-kodex-und-pharma-kooperations-kodex). 2 Arzneimittelinformationen Swissmedic veröffentlicht seit Anfang 2013 Texte aller Arzneimittelinformationen (Fach- und Patienteninformation) auf der Website www.swissmedicinfo.ch.

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Interpharma Petersgraben 35, Postfach CH-4009 Basel Telefon +41 (0)61 264 34 00 Telefax +41 (0)61 264 34 01 info@interpharma.ch www.interpharma.ch


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