#Pop #Kultur #Life #Style
This Charming Man:
DRANGSAL Ry X — John Carney über »Sing Street« — Anohni — Olivia Munn — Trümmer
— Craig Thompson — LUH — Digitalism — Amanda Bergman — Golf
#242 Mai 2016 gratis www.intro.de
www.teva.tatonka.com Teva-Vertrieb Deutschland / Österreich: TATONKA GmbH Robert-Bosch-Str. 3 D-86453 Dasing
#Intro Editorial
#Intro
»Alles, was nach Marilyn Manson kam, war so, pfft, na ja.« Das ist nur eine von vielen Meinungen von Max Gruber. Der 22-Jährige, der sich auf der Bühne Drangsal nennt, bringt auf seinem Debüt »Harieschaim« seine Liebe zu den Smiths und 80er-Wave mit einem erstaunlichen Gespür für Drei-Minuten-Hits zusammen. Eine Kombination, die zugleich nostalgisch und erfrischend klingt. Erfrischend ist auch die Attitüde Grubers, der nicht wie viele junge Acts versucht, eines jeden Buddy zu sein, sondern gerne austeilt. Als er für 1Live vom Echo berichtete, postete er nach der Preisübergabe an Frei.Wild: »Kolossale Jugend hatten recht: Deutschland, halt’s Maul!« Können wir so unterschreiben. Konstantin Maier besuchte den Musiker in dessen Heimatort Herxheim und kam mit einer schönen Homestory wieder, wie sie nicht in der Gala stehen könnte. Aber auch sonst ist es ein spannender Monat mit haltungsstarken Künstlerinnen und Künstlern wie Anohni, LUH und Trümmer, musikreichen Filmen wie »Sing Street« von John Carney und rauschhafter Lektüre von Comiczeichner Craig Thompson. In diesem Sinne: Viel Spaß beim Lesen!
Foto: Cru Camara
Daniel Koch (im Namen der Redaktion)
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Das Leben der Anderen
DAS LEBEN DER ANDEREN
Unser Autor Konstantin Maier reiste für die Drangsal-Titelstory nach Herxheim in der Pfalz und sprach mit Max Gruber auf der Terrasse von dessen Eltern. Noch ausführlicher fiel der Besuch unserer Medienpartner arte aus: »Tracks«-Redakteurin Christine Franz ließ sich für den Beitrag den Ort zeigen, der für Gruber »immer so ›Twin Peaks‹-Vibes« hatte. Der Beitrag lief bereits, die Homestory findet ihr auf tracks.arte.tv/de.
Cru Camara stammt aus Manila und studiert derzeit an der School of Visual Arts in New York. Die Fotografin und Künstlerin will mit ihren Arbeiten einen »Ort jenseits von Wahrheit und Realität« erschaffen. Allerdings tut sie das oft ausgehend von Natur-Motiven, die sie mit wundersamen Farbspielen in eine psychedelische Zwischenwelt entführt. »Es ist, als mache ich aus jedem Bild eine eigene Fantasie«, sagt sie. Wer lange genug auf die Bilder blickt, die unsere Ressort-Seiten zieren, folgt ihr nur zu gerne auf diesem Trip. Ein Interview mit ihr gibt’s auf intro.de unter #Cru Camara.
Schon wieder Fernsehen, schon wieder Homestory. Die Kölner Band Golf zog im April für eine Woche mit dem Oldtimer-Bus der vom BR produzierten Sendung »Startrampe« durch die Lande. Ein Stopp auf ihrer Tour war das Intro-Office. Hier zeigt ihnen unser Chefredakteur gerade die Auslege- und Bückware in unserem Zeitschriftenregal: eine handverlesene Mischung aus eigenen Heften und geschätzten Konkurrenzprodukten wie Musikexpress, Trust und Plastic Bomb. Die fertigen Beiträge findet ihr auf startrampe.de.
Aus der Redaktion Lena: »Was für ein JoyDivision-Pimmel? Der kann ja nur entweder tot sein oder verdammt alt. Beides nicht so schön!« Seitdem das Thema Food den Weg in unseren Kosmos gefunden hat, erleben wir erstaunliche Dinge. Für diese Ausgabe wollten wir zum Beispiel testen, was es mit diesem im Internet so hart gehypten »Brustimplantat«, pardon: »Raindrop Cake« auf sich hat. Wie es von diesem farblos schönen Ding zum JacksonPollock-Massaker kam, könnt ihr im #Life-Ressort nachlesen.
Fred: »Ich hatte Angst, dass ich bis morgen Mittag hier bleiben muss, deshalb hab ich extra keine Hose angezogen.« Dominik: »Eine interessante Frage, aber ich kann gerade nicht mehr als das Problem bewundern.« Holger: »Das ist sehr, sehr schwer. Aber ich kann das.«
Inhalt
INHALT #Intro
#Pop
Bilder von: Henk Wildschut, Thomas Nondh Jansen, Matt Lambert 8
Ein bisschen Krawall: Drangsal 34
Golf: Die arroganteste Tür der Stadt 12 Ist kein Geek: Olivia Munn
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Amanda Bergman: Versehentlich veröffentlicht 16 Auftakt mit: Garbage, Kratzen & Beißen, Long Distance Calling, Imarhan, Egon Forever, Klaus Johann Grobe, Adam Green
Cover-Welten: Kolibris 40 LUH: Ganz in Schwarz 42 Systemanklage mit Anohni
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Ry X: Irgendwo zwischen Humor und Melancholie 48 Trümmer: Zwischenwelten & Neonreklame 50
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Von rappenden Busfahrern: Digitalism 54
#Kultur Die neue bunte Welt des Craig Thompson 60 John Carney über »Sing Street« 63 »La Belle Saison«: Politik und viel Romantik 64 Tom Tykwer über »Ein Hologramm für den König« 66 Neue Filme: Im Kino und auf dem Sofa 68 Games: Quantum Break, Hitman 72
#Life Das SO36 wird 36 76 Rezepte der Popkultur: Deacon Sandwich 82
#Style Modestrecke: Glanz in der Gropiusstadt 86 Faszination Sneaker 92 Technik: Einmal aufladen bitte! 94
#Review Platten vor Gericht 98
Foto: Peter Kaaden
Neue Platten: Anohni, Brian Eno, Adam Green, PJ Harvey, Human Abfall, KMPFSPRT, Mikroboy, Neonschwarz, Sophia, Travis und viele mehr 100
Impressum / Dein Intro 6
#Preview
Abo 13
Intro empfiehlt 120
Katz & Goldt / Demnächst 130
Kalender 122
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#Intro Dein Intro
DEIN INTRO Und wo warst du im Mai 2006? Intro #138
Covergeschichte: Intro konnte Mike Watt von der 80er-
Jahre-Experimental-Punkband The Minutemen als Interviewpartner für Flea von den Red Hot Chili Peppers gewinnen. Watt gilt neben Flea als einer der einflussreichsten Bassisten überhaupt. Heiko Behr sprach mit den beiden über das RHCP-Doppelalbum »Stadium Arcadium«. Storys: Dresden Dolls, Schneider TM, Booka Shade, Hot Chip, Chicken Lips, PeterLicht, Futureheads, Blumfeld, The Raconteurs, Scott Walker, Phoenix, Dirty Pretty Things Wichtige Alben: Built To Spill »You In Reverse«, Blumfeld »Verbotene Früchte«, Deichkind »Aufstand im Schlaraffenland«, The Fiery Furnaces »Bitter Tea«, Final Fantasy »He Poos Clouds«, Fink »Biscuits For Breakfast«, Gregor Samsa »55:12«, Metric »Live It Out« & »Old World Underground, Where Are You Now?«, Mystery Jets »Making Dens«, Phantom/Ghost »Three«, Red Hot Chili Peppers »Stadium Arcadium«, PeterLicht »Lieder vom Ende des Kapitalismus« Platten vor Gericht: Sieger: Yeah Yeah Yeahs – 8,00 / Letzter: VoomVoom – 3,72 Besondere Vorkommnisse: Die Redaktion reiste nach Mockba, politisches, wirtschaftliches, wissenschaftliches und kulturelles Zentrum Russlands. Dort sprachen sie mit Leuten aus dem Popkultur-Umfeld: Musikjournalisten, Produzenten, Musikern, Labelbetreibern, Filmemachern. Schlagzeilen des Monats: Seit dem 1. Mai sind alle Getränke-Einwegbehälter pfandpflichtig / Erste Demo für die Rechte von Homosexuellen in Moskau – Volker Beck wird dabei verletzt
IMPRESSUM Verlag Intro GmbH & Co. KG, Oppenheimstraße 7, 50668 Köln Fon +49 221 94993-0, Fax +49 221 94993-99 verlag@intro.de, vorname.nachname@intro.de, www.intro.de Herausgeber & Geschäftsführer Matthias Hörstmann Chefredakteur Daniel Koch (V.i.S.d.P.) Stellv. Chefredakteur Wolfgang Frömberg Artdirector Holger Risse Projektleitung Martin Lippert Redaktion Senta Best (#Life), Wolfgang Frömberg (#Kultur), Daniel Koch (#Pop), Christian Steinbrink (#Review), Frederike Ebert (#Style), Frederike Wetzels (Foto), Kristina Engel (Lektorat), Sermin Usta (Volontariat) Redaktionsassistenz Alexandra Heckel Live-Redaktion Carsten Schumacher, Julia Brummert (Volontariat), Thomas Lorber, Dominik Bruns Layout Jörn C. Osenberg (osi) Online- & News-Redaktion (news@intro.de) Philip Fassing (Leitung Digitale Medien & Produktentwicklung), Bastian Küllenberg (Leitung Digitale Medien & Social Media), Christian Fernandes Ferreira Terminredaktion termine@intro.de Texte Lena Ackermann, Aida Baghernejad, Hannah Bahl, Emanuel Bergmann, Kristof Beuthner, Alex Bohn, Jan Bojaryn, Annett Bonkowski, Andreas Brüning, Dominik Bruns, Cay Clasen, Doc Intro, Elisabeth Eberhardt, Valentin Erning, Lars Fleischmann, Lisa Forster, Boris Fust, Steffen Greiner, Claudius Grigat, Elisabeth Haefs, Henrik Hamelmann, Nils Herrmann, Mark Heywinkel, Leopold Hutter, Christian Ihle, Ulf Imwiehe, Paula Irmschler, Sebastian Jegorow, Madleen Kamrath, Kerstin Kratochwill, Mario Lasar, Julia Maehner, Konstantin Maier, Nadja Neqqache, Sarah Neuhaus, Katja Peglow, Kerstin Petermann, Olaf Radow, Verena Reygers, Henje Richter, Sven Riehle, Martin Riemann, Felix Scharlau, Christian Schlodder, Simone Schlosser, Michael Schütz, Hanno Stecher, Till Stoppenhagen, Thorsten Streck, Gabriele Summen, Karola Szopinski, Klaas Tigchelaar, Jan Tölva, Stephan Uersfeld, Nisaar Ulama, Daniel Voigt, Linus Volkmann, Benjamin Walter, Timo Weber, Jan Wehn, Liz Weidinger, Michael Weiland, Holger Wendt, Kai Wichelmann, Katrin Wiegand, Gregor Wildermann, Sebastian Witte, Peter Wittkamp, Fabian Wolff, Marius Wurth, Louisa Zimmer, Menachim Zwartmann Cover Jakob & Hannah Illustrationen Peter Hoffmann, Alexandra Ruppert Fotos Cru Camara, Carmen Catuti, Robin Hinsch, Jakob & Hannah, Peter Kaaden, Joseph Wolfgang Ohlert, Jan Philip Welchering, Getty Images und Pressebildfreigaben Personal & Organisation Rebecca Wast (Leitung), Anika Winter PraktikantInnen Jaqueline Ahuraian, Angela Klein, Kira Schneider, Maja Stock Vertrieb Dominik Raulf (Leitung – Fon +49 221 94993-41) Abo abo@intro.de Brandmanagement Eike Wohlgemuth Public & Media Relation Claudia Davis (claudia.davis@gemeinsame-sache.net) Vermarktung Director Sales & Marketing Oliver Bresch (Fon +49 221 94 993-13) (Marken & Media) Head of Sales Intro Martin Lippert (Fon +49 221 94 993-17) (Musik, Film, Marken) Büro Köln Fon +49 221 94 993-Durchwahl: David Winter -63 (Head of Digital Sales / Marken & Media), Sabrina Esser -33 (Marken & Media), Kathrin Marion Fischer -75 (Digital Sales) Büro Berlin Fon +49 30 4036705-Durchwahl: Sebastian F. Dudey -11 (Live Entertainment & Kleinanzeigen), Frank Straessner -20 (Marken, Media & Musik) Auftragsannahme & Administration Eva Sieger (Leitung) -14, Florian Schuster -16 Fax +49 221 94 993-88 Aktuelle Anzeigenpreisliste: Mediadaten 2016 (Nr. 26 aus 11/2015) Download Mediaunterlagen hoerstmann.de/mediadaten Bankverbindung Volksbank Borgloh e. G., BLZ: 26 5624 90, Nr.: 406490900
Warum nicht mal ein Intro verschenken? Instagram-Userin @lauri_puh freute sich über ihr OK Kid-Rundum-Sorglos-Paket mit CD, Konzert-Ticket und unserer Ausgabe über die Kölner. Auch von uns: Alles Gute nachtragend! Oder wie man so sagt … Unseren Instagram-Account findet ihr unter @intromagazin – falls ihr ihn noch nicht gefunden haben solltet.
Und wieder ist das Heft voll und wir haben noch zahlreiche Interviews, die nicht mehr hinein passten. So sprachen wir zum Beispiel mit unserem alten Helden Robin Proper-Sheppard von S ophia (Foto) , mit dem arschcoolen Mayer Hawthorne und den politisch korrekten Audiolith-Rappern von Neonschwarz. Findet ihr alles unter #Interview auf intro.de.
Termine für Nr. 243 / Juni 2016. Redaktionsschluss: 04.05.2016; Termin& Anzeigenschluss: 12.05.2016; Druckunterlagenschluss: 17.05.2016; Erscheinungstermin: 30.05.2016 Druck Konradin Druck GmbH, Leinfelden-Echterdingen IVW-geprüfte Auflage & Verbreitung I. Quartal 2016 Druckauflage: 84.979 / verbreitete Auflage: 82.662 (Durchschnittszahlen) Bezugsquellen Erhältlich an 1.236 Auslagestellen im gesamten Bundesgebiet sowie im Abonnement Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier, 100% Altpapier. Alle Veranstaltungsdaten sind ohne Gewähr und Verlosungen vom Rechtsweg ausgeschlossen. Abdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages! Mit Namen gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Keine Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos!
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Seit 2005 besucht der Fotograf Henk Wildschut die französische Stadt Calais, in der nach und nach ein Slum namens »Dschungel« entstanden ist. Flüchtlinge versuchen von hier aus durch den Eurotunnel nach England zu gelangen. Seine Eindrücke hat Wildschut in der Ausstellung »Calais – From Jungle To City« festgehalten, die noch bis zum 5. Juni im Fotografiemuseum Foam in Amsterdam zu sehen ist.
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Voilà: der »Edward mit den Scherenhänden«-Effekt. Das Magazin Ordinary beschäftigt sich – wie sollte es auch anders sein – mit ordinären Dingen. So geht es in der ersten Ausgabe um Plastikbesteck, das von Künstlern weltweit in Szene gesetzt wird wie hier von dem niederländischen Fotografen Thomas Nondh Jansen.
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In Zeiten von Zensur und Social Media und in denen Print ja sowieso tot ist, starten Matt Lambert und Jannis Birsner aus Berlin das Fanzine »Vitium«. Es ist eine Hommage an die queere Punkbewegung der 70er- und 80er-Jahre und zeigt authentische intime Momente zwischen Männern – dankenswerterweise ganz ohne heteronormative Scheuklappe oder den Glanz und Glamour aus Werbung und Co.
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#Pop #Golf
Golf
KÖNNEN SOGAR HANNOVER Die Kölner Band Golf hat die deutsche Sprache so gut im Griff, dass sie auf ihrem Debüt »Playa Holz« sogar ein schönes Lied über Hannover singen kann. Für das Interview im Intro-Büro brachten sie ein Kamerateam mit. Text: Daniel Koch, Foto: Nadine Schwickart
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wei Kameramänner schwirren durch den Konferenzraum des Kölner Intro-Headquarters. Ein Fernsehmensch lehnt gelangweilt am Kölsch-Kühlschrank. Der Rest des Teams wartet vor dem Haus im himmelblauen Oldertimerbulli der BR-Sendung »Startrampe«, die Golf für ein paar Tage begleitet. Eine seltsame Interviewsituation also für den Autoren sowie Wolfgang Pérez, André Dér, Nils Asthoff und Jonathan Heitkämper. Seit 2014 sind die vier unter dem Namen Golf aktiv und gaben sich lange eher geheimnisvoll.
Warum also jetzt der große Aufschlag mit TVBegleitung? Wolfgang, der fürs Keyboard und die obskuren Sounds zuständig ist, meint dazu nur: »Es war nie ein Konzept von uns. Wir hatten einfach noch nicht genug kreiert, als dass sich das gelohnt hätte. Das einzig Interessante an uns waren die Musik und ein paar Videos.« Die waren allerdings sehr interessant: der Sound funky und unverkrampft, die Texte »Das geht bei deutschsprachig, aber euch ja zu wie mit einer assoziativen beim SportLeichtigkeit, die man hierzulande nur sel- journalismus! ten findet, und die Ich finde Videos mal trashig, dieses Hypemal genial, meistens Gerede immer beides. Kein Wunder, dass man schnell über ermüdend.« Stücke wie »Macauly Culkin«, »Ping Pong« und »Das Geheimnis« sprach und diverse hippe Musikwebsites sie als »derzeit spannendste Band« sahen. Sänger und Gitarrist André Dér kann da nur lachen: »Das geht bei euch ja zu wie beim Sportjournalismus! Ich finde dieses Hype-Gerede immer ermüdend. Vor allem, weil sich immer an ein, zwei Details festgebissen wird. Wir waren die Band ohne Facebook-Seite, bei der man manchmal improvisierte Instrumente heraushörte. Deshalb finde ich es toll, jetzt ein Album zu haben, auf dem man mal so alles sagen kann, was man will.« Und deshalb zeige man sich jetzt eben auch. Bei Intro, im Fernsehen, mal sehen wo noch. Dieses Mühelose, Gutgelaunte, das die vier ausstrahlen, macht auch den Reiz ihrer Musik aus, die sie selbst »Dada Disco« nennen. »Das finde ich an der aktuellen Radiomusik so ätzend: Diese Lieder sind ja fast nur noch Befehle. Die Drums sagen dir, wann du zu klatschen hast, der Text, was du zu fühlen hast. Ich habe in einer Tabelle vom Label mit unserem Feedback von den Radiosendern zu ›Macauly Culkin‹ mal gelesen: ›Nicht stark genug / Text widerspricht sich.‹« Dabei sind Andrés Texte wohl die einzigen, die im GolfSound tatsächlich funktionieren. Und wenn sie sich widersprechen, dann sollen sie es tun, weil es eben nicht die Bourani-Keule ist, sondern Sprache als Spiel. Und wenn eine Band dieses Spiel beherrscht, passiert es auch schon mal, dass man als Autor auf die Frage »Was ist dein liebster Song auf der Platte?« einen nennt, der Hannover und Liebe als Thema hat. Während Wolfgang sich freut – »ist auch meiner« – und einen Fistbump fordert, witzelt André: »Das war auch die Herausforderung: Kann ich einen romantischen Text über Hannover schreiben?« Können sie – und wer kann das schon von sich behaupten. — Golf »Playa Holz« (Styleheads / Groove Attack / VÖ 13.05.16) — Auf Tour vom 27. bis 29.04.
Enjoy responsibly.
HASELNÜSSE IN IHRER SCHÖNSTEN FORM: FLÜSSIG.
YES, WE ARE NUTS! #YesWeAreNuts yeswearenuts.de
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#Kultur #Olivia Munn
Psylocke noch gar nicht als Figur vorgesehen. Simon Kinberg, der Drehbuchautor und Produzent, bot mir die Rolle an. Offenbar tauchte immer, wenn er und Regisseur Bryan Singer Psylocke googelten, ein Bild von mir auf. Vor ein paar Jahren hatte einer meiner Fans mich als Psylocke gemalt. Weil die beiden die Serie »The Newsroom« mochten, in der ich mitspielte, wussten sie, wer ich bin. Dass ich riesiger Fan der Figur war, wurde ihnen erst klar, als ich beim ersten Treffen mehr Details aus Psylockes Familiengeschichte wusste als sie.
Olivia Munn
UNERWARTETE MUTATION D #Kultur — In ihrem EssayBand »Suck It, Wonder Woman« stellte Olivia Munn als Autorin Hollywood auf den Kopf. Mit ihrer Rolle in »X-Men: Apocalypse« ist sie endgültig selbst zur StarSchauspielerin mutiert. Patrick Heidmann sprach mit ihr über Superhelden, Höhenangst und Steakhouse-Werbespots. Foto: Christopher Polk/ Getty Images
Ein Traum, der wahr wurde?
u hast dich schon öfter als Geek bezeichnet. Sind Superhelden-Filme deine Welt?
Durch die vielen erfolgreichen MarvelVerfilmungen hat sich das Wörtchen Geek erübrigt. Wer Comics liest und auf Superhelden steht, ist heute kein Geek mehr und damit auch kein totaler Außenseiter, sondern einer von ganz vielen. Das finde ich super! Aber um die Frage zu beantworten: Ja, absolut, Comics waren schon immer meine Welt. Und die »XMen«-Reihe ganz besonders. Wie kam das?
Nein. Das erschien mir immer viel zu unrealistisch, um wirklich davon zu träumen. Schließlich ist es erst ein paar Jahre her, dass ich abends im Bett lag und mir selbst die Daumen drückte, dass es mit dem Steakhouse-Werbespot klappt, für den ich gerade vorgesprochen hatte. Dass ich nun ein Teil der X-Men bin, statt am Starttag als Fan im Kino zu sitzen, ist noch ziemlich surreal. Hat die Figur dich als Schauspielerin gefordert?
Psylocke ist ja eine sehr körperliche Heldin. Und mir war es auch wichtig, dass wir »echte«
Ich bin eines von fünf »Schließlich ist es erst ein paar Jahre her, Kindern und wuchs dass ich abends im Bett lag und mir selbst die auf einer US-MilitärDaumen drückte, dass es mit dem SteakhouseBasis in Japan auf. Das Geld war knapp. Wir Werbespot klappt, für den ich gerade Geschwister schmis- vorgesprochen hatte.« sen unser Taschengeld zusammen und kauften davon Süßigkei- Kämpfe zeigen, nicht nur gestellte Choreograten und Comics, die wir untereinander teilten. fien. Aber für jemanden, der ein Fitnessstudio So fing das an. Mein kleiner Bruder war der sonst nur sporadisch von innen sieht, war die größte Comic-Fan von uns, und er liebte die Umstellung auf fünf bis sieben Stunden TraiX-Men. Außerdem ist er ein toller Zeichner und ning am Tag schon enorm. Ich habe mir beide machte ständig Bilder seiner Lieblingshelden. Oberschenkelmuskeln gezerrt, hatte mehrere Durch eine seiner Zeichnungen habe ich das Schleudertraumata, und immer, wenn ich an erste Mal bewusst Psylocke wahrgenommen, den Drähten in der Luft hing, kam meine Höhenangst ins Spiel. Doch das war es wert! die ich nun in »X-Men: Apocalypse« spiele. Musstest du dich anstrengen, um die Rolle zu bekommen?
Gar nicht. Ich wusste nicht einmal, dass es sie gibt. In den ersten Skript-Fassungen war
— »X-Men: Apocalypse« (USA 2016; R: Bryan Singer; D: Jennifer Lawrence, Sophie Turner, Olivia Munn; Kinostart: 19.05.16; Fox)
Rock am Ring als VIP erleben IM SEAT CUPRA CAMP 2016
Gewinne 1x2 Tickets für das SEAT CUPRA Camp im Rahmen vom bereits ausverkauften Rock am Ring! Wie und wo man die Tickets gewinnen kann erfährst du auf: FESTIVALGUIDE.DE/SEATCUPRACAMP
Black Sabbath! Red Hot Chili Peppers! Tenacious D! Rock am Ring fährt auch in diesem Jahr wieder ein fettes Line-up auf. Wenig überraschend also, dass die Tickets auch diesmal wieder restlos ausverkauft sind. Mit SEAT habt ihr jedoch die Möglichkeit noch zwei der begehrten Tickets zu ergattern. Mehr noch: Denn wer sich einen der heißbegehrten Plätze im SEAT CUPRA Camp sichert, den erwartet von Fr.–So. ein Festival-Erlebnis der Extraklasse. So erhalten die Gewinner vor Ort ein Rundum Sorglos Paket mit eigenem VIP-Camp, Verpflegung und einigen Überraschungen. Bevor es bei Rock am Ring die volle Ladung Rock gibt, steht am Freitag erst mal die volle Ladung Adrenalin auf dem Programm. Denn beim Fahrsicherheitstraining mit den bis zu 290 PS starken SEAT CUPRA* Modellen könnt ihr euren Ruhepuls vergessen und erlebt Fahrspaß pur. Die im letzten Jahr heiß begehrten Taxifahrten auf dem Slalom Parcours wird es dieses Mal natürlich auch wieder geben. Und wer schon immer mal herausfinden wollte, ob echte Rocker-Gene in ihm stecken, der kann sein Können bei der SEAT CAR-A-OKE unter Beweiß stellen. Damit ist das ganz besondere Festival-Erlebnis garantiert! BEWIRB DICH JETZT FÜR DEIN VIP-ERLEBNIS BEI ROCK AM RING 2016: FESTIVALGUIDE.DE/SEATCUPRACAMP
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#Pop #Amanda Bergman
Amanda Bergman
»ICH GLAUBE NICHT AN EWIGE LIEBE« #Pop — Die Schwedin Amanda Bergman hat mit ihrer Band Amason schon einen Grammy eingeheimst, nannte sich jahrelang Hajen – was im Deutschen »Hai« bedeutet – und hat nun aus Versehen unter eigenem Namen ein sehr schönes Soloalbum veröffentlicht. In Berlin erklärte sie Annett Bonkowski, wie das passieren konnte. Foto: Carmen Catuti
P
opmusik und Schweden, diese zwei verstehen sich. Aktuell trägt diese Liaison den Namen Amanda Bergman. Als Teil der erfolgreichen Band Amason konnte die Musikerin im letzten Jahr sogar einen schwedischen Grammy einheimsen. Wirklich geplant war ihr Solo-Ausflug unter eigenem Namen jedoch nicht, wie sie uns verrät: »Ich hatte nie die Intention, auf Platte mein eigenes Ding zu machen, obwohl ich zu Beginn meiner Karriere immer alleine unterwegs war. Der Zeitpunkt erschien mir einfach passend, da meine Bandkollegen auch anderen Projekten nachgingen.« Um nicht einzurosten und sich selbst von allzu großem Erwartungsdruck zu befreien, schnappte sich die jüngste von fünf Schwestern ein paar männliche Musikerfreunde zur Unterstützung im Studio: »Niemand kann »Ich finde den alles alleine machen. Das ist ein Mythos! Gedanken Ich habe gelernt, die schrecklich, Zusammenarbeit mit gesellschaftanderen zu schätzen. lich nur akEs gibt immer Dinge, die im Kollektiv besser zeptiert zu funktionieren.« Eine werden, wenn ganz neue Heraus- man glücklich forderung stellte alliiert ist« lerdings der immense Arbeitseifer ihrer Kameraden dar, die partout nicht zu bremsen waren. Statt Ansteckungsgefahr herrschte im ersten Moment Frust bei der Künstlerin: »Männer haben im Studio die Angewohnheit, immer sehr fokussiert zu sein. Ich habe mich ständig gefragt, woher sie all ihre Energie nehmen. Und war wütend auf mich selbst, weil meine Arbeitsweise im Vergleich dazu chaotisch ist«, gibt sie leicht bockig und belustigt zu. Um sich selbst auszutricksen, verbrachte Amanda nur zwei Wochen mit den Aufnahmen, denn so blieb praktisch kaum Zeit, allzu hart mit sich und den eigenen Ideen ins Gericht zu gehen. Ihrer ersten Liebe, dem Piano, bleibt sie musikalisch auch auf »Docks« treu und lässt die Songs darauf aufbauend losziehen. Thematisch immer um das Zwischenmenschliche kreisend: »Ich habe Respekt davor, in einer Beziehung zu sein. Manchmal jagt es mir sogar richtig Angst ein. Ich glaube nicht an ewige Liebe. Diese Hoffnung habe ich aufgegeben. Ich finde den Gedanken schrecklich, gesellschaftlich nur akzeptiert zu werden, wenn man glücklich liiert ist«, empört sich die Sängerin kopfschüttelnd. Das Glück liegt für die sonst sehr fröhlich wirkende Schwedin in der Einfachheit der Dinge. Diese Entspanntheit findet sich auch in ihrer Musik: Verrückte Sound-Experimente sucht man vergebens – vermisst sie allerdings auch nicht. — Amanda Bergman »Docks« (Ingrid / Cargo / VÖ 06.05.16)
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Brian Helgeland »Legend«
Joachim Trier »Louder Than Bombs«
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Sam Peckinpah »Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia« BD – Koch Media
Chris Chibnall »Broadchurch – Season 2«
Klaus Johann Grobe »Spagat der Liebe«
BD – StudioCanal
LP – Cargo
Gavin O’Connor »Jane Got A Gun«
Lasse Hallström »Gilbert Grape – Irgendwo in Iowa«
BD – Universum
Trümmer »Interzone« LP – PIAS / Rough Trade
BD – Universum
Gilles Paquet-Brenner »Dark Places – Gefährliche Erinnerung«
Neonschwarz »Metropolis« CD/LP – Audiolith / Broken Silence
BD – Concorde
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#Pop
Mein Song und seine Geschichte
GARBAGE »STUPID GIRL« #Pop — Die erfolgreichste Single in der Bandgeschichte von Garbage erschien auf dem 1995 veröffentlichten selbstbetitelten Debüt. Zu der Zeit wurden Duke Erikson, Steve Marker, »Nevermind«-Produzent Butch Vig und Sängerin Shirley Manson durchaus kritisch beäugt, weil drei amerikanische Produzenten eine noch eher unbekannte Sängerin aus Schottland an Bord geholt hatten und viele darin einen Casting-Move vermuteten. »Stupid Girl«, dessen Lyrics aus Mansons Feder stammen, war einer von vielen Belegen, dass dem nicht so war. Für uns erinnert sich Shirley Manson an die Entstehung des Songs.
A
ls ich zur Band stieß, hatten Duke, Steve und Butch schon eine instrumentelle Rohversion von »Stupid Girl« aufgenommen, auch der Titel stand schon fest. Sie baten mich, den Song zu vollenden, weil sie in einer Sackgasse steckten. Viele Frauen wären wohl davor zurückgeschreckt, weil es sich nicht anschickt, in einem Popsong eine andere Frau runterzumachen. Für mich hatte »Stupid Girl« aber genau deshalb eine besondere Kraft, weil ich in dieser schrägen Situation steckte, von jetzt auf gleich Sängerin einer Band von drei Typen zu sein, die weltweit als Produzenten geschätzt wurden. Für viele Kritiker waren wir damit der Antichrist. Es hat eine Weile gedauert, bis wir den Vorwurf entkräften konnten, dass ich nur der gecastete Dummy für das Mikro war, und ich glaube, »Stupid Girl« hatte einen gewissen Anteil daran. Außerdem war ich aggressiv und kommunikativ genug – jeder sah, dass ich nicht bloß dazu da war, das Genie meiner Bandmitglieder erstrahlen zu lassen. »Stupid Girl« ist textlich ein Schlag in den Nacken für jemanden, der sich beschissen benommen hat. Jeder kennt doch diese eine Person, die sich immer wie der letzte Arsch aufführt. Man
will sie an die Seite nehmen, durchschütteln und sagen: »Calm the fuck down!« Einerseits ist man von ihrer Art angepisst, andererseits will man ihr aber auch klarmachen, dass sie vor allem sich selbst schadet. Heutzutage müsste ich mir vermutlich den Vorwurf anhören, das sei »slutshaming«. Was für ein Scheiß-Wort. Das kann sich echt nur ein Typ ausgedacht haben! Mir war lange nicht bewusst, wie »Stupid Girl« oder mein Auftreten im Allgemeinen interpretiert wurden. Heute lese ich, das Lied sei eine Hymne auf die weibliche Selbstermächtigung. Das ist natürlich schön, und es stimmt ja auch, aber damals habe ich darüber gar nicht nachdenken können, weil mich der Erfolg völlig überforderte. Ich war ein IndieKid, Top-Ten-Hits nicht gewöhnt und dachte sogar: »Mann, wir müssen wirklich scheiße sein, wenn wir so einen Erfolg haben!« Letztlich war ich nur unsicher und kaschierte das mit übertriebener Aggression. So dachte jeder, ich sei ein Bad Ass oder gar ein Role-Model. Aber das wurde damals schnell über dich geschrieben, wenn du eine Vagina hattest und länger als zwei Wochen im Musikbusiness überlebtest. Der Drum-Rhythmus im Song ist übrigens ein Sample aus »Train In Vain« von The Clash. Den hatten die Jungs eingebaut, und wir wollten ihn eigentlich rausschmeißen, weil das natürlich den Tod für alle Single-Erlöse bedeutet hätte. Aber wir schafften es einfach nicht! Er war einfach zu genial und zu passend. Also kontaktierten wir Joe Strummer und Mick Jones und teilen jetzt bis ans Ende der Zeit Songwriter-Credits mit ihnen. Als wir Joe später mal kennenlernten, sagte er uns mit breitem Grinsen, wie dankbar er sei. Wir hätten ihm einen Swimmingpool finanziert, ha! Aufgezeichnet von Daniel Koch — Garbage »Strange Little Birds« (PIAS / Rough Trade / VÖ 10.06.16) Auf Tour vom 26.05. bis 12.08.
Garbage »Stupid Girl« You pretend you’re high Pretend you’re bored Pretend you’re anything Just to be adored And what you need Is what you get Don’t believe in fear Don’t believe in faith Don’t believe in anything That you can’t break You stupid girl You stupid girl All you had you wasted All you had you wasted What drives you on Can drive you mad A million lies to sell yourself Is all you ever had Don’t believe in love Don’t believe in hate Don’t believe in anything That you can’t waste [Chorus] You stupid girl You stupid girl Can’t believe you fake it Can’t believe you fake it Don’t believe in fear Don’t believe in pain Don’t believe in anyone That you can’t tame You stupid girl You stupid girl All you had you wasted All you had you wasted
Klaus Johann Grobe
MANFRED KRUG IST SCHULD #Pop — Zwischen den Wohnorten Zürich und Basel gelingt dem Duo Klaus Johann Grobe auf dem schwierigen zweiten Album ein grooviger »Spagat der Liebe« mit Songs, die von Verliebtheit, Abschied und Sehnsucht erzählen. Annette Walter ist sich sicher: Sevi Landolt und Daniel Bachmann werden demnächst auch die USA mit ihrem Schlager-Electro verzücken.
M
anfred Krug ist schuld, findet Daniel Bachmann, Drummer, Sänger und Songschreiber von Klaus Johann Grobe. Der Ex-Tatort-Kommissar, Ex-»Liebling Kreuzberg« und Sänger »hat uns bei dem Liebesding beeinflusst«. Genau genommen geht es um den Song »Komm und spiel mit mir das Spiel von der Liebe« von Krugs Album »No. 2: Ein Hauch von Frühling« aus dem Jahr 1972. Auf Tour kaufte Daniel sich das Album in Leipzig und legte den Song nach einem Konzert in Dresden auf. Der Song inspirierte ihn zu neuen Stücken mit folgender möglicher Beschreibung: »Augenzwinkernder Schlager-Electro steigt mit amerikanischem Softrock zu Kraftwerk ins Bett.« Schon das 2014er-Debüt »Im Sinne der Zeit« kam gut an, erstaunlicherweise gefiel es sogar den Briten sehr gut. Im Mutterland des Pop tourten KJG ausgiebig – dazu Daniel: »Wir profitierten vom Exotenbonus.« Dort als »Krautrock-Ding« wahrgenommen zu werden war wichtig, auch »wenn wir uns selbst
eigentlich gar nicht so in diesem Genre sehen«. In diesem Frühjahr geht es für 15 Gigs in die USA. Für die 31-Jährigen ist der Erfolg der Band in den letzten zwei Jahren immer noch ein Grund dafür, dass »wir die Mundwinkel nicht mehr herunterkriegen«. Denn: »Wir hatten anfangs gar nicht mit dem Interesse von außen gerechnet«, erinnert sich Daniel. Beide stammen aus der Schweizer Kleinstadt Wädenswil und arbeiteten, bevor sie 2011 KJG gründeten, in ganz anderen Jobs: Dani war Kaffeeröster, Sevi Grafiker. »Irgendwann hat sich das Bandding verselbstständigt«, sagt Daniel. — Intro empfiehlt: Klaus Johann Grobe »Spagat der Liebe« (Cargo / VÖ 06.05.16) Auf Tour am 28.05.
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#Pop #Life
#Pop #Wer Wir Sind
BOULEVARDS Herkunft Raleigh, North Carolina Genre Funk-Funk Mitglieder 1 Besondere Vorkommnisse Den Werdegang
von Jamil Rashad a.k.a. Boulevards könnte man vortrefflich mit der Überschrift »From Punk To Funk« bezeichnen. In der Punkszene seiner Heimatstadt sammelte er Selbstbewusstsein und erste Erfahrungen, als Boulevards macht er nun funkigsten Funk, wie man ihn nur als junger, von den Platten des Vaters sozialisierter Künstler hinbekommen kann. Aktuelles Album »Groove!« (Captured Tracks / Cargo) Es ist schwer, sich zu deiner Musik nicht zu bewegen. Was würdest du sagen: Für wen ist »Groove!« die passende Platte?
Ganz klar: Es ist eine Platte für alle, die um ihr Leben tanzen wollen. Es geht um den Feel, den Groove. Die Aufforderung im Titel ist schon ernst gemeint. Die Popkritik schmeißt ja gern mit saftigen Referenzen um sich. Ich las gleich mehrmals, du hättest viel von Prince und Rick James in dir. Wie fühlt sich das an?
Ich sehe mich nicht auf einem Level mit Prince oder Rick James, aber ich schätze diese Vergleiche sehr. Sie sind ein schönes Lob für meine
Mach’s dir selbst #11 Weltweite Energiegewinnung #Life — AKW sind indiskutabel, Windräder sehen angeblich scheiße aus, Braunkohle ist auch längst out, und für Solarenergie scheint einfach nicht genug Sonne. Was also tun für grüne Energie? Da zu allem Übel immer noch viel zu wenige von uns bereit sind, ihren klimaschädigenden Fleischkonsum zu verringern, muss man den (Döner-)Spieß eben umdrehen, das Fleisch mit seinen eigenen Mitteln schlagen, den Hund in der Pfanne verrückt machen! Idee & Illustration: Peter Hoffmann
Arbeit. Die beiden haben immerhin großen Anteil daran, dass der Funk die Popwelt erobern konnte.
Wie fand die Musik, die dich so offensichtlich beeinflusst hat, in dein Leben?
Sie war immer da. Mein Vater hat über 30 Jahre für einen Radiosender gearbeitet. Als Kind war ich umgeben von Jazz-, Funk- und Popmusik. In meiner Erinnerung lief immer eine Platte. Wie findet man von der Punkszene seiner Heimatstadt zu deinem jetzigen Sound?
Die Jahre, in denen ich in Punk- und Hardcorebands spielte, waren sehr lehrreich für mich. Mich hat der freie Spirit der Punkmusiker interessiert und diese spezielle Energie bei den Konzerten. Ohne diese Zeit hätte ich nie diesen starken Impuls gespürt, den Menschen den Funk zu bringen. Funk und Punk stehen sich sehr nahe, finde ich: Beide sind rebellisch, energiegeladen, sexy, hart, treibend. Interview: Michael Schütz
#Style
Schatzparade
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Dazu muss man nicht mehr viel sagen. Nur eins: Wo nehmen wir jetzt bloß auf die Schnelle die obligatorische grüne Seife für das Foto her? Für € 9,90 gesehen bei coolstuff.de
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OLIVIA COLMAN
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#Pop #Style
#Pop — »Würde man wieder mehr Schlaghosen tragen, wäre die Welt womöglich ein groovigerer Ort«, sinniert Adam Green im Gespräch mit uns. Der Sänger und Filmemacher, der als Inbegriff des in Brooklyn lebenden und Schlaghosen tragenden Low-Budget-Künstlers gilt, bringt nun sein bislang ambitioniertestes Projekt an den Start. Für seinen Film und die gleichnamige LP »Aladdin« ließ sich der Antifolk-Held von der klassischen Erzählung aus »Tausendundeine Nacht« inspirieren. Das Ergebnis ist eine skurrile Pappmaché-Kulisse sowie Charaktere und Kostüme, die so oder ähnlich schon in einigen Green-Liedern besungen wurden. Mithilfe seiner engsten Freunde wie Macaulay Culkin und Zoë Kravitz konnte Adam Green das Ganze verwirklichen: »Ein Projekt wie dieses hätte ich in meinen Zwanzigern niemals realisieren können. ›Aladdin‹ zeigt, wie ich wirklich bin und wer meine Freunde sind. Dinge, die ich damals noch gar nicht wusste.« — Komplettes Interview auf intro.de unter #Adam Green — Adam Green »Aladdin« (Revolver / Rough Trade / VÖ 29.04.16) Auf Tour vom 29.04. bis 07.05.
#Redaktionstipp
Praise
Zugegeben: Es gibt Überschneidungen zwischen unserer Redaktion und dem Team des Sneakermags »Praise«, das vor wenigen Wochen das Licht der Kioske erblickt hat. Trotzdem muss ich es hier noch mal kurz allen ans Herz legen, die beim Sneaker-Kaufen eine Leidenschaft und ein Nerdtum an den Tag legen, die unsereins eher in Sachen Musik spürt. Und das Gute an diesem schicken Magazin: Es zeigt recht deutlich, dass die Sneaker-Szene alles andere als reine Männersache ist. Gibt’s in ausgewählten Sneaker-Stores, am Bahnhofskiosk und auf praisemag.com. Daniel Koch (Chefredakteur)
#Tech-Talk
JAN ST. WERNER ÜBER DEN CRACKLE SYNTH
#Style — Mouse On Mars war Jan St. Werner noch nie genug. Rechnet man alle Projekte, an denen er mitgewirkt hat, und seine zahlreichen Veröffentlichungen unter Pseudonymen wie Lithops und Neuter River zusammen, kommt man auf eine erstaunliche Anzahl an Tracks. Anfang April erschien das Album »Felder« unter seinem eigenen Namen via Thrill Jockey. Uns erklärte Jan sein liebstes Musikinstrument.
Tastenspieler waren in Bands immer diese Popper mit dem Bohlen-Grinsen, die sich ungelenk bewegten und durch schlechte Preset-Sounds auffielen. Dabei kann man mit elektronischen Klangerzeugern viel komplexere und beweglichere Sounds herstellen als mit traditionellen Instrumenten. Neben den konventionellen Synthies mit 62 Klaviertasten und einigen mehr oder weniger intuitiven Eingriffsmöglichkeiten gab es immer wieder Ansätze, das Prinzip Klangsynthese komplett neu zu denken. Der von Michel Waisvisz entwickelte Crackle Synthesizer gehörte zu diesen radikalen
Entwicklungen, circuit bending, also das Kurzschließen von elektronischen Geräten mit niedriger Spannung, direkt mit in die Bedienoberfläche zu integrieren. 16 Tasten mit drei Oszillatoren, die man zusammenmischen und die Töne dabei noch über eine frei liegende Platine modulieren und zerschreddern konnte. Das Ergebnis klang mehr nach Gitarrenexzess als nach New-Age-Weichspüler. Der Crackle Synth wird am STEIM (Studio for Electro-Instrumental Music) in Amsterdam gerade in Miniauflage neu gebaut.
#Style
#App des Monats
Longform #Style — Auch wenn OnlineJournalismus viele unschöne Auswüchse hat und es immer wieder heißt, lange Lesestücke hätten im Netz wenig Chancen, gibt es genügend Texte und Medien, die das Gegenteil beweisen. Longform versammelt all das – eine Webseite samt Gratis-App, die täglich eine kuratierte Auswahl von Reportagen, Essays und Kurzgeschichten samt ungefährer Lesezeit liefert. Als Quelle dienen Medien wie das New York Times Magazine, Vulture, Wired, The Verge, Rookie, GQ oder National Geographic. Wer also mal eben die amerikanische White-Power-Bewegung in 20 Minuten analysiert haben möchte oder 18 Minuten mit dem meistgehassten Geschäftsmann der Welt, Martin Shkreli, verbringen will oder in 38 Minuten lernen will, was an Junk Food eigentlich süchtig macht, wird bei Longform fündig. Praktisch an der App ist vor allem der Offline-Modus, der die Texte auf dem Tablet oder iPhone speichert und so Lese- und Hirnfutter für lange Zugfahrten liefert.
#Redaktionstipp
Ymir oder: aus der Hirnschale der Himmel Philip Krömer hat mit »Ymir oder: aus der Hirnschale der Himmel« sein Romandebüt im Homunculus Verlag vorgelegt. Krömers Buch handelt von einer Expedition nach Island, kurz bevor der Zweite Weltkrieg ausbricht, und ist von einer rätselhaften Bodenlosigkeit durchsetzt. Medizinische Illustrationen aus dem 19. Jahrhundert bezeugen Krömers Hang zur Wissenschaftshistorie, die die Geschichte neben der Neigung des Ich-Erzählers zum rasanten Fabulieren prägt. Gewandt zieht der Autor die Strippen dieses Trips. Wolfgang Frömberg (stellvertretender Chefredakteur)
— App (leider nur) für iPhone und iPad auf longform.com
AB 4. MAI AUF BLU-RAY UND DVD
© 2016 Metro-Goldwyn-Mayer Pictures Inc. and Warner Bros. Entertainment Inc. All rights reserved.
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www.garbage.com CD · 2LP · DL Vö 10.06.
GARBAGE »STRANGE LITTLE BIRDS« Endlich wieder feinster Rock von Garbage inklusive der Hit-Single »Empty«!
www.truemmer.tv
LIVE: 26.05. Dortmund • 27.05. Frankfurt, Wotw-Festival 28. / 29.05. München • 10. – 13.08. Luhmühlen, AST-Festival
CD · Ltd. LP DL Vö 29.04.
TRÜMMER »INTERZONE« Intuitiv, emotional, direkt: Das neue Trümmer-Album ist ein Quantensprung!
www.ry-x.com
LIVE: 12.10. Hannover• 13.10. Wiesbaden• 14.10. Köln 15.10. Münster • 16.10. Leipzig • 18.10. Salzburg 19.10. München • 20.10. Innsbruck • 22.10. Vöckla brück • 24.10. A-Wien • 25.10. CH-Zürich 26.10. Stuttgart • 28.10. Hamburg
CD · LP · DL Vö 06.05.
RY X »DAWN«
Ausnahmekünstler RY X verzaubert mit intimen, zeitlos atmosphärischen Songs und Melodien, die einen nicht mehr loslassen.
www.thedigitalism.com
LIVE: 10.05. Heidelberg • 11.05. Köln • 12.05. Hamburg 14.05. München • 16.05. Berlin
CD · 2LP · DL Vö 13.05.
DIGITALISM »MIRAGE«
Das Hamburger Duo auf der Höhe seines Schaffens. Souveräner Elektropop zum Eintauchen in eine fantastische Parallelwelt. LIVE: 06.05. Köln • 13.05. Berlin • 24. – 26.06. Scheeßel, Hurricane • 24. – 26.06. Neuhausen o.E., Southside • 15. – 17.07. Ferropolis, Melt! 12.-14.08. Saalburg, Sonne, Mond & Sterne Festival www.pias.com/de www.facebook.com/PIASDE
Imarhan
TUAREG-JUGEND FORSCHT #Pop — Sie tragen Lederjacken, singen in ihrer Muttersprache Tamasheq, verweben die Volksmusik der Tuareg mit Jazz, Blues und Elementen westlicher Rockmusik und wollen sich deutlich abheben von älteren Tuareg-Gruppen wie Tinariwen. Daniel Koch sprach mit Iyad Moussa Ben Abderahmane, der sich kurz Sadam nennt, über seine Band Imarhan.
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s ist nicht so leicht, Flow in ein Gespräch zu bekommen, wenn man auf eine Dolmetscherin angewiesen ist. Aber Sadam spricht eben nur Tamasheq und Französisch – eine Sprache, derer der Autor dieser Zeilen leider nicht mächtig ist. Dennoch wird es ein intensiver Austausch, denn Sadam liegt viel daran, den Spirit von Imarhan zu erklären. Die Band stammt aus Tamanrasset im Süden Algeriens, einer Stadt, in der gemessen an der Gesamtbevölkerung sehr viele Tuareg leben und die deshalb manchmal »Hauptstadt der Tuareg« genannt wird. Auch ohne Sadams Erklärungen erschließt sich einem diese wundervolle Musik, die seltsamerweise oft Desert Rock genannt wird, obwohl sie feinsinniger, folkiger ist, als diese Worte vermuten lassen. Sadam erklärt den Stil von Imarhan so: »Die Basis ist Assouf, die Musik unserer Vorfahren, die nur die Wüste
kannten. Wir mischen sie mit modernen Momenten, mit Jazz, mit Blues.« Und auch wenn die Mehrzahl ihrer Hörer wohl kein Tamasheq spricht, spürt man in seiner weichen Stimme, dass »die Texte eine positive Note haben sollen. Der Song ›Tahabort‹ zum Beispiel ist nach dem Platz benannt, an dem wir uns treffen, um Musik zu machen. Es ist ein öffentlicher Ort des Austauschs, für viele junge wie alte Musiker, direkt an einer Wasserstelle gelegen. Unsere Texte handeln vom Leben der Tuareg-Jugend, vom Alltäglichen, von der Liebe.« Das Wort Jugend wird von Sadam oft betont, diesem smarten jungen Tuareg, der mit seiner Lederjacke ziemlich gut in das hippe Berliner Hotel passt, in dem wir ihn treffen. Geht es ihm um Abgrenzung? »Wir lieben und respektieren die Musik der älteren Tuareg. Aber wir sind anders. Viele von ihnen halten nur an ihren Traditionen fest und würden am liebsten die Wüste nie verlassen. Wir wollen mit der Welt in Kontakt treten, sie bereisen und unsere Geschichte verkünden.« Mit dieser Musik können sie jedenfalls sicher sein, dass ihre Geschichte gehört wird. — Imarhan »Imarhan« (City Slang / Universal / VÖ 29.04.16) Auf Tour vom 24. bis 30.05.
3 Fragen an
#Kultur — Nachdem Andre Lux »Dies ist ein Egon Forever! Cartoonbuch« veröffentlicht hat, dürfte die Sell-out!-Phase seiner Karriere begonnen haben. Daniel Koch hat ihn natürlich schon gelesen, als er seine Strichfiguren noch auf die Kacheln seiner Mathehefte kritzelte, und wird ihm umgehend die Freundschaft kündigen, sollte er auf der Spiegel-Bestsellerliste auftauchen.
Egon Forever
01 Wie sieht es aus, wenn du zeichnest, wie du dich beim Zeichnen deiner monatlichen Zeichnung für uns zeichnest?
02 Soeben ist dein neuer Comic-Band erschienen. Welcher Gag hat es nicht hineingeschafft, weil er dir zu flach war?
0 3 . 0 5 . H A M B U RG · 0 5 . 0 5 . KÖ L N 13 . 0 5 . B E R L I N · 0 2 . 0 6 . M Ü N C H E N
03 Welchen Beruf hättest du gewählt, wenn du nicht bundesweit gefeierter EgonZeichner geworden wärest?
— Andre Lux »Dies ist ein Egon Forever! Cartoonbuch« (Ventil Verlag)
YUNG LEAN
25.04. Hamburg, Uebel & Gefährlich 02.05. Berlin Yaam 03.05. Frankfurt, Zoom
JAZZ CARTIER
27.04. Berlin, Prince Charles 01.05. Hamburg, Kleiner Donner
LOGIC
27.04. Köln, Luxor 29.04. Frankfurt, Zoom 07.05. Hamburg, Mojo Club
KANO
02.05. Berlin, Prince Charles 03.05. Hamburg, Uebel & Gefährlich
MY BUBBA
09.05. Köln, King Georg 11.05. München, Kranhalle 13.05. Hamburg, Golem 14.05. Frankfurt, Mousonturm
PRINCE RAMA
12.05. Berlin, Kantine am Berghain 13.05. Köln, Artheater
OMAR SOULEYMAN 13.05. Berlin, Kesselhaus
LGOONY & CRACK IGNAZ 17.05. Dresden, Scheune 18.05. Erlangen, E-Werk 19.05. Hannover, Musikzentrum 23.05. Würzburg, Kurt & Kömisch 24.05. Frankfurt / Main, Zoom 25.05. Heidelberg, Halle 02 26.05. Augsburg, Schwarzes Schaf 27.05. Ingolstadt, Suxul, Tickets 28.05. Münster, Skaters Palace
ALLAN KINGDOM
18.05. Berlin, Prince Charles 19.05. Hamburg, Kleiner Donner
STILL PARADE + SEA MOYA 20.05. Hamburg, Häkken
LUH
24.05. Köln, Yuca 25.05. München, Strom 26.05. Hamburg, Nachtasyl
WYOMING
24.05. Darmstadt, Schlosskeller 16.09. Mainz, Schon Schön
EMPRESS OF
05.06. Berlin, Kantine am Berghain
MAJID JORDAN
07.06. Frankfurt, Zoom 08.06. Berlin, Yaam
WOLF ALICE
01.09. Stuttgart, Kellerclub 02.09. München, Strom 03.09. Frankfurt, Zoom meltbooking.com facebook.com/wearemeltbooking
Long Distance Calling
NACH HAUSE TELEFONIEREN #Pop — Was als Nebenprojekt von Misery Speaks begann, hat sich mittlerweile aus der Nische des Postrock in die Albumcharts gespielt. Dass Long Distance Calling dieses Jahr ihr zehnjähriges Jubiläum feiern, ist trotzdem eher ein »Unfall«, wie Frontmann Florian Füntmann Mihaela Gladovic erklärt.
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bwohl der Bandname der fünf Herren aus und um Münster ziemlich bedeutungsschwanger daherkommt, fanden Florian Füntmann (Gitarre), Janosch Rathmer (Drums), David Jordan (Gitarre), Jan Hoffmann (Bass) und damals (2006) noch Sounddesigner Reimut van Bonn, dass Long Distance Calling schlicht und einfach nur schön klingt. Dass der Name aber nach knapp zehn Jahren Bandgeschichte eine perfekte Metapher für das Gesamtkonzept ihres Prog-Rock ist, hatten die Jungs genauso wenig beabsichtigt wie ihr langjähriges Bestehen. »Das Ganze war eher ein Unfall«, lacht Frontmann Florian. »Dass das wirklich so gut funktionieren würde, war auch für uns nie absehbar. Ursprünglich war es ein Spaß-Projekt.« Eigentlich standen Florian und Drummer Janosch hauptsächlich mit der Metalband Misery Speaks auf der Bühne, Jan spielte bei Dogday und David bei The Ghost Dance Movement. »Das waren alles ziemlich harte Bands, aber jeder von uns hatte große Lust auf
experimentelle Musik. In welche Richtung das konkret gehen sollte, war uns anfangs allerdings auch nicht klar.« Mit seinem fünften Longplayer »Trips« und den darauf enthaltenen musikalischen Querverweisen durch die Rockgeschichte hat das Quintett – inzwischen bereichert durch Sänger Petter Carlsen – zweifelsohne seine ambivalenteste und gleichzeitig kohärenteste Platte auf den Markt geschmissen. Florian ordnet sie so im Oeuvre ein: »Bei ›Avoid The Light‹ lag der Fokus auf Natur und dem Draußensein. Die Self-Titled war tatsächlich sehr spacig, wie eine Reise ins Universum, und ›Trips‹ hat nun ein ganz klares, feststehendes Konzept, wo es um Reisen im Schlaf geht und die unterbewussten Sphären, in die man sich im Traum begibt.« — Long Distance Calling »Trips« (InsideOut / Sony / VÖ 29.04.16) Auf Tour vom 28.04. bis 06.05.
#Kratzen & Beißen
Gegen politische Humorlosigkeit
Illustration: Alexandra Ruppert
#Life — Während Angela Merkel in der Flüchtlingsfrage eine 180-Grad-Wendung hingelegt hat und mit einem Deal mit der Türkei versucht, ihre Felle zu retten, ist Jan Böhmermann zum Politikum geworden. Wo soll das alles bloß noch hinführen? Fragt sich Christian Schlodder. Wer ab und an in sozialen Netzwerken unterwegs ist, gewöhnt sich irgendwann an den Fakt, dass vieles bewusst aus dem Kontext gerissen wird, um den vermeintlichen Aufreger zu produzieren. Genau das passierte nach Jan Böhmermanns kontextueller Schmähkritik gegen den türkischen Präsidenten Erdogan, die nicht viel mehr war als die Konterkarierung der Dünnhäutigkeit Erdogans. Der hält nämlich gerne die türkische Presse klein und kippt aufgrund falscher Großmannssucht Öl in nahezu jeden Brandherd der Region, bestellt aber gleichzeitig den deutschen Botschafter ein, um sich über einen harmlosen Satire-Song des NDR aufzuregen. Er stellte einen Strafantrag gegen Böhmermann, obwohl sich Angela Merkel in Kadavergehorsam von diesem, nun ja, Gedicht distanzierte. Die Kunst- und Pressefreiheit sei zwar nicht verhandelbar, ließ sie mitteilen, geprüft werde der Antrag trotzdem. Doch wenn diese Freiheiten nicht verhandelbar sind: Warum muss man tagelang darüber beraten? Sind wir aufgrund eines wie auch immer gearteten politischen Deals so erpressbar geworden, dass wir Kontexte absichtlich ausblenden und selbstverständliche Freiheiten plötzlich tagelanger Prüfungen bedürfen? Wenn jemand wie Böhmermann mit einer bewusst provokanten – und kontextuellen – Grenzüberschreitung in einem Spartenformat zum Gegenstand aktueller Tagespolitik werden kann, muss sich vor allem Merkel fragen lassen, ob ihr Deal vielleicht doch nicht das Gelbe vom Ei ist – oder besser ihr Partner auf der anderen Seite. Man muss Böhmermann fast schon dankbar dafür sein, dass er Schwächen aufgedeckt hat. Schwächen eines Deals, der mehr Fragen als Antworten liefert. Eines Deals, der einen humanitären Anstrich haben soll, aber in Form von Erdogan mit jemandem geschlossen wurde, der für Humanität nicht sonderlich viel übrighat. Böhmermann hat den politischen Verantwortlichen so drastisch wie eindrucksvoll die Maske vom Gesicht gerissen, mit der alle irgendwie ihr Gesicht wahren wollten. Denn während halb Deutschland noch darüber debattierte, was Satire darf und was nicht, findet die wahre Satire gerade auf politischer Ebene statt – irgendwo zwischen Berliner Kanzleramt und türkischem Präsidentenpalast. Nur den Moment zum Lachen sucht man leider vergeblich.
Ab 19.5. nur im Kino in apokalyptischem 3D! X-Men: Apocalypse Macht kaputt, was euch kaputt macht. Im phantastischen Kosmos der X-Men-Filme zeigen sich James McAvoy, Michael Fassbender und Jennifer Lawrence von ihrer besten Seite: Sie mutieren zu echten Marvel-Charakteren. In »X-Men: Apocalypse« vollzieht neben ihnen auch Oscar Isaac diesen faszinierenden Wandel. Isaac ist Apocalypse, der erste Mutant aller Zeiten –einst ein Gott, nun aus tausendjährigem Schlaf erwacht, will er die Weltherrschaft an sich reißen. Dazu schart er eine Gruppe mächtiger Mutanten um sich – die »vier Reiter der Apocalypse« Storm, Angel, Psylocke und Magneto. Regisseur Bryan Singer inszeniert den Kampf um die Zivilisation als actionreichen Generationenkonflikt voller atemberaubender Special Effects inkl. vieler bekannter Gesichter und neuen Figuren. Eine Gruppe junger Mutanten um Raven stellt sich Apocalypse entgegen, darunter »Game Of Thrones«-Star Sophie Turner als Jean Grey. Nur wie besiegt man einen Gegner, der als unbesiegbar gilt? Ob »Macht kaputt, was euch kaputt macht« oder »No Future«. Slogans echter Generationenkämpfe drücken aus, was in »X-Men: Apocalypse« auf dem Spiel steht. Die Zukunft der Menschheit ist ebenso wie das Überleben der Mutanten in Gefahr. Die größte Schlacht der X-Men-Saga beginnt …
Quiz: Gewinnt »X-Men« Fanpakete Welche Rolle spielt Michael Fassbender in »X-Men: Apocalypse«? Als Hauptpreis winkt ein »X-Men«-Koffer inklusive zwei Kinotickets. Dazu verlosen wir drei »X-Men«-Fanpakete aus Sonnenbrille, Cap und je zwei Kinotickets. Die Lösung mit dem Betreff »X-Men: Apocalypse« schickt ihr bitte per E-Mail an verlosung@intro.de.
Teilnahmebedingungen: Teilnahme ab 18 Jahren, Einsendeschluss ist der 30. Mai. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
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#Kultur
TOP 7 COMING OF AGE 01 Wolfgang Herrndorf Tschick
#Kultur — Diese beiden Jungs sind die Hauptdarsteller der Verfilmung von »Tschick«, einem Coming-of-Age-Roman von Wolfgang Herrndorf. Für viele ist es der Coming-of-AgeRoman schlechthin. Ab September läuft der Film in den Kinos. Wir haben schon mal überlegt, welches unsere Favoriten dieses so treffend benannten Genres sind – schließlich wollen auch wir nicht älter werden.
Blenden wir die tragische Geschichte um den Autoren mal aus, bleibt trotzdem ein Meisterwerk, das nie eines sein wollte. Der Roadtrip seiner Helden Maik Klingenberg, der sich gleich im vierten Satz des Buches vor Angst in die Hose pisst, und Andrej Tschichatschow alias Tschick, der Schule manchmal erst nach dem zweiten Vodka erträgt, ist deep und lustig zugleich und hat im Gegensatz zu vielen deutschen Romanen, die Gleiches probieren, keinen Bildungsbürger-Stock im Arsch.
02 J.D. Salinger Der Fänger im Roggen
03 Kristin Hersh Rat Girl
04 Charles Bukowski Das Schlimmste kommt noch oder fast eine Jugend
Es ist die abgelutschteste Antwort auf die Frage: »Was ist dein Lieblingsbuch?« Und dennoch sind ein paar Abende in Gesellschaft des naseweisen Holden Caulfield eben für viele ein fester Bestandteil des Aufwachsens. Was – ähnlich wie bei Herrndorf – am Buch liegt und nicht an der mysteriösen Geschichte des Autors, der den Erfolg nie verkraftete und sich ganz folgerichtig zurückzog. Aber, wie schon Holden wusste: »People always clap for the wrong reasons.«
Warum zum Henker hat noch kein deutscher Verlag dieses Buch übersetzt? Schämt euch! Die Autobiografie der Throwing-Muses-Gründerin Kristin Hersh erzählt von deren schwierigen Jugendjahren. Der Auszug mit 15, das prekäre Leben zwischen windigen Gestalten, die frustrierenden und auch schönen Erfahrungen als junge Musikerin, die Diagnose ihrer bipolaren Störung – und ihr eigener Weg, damit zu leben. Trotzdem sagte Hersh, sie wolle, dass ihr Buch dark and blue and sweet sei. Ist es.
Wenn man als pubertierender Junge dieses Buch liest, erscheinen einem die eigenen Pickel plötzlich gar nicht mehr so groß, die Dresche auf dem Schulhof harmlos, der Streit mit den Eltern geradezu lachhaft. Nein, man möchte nicht tauschen mit Henry Chinaski, wie sich Bukowski in seinen autobiografisch gefärbten Romanen nannte. Doch trotz der Härten ist dieses Buch vor allem dann groß, wenn es zärtlich wird, zum Beispiel, wenn der junge Außenseiter mit der Bibliothek endlich eine Fluchtmöglichkeit aus seiner Scheißjugend findet.
05 Colin MacInnes Absolute Beginners
06 Joachim Meyerhoff Alle Toten fliegen hoch
07 Stefanie de Velasco Tigermilch
Der Erzähler braucht keinen Namen, seine Identität ergibt sich aus der Sicht auf die Welt, wie er sie uns darlegt. Er gehört zur neuen Spezies, die in den 1950ern auftaucht: Kids mit Geld, sprich Teenager. Doch mit dem Teenager-Dasein ist es für den fast 19-Jährigen bald vorbei. Seine kleine Chronik des Übergangs liest sich amüsant, auch wenn sie alle Härten des Lebens umfasst: Familienhorror, Liebeskummer, Rassismus. MacInnes’ Roman von 1959 gehört mit »City Of Spades« und »Mr. Love And Justice« zur London-Trilogie des Autors und wurde 1986 von Julien Temple verfilmt.
Ein Jahr Amerika. Ein verheißungsvoller Satz für einen 18-Jährigen. Für den Ich-Erzähler aus Joachim Meyerhoffs erstem Teil der Trilogie »Alle Toten fliegen hoch« soll es ein »Weltenwechsel werden. Der totale Bruch, die Flucht nach vorne«. Pech, dass er von seinem kleinen Kaff im Norden Deutschlands ausgerechnet in Wyoming landet, umgeben von nichts – und ein paar Pferden. Was nach einigermaßen normalem Coming-of-AgeStoff klingt, wird schnell zum Lieblingsbuch: charmant, traurig, skurril, subtil.
Nini und Jameelah, beide 14, sprechen O-Sprache: Sie drehen nicht mit Filter, sondern drohen mit Folter. Verstehen tut das niemand. Außer den beiden. Das macht aber nix, schließlich sind sie Familienersatz und immer füreinander da. Sie trinken Tigermilch (Schulmilch mit Mariacron und Maracujasaft aus Müllermilchbechern), klauen, diskutieren und befriedigen gemeinsam fremde Männer. Und denken, dass nichts schiefgehen kann, solange sie nirgendwo alleine hingehen. Doch dann gerät ihr Leben außer Kontrolle ...
#Kultur
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#Redaktionstipp
Künstlerin Laura Callaghan Gratis-Preview: »Green Room«
Nazis killen!
#Kultur — Ein Szenario, das man aus Erzählungen der guten alten Dead Kennedys kennt: Punk-Band kommt im amerikanischen Hinterland an, um einen Gig zu absolvieren, und der Laden ist voller rechter Skins. In Jeremy Saulniers Survival-Schocker »Green Room« mit Patrick »Jean-Luc Picard« Stewart als Ober-Nazi ist dies der Ausgangspunkt einer recht monumentalen, sehr blutigen und ziemlich vertrackten Schlacht. Zartbesaitete fuck off! Wir präsentieren Gratis-Previews am 30. Mai in Berlin, Frankfurt, Hamburg, Köln & München – alle Infos ab Mitte Mai unter intro.de/previews.
Junge Frauen mit Haaren in Pastelltönen und genervten Gesichtern, die in quietschbunt gemusterten Outfits Selfies mit Junkfood machen; Looks der 80er und 90er, aber Smartphones und Attitüde von heute – das ist die skurrile Welt der Illustratorin Laura Callaghan. Oder eher: ein Bruchteil davon. Nicht ein winziges Detail entwischt der Künstlerin der »angry girls«, ob sie nun Sneaker oder einen völlig verwüsteten Tisch im Schnellimbiss zeichnet. Eintauchen in den grafischen Wahnsinn kann man auf Instagram bei @ lauracallaghanillustration. Kira Schneider (Redaktionspraktikantin)
IMDb: 9,1 von 10 – Metacritic: Metascor 96 von 100 – User Score 9,5 von 10 – Rotten Tomatoes: Critics 100% – Audience 96%
Eine neue Season, eine neue Geschichte …
„Die beste US TV-Serie seit Jahren!“ – Intro
„Die beste Serie der Welt“ – Bild.de
„Cooler als Pulp Fiction!“ – Zeit Online
Season 2 ab 12. Mai als Blu-ray und DVD erhältlich! © 2015 MGM Television Entertainment, Inc. und Bluebush Productions, LLC. Basierend auf den Film „Fargo“. Fargo ist eine Schutzmarke von Orion Pictures Corporation. Alle Rechte vorbehalten. © 2016 Twentieth Century Fox Home Entertainment LLC. Alle Rechte vorbehalten.
TM
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#Electronic Beats
Telekom Electronic Beats
GRACE JONES GIBT SICH DIE EHRE #Pop — Sieben Jahre lang gab es hierzulande keine Gelegenheit, die große Grace Jones live zu sehen. Das Telekom Electronic Beats Festival, das vom 18. bis zum 22. Mai in Köln stattfindet, beendet diese Durststrecke: Miss Jones wird die Feierlichkeiten mit einer Liveshow im E-Werk eröffnen. Außerdem dabei: Honne, Mø, Woman und Chilly Gonzales.
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er einmal eine Liveshow von Grace Jones gesehen hat, dem kommen danach viele Events eher fad vor. Ihre Stimme, die klingt wie von Hunderten feinen kubanischen Zigarren in Form gebracht, ihre ganz eigene Erotik, die zugleich auf männliche wie auf weibliche Reize setzt, ihre oft außerweltlich wirkende Bühnenpräsenz – dieser Mischung kann sich keiner entziehen. Nach langer Bühnenabstinenz kehrt die Jamaikanerin für den Eröffnungsabend der Telekom Electronic Beats zurück nach Deutschland. Aber es wäre zu kurz gegriffen, das Festival auf einzelne – wenn auch sicher spektakuläre – Abende, an denen unter anderem Honne, Mø, Woman und Chilly Gonzales auftreten, herunterzubrechen. Vielmehr geht es an den fünf Tagen und Nächten auch darum, Musik als Bindeglied zu sehen für Events aus den Bereichen Kunst, Fashion, Tech und Food. Das Festival findet in zahlreichen Locations statt, von Ehrenfeld über Mülheim, das Belgische Viertel und die Innenstadt.
— Alle Events und Locations auf koeln.electronicbeats.net
Foto: Claire Greenway / Getty Images
Too Slow To Disco Release Party Cologne presented by Telekom Electronic Beats & Intro Marcus Liesenfeld alias DJ Supermarkt hat es schon wieder getan: Knapp ein Jahr nach dem zweiten Teil seiner Reihe »Too Slow To Disco« widmet er seinen neuen Sampler den Frauen der Popwelt, die in den 70ern und 80ern den Adeles, Swifts und Perrys den Weg
geebnet haben. Im Rahmen des Telekom Electronic Beats Festivals in Köln werden wir am Samstag, dem 21. Mai, die Sampler-Releaseparty schmeißen. Los geht es um 20 Uhr in der Bar Zum scheuen Reh am Hans-Böckler-Platz. Disco Volante und Buzz werden
die Stimmung langsam anheizen, bevor ab 23 Uhr jeder zeigen kann, ob er wirklich »Too Slow To Disco« ist. Wir als Gastgeber springen natürlich auch herum wie, äh, scheue Rehe. — 21.05. Köln, Zum scheuen Reh
Mit ihrem zweiten, programmatisch »Zwei« betitelten Studioalbum ist OK KID ein Masterpiece gelungen, das es folgerichtig auch auf den Titel der April-Ausgabe der Intro geschafft hat. Das Kölner Trio hat damit seine Komfortzone verlassen, sich (auch politisch) positioniert und eine Kreativität und Vielfalt bewiesen, die ihr selbstbetiteltes Debüt vor drei Jahren noch nicht erahnen ließ.
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OK KID Die für »Zwei« prägenden Songs in einer Spotify-Playlist: Spotify.com/OKKID
Solche Klasse schlägt sich natürlich auch beim Publikum nieder: Die Konzertsäle, in denen OK KID ihre Auftritte spielen, werden immer größer, und viele ihrer Songs wurden schon millionenfach geklickt und gestreamt. »Ich kann alles« und »Bombay Calling«, die Singles des aktuellen Albums, schicken sich bei Redaktionsschluss an, die Millionenmarke zu knacken, während »Gute Menschen« das bereits geschafft hat. Und diese Liste ließe sich weiter fortsetzen. Nicht nur diese Hits, sondern alle zwölf Songs auf »Zwei« bieten musikalisch und lyrisch so viel, dass man sich unweigerlich fragt, welche Künstler OK KID wohl Pate gestanden haben könnten. Dieses Geheimnis hat die Band selbst nun gelüftet: Auf Spotify hat sie eine Playlist mit dem Titel »Luftnachoben« online gestellt, die all die letzte Produktionsphase prägenden Tracks zusammenfasst. Darin finden sich nicht nur durchweg tolle, sondern auch viele überraschende Tracks: Von experimentellem HipHop und Dubstep reicht die stilistische Bandbreite
über zarten Folk und Electro-Pop bis hin zu Alternative-Rock. Elliphant und Grimes in einer Playlist mit den Kings of Convenience, Nine Inch Nails, Vampire Weekend, Interpol und The Streets – wäre hätte das gedacht?
jeden Monat neu: Teilnahme unter intro.de/Quiz
DAS QUIZ #242 Das Titelthema des Heftes ist gleichzeitig immer auch Hauptthema unseres monatlichen Quiz-Spaßes. Diesmal dreht sich natürlich alles um den Berliner Act Drangsal. Los geht’s… 1. Wer steckt hinter Drangsal? T Johann »Hans« Hölzel
3. Wer ist Darstellerin im Video zu »Allan Align«? R Jenny Elvers
C Max Albin Gruber B Gabriele Susanne Kerner
A Carmen Geiss G Kader Loth
2. Wen nennt er einen »drogenabhängigen Wichser«?
4. Wer oder was ist bitte »Harieschaim«?
U Ian Curtis
N ein sunnitischer Gelehrter
H Klaus Lage
M ein AKW in Israel
F Marilyn Manson
E ein Ort in der Pfalz
Die Gewinne
Deejo–Messer »Black Tattoo Art Deco«
K-Swiss – 50th Anniversary
Herschel »Fernweh-Paket«
Ben Sherman × »Electric Slide«
Teufel BOOMSTER × »The Night Manager«
herbertz-messerclub.de
kswiss.com
herschelsupply.com
bensherman.co.uk / eurovideo.de
teufel.de / concorde-home.de
Deejo – das sind stylishe, hochwertige Taschenmesser mit nur 37 g Gewicht. Die 9,5 cm lange Klinge mit Gravur im TattooStyle stellt sich beim Öffnen fest, die Griffschale aus Wacholderholz gibt dem Messer einen eleganten Touch. Wir verlosen fünf Exemplare.
K-Swiss feiert in diesem Jahr seine reiche Geschichte mit seiner limitierten 50th Anniversary Collection und blickt auf die letzten 50 Jahre zurück. Bei uns könnt ihr den »Surf’n’Turf« aus der Anniversary Collection in Größe 43 gewinnen.
Der Sommer steht vor der Tür – und damit auch Reisen, Festivals & Co. Mit diesem Herschel Set seid ihr für jede Gelegenheit optimal ausgerüstet. Wir verlosen ein »Fernweh-Paket« aus Rucksack, Weekender und Kulturbeutel.
»Electric Slide« erzählt die wahre Geschichte des berüchtigten Bankräubers Eddie Dodson, der 64 Banken innerhalb von nur neun Monaten ausraubte. Zum DVD- & Blu-ray Start am 4. Mai verlosen wir ein Komplettoutfit des britischen Kult-Herrenlabels Ben Sherman.
Tom Hiddleston & Hugh Laurie in einer BBC-Verfilmung von John le Carré? Count us in! Zum DVD- & Blu-ray-Start verlosen wir einen Teufel »BOOMSTER« – den Ghettoblaster fürs Digitalzeitalter mit Bluetooth 4.0, NFC, UKW-Radio und Downfire-Subwoofer plus eine Blu-ray.
Die Buchstaben der richtigen Antworten ergeben das Lösungswort, das ihr bitte mit dem Betreff »Das Quiz« an verlosung@intro.de schickt. Teilnahme ab 18 Jahren, Einsendeschluss ist der 30. Mai. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
#Pop
#Pop
Foto: Cru Camara
Drangsal hat nicht den Garten voller Neonpalmen, sondern den »Kopf voller Pflastersteine«. So singt er es in seinem Song »Will ich nur dich«. Eine schöne Metapher. Hohe Wortkunst zu schweren Themen gibt es auch bei Anohni, viel Pathos und Liebe bei LUH und fremde Zwischenwelten bei Trümmer, die ihre »Interzone« bestimmt ziemlich gerne in Farbtöne wie diese tauchen würden.
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#Pop #Drangsal
Drangsal
Heim nach Harieschaim
Max Gruber alias Drangsal ist keiner dieser braven Musiker, die mĂśglichst niemandem wehtun wollen. Seine Auftritte sind intensiv, seine Meinungen provokant, seine AttitĂźde ist mal handzahm und mal auf Krawall gebĂźrstet. Umso erstaunlicher, dass er unseren Autoren Konstantin Maier am Osterwochenende im Hause seiner Eltern in Herxheim in der Pfalz empfing. Fotos: Jakob & Hannah
#Pop #Drangsal
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#Pop #Drangsal
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ie ersten Felder sind schon grün, so grün, dass es fast unnatürlich wirkt. Die Autofahrt in die Pfalz zieht sich, als wäre der Straßenteer zäher Kleber. Es ist Ostern. Es ist Heimat. Es ist langweilig. Es ist Land. Es ist Provinz. Es ist Herxheim. Der Heimatort von Max Gruber alias Drangsal war angeblich einst Fundstelle von kannibalischen Massenorgien in der Jungsteinzeit. Dass aus solchem Boden eine Band wie Drangsal erwächst, die mit ihrem selbstbetitelten Brachialpop die Gebeine der Szene durchschütteln will, scheint so irre logisch, dass man es schleunigst hinterfragen sollte. Also: Heimbesuch! Max steht mit einer Fanta-Dose im Esszimmer seines Elternhauses. Es ist sehr sauber und warm. Ich mache
seiner Mama ein Kompliment, so etwas will jede Mutti Harieschaim hören. Ich weiß das, sie weiß das, und schon sind wir uns Erstmals erwähnt wird sympathisch. Ich bekomme einen Kaffee und sie meinen der Heimatort von Max Gruber als »Harieschaim« Dank. Mittlerweile wohnt Max in einer WG in Berlin, 773 in einer Urkunde. In doch ab und an ist er hier zu Besuch. Wir setzen uns auf Gruben wurde dort eine die Terrasse. Die sieht so aus, wie Terrassen bei Eltern halt Vielzahl menschlicher Knochen gefunden. Diese aussehen, wenn sie keine Akademiker oder Designer sind. könnten Reste kannibaDas mitgebrachte Ostergeschenk in Form eines Marlboro lischer Mahlzeiten sein. Soft Packs lehnt Max ab. »Ich habe vor ein paar Monaten Die Schnittspuren weisen darauf hin, dass die Haut aufgehört zu rauchen, weil mir auf den Konzerten die abgezogen wurde, Sehnen Stimme wegblieb.« Heimlich freue ich mich über eine durchtrennt wurden, um Gliedmaßen abzutrennen Schachtel mehr. und Körperteile systemaDer Ort Herxheim oder früher Harieschaim ist auch der tisch zu entfleischen. Titel seines auf Caroline erscheinenden Debütalbums. Hier
#Pop #Drangsal
Songtitel Drangsals Songtitel tragen oft komisch anmutende altdeutsche Titel wie »Der Ingrimm« (Wut), »Wolpertinger« (Präparate aus Körperteilen unterschiedlicher Tierarten) oder »Moritzzwinger« (Krankenhaus in Halle) oder »Hinterkaifeck« (Tatort eines bis heute nicht aufgeklärten Mehrfachmordes). Gruber sieht das als Beitrag für die Spracherhaltung.
ist es wie an vielen Orten Süddeutschlands: Es gibt große Scheunen, Schäferhund-Spaziergänge, Weinschorle und ein Schwimmbad im Sommer. Zu wenig, um als an Dingen interessierter junger Mensch zu bleiben. Wie viele andere tritt auch Max irgendwann nach seinem 18. Lebensjahr die Landflucht an. Doch jetzt, nach drei Jahren, sind wir zurück am Anfang.
Jugend im Sonderbaren
Eine Homestory ist ja immer etwas Sensibles; denn jemand, der seine Wurzeln offenlegt, zeigt sich automatisch verMarkus Ganter letzlich und angreifbar. Blankziehen ist nicht jedermanns Dem Produzenten scheint Sache und will auch nicht so recht in die Inszenierung von gerade alles zu gelingen. Drangsal passen. Denn Inszenierung scheint das HauptWas er anfasst, wird zu Gold – egal, ob er Platten fach des 22-Jährigen zu sein - egal, ob er in seinem Vifür Tocotronic, Casper, deo zu »Allan Align« mit Jenny Elvers knutscht und der Sizarr, Dagobert oder Bild-Zeitung oder RTL dazu auch noch eifrig Auskunft eben Drangsal produziert. Zurzeit scheint niemand in gibt oder sich in Interviews mit jedem anlegt. »Wenn die Deutschland um seine kla- Bild-Zeitung fragt, ob ich ein Interview machen will, dann ren Beats, die orchestrale muss ich schon allein zusagen, weil dann bei den ganzen Instrumentierung und Synthesizer herumzukommen. in den Waggons spielenden Indiegeschmackspolizisten die Alarmglocken läuten. So etwas ist für mich mehr Punk als die, die rumsitzen und sagen: Wir machen hier Counterculture mit unseren Minikonzerten.« Einer wie Max ist nicht auf den Mund gefallen und teilt seine Meinung so gerne aus wie ein besoffener Kellner Gratis-Schnäpse. Eine, noch eine und selbst wenn man nicht mehr will, kriegt man noch eine Meinung gesteckt. Das hat früh angefangen: Schon in der Schule prügelt sich Gruber mit seinem Lehrer, ist, wie er später selbst zugibt, »chronischer Klugscheißer« und geht vielen auf die Nerven. Die Nächte schlägt er sich mit »Celebrity Deathmatch« und »Night Videos« auf MTV um die Ohren. Zu dieser Zeit entdeckt er auch seine Faszination für Bürgerschreck Marilyn Manson: »Manson hat mich schwer beeindruckt, mit seinem Korsett und seiner Amerika-Flagge, die er sich durch den Arsch gezogen und auf der Bühne angepisst hat. Das war für mich die beste Live-Show überhaupt. Alles, was danach kam, war so, pfft, na ja.« Gruber durchlebt die üblichen Stationen der jugendlichen Oddity, mit 14 »Die 120 Tage von Sodom« von Marquis de Sade, dann Deutschpunk, später GG Allin. Irgendwann die erlösende Erkenntnis, die den Ball ins Rollen bringt: »Dann habe ich aber irgendwann gemerkt, dass ich mich nicht irgendwo zugehörig fühlen muss, um alles hören zu dürfen. Das hat mir total die Augen geöffnet.« Doch war es schon immer der Sound der 80er-Jahre, der Gruber fesselt. Auf seinem Debüt hat er sich das enge WaveKorsett umgeschnallt, und es passt wie ein Latexanzug: »Als ich vor Jahren auf Aufnahme gedrückt habe und ›Allan Align‹ dabei rauskam, dachte ich nur so: ›Das klingt voll 80er!‹ Vielleicht mag ich diesen Sound mehr, als ich denke. Er ist irgendwie in mir verankert, vielleicht, weil auch meine Familie ihn gehört hat. Die Art, wie die Songs produziert und geschrieben sind, da passiert etwas, es löst etwas aus in mir«, so Gruber mit Funkeln in den Augen.
Max die Mitglieder der Band Sizarr kennen. Die Pfalz ist klein. Schnell sind Kontakte nach Heidelberg und Mannheim geknüpft. Sizarr bewohnen gemeinsam mit ihrem Produzenten Markus Ganter ein Haus in Mannheim. Als Max 17 ist, verkehrt er dort als Stammgast; auch, als Casper dort mit Ganter sein Erfolgsalbum »Hinterland« produziert. »Damals habe ich auch Benjamin [Casper] kennengelernt und scheinbar einen bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen. Benjamin dachte wohl: ›Fuck, da sitzt ein 17-Jähriger, und der ist komplett irre, wie ein wandelndes Musiklexikon, und erzählt nonstop von irgendwelchen Sachen aus dem Internet.‹« Casper trägt an Ganter heran, dass es bei Max nur noch ein paar Jahre dauere, bis der taugliche Popsongs schreibe. »Ich habe Markus die ganze Zeit Songs geschickt und ihn gefragt, ob wir zusammen aufnehmen wollen«, erzählt Max. »So eiskalt, wie er halt manchmal ist, hat er einfach Nein gesagt. Ich dachte mir: ›Ich will aber mit dir aufnehmen! Dann schreibe ich einfach so lange Songs, bis sie so gut sind, dass du nicht mehr anders kannst.‹« Es sollte schließlich noch drei Jahre dauern, bis das Debütalbum fertig war. Mit Ganter als Produzent. Wie viele andere tritt auch Max mit der erreichten Volljährigkeit die Landflucht an. Zunächst Berlin, dann Leipzig, jetzt wieder Berlin. Der erste Anlauf in der großen Stadt verläuft unglücklich: »Ich bin eher ein Drinni und beschäftige mich viel mit Dingen im Internet. Die Freundschaften, die ich am Anfang in Berlin gemacht habe, waren mir zu stadtmäßig. Die Zeit war schrecklich langweilig und hat sich gezogen wie Kaugummi.« Beim Zwischenspiel in Leipzig bewohnt er mit Fabian von Sizarr eine WG. »Die Zeit hat mich sehr angespornt, weil Fabi den ganzen Tag am zweiten Album gearbeitet hat«, erzählt er mir. »Schon morgens habe ich ihn Gitarre spielen hören, und dann kam Philipp vorbei, und sie haben gejammt. Am Abend saßen wir zusammen im Wohnzimmer, und dann wurde sich das Zeug vom Tag gezeigt. Und deswegen habe ich mich dann in mein Zimmer gesetzt und intensiv geschrieben.« Die meisten Songs aus dieser Zeit sind auf dem aktuellen Album.
Wunderbar, endlich mal ein Arschloch!
Gruber schaut in die Ferne, sinniert eine Weile, sagt mal nichts. Wir kennen uns, auch vor diesem Treffen sind wir uns schon begegnet. Im letzten Jahr schrieb ich eine Reportage über Sizarr und begleitete die Band dafür zu einem ihrer Konzerte. Die Vorband damals: Drangsal. Die jungen blassen Figuren auf der Bühne wirkten anfangs wie eine Schülerband. Doch das täuschte: Die Show war agil, rotzig, auf den Punkt. Max spuckte Rotwein ins Publikum und spürte die angeekelten Blicke. Sein kantiges Gesicht durchzog ein diabolisches Lachen und deutliches Wohlgefallen. Er spielte oberkörperfrei, war dabei blass und hager. Mit seinen Tattoos entsprach er dem »heroin chic« der 90er-Jahre, eine Erscheinung irgendwo zwischen englischer Hooligan und »Trainspotting«-Hauptdarsteller. Max Gruber auf der Bühne ist zappelnd, beschwörend. Er fasst sich dramatisch ins Gesicht. Die Drums machen tack, tack, tack. Er schlägt sich dabei drei Mal auf die Halsschlagader. Landflucht und Scheitern Seine Bewegungen sind grazil, gewaltig, ein bisschen too much, aber er kennt den Preis der Theatralik, kalkuliert Seine Mutter versorgt uns netterweise mit Getränken, und dosiert sie. »So ein Arschloch«, sagte jemand im während sein Vater im Garten werkelt. Man spürt deutlich, Publikum. Ich war beeindruckt. Wunderbar, endlich mal dass die Mutter stolz auf ihren Sohnemann ist. Mit 17 lernt ein Arschloch!
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#Pop #Drangsal
»Mir fehlt in Deutschland so ein Star«, sagt Max, als wir uns gemeinsam an diesen Abend erinnern. »Ich hasse das Wort, weil ich selbst keiner bin. Das Problem in Deutschland ist folgendes: Entweder es gab Figuren wie Anton Spielmann, ich fand 1000 Robota natürlich super, aber Anton Spielmann war einfach so ein unantastbarer Arsch. Oder es gab Leute, die zu nett waren und es deswegen nie geschafft haben.« Er liebt die Übertreibung und suhlt sich gekonnt in der Inszenierung. Nach einem Leben in der ewigen Erwartung, dass etwas kommt, kommt jetzt endlich was: »Ich kann Fotos machen mit Jim Rakete und mit Jenny Elvers rummachen, und das sind ja auch Ansagen. Aber ich habe nicht diese coole Attitüde, weil ich über die Aufmerksamkeit viel zu happy bin.« Als Anti will sich Max nicht in Szene gesetzt wissen: »Zu sagen, ich liebe Pop und stelle mich gerne in den Mittelpunkt, das ist doch die Ansage. Mir fehlt die Figur in Deutschland. Ich finde, Musik ist selbstverständlich, die ist keine Anerkennung wert.« Bei Fotoshootings zieht er gerne überteuerte Anzüge an, spielt mit einem Hund oder einem Blumenstrauß. »Ich war neulich in einer Bildhauerwerkstatt und hab mich halbnackt auf eine Statue gelegt. Da würden Typen wie Isolation Berlin halt sagen: ›Ist mir doch egal, wir machen nur Mucke.‹ Aber ich denke: Nein, ist es nicht.« Auch von der dogmatischen Ablehnung des Punk lässt sich Gruber ungern vereinnahmen. »Es ist immer leicht, sich gegen etwas Bestehendes zu stellen und zu sagen, dies und das ist scheiße. Ich finde es schwieriger zu sagen, das und das ist gut für mich, dazu stehe ich. Wenn du irgendwelche Künstler reden hörst, geht es immer darum, was sie alles scheiße finden. Ich finde eben positives Denken gut.«
Don’t mention The Cure Max unterbricht das Gespräch, will mir etwas zeigen. Er führt mich in den Schuppen seines Vaters. Hier gibt es eine Sammlung von morbiden Kuriositäten zu bestaunen: Schädel, riesige Knochen an den Wänden, mitten im Garten steht ein verrosteter Hexenkessel, um uns herum liegen Steine von alten Kirchenmauern. Da verwundert es wenig, dass »Harieschaim« klingt wie ein Tape aus den schwarzen Abgründen des New Wave und Prototechno. Mit seiner Musik verwischt Gruber die Grenzen zwischen den Genres und kann gleichermaßen in Intro und Zillo passieren. »Ich finde vor allem wichtig, überall stattzufinden. Ich habe keine Lust, nur Indie zu sein. Wir spielen auf dem Wave-Gotik-Treffen, aber auch auf dem Melt! oder dem Juciy Beats Festival. Und dann denke ich mir: Nenne mir eine Band, die überall spielt! Dabei sind wir eigentlich für die Goths nicht goth genug, für die Indies nicht indie genug und für den Mainstream zu weird.« Auch wenn Gruber sich oder seine Musik als Generalist sehen möchte: Er ist ein Musiknerd, ein Außenseiter, ein Musikbessener. In der kurzen Zeit, in der wir uns unterhalten, nennt er gefühlt 100 verschiedene Akteure und Subgenres. Aber Außenseiter werden auch abseits der Popkultur als Hoffnung auf eine spannende Zukunft gefeiert. Das Besondere ist kein Makel mehr, sondern ein scheinbar unwiderstehliches Versprechen. Doch Musik von Insidern für Insider interessiert ihn nicht. »Es ist so leicht, Noise und Krach zu machen, jeder kann eine No-Wave-Band sein. Wenn du keine Gitarre spielen kannst und einmal ordentlich in die Saiten greifst,
bist du Lydia Lunch, aber es ist nicht Sinn der Sache. Ich New Wave finde es spannender, aus der Profession, aus der Zunft New Wave oder Punk entstand 1976/77 heraus einen richtig guten Song zu schreiben.« als Reaktion auf die Max Gruber gibt sich auf seinem Debüt durch und durch Supergruppen/-stars, als Waver. Da hilft es auch nicht, die Subkategoriekästchen deren Welt der Cocktailbars nach einem passenderen Platz zu durchsuchen. Der Sound und Nebeldiscos mit den Alltagserfahrungen der kommt originär aus den 80ern, doch er will sich nicht jeden Jugendlichen wenig gemein Vergleich gefallen lassen: »Wenn die Leute The Cure oder hatte. Doch später erfuhr Joy Division als Referenz nennen, dann beleidigt mich das die Bezeichnung New Wave einen Bedeutungswandel. einfach nur. Ich denke dann: Mann, Joy Division und The Die Intention, mit der Cure habe ich nicht mehr gehört, seit ich 15 bin.« Solche New Wave die Rockmusik Referenzen muss man erst mal ablehnen, auch wenn sie zurück auf die Straßen zu bringen, war gescheitert. augenscheinlich sind. Aber Gruber hat keine Lust auf Führende Punk-Bands lieKuschelkurs. Auch in Social-Media-Kanälen bekräftigt er ßen sich von Major-Labels seine Position: »Bezieht man dieser Tage Stellung, wird einkaufen. Ironischerweise traten etliche Gruppen in jedwede ehrliche Äußerung sofort auf etwaigen Plattfor- die Fußstapfen derer, gegen men zur Schmähkritik verklärt und aus schierem Unmut die sie zuvor aufgrund des zurückgeschossen. Es regnet falsche Rechtschaffenheit, Popstarkults rebelliert hatten. Gegenwind und Häme, als sei Geschmack je sachlich begründbar gewesen – Polemik statt Streitkunst«, schreibt er zum Beispiel in einem Post. Keine Frage: Gruber ist gemeinsam mit Produzent Markus Ganter mit »Harieschaim« ein großer Wurf gelungen. Gitarren dominieren den Sound, Hall schmückt den Raum, die Drums klatschen, der Bass pluckert blechern und strukturgebend vor sich hin. Es gibt sogar einen Song mit deutschem Text. »Will ich nur dich« enthält die wohl schönste Textzeile seit Langem: »Hab den Kopf voll mit Pflastersteinen, weil du nie verstehst, was ich meine.« Mehr NDW geht nicht. Der Sound wirkt wie aus der Zeit gefallen, doch davon will Max nichts wissen: »Musik ist für mich streamlined. Ich mag Renaissancebegriffe nicht. Diese Musik hat ja nie aufgehört, die Menschen haben nur aufgehört zuzuhören. Es gab und gibt schon von 1979 bis 2016 immer wieder Bands, die diesen Sound gefahren haben.« Hat er damit recht? Grunge, Second Wave of Indie Rock und Techno, es gab einfach Interessanteres in den letzten Jahren. »Irgendwann ist man von den ganzen Sachen überfordert, dann fragt man sich, was gab es denn damals alles eigentlich? Und dann wird so etwas wie Drangsal interessant.« Bevor ich gehe, begrüßt Max noch die gerade eintreffenden Nachbarn und wünscht frohe Ostern. Ein Moment, in dem er wirkt wie der nette Junge von nebenan. Zurück im Auto höre ich mir das Album noch einmal an. Der Himmel hat sich mittlerweile zugezogen. Dunkle Wolken sammeln sich über dem Ort, Lars von Trier hätte Spaß an dieser Szenerie. Aus den Boxen scheppert der Bassabgrund von »Sliced Bread #2«, ich drücke aufs Gas wie Markus in seinem Hit den 80ern. Und merke: Diese Gefühle haben keine Halbwertszeit, die Stunde von Drangsal schlägt jetzt – Revival hin oder her. — Drangsal »Harieschaim« (Caroline / Universal / VÖ 22.04.16) — Auf Tour vom 27.05. bis 24.08., auf dem Melt! am 16.07.
„Dieser Film weckt so viel Freude und Begeisterung, dass es schwer ist, aus dem Kinosessel zu springen!“ nicht zu klatschen, zu weinen und Screencru sh
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Mit der Musik von
SPANDAU BALLET JAM E TH TES OA & LL HA SH CLA E TH A A-H THE CURE DURAN DURAN
AB 26. MAI IM KINO
singstreet.de
/Arthaus
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#Pop #Cover-Welten
#Pop #Cover-Welten
Cover-Welten
KOLIBRI Warum es soooo viele Alben mit Kolibris gibt? Vielleicht, weil das putzige Vieh mit seinem bunten Gewand für einen tropischen Lifestyle steht? Mit seiner Crystal-Meth-Taktung beim Flattern so pfiffig aussieht? Den schönsten Schnabel von allen hat? Ehrlich? Wir haben nicht die geringste Ahnung, aber hey, sind sie nicht süß?
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#Pop #LUH
LUH
Liebe in Zeiten der Apokalypse Einst krakeelte Ellery James Roberts bei der jugendlichen Manchester-Combo WU LYF kryptische Textzeilen ins Mikro. Jetzt musiziert er mit seiner Lebenspartnerin Ebony Hoorn unter dem Namen LUH – und will dabei offenbar auch mal verstanden werden. Das Duo erzählte Nina Gierth, worauf es in unserer heutigen Welt ankommt und welche Rolle die Kulturschaffenden darin spielen. Foto: Jakob & Hannah
#Pop #LUH
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llery Roberts hat ambivalente Erfahrungen mit Medienboykotts und deren Folgen gesammelt. Die mysteriöse Aura, mit der sich seine Ex-Band WU LYF anfänglich umgab – keine Interviews, Pressefotos mit vermummten Gesichtern, unverständliche Texte – zog einen gehörigen Hype um die vier Teenager nach sich. Ernst gemeinte Verweigerung oder Marketingstrategie? Zumindest Roberts schien der Rummel keinen Spaß zu machen. Im Herbst 2012 – über ein Jahr nach Erscheinen des einzigen Albums »Go Tell Fire To The Mountain« – verabschiedete sich der Vokalist und Keyboarder auf unsanfte Art: »WU LYF is dead to me«, gab er damals in einem Online-Schreiben bekannt. Kurz vor dem Ende von WU LYF liefen sich der früh desillusionierte Nachwuchsmusiker und Ebony Hoorn, niederländische Studentin audiovisueller Künste, auf einer Party in Manchester über den Weg. Zuerst wurden sie ein Liebespaar, dann bat Ellery die musikalisch wenig erfahrene Ebony, auf seinem Song »Loyalty« zu singen. LUH war geboren. Ganz in Schwarz gekleidet, sitzen die beiden ernsten, hübschen Mittzwanziger nun nebeneinander auf dem Sofa, ergänzen oder bejahen immer wieder die Aussagen des jeweils anderen. Hier haben sich zwei Seelenverwandte gefunden. Ebony und Ellery, das klingt schon so schön. Wie eine Einheit, wie Ebony & Ivory, Mickey & Mallory, Bonnie & Clyde. LUH steht für Lost Under Heaven, das Debütalbum heißt »Spiritual Songs For Lovers To Sing«. Im Verlauf der letzten zwei Jahre gab das Duo im Internet bereits verschiedene Lebenszeichen in Form von Liedern, Videos, Fotocollagen und Texten von sich. »Ich würde uns definitiv als Kunstprojekt bezeichnen«, meint Ebony dazu. »Wir hatten nie vor, eine Band zu starten. Das hier ist nur gerade eines unserer Medien.« Stöbert man durch die digitale Welt von LUH, springt einen mehr als nur der interdisziplinäre Anspruch von Ebony und Ellery an. Auf ihrer scheinbar endlos scrollbaren Website reihen sich Bilder von WolkenkratzerLandschaften, Riot Cops und Straßenprotesten an Zitate aus Jean Baudrillards »Simulacra & Simulation« an kapitalismuskritische Texte des Künstlers Robert Montgomery. Und mittendrin steckt eine Bücherliste mit Werken von Aldous Huxley, dystopischen Romanen, philosophischen und spirituellen Schriften. Was uns das sagt? LUH sind belesene Köpfe. Und sie haben eine gewichtige Agenda. Die tritt auch auf »Spiritual Songs...« zutage, dessen melancholisch-kämpferische Stücke auf das Konto von Ellery Roberts gehen. Schon der von The Haxan Cloak produzierte Electro-Rocksound kommt mächtig daher: turmhohe Synthesizer-Wände, Shoegaze-Gitarren, Streicher, viel Hall. Ellery artikuliert sich inzwischen etwas deutlicher als noch zu WU-LYF-Zeiten, doch sein raspeliger Vortrag klingt weiterhin, als verausgabe sich das dünne Hemd von einem Briten vorm Mikrofon bis zur totalen Erschöpfung. Ebony, die sich den Gesang mit ihrem Freund teilt, fungiert da als ruhiger, kühler Gegenpol. Im rockigsten Stück der Platte, »Lost Under Heaven«, singt das Duo unisono: »On a sinking ship the only lovers left / In a world that’s lost all meaning / Your truth got me believing / [...] A hope that there’s a point to this big nothing.« Womit der Grundtenor von »Spiritual Songs...« formuliert wäre: Die Liebe ist der Zufluchtsort und die Waffe in einer von Ödnis, Zwängen und sozialer Kälte geprägten Gesellschaft kurz vor dem Abgrund.
»Trying to live a life that means something Robert Montgomery more«, eine Zeile aus dem Lied »Beneath Der schottische Künstler The Concrete«, stand bei den ersten Auftrit- (*1972) wurde von der Kunst und den Schriften ten Anfang März auf einem Banner über der der Situationisten inspiriert Bühne. Was das für sie persönlich bedeute, und fühlt sich der Streetart bleibt jedoch auch auf Nachfrage schwammig. verbunden. Sein eigenes Werk bezeichnet er als Die unmündige Existenz als passive Konsu- »melancholic post-situatimenten lehnen sie jedenfalls ab, erfährt man onist«. Seine Kunstwerke von Ebony und Ellery. Es gelte, Zeit und Geld sind poetische, gesellschaftskritische Texte, bewusst zu investieren, mit offenen Augen die auf Plakaten oder als durch die Welt zu gehen, das Leben wieder Lichtinstallationen meist im als Abenteuer zu erfahren. Die Frage, was sie öffentlichen Raum ausgestellt werden. Montgomery in der Welt gerne verändern würden, beant- arbeitet in London, Berlin, wortet Ellery schon konkreter: »Ich hoffe, Paris und New York. dass wir noch die weltweite Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens erle- The Haxan Cloak ben werden.« Außerdem thematisiert er die Hinter dem ominösen Pseumoderne Gleichsetzung von Leistung und donym steckt der 1985 geborene englische Produzent menschlichem Wert und die demoralisieren- und Musiker Bobby Krlic. Er de Wirkung von Arbeitslosigkeit, reden er machte sich zuletzt einen und Ebony über die Chancen technischen Namen durch die Beteiligung an »Death Magic« von Fortschritts für die Menschheit, erwähnen 3D- Health und »Vulnicura« von Druck und Kryptowährungen. Und übrigens: Björk. Bisher hat er selbst »Karl Marx hätte das Internet geliebt.« Die Ver- zwei Alben mit einem experimentellen Dark-Ambientmutung, LUH würden sich einer politischen Sound aufgenommen. Dazu Bewegung verbunden fühlen, verneint Ellery passt Krlics Künstlername: allerdings: »Mir scheint, dass am Ende alle »Haxan« kommt von dem schwedischen Wort »häin die Dogmatismus-Falle tappen. Und fängt xan« – der Hexe. man erst einmal mit der Rhetorik an, ist das Ergebnis destruktiv und kontraproduktiv.« Er und Ebony seien lieber in ihrem eigenen privaten Umfeld aktiv. Oder sie nutzen die Plattform des künstlerischen Ausdrucks. Und die nehmen die beiden ernst, sagt Ellery: »Wir haben eine Kultur, die egoistisches Handeln und bestimmte Weltsichten fördert, und ich denke, es hängt an kreativen, optimistischen Menschen, ihren Optimismus nach außen zu tragen und damit die Kultur voranzubringen.« Das Fördern von Empathie und Mitgefühl sei dabei das Wichtigste. Klar, man mag den Glauben an die Macht des Künstlers naiv finden. Schließlich kommt der gesamte LUH-Kosmos in seiner pathosgeladenen, unscharfen Mischung aus Kampfgeist, Theorie und Romantik etwas prätentiös daher. Doch wie viele andere junge hippe Indierocker lassen sich schon über derartige Themen aus und hängen gleichzeitig ihr Herz mit solcher Offenheit in den schneidenden Wind des Coolness-Diktats? Eben! Allein das macht das intellektuelle Traumpaar Ebony und Ellery so erfrischend. Und wenn beide im Song »Lament« zu einem bombastischen Synthie- und Schlagzeug-Feuerwerk deklamieren: »To the powers of old / To the powers that be / You have fucked up this world / But you won’t fuck with me«, hofft man, sie mögen recht behalten. — LUH »Spiritual Songs For Lovers To Sing« (Mute / GoodToGo / VÖ 06.05.16) — Auf Tour vom 24. bis 26.05.
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#Pop #Anohni
Anohni
#Pop #Anohni
Mit größerer Selbstverständlichkeit erfand sich seit den Chamäleon-Tagen von David Bowie kaum mehr jemand neu: Die Künstlerin Anohni, formerly known as Antony Hegarty von Antony And The Johnsons, tauscht Kammermusik gegen Elektronik und sanfte Trauer gegen eine bittere Anklage der Systeme dieser Zeit. Steffen Greiner traf Anohni zum Gespräch über Aktivismus, Queer-Politik und Hoffnungslosigkeit.
u Musik geweint habe ich oft (ich bin relativ nah am Wasser gebaut). Aber das waren immer Situationen oder schlichtweg das Aufeinandertreffen von Moment, Text, Klang und Melodie. Zu einer Stimme geweint, ganz einfach, weil sie Stimme war, habe ich nur bei einer. Stimmen, egal, durch wie viele Vocoder gejagt, durch wie viele Studiotricks auch geglättet, bleiben doch immer roh. Luft, die über Organe streicht, moduliert von Kehlkopf, Kiefer, Rachen. Die »Körnung der Stimme« nannte der französische Philosoph und Zeichentheoretiker Roland Barthes diese körperlichen Spuren. Die Stimme von Antony Hegarty trug immer viele Körner mit sich, Körner eines Körpers, der den Hörenden sehr nahe kommt, der Hören zur körperlichen Erfahrung macht. Eine »erotische Beziehung zwischen der Stimme und demjenigen, der sie hört«, macht Barthes aus, auch wenn diese hier mich immer eher traurig machte. Vielleicht auch bloß, weil in ihrer Ambivalenz zwischen Hochkultur und Trivialität, Mann und Frau, den Hörenden ihre eigene Verlustspur so deutlich wird – die Melancholie, die Subjekte kennzeichnet, die unterwegs zu viele ihrer Möglichkeiten verworfen haben. Der Körper, dem diese jenseitig dräuende Stimme zugehörig ist, lädt nun zu Interviews nach Paris. Am Wochenende zuvor hat Anohni sehr prominent die Oscar-Preisverleihung boykottiert. Dass Boykott ihr (»aus Zeitgründen«) vorenthalten wurde, Aus ihrem Statement zum ihr als bester Song nominiertes Stück »Manta Boykott: »Ich weiß, dass ich nicht direkt nicht gefragt Ray« bei der Gala zu performen, bezog sie recht wurde, zu performen, weil nachvollziehbar auf ihr offenbar in Hollywood ich transgender bin. Aber als anstößig empfundenes Trans*-Sein und wie die globale Erwärmung ist es kein Einzelereignis, stieß damit eine kleine Debatte an. Und dann sondern eine Reihe von ist da noch dieses Video. Das neue Album Ereignissen über Jahre, »Hopelessness« ist noch nicht offiziell ange- die ein System bilden, das versucht, mich zu untergrakündigt, aber das Label hat einen Film zum ben, zuerst als feminines Track »Drone Bomb Me« in der Hinterhand. Kind, dann als androgyne Der wird ab dem nächsten Tag wie geplant in Transfrau. Es ist ein System der sozialen Unterdrückung sozialen Netzwerken und relevanten Medien und der verminderten einschlagen, starring Naomi Campbell, als: der Möglichkeiten für TransKörper zur Stimme. Der Körper zu Anohnis menschen.« Stimme, die die Perspektive eines afghanischen Mädchens einnimmt, dessen Familie von Drohnen-Bomben ausgelöscht wird.
Anohni selbst lässt auf sich warten. Gute 90 Minuten Verspätung prognostizieren die Labelmenschen mir im Salon des High-End-Hotels gleich am Place Vendôme, nach einer guten Stunde darf ich immerhin schon nach oben in die Suite. Dann, zwanzig Minuten später, öffnet sich die Flügeltür. Anohni: müde, hängende Schultern, hängender Kopf. Und dennoch: Körper als Präsenz. Plötzlich ist von einem Ortswechsel ins Taxi die Rede. Schließlich sind wir spät dran, und Anohni soll spontan bei einer Fernsehshow auftreten, aber ein kategorisches »Nein, wir machen das hier« klärt die Sache. Anohni fokussiert, ich kritzele noch rum. Der Händedruck schlapp und dezent awkward. Das neue Album drängt sich mit Fragen förmlich auf. Es hat sich einiges getan im Universum Hegarty – das Wichtigste: Antony Hegarty ist nur noch ein Name in alten Songcredits. In ihrem privaten Umfeld trug sie den Namen Anohni schon lange, jetzt ist diese Identität endlich auch ihre künstlerische. Was einhergeht mit einem Wechsel des Pronomens, wenn über ihre Kunst geredet wird: Anohni, weiblich, sie. Ähnlich selbstverständlich wie dieser Schritt ist die parallele Neuerfindung ihres Sounds, denn statt mit Klavier und Streichern überrascht »Hopelessness« mit Electronica, die ausloten, was heute state of the art ist. Dan Lopatin, der als Oneohtrix Point Never seit Jahren die Grenzen von Zugänglichkeit und Klangexperiment in beide Richtungen überschreitet, und der gefeierte WarpProducer Hudson Mohawke halfen Anohni, sich soundmäßig zugleich neu zu erfinden und damit künstlerisch konsequent weiterzuschreiten. »Ich liebe Hudsons Sound, so hymnisch, so schonungslos. Das provozierte mich, einige sehr intensive Lyrics zu schreiben, die auf diesen Klang antworten. In der Vergangenheit habe ich eher pastorale, symphonische Musik gemacht, und auch das hatte seine Gründe. Kammermusik ist heute wieder konservativ und würde auch nicht zu meinen Texten passen – es fühlte sich besser an, sie gegen Dance-Musik zu lehnen. In der Vergangenheit ruhten sich Menschen häufig schnell allzu bequem auf meiner Stimme aus. Diesmal sollte sie anders klingen in der Musik, um kompliziertere Fragen zu stellen. Wie ein trojanisches Pferd.« Dabei war die Bequemlichkeit der Künstlerin auch im brillanten kammermusikalischen Gewand ihrer früheren Alben mit Antony And The Johnsons nie eine ungebrochene. Entdeckt ausgerechnet von der IndustrialLegende David Tibet, schaffte Antony Hegarty David Tibet 2005 den Durchbruch mit seinem zweiten Seinen Bühnennamen erAlbum »I Am A Bird Now«, das allein durch hielt der britische Musiker, Dichter und Künstler von Gastauftritte von Menschen wie Lou Reed, einer Queer-Ikone: Genesis Boy George oder Devendra Banhart bewies, P-Orridge, mit der*dem er welchen Eindruck der international weit- gemeinsam in den frühen Achtzigern bei Psychic TV gehend unbekannte Künstler auf die Szene spielte, bevor er mit Current machte. Er sang davon, wie es sein wird, einmal 93 selbst eine musikalische eine schöne Frau zu sein und von der Angst, Sprache für die Apokalypse fand und zum Vorbereiter alleine zu sterben. Er vertonte Edgar Allan des Post-Industrial- und Poe und fand einen Hitler in seinem Herzen. Neofolk-Genres wurde. Es war vielleicht nur eine Frage der Zeit, bis seine Texte zu einer Esoterik fanden, die eher unangenehm war: weniger queer, näher am spirituellen Feminismus der 70er, der glaubte, dass schiere Weiblichkeit schon die komplexen Machtstrukturen zum Verschwinden brächte. Das Ewig-Weibliche strömte durch Alben wie »The Crying Light« und »Swanlights«. Und eine Ahnung von Weltuntergang. Antony wurde so etwas wie eine queere Björk – und mir etwas egal.
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#Pop #Anohni
Aus »Hopelessness« spricht nun etwas ganz anderes, obschon Anohni den harschen Realismus des Albums selbst als »super-spirituell« bezeichnet: »Identitäts-Politik, die sich nur um sich drehz, führt nicht weiter – das ist, als säße man im Sonnenstuhl auf der Titanic. Was nützen Identitäts-Politiken, wenn sie in einer Umgebung, einer Biosphäre stattfinden, die über uns zusammenfällt? Für mich geht es darum, die vielfältigen Verwebungen von Trans-Politik und Umwelt zu begreifen. Oder der Einkommensschere, des neoliberalen Kapitalismus, der Misogynie und des Zusammenbruchs des Ökosystems. Denn das sind alles Bestandteile des gleichen Systems, Symptome. Es erinnert mich an Aids, wo ebenso ein einzelner Zustand völlig unterschiedliche Erscheinungsformen findet – das, was den Körper tötet, ist eben nicht eine einzelne Ursache, sondern die zugrunde liegende Bedingtheit des Virus. Übertragen auf die Welt, ist die Frucht dieses Vito Russo Zustandes der Ökozid. Mein Lehrer Vito Russo Der amerikanische LGBT- brachte mir bei: ›Du kannst nicht für schwule Aktivist und Filmhis- Rechte kämpfen, wenn du kein*e Feminist*in toriker ist vor allem für sein Standardwerk »The bist, diese beiden Anliegen lassen sich nicht Celluloid Closet« bekannt, trennen.‹ Der Druck, der auf schwulen Menin dem er die Darstellung schen lastet, liegt direkt auf den Schultern des schwuler, lesbischer und Trans*-Charaktere in Untergeordnet-Seins der Frauen. Das willst du Hollywood-Filmen unter- als junger schwuler Mensch nicht hören. Als suchte. Ein Thema, dem er, ich aber älter wurde, habe ich verstanden, dass neben seiner Arbeit für die Lobbygruppe für Menschen dieses Untergeordnet-Sein der Frau wiedermit Aids, Act Up, auch sein um aufbaut auf dem Untergeordnet-Sein der politisches Engagement Natur. Es gibt einen direkten Link zwischen widmete. queer politics und dem Ökozid. Dem bin ich seit 25 Jahren auf der Spur.« Auf »Hopelessness« verfolgt Anohni diese Verstrickungen bis hinein ins eigene Leben. »Es ist schwer, das zu ertragen. Und wir alle verwenden viel Zeit darauf, diese Frage auszublenden und unsere eigene Mitschuld zu verleugnen. Und auch darum geht es: um meine Verantwortung innerhalb von Systemen, die nicht zu meinem Wohl aufgebaut sind. Darum, wie ich als unschuldiges Wesen allein durch meine Mitgliedschaft in der Menschheit dazu beitrage, diese Biosphäre zu vernichten. Ich wollte einen Soundtrack machen für Menschen, die dieselben Gefühle durchleben. Mir geht es nicht darum, die Meinung des Einzelnen zu ändern, das wäre auch nicht möglich. Aber ich möchte Menschen unterstützen, die da sind, wo ich bin, die dieselben aufkeimenden Gewissheiten erleben und versuchen, ihre Perspektive auf die Welt neu zu ordnen. Und die ebenso fragen: Ist es möglich, die Flugrichtung unserer Gattung zu verändern? Das wurde schon oft beantwortet, von so vielen Generationen, und die meisten sagten: Nein. Wenn man alle diese Staatschefs sieht, die sich glücklich die Hände schütteln, weil die Temperatur um ›nur‹ zwei Grad ansteigen wird, und Menschen glauben, Bloß zwei Grad das sei nun ein Erfolg, dabei ist allein dieses Bis zur UN-Klimakonferenz Szenario der Weg in eine Apokalypse, die wir von Paris Ende 2015 lag uns nicht vorstellen können. Bloß zwei Grad. eines der Hauptziele der internationalen Gemein- Es ist an uns, aus diesem infantilen Verhältschaft im Versuch, die nis zur Macht auszusteigen und aufzuzeigen, globale Erderwärmung auf welchen Wechsel wir uns vorstellen können. einen Anstieg von maximal 2,0°C zu begrenzen – was Der muss bei uns anfangen.« Längst ist, was als kritischer Beschuss zu noch immer stetige Gletscherschmelze und das Ab- Esoterik und Psychoanalyse geplant war, zu eischmelzen der Polkappen, ein Ende des sibirischen ner eindringlichen Predigt geworden. Die aber Permafrostes sowie den wirkt ganz und gar unmissionarisch, weil es Untergang des einen Anohni damit offensichtlich unfassbar ernst ist oder anderen Inselstaates und die Zerstörung des – und das, was sie sagt, ist ja auch schmerzlich Lebensraumes zahlreicher wahr. Genau wie das Album, das zu den großen indigener Bevölkerungen des Jahres zählen wird. Oft ist es so, dass »wir« bedeuten würde. – die Menschen, die Monat für Monat dieses
Magazin machen oder ein anderes oder einen Blog – über Musik ein wenig besser schreiben, als sie ist, weil das eben unser Beruf ist und, irgendwie, darin eben unsere Rolle und Pflicht besteht (und natürlich auch, weil es das große Privileg von Pop gegenüber älteren Künsten ist, das, was da ist, und das, was kommt, immer ein wenig geiler zu finden als das, was war). Das wissen wir, das wisst auch ihr. Und wer weiß, vielleicht ist auch Anohnis »Hopelessness« in Wirklichkeit – bei aller Energie und Größe der Produktion, aller stimmlichen und melodischen Brillanz – viel weniger wahnwitzig, als es sich gerade darstellt. Es gibt Songs wie »Obama«, die mit ihrer erwartbaren Kritik eher müde machen – da sind Polit- und Love-Song doch verwandt: Enttäuschte Erwartungen funktionieren als Topic eher so lala. Das mag alles sein, und doch: Anohni hat dieses gewisse Andere, eine Verheißung, einen Trost, der kurz glauben lässt, dass hier eine Künstlerin tatsächlich so groß ist, wie wir es uns und euch glauben machen wollen. In diesem Moment jedenfalls nimmt es mich mit, ihr zu folgen. Als wir uns verabschieden – das Taxi muss jetzt wirklich los, um durch die Pariser Rushhour rechtzeitig ins Studio zu kurven –, muss ich etwas elender dasitzen, als ich mich fühle. Beziehungsweise, nein, eine Umarmung, das wäre schon schick. Ob sie mich jetzt habe schlecht fühlen lassen mit dem, was sie gesagt habe, fragt Anohni. Na ja, ein wenig was kam wohl schon durch. »Nimm nur so viel an, wie du kannst, und lass den Rest hier«, sagt Anohni, greift aufmunternd meine Hand, zwinkert mir zu und verschwindet hinter der Flügeltür. Auf dem Weg zum Flughafen verirre ich mich in irgendwelchen Gassen. Es ist spät geworden, mein Flug geht gleich, und ich habe keine Ahnung, wo die Busse zum Aéroport Orly abfahren. Ich will nur noch ins Flugzeug, aus dem Fenster schauen, diese tränentreibende Stimme im Ohr haben und vielleicht sogar nach Drohnen Ausschau halten. In meiner Panik fange ich irgendwann an zu rennen, ziellos, auf gut Glück. Bald hält neben mir, an einer roten Ampel, der Express-Bus. Und er öffnet seine Tür, einfach so. So kitschig endet das tatsächlich. Der Fahrer zwinkert mir zu. Es gibt noch Hoffnung. — Anohni »Hopelessness« (Rough Trade / Beggars / Indigo / VÖ 06.05.16)
Mit Mazda zum Tomorrowland! Es gibt sie, diese Festivals, die jedes Jahr in Rekordzeit ausverkauft sind, kurz nachdem der Vorverkauf begonnen hat. Eines davon ist das mythische Tomorrowland im belgischen Boom, Traum- und Märchenland von Fans elektronischer Musik. Ihr habt schon Tränen vergossen, weil ihr keine Karten mehr bekommen habt? Na, dann aufgepasst: Gemeinsam mit Mazda schicken wir zwei glückliche »Sound Of Tomorrow«-Fans zum ausverkauften Tomorrowland nach Belgien! Auf geht’s in die Märchenwelt der elektronischen Musik. Feiert zu Musik von Tiësto, Steve Aoki, Lost Frequencies, Paul Kalkbrenner, Robin Schulz und vielen, vielen mehr. Als »Special Guest« erlebt ihr das Festival noch dazu im ganz besonderen Rahmen – dank Mazda - des exklusiven Automobilpartners vom Tomorrowland. Mazda sucht den »Sound Of Tomorrow« und lädt kreative DJs aus ganz Europa nach Belgien ein, damit auf der Mazda-Stage Träume wahr werden. Und ihr könnt dabei sein: Mit einem Mazda CX-3 geht es ab Leverkusen nach Boom in Belgien, wo ihr über die drei Festivaltage im Dreamville untergebracht seid. Dort steht euer bestens ausgestattetes Zelt inklusive Stromanschluss und Schließfach für Wertsachen. Derart bequem und luxuriös wird der Festivalbesuch wahrscheinlich nie wieder. Alle Infos zum Gewinnspiel findet ihr auf festivalguide.de/soundoftomorrow. Viel Glück!
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#Pop #Ry X
Ry X
HALT MICH, LIEBES Wenn man schon zwei Singles wie »Howling« oder »Berlin« lockerflockig ohne Album in den Hipsterherzen der Welt platziert hat und zugleich mit Howling und The Acid zwei tolle Bands mit seiner Stimme bereichert hat – dann kann man schon mal so entspannt sein, wie es Ry X bei unserem Gesprächstermin ist. Der bärtige Künstler wirkt, als käme er gerade frisch vom Surfen. Warum er so gelassen ist und wie man melancholische Songs schreibt, wenn man eigentlich glücklich ist, hat er Hannah Bahl erklärt. Foto: Joseph Wolfgang Ohlert
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y X, alias Ry Cuming, sitzt im riesigen BackstageBereich des alten Berliner DDR-Funkhauses, während seine Band mit ungelenken Radschlägen versucht, die letzte Winterkälte und Vor-ShowLangeweile aus den großen ungeheizten Räumen zu vertreiben. Mit seinem fusseligen Hipsterbart und der meditativen Yoga-Attitüde sieht Ry X an diesem Tag wie jemand aus, den man eher morgens auf einer Welle in Bali als mit Gitarre im kalten Berlin antreffen würde. Mit dieser Bemerkung steigen wir ins Gespräch ein und landen ohne Umschweife beim Album-Titel seines Debüts »Dawn«, der, wie könnte es anders sein, genau wie die anderen neuen Songs »Shoreline« und »Salt« mit dem Leben am Meer zu tun hat. »Ich habe endlose Listen mit Albentiteln aufgeschrieben und Seite um Seite gefüllt, bis ich dann doch wieder bei einzelnen Worten gelandet bin. ›Dawn‹ hat für mich eine besondere Bedeutung, weil sich im Morgengrauen für einen kurzen Moment zwei Welten, das Dunkle und das Helle, begegnen. Wenn alles an einem Tag schrecklich und verkorkst ist, gibt es trotzdem immer wieder einen Neuanfang. Das Intro zum Album soll sich deshalb auch ein bisschen so anfühlen, als würdest du im Morgengrauen zum ersten Wellenritt rauspaddeln und dabei das Gefühl haben, die Welt sei noch neu.« »Dawn« ist aber auch ein guter Titel, weil es sich bei dem Debüt des Australiers zugleich um den Aufbruch als Solokünstler handelt. Bis jetzt ist Ry X vornehmlich mit seinen Remixes und den Projekten The Acid und gemeinsam mit Produzent Frank Wiedemann, der zu seinen besten Freunden zählt, als Howling in Erscheinung getreten. »Dawn« ist jetzt also der logische Schritt in die Solokarriere, der nach den beiden sehr erfolgreichen Singles »Howling« und »Berlin« unabwendbar schien. Das Debüt des Sängers oszilliert und changiert dabei zwischen starken und leisen Momenten und ist damit eine Ode an die Fragilität des Lebensmoments. Ry erklärt das so: »Für mich ist Zerbrechlichkeit etwas Schönes. Wenn man zugibt, zerbrechlich zu sein, entsteht daraus eine große Stärke und Kraft, und darum geht es mir in denn Songs.. Es ist okay, zu sagen, dass man gehalten werden möchte, wie ich es in ›Hold Me Love‹ singe. Wir sind nicht mehr daran gewöhnt, solche Dinge zuzugeben. Gerade Männer hört man so etwas nie sagen. Mir geht es in meinen Songs auch darum, mit Gender-Stereotypen zu brechen, indem man sein wahres Ich zeigt und das sagt, was man
fühlt.« Wenn einem Ry X so etwas gestikulierend und mit einem verschmitzten Grinsen erzählt, kann man kaum glauben, dass er einen Hang zu so melancholischen Songs hat. Dass sich diese beiden Dinge nicht widersprechen, sondern zusammenhängen, erklärt er so: »Ein Freund hat einmal zu mir gesagt, dass ich mit meiner Anwesenheit einen Raum zum Leuchten bringen kann. Das war ein ziemliches Kompliment, bis er Funkhaus dann weiter ausführte, dass ich dafür aber Das Gebäude in der auch diese Dunkelheit in mir habe, die alles Nalepastraße in Oberschöneweide war von verschluckt. Damit hat er irgendwie recht. Es 1956 bis 1990 Sitz des hat lange gedauert, bis ich gelernt habe, diese Rundfunks der DDR. Seit beiden Seiten von mir auszubalancieren, und den Neunzigerjahren wird der seitdem »Funkhaus« verstanden habe, dass meine Songs aus dieser genannte Komplex auch als Dunkelheit entstehen.« Aus der Dunkelheit Studio und Live-Location ins Licht, das hört sich an wie ein Spruch aus genutzt. Vor allem der große Sendesaal wurde oft für dem Yoga-Kalender, aber ein bisschen ge- seine einzigartige Akustik sundes Pathos gehört wahrscheinlich dazu, gefeiert. wenn man von einer Hippie-Mutter schon früh zum Meditieren und Sich-selbst-Finden Frank Wiedemann Für den Berliner Produzenerzogen wurde. Die Songs von »Dawn«, das merkt man ten und Ry X war es Liebe auf den ersten Blick. Die auch am Abend beim Konzert im Funkhaus, beiden arbeiten zusammen funktionieren anders als die bekannten Hits, im Projekt Howling. sie sind viel monumentaler und passen zu den Wiedemann tritt sonst mit dem Deep-House-Projekt vielen Kerzen, die die ganze Bühne erleuchten. Âme auf und hat außerdem Dieser Moment, in dem er mit seiner Band in gerade seine erste Solo-EP diesem riesigen DDR-Funkhaus steht, während »Moorthon« veröffentlicht. alle für ihn in diesem toten Gebäude freiwillig ein bisschen frieren, spiegelt auch die Stärke und Fragilität des Albums wider. Alles kann im nächsten Moment schon wieder vorbei sein, man muss das Leben wie das Meer behandeln und einfach die Welle reiten, die als Nächstes kommt. Den ehrlichen Dank, den Ry X seinem Publikum an diesem Abend noch mit auf den Weg gibt, nimmt man ihm deshalb auch ab, wenn er sagt: »Diese Songs gehören euch mittlerweile mehr als mir. Damit habe ich nie gerechnet.« Vielleicht erklärt sich so auch der Erfolg des Australiers: Ry X ist alles, was diese einsamen Großstadtmenschen mit gebrochenen (Winter)herzen gerne wären – er ist ganz bei sich. — Ry X »Dawn« (Infectious / Coop / PIAS / Rough Trade / VÖ 06.05.16) Intro empfiehlt die Tour vom 10. bis 16.05.
#Pop #Ry X
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#Pop #Trümmer
Trümmer
EMBEDDED IN DER INTERZONE Die Hamburger Musikszene wirkte schon immer so, als sei jeder mit jedem befreundet und mache hier und da Kunst und andere Dinge mit den anderen. Das gilt auch für Paul Pötsch, Tammo Kasper, Maximilian Fenski und Helge Hasselberg alias Trümmer. Auf ihrem zweiten Album »Interzone« führen sie uns in eine utopische Zwischenwelt. Deshalb zeckten wir uns ganz nah ran und schickten mit Lars Fleischmann einen Autor nach Hamburg, der die Bandmitglieder so gut kennt, dass er sogar bei ihnen im Bett pennt. Ähnliches gilt für die Fotos: Die schoss Bandkumpel Robin Hinsch in der Stammbar der Band.
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auls Wohnung kennt man aus einem Intro-Artikel zur ersten Trümmer-Platte. Unsanierter Altbau – die Wohnung, nicht die Platte – mitten in St. Pauli, prädestiniert für das Geheimkonzert, das hier mal stattfand. Für den Zweitling (O-Ton Paul: »Eigentlich unsere dritte Platte! Die erste ist bloß nie erschienen.«) denken Trümmer dann schon größer. Über fünf Tage wird die von Jakobus von Durstewitz (Ja König Ja und Die Vögel) designte und gefertigte Neonreklame über dem von der Band zum Release installierten Pop-up-Club »INTERZONE« leuchten. In einer Off-Location wird es dann Drinks geben, Konzerte und noch so einiges mehr. Trümmer wollen eine Idee verkaufen: Lasst uns doch mal fünf Tage aussteigen. Aussteigen aus unseren Interzone Projekten, unseren Jobs, unserem Ein Wort mit vielen Bedeu- Ausgehverhalten, unserem Alltag. tungen, das die Popkultur Das Konzept passt natürlich super vor allem dank William S. Burroughs’ Roman »Naked zur Platte, die genau denselben Raum aufmaLunch« und seiner Short- chen möchte. Fantasieren erlaubt, willkommen Story-Sammlung »Interzo- in der Zwischenzone! ne« geprägt hat. Der Junkie Oder vielmehr Interzone. Dieses Wort, diese William Lee, Hauptfigur in »Naked Lunch«, landet Welt, die William S. Burroughs uns ins Hirn immer wieder in dieser (alb) geschrieben hat. Bevor ich nach Hamburg traumartigen Zwischenwelt, die Burroughs selbst eine aufbrach, habe ich meine 1962er-Ausgabe von »metaphorische, staaten- Burroughs’ »Naked Lunch« mal wieder aus lose Stadt« nannte. David dem Regal genommen. War nur ein wenig Cronenberg visualisierte die Interzone in seiner angestaubt. »Für Lars«, schön signiert zum Verfilmung aus dem Jahr Geburtstag vor sechs Jahren. Gutes Geschenk 1991 sehr eindrucksvoll. von Jakob – oder Julius, shit, nee, mit dem
#Pop #Trümmer
eine Interview-Situation geplatzt. Dass das Anhedonia Interview für ein Hamburger Tabloid-Blatt In dem Film leiden die ist, macht die Peinlichkeit für mich sehr viel beiden Aristokraten-Söhne Franz (Robert Stadlober) weniger unangenehm. Pötsch spielt im Film an und Fritz Freudenthal der Seite von Blixa Bargeld, Dirk von Lowtzow (Wieland Schönfelder) an und Robert Stadlober – und die Promo dafür Anhedonie – der Unfähigkeit, Freude, Lust und muss eben auch gemacht werden. »Glückli- Befriedigung zu empfinden. cherweise läuft das mit der Promo für die neue Um ihren persönlichen Platte erst später an«, hör ich am nächsten Tag Seelenfrieden wiederherzustellen, begeben sich die Henning Mues, Labelchef von Euphorie, in ei- beiden Dandys in die Obhut nem anderen Kontext sagen. Ich bin versucht, des weltbekannten Psychoirgendwann einzuwerfen, dass sich doch alle therapeuten und Erfinders der Lust-Stimuli-Therapie: mal eine Pause gönnen sollten. Prof. Dr. Immanuel Young (Dirk von Lowtzow).
Ehrlich ist lächerlich
Euphorie Hamburger Label, das 2014
Die Pause hätten sie sogar verdient, denn der gemeinsam mit Staatsakt den Labelsampler »Keine Produktionszeitraum von »Interzone« ist für Bewegung!« veröffentheutige Verhältnisse recht kurz. Erst Ende lichte. Darauf befand sich Oktober 2015 begann die Arbeit daran, im auch »Pisse« von Schnipo Schranke – unser Song des Dezember war die Produktion beendet; und Jahres. In den nächsten schon fünf Monate später soll das Ding in den Wochen will das Label Läden stehen – alles sehr eng. Doch zur Frage von Henning Mues und Tammo Kasper vor allem nach dem Stress kommt es gar nicht erst, da mit den Bands Der Ringer schon der nächste Termin ansteht: Euphorie- und Leoniden für Aufsehen Party. Eigentlich sollte sie im Pudel stattfinden, sorgen. wegen der derzeitigen Baustellen-Situation nach dem Brand wurde die Party 200 Meter weiter die Elbe hinauf ins Hafenklang verlegt. Heute ist ein besonderer Anlass, da die Labelkollegen Der Ringer ihre EP »Glücklich« veröffentlichen. Pflichttermin für alle. Dort treffe ich auch Tammo Kasper und Helge Hasselberg, der mittlerweile offiziell viertes Bandmitglied ist; Max Fenski, der Drummer von Trümmer, fehlt leider, da er neben der Musikerkarriere gerade ganz vorbildlich sein Medizinstudium beendet. Im Backstage-Bereich wird mehr gemeinsam diskutiert als getrunken. Über Deutschpop und die Verheißung einer authentischen Musik zum Beispiel. Kasper regt sich auf: »Ehrliche Musik, was soll das überhaupt sein? Das ist doch ein lächerlicher Ansatz.« Stunden und einige Drinks später wanke ich dann von der Aftershow-Party im Golem, wo wir die Band später fotografieren werden, zurück zu Pauls Wohnung. Hier werde ich die Nacht verbringen. Embedded journalism, im wahrsten Wortsinn, denke ich. Und plötzlich – beim Blick auf das Schild »Monteurszimmer einzeln zu mieten« und der gleichzeitigen Anmache einer der Frauen, für die St. Pauli bekannt ist – schießt mir ein Gedanke durch das etwas müde Gehirn: Man darf das alles nicht so nüchtern betrachten!
habe ich eine Platte von Naked Lunch gehört, ganz andere Baustelle. Frage mich, ob das damals irgendwas mit »From Atlantis To Interzone« von The Klaxons zu tun hatte. Ach ja, Interzone-Referenzen – man könnte glatt eine Landkarte davon zeichnen. In Pauls Wohnung merke ich schnell, dass die Sache mit dem Aussteigen manchmal nicht so einfach ist. Paul sitzt mit einer Handvoll weiterer Personen auf VintageMöbeln im Wohnzimmer. Die Namen habe ich so schnell nicht behalten können, den Grund für das Zusammentreffen schon: »Anhedonia«, der Film von Patrick Siegfried Zimmer. Der sitzt auch dabei – ich bin versehentlich in
Nüchtern betrachtet In dem Moment erscheint mir dieser Gedanke eine geniale Interpretation von »Interzone«. Dem Album, nicht der Welt. Obwohl beides natürlich schwer zu trennen ist. »Interzone« ist eine schwierige Platte, also ganz nüchtern betrachtet. Die mittlerweile durchgesetzte Gültigkeit des Claims, dass die zweite Platte immer die schwerste sein soll, mag auch hier eine Rolle spielen. Es rumpelt sofort los, Paul Pötsch sagt dazu: »Es gibt keinen richtigen Auftakt. Das Album ist sehr direkt.« Der Übergang in die Interzone geht sehr schnell vonstatten. Die erste Auskopplung »Grüße aus der Interzone«, der Hit der Platte, kommt erst an
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#Pop #Trümmer
dritter Stelle (entgegen der alten Pop-Regel, dass die erste Single immer der zweite Track des Albums ist). Eine klassische Deutschpop-Nummer, die sinnbildlich für die erste Hälfte der Platte steht und – anders als der Rest der Songs – von Leichtigkeit geprägt ist. Mit »Nitroglyzerin« ist sogar eine Bowie-mäßige Disco-Nummer vertreten. Paul ist ein großer Disco-Fan und legt auch häufiger in Hamburg (Golem, Pudel), Leipzig (Ilses Erika) oder Köln (King Georg) auf. Generell sind alle auf »Interzone« propagierten Lebensentwürfe utopisch. Die Platte deklariert eher die Fantasie, wie ein Ort anderer Logik aussehen könnte, wenn wir ihn gemeinsam gestalten würden, anstatt immer nur zu arbeiten.
Peinliches entpeinlichen Die zweite Hälfte kommt ein wenig »stronger« rüber. »Europa Monster Mega Rave« als Nabelstück der Platte erzählt von einer großen Party, zu der alle eingeladen sind. Trümmer verbinden dabei sehr geschickt die HouseClub-Utopie (Liebe für jedermann, Freiheit) mit einer etwas ruppigeren musikalischen Herangehensweise, die man eher aus dem Hardrock kennt. »L’amour toujours, L.O.V.E« – erst kommt Gigi D’Agostino, dann Eko Fresh und Valezka? Erst der Neunziger-Rave, dann die befreite Liebe der Nullerjahre? Viele Referenzen laufen ins Leere, viele Allgemeinplätze werden hier verdreht (»vor mir die
Sintflut«). »Es war mir wichtig, diese grund- Cut-up-Technik peinliche Sprache Deutsch zu entpeinlichen«, Auch wenn William S. sagt Paul, als ich ihn drauf anspreche. »Es ist ja Burroughs und die BeatLiteraten die bekanntesten so, dass sich auf Deutsch erst mal alles schlimm Vertreter dieser literarianhört. Man muss schon Anglizismen anwen- schen Collage-Technik sind, den, um das zu ertragen.« Grundlage für die wurden ähnliche Ansätze bereits von Max Frisch und Songtexte des Albums ist ein ellenlanger Text James Joyce entwickelt. von Paul, den er in rasanter Geschwindigkeit Die simpelste Form dieser runtergeschrieben hat. Nach dem Schlafentzug Technik ist, zwei beliebige Seiten eines Textes sortierte er die Versatzstücke und fügte sie lo- senkrecht zu zerschneiden gisch wieder zusammen. Paul: »Ich habe alles und diese in vertauschter intuitiv aus mir rausgeschrieben. Erst nachher Reihenfolge wieder zusammenzusetzen. habe ich gemerkt, dass William S. Burroughs das zumindest ähnlich gemacht hat.« Burroughs, der damit nicht nur Namensgeber (Paul: »Das ist tatsächlich keine bewusste Referenz.«) für die Platte ist, sondern auch mit seiner Cutup-Technik Pate stand, würde sich wahrscheinlich sehr über seine Enkel im Geiste freuen. Auch wenn die Referenzen frei sind, bleiben die Themen ähnliche. »Die Platte hat halt ein großes Thema: über den Rausch der Liebe und die Liebe zum Rausch. Ich habe überlegt, was passiert, wenn man alles endlich mal nicht nüchtern betrachtet«, sagt Paul mir später und trifft damit jenen Gedanken, den ich nachts auch schon hatte. Und er gibt die Richtung des Abends vor: doch noch mal rausgehen, sich in die Nacht werfen. Erst schaue ich im Szene-Lokal vorbei, in dem Paul sporadisch arbeitet, dann ziehe ich weiter. Morgens um sechs sitze ich im Kino des Golems, in dem wir wieder – vollkommen zu Recht wohlgemerkt – gelandet sind, gemeinsam mit einigen Akteuren der sogenannten »Neuen Hamburger Schule«. Paul und Helge Hasselberg sind auch da. Wir reden über Alltägliches, aber auch über die wichtigen Themen im Leben, später diskutieren wir über Platten und die verschiedenen Zustände, in denen man sich befindet. Dazu trinken wir immer weiter Gin-Tonic und Wodka-Soda – ganz im Sinne des gleichnamigen neunten Stücks. Vielleicht ist das hier gerade die Interzone?! Schon das dritte Mal, dass ich das in den letzten zwei Tagen denke. Aber dann überkommt mich immer wieder das Gefühl, dass man was schaffen muss oder noch was zu erledigen hat. Mir wird zum Beispiel klar, dass ich schon in vier Stunden mit Tammo und Paul zum Interview fahre.
#Pop #Trümmer
Zwischenwelt Geesthacht Nach einer kurzen Schlafepisode erwartet mich ein noch kürzeres Frühstück – die Rettung gegen meine Übelkeit. Wegen der Wetterlage (#shietwetter) verwerfen wir recht schnell unseren Plan, zum Timmendorfer Strand zu fahren. Der Ostsee-Strand hinter Lübeck ist eines der Lieblingsnaherholungsgebiete der Hamburger – bei Regen aber vor allen Dingen grau und nicht ganz so hübsch. Also setzen wir uns ins Auto und fahren los. Ohne Ziel. Hauptsache raus aus Hamburg. Die Band scheint den Vorschlag immer besser zu finden, je länger wir durch das Nirgendwo fahren. Paul betont aber, dass es keine Hamburg-Flucht sei. Er liebe diese Stadt. Wir landen eine Stunde später in der nächsten Zwischenzone, im schleswig-holsteinischen Geesthacht. Auf der Suche nach einem Kaffee finden wir die »MarktKlause«. Hier wird geraucht, getrunken und Darts gespielt; dazu läuft das Radio – Konsensmusik, damit sich keiner gestört fühlt. Hm, Ansichtssache. Der Rauch ist so dicht, dass man kaum bis zur nächsten Ecke des kleinen Gastraumes schauen kann. »Schön, hier im Nebel zu sitzen«, sagt irgendjemand, und wir fragen uns, ob wir gerade die Dandys aus Song Nummer fünf sind (»Dandys im Nebel«). Auf Tammo und Paul trifft das zu – während die beiden gut angezogen wie immer (ich kann mir nicht vorstellen, dass einer von den beiden je eine Jogginghose, einen Hoodie oder Sneaker tragen könnte) vor der 50erJahre-Garderobe im Gelsenkirchener-Barock-Stil sitzen und Bier, Kaffee, Ouzo und noch mal Bier trinken, macht sich mein Schlafmangel bemerkbar und ich fühle mich schlecht angezogen. Doch die Einrichtung und das frische Bier vom Fass lockern die Stimmung. Hier ist alles so skurril, und an der Theke scheint eine unglaubliche Ruhe zu herrschen. Es gibt keine Zwänge. Nur die Thekendame erzählt uns mit rauchig-heiserer Stimme, dass es für sie normal sei, von morgens bis nachts um drei hinter der Theke zu stehen. Nach dem Kaffee gehen wir das Vorhaben Interview an und sprechen erneut über Deutschpop. Kasper führt noch mal aus: »Wir machen ja immer noch eher Indie. Deutschpop ist doch scheiße. Selbst Sarah Connor singt jetzt auf Deutsch. Und wenn ich höre, dass einige Bands nur über ihr scheiß Studentenleben singen, dann kommt mir das Kotzen.« Als ich nachhake, was das für sein Musikmachen bedeute, erzählt Kasper von den Plänen, die er und Mues mit dem Euphorie-Label haben. Die beiden möchten den Markt in naher Zukunft ein wenig mit den »anderen Bands« aufrollen, die sie noch in petto haben. »Der Ringer oder Leoniden machen ja keinen Deutschpop. Die Musik ist viel künstlicher und deshalb gut.« Paul ist derweil eher still. Ob’s am Schlafentzug liegt? Beim privaten Fotoshoot zwischen den High-Tech-Darts-Maschinen deutet Kasper an, Pötsch auf den Mund zu küssen. »Damit müssen die hier klarkommen«, sagt er konfrontationslustig. Man will eben auch mal gegen die üblichen Regeln durchsetzen, was man denkt und für richtig hält. Währenddessen läuft im Radio unentwegt die Musik, die wir gerade gemeinsam abgelehnt haben. Paul: »Mich interessiert das alles gar nicht. Das ist einfach nur schrecklich.« Nach sehr skurrilen Stunden in der Klause kratzt der Hals, das Bier ist gar nicht mal so lecker, und irgendwann müssen wir auch mal was essen und nach Hause fahren. Das Passivrauchen hat jeden von uns mitgenommen, die frische Luft draußen berauscht uns nahezu. Wie zufällig liegt für die Rückfahrt dann die Promo zu »Interzone«
bereit, und Kasper schmeißt sie in den Spieler. »Es ist echt fett, was Helge [Hasselberg] in der Post-Produktion noch rausgeholt hat«, sagt einer der beiden, und der andere stimmt zu. Pötsch sitztanzt zu »Nitroglyzerin« ein wenig mit, bei »Grüße aus der Interzone« erwische ich mich beim Mitsingen, was mir vor den beiden dann doch peinlich ist. »Das ist so fett hookig«, platzt es trotzdem aus mir heraus. Paul grinst. Den zweiten Refrain singen wir zusammen. Und pünktlich mit den letzten Tönen des grandiosen Closers »Wozu noch Angst« kommen wir wieder am Bahnhof in Hamburg an. Ich umarme beide und setze mich in den Zug nach Hause – die ganze Fahrt über habe ich diesen Refrain im Ohr. Und jedem, der bedrückt vorbeischlurft, wünsche ich Grüße aus der Interzone. — Trümmer »Interzone« (PIAS / Rough Trade / VÖ 29.04.16) — Intro empfiehlt die Tour vom 12. bis 28.10.
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#Pop #Digitalism
Digitalism
JENCE, ISI, SIEGFRIED & ROY
#Pop #Digitalism
Ganze fünf Jahre hat es gedauert, nun kommen Digitalism endlich wieder mit einem neuen Longplayer um die Ecke. In gewohnter Crossover-Manier offeriert »Mirage« einen Mix aus vielen Welten: von unterschwelligem Digital-Pogo bis zu ätherischem Electro-Pop. Lena Ackermann hat mit Jence und Isi über Paralleluniversen, ihren rappenden Busfahrer und den Golden Pudel gesprochen. Foto: Jan Philip Welchering
J
ens Moelle (Jence) und Ismail Tüfekçi (Isi) sind ausgeschlafen und fit, obwohl sie gestern im Boiler Room ihr neues Set aufgelegt haben. »Es war gar nicht so spät. Wir haben schon um neun gespielt«, beschwichtigt Jence. Alles im grünen Bereich also. Entsprechend gut gelaunt sitzen die beiden Herren von Digitalism in einem Berliner Büroraum mit geweißtem Zahnarztpraxen-Charme. Fünf Jahre haben sie sich mit neuen Tracks Zeit gelassen. Dafür kommt ihr aktuelles und drittes Album »Mirage« fast pünktlich zum zehnjährigen Bandjubiläum. Aufgenommen haben sie die Songs, so witzelt Jence, aus reiner Berechnung. »Wir hatten das Gefühl, vielleicht nicht mehr ganz die Berechtigung zu haben, schon wieder auf Tour zu gehen, ohne eine neue Platte.« Untätig waren beide in den letzten fünf Jahren trotzdem nicht. »Wir waren in der letzten Zeit zwischen Touring und Einzel-Releases vielleicht ein bisschen verloren. Als wir endlich mal mit dem Longplayer angefangen hatten, ging es mit der Produktion eigentlich recht schnell.« Der digitalistische Kosmos spielt sich zwischen Hamburg, London und diversen Touren über den gesamten Kontinent ab. Sein Kern liegt in einem dunklen Hamburger Bunker, in dem, bei ausgeschaltetem Licht, die Bausätze für Loops, Sounds und Beats entwickelt werden. Bei Digitalism regiert die Harmonie, Streit über Produktionen gibt es nicht. Vielleicht, weil Sounds und Ideen, die für den Moment nicht passen, nicht weggeworfen, sondern nur abgelegt werden. Für eine spätere Verwertung. Das neueste Werk heißt »Mirage«, ein Titel, der an Las Vegas, Siegfried und Roy und weiße Tiger denken lässt. Eine Prise Illusion schwingt tatsächlich in den Songs mit. Schließlich soll »Mirage« in ein Paralleluniversum entführen, in ein Puzzle aus Sein und Schein. »Es gab keinen Plan«, schaltet sich Jence ein. »Wir wollten selbst wissen, was wir eigentlich für Musik machen würden, wenn es wieder so weit ist. Wo nichts ist, ist die Kreativität am ergiebigsten.« Herausgekommen aus diesem Nichts ist ein ziemlich euphorischer Crossover-Mix, gespickt mit einigen radiotauglichen Electropopsongs wie »Battlecrye«. Oder dem in versteckt-ausgeleierter Tape-Tradition beginnenden und mit dröhnend-punkigen Beats endenden »Destination Breakdown«. Natürlich fehlen auch klassische Clubkracher wie »Dynamo« nicht. Elektronische Punkanleihen und Indie brechen zwar immer wieder durch, den wilderen Style ihrer Anfangsjahre kombinieren Digitalism
im neuen Universum aber auch mit soften Parts – so zum Beispiel in den Herzstücken des Albums, »Mirage Part 1« und »Mirage Part 2«. Neben melancholischen Tönen kommt bei »Indigo Skyes« sogar schwelgerisches Powerballaden-Gefühl auf. Der Pogo von 2007, als die beiden mit »Idealism« in die Clubs einschlugen, findet sich jetzt eher unterschwellig, erklärt Isi: »Einige sagen, ›Mirage‹ sei poppiger als unsere anderen Sachen. Ich empfinde das nicht als etwas Negatives. Aber wenn man genau hinhört, bemerkt man auch das Kratzige.« »Mirage« klingt weniger nach der Enge Hamburgs oder Londons, sondern vermittelt amerikanische Weiten. Das Cover der Platte Siegfried und Roy könnte auch eine Lichtspiegelung in der Wüs- ... lernten sich als Angete sein. Quasi die geerdete Version von Pink stellte auf einem Schiff kennen. Sie gingen in die Floyds »Dark Side Of The Moon« – in Nevada, USA, Las Vegas wurde zur kurz hinter Siegfried und Roys weißen Tigern. Heimat des Magier-Duos. Diverse Kollaborationen sind auf der Platte 1988 unterschrieben sie einen Vertrag über 57,5 untergebracht, unter anderem mit der US- Millionen Dollar – bis dahin Band Youngblood Hawk, mit denen Digitalism der höchstdotierte Kontrakt zuletzt das Stück »Wolves« aufgenommen einer Live-EntertainmentShow. Die Vorliebe für hatten. »›Destination Breakdown‹ ist aller- weiße Tiger wurde Roy zum dings unser Song. Im Gegensatz zu ›Wolves‹ Verhängnis: An seinem 59. haben dieses Mal wir die ganze Arbeit ge- Geburtstag verletzte ihn sein Lieblingstiger Montemacht«, grinst Jence. Auf »Ism« glänzt Tony core schwer. Ein Vorfall, der Wilson, alias Tennessee Tony, seines Zeichens ihre Karriere beendete. rappender Busfahrer. »Während unserer LiveTour in den Staaten erzählte unser Busfahrer Golden Pudel Club ständig, wie gut er rappen könne. Am letzten ... war einer der wichtigsten Tag, kurz vor einem Radioauftritt, gab ich Clubs Hamburgs. Ab 1995 feierten in einem Häuschen Tony zwei Minuten«, erinnert sich Isi. »Und an der Elbe Indie-Bands, tatsächlich, er hatte einen Versuch, und alles danach legte am Fischhat hingehauen. Der Rap ist irgendwann al- markt die DJ-Avantgarde auf. In der Nacht zum lerdings in Vergessenheit geraten. Als ich im 14. Februar das Dach Studio durch die Demos gegangen bin, habe des Clubs in Flammen ich ihn wiederentdeckt.« Und was sagt Tony auf. Brandstiftung wird vermutet. Der Kleinkrieg dazu? »Der ist völlig aus dem Häuschen. Der zwischen den zerstrittenen Witz ist, dass seine Tochter professionell singt, Besitzern geht weiter, die aber plötzlich er derjenige ist, der einen Song Zwangsversteigerung droht, Demonstranten wollen den auf einer Platte vorweisen kann.« Und dann Ausverkauf verhindern, gibt es da noch Anthony Rossomando, ehemals aktuell werden Pläne für Mitglied der Dirty Pretty Things: »Mit ihm eine Mini-Pudel-Version ausgehandelt. haben wir ›Battlecry‹ geschrieben. Das klingt für mich nach staubiger Wüste, nach Zigarette an und ab dafür«, erklärt Jence. Dann muss er kurz unterbrechen, weil er sich aufgrund seines Noch-Wohnsitzes London mit einem Paketdienst auseinandersetzen muss: »Ich schicke meine Sachen gerade wieder nach Hamburg.« Eine Rückkehr mit Wehmut, denn seit dem Brand am 14. Februar fehlt hier eine wichtige Institution: der Golden Pudel Club. »Es ist sehr traurig, denn uns verbindet einiges mit diesem Laden. Wir haben dort live gespielt und das Artwork für ›Pogo‹ gemacht«, sagt Isi. »Ich hoffe, dass sich einige Leute beruhigen und man das Ding wieder so hinbaut, wie es war. Nichts ist wichtiger, als Kultur und Tradition zu bewahren. Der Laden war ein kultureller Anlaufpunkt für viele.« Ein adäquater Ersatz ist für beide schwer vorstellbar. »Der Pudel ist mit St. Pauli, dem Hafen und dem Fischmarkt verbunden. Man kann nicht einfach einen neuen Laden auf der Reeperbahn aufmachen und sagen, da ist jetzt wieder der Pudel drin«, erklärt Jence. — Digitalism »Mirage« (Magnetism / Coop / PIAS / Rough Trade / VÖ 13.05.16) Auf Tour vom 06.05. bis 26.08., auf dem Melt! am 17.07.
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FELDTEN MACHT DIE ZELTE FIT FÜR DEN FESTIVALSOMMER Regen, Sonne, Matsch, eine wilde Festivalmeute: Zelte haben es auf dem Campingplatz beim Festival nicht leicht. Gut, dass es feldten gibt. Seit 130 Jahren sorgt die Firma feldten dafür, dass Leder gepflegt und Stoffe imprägniert werden. Nach und nach hat das Unternehmen seine Produktpalette erweitert, mittlerweile gibt es von feldten auch Pflegemittel für Bekleidung und Schuhe, das Äußere und Innere von Caravans, Rucksäcke und Taschen sowie Reinigungs- und Pflegeprodukte für Zeltstoffe aller Art. Das Imprägnierspray ist die optimale Kombination von kinderleichter Anwendung, innovativen Sprühsystemen und leistungsstarken Wirkstoffen. Wer es ausprobieren möchte, macht mit der #feldtenzelten Festival Challenge den Härtetest. Vielleicht ja sogar als Gewinner des Golden Festival Tickets... feldten schickt Euch zu zehn großartigen Festivals 2016. Für die An- und Abreise und ein Zelt, das mit den Produkten von feldten perfekt für die Saison vorbereitet wurde, wird gesorgt. www.feldtenzelten.com
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#Kultur
#Kultur
Foto: Cru Camara
Die Fantasie treibt schöne Blüten: Das weiß auch ein Künstler wie Craig Thompson, der mit seinen Comics »Blankets« und »Habibi« Graphic-Novel-Meisterwerke schuf und nun in »Weltraumkrümel« macht. Regisseur John Carney bezieht derweil eine Studentenbude in der »Sing Street«, während Tom Tykwer Hologramme in der Wüste bauen lässt.
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#Kultur #Literatur #Craig Thompson
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Craig Thompson
ERST SKIZZE, DANN GULASCH Mit »Blankets« veröffentlichte Craig Thompson 2003 eine Graphic Novel, die seine Eltern verstörte – und seinen Ruhm begründete. Anlässlich einer kurzen Europa-Tour sprach Julia Brummert mit Thompson über die Liebe in SchwarzWeiß und wie die Farbe in sein neuestes Werk »Weltraumkrümel« kam.
s dauert ein bisschen, bis man den Berliner Reprodukt-Verlag im Wedding findet. Dort bin ich Ende März mit Craig Thompson zum Gespräch verabredet. Er sitzt im Hinterzimmer und nimmt im Rahmen seiner kurzen Europa-Tour mehrere Termine wahr. Die Interviewerin vor mir umarmt ihn zum Abschied. Kennen die sich? Wer weiß. Schon bald merke ich: Thompson ist so herzlich, dass es schon okay ist, ihn zum Abschied zu umarmen. Genauso okay scheinen persönliche Fragen. Nach seiner Familie zum Beispiel: »Nichts wird meine Eltern jemals wieder so schockieren wie ›Blankets‹«, sagt Thompson. Da schwingt keine Verbitterung mit, er klingt eher amüsiert. 13 Jahre ist es her, dass er mit seiner zweiten G raphic Graphic Novel Novel den Durchbruch schaffte. »Blankets« Neben seinen vier Graphic erzählt in schwarz-weißen Bildern die GeNovels hat Thompson noch schichte von Thompsons Jugend in Wisconein Comic-Reisetagebuch veröffentlicht. »Carnet De sin und Michigan. Es geht um Thompsons Voyage« erschien 2004, fundamentalistisch-christliche Familie und Thompson bezeichnet es die erste große Liebe. Die Zeichnungen, ausals sein Lieblingswerk: »Es ist kein Buch, an dem ich schweifend, voller Liebe zum Detail, lassen die hart gearbeitet hätte. Ich LeserInnen den harschen Winter in Michigan habe zweieinhalb Monate ebenso miterleben wie das gebrochene Herz, damit verbracht, mehr nicht. Ich würde das nicht auf das die Geschichte hinauslaufen muss. wieder machen. Einerseits, Seine Eltern kommen darin nicht gut weg. Weweil ich keine Energie mehr nig überraschend also, dass sie nicht begeistert habe, auf Reisen so viele Seiten zu zeichnen, und waren. Mittlerweile haben sie ihm jedoch verzweitens, weil nichts daran ziehen. Seinen Nachfolger »Habibi« mochten bearbeitet wurde oder eine sie sehr, so Thompson: »Ihre erste Reaktion Struktur hat. Alles ging direkt aufs Papier und dann war: ›Wirklich cool, dass das Christentum in den Druck.« und der Islam so viel gemeinsam haben.‹ Es beeindruckte mich, dass sie das akzeptiert haben.« »Habibi« ist ein schweres Buch, sowohl haptisch als auch inhaltlich. Die Geschichte von Dodola und Zam, zwei Sklavenkindern in einem muslimisch geprägten Land, entfaltet sich als episches Märchen. Thompson spielt mit Symbolen aus Christentum und Islam und erzählt eine bewegende Geschichte über die Liebe. Es ist die Liebe, die Thompsons Bücher miteinander verbindet: die Liebe zwischen Raina und Craig in »Blankets«, zwischen Dodola und Zam in »Habibi« und zwischen der reisenden Schildkröte Chunky Rice und ihrem besten Freund, der Maus Dandel, die die Schildkröte in »Mach’s gut, Chunky Rice« schmerzlich vermisst. Sehnsucht und tiefe Zuneigung tauchen als Themen immer wieder auf: »Mein ganzes Leben ist ein Aufeinanderfolgen von Einsamkeit und der wohligen Verbindung einer Beziehung«, sagt Thompson. »Damit meine ich auch Freundschaften und die Familie. In den Büchern und im echten Leben helfen diese Verbindungen, Trost zu finden in einer furchtbaren, chaotischen und oft beängstigenden Welt.« Optisch weisen die Comics große Unterschiede auf, auch wenn Thompsons Stil erkennbar bleibt: »Wenn ich ein Projekt abgeschlossen habe, langweilt es mich. Nach ›Chunky Rice‹ wollte ich keine niedlichen Tiere mehr zeichnen, ich wollte mit Menschen arbeiten – in einem eher expressionistischen Stil. Nach ›Blankets‹ hatte ich es satt, mich selbst in dieser mondänen Landschaft in Wisconsin und Michigan zu zeichnen. Ich hatte Lust auf etwas Episches, Märchenhaftes. So kam ›Habibi‹ zustande.« Wenn Thompson zeichnet, stehen zuerst die Charaktere fest: »Ich nehme ein Notizbuch und beginne mit dem Tagträumen auf Papier. Ich zeichne Skizzen. Die Charaktere entstehen nicht bewusst, das passiert automatisch. Ich fülle die Seiten, und wenn ich zurückblättere, sehe ich ein Gesicht auf dem Papier, zu dem ich fast väterliche Gefühle entwickle. Der Teil mit den Skizzen ist das Schönste am Comic-Zeichnen.«
05.10.15 20:23
#Kultur #Literatur #Craig Thompson
Sein neues Werk »Weltraumkrümel« handelt von einer Familie im Weltall. Das Mädchen Violet und seine Eltern haben nicht viel Geld, der Vater geht bei einer gefährlichen Mission verloren. Violet wird auch von ihrer Mutter getrennt und begibt sich gemeinsam mit ihren Freunden – einem Hahn und einem orangefarbenen Alien – auf die Suche nach ihrem Vater. Die Idee entstand durch ein befreundetes Paar und dessen Tochter Violet: »Ihre Familie war eine große Inspiration. Dann habe ich überlegt, was ich als Kind gern mochte: ›Star Wars‹, die ›Goonies‹, ›Dr. Seuss‹, ›Calvin And Hobbes‹. Ich habe schließlich alles zu einem großen Gulasch zusammengemischt.« »Weltraumkrümel« ist eine Geschichte, die sich auch an Kinder richtet. Eine bunte Geschichte, zum ersten Mal in Thompsons Karriere: »Das lag an meinem neuen Verlag Sholastic. In dessen Programm sind alle Bücher illustriert«, so Thompson. »Außerdem glaube ich, dass Kinder, zumindest in den USA, Comics nicht lesen, wenn sie nicht bunt
sind. Ich habe mich damit angefreundet – und Dave Stewart mit Dave Stewart zusammengearbeitet, den Hier handelt es sich ich seit 20 Jahren kenne. Es hat einige Vorteile, natürlich nicht um den Musiker, sondern um den USbei einer Science-Fiction-Geschichte Farben zu amerikanischen Coloristen. nutzen. Der Weltraum bekommt mehr Tiefe, Neunmal erhielt Dave man kann dem Ganzen einen bestimmten Stewart für seine Arbeit bereits den renommierGlanz verleihen.« ten Eisner-Award. Unter Wie es nun weitergeht, weiß Thompson anderem hat er HeldInnen noch nicht so genau. Vielleicht schreibt er wie Hellboy, Iron Man, Buffy und Cat Woman Farbe ins beim nächsten Mal nur die Story – und lässt Gesicht gezaubert. jemand anderes zeichnen: »Die Zeichnungen kosten am meisten Zeit. Deshalb brauche ich auch immer Jahre für meine Bücher. Es wäre schon schön, einen Teil der Verantwortung abzugeben.« Zum Abschied macht Thompson mir noch ein Kompliment für meine knallbunte Jacke, dann geben wir uns herzlich die Hand. — Craig Thompson »Weltraumkrümel« (Reprodukt, 320 S., € 25,99)
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#Kultur #Kino #John Carney
John Carney über seinen Film »Sing Street«
DER SCHÜCHTERNE MIXTAPE-TYP
#Kultur #Kino #John Carney
»Once«-Regisseur John Carney schickt das Ensemble von »Sing Street« zurück in seine Jugend im Dublin der 1980er-Jahre. Katja Peglow sprach mit ihm über den Coming-of-Age-Film, in dem New Wave und Eyeliner eine entscheidende Rolle spielen. »Sing Street« steckt voller Details aus der Zeit deiner Jugend und voller Reminiszenzen an die musikalische New Wave der 1980er-Jahre. Würdest du ihn als deinen persönlichsten Film bezeichnen?
War das junge Ensemble mit der Mode und Musik dieser Zeit vertraut?
Das Schulmotto lautet: »Benimm dich wie ein Mann.« Zufall oder Absicht, dass Conor ausgerechnet den grell geschminkten britischen New-Wave-Bands verfällt?
nur vor dem Schulschläger und findet neue Freunde, sondern kommt auch noch dem Mädchen seiner Träume näher ...
Synge Street Christian Brothers School
Nicht im Detail, aber grob waren alle mit den Scheußlichkeiten der Dekade bekannt. Der Die Schule, nach der sich Es ist eine witzige und idealisierte Coming-of-Age-Version Rest ließ sich leicht über YouTube nachholen. die Band im Film benannt hat, existiert gegenwärtig meines eigenen Teenagerlebens. Autobiografische Züge London diente als popkultureller Sehn- immer noch unter dersind definitiv vorhanden, zum Teil comichaft überzeich- suchtsort. War Dublin Mitte der 1980er- selben Adresse. Über die net. Ich hätte mich mit 14 Jahren nicht als David Bowie Jahre wirklich so grau und trostlos, wie es Strenge schlagende Priester gehören dort jedoch in »Sing Street« dargestellt wird? verkleidet in die Schule getraut. längst der Vergangenheit Es geht um einen Jungen, der sich zum ersten Mal Hals Für Conor definitiv. Wegen der Rezession muss an. Im Abspann des Films über Kopf verliebt und eine Band gründet, um das Mäd- er auf eine weniger angesehene Schule wech- wird ausdrücklich auf den progressiven und multichen seiner Träume zu beeindrucken. Hast du selbst mit seln. Dort wird er als Neuling regelmäßig vom kulturellen Charakter der dieser Masche damals Erfolg gehabt? Schulfiesling in die Mangel genommen. Zu inzwischen renommierten Nee, ich war eher der schüchterne Mixtape-Typ. Ganz so Hause zoffen sich seine Eltern ständig. Auf- Institution hingewiesen. autobiografisch ist der Film dann zum Glück doch nicht. grund der damaligen irischen Gesetzeslage Du bist ein Jahr lang auf dieselbe Jungenschule ge- können sie sich nicht scheiden lassen. Der Irische gangen wie die Hauptfigur Conor, die erzkonservative Einfluss der katholischen Kirche auf die irische Gesetzeslage Synge Street Christian Brothers School in Dublin. Wie Gesellschaft war nach wie vor sehr groß, auch Bis weit in die 1990er-Jahre wenn dieser ab Mitte des Jahrzehnts langsam hinein war es für irische blickst du heute auf diese Zeit zurück? Paare unmöglich, sich Mit gemischten Gefühlen. Dort herrschte ein raues und abzunehmen begann ... scheiden zu lassen. Die repressives Klima. James Joyce wurde noch zensiert. Es Die einzige Ausflucht aus dem Alltag findet dominierenden katholiwimmelte von autoritären Lehrern, die jegliche Anzeichen Conor also beim nachmittäglichen Zappen schen und anglikanischen Kirchen verhinderten jede von Individualität im Keim erstickten. Es wurde schon als durch das Musikfernsehen? Gesetzesnovelle. Erst 1996 aufsässiges Verhalten gewertet, wenn man mit braunen Genau. Plötzlich entdeckt Conor auf MTV wurde nach einer knappen anstelle von schwarzen Lederschuhen in den Unterricht diese verheißungsvoll glitzernde Popwelt. Er Volksabstimmung ein neues Scheidungsrecht durchkam. Die Szene, in der Conor deswegen mit einem seiner beschließt, selbst ein Teil davon zu werden. gesetzt und eine rechtlich Durch die Band schützt sich Conor nicht zulässige Ehescheidung Lehrer aneinandergerät, hat sich genau so zugetragen. ermöglicht.
Das war damals eben sehr populär. Aber sicherlich war es Manchmal ist das Leben eben doch genau wie in einem auch rebellisch, Musik von Männern zu hören, die sich über Duran-Duran-Video. extravagante Frisuren, Kleidung und Schminke definierten. Deswegen auch das fast schon fantastische Ende? Musik spielt in fast all deinen Filmen eine tragende Rolle. Ach, diese Sehnsucht nach einem aufregenderen und weWas bedeutet sie für dich? niger konformen Leben, die steckt doch in jedem von uns. Ich bin in einer Zeit aufgewachsen, in der Subkulturen und deren Musik noch ganze Generationen von Jugend- — »Sing Street« (IRL/GB/USA 2016; R: John Carney; D: Ferdia WalshPeelo, Aidan Gillen, Maria Doyle Kennedy; Kinostart: 26.05.16) lichen geformt haben. Mit zwölf habe ich in meiner ersten Schulband gespielt. Die Musik war grauenhaft, aber darum — Gratis-Previews in Berlin, Frankfurt, Hamburg, Köln & München ging es nicht. Musik verbindet und schafft gemeinsame am 17. Mai – mehr Infos unter intro.de/previews Erlebnisse. Klar, hin und wieder ging es auch darum, Mädchen zu beeindrucken. Was hast du als Teenager gerne gehört?
Der Film gibt den Soundtrack meiner Jugend wieder, auch wenn ich nicht der allergrößte Duran-Duran-Fan war. Ich mochte lieber The Cure, The Jam und David Bowie, tendenziell eher englische als amerikanische Musik. Die Briten haben einen besseren Draht zu ihrer femininen Seite.
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#Kultur #Kino
La Belle Saison
LIEBE IN DER REVOLTE
S
üdfrankreich, 1971. Delphine (Izïa Higelin) hilft tatkräftig auf der Farm ihres Vaters mit. Es ist sein Wunsch, dass sie bald heiratet. Innerhalb der ersten fünf Filmminuten Ein lesbisches Liebespaar, das gegensätzlicher nicht sein könnte. verliert sie ihre heimliche Freundin und flieht nach Paris. Dort lernt sie Carole (Cécile de Fast so viel Nacktheit wie in Abdellatif Kechiches kontroversem France) kennen, die Anführerin der studen»Blau ist eine warme Farbe«, dafür aber mehr politische tischen Frauenbewegung. Delphine verliebt Aussagen. Und sehr viel Romantik. sich in Carole, die aber einen Freund hat, und schließt sich der Bewegung an. Bald wendet sich das Blatt; schließlich ist die ältere Carole diejenige, die für Delphine alles stehen und liegen lässt. Dann muss Delphine abrupt zurück aufs Land, weil ihr Vater schwer erkrankt ist. Carole schreckt vor ländlich-patriarchalischen Zuständen nicht zurück und folgt Delphine als »gute Freundin« in den Süden. Die politisch aufgeladene Stadt- und Liebesgeschichte wird zum intimen und zunehmend beklemmenden Familiendrama. Die Regisseurin zeigt eine schmerzhaft echte Liebesgeschichte ohne Zensur, die Chemie zwischen den Schauspielerinnen ist fast gruselig. Die Darstellung der Pariser Studentenbewegung aus weiblicher Perspektive ist ein kleines Fest: Die Frauen sabotieren mit Freude Anti-Abtreibungsvorträge und befreien einen schwulen Freund aus der Elektroschocktherapie. Überzeugend ist auch das durchaus ambivalente Verhältnis zum Gegensatz zwischen Stadt und Land – Bilder traumhafter Landidylle und der genaue Blick auf jene Abgründe, die sich in den Zwängen der ländlichen Gesellschaft der 1970er zeigen. Elisabeth Haefs — »La Belle Saison – Eine Sommerliebe« (F 2015; R: Catherine Corsini; D: Cécile De France, Izïa Higelin; Kinostart: 05.05.16; Alamode Film)
Chrieg
Terror auf der Alm Schweizer Realismus und eine intensive Geschichte. Regisseur Simon Jaquemet setzt in seinem starken Debüt auf Laienschauspieler.
Ohne viel Federlesens landet man am Tisch einer kleinen Familie. Ein familiäres Idyll im Eigenheim? Eher ein Beispiel fürs Dysfunktionale. Am Tisch wird nicht geredet, der herrschsüchtige Vater schafft Fakten. Sohn Matteo leidet unter der Situation, vergräbt sich unter Drogen, Pornografie und Kleinkriminalität. Bei seinem Therapeuten erfährt er, dass er
»männlicher« gemacht werden soll. Der Konflikt mit seinem Vater spitzt sich zu, als Matteo das Geschwisterchen bei einem Ausflug fallen lässt. Des Nachts wird er von zwei fremden Männern aus dem Bett gerissen. Langsam dämmert es ihm, dass er in ein »Bootcamp« auf einer abgelegenen Alm gebracht wird. Dort warten sowohl Terror als auch Freude auf ihn. Simon Jaquemets Film verbindet gekonnt gegenüberliegende Pole wie ländliche Idylle und Gewalt, Freundschaft und Kampf. Benjamin Lutzke, der Matteo spielt
beziehungsweise fast schon lebt, untermauert wird – und zu Recht wurde als Laienschauspieler auf mehrfach preisgekrönt wurde. der Straße entdeckt. Auch die üb- Lars Fleischmann rigen Darsteller sind keine Profis. So entsteht in »Chrieg« eine — »Chrieg« (CH 2014; R: Simon Jaquemet; D: Sascha Gisler, Benjamin Lutzke; viel direktere, nah an der Realität Kinostart: 28.04.16; Déjà-vu Film) entwickelte Stimmung, die durch Schwyzerdütsch und Slang noch
#Kultur #Kino
Wer hat Angst vor Sibylle Berg?
GUTE FRAGE
Im Alltag entfalten der Narzissmus und die Selbstironie Sibylle Bergs ihre ganze Kraft. Ein Dokumentarfilm zeigt uns das wahre (Alien-)Gesicht der Schriftstellerin.
B
ei der Autorin Sibylle Berg liegen Zynismus und Realismus nah beieinander. Kanonliteratur langweilt sie, Lärm macht ihr Angst. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Exzentrikerin des deutschsprachigen Kulturbetriebs in einem Dokumentarfilm auftauchen würde. Schließlich wurde sie von den Filmemacherinnen Sigrun Köhler und Wiltrud Baier gefragt, ob sie Lust habe, sich von ihnen begleiten zu lassen. Unter dem Namen Böller und Brot arbeiten die zwei seit 2000 im Team, ihr bekanntestes Werk ist die Stuttgart-21-Dokumentation »Alarm am Hauptbahnhof«. In »Wer hat Angst vor Sibylle Berg?« setzen sie uns den Launen der Schriftstellerin knappe anderthalb Stunden lang erbarmungslos aus. Dabei wird man erstaunlich gut unterhalten. Das liegt insbesondere an Bergs Humor und
der klugen Dramaturgie; intime Interviews wechseln sich mit alltäglichen Eindrücken ab. Sibylle Berg wuchs in der DDR auf, verließ diese 1984 und veröffentlichte nach etlichen Absagen 1997 ihren ersten Roman. Inzwischen hat sie viele Bücher und Theaterstücke geschrieben und verfasst außerdem die Kolumne »Fragen Sie Frau Sibylle« für Spiegel Online, eine Mischung aus kuriosem Lebensratgeber und zynischem Tagebuch. Dieser Dokumentarfilm scheint das Tagebuch einfach weiterzuführen, von schrägen Fremdscham-Momenten auf dem L.A.-Anwesen des Millionärs James Goldstein über Drohnenbegegnungen und Theaterproben bis hin zu einem idyllischen Picknick mit Bergs Freundinnen Helene Hegemann und Katja Riemann. Falls man noch kein Berg-Verehrer
ist, könnte man durch trockene Aussagen wie »Ich hasse Max Frisch« oder »Ich habe diesen Sex-Vibe nicht« zum Fan werden. Das »AlienGesicht«, wie Berg sich selbst gerne bezeichnet, philosophiert einmal auch über Strategien von Liebesroman-Schreibern und beleidigt dabei liebevoll die Filmemacherinnen. Man begreift, warum sie genau den Leuten gegen den Strich geht, die taub für Zwischentöne sind. Elisabeth Haefs — »Wer hat Angst vor Sibylle Berg?« (D 2015; R: Wiltrud Baier, Sigrun Köhler; Kinostart 28.04.16; Zorro Film)
Schon mit seiner Cormac-McCarthy-Adaption »The Road« hat sich John Hillcoat ein Regie-Denkmal in Sachen Weltuntergangsszenarien gesetzt, Zweckpessimist Nick Cave gehört zu seinen besten Kumpels. In »Triple 9« (USA 2016; Wild Bunch; Kinostart: 05.05.16) ist ebenfalls Endzeitstimmung angesagt, allerdings ist damit die Gegenwart in Atlanta gemeint, und das pimpt die Apokalypse mit einer Menge zeitgemäßer Action auf. Das StarEnsemble kann sich sehen lassen und tut dies vor allem im Angesicht flackernden Mündungsfeuers sowie im Getümmel hart choreografierter Straßenschlachten. Anthony Mackie spielt einen korrupten Cop im Dienste der Russenmafia, Casey Affleck seinen gesetzestreuen Partner – Woody Harrelson mimt mal wieder eine Charakterfresse für die Galerie. Hillcoat bietet feinstes, also derbstes Action-Kino. Wenn die Schlusstitel laufen, fühlt man sich als Genre-Fan am Ziel seiner Bestimmung angekommen, so wie ein leer geschossenes Magazin.
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#Kultur #Kino
Nippon Connection
Am Main geht die Sonne auf Tom Tykwer über seinen Film »Ein Hologramm für den König«
VON TOM FÜR TOM
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ie hast du Dave Eggers’ Roman »Ein Hologramm für den König« für dich entdeckt?
Seit dem Erfolg von »Lola rennt« gilt Tom Tykwer auch international als Top-Regisseur. Jetzt versucht er sich an einer Dave-EggersVerfilmung, in der ein amerikanischer Geschäftsmann nach Saudi-Arabien reist. Interview: Patrick Heidmann
Ich kenne Dave schon lange. Das ergab sich, als ich seinen Roman »Weit gegangen« gelesen habe. Es ist eine Flüchtlingsgeschichte, die in Afrika spielt, unter anderem in Kenia – und Kenia kenne ich durch das Engagement meiner Frau und mir sehr gut. Ich habe damals nicht nur den realen Protagonisten des Buches kennengelernt, sondern eben auch Dave, und wir haben versucht, aus der Geschichte eine Miniserie für HBO zu machen. Das hat nicht geklappt, aber seither sind wir befreundet, wodurch ich seine neuen Sachen immer umgehend oder manchmal sogar vor der Veröffentlichung lese. Aber warum ausgerechnet dieses Buch?
Das »Hologramm« hat mich einfach im richtigen Moment erwischt. Ich kann gar nicht genau erklären warum, aber manchmal liest man etwas und hat sofort den Film vor Augen. Das ist ja nicht immer so. Es gibt tolle Bücher, die ich gerne lese, aber bei denen ich kein bisschen an eine Verfilmung denke. Bei »Ein Hologramm für den König« dagegen klickte es bei mir sofort. Ich hatte das Gefühl, dass ich genau verstehe, worum es da geht. Du bist im vergangenen Jahr 50 geworden. Hat das Interesse für eine Geschichte über einen Mann in einer Art Lebenskrise und Umbruchsphase damit zu tun?
Klar, dieser Alan Clay ist nicht so viel älter als ich. Ich würde schon sagen, dass ich die Angst kenne, die ihn umtreibt. Und überhaupt ist es natürlich so, dass meine Figuren gemeinsam mit mir älter werden. Zumindest ist das im Moment so. Trotzdem waren gewisse Parallelen
nicht das Einzige, was mich an dem Projekt reizte. Mindestens genauso wichtig war die Tatsache, dass ich schon beim Lesen des Buchs einen Schauspieler vor Augen hatte, mit dem ich kurz vorher gearbeitet hatte, was ich unbedingt wiederholen wollte. Tom Hanks, der auch in deinem Film »Cloud Atlas« dabei war ...
Wir haben uns sehr gut verstanden. Ich rief ihn also sofort an, damit auch er »Ein Hologramm für den König« liest. Für mich steckte er ganz offensichtlich in dieser Figur. Als ich dann das Skript fertig hatte, sagte er zu mir: »Entschuldige mal, aber wie könnte ich dieses Angebot ablehnen? Es ist doch jeder Zeile anzumerken, dass das für mich geschrieben ist!« Womit er natürlich recht hatte. — »Ein Hologramm für den König« (GB/D/F 2016; R: Tom Tykwer; D: Tom Hanks, Ben Whishaw, Sarita Choudhury; Kinostart: 28.04.16; X-Verleih)
Mehr als ein Filmfestival: In Frankfurt geht es um alle Facetten der japanischen Kultur. Das Leben spielt nun mal inner- und außerhalb des Kinos.
Die Nippon Connection setzt in diesem Jahr den Schwerpunkt auf Animationsfilme. Das 16. Japanische Filmfestival erinnert außerdem zum fünften Jahrestag der Katastrophe an die Havarie des Atomreaktors in Fukushima. Im Programm laufen auch zwei Filme des Regisseurs Sion Sono. Der Workaholic hält sich an keine Genregrenzen und liebt es zu provozieren. In »A Whispering Star«, der ab 26.05. via Rapid Eye Movies bundesweit startet, entwirft er mit viel Fingerspitzengefühl eine Zukunft, in der es vielleicht nicht mehr viel Menschliches gibt, aber immerhin noch Trost. Der wird von der Künstlichen Intelligenz Andoide ID 722 Yoko Suzuki in Form von Retro-Päckchen in einem Retro-Raumschiff transportiert und an verlorene Seelen überbracht. Diese Menschlein warten ewig auf ihre Pakete (ein Schelm, wer dabei an die Deutsche Bahn und die Post denken muss). Neben der ausgiebigen Nippon-Animation-Reihe und dem wie immer formidablen Rahmenprogramm, das die Sonne am Main eine Woche lang früher aufgehen lässt, locken vier Filme von Horror-Maestro Kiyoshi Kurosawa. Mit »Journey To The Shore« hat Kurosawa bereits in Cannes einen Preis gewonnen, in Frankfurt blüht ihm der Nippon Honor Award. Paula Fuchs — Nippon Connection (24.–29.05.16, Frankfurt; nipponconnection.com)
#Kultur #Kino
Schrotten!
WER ZULETZT LACHT Max Zähles Gaunerkomödie spielt im Schrottplatz-Milieu. Zwei Brüder planen einen großen Raubzug, aber das Leben ist ein Arschloch. Oder?
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rederick Lau gehört spätestens seit dem Erfolg von Sebastian Schippers »Victoria« zu den beliebtesten deutschen Schauspielern – als Typ steht der Berliner, der im OneTake-Wunder den Straßenköter Sonne spielte, für Authentizität. Folgerichtig besetzt ihn Regisseur Max Zähle in seinem Heist-Movie »Schrotten!« mit der Figur des Letscho. Der will die Tradition des Schrottplatzes bewahren, während sein Bruder Mirko, gespielt von dem »Lammbock«-Recken Lucas Gregorowicz, die Kohle vom Verkauf an den bösen Großunternehmer braucht. Er ist durch seinen Job
bei einer Versicherung in finanzielle Schwie- 2012 für einen Oscar nominiert war, entpuppt rigkeiten geraten. Letscho könnte die Faust sich selbst als Gauner, dem es diebische Freuund Mirko das Hirn des mit gaunerhaftem de bereitet, uns an der Nase herumzuführen. Geschick geführten Familienbetriebs sein. Al- Paula Fuchs lerdings kann Mirko auch zuschlagen, wenn es drauf ankommt. Und die Brüder raufen lieber, — »Schrotten!« (D 2016; R: Max Zähle; D: Lucas Gregorowicz, Frederick Lau, Anna Bederke; Kinostart: anstatt sich zusammenzuraufen. Als die Streit05.05.16; Port-au-Prince) hähne endlich gemeinsame Sache machen, — Intro empfiehlt: Kinotour durch zwölf Städte vom gelingt ihnen ein Coup, an dem bereits der 05.–08.05.16, Hannover, Münster, Bonn, Freiburg u.v.m. verstorbene Vater herumgetüftelt hatte. Max Info & Ticketverlosung auf intro.de Zähles sympathischer, etwas anderer »Deutscher Film« nimmt einige überraschende Wendungen. Der Regisseur, dessen Kurzfilm »Raju«
Die Prüfung
Die harte Tür zur harten Schule Andres Veiels »Die Spielwütigen« auf den Kopf gestellt: Statt mit den Bewerbern der Schauspielschule beschäftigt sich Till Harms mit ihren Prüfern.
Schaut man sich die harten Fakten an, klingt Till Harms’ »Die Prüfung« nicht besonders spannend: 90 Minuten lang neun Dozenten an einer Hochschule bei der Arbeit zusehen, die sich in Realzeit über drei Tage erstreckt? Hm. Da es sich bei der Hochschule aber um jene für Musik, Theater
und Medien in Hannover handelt und diese Dozenten das Auswahlkomitee zur Aufnahme in das Schauspielstudium bilden, wird die Sache schon reizvoller. Richtig brisant wird es, wenn man sich die Theaterlandschaft in Deutschland anschaut. Als ungelernter Schauspieler ist es fast unmöglich, eine Rolle an einer großen Bühne zu bekommen. Und selbst der Filmund Fernsehbetrieb verlässt sich am ehesten auf die Schauspielschulabsolventen. Sie kommen
entweder von renommierten privaten, in der Regel aber von den großen staatlichen Hochschulen. In dieser Ausprägung findet man eine solche Praxis außerhalb des deutschsprachigen Raums kaum. Wie heikel die Lage ist, zeigt »Die Prüfung«. Fast 700 Bewerber gibt es auf die zehn Plätze in Hannover. Dass die Auswahl schwierig ist, versteht sich von selbst. Dass sie menschlich geprägt ist und unbürokratisch daherkommt und dass die Dozenten eher in horizontaler
Zuarbeit als in vertikalen Hierarchien entscheiden, ist eine positive Überraschung. Till Harms’ Fokus auf die »Entscheider« in diesem harten Kampf um die wenigen Plätze ist erfrischend, spannend und innovativ. Lars Fleischmann — »Die Prüfung« (D 2016; R: Till Harms; Kinostart: 19.05.16; Mindjazz Pictures)
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#Kultur #Kino #DVD
in die Zeit des Reagan-Wahlkampfs und der UFO-Sichtungen. Split-Screens, behäbige Cuts und der nostalgische Gelbstich der Aufnahme betonen es. Jene State-Trooper-Monturen aus Staffel eins, die eine hemdsärmelige Sicherheit ausstrahlen, bleiben uns erhalten – mitsamt der schwarzhumorigen bis morbiden Tonalität. Die bricht sich schon in der herrlich absurden Verkettung von Umständen Bahn, die das Ehepaar Blumquist nicht nur ins Blickfeld einer Kriminalermittlung, sondern auch ins Fadenkreuz zweier verfeindeter Gangster-Sippen rückt. Kirsten Dunst und Jesse Plemons füllen die Rolle des herzerweichend unbedarften Hinterwäldler-Pärchens derart mit Leben, dass es einem die Tränen in die Augen treibt. Brillante Darsteller gibt es ohnehin wieder zuhauf, souveräne Figuren zum Anlehnen dagegen überhaupt nicht – weder bei den Fargo Cops noch in der Unterwelt oder dem Mob dazwischen. Gleichwohl wird deutlich mehr erzählt als eine schlappe Posse aus der Provinz. Staffel zwei führt die täuschend echte CoenHandschrift weiter, die Reibungen zwischen den Ganoven-Dynastien rühren der Geschichte einen Schuss »Sons Of Anarchy« unter. Im Ergebnis meistert Showrunner Noah Hawley Anders als bei »True Detective« löst die zweite »Fargo«-Staffel den Balanceakt zwischen Comedy und Thriller in allen Belangen gewohnt großartig, ohne alle Versprechen der ersten ein. Plus: Neue Gangster sowie je Schlagseite zu bekommen. Besser geht’s Kirsten Dunst und Jesse Plemons als Hinterwäldler-Paar. nimmer (das jedenfalls sagen wir jetzt). Bis in Staffel drei dann wieder alles von vorne tellt euch vor, eure Lieblingsserie wird überragenden ersten Staffel dringend erwartete losgeht – samt Setting, Cast und Sehzwang. fortgeführt, und es gibt einen Kaltstart. »Fargo«-Nachschlag allerdings dürfte den Ruf Anja Zeisig Neue Story, neue Gesichter und womög- der Anthologie-Serie wiederherstellen – ohne lich noch Quereinsteiger auf dem Sofa. Dass Lester Nygaard (Martin Freeman) und Lorne — »Fargo – Staffel 2« (USA 2015; P: Noah Hawley; D: Kirsten Dunst, Jesse Plemons, Ted Danson; so etwas in die Hose gehen kann, wissen wir Malvo (Billy Bob Thornton) zwar, dafür mit eiVÖ 12.05.16; Fox) spätestens seit der mageren zweiten Umdre- ner ganzen Brigade neuer Schurken. Dazu geht hung von »True Detective«. Der nach einer es zurück ins South Dakota der 1970er-Jahre,
DIE COPS, DIE GANGSTER UND DER MOB DAZWISCHEN
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In einer der schönsten Szenen in »Louder Than Bombs« (Intro empfiehlt; USA 2015; VÖ 20.05.16; MFA) versucht ein Familienvater (Gabriel Byrne) den Kontakt zu seinem jüngsten Sohn Conrad wieder aufzubauen. Der hat sich nach dem Unfalltod der Mutter in die virtuellen Welten von Online-Computerspielen geflüchtet. Was am Frühstückstisch nicht mehr funktioniert, soll im Internet klappen. Auch wenn sich der Vater dafür extra einen Avatar zulegen muss. Der Film erzählt von den unterschiedlichen Arten zu trauern und vom Erwachsenwerden ohne Mutter. Conrad tut sich damit schwerer als sein älterer Bruder Jonah (Jesse Eisenberg), und er ist auch der Einzige in der Familie, der nicht über die genauen Todesumstände im Bilde ist. Es braucht dieses Familiengeheimnis nicht, um Spannung in eine Geschichte zu bringen, die von den kleinen Momenten lebt. Dass Unausgesprochenes manchmal lauter als Bomben klingt, vermittelt sich durch die vielen Schweigemomente, denen Regisseur Joachim Trier seine Figuren aussetzt.
#Kultur #DVD
Broadchurch
STAFFEL VOR GERICHT In West Dorset nichts Neues? Der Mordfall scheint gelöst, doch dem Küstentatort Broadchurch ist keine Ruhe vergönnt: Staffel zwei macht dem Täter den Prozess.
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ie britische Crime Show »Broadchurch« drehte nicht viel an den Tugenden ihrer Zunft, wurde aber zum TV-Hit, was nicht zuletzt ihrer weitwinkligen Dramaturgie zu verdanken ist: Während die Ermittler Ellie
Miller und Alec Hardy dem Tod eines Kindes nachgingen, konnte man dem empfindlichen Organismus des Küstentatorts beim Umkippen beiwohnen. Dreck stieg an die Oberfläche. Medienrummel, Polizeiaufkommen, Verdächtigungen – alles Gift für ein Dorf wie Broadchurch. Speziell für die Familie des Opfers, die am Verlust zu zerbrechen drohte – und für die Lynchmob-affinen Bewohner, von denen jeder darauf bedacht war, sein kleines Geheimnis unter Verschluss zu halten, sowieso. Staffel zwei macht an der Stelle weiter, an der Krimis normalerweise enden: beim Prozess. Dadurch, dass
Chris Chibnall seinen – in der Überzeugung aller – überführten Täter auf »nicht schuldig« plädieren lässt, recycelt der Showrunner clever die Spannung der Auftaktstaffel. Herausgekommen ist eine packende Aufarbeitung der verzwickten Geschehnisse mit dem gewohnt scharfen Ohr fürs Brodeln unter der Oberfläche. Übrigens: Ólafur Arnalds hält der Serie in Staffel zwei die Treue. Sein kongenialer Soundtrack untermalt die Justiz-Szenen so eindrucksvoll wie die herrlichen Landschaftsbilder aus West Dorset. Anja Zeisig — Intro empfiehlt: »Broadchurch – Die komplette 2. Staffel« (GB 2015; P: Chris Chibnall; D: David Tennant, Olivia Coleman; VÖ 28.04.16; StudioCanal)
Dark Places – Gefährliche Erinnerung
BLUTGRUPPE G »KILL CLUB« Nächste Verfilmung einer vertrackten Geschichte der Bestseller-Autorin Gillian Flynn. Amateur-Ermittler auf den blutigen Spuren der Vergangenheit.
illian Flynns »Gone Girl« war ein ungewöhnlicher Bestseller, weil er Menschen, die eher wenig lesen und nicht besonders anspruchsvoll sind, mit solchen zusammenbrachte, die viel lesen und dabei auf Qualität achten. Speziell die Passagen zum »Cool Girl«-Dilemma verliehen dem Krimi ein sozialkritisches Potenzial, das InternetFeministinnen genügte, und auch die Verfilmung hielt weitgehend das Niveau. »Dark Places« von Regisseur Gilles Paquet-Brenner und mit Christina Hendricks, Chloe Grace Moretz sowie Nicholas Hoult knüpft daran an: Als Jugendliche überlebte die Protagonistin (Charlize Theron) ein satanistisch anmutendes Massaker, bei dem ihre Mutter und die beiden Schwestern zu Tode kamen. Als Haupttäter wandert ihr scheinbar labiler Bruder ins Gefängnis. Doch ist er wirklich der Schuldige? Knapp 30 Jahre nach der Tat findet sich ein Amateur-Ermittlerteam namens »Kill Club«
zusammen, das ernste Zweifel hegt und die Überlebende erneut mit ihrem Trauma konfrontiert. Die Aufklärungsarbeit übernehmen Privatpersonen, da sie selbst für die Polizei zu blutig und vertrackt wäre. War die Buchvorlage noch Genrewerk und Kommentar in einem, spricht der Film »Dark Places« eine eindeutigere Sprache. Alexander Dahas — Intro empfiehlt: »Dark Places – Gefährliche Erinnerung« (USA 2015; R: Gilles Paquet-Brenner; D: Charlize Theron; VÖ 21.04.16; Concorde)
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#Kultur #DVD
Gilbert Grape
Unschuld vom Lande
Creed
SYLVESTER FEIERN Stallone steigt noch mal als Rocky in den Ring. Das Comeback gelingt. Er trainiert Apollo Creeds Sohn und schafft es unter der Regie von Ryan Coogler, den Mythos wiederzubeleben.
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chlappe 40 Jahre ist es her, dass der drittklassige Boxer mit italienischen Wurzeln, Rocky Balboa, von der Straße weg engagiert wurde, um als Außenseiter gegen den schwarzen Weltmeister Apollo Creed den Titel zu erobern. Die Geschichte kam gut an, der Underdog-Mythos wurde zum Rocky-Mythos, der »italienische Hengst« zur Rolle, mit der man Sylvester Stallone bis heute identifiziert. Es ging weiter: Creed starb im Kampf gegen Ivan Drago, Rocky gelang die Revanche und nahm das Ende des Kalten Kriegs vorweg. Nicht alle Sequels waren sehenswert, aber 2006 gab es einen versöhnlichen »Abschluss«. In »Rocky Balboa« wurde deutlich, dass Stallone die Filmreihe von sämtlichen Schandtaten läutern wollte. Bloß kennt die Geschichte des Underdogs im Kapitalismus kein Ende. Außer Stallone hat es noch einer verstanden: Ryan Coogler. Ihm war mit »Nächster Halt: Fruitvale Station«, seinem Spielfilm über die letzten Stunden des vor laufenden Handykameras getöteten Afroamerikaners Oscar Grant, ein Regie-Meisterstück gelungen. Als Regisseur des siebten Rocky-Films packt Coogler die kaputte Gesellschaft in den Popcorn-Eimer. »Creed« handelt von Apollos unehelichem
Sohn Adonis (Michael B. Jordan). Donnie wird von Rocky trainiert, Ziel ist der Weltmeistertitel. Sein Kontrahent Pretty Ricky Conlan (Tony Bellew), geboren als Sohn eines Liverpooler Dockarbeiters, ist einer dieser Boxer, die auch keine Chance hatten – und sie nutzten. Der Fight des Jungen aus der Arbeiterklasse gegen den Jungen, der wohl nie so gut wie sein Vater Apollo, den er gar nicht hatte, kämpfen wird, findet ausgerechnet im Goodison Park statt. Der Heimat des altehrwürdigen Fußball-Clubs FC Everton, der stets im Schatten des FC Liverpool nahe der Anfield Road spielt. Im Showdown gibt es die bis dato besten Kampfszenen in einem Rocky-Film zu sehen. Eins der vielen Details in »Creed«, die es Stallone leichter machen, Rocky weniger zu spielen, als ihn zu verkörpern. In jedem genuschelten Wort, in jeder knappen Geste und mit Botox-gedämpfter Mimik schafft er es, der ewige Rocky Balboa zu sein. Die wahre Hauptrolle überlässt er aber Regisseur Ryan Coogler. Schade, dass das bei den Oscars übersehen wurde. Wolfgang Frömberg — »Creed – Rocky’s Legacy« (USA 2016; R: Ryan Coogler; D: Michael B. Jordan, Tessa Thompson, Sylvester Stallone; VÖ 05.05.16; Warner)
Johnny Depp, Juliette Lewis und Leonardo DiCaprio in einem verschlafenen Nest. Ein Must-SeeAgain-A-Million-Times.
Anfang der 1990er-Jahre fand die Grunge-Welle in Seattle einen eher dezentralen Platz zur Heldenanbetung. Auch weil die Flanellhemden nach dem Motto »Woanders ist auch scheiße« in den meisten Fällen im Regenloch des pazifischen Nordwestens wohnen blieben. Gleichzeitig verlagerte sich der Sehnsuchtsort der Alternative Nation in die Provinz der »Flyover States«, die durch Titel wie »Arizona Dream« oder »Feeling Minnesota« filmisch erschlossen wurden. Diese Filme vereinten das bekömmliche Amerika-Bild vom Kleinstadt-Fenstersims samt abkühlendem Apfelkuchen mit einem europäisch anmutenden Blick auf skurrile Details und heilige Narren. Lasse Hallströms »Gilbert Grape« ist ein beispielhafter Eintrag ins Untergenre: Seine Hauptfigur ist ein Slacker mit goldenem Herzen, der vor lauter Familiensinn sein Glück hintanstellt. Erst als eine junge Frau umständehalber in seinem verschlafenen Nest hängen bleibt, hören Gilbert Grapes Tage auf, sich zu gleichen. Johnny Depp, Leonardo DiCaprio und Juliette Lewis verkörpern hier eine Unschuld, die in den kommenden Jahren etliche Mafiafilme zur Image-Neutralisierung nötig machen sollte. Alexander Dahas — Intro empfiehlt: »Gilbert Grape – Irgendwo in Iowa« (R: Lasse Hallström; D: Leonardo DiCaprio, Juliette Lewis, Johnny Depp; VÖ 06.05.16; Universum)
Sam Peckinpah gehört zu den Rock’n’RollRegisseuren der Kinogeschichte. Es ranken sich Geschichten von Saufeskapaden um ihn, seine Filmografie umweht der Hauch des Manischen. Beim Dreh zu »Pat Garrett jagt Billy The Kid« mit Bob Dylan ging es drunter und drüber. Jetzt kommt einer seiner Klassiker zum ersten Mal auf HD als Sonderedition: »Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia« (Intro empfiehlt; USA/MEX 1974; VÖ: 05.05.16; Koch Media) war seine Erholungskur. Man merkt es kaum. »Alfredo Garcia« ist Roadmovie, Actionfilm und Thriller in einem – nach biblischem Motiv. Purer Nervenkitzel.
TRIBUTE: TOM HARDY In »Black Hawk Down« war er noch als Kanonenfutter zu sehen, inzwischen heimste er als Mad Max zu Recht viel Ruhm ein und holte sich für »The Revenant« eine Oscar-Nominierung ab. Jetzt gibt es »Bronson«, seine Verkörperung des Gewaltverbrechers Michael Gordon Peterson, den Glanzauftritt in
der Le-Carré-Verfilmung »Dame, König, As, Spion« sowie das coole Kammerspiel mit Mobiltelefon, »No Turning Back«, in einer »Tom Hardy Edition« (VÖ 12.05.16; StudioCanal). Und weil man von von dem 1977 geborenen Briten mit den vielen Gesichtern nicht genug bekommen kann, schlüpft er für »Legend« (Intro empfiehlt; VÖ, 12.05.16; StudioCanal) die Doppelrolle der Kray-Brüder Reggie und Ronnie, die in den 1950er und 60er Jahren das Milieu der organisierten Kriminalität in London beherrschten. Eine Ära, die Regisseur Brian Helgeland schonungslos porträtiert.
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#Kultur #Games
Quantum Break
IM STURZ DURCH RAUM UND ZEIT
I
m Zustand der Verwirrung gibt es ab und an diesen Moment, in dem der Verstand zum Zuge kommt und fragt: Lohnt es sich überhaupt, Hormone für Wut und Ärger auszuschütten, oder war man gerade einfach nur Teil eines Experiments? Ein Gefühl, das sich leider Beeindruckende Präsentation, auch nach dem Testen von »Quantum frische Ideen und große Break« einstellen kann. Überraschend ist das eher weniger, hat es der finniAmbitionen – »Quantum Break« sche Entwickler Remedy Entertainment den wird seit seiner Enthüllung Spielern doch selten wirklich leicht gemacht. vor einigen Jahren mit Die Ideen und Konzepte von Titeln wie »Max großer Spannung erwartet. Payne« oder »Alan Wake« hatten immer einen höheren Anspruch, wollten visuell wie erzähleGregor Wildermann hat sich risch beeindrucken und hingen entsprechend in die Risse des Raum-Zeitlange in der Entwicklung. Ähnlich erging es Kontinuums begeben, um die »Quantum Break«, das sich nun auf schwieallgemeine Vorfreude mit der riges Terrain wagt: Videospielhandlung trifft auf Live-Action-Serie. Kann das funktionieren? Realität abzugleichen. Mit Blick auf die Vorgeschichte von Remedy ahnt man, warum sich das Entwicklerstudio nun daran versucht.
Die Besetzung der Realfilm-Episoden ist tatsächlich beeindruckend und könnte so problemlos bei Netflix & Co. auflaufen. Schauspieler wie Shawn Ashmore (»X-Men«), Dominic Monaghan (»Der Herr der Ringe«) und Aidan Gillen (»Game Of Thrones«) verleihen der Geschichte um ein missglücktes ZeitreiseExperiment viel Substanz. Doch warum ist das Spiel im Kern dann doch nur ein solider Shooter, dessen Level-Design ernüchternd konventionell ist? In der üblichen Kaskade aus nachrückenden Gegnerwellen, taktischer Deckungssuche und hektischen Feuergefechten mutet die sperrige Mechanik hinter der Beeinflussung der Zeit oft nur wie eine schnöde Ablenkung an. Die Realfilm-Episoden gelangen dabei entweder als Stream oder Download mit nicht weniger als 75 Gigabyte auf die Konsole, und wenn es dann trotzdem noch nicht rund läuft, schlägt die Neugier gerne mal in Wut um. Vielleicht ist »Quantum Break« auch einfach eines dieser Spiele, die beim Zuschauen oder auf den »Let’s Play«-Kanälen dieser Welt eine gute Figur machen sollen. Das kostenlos mitgelieferte »Alan Wake« erinnert aber auch daran, dass ein digitales Abenteuer nicht nur eine Tech-Demonstration sein muss. Die besten Experimente bleiben nämlich die, bei denen man erst hinterher merkt, dass man als Versuchsobjekt herhalten musste. — »Quantum Break« für Xbox One, PC (Microsoft / Remedy Entertainment)
Hyrule Warriors: Legends
Ausweitung der Kampfzone Eingefleischte Anhänger der »Legend Of Zelda«-Reihe können sich über vieles beschweren, nur nicht über zu wenig Fan-Service. Mit »Hyrule Warriors: Legends« bekommen die Getreuen der namensgebenden Prinzessin nun ein weiteres Spin-off für den Nintendo 3DS.
Spin-off seinen Platz im Universum des »Legend Of Zelda«-Franchises gefunden hat. Die Neuinterpretation der ikonischen Serie als opulentes Schlachtengemälde spielte sich zwar gewohnt eingängig, aber auch weitaus ermüdender als die Hauptteile der Reihe. Daran ändert sich mit der Portierung für Als im Herbst 2014 »Hyrule den Nintendo 3DS erst mal relativ Warriors« für die Wii U erschien, konnte man sich durchaus darauf einigen, dass dieses actionlastige
wenig. Noch immer gilt es, in der Rolle serienbekannter Charaktere weitläufige Schlachtfelder zu beherrschen. Dazu drängt man vorrückende Truppen zurück, nimmt neuralgische Punkte auf der Karte ein und verteidigt diese gegen die immer wieder nachrückenden Wellen von Angreifern. Das fühlt sich schnell repetitiv an, weiß aufgrund des für Nintendo typisch griffigen Gameplays aber zumindest zeitweilig
zu unterhalten. Zumindest, sofern man den Titel mit dem neuen Modell des 3DS spielt (die alte Version von Nintendos tragbarer Konsole scheint regelmäßig unter der Last der Portierung zusammenzubrechen). Heißt: Der Kreis jener, für die »Hyrule Warriors: Legends« wirklich ein Gewinn ist, dürfte einigermaßen überschaubar sein. Aber das hat Fan-Service nun mal so an sich. Philip Fassing – »Hyrule Warriors: Legends« für Nintendo 3DS (Nintendo)
#Kultur #Games
Hitman
MORD AUF RATEN Kein chronologischer Kontext mehr im Titel, eine komplett neue Veröffentlichungspolitik und mehr Möglichkeiten als je zuvor. Square Enix erfindet die graue Eminenz unter den Videospiel-Profikillern noch einmal neu. Zumindest ein bisschen.
Hochgewachsene Männer mit Haarausfall gibt es viele. Und in Post-Hardcore-Zeiten ist auch ein Strichcode im Nackenfleisch nichts Besonderes mehr. Vielleicht wird Agent 47 deswegen so oft übersehen. Die ewig unterschätzte, mordszynische Serie um einen Auftragskiller und dessen unappetitliche Ziele tingelt nun mit einem Neustart auf die Konsolen. Man beachte die Großbuchstaben: Den neuen Titel »HITMAN« soll man schreien, als sei Freddie Mercury wieder auferstanden. Die Idee ist immer noch die beste im übervölkerten Schleichbereich – der Glatzenmann könnte zwar lautlos schleichen, aber normalerweise spaziert er nonchalant zum Liefereingang, betäubt dort den Küchenjungen, zieht dessen Uniform an, streut dann Rattengift in
das Dessert des Waffenhändlers und erwartet Einsatz muss man dann allerdings warten, der das kotzende Zielobjekt dann auf dem Her- neue »HITMAN« erscheint in Episoden. Fertig renklo zum letzten Nachschlag. Erfolgreich werden soll das Mordsbuffet bis Ende 2016. fühlt sich der Hitman nur, wenn das Ziel tot Jan Bojaryn ist, niemand Verdacht geschöpft hat und nie auch nur ein Schritt weit gejoggt wurde. — »HITMAN« für PC, Playstation 4 und Xbox One Das neue Spiel inszeniert das soziale Ver(Square Enix / Io-Interactive) suchslabor schöner denn je, auf einer Pariser Modenschau in einer mehrstöckigen Villa. Der Maßstab ist etwas groß geraten: Die eine oder andere Stunde muss man erst mal spazieren und beobachten, bis man den perfekten Einsatz planen kann. Aber mit der Zeit entdeckt 47 die Lunten für ein heiteres Feuerwerk tödlicher Unfälle und poetisch gerechter Strafen. Nach dem
Keine Skills am Controller aber La Paloma pfeifen
Illustration: Alexandra Ruppert
Carsten Schumacher ist Chefredakteur des Festivalguide und damit eines ganz sicher nicht: ein Stubenhocker. Seine letzten Videospiel-Erfahrungen machte der Konsolen-Legastheniker in grauer Datasetten-Vorzeit. Beste Voraussetzungen also, um ein möglichst objektives Urteil zu fällen. Diesmal: »Final Fantasy XV« Platinum-Demo. »Final Fantasy« soll ja der Maybach unter den Videospielen sein. Ob’s deswegen nur für die Demo-Version gereicht hat? Im Mietwagen einen auf dicke Hose machen – ist ja sonst auch unser Ding. Ich fühle mich allerdings echt ein bisschen zu alt, um in der Rolle eines hageren Emo-Boys meinem eigenen putzigen Traum zu entkommen. Als sie mit Programmieren angefangen haben, war diese Jugendkultur anscheinend noch alive’n’kickin’. Wenn der Quatsch jetzt noch von My Chemical Romance vertont wird, bin ich aber echt raus. Mein pelziger Tutorial-Sidekick beunruhigt mich ein wenig, aber was ist das? Ein Einhorn-Dumbo-PolarFuchs? Das Beste: Er überträgt seine Anfängertipps per
Telepathie auf mein Smartphone. Die HandyRechnung möchte ich echt nicht zahlen. Übrigens sollte jemand den Entwicklern mitteilen, dass Spielzeugschwert und Gummihammer als primäres Mittel der Selbstverteidigung ein sehr verzerrtes Bild der »Realität« vermitteln. Was kommt da erst beim Endgegner – eine Kissenschlacht, oder was? Aber die Steuerung ist super. Einfach Kreis gedrückt halten, einen Schluck Kaffee nehmen und warten, bis der Widersacher autoverprügelt wird. Ich könnte die Taste auch einfach mit einem Stein beschweren, ein bisschen arbeiten gehen und warten, bis mein Avatar »Final Fantasy« in kleine Stückchen zerhackt hat. Dann alles zusammenfegen, in eine Pfeife bröseln und rauchen. Ist aber schon zu spät, ich bin bereits am Portal der Wirklichkeit angelangt. Bei uns nennt man das einfach »Montag«. Protokoll: Philip Fassing — »Final Fantasy XV« Platinum-Demo für Xbox One, Playstation 4 (Square Enix)
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10. & 11.09.2016 TREPTOWER PARK
RADIOHEAD • KINGS OF LEON MAJOR LAZER • PAUL KALKBRENNER PH I LI PP P O ISEL • N E W O R D ER DIMITRI VEGA S & LIKE MIKE
MAX HERRE & KAHEDI RADIO ORCHESTRA MILKY CHANCE • THE 1975 • ZEDD • TOCOTRONIC
JAMES BLAKE • YEARS & YEARS • CHASE & STATUS DJ SET & RAGE BEGINNER • ROISIN MURPHY • JESS GLYNNE • G-EAZY BILDERBUCH • LINDSEY STIRLING • THE CHAINSMOKERS MARTIN SOLVEIG • LOST FREQUENCIES • ALLE FARBEN KLINGANDE (LIVE) • ALAN WALKER • ODESZA • THE TEMPER TRAP AURORA • CATFISH AND THE BOTTLEMEN • LOGIC • TUJAMO JONAS BLUE • JAGWAR MA • JUNGE JUNGE • JOSEF SALVAT MATOMA • TOPIC • NOTHING BUT THIEVES • MNEK DUBIOZA KOLEKTIV • GRAHAM CANDY • LA INFO & TICKETS: LOLLAPALOOZADE.COM VISIT US:
#LOLLABERLIN
#Life
#Life
Foto: Cru Camara
So bunt wie dieses Bild ist auch die Geschichte des SO36 in Berlin. Dort fanden nicht nur legendäre Punk- und Hardcore-Konzerte statt, sondern auch quietschbunte Tuntenbälle, türkische Kulturabende und wilde QueerPartys. Der Versuch, für unsere Food-Rubrik einen Raindrop-Cake zu backen, endete ebenfalls wild – in einer Farbenschlacht, die diesem Bild nicht unähnlich war.
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#Life #SO36
SO36 36 Jahre
Kein echtes Jubil채um, aber ein logischer Anlass: Zum 36. Geburtstag des Berliner SO36 erscheint ein Buch voller Fotos und Geschichten des legend채ren Clubs und Konzerthauses.
Foto: Gero Langisch / Flyer: Archiv von Armin Burgard
#Life #SO36
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nd es steht noch immer, in der Oranienstraße in Berlin inmitten von Hasirs Restaurant-Imperium, Spätis und Cafés mit zu teurem Minztee: das SO36. Seit 1978 ist der Club Heimat der linken, queeren, feministischen, antikapitalistischen, straight edgen oder alles-gleichzeitigen Menschen in Berlin, kollektiv geführt und immer wieder vom Aus bedroht. Zum 36. Geburtstag erscheint das Buch »SO36 – 1978 bis heute«, aus dem wir hier Bilder zeigen. Darin blicken Musikerinnen und Musiker und andere Beteiligte zurück, es gibt Fotos und immer wieder Geschichten, die einen, wenn man »zu jung« ist, sehr oft neidisch werden lassen. Beispiel gefällig? Claus Ritter von M.A.L.E. erzählt: »So stand ich also vor dem SO auf dem Bürgersteig, als ein alter Mercedes anhielt. Ein entspannter David Bowie im beigefarbenen Anzug und ein ziemlich betrunkener (?) Iggy Pop stiegen aus, betraten das SO und mischten sich ganz selbstverständlich unter das Publikum. Iggy ist dann irgendwann wohl an der Theke umgekippt.« — Das Buch gibt es auf so36.de/shop — Ein Interview mit den Machern findet ihr auf intro.de unter #SO36
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#Life #Food
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Raindrop Cake
Völlig geschmacklos Das Internet. Unendliche Weiten … die sehr oft sehr voll von komischen Phänomenen sind. Aktuell: der Raindrop-Cake – ein veganes Dessert im Look & Feel eines überdimensionierten Regentropfens. Der New Yorker Darren Wong hat sich von dem japanischen Dessert »Mizu Shingen Mochi« inspirieren lassen und die Süßigkeit auf dem »Smorgasburg Food Market« in Williamsburg präsentiert. Es kommt aus New York, ist neu, very special, mit acht Dollar völlig überteuert, hat 0,0 Kalorien – klar, dass dieses Ding nun Trendfood #1 ist. Doch
wie schmeckt ein Raindrop-Cake 2. Abfüllen: Die Flüssigkeit in eigentlich? Wir haben uns flugs eine runde Schüssel füllen, abdie Schürze umgebunden: kühlen lassen und ein paar Stunden in den Kühlschrank stellen. Zutaten: Wasser, Agar-Agar, 3. Umkippen: Irgendwann wird Vanillezucker das Zeug geleeartig. Dann kann 1. Einrühren: Topf mit einem man die Masse vorsichtig auf eiViertelliter kaltem Wasser auf- nen Teller stülpen und sich wunsetzen, langsam einen Teelöffel dern. Raindrop? Einhornträne (so Agar-Agar und Vanillezucker (für wurde das Ding vor ein paar Jahden Geschmack) einrühren, kurz ren noch genannt)? Ein Kollege aufkochen lassen, bis sich das fragt, was zum Geier wir mit dem Agar-Agar aufgelöst hat. Wich- Brustimplantat anstellen. Auch tig: Nicht wundern, dass das beim Geschmackstest fällt das Zeug von einem festen Aggregat- Dessert durch: Wackelpudding zustand himmelweit entfernt ist. mit Wasserflavour, oder wie?!
4. Jackson-Pollockisieren:Der
Raindrop-Effekt lässt uns völlig kalt (Stichwort Brustimplantat). Warum also nicht aus der hässlichen Qualle einen Jackson Pollock machen? Lebensmittelfarbe auf Anschlag und go! Schmeckt immer noch scheiße, sieht aber wenigstens nach was aus. Achtung: Nach 30 bis 60 Minuten fällt die Masse in sich zusammen, und es bleibt nichts als eine (in unserem Fall sehr bunte) Pfütze.
Text: Senta Best Fotos: Frederike Wetzels
TOM HARDY IST RONNIE KRAY TOM HARDY IST REGGIE KRAY
VOM AUTOR VON L.A. CONFIDENTIAL
BRÜDER. GANGSTER. IKONEN. 3-faches Filmvergnügen mit der
TOM HARDY EDITION
AB 12. MAI IM HANDEL
#Life #Kolumne
Ich möchte Teil einer Bewegung sein Folge 4: Sonntag im Real Life
Das mit der Bewegung haben so ähnlich schon Tocotronic g esungen – und damit einen Impuls beschrieben, der die Popkultur am Leben hält. Auch unsere Kolumnistin Paula I rmschler kennt dieses Gefühl. Auf der Suche nach Halt und einer Peer-Group, die ihr ein Zuhause gibt, stolpert sie allerdings m anchmal auch dahin, wo es wehtut. Diesmal verwechselt sie das Internet mit der Realität und landet in der schwäbischen Provinz. Was ist das für 1 Life?
Illustration: Alexandra Ruppert
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Ihr kennt doch diese öffentlichen FacebookVeranstaltungen, die man sich einfach nicht ausdenken kann: »Ewigleben durch Handauflegen« auf dem Marktplatz Bottrop, »Aura-Konditionstreffen« in Duisburg, »Engelheilung mit deiner Mutter« in Leipzig, »Erlebnis Telepathie« im Oberstübchen, »Katzenstammtisch« im Vereinsheim Konstanz, »19. Geburtstag von Amelie« in Cuxhaven, »Entenrennen« in Esslingen. Moment mal, Entenrennen? Wie kann man sich nur so hart gönnen? Da muss ich hin. Aber gibt’s diese Ereignisse wirklich? Und wenn ja: Geht da jemand hin? Schnell steigen die Teilnehmerzahlen in die Hunderte, Tausende gar. Die Gastgeber beschweren sich, dass es niemand ernst meint, manchmal werden betreffende Veranstaltungen wegen des Teilnahme-Bombings gelöscht. Nicht so das Entenrennen in Esslingen. »Lol«, denke ich, ein paar meiner ironischen Internet-Eskapismus-Freunde haben auch auf »Interessiert« oder sogar »Zusage« geklickt. Die treffe ich da bestimmt, dann beömmeln wir uns herzlichst und trinken ein Bier. Weischt? Es ist Sonntag. Normalerweise liegt man zugekatert irgendwo rum. Ich jedoch bin frühzeitig an einem Samstagabend schlafen gegangen, um am nächsten Tag ausgeruht das zu tun, was bestimmte Bevölkerungsgruppen (Kinder, Eltern, Rentner, Jack-Wolfskin-Träger) eben so tun: den Sonntag nutzen. Ich nehme die Regionalbahn von Stuttgart aus, bin irre aufgeregt. Zu erkennen seien die Entenfreunde, das habe ich gelesen, an den gelben Luftballons. Ich halte schon ab Mettingen Ausschau. Am Bahnhof angekommen, frage ich die Bewohner dieser Stadt, wo denn das Enten-Ereignis stattfinden solle, verstehe aber nur »des isch ...« und dann nur noch Bahnhof. Irgendwann geht mir ein Licht auf: Es ist tatsächlich in der Nähe des Bahnhofs, auf dem Marktplatz. Endlich angekommen (gelbe Luftballons), ist die Enttäuschung groß und zugleich ganz klein: Die Enten sind aus Plastik; statt Internettrolls gibt’s hier nur echte Menschen, also Eisesser, Katalogmenschen, Fahrradfamilien, Wasserflaschenteenager, den genervten
Kleinstadt-Grufti, der nur mal schnell wohin muss. Man wettet so ein bisschen auf irgendeine Quietscheente, und letztendlich gewinnen doch alle. I still haven’t found what I’m looking for – so I found something else: Der Frühling mit seiner Kulmination im Sonntag und wiederum dessen Kulmination im Prinzip Marktplatz. Hier hat noch gar niemand was vom Internet gehört, so scheint es. Alles riecht und klingt nach Sonntag, dieser kurze Aussetzer des 21.-Jahrhundert-Irrsinns. Kein verkaufsoffen, keine nervige Musik – nur der Beat von Kirchenglocken. Irgendwo gibt es Braten. Kinder machen Flohmarkt. Sonst tragen fiese Rentnerinnen kleine Rucksäcke und kichern. Pendlereltern sind endlich mal zu Hause und tätscheln Kind und Omi. Niemand raucht. Keiner zückt sein Smartphone. Der absolute JuliaEngelmann-Porno. Man weiß auf einem solchen Markt nicht mal, ob die Leute überhaupt laufen, stehen oder gar rückwärts gehen. Es geht halt nur um das Schwätzchen. Meine Fresse, Sonntage! Auf dem Heimweg verliebe ich mich in alles: den schwitzenden Bauarbeiter, das spazierende Hetero-Pärchen, den Löwenzahn am Wegesrand, die völlig überteuerte Kugel Vanilleeis, den Ameisenhaufen, auf den ich mich gesetzt habe. Die aktuelle Coldplay ist plötzlich das beste Album überhaupt, und allen wünsche ich »einen schönen Tag noch«. Sie haben mich! Zu Hause angekommen dann wieder der routinierte Gang ins Internet. Veranstaltungseinladung zum »Chemnitzer Mopsrennen«. Ob es sich um echte Möpse handelt (no pun intended)? Ich werde sehen …
presents
Zu Gast bei der Deutschen Bahn im Berliner Hauptbahnhof: Melt! Klub mit Booka Shade M.A.N.D.Y. Tiefschwarz 27. Mai ab 23 Uhr
10 Jahre Hauptbahnhof sind ein guter Anlass, im Keller vom Bahnhof mal richtig abzufeiern. Dazu gibt es in Zusammenarbeit mit dem Melt! Festival einen »DB Melt! Klub«. Am 27. Mai ab 23 Uhr in den Tiefen des Berliner Hauptbahnhofs. Der Eintritt ist frei – Achtung begrenzte Gästeliste, bitte hier anmelden www.gemeinsamfeiern.berlin Alle Infos zum »Melt! Klub« auch auf www.meltfestival.de
10 Jahre Berliner Hauptbahnhof – gemeinsam Feiern! 10 Jahre Hauptbahnhof Berlin. Ein Bahnhof, wo nicht nur Berlin sondern auch die Welt zusammenwächst. Ein Ort der Verbindungen und der Vernetzung – wo täglich 300.000 Menschen aus der ganzen Welt gemeinsam, friedlich mitund nebeneinander zusammenkommen. Gemeinsam, Tag für Tag, seit 10 Jahren. Dit klingt jut! Zum zehnjährigen Jubiläum geben wir der Vielfalt und den Gemeinsamkeiten eine Bühne. Ein bunter Mix aus Tape Art vom Kollektiv »Tape That«, ein Food Market der Berliner Institution »Neue Heimat« und Kinderspass von
Perfekt für An- & Abreise: Das Sonderticket Berlin – gültig vom 27.05., 0h – 30.05., 3h im Tarifbereich Berlin ABC, 15 EUR
der »Zwergstadt« laden ein: GEMEINSAM FEIERN. Das Programm ist breit gefächert und geht von Workshops über Straßenkunst zu Comedy, Poetry Slam, Live Musik und Artisten. Die Abschlussveranstaltung am 28. Mai verbindet auf der Hauptbühne im Bahnhof elektronische und klassische Musik: Das Duo »Savaggio« performt live einen Deep-String Crossover. Alle Infos zum Programm: www.gemeinsamfeiern.berlin
#Life #Rezepte der Popküche
#Rezepte der Popküche
Das Deacon-Sandwich aus »King Of Queens« Ein belegtes Brot, das für dicke Luft sorgt – und damit sind nicht die Körpergase nach dem Verzehr gemeint. In »King Of Queens« entzweit das Sandwich »Deacon« zwei langjährige Freunde. Eine schmackhafte Streitursache.
Das Rezept Zutaten für 2 Streitende: 8 Scheiben Sandwich-Toastbrot 4 Scheiben Pastrami 4 Scheiben Hähnchenbrustfilet (Aufschnitt) 8 Scheiben Bacon ½ Kopf Eisbergsalat 2 Tomaten 2 kleine Zwiebeln, weiß Mayonnaise
»Zum Abschalten bestens geeignet« bedeutet in diesem Fall nicht, dass man besser gar nicht erst eingeschaltet hätte. Vielmehr verkörpert die Serie um das bodenständige Durchschnittsehepaar Doug und Carrie Heffernan die Perfektion der seichten Unterhaltung. Selten wirklich tiefsinnig, aber doch nie zu flach und mit einem hervorragenden Ensemble an Darstellern (unter anderem Jerry Stiller, Patton Oswald) gesegnet, lief »King Of Queens« von 1998 bis 2007 kreuz und quer durch unterschiedliche Sendeplätze diverser Privatsender – und die Wiederholungen werden noch immer gezeigt. Neben Beziehungsproblemen und dem Berufsalltag gehört Essen zu einem der zentralen Themen der Serie. Wenn Kurierfahrer Doug sich mit seinen Kumpels zum FootballGucken trifft, werden Nachos und Miller-Bier vernichtet, in einer Folge möchte er gar selbst einen Imbiss eröffnen. Im Cooper’s, dem Stammlokal der Heffernans, wird regelmäßig mit dem Freundeskreis gespeist. Kein
Wunder, dass eines Tages ein Gericht nach den Dauergästen benannt wird. Allerdings ist es nicht Doug, der in Folge fünf der achten Staffel seinen Namen auf der Speisekarte findet, sondern sein bester Kumpel Deacon. Und so entsteht schnell ein Streit um das Sandwich namens »Deacon«, eine Abwandlung des klassischen New Yorker Club Sandwich, das üblicherweise aus geröstetem Toastbrot mit Hähnchenbrust, Bacon, Salat, Tomaten und Mayonnaise besteht. Zu den weiteren Zutaten des »Deacon« gehören Pastrami, Zwiebelringe und ein Hauch Meerrettich. Doug behauptet mit Nachdruck, der wahre Urheber zu sein, und besteht darauf, dass braune Bratensoße zur Perfektion des zu trockenen Brotes fehle. Der Streit gipfelt beinahe im Faustkampf der Freunde, sodass ihr Kumpel Spence als Kompromiss das »Deacon Doug« oder »Doppel D« vorschlägt: mit Bratensoße und Meerrettich. Wir servieren es trotzdem ohne Soße. Bastian Küllenberg
Sahne-Meerrettich Und so geht’s: Baconscheiben in der Pfanne knusprig braten und beiseitelegen. Brot toasten und jeweils die Hälfte der Scheiben von einer Seite mit Mayonnaise beziehungsweise SahneMeerrettich bestreichen. Die Meerrettich-Hälften mit einer Scheibe Pastrami belegen, auf die MayonnaiseHälften anschließend Salat, Tomatenscheiben und Zwiebelringe sowie jeweils eine Scheibe Hähnchenbrust und zwei Scheiben gebratenen Bacon schichten. Vorsicht beim Zusammenklappen – es empfiehlt sich ein Zahnstocher zur Stabilisierung! Die Sandwiches am besten diagonal in der Mitte durchschneiden und als praktische Dreiecke servieren.
Illustration: Alexandra Ruppert
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TWIN PEAKS »DOWN IN HEAVEN« CD / DIGITAl 13.05.2016
TRAVIS »EVERYTHING AT ONCE« CD / DEluxE CD + DVD / lP / DIGITAl 29.04.2016
BEN HARPER & THE INNOCENT CRIMINAlS »CAll IT WHAT IT IS« CD / lP / DIGITAl OuT NOW
DRANGSAl »HARIESCHAIM« CD / lP / DIGITAl OuT NOW
Magazine for Sneakers & Streetwear
N –0 1 i n s t o r e s
w w w. p r a i s e m a g .c o m
#Style
#Style
Foto: Cru Camara
Cru Camara, von der dieses Bild stammt, sagt, sie wolle mit ihren grellen Farbwelten Orte jenseits der Realit채t erschaffen. Klassischer Eskapismus also, wie ihn auch die jungen Protagonisten unserer Modestrecke betreiben: Sie entfliehen ihren Betonburgen namens Heimat aber nicht, sondern nutzen sie als Spielfeld.
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#Style #Betonchic
Tomorrow belongs to those who can hear it coming
Wenn Fotograf Peter Kaaden die graue Gropiusstadt besucht, dann glänzt und glitzert es in allen Ecken der alten Hochhaus-Hood von Christiane F. – ganz im Stil von David Bowie, der den Soundtrack zum Spielfilm und auch den Titel zur Modestrecke lieferte. So sind wir ready for tomorrow, ready for more. Alle Models tragen den Converse Chuck II Knit Fotograf: Peter Kaaden Styling: Alexandra Heckel Assistentin: Veronique Helmschrott Haare/ Make-up: Kristin Belger Models: Laura Winter, Maren Behringer/Girls Club Management, Max und Lenny
Maren: Ledermantel Urban Outfitters Laura: Jacke Asos, Rock Ivyrevel
#XXX #Style
Max: Jacke Topman, Jeans Levi’s 501, T-Shirt Converse Laura: Pullover Valentine Gaulthier, Rock Ivyrevel
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#Style #XXX
Links Laura: Jacke Asos, Pullover Valentine Gaulthier, Rock Ivyrevel
#Style #Betonchic
Links unten Lenny: Bomberjacke BLK DNM, Jeans Tiger of Sweden
Maren: Lederrock BLK DNM, schwarzes und graues Top Ivyrevel, Jacke Weekday Laura: Felljacke und Shirt Samsøe Samsøe, Rock Cheap Monday, Brille Mykita
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#Style #XXX
Max: Jacke Topman, Jeans Levi’s 501, T-Shirt Converse Lenny: Lederjacke, BLK DNM, Hoody New Black, Jeans Levi’s 501 Maren: Bomberjacke Topshop, Lederhose Ivyrevel Laura: Jacke Topshop, Jeans Levi’s Made and Crafted
#Style #Betonchic
Max: Hemd Julian Zigerli, Jeans Edwin Lenny: Bomberjacke BLK DNM, Jeans Tiger of Sweden
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#Style #Sneaker
Design für schnelle Füße
VON SNEAKERN, JÄGERN UND SAMMLERN Sneaker haben es von sportlicher Streetwear hin zu abmontierter High Fashion geschafft. Und von der Straße ins Museum. Ab dem 13. Mai widmet das Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe dem Turnschuh-Trend eine eigene Ausstellung: »Sneaker – Design für schnelle Füße«. Dr. Jürgen Döring ist Leiter der Sammlung Grafik und Plakate im MKG und Kurator der Schau. Frederike Ebert hat ihn zum Interview gebeten. Worin liegt die Faszination von Sneakern?
Sneaker sind ein Phänomen – seit den 80erJahren haben sie sich in die Mitte unserer Gesellschaft geschlichen: Sie sind ein Statement und dabei dermaßen alltäglich, dass sie oft nur Kennern auffallen. Um sie herum hat sich eine rege Szene entwickelt, mit Sammlern, eigenen Medien und Foren, mit großen Stars, deren Designs weltweit Beachtung finden – aber auch sehr viel kleinen Firmen, die vor Ort in Shops verkaufen. Wie ist die Idee entstanden, dem Thema eine Ausstellung zu widmen?
Die Idee ist angesichts der Fülle neuer und unkonventioneller Grafik entstanden, die im Umfeld der Sneaker-Kultur weltweit zu beobachten ist. Bereits vor gut 20 Jahren habe ich in einer Ausstellung dieses Thema – damals auf Nike-Plakate begrenzt – vorgestellt und seither weiterverfolgt. Als ich die neue Ausstellung vorbereitet habe, wurde mir klar, dass es diesmal ohne die Schuhe selbst nicht geht. Woher stammen die Ausstellungsstücke?
Die Schuhe kommen zum größten Teil von Sammlern und anderen Leihgebern, zum sehr viel kleineren Teil aus der Textilsammlung des Hauses. Wir werden gut 100 Paare zeigen. Besondere Unterstützung erhalten wir von dem Hamburger Sammler Hoschi Morano. Die Drucke – Plakate, Illustrationen, Websites und mehr – haben wir rund um die Welt, von
Japan bis Brasilien, bei Agenturen und jungen gibt es, aber sie weisen in verschiedene RichDesignern angefragt. tungen. Einerseits die Verherrlichung der Stars, Wie vermittelt man einen textilen Trend in mit großen Porträts oder rasanten SportaufPapierform? nahmen. Für mich interessanter sind grafiTextil und Grafik hängen von jeher eng zu- sche Ansätze, bei denen Geschwindigkeit und sammen: Stoffmuster, Textil- und Modeent- andere Eigenschaften der Sneaker umgesetzt würfe aller Art – fast immer geschehen sie werden. auf Papier. Sneaker sind nicht nur »textiler Gibt es Parallelen zwischen Kunst- und Trend« – sondern genauso ein grafischer. Man Sneaker-Sammlern? denke nur an die Rolle, die Logos, Farben und Die gibt es selbstverständlich – wie bei allen Grafikdesign spielen. Objekten, die gesammelt werden, gibt es beWelchen Zeitraum umfasst die Ausstellung? sonders begehrte, und der Wert steigt trotz Lassen sich bestimmte Trends in der Plakat- zunehmenden Alters und Verfalls. Und hier gestaltung erkennen? beginnt die Irrationalität, sowohl bei der LeiWir zeigen vereinzelt Schuhe aus den 30er- denschaft der Sammler als auch bei der Preisbis 70er-Jahren. Aber eigentlich beginnt die entwicklung des Marktes. Ausstellung Mitte der 80er-Jahre, mit Michael Um an das Objekt ihres Begehrens zu geJordan und Run DMC (»My Adidas«). Trends langen, gehen Sammler oft ungewöhnliche in der Plakat- und überhaupt Grafikgestaltung Wege – was bei Otto-Normal-Schuhträgern
gern auf Unverständnis stößt. Wie bringen Sie den Ausstellungsbesuchern die Relevanz des Themas näher?
Wir werden mit Sammlern sprechen und fragen, wie sie an das jeweilige Schuhpaar gelangt sind. Ich glaube, dass es da sehr viele Wege gibt, und die werden wir nicht bei jedem ausgestellten Schuh, aber doch bei einer ganzen Reihe in Form kleiner Geschichten erzählen. — »Sneaker – Design für schnelle Füße«, 13.05.–28.08.16, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
14.15.16.17 July 2016 Ferropolis, Germany
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Thursday
Stil vor Talent Special feat. Oliver Koletzki, Niko Schwind, Illesnoise, Several Definitions and special guests
Friday Tame Impala, M83, Skepta, Boys Noize (live), Sleaford Mods, Ben Klock, DJ Koze, Maya Jane Coles, Jamie Woon, Mano LeTough,
Andhim, Andy Stott (live), Black Coffee, Black Cracker, Cosmin TRG, Damian Lazarus, Dekmantel Soundsystem, Fritz Helder, George FitzGerald, Gold Panda, Graham Candy, Helena Hauff, Horse Meat Disco, Isolation Berlin, JD Samson, La Fleur, Laurel Halo, Leon Vynehall, Liss, Makam, Marco Resmann, Matthias Meyer, Mura Masa, Noah Kin, Partok, Peak & Swift, Pev & Kowton (Livity Sound), Roosevelt, Sango, Sarah Farina, Say Yes Dog, Shifted, Sophie, Still Parade, Vater&Sohn, Vessels, Vril (live), Zed Bias, Zomby
Saturday Deichkind, Two Door Cinema Club, Jamie xx, Jean-Michel Jarre, Solomun, Modeselektor (DJ-Set), Maceo Plex, Peaches, Stephan Bodzin (live), Kollektiv Turmstrasse (live),
Acid Arab, Andy C, Benjamin Damage, Blind Observatory, Cormac, DJ Phono, Dr. Rubinstein, Drangsal, Ed Davenport, Fatima Yamaha (live), Floating Points (live), Freddy K, Gunjah, Hard Ton, Hi Fashion, Ho99o9, Kobosil, Kode9, Kytes, Lady Leshurr, Magdalena, Mind Against, Oddisee & Good Company, Peggy Gou, Renato Ratier, Shed, Stimming (live), Tom Trago, Virginia (live) feat. Steffi & Dexter, Woman
Sunday Disclosure, Chvrches, Tiga (live), Digitalism, Ellen Allien, Motor City Drum Ensemble, Pan-Pot,
Bob Moses, Bomba EstĂŠreo, Boris, Circa Waves, Coma, Heidi, Honey Dijon, Josh Wink, Kim Ann Foxman, Klyne, Kuriose Naturale, Lea Porcelain, Muallem, Ă˜ [Phase], SG Lewis, The Black Madonna, Tijana T
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#Style #iPhone Lade-Zubehör
iPhone Lade-Zubehör
CHARGED UP Zugegeben: So richtig viel Neues hatte Apple-Chef Tim Cook in seiner Keynote im März nicht zu berichten. Mit dem iPhone SE und iPad Air Pro war lediglich ein Trend in Richtung kompaktere Maße zu verzeichnen. Wer sich dennoch nach neuen Features sehnt, kann seinem Telefon auch mithilfe entsprechender Gadgets ein wenig Innovation verleihen. Wir stellen drei charmante Optionen vor, mit denen euch (fast) niemals der Saft ausgeht.
Ginkgo Solarbaum
Ursprünglich als Crowdfunding-Projekt gestartet, bietet der Ginkgo Solar Tree die vermutlich nachhaltigste und unabhängigste Art, die wankelmütige Natur des SmartphoneAkkus einigermaßen konstant zu halten. Dass das Ding dazu auch noch hübsch aussieht, ist ein nicht unbedingt selbstverständlicher Bonus. Im Inneren wartet eine wiederaufladbare 4000mAh-Lithiumbatterie auf ihren Einsatz. — Ginkgo Solarbaum, ca. € 120, xd-design.de
Native Union Jump Cable
Dass ein bequemes und nutzerfreundliches Handling nicht erst beim Gerät selbst beginnt, beweisen Native Union auf verblüffend einleuchtende Art – mit ihren smarten Kabellösungen. Dafür lässt sich exemplarisch das sogenannte Jump Cable anführen, das als eine Art Hybrid aus klassischem Ladekabel und Power Bank fungiert. Der Clou: Mit dem Laden des iPhones ist auch der Akku-Boost für unterwegs jederzeit wieder bereit. — Native Union Jump Cable, ca. € 50, nativeunion.com
Ikea Nordmärke
Das kabellose Laden von Smartphones über entsprechende QiStationen mag aufgrund uneinheitlicher Standards noch nicht besonders verbreitet sein, doch mit der Nordmärke-Reihe bietet Ikea schon jetzt einen günstigen und unkomplizierten Einstieg in die Technologie. Je nach Modell mit Platz für ein bis drei Geräte ausgestattet, lassen sich iPhone und Co. bequem und ohne Kabelsalat aufladen. Obacht: Bei Apple-Geräten ist eine entsprechende Ladehülle für das Handy erforderlich. Auch die gibt es bei Ikea. — Ikea Nordmärke, ca. € 35, ikea.com
Wir wissen, was Du diesen Sommer tun wirst.
festivalguide.de
#festivalfanatics
Dein Begleiter f端r die Open Air Saison. Ab 30. April als Pocket-Ausgabe, ab 30. Mai als Magazin.
#Review
# Review Spalter
Unsere liebsten Platten
Trümmer »Interzone« PIAS / Rough Trade / VÖ 29.04.16
Noch hat es niemand geschafft, der Ratlosigkeit Deutlichkeit entgegenzustellen: Ist das Kunst, oder kann das weg? Die Frage entbrennt sich an Trümmers zweitem Album »Interzone« neu: Ist das Kitsch, oder hat die Lyrik der Hamburger solch kleingeistige Zuschreibungen längst überwunden? Noch mehr Battle unter: www.intro.de, #spalter
Ton Steine Scherben haben Trümmer hinterlassen, so zumindest die naheliegende Vermutung. Bei dem Hamburger Trio handelt es sich zumindest um bekennende Fans. Mit ihrem Debütalbum feierten sie 2014 noch das Nachsitzen in der Hamburger Schule, die Texte von Sänger Paul Pötsch bewegten sich damals im Halbdunkel der tocotronischen Deutungsvielfalt. Spätestens auf »Interzone« wird es nun aber peinlich. Gleich mehrmals ist man versucht, die Hände vor Fremdscham vors Gesicht zu schlagen. »Wir sind die Kinder, vor denen uns die Eltern warnten«, heißt es in einer Zeile, oder »Wir haben den Swag im Blut«. Aber was will man von Songs mit Titeln wie »Dandys im Nebel« auch erwarten? Zuckerguss der Peinlichkeiten sind die stetigen Anglizismen, die wohl das »lost« im »Urban Jungle«-Lebensgefühl unterstreichen sollen. Bei dem ganzen inhaltsarmen Wortschmuck bleibt dann auch die Haltung auf der Mensch Maier. Es ist ein bisschen wie damals Strecke. Während das Debüt noch den im Kunstunterricht, als besonders Rebellische Ausdruckswillen eines Generation-Yanmerkten, dass das, was wir da in AusstellunGenerators offenbarte, haben Trümgen beglotzen mussten, gar keine Kunst sei, sie mer es nun aufgegeben: »Wir können könnten das doch auch. Ja, dann macht doch. Trümmer nichts, außer nichts tun, aber das könhaben jetzt ein zweites Album herausgebracht, auf dem sie erneut die großen Generationsthemen Ausschlafen, nen wir gut.« Traurige Wahrheit, wenig Analyse. Einfältig wirkt auch das Alkoholsorten und Ambitionen besingen. Man munkelt Statement zur Eurokrise: »Euro Mega gar, die Engelmann werde in den Credits aufgeführt. Aber Monster Rave« schlägt einen Rave zur was ist falsch an einer solchen Coming-of-Age-SoundtrackLösung aller Probleme vor. Das gibt es Bewerbung? Okay, Daniel Brühl, Tom Schilling und Robert bereits in besser von Egotronic oder Stadlober kommen nicht mehr als Besetzung in Frage. Aber Frittenbude, der Naivitätsstempel als es ist doch Frühling jetzt, Maiers dieser Welt: Lasst es zu. Stilmittel verfehlt sein Ziel. Teilweise Und da hier Audiolith-Bands als positives Gegenbeispiel aufgeführt wurden, versuche ich es mal so: Die Welt befindet versuchen Trümmer, sich dem sexy Vorbild Bilderbuch zu nähern. Die sich in ewig währenden Zyklen. Auf hart folgt sanft. Auf Phrasierungen klingen bei Pötsch alWinter Frühling. Auf die Aufklärung Empfindsamkeit, auf lerdings aufgesetzt. Beim verflixten New Wave Eurodance, auf Grunge die Boygroup-Ära und zweiten Album trennt sich scheinbar auf Egotronic eben Trümmer. Hat sie das jetzt wirklich die Spreu vom Weizen und der bisgesagt? Ja. Egotronic sind Kant und Trümmer Goethe. Es her interessierte Hörer von der Band. ist einfach ein Naturgesetz. Trümmer füllen letztlich die Konstantin Maier Lücke, die freundliche Bands wie Virginia Jetzt!, Juli und Karpatenhund hinterlassen haben. Und eine Szene, in der Thees Uhlmann als guter Songwriter gilt, soll mal schön den Ball flach halten. »Wir sind die Kinder, vor denen uns die Eltern warnten«, singen Trümmer und schämen sich für nichts. Heureka! Paula Irmschler
01 LUH »Spiritual Songs For Lovers To Sing« 02 Drangsal »Harieschaim« 03 Anohni »Hopelessness« 04 Ry X »Dawn« 05 Sophia »As We Make Our Way (Unknown Harbours)« 06 Kaytranada »99,9%« 07 Klaus Johann Grobe »Spagat der Liebe« 08 Trümmer »Interzone« 09 Imarhan »Imarhan« 10 Amanda Bergman »Docks«
Eure liebsten Platten 01 AnnenMayKantereit »Alles Nix Konkretes« 02 Pet Shop Boys »Super« 03 Iggy Pop »Post Pop Depression« 04 Moderat »III« 05 Deftones »Gore« 06 Macklemore & Ryan Lewis »This Unruly Mess I’ve …« 07 Mogwai »Atomic« 08 Weezer »Weezer« 09 OK Kid »Zwei« 10 Underworld »Barbara Barbara, We Face A …«
Schickt eure Top 10 an charts@intro.de. Alle Einsender nehmen an unseren Verlosungen teil!
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#Review #Platten vor Gericht
Platten vor Gericht Intro-Leserinnen und -Leser: Mittippen und via intro.de Juror werden!
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Moderat III
The 1975
Drangsal
Matthew
Max und Tim
Ø 6,75
Ø 4,70
Ø 6,50
Ø 7,00
7,5
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–
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I like the production. Sounds a bit like alt-J. Very good.
Monkeytown / Rough Trade
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Adam Green Aladdin
Velvet Underground meets Joy Division. I like it sentimentally.
Revolver / Rough Trade
3
The Range Potential
8,5 point.
This is sick. Really good. Stylish on
Domino / GoodToGo
4
Sophia As We Make Our Way (Unknown …)
M: Leute, die zum Melt! Festival gehen, finden das bestimmt einwandfrei. T: Modern und perfekt zum Einschlafen. Sascha hat eine tolle Stimme. M: Klassisches Songwriting und eine geradlinige Produktion. T: Gefällt mir gut, klingt bequem. Ich mochte seine Tongue-in-cheek-Texte immer. M: Nicht meine Tasse Tee. T: The Range mag ich eh gern, auch die Platte klingt wieder spitze.
The Thermals We Disappear Saddle Creek / Cargo
6
Underworld Barbara Barbara, We Face A …
Michi
Ich glaube, das wird mein Sommer-Soundtrack. Weite. Dunkelheit. Wärme. Ich will weinend über die Wiese rennen.
Von der ersten Note an genau mein Ding. Tolle Sounds und Songs. Ein bisschen weniger verrückt, und die Scheibe wäre ein Klassiker. Sehr hip — da hat jemand echt viel und gut gebastelt. Aber leider nichts, was ich mir am Stück anhören kann.
OK Kid Zwei Four / Sony
8
AnnenMayKantereit Alles Nix Konkretes Vertigo Berlin / Universal
9
Jupiter Jones Brüllende Fahnen Four / Sony
10
Elliphant Living Life Golden Sony
All Time Faves
So gut, dass es eigentlich aus Frankreich kommen müsste! In Deutschland schätzungsweise außer Konkurrenz.
Musik egal. Stattdessen Fun-Facts: Kennt in den USA kein Schwein; Ur-Oma hat mit Franz Kafka gebumst; Macaulay Culkin war mal sein Tourmanager. Geschmackvoll. Das ist, glaub ich, gut, aber eher was für die Melt!-FestivalTeenager mit den süßen Modeblog-Outfits und den Tanztabletten.
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The Beach Boys Pet Sounds
Paul Simon Graceland
Miles Davis Kind Of Blue
The Weakerthans Left And Leaving
Donny Hathaway Life At The Bitter End
Prefab Sprout From Langley Park To Memphis
Jeff Buckley Grace
Oasis Definitely Maybe
The Streets Original Pirate Material
Cocteau Twins Heaven Or Las Vegas
Beck Sea Change
The Descendents Everything Sucks
Nice beachside indie music. It sounds like one of my songs, it’s exactly the same keyboard part. I like that Beach Boys mentality.
M: Schön! T: Gut!
I don’t know them, but they sound like a band with a real identity. When I would be 17 again, I would fall in love with them passionately. Sick. It’s just what you want from Underworld. Like ambient beautiful music.
M: Ein bisschen fühl ich da schon, viel passiert bei mir aber nicht. T: Hab ich mal sehr gerne gehört. Ganz nett, aber eben immer Schema F.
M: Auf Labelmates lässt man nichts kommen, Ehrenkodex. T: Auf mich wirkt das Album ungemein beruhigend.
Die Platte will am Anfang ein bisschen zu viel. Wird dann aber in der Mitte ganz wunderbar. Für mich hätten es auch gerne nur Songs wie »The Drifter« sein dürfen. Ganz schönes Brett an Sound fahren die Dame und die Herren aus Portland da auf. »Years In A Day« ist mein liebster Song. Wieso nicht noch mehr davon? Keine leichte Kost für mich, aber eine sehr interessante. Brauchte etwas Zeit, um da reinzufinden. Macht ein wenig aggressiv.
Caroline / Universal
7
Mikroboy
7
Flowershop / Edel
5
L'aupaire
I don’t know what they are saying. Is it quite political? If they stand for something it’s alright, but honestly the beat is wack.
Nothing I haven’t heard before. It’s quite obviously inspired by Mumford & Sons or Dropkick Murphys. This isn’t my kind of music.
Sounds a bit like Black Rebel Motorcycle Club and the typical indie guitar music I’m not a fan of.
I can’t understand her lyrics because she is singing Patois. I think music is music and everybody is allowed to be cultural inspired, but I can’t see the point.
M: Autsch. Allein die Songtitel sind der blanke Horror. T: Muss echt nicht sein.
M: Dröge, uninspiriert, gehaltlos. Die touren in einem Zirkuszelt, mehr muss man nicht sagen. T: Wir sprechen der Gruppe hiermit Berlin-Verbot aus. M: Ich kann halt nichts komplett scheiße finden, bei dem Jörkk Mechenbier mitmacht. T: Bonuspunkte für Jörkk!
M: Keine Ahnung, wer oder was das ist, hebt sich nach dem ersten Hören nicht sonderlich ab. T: Ein, zwei gute Songs sind da bestimmt drauf.
OK Kid schaffen großartige, zeitgenössische Kunst und zeigen sich mit dem zweiten Album relevanter als jemals zuvor.
»Oft gefragt« und »Barfuß am Klavier« gehören zu den besten Songs in deutscher Sprache. Großartig.
Die Sachen wirken sehr roh und energetisch. Klingt live eingespielt. Mixing und Songwriting sind leider nicht meine Welt.
Die Soundästhetik ist nicht mein Ding. Berührt mich nicht. Zu viel Plastik und Dosen-Vibes für meinen Geschmack.
Was ich über Melancholie in Musik weiß, hab ich von ihm geklaut. »Absolute Giganten«: traurige Autofahrt im Morgengrauen und dazu Sophia. Als hätten die im Studio alle Regler für die Ewigkeit fixiert. Konstant übersteuert. Hat früher mehr gefickt, ist aber immer noch geil.
Wichtige Helden. Persönlich verknüpft mit Erinnerungen an kalte 1990erTanztempel. Will man nicht kritisieren, ist aber leider langweilig. Kumpels. Freut man sich immer, wenn man die trifft. Tolle Platte. Unangestrengt. Smart. Befindlichkeitsfixierter Pathos-Pop. Versteh ich! Schülerband. Aber Texte, so reif wie die Stimme. Erschreckend gut formuliert. Unprätentiöse Authentizität darf wieder Erfolgskriterium sein. Familie! Bühnen, Songs, Freunde, Bier, Bandbusse und Tourcrew geteilt! Musikalisch ist einiges passiert. Hat was von Plewka und den 1990ern. Ich hab eine Schwäche für Electro-Pop-Mädchen, also find ich das irgendwie gut. Katy Perry auch. Musikgeschichtlich relevant? Joaaa ...
#Review #Platten vor Gericht
Mantar
Masha Qrella
Klaus Johann Grobe
Okta Logue
Hanno
Ø 5,10
Ø 4,78
Ø 6,90
Ø 4,56
Ø 5,60
Ø 4,67
Ø
2
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6,89
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6
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10
3
5
5
6,40
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7
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4
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–
6,00
2
3
6
6
8
6
5,60
4
–
6
–
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2
5,13
8
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5
0
Aua.
3
7
4,90
3
3
7
3
Für meinen Geschmack zu rockig, zu viel gewollt.
4
0
4,05
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0
1
6
Super gemacht, aber auf Dauer anstrengend.
4
2
4,00
AC/DC If You Want Blood (You’ve Got It)
Ned Doheny Hard Candy
Devendra Banhart Smokey Rolls Down …
The Streets Original Pirate Material
Noah And The Whale The First Days Of Spring
Christian Löffler A Forest
Blut & Eisen Schrei doch!
The Beatles Rubber Soul
Nick Drake Pink Moon
Metronomy The English Riviera
Neutral Milk Hotel In The Aeroplane Over The Sea
Dudley Perkins A Lil’ Light
Westberlin Maskulin Battlekings
Artur Verocai Artur Verocai
Van Morrison Astral Weeks
Tracy Chapman Tracy Chapman
Vampire Weekend Vampire Weekend
Young Marble Giants Colossal Youth
Benno
David Müller
99
Leser
Frederike Ebert Intro
Gähnend langweilig, oder ich peil es nicht. Macht scheiß Laune, wie ich auf einer Designerdroge namens Bier in der Afterhour-ChillLounge. Weg damit. Unaufgeregt. Reduziert. Romantisch. Begabt. Das mag ich leiden. Das ist nur gerecht, weil er ein bisschen hässlich ist. Aber das sehen Mädchen anders. Teilweise gutes Zeug. Manchmal sogar geil dunkel. Ansonsten Plastik. Das gute Plastik. Sehr gut für Drogen nehmen und im Club nervös starren. Da kenne ich ‘ne ganze Menge Leute, die das gut finden werden. Vor allem Frauen, wegen denen ich mal geweint hab. Anspruchsvoll. Vielleicht ist das das Problem. Ich schwöre, dass das Anfangsfeedback Sonic Youths »100%« ist! Der Rest leider nicht. Langweiliger »Rock«, bei dem Apple-Eltern auf witzig Luftgitarre spielen. In den besten Momenten unklar, ob ernst gemeint oder Verarschung. Davor verneige ich mich. Kann ich aber trotzdem nix mit anfangen, da ungeil. Casper hat schuld hier dran. Ich bitte um eine Entschuldigung. Zu klug, zu bemüht. Wenn ich hören will, wie kacke die Welt ist, hör ich Knochenfabrik. Manchmal muss man neidlos zugeben, dass etwas einfach scheißgut ist. Das Umfeld ist mir aber etwas zu hippiemäßig. Musik rumpelig und starke Texte. Hip, frech, funky, pseudopoetisch und unfassbar ungefährlich. Die deutsche Pop-Elite unter sich. Muss Deutschland wirklich sterben? Ich denke schon. Sorry. Ich steh drauf. Sagt das nicht meinen Black-Metal-Kumpels im Wald. Geile Tracks. Für den Raggafilm mir aber nicht pervers genug. Egal, saugut.
Also, diese Platte macht uns richtig nervös. Die ruhig-nervös-machende Platte des Frühlings?
Entspannt und augenzwinkernd. Wer ins beste Stück die dümmsten DJSkillz-Geräusche packt, muss etwas richtig machen, auch wenn es falsch ist. Also, »Superimpose« ist ja schon heißer Scheiß! Aber der Rest ... Da muss man diesen Stil mögen, von dem wir nicht wissen, wie er heißt, und den wir auch nicht verstehen. Da wird schon ordentlich mit der Gefühls-Kelle angerührt. Als Produzenten hätten wir da einfach überall Kesselpauken drüber- und druntergelegt. Jetzt mal ernsthaft, da kann man doch nicht dagegen sein. Endlich wieder Teenage-Riot im 1990er-Stil. Mit Skateboards Mülltonnen zerdeppern. Und los! Das ist ja mal eine wahnwitzige Mixtur von zusammengeklaubten Sachen. Ist das eine Compilation?
Uh, da fühlen wir uns gleich alt und verknorzt, weil uns da der Zugang zu fehlt. Die ist ja bestimmt gut, die Platte, oder? Aber wir halten das nicht aus. Einigermaßen geschickt verpackt ist da plötzlich ein bisschen viel von nichts. Aber es ist nun mal so, dass man die Hi-Hat einfach nicht mehr als achteln sollte. Das ist uns unterm Strich zu kommerziell. Besser richtig reinhauen, wenn man schon Gitarren hat, oder halt dann richtig runterfahren, wenn man schon Gitarren hat. Stop! Was für ein Irrsinn. Das ganze Angebot einer Produzentenmappe großzügig ausgeschüttet. Sagte der Künstler: »Doch ja, ich nehme es alles!«
Sehr clubbig ... Total gute Arrangements, sehr atmosphärisch und schön spacige Abfahrten. Gesang auch cool. Gefällt mir sehr gut.
Da spielen Leute von Warpaint und Devendra Banharts Band mit. Rodrigo Amarante singt ein Lied. Produziert von Noah Georgeson. Klingt super. Ziemlich experimentell. Gewöhnungsbedürftig, aber irgendwie auch ziemlich interessant. Klingt so ein bisschen wie Jamie T, nur noch verrückter. Bin total geflasht von dem Album. Super Sound, erinnert mich irgendwie an Mazzy Star und Port O’Brien. Aber mit mehr Americana. Kauf ich mir. Das erinnert mich an meine Teenagerzeit ... Indie-Disco. Irgendwie geil, geht gut nach vorne, schön dreckig. Nichts Neues. Sieben Nostalgie-Punkte. 1980er-Synthie-Pop mit Sprechgesang. Ziemlich düster. Kann man machen. Auf Albumlänge etwas zu stressig für meinen Geschmack. Ziemlich poppiger deutschsprachiger Rap. Würde ich mir nicht unbedingt zu Hause auflegen. Gut produziert, viel Abwechslung.
Krasse Stimme! Aber musikalisch nicht so mein Ding. Irgendwie zu glatt und gefällig ... so Schulband-Rock. Das gefällt bestimmt vielen.
Da hätte ich jetzt was viel Langweiligeres erwartet. Interessante Produktion, gute Gesangmelodien. Muss ich mir noch mal anhören!
Großspuriger RadioElectro-Pop. Die Sängerin rappt dazu manchmal noch so reggaemäßig. Uff, das ist echt schwere Kost.
Schick.
Ich bin ein Fan von dem Album »Friends Of Mine« und mag Adam Green. Aber mit dem neuen Album werde ich nicht so richtig warm.
Erinnert mich in guten Momenten an The Streets. Aber insgesamt zu viel von allem. Alle elektronischen Styles angespielt. Am Ende harmlos.
Je mehr Vocals im Spiel sind, desto besser. Die rein instrumentalen Tracks fallen etwas ab.
Ergibt vermutlich mehr Sinn, wenn man den dazugehörigen Film kennt. Die Songs sind ganz schön, teilweise aber auch einschläfernd. Extrem abwechslungsreich. Beeindruckend, was man aus ein paar Samples herausholen kann.
In allen Songs schwingt so eine leichte Melancholie mit, was ganz angenehm ist. Zwar nichts Außergewöhnliches, dennoch gut hörbar.
Rockmusik ohne große Überraschungen. Nicht meins.
Sehr monoton, das ist das Gute daran. Aber die Texte sagen mir nichts, beziehungsweise versteht man sie auch teilweise gar nicht.
Das ist so gar nicht mein Ding.
Scheinen wieder auf der richtigen Spur zu sein. Natürlich mal wieder nichts Weltbewegendes, trotzdem macht das Album gute Laune.
In Sachen elektronische Musik hab ich lange nichts Besseres gehört. Schwer zu sagen, was es ist, aber man wird sofort mitgerissen. Manchmal einen Tick zu poppig, aber dennoch überzeugend, sowohl textlich als auch musikalisch.
Eine gute Stimme bewahrt einen Song leider nicht vor Mittelmäßigkeit. Bis auf die Singles bleibt wirklich gar nichts hängen.
Bin ziemlich überrascht. Der neue Sänger scheint Jupiter Jones ganz gut zu tun. Jetzt fehlen nur noch ein paar eingängige Melodien.
Gut produzierte Popmusik, die allerdings auf Dauer viel zu eintönig ist. Irgendwie klingt jeder Song gleich.
Erfinden den Rave nicht neu. Tausendmal gehört, tausendmal für gut befunden. Sorgt bei einem Sonnenaufgangs-Set sicher für Gänsehaut und Glückstränchen. Adam Green fand ich mal groß, dann entschloss er sich, lieber ein Buch zu schreiben. Warum jetzt doch wieder ein Album her muss, ist mir unklar. Nett, aber nicht neu. Das ist doch der Typ, der die Gesangsparts von YouTube sampelt? Nette Idee, aber als Instrumentalversion würde mir das besser reingehen. Ich scheine eine Art Vocal-Phobie zu haben. Die Stücke, wo der Gesang in den Hintergrund tritt oder erst gar nicht vorhanden ist, taugen mir aber ganz gut. Nicht meine Baustelle.
Das klingt so, als wäre es im Großbritannien der 80er aufgenommen worden. Underworld bleiben sich treu, Innovation geht anders. Macht trotzdem Spaß. Als mein Herz noch nur für HipHop schlug, hätte man das als »wack« bezeichnet. Aus vermutlich falschem Lokalpatriotismus gibt es ein paar Pünktchen. Da habe ich es mir offensichtlich völlig zu Unrecht in meiner postpubertären Verweigerungshaltung gemütlich gemacht.
So stell ich mir den Soundtrack zum Abikrieg vor — mein eigener Schulabschluss liegt zum Glück schon ein paar Jahre zurück. So not feeling it. Schwedische Sis tritt an, das Bumbaclot-Business aufzumischen. Dancehall und ich werden aber auch 2016 keine Freunde. Fast forward, selecta!
100
#Review
Jonas Alaska Younger Popup / Cargo
Spektakel
Kaytranada 99,9% XL / Beggars / Indigo / VÖ 06.05.16
Lässt sich das sprunghafte Schaffen eines kreativen Digital Natives wie Louis Kevin Celestin überhaupt in geordnete Bahnen bringen? Ein berechtigter Zweifel, der mit »99,9%« allerdings vollends widerlegt wird.
Es dürften inzwischen ganze Generationen von HipHopProduzenten sein, die sich an dem musikalischen Erbe von J Dilla abgearbeitet, die Formeln seines magischen Grooves studiert und sich die organische Imperfektion des Klangdesigns angeeignet haben. So viel Aufregendes aus dieser Quelle auch erwachsen sein mag, so ernüchternd ist die Erkenntnis, dass eben doch ein großer Teil davon bloßes Epigonentum bleibt. Kaytranada gelingt es dagegen nicht nur, diesen vielfach zitierten Vibe völlig unangestrengt zu transportieren, sondern ihn auch mit neuen Impulsen zu verknüpfen. Eine Ambition, die nicht ohne Fallhöhe auskommt, denn so sehr man Kaytranadas musikalische Wurzeln auch in klassischen Spielarten wie Soul, Funk oder Jazz verorten würde – die eigentliche Stoßrichtung seines Debütalbums dürfte niemandem so richtig klar gewesen sein. Zu divers schien das Schaffen dieses wandlungsfähigen Produzenten, als dass sich daraus ein roter Faden für die Langstrecke ableiten ließe. Im Nachhinein betrachtet lag die Antwort längst auf der Hand – der Eklektizismus wird hier nämlich schlichtweg zum Programm erhoben. Will heißen: Die stilistischen Grenzen zwischen HipHop, treibendem Disco und elektronischen Ornamenten werden derart elegant aufgelöst, dass am Ende nur noch die markante Handschrift eines außergewöhnlichen Künstlers stehen bleibt. Und die möchte man eben wie ein bildgewaltiges Graffiti aus allen erdenklichen Winkeln betrachten, bis man das kleinste Detail erschlossen hat. Philip Fassing
Aesop Rock The Impossible Kid Rhymesayers / ADA / Warner / VÖ 29.04.16
Dunkelt die Fenster ab und macht den Kopf auf: Aesop Rock verbindet auf »The Impossible Kid« Therapiestunden mit einer beatlastigen Bergpredigt. Ist es tatsächlich schon wieder vier Jahre her, dass Aesop Rock mit »Skelethon« endgültig zum Liebling des nachdenklichen Independent-HipHop wurde? Nun gut, immerhin hatte sich der MC auch damals schon mit einer neuen LP viel Zeit gelassen. Nach
Kollaborationen mit Kimya Dawson und Homeboy Sandman ist Aesop Rock auf »The Impossible Kid« wieder ganz auf sich gestellt und übernimmt neben dem Rappen und Texten auch direkt die Produktion in Eigenregie. Warum auch andere Menschen einbeziehen, wenn doch der Kern des Albums ein derart persönlicher ist. Hatte der Künstler schon früher Teile seiner Inspiration aus dem eigenen Seelenleben geschöpft, beschäftigt er sich auf »The Impossible Kid« mit introvertiertdepressiven Gedankenspielen und der nicht immer leichten Beziehung zu seiner Familie. Wie es sich für einen schlauen Einsiedler gehört, verließ Aesop Rock für die Aufnahmen seine sonnige Wahlheimat San Francisco und nistete sich in einer alten Scheune im Wald ein. Wer wissen möchte, wo geistreiche Grantler wie Audio 88 & Yassin oder Prezident ihre Ideen herbekommen, sollte dieses Album kaufen. Alle anderen aber auch. Bastian Küllenberg
Bisher wirkte Jonas Alaska wie ein schüchterner, Saiten zupfender Skandinavier, nun hat der Norweger sein drittes Album »Younger« aber lauter und rauer abgemischt als vermutet. Jonas Alaska heißt eigentlich Jonas Aslaksen und ist in seiner Heimat schon lange sehr erfolgreich, hierzulande eher weniger. Am Liverpool Institute of Performing Arts hat er seine Kunst erlernt, und auch wenn die hin und wieder auftauchenden Vergleiche zu Bob Dylan übertrieben sind, kann man ihm eine gewisse arrogante bis charmante Ausstrahlung und großes Talent nicht absprechen. Die elf Songs auf dem neuen Album sind energetischer Pop, fein komponiert und erst beim zweiten Hören wirklich einzuordnen. Besonders daran ist die Kombination von eher zynischen Texten mit einem positiv wirkenden Sound voller E-Gitarren. Am überzeugendsten ist das getriebene, fast verzweifelt klingende »Animal«. Nur bei »My Heart Was Leaving Me« kommt noch eine ruhigere Folk-Ebene hinzu, die ihm doch ziemlich gut steht. Das ebenfalls ruhige »Bucky« zeigt dagegen seine verschrobene Seite, eine Geschichte, in der er sich selbst ganz entspannt als »hideous and grim« bezeichnet. Dieser blonde Zottelkopf ist irgendwie nicht so richtig einzuordnen. Elisabeth Haefs
Anohni Hopelessness
Sam Beam & Jesca Hoop Love Letter For Fire Sub Pop / Cargo
Die nächste Runde im Kollabo-Reigen: Sam Beam ergänzt sich dieses Mal perfekt mit Jesca Hoop und bewegt sich zwischen Schwermut und Bonnie & Clyde. Er hat es erneut getan: Nachdem Sam Beam alias Iron And Wine sein letztes reguläres Album gemeinsam mit Band-OfHorses-Frontmann Ben Bridwell bestritt, veröffentlicht er diesmal unter Klarnamen zusammen mit Jesca Hoop. Vielleicht zuerst ein paar Sätze zu ihr, es könnte ja manchem genauso gehen wie mir und Sam Beam – wir haben sie beide bis vor Kurzem nicht gekannt. Nach der Trennung ihrer Mormonen-Eltern verließ Jesca Hoop als junges Mädchen Heim und Religion und ging in die Wildnis. Als 20-Jährige arbeitete sie als Survival-Guide, später als Nanny bei Tom Waits und Kathleen Brennan, von denen sie schließlich in eine musikalische Karriere mit bis dato fünf Alben und zwei EPs gehievt wurde. Diese Veröffentlichungen entdeckte wiederum Sam Beam eines schönen Nachmittags auf iTunes, nachdem er lange nach einer perfekten DuettPartnerin gesucht hatte. Während die letzte Kollaboration mit Bridwell ja in erster Linie ein Abfeiern beider Lieblingssongs war, ging es diesmal tatsächlich um Duette im engeren Sinn: Boy-Girl, gemeinsam geschrieben, rund ums Thema Liebe, oft dialogisch. Und das tut der Sache gut. Noch wichtiger als die schön harmonierenden Stimmen ist nämlich Hoops eigenwilligeres, längst nicht so klassisches Songverständnis. Das und ein gewisser Pop-Appeal ergänzen Beams Trademark-Skills (Melancholie, Melodie, Halbdunkel) nahezu kongenial. Nancy & Lee, John & Yoko, She & Him und nun Sam & Jesca als nächster Schritt. Eine rundum gelungene Unternehmung. Claudius Grigat
Rough Trade / Beggars / Indigo / VÖ 06.05.16
Die unglaubliche Stimme von Anohni passt perfekt in die kämpferische DanceSoul-Kulisse, die Oneohtrix Point Never und Hudson Mohawke für die Künstlerin entwarfen. Das musikalische und private Terrain mag sich für die Sängerin, vormals bekannt als Antony Hegarty, verschoben haben, doch auch ohne die operettenhafte Klaviermusik ihrer Ex-Formation Antony And The Johnsons kann die Künstlerin bestehen – nicht zuletzt wegen ihrer grandiosen, engelsgleichen Stimme. Der resignative Titel »Hopelessness« verrät es bereits: Ihre Anliegen sind ihr ernst. Es geht um den Überwachungsstaat, Kriege und wie schon auf Antony-Alben um Umweltzerstörung. Die Musik dazu ist flächig und tanzbar, meist jene Form des cineastischen Electro-Soul, die der neben Oneohtrix Point Never federführende schottische Produzent Hudson Mohawke bereits für sein eigenes Durchbruchsalbum »Wanted« aus dem Jahr 2015 entwarf. Doch ganz so hermetisch und dicht ist der Sound nicht: Nach einer furiosen ersten Hälfte mit wuchtigen Botschaften und einprägsamem Pop verlangsamt sich das Tempo. »Violent Men« ist fast ein SpokenWord-Track, im Closer »Marrow« muss man an Jamie xxs Vorliebe für karibische Sounds denken. Dennoch: Trotz der klaren Handschrift Mohawkes übertönt Anohni alles durch ihre Stimme, ihre Message und ihr Songwriting. Kai Wichelmann
Amanda Bergman Docks Ingrid / Cargo / VÖ 06.05.16
Die verträumte Leichtfüßigkeit von Amanda Bergmans Solodebüt weicht in zwei Richtungen aus: Mal packt ihre Sinnlichkeit, mal verläuft sie sich im Nichts. Amanda Bergman ist eine Frau mit vielen Namen. Unter den Pseudonymen Hajen, Jaw Lesson und Idiot Wind erlangte sie in den letzten Jahren in ihrer schwedischen Heimat bereits Bekanntheit, sie war Tour-Support für The Tallest Man On Earth und First Aid Kit. Mit »Docks« erscheint jetzt das erste Album unter ihrem Realnamen. Musikalisch erinnert die Platte stark an Amason, eine Supergroup aus vor allem in Schweden bekannten Musikern, bei der Bergman auch singt. Schon bei deren Album stand ein großes »Soft« vor der Genrebezeichnung Rock. Solo nimmt Bergman nun einen weiteren Gang raus und setzt auf einen zurückgenommenen, verträumten Sound. Im Mittelpunkt steht die dunkle Stimme der 28-Jährigen, die Instrumente sind dezent im Hintergrund gehalten. Das geht bei der Single »Falcons« besonders gut auf:
#Review Trotz des langsamen Tempos und spärlicher Arrangements entfaltet der Song eine unwiderstehliche Dringlichkeit, Bergmans Gesang nimmt den Zuhörer sofort in Beschlag. Ganz so unmittelbar wirkt der Rest der Platte nicht, einige Songs wirken dann doch zu fahrig und traumtänzerisch. Andere entfalten erst nach mehrfachem Hören ihre Wirkung – dafür aber umso stärker. Dominik Bruns
Nicholsons pointiert nachhallende Stimme schwingt sauber in den oberen Tonlagen, so wie es in Großbritannien sonst nur Chris Martin von Coldplay schafft. Aber auf den ersten Vergleichswert folgen schnell weitere: The Editors, die schon etwas betagten Talk Talk, Elbow oder The National aus den Vereinigten Staaten – TBR verkörpern viele Stilschattierungen, sind die perfekte Schnittmenge des verträumten Gitarren-Pop, aber eben ohne eigenes Gesicht. Und da verschwindet auch diese gut gemeinte Platte in der Beliebigkeit einer Musikindustrie, die mittlerweile einfach jeden Monat viel zu viele Alben von höchst unterschiedlicher Qualität ausspuckt. Klaas Tigchelaar
Benjamin Biolay Palermo Hollywood Barclay / Universal
Frankreichs erotischste Augenringe sind wieder da: Auf seinem siebten Album schlafwandelt Benjamin Biolay durch Buenos Aires. Benjamin Biolay ist in Sachen Habitus und musikalisches Talent der legitime Nachfolger von Serge Gainsbourg, Frankreichs wichtigstem Weltkulturerbe. Für »Palermo Hollywood« hat sich Biolay nun von einem Stadtteil der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires inspirieren lassen. Ein gute Entscheidung, denn das Ergebnis ist eine interessante Mischung aus neuen und bewährten Stilen seines Repertoires. Viele Stücke gleichen dem Nouvelle-Chanson-Sound bisheriger Biolay-Alben, etwa die melancholische Ballade »La Débandade« oder die großartige, lasziv-orchestrale Easy-Listening-Nummer »Pas Sommeil«. Andere Stücke wie »Masterchef« oder »Palermo Queens« sind wiederum von lateinamerikanischen Rhythmen geprägt. Biolays Reiz beruht neben seinem tollen Songwriting natürlich auch auf seiner visuellen Inszenierung, der des kettenrauchenden, schwarz gekleideten Womanizers, wie er sie par excellence im Video zu »La Débandade« als durch Buenos Aires schlawinernder Bohemien zelebriert. Das wirkt so, als wäre es für Männer um die 40 die normalste Sache der Welt, in einem vergilbten Hotelzimmer neben einer schönen, nackten Frau zu sitzen. Am Ende des Songs hat er dann noch einen Don-Draper-Moment: allein an einer Bar, den Kopf auf dem Tresen liegend, ein leeres Glas daneben, zwischen den Fingern die obligatorische Zigarette. Sex, Amour, Rausch und Absturz – bei Biolay bekommt man wie immer das volle Programm. Annette Walter
Captain Planet Ein Ende Zeitstrafe / Indigo / VÖ 06.05.16
Von wegen Ende. Das vierte Album des Hamburger Quintetts beweist: Punk ist nicht tot, er musste vielleicht nur eben noch die Kids vom Spielplatz abholen. Manchmal ist man ja dankbar für Konstanten im Leben. Die hanseatischen Punks Captain Planet sind so eine. Auf dem nunmehr vierten Studioalbum wird erwartungsgemäß abgeliefert: rasend voranpreschende DreiMinuten-Punk-Hymnen ohne viel Effekthascherei, klanglich immer noch angelehnt an alte Emo-Heroen wie Samiam oder Hot Water Music. Um der lyrischen Subtilität auf die Schliche zu kommen, braucht man zwar kein Germanistikstudium; es funktioniert aber sicher besser mit weniger als zwei Promille. Kein Wunder, schnöder Knüppelpunk stand, ähnlich wie bei den artverwandten Mitstreitern Love A, Matula oder Turbostaat, ja eh nie auf dem Deckel. Jan Arne von Twistern schreit seine Wut lieber in poetischen, teils absurden Bildern heraus. Darin geht es mittlerweile weniger um Gentrifizierungs-Groll oder durchzechte Nächte als vielmehr um trotzigen Aufbruch: »Wir haben es immer wieder versucht, zwischen den Zeilen Blumen auszusäen – grandios gescheitert.« Der Fokus hat sich verlagert. Erwachsen sein und in bestehenden Strukturen leben heißt nicht zwangsläufig aufgeben, sondern weiter ankämpfen in einer Welt, die längst nicht irgendwie okay ist. »Weiter – bis die Stimme aufgibt. Bis alles zerfällt. Bis der Vorhang wieder aufgeht, uns nichts mehr hier hält.« Haltung findet sich eben nicht nur in einer Bierlache auf dem Bahnhofsvorplatz. Manchmal versteckt sie sich auch hinter den Fenstern einer Reihenhaussiedlung. Thorsten Streck
The Boxer Rebellion Ocean By Ocean
teils beleidigtes Selbstexil. Die Musik zu seinen Filmen hat Carpenter meist selbst geschrieben. Das war eben günstiger. Ein wirkliches Selbstverständnis als Musiker hat er trotz ausreichend Ehrerbietung (Mogwais »Rave Tapes« wirkt stellenweise wie ein Komplementärstück zu seinen Soundtracks) allerdings erst spät entwickelt: »Lost Themes« aus dem vergangenen Jahr war eben keine Resterampe, sondern ein mit Sohn und Patensohn zusammengestelltes frisches Werk. Die Fortsetzung ändert weder etwas an der Besetzung noch am Ansatz, unter Umständen hört man ein paar Live-Instrumente mehr. Nach wie vor dreht sich die Musik um relativ simple Synthesizer-Motive in atmosphärischer Retro-Anmutung. Ein, zwei gute Ideen reichen Carpenter pro Track, aber die müssen erst durch die offenkundig unbestechliche Qualitätskontrolle. Man vermisst die Filme dahinter. Nicht, weil die Musik ohne sie nicht funktionierte, sondern weil aktuelle Soundtracks häufig so melodiearm und perkussiv sind. Carpenter ist eher der AntiHans-Zimmer: Statt flächiger Dienstbarkeit gibt’s direkt aufs Maul. »Lost Themes II« ist elektronische Musik, die so unmittelbar auf den Punkt kommt wie Punkrock. Michael Weiland
The Coathangers Nosebleed Weekend
Dälek Asphalt For Eden
Suicide Squeeze / Cargo
Profound Lore / Soulfood
Garagenrock, Tattoos, Doo Wop und coole Klamotten – das Trio aus Atlanta festigt seinen Retro-Gegenentwurf zum maskulinen Screamo-Gerocke. Ob der holprige Dilettantismus im souligen Garagenrock-Sound der Coathangers wohl kalkulierte Ironie oder punkige Talentfreiheit ausdrücken soll? Festgehalten wurde ihr viertes Album im Valentine Studio in Hollywood, welches die letzten 30 Jahre geschlossen war und optisch wie klanglich eine echte Zeitreise darstellt – was also eher für ironische Style-Aspekte spricht. Zudem legt »Nosebleed Weekend« eine mehrheitlich mitreißende und rockige Auswahl an knirschenden Hüftwacklern hin, sodass man sich unbeschwert in die swinging Sixties zurückreißen lassen kann. Die rumpeligen Arrangements und die klangliche Schlichtheit reihen sich bei der 1960er-Punk-Wehmut von Sampler-Reihen wie »Back From The Grave« oder Nischen-Rock’n’Roll-Plattenlabels wie Crypt und Estrus ein. Für eine Verbandlung mit dieser Subkultur dürften die drei Coathangers – zumindest in ihrer Heimat USA – allerdings schon wieder zu hip sein. Für alle glattproduzierten Digitalaufnahmen der Neuzeit ist dieses Album ein krachender Schlag ins Gesicht, jedoch einer, der mit viel Charme, fröhlichen Chorgesängen und bescheidener Zufriedenheit ausklingt. Klaas Tigchelaar
Auf ihrem Comeback-Album erscheinen die Alternative-HipHopper Dälek in einer bedrückt wirkenden Melancholie, ohne jemals zu resignieren. Im Koordinatensystem des HipHop gelten Dälek seit jeher als kreative Freischärler, die es ihrem Publikum nicht immer leicht machen. Zu divergent ihre Einflüsse, um kollektiv abgenickt zu werden, zu kantig ihre Soundscapes und Beats, um sich selbstvergessen arschwackelnd in sie fallen zu lassen, zu abstrakt ihre wieder und wieder durch den SampleWolf gedrehten Drones, um sich mal eben checkermäßig in lässiger Quellforschung zu ergehen – und doch sind da bei aller Komplexität und bei allem progressiv-kopflastigen Gestus diese gewisse Eingängigkeit, diese unter Klangschichten sich verbergenden Hooks. Vor allem aber ist da dieser unwiderstehliche Flow. Diese stringente textuelle Lotsenspur, die auch auf dem aktuellen Album, dem ersten seit 2009, den Weg durch den puren Sound weist und so die Fusion zwischen grüblerisch-künstlerischer Geste und geerdeter, stets nachdenklicher Offenheit festigt. Es ist diese Verknüpfung zerebraler Luzidität, klanglicher Konsequenz und, bei aller noisigen Schroffheit, einnehmender Wärme, die dieses großartige Comeback-Album zu einem düsteren Heim macht, in das man sich bergen möchte und in dem man doch nie Zufriedenheit finden kann, ja, niemals finden darf. Denn die Welt ist immer noch ein offen blutendes Übel und verdient es nicht, mit betulichen Zeilen und Weisen besungen und beschönigt zu werden. Die lodernde Wut über die Allgemeinscheiße weicht hier jedoch langsam einer zwar niemals resignativen, aber doch seltsam bedrückt wirkenden Melancholie, die eine gewisse Schwerblütigkeit atmet, aber auch von Hoffnung kündet und von dem Willen zum Wandel. Kann progressiver HipHop im Jahre 2016 noch aufrütteln? Man wagt es kaum zu hoffen. Was Dälek aber gewiss noch können, ist, die Köpfe, die willens sind, zu öffnen und zu erhellen. Und sei es mit Dunkelheit und stetig anschwellendem Gram. Ulf Imwiehe
Absentee / Kobalt / Rough Trade / VÖ 29.04.16
Schwelgerisch-perfektionistische Popsongs ohne Attitüde – kann man es diesen Briten wirklich übel nehmen, dass man sie nie erkennt? Mittlerweile ist es das fünfte Album und das 15. Jahr, in dem das Quartett aus London seit seiner Entdeckung durch Creations Alan McGee versucht, sich in Richtung Eigenständigkeit freizuschwimmen. »Ocean By Ocean« ist grundsätzlich gar kein schlechtes Album, keines, dem man Nachlässigkeit, fehlendes Harmonieverständnis oder gar Ambitionslosigkeit unterstellen könnte. Alles sitzt wohlüberlegt an der richtigen Stelle, und Nathan
John Carpenter Lost Themes II Sacred Bones / Cargo
Zweite LP mit zweitem Standbein: Für eine Regie-Legende macht Carpenter angenehm unprätentiöse elektronische Musik. Der implizierte Verlust in John Carpenters »Lost Themes« ist nicht seiner: Schau her, Hollywood, das hättest du haben können! Im Kino findet der Regisseur von Klassikern wie »Halloween« und »Die Klapperschlange« ja kaum noch statt, teils fehlende Nachfrage,
Peaches Geldof, startet seine Solokarriere nach S.C.U.M mit einer mittelmäßigen LP. Nach dem Herointod seiner Frau Peaches Geldof musste Thomas Cohen zeitweise dasselbe Schicksal wie Pete Doherty erleiden: Er tauchte öfter in den britischen Tabloids auf, als ihm als Musiker lieb sein kann. Hoffen wir, dass The Sun und Daily Mail den armen Mann bald in Ruhe lassen. Mit »Bloom Forever« hofft er vermutlich auf einen Befreiungsschlag, um musikalisch wieder ernst genommen zu werden, nachdem sich seine Band S.C.U.M. schon 2013 auflöste. Leider ist diese Mission gescheitert, denn sein erstes Soloalbum ist gelinde gesagt ein erschreckend mittelmäßiges Album, das im Pathos erstickt – so kitschig und glatt produziert ist dieses dürftige Werk. Nicht mal mit viel Wohlwollen lässt sich darauf nur ein vernünftiger Song finden. Dazu kommt noch Cohens prätentiös-weinerlicher Gesangsstil, mit dem er Belanglosigkeiten wie »Drinking Coca-Cola« oder Leidensfloskeln wie »Couldn’t make it through« ins Mikrofon jammert. So sehr man es Cohen gönnt, dass er an dem Erlebten nicht zerbrochen ist und sein kreatives Potenzial wieder nutzt: »Bloom Forever« ist eine sehr öde Platte, in der man nicht mal ansatzweise eine interessante musikalische Handschrift erkennt. Annette Walter
Thomas Cohen Bloom Forever Stolen / Coop / PIAS / Rough Trade / VÖ 06.05.16
Großes Leid gebiert nicht zwangsläufig große Kunst: Thomas Cohen, Witwer von
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#Review
Spektakel
Mantar Ode To The Flame
und machte sie mit dem Produzenten Adrian Gurvitz bekannt. Der wiederum stellte den Kontakt zu Mitgliedern von The Roots und Sharon Jones And The Dap-Kings her, die Day bei Arrangements und Instrumentierung unterstützten. Musikalisch zielt »Cheers To The Fall« auf die ganz große Soul-Bühne ab. Das beste Beispiel ist der Titelsong, bei dem Day ihre Alt-Stimme in höchste Höhen treibt. Daneben treffen poppige Nummern wie »Forever« oder »Gold« auf große Balladen wie »Rise Up« oder »Red Flags«. Bis auf das redundante »Rearview« trifft Andra Day mit ihrem Debüt nur richtige Töne und kann den hochgesteckten Erwartungen erstaunlich oft entsprechen. Louisa Zimmer
Nuclear Blast / Warner
Mit einer konsequenten Weiterentwicklung, die eher einer Hochverdichtung gleicht, etabliert sich das pechschwarze Sludge-Metal-Duo Mantar für den Weltruhm.
Groß war das Heulen und Zähneknirschen in der Szene, als der Wechsel Mantars zum Branchenriesen Nuclear Blast bekannt wurde. Ausgerechnet diese DIY-Maschine, dieses zweiköpfige Klangwalzenmonstrum, diese nimmermüde tourende Bruderschaft von Road Dogs, die auf der Bühne stets so unwirsch wirken, als würden sie ausschließlich Maggi saufen und Steine fressen, diente sich dem Label an, das im Metal und verwandter rustikaler Musik dem Mainstream nicht nur am nächsten kommt, sondern den Mainstream schlechthin verkörpert? Next stop NightwishSupport-Slot und »ESC«? Doch Contenance im Pit, bitte! Derlei Ängste dürften sich bereits beim ersten Ton des gewohnt massiv malmenden Openers »Carnal Rising« verflüchtigen, beim die Geschwindigkeit und den Druck erhöhenden »Praise The Plague« vergessen sein und spätestens beim Smash-Hit from Hell »Era Borealis« in enthemmte Euphorie umschlagen. Mantar sind immer noch Mantar – knüppelhart, wuchtig groovend, stochernd, röhrend und bis zur waidwunden Kreatürlichkeit den Schmerz und den Zorn der nackten Existenz herausschreiend. Mit Sludge, Noise-Core und einem deutlich erhöhten Black-MetalFeeling besingt die wohl wirkmächtigste Band, die Bremen je hervorgebracht hat, die Reinigung durch das Feuer, die Kraft, die in der Zerstörung liegt, das schöpferische Potenzial, das aus Leid entweder geboren oder andernfalls einem bitteren Ende zugeführt wird. Die Gitarren sind noch unglaublicher als auf dem bereits Maßstäbe setzenden Debüt. Der Gesang atmet Gift und Verächtlichkeit, und Schlagzeugtitan Erinc etabliert sich endgültig als einer der kraftvollsten Drummer in seinem Metier. Nie waren Mantar so sehr sie selbst wie auf diesem fantastischen Album. Besser wird’s kaum werden. 2016 kann zu.
Samy Deluxe Berühmte letzte Worte Vertigo Berlin / Universal / VÖ 29.04.16
Stirbt der Mann? Ach nee, Samy Deluxes »Berühmte letzte Worte« sind nur die gewöhnlichen Bilanzziehungen eines gewöhnlichen Typen. Die oberlehrerhafte Was-gesagt-werden-muss-Pose auf dem Cover zeigt schon bedrohlich, was einem auf den folgenden 16 Tracks bevorsteht: Abrechnung, damals, man erinnert sich, authentisch bleiben trotz Erfolg, alte Träume, es ist noch nicht vorbei, für immer Battle-Rap, emotionale Reise, Dummheiten, Kumpels, was ist denn nun schon wieder. All das passiert noch mal auf »Berühmte letzte Worte«, es geht um Samys 20 Jahre im HipHop. Doch wirklich viel erfährt man nicht, und das wenige wird auch noch relativiert: »Warum Promi sein, ich war glücklich als Underground-Rapper« (»Vorwort«). Ja mei. Generell wird vom Major-Label-Künstler und Teilnehmer von »Sing meinen Song« viel am Mainstream rumkritisiert. Als älter werdender Rapper muss man dann auch noch einen Song über Kinder (»Papa weint nicht«) und die Mama (»Von dir Mama«) machen, und fertig ist der Rundumschlag, die innere Reise. Aber es war nicht alles schlecht. Gelungene Tracks sind das ehrliche »Was ich fühl«, das oldschoolige »Epochalität« und das Deutschland hassende »Klopapier«. Wenn er jetzt noch aufhört, mit Xavier Naidoo abzuhängen, könnte man ihn glatt mal wieder als politischen Rapper ernst nehmen. Man muss ja langsam auch an den Nachruf denken. Paula Irmschler
Ulf Imwiehe
Andra Day Cheers To The Fall Warner
Die neue Amy Winehouse? Auf ihrem Debüt wird die Soul-Sängerin Andray Day allen hochgesteckten Erwartungen gerecht.
Wenn Jazz alle paar Jahre wieder in den Mainstream gespült wird, liegt das meist an Sängerinnen mit ganz großen Stimmen. Amy Winehouse war die Ikone des letzten Jahrzehnts, jetzt könnte das Andra Day werden. Die kommt im Gegensatz zu Winehouse nicht aus London, sondern aus San Diego in Kalifornien. In Nordamerika wurde das Debütalbum »Cheers To The Fall« bereits im August veröffentlicht und stieg in die Top 50 der Billboard Charts ein. Ihren Plattenvertrag mit Warner bekam Day nach einem viral gegangenen Cover-Song von Jessie J, nachdem sie in San Diego Gesang studiert hatte. Schon vor besagtem YouTube-Hit wurde Stevie Wonder auf Day aufmerksam
Discharge End Of Days Nuclear Blast / Warner / VÖ 29.04.16
Discharge grölen sich auch nach all den Jahren noch durch Crust und atavistischen Höhlenmenschen-Metal. Ein schlichtes, ein naives, sogar primitives Album, aber auch unerwartet stark. Auch die einflussreichsten musikalischen Rabauken-Legenden der Welt werden einmal älter und schlüpfen lieber in die kuscheligen Puschen, anstatt sich bis zum Sprung ins finale Erdmöbel in den Siff-Clubs dieser Welt die Finger wund zu riffen. Man will ja schließlich auch mal alles um einen herum wachsen sehen und nicht immer nur im irren
Tempo durch die Welt rasen. Das Leben ist kein steter Kollisionskurs, irgendwann soll auch mal Zeit für Frieden und Teatime sein. Es sei denn, bei besagter Legende handelt es sich um Discharge, jene sagenumwobenen und weit über ihr stilprägendes Debüt »Hear Nothing See Nothing Say Nothing« hinaus wirkmächtigen Wegbereiter des Crust und nebenbei essenzielle Impulsgeber bei der Entstehung besonders rabiater Unterarten der mürrischen Musik wie Grindcore oder Thrash Metal. Eine solche Ikone des Knüppelns zieht sich nicht in irgendeine gated Bauwagensiedlung zurück und schwelgt in verflossenen Glanztaten. Hier wird weitergewütet, hier muss gearbeitet werden, und der lichterloh flammende Zorn ist noch längst nicht verglüht. Nichts hat sich, nachdem man vom kurzfristigen, schäbig metallischen Irrweg wieder zurück zum Krach mit Kruste fand, an der Herangehensweise des knurrigen Quintetts geändert. Selbst der Wechsel des Sängers beeinflusst die CI nur marginal. Nun kann man den rabiaten Minimalismus, mit dem sich Discharge auch nach all den Jahren noch durch ihre vertraut klingenden Songs zwischen Crust und atavistischem Höhlenmenschen-Metal grölen, putzig finden. Man kann sich aber auch einfach daran erfreuen, dass diese einstmals so wichtige Band im Herbst ihrer Karriere noch einmal mit einem unerwartet starken Album aufwartet. Ja, es ist ein schlichtes, ein naives, sogar primitives Album. Natürlich ist es das, was auch sonst! Und, nein, der ganz große emotionale Flächenbrand wird hier bei aller Emphase im Vortrag nicht mehr entfacht. Was nichts daran ändert, dass Discharge tatsächlich noch einmal die Wände zum Wackeln bringen. Oder ist es doch nur das billige Dosenbier? Egal. Schönheit ist woanders. Gut so. Ulf Imwiehe
Diverse The Ladies Of Too Slow To Disco How Do You Are? / Rough Trade / VÖ 29.04.16
Der dritte Teil der formidablen »Too Slow To Disco«-Compilation-Reihe widmet sich ausschließlich den Damen und beweist ihre Überlegenheit. Zu den späteren Momenten im Oeuvre der Laura Allan zählt die gesäuselte Träumerei »Fallen« aus dem Soundtrack zu »Pretty Woman«, welche die Liaison des feschen Richard Gere und der bezaubernden Julia Roberts besingt. Frau Allan jedoch auf diese zeitgeistige Nummer der frühen 1990er zu reduzieren und ihren Gipsy-synkopischen Hit »Opening Up To You« zu verschweigen wird ebenso wenig ihrem Werk wie dem der anderen tollen Künstlerinnen gerecht, die auf »The Ladies Of Too Slow To Disco« kompiliert wurden. Der Sampler intoniert die Geschichte starker Musikerinnen, die sich gegen Machismo im Business behaupteten und zu Unrecht im Schatten ihrer männlichen Kollegen stehen. So kennen viele »Don’t Look Any Further« als Sample bei Snoop Dogg oder M-People. Die wenigsten wissen aber, dass es der Feder der lässigen Franne Golde entstammt, die heute für Christina Aguilera oder die Pussycat Dolls komponiert. Die Compilation hält nicht nur die kaleidoskopische Vielfalt rhythmischer Gitarren, tänzelnder Bassgitarren und clownesk-schriller Unterhaltsamkeit der 1970er-Disco bereit, sondern malt ein Klangbild sonniger kalifornischer Schönheit. FreundInnen des Genre-Bonmots »Funky Fräuleins« erleben hier die Grandezza des Golden-Westcoast-Pop-Sounds. Menachim Zwartmann
ZIEGENBLUT & MÖTÖRÖL MIT CARSTEN SCHUMACHER
Lest über Jomswikinger, die fünf Sterbe phasen nach Kübler-Ross und Turan, das mythische Land der Turkvölker. Und über Metal in allen Schattierungen von Schwarz.
Haben Amon Amarth wirklich die Nummer eins in Deutschland geknackt? Mit ihrem ersten Konzeptalbum? Über den mythischen Männerbund der Jomswikinger? Nun ja, Hauptsache Hörnerhelme, blutige Äxte, Feuer und Eis. »Jomsviking« (Columbia) bringt seine Hörer nicht nur sofort zum Schunkeln und liefert Manowar-Lagerfeuergeschichten, sondern würzt den Mitsing-Death auch immer mit klassischen Zutaten wie beispielsweise dem Gesang von Doro Pesch, die sich zwischen Johan Heggs Cinemascope-Grunzen einfügt wie Ann Darrow in die Hand King Kongs. Popcorn-Death und genauso kurzweilig. Doch reiten wir eine Volte und begeben uns hinab in den Schlund des unbändigen Geschreis, der Zusammenführung der Band The Body mit den zehn Jahre jüngeren Full Of Hell in ihrem schönen Schlamassel »One Day You Will Ache Like I Ache« (Neurot). Drone/Doom und Grindcore feiern hier eine Hochzeit im Noise, bei der einzig Nervenstärke auf der Gästeliste steht. Man will sich einfach nicht ausmalen, wie sehr Leonard Cohen gequält werden müsste, bis er seinen Song »The Butcher« in der hier dargebotenen Version bringen würde. Okay, Merzbow-Fans würden hier immer noch schunkeln, aber sie wären dabei allein auf der Bank. Der (Scarlet) Doom von Messa wirkt anschließend jedenfalls wie ein Besuch in der Kirche. Ein kleiner Drone als Gruß aus der Sakristei, dann folgt schweres, klassisches Riffing à la Pentagram. Dann setzt Sängerin Sara ein und erinnert dabei ein wenig an Jex Thoth. »Belfry« (Aural) ist das schöne Debüt dieses italienischen Quartetts, das von einem Wechsel zwischen schleppend-dronig und okkult rockend völlig geflutet wird. Ein guter Zeitpunkt, um sich mit dem Modell der fünf Sterbephasen nach Elisabeth Kübler-Ross zu befassen. Dafür ziehen wir flink das Debüt der Post-Metal-Band Yanos aus Marburg hervor. Die Band ging unlängst aus den aufgelösten Amber hervor und hatte die Theorien dadurch also noch parat. Mehr noch: Sie setzen den fünf Phasen vom Erkennen der Sterblichkeit bis zum abschließenden Akzeptieren noch den Punkt »Isolation« voran. Und dann geht es Song für Song: Zorn, Verhandeln, Depression, Akzeptanz. »Omega« (Moment Of Collapse) ist dadurch vielleicht kein Garant des Frohsinns geworden, verleiht aber den genreüblichen Wechseln zwischen Ruhe/Melodie und Wut/Wand eine wundervolle Düsternis.
Bleiben wir beim Farbton: Black Shape Of Nexus doomen, sludgen und crusten sich auf »Carrier« (Exile On Mainstream) wieder in den Boden, bis sie in völliger Finsternis Heilung finden. Per aspera ad astra sozusagen, denn die Band betont, dass speziell der Entstehungsprozess zu diesem Album ein Albtraum gewesen sei und die totale Auflösung als Resultat
im Raum gestanden habe. Katharsis rules! Am Ende belohnt das zwölfminütige HellhammerCover »Triumph Of Death«, und dann kann Mannheim wieder schlafen.
Ebenfalls das Schwarz im Namen tragend, dafür aber bluesig groovend und im klassischen Sinn psychedelisch doomt der Heavy-Rock von Black Lung. Beseelt gehen sie die Sache auf ihrem zweiten Album »See The Enemy« (Nois-o-lution) an und werfen uns erneut gekonnt in die immer wieder lobend erwähnten 1970er, in denen die Rente noch sicher war und ein Fläschchen LSD noch in jedem guten Garten vergraben lag. Und auch wenn die Band auf einen Bassisten verzichtet, ist dieses Album gelungener als so manch andere, pompös herumstolzierende Retro-Kiste. In ähnlicher Form gekonnt süffig bei gleichzeitiger Finesse am Instrument verbindet der Franzose Pierrick Valence mit seiner Band Phazm Death Metal mit Black Metal der alten Schule und einer Prise Rock’n’Roll. Seine Stimme gleitet dabei auch gern mal derart in den Keller, dass »Scornful Of Icons« (Osmose) auch für den mongolischen Markt interessant sein dürfte. Inhaltlich beschäftigt sich Valence nach dem Tod seines Vaters mit der Vision einer vom Monotheismus losgelösten Existenz (vgl. Yanos, Kübler-Ross). Und da kämen wie aufs Stichwort Inactive Messiah ins Spiel, die sich nach sechs Jahren Pause (nomen est omen) mit einem dritten Album melden. »Dark Masterpiece« (Growl) ist ein schöner Rückgriff auf Samael, Paradise Lost, Sentenced und Marilyn Manson in den seligen 1990ern, also vor Mansons Niedergang als Selbstzitat. Aber natürlich ist das Album der Griechen keine Nummernrevue, sondern fügt die Einflüsse der genannten Bands einer weitgehend geschmackvollen Homogenität zu (es war ja auch nicht alles gut, damals). Es wäre im Sinne der Heterogenität dieser Kolumne endlich mal die kirgisische Band Darkestrah mitzunehmen, die mit ihrem schamanischen Metal in Bischkek an der Seidenstraße gerade den Daumen raushält. Die Band möchte gern auf eine spirituelle Reise nach »Turan« (Osmose), ins mythische Land der Turkvölker, und probiert das mittels epischem Black Metal, gemischt mit orientalischem Folk, und rastet ab und zu im Doom. Okay, so ganz stimmt die Geschichte nicht, da die Bandmitglieder in Kirgisistan zur deutschen Minderheit gehörten und als Spätaussiedler mittlerweile in Deutschland leben. Dadurch finden sie allerdings bessere Produktionsmittel und geben die Themen Zentralasiens ganz sicher nicht auf. Entsprechend bleibt ihr Pagan/ Black Metal eine erfrischende Besonderheit und umschmeichelt unser Ohr.
FESTIVAL 2016 DAY & NIGHT 90 ARTISTS 2 OPEN AIR STAGES 10 LOCATIONS 15 FLOORS NIGHT
DAY
DAY:
SOLOMUN
IN ALPHABETICAL ORDER:
AKA AKA FEAT. THALSTROEM LIVE CLAPTONE DOMINIK EULBERG IN.DEED / KINK LIVE MONIKA KRUSE MOONBOOTICA NICONÉ & SASCHA BRAEMER
AND MORE … NIGHT:
IN ALPHABETICAL ORDER:
ALLE FARBEN / A.N.A.L. DIRTY DOERING GEORGE MOREL / KR!Z LUIGI MADONNA MAGDALENA / MISS DJAX MONIKA KRUSE MOONBOOTICA NOD ONE’S HEAD LIVE OLIVER SCHORIES SASCHA BRAEMER STEREO EXPRESS YOUNOTUS
AND MORE TO BE ANNOUNCED
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104
#Review für die Künstler der frühen NDW illustrieren. Er mag Markus Ganter gestalkt haben, um ihn als Produzenten zu gewinnen, und mit Messer, Casper und Dagobert rumhängen. Aber er ist alles andere als ein Träumer oder Groupie, sondern lechzt nach Erfahrungen abseits homogener Bezugsgruppen, abseits von Indie-Dogma oder Rechtfertigungsdruck. Eigentlich sucht der junge Mann mit dem britisch-proletarischen Look das Berlin der frühen 1980er, das es nun leider nicht mehr gibt. Aber diese Sehnsucht ist eine nachvollziehbare und eine, die noch viel hervorbringen kann. Carsten Schumacher
Spektakel
ehemaligen Kunststudenten auch Spiritualized oder Jesus And Mary Chain gehört haben, denn dieser psychedelische Ansatz bildet den Teppich ihrer speziellen Rock-Variante. Besonders schön ist das bei ruhigeren Stücken wie »Pacific« oder »Wounded Wing« zu hören. So wandeln The Duke Spirit traumwandlerisch sicher auf dem schmalen Grat, der stadiontauglichen Sing-along-Rock mit zeitgenössischer Psychedelic verbindet. Und wenn sie doch einmal herunterfallen, werden sie sicher von den Massen aufgefangen. Kerstin Kratochwill
J Dilla The Diary Mass Appeal / Groove Attack
Gut zehn Jahre nach seinem Tod erblickt endlich das letzte Rap-Album des Produzentengenies J Dilla das Licht der Welt.
Nach zig Veröffentlichungen aus dem Nachlass des 2006 viel zu früh verstorbenen Superproduzenten J Dilla kommt jetzt mit »The Diary« das ursprünglich bereits für 2002 geplante Rap-Album von James Yancey über Nas’ Label Mass Appeal. Denn auch wenn Jay Dee Zeit seines Lebens in erster Linie als genialer Produzent bekannt war, war er doch immer auch ein Rapper und hat dies mit Alben wie »Dillatronic« oder der einen Hälfte des Kollabo-Projektes »Champion Sound« mit Madlib unter Beweis gestellt. »The Diary«, für das sich Yancey Beats seiner Lieblingsproduzenten von Madlib über Pete Rock bis hin zu Hi-Tek, Supa Dave West, Nottz oder Waajeed besorgte, war das letzte Album, das J Dilla nach seinem Tod veröffentlicht sehen wollte. Doch es hat eine ganze Weile gedauert, bis Stones-Throw-A&R Eothen »Egon« Alapatt – der auch schon das legendäre »Donuts«-Album von Dilla betreute – alle Files beisammen und die richtige Software zum Entpacken derselben besorgt hatte. Im Zuge dieses archäologischen Prozesses gelangten leider schon einige der Tracks als Leaks ins Internet. Das macht aber gar nichts, denn in Kombination mit den restlichen Rap-Leftovers aus dem Ma-Dukes-Archiv – darunter als kleines Schmankerl auch der Song »Fuck The Police« aus dem Jahr 2001 – wird »The Diary« zu einem aus der Zeit gefallenen, aber dennoch keineswegs zeitlosen Album, das einmal mehr J Dilla und seine enorme Bedeutung für HipHop unter Beweis stellt. Rest in power!
Brian Eno The Ship DJ Koze Pampa Vol. 1 Pampa / Rough Trade / VÖ 29.04.16
Einer der derzeit wichtigsten ElectroKünstler setzt mit dem Auftakt einer Compilation-Reihe seinem Label endlich das verdiente Denkmal. Das Hamburger Pampa-Label steht für höchst ambitionierte, stilvolle und zeitlose Electronica. Dass es überhaupt so lange bis zur ersten Label-Compilation gedauert hat, ist eigentlich ein Unding. Aber der Chef macht eben keine halben Sachen: Rund anderthalb Jahre sammelte und sortierte DJ Koze Platten und Exklusivtracks von Residents und Freunden und legt sie in einem Sampler an, der würdig ist, das Schaffen einer spannenden und vielseitigen Szene abzubilden. Mit Roman Flügel, dessen »9 Years« gleich zweimal (Original und Koze-Remix) vertreten ist, Dntel, Die Vögel, Jamie xx und Mount Kimbie sind ausnahmslos originäre Repräsentanten elektronischer Musik am Start; die Klasse der fließend ineinander übergehenden insgesamt 19 Tracks ist den Erwartungen entsprechend hoch. Zwischen verhuschtem Raumklang, gesangsbasierten Dance-Tracks und analogen HipHop-Beats lässt sich nicht nur die Vielseitigkeit des Pampa-Outputs eindrucksvoll ablesen, sondern auch die Liebe zum guten Ton, zu neuen Ideen und zur Weiterentwicklung elektronischer Klänge, die nicht nur im Club, sondern in den Herzen aller Musikaffinen wohnt. Kristof Beuthner
Warp / Rough Trade / VÖ 29.04.16
Auf »The Ship« lebt der Ambient-Pionier und Hit-Produzent Eno wieder seine Experimentierfreude aus, ohne sich dabei in einem Elfenbeinturm vom Hörer zu isolieren. Brian Eno musizierte bereits mit schwebenden Mikros, Legenden wie John Cale und Mobiltelefonen. Anhand seiner Arbeiten als Produzent von Bowie oder U2 könnte man zudem die Musikgeschichte der letzten 40 Jahre nachzeichnen. Sein neues Werk wurde primär als 3D-Klanginstallation konzipiert. »The Ship« funktioniert jedoch auch als Erlebnis aus der Konserve. Sogar im guten alten 2D, ja, selbst auf einem verdammten Kofferradio verfällt man dem 21 Minuten langen Titelstück, das sich voller Details langsam aus Klangteppichen erhebt, klassische Strukturen überwindet und aus seiner Warp-Ära am ehesten an »Lux« erinnert. Mit der Dreifaltigkeit »Fickle Sun« folgen dann Ambient, Poesie, episches Highlander-Getrommel, Enos Gesang und all die anderen Dinge, die eigentlich nicht zusammenpassen, sich dem Künstler zuliebe aber wieder zu einer harmonischen Einheit zusammenraufen. Die opulenten vier Stücke fühlen sich an wie eine Eno-Revue, an deren Ende der Klangzauberer mit einem Velvet-Underground-Cover und einem leichten Schmunzeln von der Bühne tritt. Chapeau. Sebastian Jegorow
Jan Wehn
Adam Green Aladdin
Drangsal Harieschaim Caroline / Universal
Entschlossen, getrieben, streitlustig, musikbesessen ist Max Gruber. Die 1980er hat er nicht erlebt, aber sie dringen bei ihm aus jeder Pore, haben für ihn als Sound nie aufgehört. Das alles ist so faszinierend wie überzeugend. Als Wolpertinger ist Gruber unterwegs, als Mischwesen, das aus vielen unterschiedlichen Teilen zusammengesetzt ist, um etwas Neues darzustellen. Teile von ihm sind
melodiös und sehnsuchtsvoll wie The Cure oder Morrissey, andere streng und dunkel wie DAF, manchmal möchte man auch »Wild Boys!« ausrufen, auch wenn Duran Duran viel langsamer waren. Denn Drangsal ist nicht nur der passive Teil, die Unterdrückung; in ihm steckt auch der aktive Part, das »Drängen«, und beides findet sich in Musik und Text gleichzeitig wieder. Es ist die sich Bahn brechende Unruhe, die »Harieschaim«, das Debüt des Smalltown-Boys Gruber, von nacktem Zitat und blanker Nostalgie trennt. Es sind die Songs, die ihm das Recht verleihen, plötzlich die Öffentlichkeit damit zu konfrontieren, welche anderen Bands er scheiße findet, Jenny Elvers abzuknutschen und sich mit Bandmitgliedern zu prügeln. Allein das Eröffnungstrio »Allan Align«, »Der Ingrimm« und »Will ich nur dich« und Textzeilen wie »Ich hab den Kopf voll mit Pflastersteinen, weil du nie kapierst, was ich meine«, die den sonst englischen Lyrics hinzugefügt sind und Grubers Faible
Revolver / Rough Trade / VÖ 29.04.16
The Duke Spirit Kin Ex Voto / Al!ve / VÖ 06.05.16
Der Geist des Blues weht bei The Duke Spirit auf den Rock’n’Roll herunter: Jenseits aller aktuellen Trends versammelt die Band auf »Kin« ihre erdige Sippschaft für ein warmes, melodiöses Album, geboren und geparkt in ihrer Garage. Nach einer fünfjährigen Schaffenspause machen die Londoner The Duke Spirit da weiter, wo sie aufgehört haben: Sie spielen schnörkellosen Alternative-Rock, vermischen ihn mit vermeintlich uncoolen Stilen wie dem Blues und wahren damit ihre unberechenbare Eigenständigkeit. Die Single »Hands« ist dabei das kämpferischste, kräftigste und wohl auch epischste Stück auf dem Album. Hier schimmert die Power von PJ Harvey oder Patti Smith durch, manchmal erinnert das Ganze auch an die Breeders. Doch hinter all der Garage-Rock-Attitüde merkt man, dass die
Stillstand bei Adam Green. Der Mann aus Brooklyn macht auf seinem neuen Album nichts besser oder anders als auf seinen bisherigen Platten. Der Hype um Adam Green ist mittlerweile abgeklungen. Spätestens nach seiner kruden Herzschmerz-Platte »Minor Love«, auf der er die Trennung von seiner damaligen Freundin verarbeitet hatte, war es mit dem Fame erst einmal vorbei. Es folgte eine hübsche Referenzplatte mit Binki Shapiro, die in puncto Inszenierung und Soundästhetik den 1960erSchmachtfetzen von Gainsbourg & Co. Tribut zollte. Die zugegeben immer schon infantile Seite des Mannes aus Brooklyn scheint anno 2016 wieder vermehrt durchzubrechen. Wie sonst ist es zu erklären, dass sich der auch als ambitionierter Künstler und Filmemacher tätige Green fast drei Jahre rar machte, um mit einer Entourage um Macaulay Culkin einen Film namens »Alladin« zu drehen, in dem er vor selbst gebastelten Pappkulissen
HEIMSPIEL MIT BENJAMIN WALTER
Mein letztes Heimspiel, fast immer machte es Spaß. In den Proberäumen und Heimstudios wird weiter gearbeitet und geträumt. Gut so! Shout-out an alle, die dabei waren.
Eva, die Sängerin der Berliner Band Bikini Jesus, lernte ich in einer Facebook-Gruppe für Trash-TV-Liebhaber kennen und versprach sogleich gönnerhaft eine Gefälligkeitsrezension. Glücklicherweise ist die Musik jetzt auch noch richtig geil. Puh! Angenehm unterproduzierter New-Wave-Pop mit kühlem Gesang und Melodien zum Traurig-ausder-Straßenbahn-Gucken oder Mit-demHund-Schmusen, dazu die besten Bassläufe im Game. Die sechs spitzen Songs auf »Bikini Jesus« (bikinijesus.bandcamp.com) gibt es digital oder auf dem einzig ernst zu nehmenden Tonträgerformat im Game: der CD mit handgedengeltem Metallcover.
Andreas Koyama hat einfach zehn Jahre Pause gemacht. Muss man sich als Künstler auch erst mal leisten können. Das Kölner Indie-Folk-Wunderkind wider Willen kehrt mit »Koyama und ein Mann der Arbeit« (koyama.bandcamp.com) aber nicht als altersweiser Besserwisser zurück, sondern zart, fragend und voller überraschender Ideen. Die Produktion ist dabei so opulent geworden, dass es kaum zu fassen ist, dass Koyama fast jedes der vielen schönen Instrumente selbst gespielt hat. Das Album gibt es nicht nur digital, sondern auch als CD-Version mit Bilderbuch voller origineller Illustrationen. Eine der größten Entdeckungen meiner Zeit als Verwalter des Heimspiels ist das Basler Duo Amixs. Sänger Simon Baumann und Produzent Lucien Montandon revolutionieren mit nur drei Songs (facebook.com/amixsischbesser) den Synthie-Pop. Beats und Keyboard-Flächen ziehen sich fiebrig und träge wie SwaggerRap durch die Tracks, man verheddert sich in süßlich-coolen Melodien wie denen der Österreicher Bilderbuch, und die in recht gut verständlicher Schweizer Mundart gesungenen Texte sind so sarkastisch und dennoch irgendwie lieb, dass man schier ausrastet vor Glück. Booker, Manager und Labels, die noch halbwegs bei Verstand sind, schnappt euch jetzt diese Jungs. Ich übernehme dafür die volle Verantwortung!
Ich versteh mal wieder überhaupt nix! Nur dass Komplizen Der Spielregeln eine sauinteressante Band sind, das habe ich in den letzten Jahren auch mitbekommen. Weil sie es immer hinbekommen, total vielschichtige, abgedrehte Kunstmusik zu machen und dabei auf einer intuitiven Ebene sehr zugänglich zu bleiben. Der Sound auf ihrem neuen Opus magnum in spe, »Amerika, hol mich hier raus! Teil 1« (komplizenderspielregeln.de), ist elektronisch pumpender als die Vorveröffentlichungen, und Sänger Tobias ist anscheinend völlig wahnsinnig geworden. Aber auf eine sehr intelligente Art und Weise.
Katschi aus Berlin wurden mir von meinem Kumpel und Namensvetter Benjamin Lach zugespielt, ein interessantes Kerlchen, für den versiertes Herumgeschraddel auf der E-Gitarre einfach das Allergrößte im Leben ist. Und das hört man seiner Band Katschi auch an. Die sechs Songs auf der DIY-EP »D’amour« (katschi.bandcamp.com) sind herrlich runtergeballerter melodischer Punk mit JawbreakerGitarren und naiv-schlauen Texten in deutscher Sprache von Songwriter und Bassist Ali. Ein juveniles Meisterwerk von vier älteren Boys for life. Die lieben Zwakkelmann haben mit »Entschuldigung« (Hulk Räckorz) auch mal wieder ein neues Album am Start. Sänger und Gitarrist Schlaffke Wolff, der schon in den 1980ern mit Schließmuskel die Lieblingsbands aller Punker mit weichem Herzen gründete, bleibt der Rolle seines Lebens als sympathischcleverer Loser weitere 16 Songs lang treu. Das ist mal lustig, mal banal, mal anrührend und vor allem: völlig in Ordnung so. Keine Platte wurde mir während meiner langjährigen Dienstzeit als Musikrezensent häufiger zugespielt als Lukas Meisters »Gold Zeit Raketen« (Rummelplatzmusik). Und Künstler und Label sind zu Recht so überzeugt von ihrem Produkt. Diese poppige Version von ClickClickDecker mit nachvollziehbareren Texten ist wunderbar uneitle Singer/Songwriter-Kunst, und die Textzeile »Sag, worüber willst du reden, wohin willst du mit mir gehen? St. Pauli führt zur Halbzeit durch ein Tor von Werder Bremen« werde ich sicher so schnell nicht wieder los. Die fünf Jungs von Volta Volta aus Basel um den charismatischen und extrem freundlichen Sänger und Gitarristen Mischa spielen englischsprachigen, tanzbaren Indie-Pop, gemischt mit Folk-Elementen. Das tun sie mit einer solchen Souveränität und im besten Sinne kommerziellem Potenzial, dass man sich nur wundern kann, dass diese tolle Band so unbekannt ist. Neben der Single »Notes To Myself« (Volta-Volta.com) ist auch die 2015erMini-EP »From Here To Now«, aufgenommen mit dem Schweizer Superproduzenten Philippe Laffer (eine Art Rasputin in nett), sehr empfehlenswert! Filou sind eine Empfehlung von Freund und Redakteur Christian Steinbrink. Und der alte Knabe hatte mal wieder recht. Das Album »Feste Farben« der Wiener Band erscheint natürlich bei Problembär Records und ist so tanzbar, poetisch, ein bisschen schnöselig und voller Wiener Herz, wie man es von dieser Adresse erwarten kann. Dabei gehen Filou neben dem verschrobenen Nino Aus Wien und den krawalligen Wanda ganz eigene Wege und bringen die musikalische Leichtigkeit zurück ins Austro-Pop-Game.
FESTIVAL AM HOCHOFEN 17.–19.6.2016 LANDSCHAFTSPARK DUISBURG NORD
Tocotronic Moop Mama Dinosaur Jr Ásgeir Goat Matt Simons Turbostaat Augustines Kelvin Jones Razz Jochen Distelmeyer Mine Spain Grandbrothers Meute Charlie Cunningham I Have A Tribe Sarah And Julian Hein Cooper WWW.TRAUMZEIT-FESTIVAL.DE VERANSTALTER
HAUPTSPONSOREN
106
#Review ein Panoptikum aus Trash und politischen Vorwürfen serviert? Während der Film offenbar ein Herzensprojekt gewesen ist, wirkt das dazugehörige Album wie eine Pflichtübung. Adam by Numbers gewissermaßen. Der sympathische Kauz kann natürlich nicht viel falsch machen, doch ein wenig ernüchtert ist man mittlerweile schon, wenn man das grandiose Frühwerk mit diesem lauwarmen Aufguss von typischen Green-Manierismen vergleicht. Mitte der 2000er erschuf der talentierte Musiker Songzyklen voller Detaildichte und Schönheit, die sich durch ihre musikalischen Ideen und unvorhersehbaren Streiche gleichsam in Herz und Hirn festsetzten. Ein Song von Adam Green dreht sich im Jahre 2016 deutlich langsamer, auf furiose Tempowechsel oder streichergetränktes Croonen verzichtet er. Die Stücke sind vergleichsweise trocken arrangiert und flirten wie in »Nature Of The Clown« hie und da mit Ahnungen von Motown-Soul. Die alte Genialität kann er aber momentan nicht mehr kanalisieren. Postpubertären Quatsch wie »Do Some Blow« braucht es wirklich nicht mehr. Trotzdem: »Me From Far Away« hat das Zeug zum Instant-Klassiker, und »Phoning In The Blues« weckt sympathische Erinnerungen an die Songs seines 2005er-Meisterwerks »Gemstones«. Kai Wichelmann
PJ Harvey The Hope Six Demolition Project Island / Universal
Eine der besten Songwriterinnen unserer Zeit zeigt sich erneut auf der Höhe ihrer Kunst: deep, beschwingt, dramatisch, hymnisch, politisch, niederschmetternd, aufbauend und eigentlich zu gut, um es mit faden Adjektiven zu behängen. Man darf sich von der Musik auf PJ Harveys neuem Album nicht in die Irre führen lassen: Die ist diesmal sehr dicht am Folk der 1960er und klingt in Songs wie dem Titelstück, »Near The Memorials To Vietnam And Lincoln« oder »Medicinals« geradezu beschwingt aus der Hüfte gejammt. Das gibt diesem Album einen Grundton, der nicht mehr ganz so ambitioniert erscheint wie jener auf »Let England Shake« – und macht ganz simpel gesprochen fürchterlichen Spaß. Aber gerade, wenn man den süßen Melodien der PJ Harvey auf den Leim geht, spürt man das Gift ihrer Worte, ihr präzises, ironisches Songwriting, das selbst große Themen mühelos an die Pinnwand nagelt. Und mit großer Vorliebe sind es die Themen, die ihre gebildete Hörerschaft so gerne verdrängt. Zum Beispiel Gentrifizierung, exemplarisch beschaut in Washingtons Sozialbauten Barry Farm, die mit Unterstützung der Stadt und dem sogenannten »Hope VI« geplättet und mit »Mixed income«-Wohnungen bebaut werden sollen, die sich natürlich keiner der bisherigen Bewohner leisten können wird. »The school looks like a shithole – does that look like a nice place?«, wundert sie sich und lässt am Ende gar mit einem Gospelchor aus der Gegend singen, wie die Sache ausgehen wird: »They’re gonna’ put a walmart here.« Harvey ist für diese elf Songs an Orte gereist, in denen in unserer ach so freien Welt etwas schiefläuft: in die ärmeren Viertel der US-Hauptstadt, den Kosovo, nach Afghanistan. Während sie sich für »Let England Shake« noch durch Kriegsliteratur gelesen und Filme wie Ken Loachs »The Wind That Shakes The Barley« und Ari Folmans »Waltz With Bashir« geschaut hatte, war sie also diesmal selbst vor Ort, um sich ein Bild zu
machen, sicher auch, um sich des Vorwurfs zu erwehren, sie sei wie viele Intellektuelle eine reine Schreibtischtäterin. Und obwohl sie – einmal sogar im wahren Wortsinn – Scheiße gesehen hat, geht sie nicht den einfachen, zynischen Weg, sondern schafft es sogar noch, Zeichen und Zeilen der Hoffnung zu setzen. In »A Line Of Sand« sogar sehr explizit: »What we did? Why we did it? I make no excuse – we got things wrong, but we also did some good. I believe we have a future to do something good.« Wenn sich jeder diese Songs zu Herzen nimmt, kann etwas entstehen. Daniel Koch
Aldous Harding Aldous Harding
verdaddelten Insider-Gag verkommt, auch dafür gibt es genügend abschreckende Beispiele. Doch bei Adrian Blackburn und Jonathan Hartley von der englischen Indie-RockBand Clinic braucht man Letzteres nicht zu befürchten. Bei ihrer Hauptband wurde der Psychedelic-Anteil schon immer recht hoch gehalten, jetzt haben beide mithilfe des Produzenten und On-U-Sound-Labelchefs Adrian Sherwood ein Nebenprojekt aus der Taufe gehoben, in dem sie ihre Vorliebe für durchgeknallte Töne noch stärker ausleben. Die teils schön einlullende, teils verdreht aufgekratzte Mischung aus Indie, Dub und TripHop kommt erstaunlich songorientiert daher und erinnert nicht selten an das kalifornische Duo Peaking Lights. Die immer etwas quäkige, eigentümlich soulige Stimme von Adrian Blackburn ergänzt sich dabei gut mit den dubbigen Soundexperimenten. Die Spannung und Finesse der Clinic-Alben wird dabei – mit Ausnahme der beiden düster treibenden Highlight-Tracks »Colour« und »The Clone« – leider nicht erreicht, eventuell waren am Ende doch ein paar Weichmacher zu viel im Spiel. Timo Weber
Woo Me / Indigo
Mit ihrem großartigen Debütalbum markiert Aldous Harding Neuseeland auf der Landkarte des Folk. Vielleicht sollte man Neuseeland endlich nicht mehr mit deutschen Backpackern verbinden, sondern ausschließlich mit guter Musik. Auch wenn uns Acts wie Lorde oder Unknown Mortal Orchestra das »andere Ende der Welt« musikalisch nähergebracht haben, weiß man im Grunde genommen doch viel zu wenig über die Musik des Inselstaates. Aldous Harding kommt aus Lyttelton, einer sehr kleinen Hafenstadt im Nordosten des Landes, und macht Musik, die sie selbst als »Goth Folk« bezeichnet. Eigentlich heißt sie mit Vornamen Hannah, den Männernamen Aldous wählte sie nur, weil sie vorher schon mit ihrem richtigen Namen in diversen anderen Bands in Lyttelton gespielt hatte. Ihr selbstbetiteltes Debütalbum ist bereits vor einem Jahr in Neuseeland erschienen, jetzt folgt der weltweite Vertrieb. Mit nur neun Songs beweist Harding, dass Folk in Zeiten des Singer/Songwriter-Hypes noch wahrhaftig und aufrichtig klingen kann. Mit ihrer Mezzo-Stimme – die ein wenig an Björk erinnert – erzählt sie ernste Geschichten von Leben und Tod. Die wirken nicht nur dank ihrer Stimme, sondern auch dank einer sanften Instrumentierung mit Gitarre und Violine heimelig und mysteriös. Die neun Tracks gehen stimmig zusammen und schaffen ein zurückhaltendes Debütalbum, das Hardings übergroßes Talent beweist. Louisa Zimmer
Higher Authorities Neptune Domino / GoodToGo
Psychedelic Dub, der seine Indie-Wurzeln nicht verleugnet und vom Label offensiv als Kiffermusik vermarktet wird? Das klingt erst einmal vielversprechend für Dopeheads, ist aber auch zugänglich für Abstinenzler. Das Album erscheint zudem ausgerechnet am Welt-Marihuana-Tag, offenbar ganz bewusst. Nun, dass fantastische Musik unter Drogeneinfluss entstanden ist, muss man wohl niemandem mehr beweisen. Als Musiker mit Hang zu Drogenkonsum sollte man nur aufpassen, dass die Musik nicht zum
Songs aus der Sahara: Die Tuareg-Band Imarhan aus Südalgerien präsentiert eine breit gefächerte Stilistik, ohne dabei ihren Flow aus den Augen zu verlieren. Nach Mdou Moctar und Tinariwen gerät ein weiterer Tuareg-Act aus der Dreiländerzone um Algerien, Mali und Niger ins eurozentristische Blickfeld. Dabei erschaffen die Mannen um Frontmann Sadam Iyad Imarhan, zeitweise Live-Mitglied bei den DesertBlues-Wegbereitern Tinariwen, einen recht zurückgelehnten Sound, der im Gegensatz zu den genannten Künstlern etwas zurückhaltender, aber keinen Deut weniger attraktiv ausfällt. Ausnahmen sind die beiden Songs »Tahabort« und »Imarhan«, die mit ihrem schnellen Africa-Funk und Arabic-GrooveRhythmen zum Tanzen einladen. Bei den meisten Liedern auf dem selbstbetitelten Debütalbum bleibt das Tempo aber gedrosselt, und der Tuareg-Blues wird mit balladesken Rai-Gesangspassagen in der Tuareg-Sprache Tamaschek eigenwillig, aber zugänglich kombiniert. Produziert von Tinariwen-Bassist Eyadou Ag Leche, übrigens ein Cousin von Bandleader Imarhan, erzeugt die Band mit dem trockenen Twang der E-Gitarre, dem dezenten Spiel der Rhythmussektion, dem Fingerpicking auf der akustischen Gitarre und souligem Gesang einen tiefenentspannten Flow, der sich auch außerhalb seines Wüstenkontexts leicht erschließt. Timo Weber
Human Abfall Form & Zweck Sounds Of Subterrania / Broken Silence / VÖ 29.04.16
Bei Human Abfall wabert Noise hinter jedem Akkord, dringt jedoch nur punktuell an die Oberfläche. Aber mit Oberfläche kann diese Band eh nichts anfangen. Man möchte es kaum glauben, aber Stuttgart hat mittlerweile seinen eigenen Sound entwickelt: bitter, klaustrophob und psychedelisch. In der ersten Reihe der »Stuttgarter Schule« haben Human Abfall es sich neben Die Nerven bequem gemacht. Wer die Band schon mal live erlebt hat, weiß, mit welcher Inbrunst und Hysterie Sänger Flávio Bacon starrend seine Gesellschaftsanalysen ins Publikum brüllt. Diese Intensität ist auch auf ihrem zweiten Album »Form & Zweck« zu spüren. Über Postpunk werden zynisch, zornig und gallenbitter gesellschaftliche Reflexionen ausgekotzt. Für Songs wie die Devo-Reminiszenz »Q: Wo ist Franz A: Im Dschihad« und die sich verschiebenden Referenzebenen könnten auch Die Golden Zitronen Pate gestanden haben: »Aber du schaust mich immer nur an wie ein Haus mit Hypothek. Schau doch einfach mal scharf wie ne AK-47.« Musikalische Experimente, inhaltliche Provokationen, die an die frühen 1980er anknüpfen. Andere Songs wirken abgeklärt und kühl, wollen nichts mehr als »saufen« und »zehn unter dem Boden in die Kiste«. Der Sound von »Form & Zweck« ist archaisch und düster, »Zurück zum Brutalismus« trifft als zentraler Song die Tendenz der Band am besten. Nichts ist schön, nichts gemütlich. Bei Human Abfall brennt die Seele so lodernd unter der Haut, dass man sie am liebsten abziehen will. Konstantin Maier
Into It. Over It. Standards Triple Crown / Indigo / VÖ 29.04.16
Guter Emo ist wieder salonfähig: Evan Weiss wiederbelebt ein zwischenzeitlich in Schminke und Tand ertränktes Genre mit Stil und viel Energie. Das große Emo-Revival der 2010er, das Bands wie You Blew It! oder The Hotelier in die Fußstapfen von Dashboard Confessional und Jimmy Eat World treten ließ, ist schon wieder ein wenig verebbt. Gute Platten erscheinen aus der Ecke aber nach wie vor. Evan Weiss, der auf fast allen relevanten New-Emo-Labels Amerikas (Topshelf, No Sleep ...) veröffentlicht hat, ist dabei eigentlich ein alter Hase: »Standards« ist schon sein drittes reguläres Album; Compilations, EPs und Splits nicht mitgerechnet. Zwischen einer puristischen, folkigen Herangehensweise an das Genre und einer rumpeligen, mit scheppernden Riffs und hektischen Haken versehenen erweist sich Weiss erneut vor allem als guter Songwriter, der auch ohne aufdringlich-nostalgischen Show-off den Geist von Karo-Hemden, Röhrenjeans und inneren Dämonen mit enormer Klasse ins Jetzt hievt. Seine zwölf neuen Songs zeigen, wie unverbraucht ein Sound aus längst vergangenen Tagen auch heute noch klingen kann. Es wird Zeit, dass man das auch außerhalb der Staaten endlich erkennt. Kristof Beuthner
Imarhan Imarhan
The Jayhawks Paging Mr. Proust
City Slang / Universal / VÖ 29.04.16
Sham / Thirty Tigers / Al!ve / VÖ 29.04.16
Mehr Informationen und Tickets unter fourartists.com
IMMER NOCH INDIE? MIT CHRISTIAN STEINBRINK
Starten wir eine Revolte und positionieren uns antizyklisch zum Klima: Wir widmen uns fast nur Alben, die Normalos bloß im Herbst hören. Funktioniert als Aufreger immer.
Aber starten wir dort, wo wir eigentlich zu Hause sind, nämlich an der Grenze zum schlechten Geschmack: in der Disco! Dorthin trägt der Däne Anders Rhedin alias Dinner einen Hang zum extrovertierten Glam, zu einem unverhohlenen Pathos, dem Ethos des Punk, einer Liebe zu Suicide und diversen Keyboards und Drum-Computern mit Altersschwäche und nennt diese Show »Psychic Lovers« (Captured Tracks). Funky Lo-Fi-Electro-Pop, der nicht mal in den 1980ern en vogue gewesen wäre, vorgetragen mit einer schiefen Tragik, die selbst Nico schrottig vorgekommen wäre. So krass ist höchstens noch Ariel Pink.
Eine gegenteilige Stimmung entfachen die Belgier Dan San: leicht und zart, zurückhaltend bis an die Grenze zur Introspektion. Warmer, kleinteilig arrangierter Folk à la Feist oder J. Tillman trifft auf sonnigen, an Real Estate erinnernden Indie-Pop. Verträumte Psych-Momente machen aus »Shelter« (Jaune Orange) ein facettenreiches, atmosphärisch dichtes Pop-Album, das trotz aller Niedlichkeit mit einer Menge Reize zu blinkern weiß – so man es denn entdeckt. Das Kreuz der ungünstigen belgischen Heimat tragen auch die Marble Sounds, und das schon seit vielen Jahren. Käme diese Band von der US-Ostküste oder aus London, wäre sie schon längst eine Größe im orchestral arrangierten Indie-Rock und würde mit The National, Interpol oder Sufjan Stevens touren – man höre nur den Hit »The First Try«. So bleiben ihnen auch mit ihrem vierten Album »Tautou« (Zeal) nur die kleinen Läden, für die ihr hymnischer, breit angelegter Sound eigentlich viel zu voll ist. Es sei denn, es geschieht etwas Unerwartetes. Was wäre das dieser Band zu gönnen! Ein ähnliches Schicksal tragen Hammock schon seit vielen, vielen Jahren – obwohl kaum jemand lieblichen Dream-Pop, stoischen Postrock und majestätischen Shoegaze so weise und formvollendet zusammenbringt wie dieses Duo aus Nashville. Hier sind zwei Überzeugungstäter am Werk, die seit 2005 schon mehr als ein Dutzend kleine und große Veröffentlichungen über ihr eigenes Label herausgebracht haben und denen mit dem 76-Minuten-Mammutwerk »Everything And Nothing« (Hammock) ein neues Karriere-Highlight gelungen ist. Sigur-Rós-Sänger Jónsi gehört zu ihren Unterstützern, und das passt – qualitativ und stilistisch.
Auch Wray kommen aus einer Gegend, wo Hunde verfroren sind (Alabama), und spielen einen treibenden Shoegaze, für dessen öffentliche Wahrnehmung man wohl besser in einer britischen Metropole zu Hause wäre. Trotzdem (oder gerade deswegen) ist ihr Zweitwerk »Hypatia« (Communicating Vessels) ein mehr als respektables GenreAlbum zwischen The Cure und den Lower
02.05.16 Köln 04.05.16 Hamburg AUSVERKAUFT! VERKAUFT! 06.05.16 AUS Berlin 11.11.16 Wiesbaden
14.11.16 Hamburg 15.11.16 Berlin 22.11.16 München
Dens mit vielen farbenfrohen Sound-Schichten und dynamischen Kniffen. Im Vergleich zu seinem Debüt steigert sich das Trio jedenfalls um ein Vielfaches.
Auch Kaitlyn Aurelia Smith hat mit »Ears« (Western Vinyl) im Vergleich zu ihrem Debüt »Euclid« einen deutlichen Sprung getan – allerdings auf einem hohen, freigeistigen Niveau: Die Verbindung von analogen R’n’B-Bruchstücken und Synthesizer-Schwerelosigkeit gelingt ihr auf dem Zweitwerk in einer visionären Klasse, an die höchstens noch die Dirty Projectors heranreichen. Die acht Tracks klingen herrlich farbenfroh, gleichzeitig aber auch aufgeräumt und zielgerichtet strukturiert, garniert mit Saxofon- und Klarinetten-Sounds, die man sonst höchstens in Jazz oder Neuer Musik in solchen Zusammenhängen findet. Ohne es beschreien zu wollen: Mit dem nötigen Bühnendrang könnte aus Smith eine neue Björk werden.
SPECIAL GUEST: 3PLUSS
08.05. BERLIN - ASTRA 10.05. MuNCHEN - TONHALLE 11.05. KoLN - LIVE MUSIC HALL 12.05. HAMBURG - DOCKS
Ähnlich abstrakt klingen die Folk-Miniaturen der US-Formation Dana Falconberry And Medicine Bow auf »From The Forest Came The Fire« (BB*Island), aber auf eine irritierend naturalistische Art und Weise. Falconberry und Band verlassen ihr analoges Instrumentarium nur in Ausnahmefällen und schaffen dennoch einen frei klingenden Sound, der Folk in Arrangements und Strukturen immer wieder durchbricht, ohne es an warmer Stimmung mangeln zu lassen. Warum Falconberry erst mit diesem fünften Album ihr Europa-Debüt geben darf, weiß wohl nur der Wind. Seine ganz wilden Tage hat Eric Bachmann hinter sich: In den 1990ern gehörte er mit den Archers Of Loaf zu den ehrenwerten Nachfolgern des Grunge- und Indie-Rock-Hypes. Nachdem er mittlerweile auch sein kaum weniger rockendes Solo-Projekt Crooked Fingers hinter sich gelassen hat, widmet er sich unter seinem Realnamen nun dem feingeistig arrangierten Song. »Eric Bachmann« (Merge) ist zwar kein Solodebüt, stellt aber trotzdem eine Art Häutung dar. Bachmann instrumentiert seine schönen Indie-Songs warm und voll und stellt seine Geschichten in den Vordergrund. Auf der einen Seite erinnert das an Bob Mould, auf der anderen aber auch an Lambchop.
08.05. Berlin Privatclub 09.05. Hamburg Prinzenbar 10.05. Köln Yuca
Vollends alt wird es mit »You Can’t Go Back If There’s Nothing To Go Back To« (Decor) der wertkonservativen Richmond Fontaine. Alt, aber auch lyrisch formvollendet und weise. Die Band aus Portland hat ihren Country auf ihrem zehnten Album nochmals aufs Nötigste reduziert und auf die Erzählungen Willy Vlautins konzentriert. Jeder traditionelle Tand wurde verwischt, geblieben ist die Sehnsucht dieses uramerikanischen Stils in seiner dringlichen Reinform. Kriegen nach wie vor nur wenige so unnachahmlich hin wie diese Band, die sich alle Decemberists-Fans gerne mal anhören dürfen.
21.10. KIEL - MAX 22.10. HAMBURG - GROSSE FREIHEIT 23.10. DORTMUND - FZW 25.10. KÖLN - LIVE MUSIC HALL 26.10. FRANKFURT - BATSCHKAPP 27.10. STUTTGART - LKA 28.10. ZÜRICH - DYNAMO
29.10. WIEN - FLEX 31.10. MÜNCHEN - MUFFATHALLE 01.11. ERFURT - STADTGARTEN 02.11. DRESDEN - SCHLACHTHOF 03.11. LEIPZIG - HAUS AUENSEE 04.11. BERLIN - COLUMBIAHALLE
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#Review
WEL WE ELC LCOM OMEE 20 22016 016
GENTLEMAN & KY-MANI MARLEY PAROV STELAR ALB OROSIE SEAN PAUL BEGINNER SELAH SUE CHRONIXX ALLIGATOAH TIKEN JAH FAKOLY
M O R G A N H E R I TA G E DELLÉ Y COLLIE BUDDZ CHRISTOPHER MARTIN DUB INC Y MEGALOH NAÂMAN Y MATISYAHU FUSE ODG Y RAGING FYAH DISPATCH Y DIE ORSONS CHEFKET Y AKUA NARU Y SDP PROFESSOR
SOOM T Y NAMIKA Y MACKA B RICHIE CAMPBELL Y MIWATA MOOP MAMA Y SARA LUGO SOUL RADICS Y JAYA THE CAT GENTLEMAN’S DUB CLUB NEVILLE STAPLEE NATTALI RIZE
Man wartet und wartet und wartet. Wann passiert hier was? Die Jayhawks sind zurück, doch ohne Gary-LourisSidekick Mark Olson können die Alternative-CountryStars der 1990er nicht an ihr 2011er-Album »Mockingbird Time« anknüpfen. Anfang der 1990er traten mit Uncle Tupelo und den Jayhawks zwei Bands an, um das Roots-Erbe neu zu verteilen. Die Revolution dauerte ein paar Jahre. Uncle Tupelo waren Jeff Tweedy und Jay Farrar. Die Jayhawks waren Gary Louris und Mark Olson. Uncle Tupelo lösten sich auf, Tweedy gründete Wilco. Die Jayhawks machten immer weiter, auch als Olson Mitte der 1990er ausstieg. Sie waren dann eine Louris-Band. Die Zeit brachte keine größeren Erfolge, aber Olson zurück. Für ein Album. 2011. In der Zwischenzeit hatte er versponnene Beiträge zur Musikgeschichte aus der Wüste abgeliefert. Auch jetzt schüttelt Louris noch immer wunderbare Melodien aus dem Ärmel: »Lover Of The Sun«, dieses zuckrig-klebrige Stück Musik, kommt beschwingt daher, dann sind The Jayhawks voll da. Für einen Moment. »Just watch her run, she’s a lover of the sun.« Doch alles bleibt unterkühlt, ohne große Wendungen. Zu lieblich, zu viel Versöhnung, zu wenig Kanten. Immer mehr McCartney als Lennon. Der alte Kauz Olson und die Kargheit, die Verschrobenheit seiner Gedankenwelt fehlen dem von R.E.M.-Ikone Peter Buck mitproduzierten »Paging Mr. Proust«. Es fehlt auch an Energie, an Jugend. Es ist ein nettes Album, das wohl kaum Spuren hinterlassen wird. Nun ja, einzelne Lieder wie »Isabel’s Daughter« könnten womöglich bleiben. Ich höre noch einmal das verschollene, skizzenartige »Ready For The Flood« von Louris und Olson, Ende der 2000er erschienen. Vielleicht finden sie es. Und erinnern sich. Stephan Uersfeld
Joasihno Meshes Alien Transistor / Morr / Indigo / VÖ 06.05.16
Sind das jetzt Roboter? Christoph »Cico« Beck, Mitglied von The Notwist und Aloa Input, ist mit vertrackten Instrumenten vertraut und ersetzt Mitmusiker nun durch ein Roboter-Orchester. Gerade mal einen menschlichen Musiker hat Cico Beck bei Joasihno noch an seiner Seite: Nico Sierig orchestriert die kleinen, kuriosen Instrumente und dirigiert sie zu instrumentalen Songstrukturen. Seine Kompositionen haben mit dem logischen Vorbild Kraftwerk kaum etwas gemein – was Joasihno mit ihren mechanischen Gesellen veranstalten, fällt eher unter die Rubrik »Weird Bavaria«. Kraut trifft auf Chaos, Neoklassik auf Pop-Strukturen, Fisherprice-Keyboards auf Analog-Synthesizer und Glockenspiel auf Getöse. Das alles ist von Beck höchst experimentell aufgezogen, er wirkt dabei wie ein wirrer Professor im Musiklabor, um ihn herum blubbert und brodelt es, zuweilen brabbelt er einen sanften Gesang dazu. Für Hörer, die keinen wissenschaftlichen Zugang zur Musik haben, sondern wissen wollen, wohin das eigentlich alles führen soll, kann das mitunter sehr anstrengend werden. Musik-Nerds werden »Meshes« hingegen sorgsam in ihr Musikregal einreihen und logische Verbindungen ziehen – zu dem chemischen Element »Notwistium«. Kerstin Kratochwill
DANCEHALL ARENA TWO OPEN AIR STAGES BAZAR Y CHILL OUT ZONE
01. - 03. JULI 2016 KÖLN Y FÜHLINGER SEE INFO & TICKETS:
SUMMERJAM.DE
bedeutend K-X-P ihre Mission halten. Doch was ist das? Der vermeintliche stilistische Wolkenbruch hat Ladehemmung, der klangliche Metabolismus erscheint verblüffend aufgeräumt, die Synthie-Teppiche kommen übergründlich ausgeklopft daher. Wer sich hier spulend durch die Tracks tastet, erfährt – bis auf den Trance-Zustand – alles Wichtige. Eine Dramaturgie, die sich versäumen ließe, gibt es nicht; vielmehr klingt ein Track wie »Siren« nach »Mr. Brightside« in der Müllverbrennungsanlage. Möglicherweise liegen aber gerade darin Chance und Anstoß, dieses auf eitles Blabla gebettete Ganze eher als Bauwerk zu begreifen, das sich unablässig in die Höhe schraubt, nur damit man hochglotzen und sich dem Schwindel hingeben kann. Mit Ablauf der Spielzeit hat es damit aber auch schon sein Bewenden. Unverdaut scheidet der sanfte Riese seinen Hörer wieder aus; man plumpst in das Babybecken namens Alltag zurück, ohne dem Erlebten auch nur einen Augenblick nachzuhängen. Und da klingelt auch schon das Telefon! Na so was. Valentin Erning
Katy B Honey Virgin / Universal / VÖ 29.04.16
Auf ihrem dritten Album »Honey« entwickelt sich Katy B weg vom Pop-Dubstep und langsam, aber sicher in Richtung EDM. Vor fünf Jahren war Katy B ein heller Stern am Himmel der UK-Electro-Szene. Ihr Mix aus Dubstep, R’n’B und HipHop bescherte der Newcomerin mit ihrem Debütalbum »On A Mission« den zweiten Platz der britischen Charts. Mit dem zweiten Album »Little Red« gelang Katy B dann sogar die Nummer eins. Eine ihrer Weggefährtinnen des ersten Albums – Ms. Dynamite – hat sich mittlerweile aus dem Musikgeschäft zurückgezogen. Allgemein könnte man meinen, dass 2016 nicht mehr das Jahr des Pop-Dubstep ist, längst haben EDM-Produktionen seinen Platz in den Charts eingenommen. Für ihr drittes Album »Honey« hat die Künstlerin wieder viele namhafte Acts wie Four Tet, Major Lazer, Wilkinson und Craig David ins Boot geholt. Gerade die Kollaboration mit Major Lazer und Craig David im Song »Who Am I« lässt Katy Bs Produktionsweise ziemlich archaisch wirken. Sie schielt weiter auf den großen Erfolg, ohne das inhaltlich rechtfertigen zu können. Natürlich klingt ihre Pop-Version von EDM weit weniger belanglos als Avicii, Steve Aoki oder Calvin Harris, an dem Effekt ihrer Beats hat sich aber wenig geändert, nur dass diese weniger auf den Underground und mehr auf die große Festivalbühne schielen. Auch lyrisch kann Katy B von nichtssagenden Zeilen wie »It’s just you and I« oder »Who am I if I ain’t loving you?« mal abgesehen nicht mehr viel bieten. Aber auch ohne Innovationskraft kann man sich »Honey« durchaus anhören: Die LP geht runter wie Honig und verkauft sich sicher wieder wie warme Semmeln. Louisa Zimmer
King We Are King King Creative / Groove Attack
K-X-P III Part 2 Svart / Cargo
K-X-P hatten Großes mit ihrer Fantasie vor. Doch die von den Finnen so überlebensgroß projizierte Ideenbestie schrumpft im Albumkäfig ganz schnell zum flaumigen Schoßhündchen, das lieber stirbt, als zu fressen. Wie knuffig! In einem Akt des Sendungsbewusstseins verbuken K-X-P Krautrock und Techno, brachen »es« wie eine Hostie und drücken einem nun dessen zweite Hälfte mit all seiner Bedeutungsschwere auf die Zunge. Der Fakt, dass es sich sogar beim eigenen Label um einen Zwitter handelt – MantraSilbe meets Heavy-Metal-Umlaut –, unterstreicht, für wie
King sind nicht nur umwerfend schöne Frauen, das Trio macht auch umwerfend schöne Musik. Nach langen Jahren des Wartens veröffentlicht es mit »We Are King« eine Debüt-LP, die R’n’B in neue Sphären führt. 2011 schossen King drei Songs ihrer Debüt-EP ins Universum. Ziemlich schnell sorgte der gekonnt ausgearbeitete R’n’B-Sound für prominente Unterstützer: Prince, Solange, Nile Rogers und Janelle Monáe taten einiges dafür, die drei Ladys in höhere Sphären der internationalen Musikszene zu schubsen. Es dauerte dann fünf Jahre bis zu Kings Debüt-LP, doch das Warten hat sich gelohnt. Das komplex produzierte Album spielt mit den Grenzen von Electro-Stilen, seichtem Dream-Pop und geschmeidigem R’n’B. Auch die drei EPTracks »The Story«, »Supernatural« und »Hey« bereichern die Platte in wunderbaren, neu ausgearbeiteten Versionen. Sie sind der beste Beweis dafür, zu welcher Klasse sich das Trio in den letzten Jahren entwickelt hat. Der zwanglose
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Vibe der zwölf Midtempo-Nummern definiert sich besonders durch vielschichtige Synthies und Percussions, die eindeutig auf die Wurzeln der Band in Prince’ Minneapolis verweisen. Nadja Neqqache
KMPFSPRT Intervention
F E S T I VA L S 2 016
THE WE E KEND MAN TOUR
24.-26.06. HURRICANE FESTIVAL SOLD OUT! 24.-26.06. SOUTHSIDE FESTIVAL SOLD OUT! 10.-14.08. OPEN FLAIR 11.-13.08. ROCCO DEL SCHLACKO 11.-14.08. TAUBERTAL FESTIVAL 19.-21.08. HIGHFIELD FESTIVAL
18.11. STUTTGART LKA LONGHORN 21.11. WIESBADEN SCHLACHTHOF 23.11. MÜNCHEN BACKSTAGE 24.11. DRESDEN ALTER SCHLACHTHOF 25.11. BERLIN COLUMBIAHALLE 26.11. KÖLN PALLADIUM 27.11. HAMBURG GROSSE FREIHEIT 36
People Like You / Sony / VÖ 29.04.16
King Gizzard & The Lizard Wizard Nonagon Infinity Heavenly / Coop / PIAS / Rough Trade / VÖ 29.04.16
Nach dem verspielt-psychedelischen Kammer-Pop vom letzten Album »Paper Mâché Dream Balloon« knüpfen die durchgeknallten Australier nun wieder an den lärmenden Hochgeschwindigkeits-Psych-Rock vom 2014er-Album »I’m In Your Mind Fuzz« an. Sind das überhaupt alles Alben? Für die hochproduktiven King Gizzard & The Lizard Wizard ist »Nonagan Infinity« die mittlerweile sechste Veröffentlichung in nur zwei Jahren. Die Werke übersteigen selten die 40-Minuten-Grenze und basieren auf unterschiedlichsten kreativen Grundideen. Die letzten beiden Werke bestanden im Vergleich zu den wilden Freak-out-Surf-Exzessen ihrer Anfangszeit eher aus luftig verspielten Psych-Pop-Songs, wahlweise in Form von gestutzten Miniaturen (»Paper Mâché Dream Balloon«) oder zehnminütigen Prog-Pop-Opern (»Quarters«). Nun haben die Australier mit ihrer neuen LP einen aus dem Paralleluniversum stammenden Zwilling ihres bis dato erfolgreichsten Albums »I’m In Your Mind Fuzz« erschaffen, dessen Stücke ineinanderfließen und einen 40-minütigen Trip ergeben, den man in Teilen auch schon live miterleben konnte. Auf einem hochgepitchten Motorik-Beat dröhnt die Band mit ordentlich Fuzz und Wah Wah auf den Gitarren, Mundharmonika und Querflöte los, als befände sie sich auf einem HighspeedTrip auf der Weltraum-Autobahn. Erst ab der Mitte wird die Geschwindigkeit etwas gedrosselt. Man ertappt sich dabei, sich vorzustellen, wie gut es sein könnte, wenn die Band sich mal an einem richtig definierten Album versuchte, das all ihre Stärken bündelt. Aber ihren Platz im Weirdo-Universum zwischen Thee Oh Sees und Flaming Lips haben King Gizzard abermals bestätigt. Timo Weber
Klaus Johann Grobe Spagat der Liebe Cargo / VÖ 06.05.16
Hurra Helvetica! Das Schweizer Duo heißt wie dein Opa und tanzt wie deine besoffene Tante. Krautrock-Grooves, stabiler Bass und Retro-Synthie-Riffs mit Texten, die Liebe zeigen, wie sie auch sein kann: einfach, vorbei, bye bye. Hinter dem Namen, der wie der eines Nachrichtensprechers klingt, verbirgt sich das schweizerische Duo Sevi Landolt und Daniel Bachmann. Irgendjemand muss die beiden im Musik-Hobby-Keller ihres Vaters im Jahr 1974 eingesperrt und erst jetzt wiedergefunden und freigelassen haben. Dieser Eindruck rührt zum einen von ihrer Oldschool-Instrumentierung her: Space-Orgel, Groove-Bass, sexy Synthesizer. Zum anderen aber auch von der wunderbaren, betont nüchternen Beschaulichkeit des ausgestellten Liebes-(Un-)Glücks. »Wir könnten in der Ecke stehen und eine Zigarette drehen«, solch einfache Momentaufnahmen gleichen verblichenen Polaroids aus einer längst vergangenen Beziehung. Dabei dreht der Bass stoisch seine Runden. »Heute Abend nur« ist dagegen eine klingende Hommage an die großartige Hildegard Knef und hart an der Grenze zur Absurdität. Doch die Lala-Lautmalereien sind so überdreht, dass man sich nur spontan in so viel Irrsinn, so viel Witz, Charme und Spaß an der Sache verlieben kann. »Ein sitzender Säger ist gleich viel wert wie ein liegender Scheisser«, besagt ein schweizerisches Sprichwort. Was das nun wieder bedeuten soll? Ich weiß es nicht, aber ich weiß, dass die Platte super ist, außerirdisch, groovy und angenehm weird. Traumtänzer aufgepasst, hier ist euer Soundtrack. Konstantin Maier
Hardcore und Postpunk mit deutschen Texten passen selten in die stylishe Familienidylle. Die Kölner verheddern sich traurigerweise in der Schnittmenge aus jugendlicher Wut und versöhnlicher Altersmilde. »Ich schrei, weil es niemand sonst hört und die meisten schon taub sind« – das Stück »Intervention« ist ein starker Auftakt in das zweite KMPFSPRT-Album, das sich weitgehend aus Gitarrenbrettern, Melancholie, Coming-of-Age-Lyrik und Schreigesang zusammensetzt. Damit knüpft die Band an das zu Recht gefeierte Debüt »Jugend mutiert« von 2014 an, damals eine wohlüberlegte Ansage an alle, die glaubten, dass Postpunk mit deutschen Texten nur im hohen Norden immer auf die Füße falle. Für dieses Album waren mehr Melodiegefüge und Harmoniegesänge in fettem, beinahe überproduziertem Sound gewünscht – eine fragwürdige Entscheidung, die vielleicht mit der vermeintlichen Altersweisheit der sympathischen Thirtysomethings einhergeht. »2014 24/7« oder »Samstagabendtodeskampf« trauen sich gar an uninspirierte Hardrock-Schemata heran, was die Distanz zu Bands, die noch nie jemand cool fand, dann zeitweilig doch sehr klein macht. Weil auch textlich der schlaue Esprit des Debüts fehlt, klingen KMPFSPRT über weite Strecken nach Sekundenschlaf auf verdienten Lorbeeren – was eben auch mit Gehhilfe im Pogo-Mob nun mal gar nicht Punk ist. Klaas Tigchelaar
Lawrence Yoyogi Park
PRÄSENTIERT VON SONIC SEDUCER · MUSIKEXPRESS · VEVO · DEPECHEMODE.DE
FESTIVALS 2016
15.05. WAVE GOTHIK TREFFEN 16.05. PFINGST OPEN AIR WERDEN 27.05. MODULAR FESTIVAL 28.05. IMMERGUT FESTIVAL 03. - 05.06. 6. MAIFELD DERBY 25.06. KOSMONAUT FESTIVAL 15. - 17.07. MELT! FESTIVAL 29. - 30.07. JUICY BEATS 05.08. AUF WEITER FLUR 12.08. HALDERN POP FESTIVAL 19. - 21.08. DOCKVILLE FESTIVAL 24. - 28.08. C/O POP COLOGNE MUSIC FESTIVAL
04.05. BERLIN MUSIK & FRIEDEN SOLD OUT! 05.05. HAMBURG MOLOTOW 06.05. KÖLN BLUE SHELL SOLD OUT! 07.05. MÜNCHEN MILLA 09.05. AT - WIEN B72 03. – 05.06. MAIFELD DERBY 24. – 25.06. KOSMONAUT FESTIVAL 21.09. BREMEN TOWER MUSIKCLUB 22.09. FLENSBURG VOLKSBAD 24.09. HANNOVER CAFE GLOCKSEE 26.09. DÜSSELDORF ZAKK 27.09. MARBURG KFZ 28.09. ERLANGEN E-WERK 29.09. LEIPZIG WERK II - HALLE D
NO SLEEP ´TIL HARIESCHAIM
28.10. KÖLN GEBÄUDE 9 03.11. MÜNSTER GLEIS 22 04.11. WIESBADEN SCHLACHTHOF 11.11. STUTTGART KELLER KLUB 12.11. DORTMUND FZW 18.11. DRESDEN GROOVESTATION 19.11. BERLIN LIDO 23.11. AT-SALZBURG ROCKHOUSE 24.11. AT-WIEN B72 27.11. CH-ZÜRICH AMBOSS RAMPE 09.12. LEIPZIG MORITZBASTEI
30.09. DRESDEN GROOVESTATION 01.10. AUGSBURG KANTINE 03.10. KONSTANZ KULTURLADEN 04.10. STUTTGART CLUBCANN 05.10. FREIBURG JAZZHAUS 06.10. MÜNCHEN KRANHALLE IM FEIERWERK 07.10. WIESBADEN SCHLACHTHOF 08.10. MÜNSTER GLEIS 22 24.10. BERLIN LIDO 25.10. KÖLN LUXOR 26.10. SAARBRÜCKEN GARAGE 27.10. CH-AARAU KIFF 28.10. DARMSTADT CENTRALSTATION WWW.OKTALOGUE.COM
Mule Musiq / Kompakt / Rough Trade
Lawrence beschließt seine Reihe an Veröffentlichungen für das japanische Label Mule Musiq und darf nun gerne wieder zu seinem eigenen Imprint Dial zurückkehren. Warum Lawrence mit »Yoyogi Park« wohl sein nun schon drittes Album bei dem japanischen Label Mule Musiq veröffentlicht, obwohl ihm mit seinem eigenen Imprint Dial doch schon eine perfekte Heimstatt vor den Füßen liegt? Es muss wohl etwas mit Freundschaft zu tun haben. Tatsächlich soll »Yoyogi Park« der abschließende Teil einer Trilogie sein, die er mit einem Freund, dem Grafik-Künstler Stefan Marx, erarbeitete und bei dem anderen, Label-Chef Toshiya Kawasaki, veröffentlichte. Bei den vorangegangenen Teilen dieser Reihe stand ein Ambient-Gedanke im Vordergrund, der Anhänger von Lawrence’ Dial-Arbeiten zunächst verunsicherte, sich schließlich aber relativ schlüssig in sein Gesamtwerk einfügte. Dieser Vibe scheint auf »Yoyogi Park« eher schemenhaft durch, stattdessen wirkt zumindest die erste Hälfte der LP deutlich schlichter, nüchterner und auch clubbiger. Man kann es nicht anders sagen: Fans jedweder Schaffensphase des Hamburgers bleiben angesichts dessen relativ ratlos zurück. In der zweiten Hälfte kriegt Lawrence aber die Kurve, seine Produktionen bleiben unauffällig, entwickeln jedoch deutlich mehr Dichte und Sinnlichkeit. Trotzdem: Nach diesem erneuten Ausflug kommt man nicht umhin, sich Lawrence’ Rückkehr zu Dial zu wünschen. Christian Steinbrink
KAFVKA HÄNDEHOCH! TOUR 2016
FESTIVALS 2016
02.05. BERLIN PRIVATCLUB 03.05. KÖLN BLUE SHELL 04.05. HAMBURG MOLOTOW SKYBAR 09.05. MÜNCHEN KRANHALLE
03. – 05.06. ROCK IM PARK 03. – 05.06. ROCK AM RING 08.07. LAUT GEGEN NAZIS 08. – 09.07. HAPPINESS FESTIVAL 29. – 31.07. TREBUR OPEN AIR 05. – 06.08. MINI ROCK FESTIVAL 11. – 14.08. TAUBERTAL FESTIVAL 19. – 21.08. KARBEN OPEN AIR 10. – 14.–08. OPEN FLAIR FESTIVAL 19. – 21.08. KARBEN OPEN AIR
10.05. WIESBADEN SCHLACHTHOF 12.05. MÜNSTER GLEIS 22 13.05. BREMEN LAGERHAUS
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TEHO TEARDO & BLIXA BARGELD 21.05. FRANKFURT/MAIN MOUSONTURM · 06.06. BERLIN VOLKSBÜHNE 07.06. KÖLN KULTURKIRCHE · 08.06. HAMBURG ÜBEL & GEFÄHRLICH 09.06. CH-ZÜRICH KAUFLEUTEN · 15.06. MÜNCHEN MUFFATHALLE
Marla Madawaska Valley Melting Pot / Groove Attack
Auf den Spuren von Jessica Pratt: »Madawaska Valley« ist ein introvertiertes Singer/Songwriter-Album, das von Melancholie und dem Wunsch, die Welt zu bereisen, handelt.
WWW.NEUBAUTEN.ORG/DE/BLIXA-BARGELD
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AUSSERDEM AUF TOUR A N T I L O P E N G A N G · D O N O T S · D E I N E F R E U N D E · D Y S E FUNNY VAN DANNEN · FETTES BROT · OHRBOOTEN · PARCELS · PASCOW RHONDA · RIDEAU · SCHMUTZKI · SOOKEE · TOCOTRONIC · TRUCKFIGHTERS KIKIS KLEINER TOURNEESERVICE KK T GmbH WWW.KK T.BERLIN
PHONE +49.30.695.80.880 PORTOKASSE@KK T.BERLIN
#Review Im kanadischen Ontario nahm die Heidelbergerin Marla ihr Debüt »Madawaska Valley« auf. Hörbar beeinflusst von den Weiten Nordamerikas, hat die Deutsch-Spanierin ein Album kreiert, das von ruhigen und verträumten Melodien dominiert wird. In bester Folk- und Country-Tradition verarbeitet Marla in ihren Songs die Sehnsucht, die Welt zu bereisen, und den Verlust der ersten Liebe. Begleitet wird der Gesang der Songwriterin dabei nicht nur von Hammond-Orgeln, Cellos und Akustikgitarren, sondern auch von ihrem Produzenten David Celia. Gemeinsam haben die beiden ein sehr nachdenkliches Album erschaffen, das Assoziationen zu Lagerfeuerromantik hervorruft. Der fehlende Ansatz, etwas anderes auszuprobieren und sich somit aus der Sicherheit eines Wohnzimmerkonzertes zu entfernen, lassen »Madawaska Valley« am Ende eindimensional wirken. Es bleibt die Hoffnung, dass Marlas fabelhafte Stimme sich aus den Fängen ihres adoleszenten Weltschmerzes befreien und in Zukunft positiveren Themen zuwenden wird. Nils Herrmann
LUH Spiritual Songs For Lovers To Sing
Recht gelungenen Power-Pop mit Grungeund Country-Einschlag spielt der Sohn von Papa Paul auf seinem zweiten Album. Wenn Paul McCartney in seiner langen und zugegebenermaßen fulminanten Karriere für eines kritisiert wurde, dann für seine mitunter verbissenen Versuche, das ihm fälschlicherweise zugeschriebene SchmuseImage abzulegen und zwanghaft zu rocken. Der Ex-Beatle war eben doch immer eher der Pop-Pionier mit dem herausragenden Melodieverständnis als der bloße Rocker. Sohnemann James geht mit dem RockstarKlischee gelassen um: Musikalisch orientiert er sich überzeugend an einem Jahrzehnt, das sein Vater bisher unangetastet ließ: den 1990ern und ihrem Alternative Rock. Auf »The Blackberry Train« lebt der Musiker seine Vorliebe für gitarrenverzerrte Musik konsequent aus, sicher hatte auch Produzent Steve Albini beratenden Einfluss. Die Elemente des Grunge werden zum Glück in ein tragfähiges Power-Pop-Design transformiert, was den Songs ein Mehr an Kompaktheit verleiht. In der einprägsamen Single »Too Hard« half mit Dhani Harrison der Sohn eines weiteren Beatles mit Gitarren-Licks aus. Überhaupt zählen die vielen schönen Gitarrenmomente zu den Highlights auf diesem Album. In Sachen Songwriting ist noch Luft nach oben, selbst wenn man Paul McCartney als Gradmesser mal außen vor lässt. In den ruhigen Passagen wie in »Fantasy« oder »Prayer« kann der 38-Jährige allerdings auftrumpfen und lässt erahnen, dass eine durchweg überzeugende Platte im Bereich des Möglichen liegt. Kai Wichelmann
D
DER
B Y 2016
A I FEL
Mute / GoodToGo / VÖ 06.05.16
M
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Ein Liebespaar schickt Pamphlete an eine kaputte Welt. Das ist extrem ernsthaft, aber auch immens anrührend. Es macht misstrauisch, wenn Musiker die Not sehen, ihre Musik wortreich zu erklären. Man kann im Netz auf Schnitzeljagd gehen und eine redselig-verquaste Absichtserklärung der Band LUH lesen. Selbst die verdammte Presse-Info ist dreimal so lang wie nötig und schlägt Bögen von Buckminster Fuller zu Marvin Gaye, die – da verrät man nicht zu viel – wenig mit dem zerschossenen Pop der Band zu tun haben. Die gute Nachricht: Viel schlauer ist man danach auch nicht. Lost Under Heaven, so der Bandname ausgeschrieben, bewahren sich trotz Laberflash ihr Mysterium. LUH ist das Projekt von Ellery Roberts und Ebony Hoorn: Roberts war Frontmann der ähnlich aufschneiderischen und abkürzungsfrohen Rockband WU LYF (damals: World Unite! Lucifer Youth Foundation), Hoorn ist Künstlerin in Amsterdam. Ihr Zwiegesang – er ein raues Bellen, sie immerhin zweckmäßig – liegt über akustischelektronischen Bastelarbeiten, häufig Beats, selten Geballer (»Oro«). Außerdem sind die beiden sehr verliebt. »Spiritual Songs For Lovers To Sing« ist das vielleicht unzynischste Album des Jahres, aber gewiss nicht das positivste: Die Welt geht den Bach runter, rette, was zu retten ist – und wenn es bloß die eigene Seele ist. Oder eben die von jemand anderem. Warum Apokalypse nicht mal als Chance begreifen? Bei dem ganzen Überbau kann man an den Konzept-Hardcore von Fucked Up denken, aber LUH tun nicht so als ob, sie tun weh. Michael Weiland
James McCartney The Blackberry Train Maybenot / Rough Trade / VÖ 06.05.16
Melt Yourself Down Last Evenings On Earth Leaf / Indigo / VÖ 29.04.16
Londons Melting Pot kommt mit einer frischen, idealtypischen Band: Funk, Jazz und afrikanische Rhythmen treiben bei Melt Yourself Down Postpunk in eine neue Richtung. Nach einer wechselvollen Geschichte hat das wundervolle britische Leaf-Label im vergangenen Herbst sein 20-jähriges Jubiläum feiern dürfen und selbst zu diesem Anlass nicht die Aufmerksamkeit bekommen, die es eigentlich verdient. Schließlich ist es kaum einem anderen Label auf ähnlich hohem Niveau gelungen, ambitionierte, frische PopEntwürfe in ganz unterschiedlichen Genres zu veröffentlichen. Die Londoner Melt Yourself Down gehören zu den jüngeren Mitgliedern ihres Rosters und sind doch in der Lage, mit ihrem zweiten Album »Last Evenings On Earth« eine ganz neue Klangfarbe in die Label-Ausrichtung einzubringen. Auf ein rhythmisch furioses Bett aus afrikanischer Folklore, Funk und Brass implementiert die Band einen düster-extrovertierten PostpunkAusdruck britischer Prägung und klingt dabei so drängend und unmittelbar wie nur ganz wenige andere: Pere Ubu, The Pop Group oder die Asian Dub Foundation etwa. An Letztere erinnert auch der Crossover-Gestus der LP, der aber jedes abgeschmackte 1990erKlischee ausspart. Stattdessen stellt »Last Evenings On Earth« eine ambitionierte, ziemlich neue Art von Fusion dar, zwar tanzbar und rockig, aber auch voller Tests und Versuche in Instrumentierungen und Arrangements. Damit wird Leaf zwar keinen Hit landen können, seine Klasse aber wieder unterstreichen. Christian Steinbrink
LOVE ATTACK MIT SERMIN USTA
25.04.16 Berlin, Grüner Salon 26.04.16 Köln, Studio 672 28.04.16 München, Orangehouse
Phil Cook & The Guitar Heels 28.04.16 Berlin, Privatclub
Calexico
Wortsport für Herz und Seele oder, wie Kurtis Blow sagen würde: »If I Ruled The World«, wären diese Soul-, Funk- und RapVeröffentlichungen die Platten des Monats.
Faada Freddy ist ein wahrer HipHop-Dandy und im Senegal eine Berühmtheit. Bekannt wurde das Beatboxing-Talent in den 1990ern als ein Drittel der Gruppe Daara J, der prägendsten Crew der senegalesischen Rap-Szene. Es wäre also fast frech, Faada im Zusammenhang mit seinem erstklassigen Solodebüt »Gospel Journey« (Caroline) als Neuentdeckung zu handeln. Für sein aktuelles A-cappella-Abenteuer blieb der Pariser nicht nur seinen senegalesischen Wurzeln, sondern auch dem Beatboxing treu. Neben seinen gelungenen Coverversionen von Sia, Alexander Ebert und Rage Against The Machine ist es vor allem die wohlige Stimmung aus rhythmischen Body-Percussions und Jazz, mit der das Stimmwunder seiner Suche nach einer neuen musikalischen Identität bedeutend näher kommt.
Auf seinem neuen Album »Kindness For Weakness« (Stones Throw) verkündet Homeboy Sandman lautstark, dass es eine Schwäche sei, Freundlichkeit als Laster auszulegen. Wie so häufig muss man Aufklärer Sandman recht geben, denn der New Yorker Vocalist mit der Aura eines einsamen Propheten hat inzwischen mehr Rechte auf den Teacher-Titel als KRS-One, fast so viele wiedererkennbare Lines wie Guru, und sein Katalog wiegt gefühlt eine Tonne. Ach, und »Lice«, die 2015er-Kollabo-EP mit Aesop Rock, bleibt ein Brett. Auf seinem neuen Album schreibt Sandman nun seine gewohnt sperrigen, einsichtsgetriebenen Tracks, die gegen Rassismus und Sexismus angehen.
Mit 35 Jahren im Background von James Brown muss Martha High eine Art Schlüsselfigur in dessen Leben gewesen sein, denn mit kaum einem anderen Menschen hat Mr. Dynamite so viel Zeit verbracht. Trotzdem kennen nur wenige das Gesicht der wunderbaren Sopran-Stimme, die sich hinter Meisterwerken wie »The Payback«, »Bodyheat« und dem unvergesslichen Duett »Summertime« verbirgt. Heute, mit 71 Jahren, tourt High als Leadsängerin der Maceo-Parker-Band um die Welt. Also bleibt eigentlich wenig Zeit, um sich den Wunsch einer eigenen Soloplatte zu erfüllen. Aber die Sängerin hat es geschafft: Nach Jahren im Schatten männlicher Musiker dreht sich auf »Singing For The Good Times« (Blind Faith) nun alles um sie. Die elf analog arrangierten Songs zeigen alle Stärken der Soul-Diva.
Treetop Flyers
Bleiben wir bei starken Frauen: Wenn man den Erzählungen ihrer Freunde glauben schenken darf, soll Vivien Goldman immer gesungen haben – ob beim Schreiben, Filmen oder NichtsTun. Sie ist Punk-Ikone, Journalistin, Professorin und Autorin der ersten Bob-Marley-Biografie. Außerdem schrieb sie noch Songs für Massive Attack. Aber was Goldman tatsächlich bei den Big Playern einreiht, ist ihre eigene Musik, die auch von Künstlern wie Madlib und The Roots gesamplet wurde. Ihr Album »Resolutionary«
29.04.16 Stuttgart, Im Wizemann 04.05.16 Ravensburg, Konzerthaus 21.07.16 Leipzig, GeyserHaus
Holy Esque
24.05.16 Berlin 25.05.16 Hamburg 26.05.16 Köln
Shakey Graves
03.05.16 München, Ampere 07.05.16 HH, Nochtspeicher 08.05.16 Berlin, Bi Nuu
Monk Parker (Staubgold) bündelt nun all die experimentellen Goldstücke aus drei entscheidenden Formationen ihres Lebens: als Mitglied der experimentellen New-Wave-Band The Flying Lizards, als Solokünstlerin (»Launderette«) und als Teil des Pariser Duos Chantage.
Es steckt offensichtlich in seiner Natur, ein Rebell zu sein, denn selten tut Guts das, was man von ihm erwartet. Auf seinem neuen Album »Eternal« (Heavenly Sweetness) präsentiert sich der Franzose überraschend als Leader einer Live-Band. Bisher kannte man den Eigenbrötler eher als französischen Pionier in Sachen Sampling-Kunst, der auf seinen Platten stets weniger Live-Instrumentierung als Samples hatte. Auf »Eternal« dreht er diese Formel ganz bewusst um. Dabei ist ein Mix aus Vocal-Tracks und Instrumentals entstanden, den man guten Gewissens als handgemachte Bandmusik mit HipHop-Einflüssen bezeichnen kann.
04.05.16 K, Wohngemeinschaft 08.05.16 Münster, Fachwerk
Vanessa Carlton
11.05.16 Berlin, Lido 12.05.16 Köln, Stadtgarten 13.05.16 Heidelberg, Karlstorbhf.
The Wood Brothers 16.05.16 18.05.16 19.05.16 20.05.16
Altdorf, Stadtkirche Aschaffenburg, Colos-Saal München, Ampere Berlin, Grüner Salon
Dinosaur Jr.
07.06.16 Leipzig, Täubchenthal 13.06.16 Erlangen, E-Werk
Drive Like Jehu 08.06.16 Berlin, Lido
Beirut
09.07.16 Berlin 10.07.16 München 13.07.16 Köln
Autolux
08.06.16 Hamburg, Molotow 09.06.16 Berlin, Lido
Der Aufbruch ins All dient Mop Mop auch auf seinem neuesten Album »Lunar Love« (Agogo) als Ausgangspunkt, von dem aus sich das Kollektiv um Mastermind Andrea Benini erneut in etliche Richtungen und exotische Klang-Regionen bewegt. Indem Mop Mop ihren Sound, in dem Dub-, Jazz- und FunkElemente aufeinandertreffen, um traditionelle Gnawa-Rhythmen erweitern, klingt »Lunar Love« noch facettenreicher und vielschichtiger als die Vorgängeralben.
Michael Malarkey
Völlig unerwartet veröffentlicht Oddisee knapp ein Jahr nach seinem letzten Studioalbum »The Good Fight« nun seine Sieben-TrackEP »Alwasta« (Jakarta) als Free-Download. So wie eigentlich alle Songs des Rappers aus D.C. klingt auch diese Platte leichtfüßig und eingängig. Amir Mohammed El Khalifa sind Gott sei Dank weder Ermüdungs- noch Abnutzungserscheinungen anzuhören. Er bleibt einer der Besten.
11.09.16 12.09.16 13.09.16 14.09.16 15.09.16 16.09.16 17.09.16
Wäh re n d d e s s e n h at d i e A n t i l o p e n Gang verkündet, dass das wunderbare L’avantgarde-Album »Gute Sprüche 05-07« (lavantgarde.antilopengang.de) wieder erhältlich ist. L’avantgarde waren die Rapper Koljah und der mittlerweile verstorbene NMZS sowie Produzent Tai Phun, die Anfang der 2000er aufeinandertrafen. Die in dieser Zeit entstandenen Songs erschienen 2008 als gesammelte Werke. Das Album kam ein halbes Jahr vor Gründung der Antilopen Gang heraus – angeblich nie als Free-Download, was die Neuauflage ihres größenwahnsinnigen und kuriosen Sammelsuriums aus Sprüchen und Punchlines noch besonderer macht.
Editors
28.06.16 Berlin
17.06.16 Berlin, Privatclub
Pokey LaFarge
03.07.16 München, Ampere 04.07.16 Erlangen, E-Werk 05.07.16 Köln, Gebäude 9
Cat Power
11.07.16 Köln 12.07.16 Darmstadt 13.07.16 Kassel 16.07.16 Karlsruhe
The Tallest Man On Earth 15.08.16 Leipzig, GeyserHaus
Timothy Auld
Köln, Studio 672 Leipzig, Täubchenthal Hamburg, Prinzenbar Berlin, Musik & Frieden Dresden, Scheune Heidelberg, Karlstorbhf Nürnberg, Club Stereo
Wovenhand 12.09.16 13.09.16 21.09.16 22.09.16 23.09.16
Goat
10.10.16 11.10.16 12.10.16 13.10.16
Köln, Gebäude 9 Frankfurt, Zoom München, Ampere Leipzig, UT Connewitz Berlin, Heimathafen
Köln, Stadtgarten München, Ampere Berlin, Berghain Heidelberg, Karlstorbhf.
Julia Engelmann 25.10.16 26.10.16 08.11.16 09.11.16 10.11.16
Köln, Tanzbrunnen Essen, Lichtburg Offenbach, Capitol Wiesbaden, Kurhaus Düsseldorf, Tonhalle
Black Mountain 12.07.16 Köln 13.07.16 Leipzig 14.07.16 Hamburg
Benjamin Clementine 17.07.16 Berlin
Goran Bregovic
01.11.16 Düsseldorf, Tonhalle
Tindersticks
24.11.16 Berlin, Konzerthaus
Chilly Gonzales
21.12.16 Düsseldorf, Tonhalle
The Kills
08.08.16 Leipzig 22.10.16 Berlin 23.10.16 Hamburg 25.10.16 Köln 26.10.16 München
Tickets & Infos: www.schoneberg.de
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#Review was wir seit dem Indie-Rock Mitte der 2000er vermisst haben. Willkommen zu Hause! Thorsten Streck
Ebbot Lundberg & The Indigo Children For The Ages To Come Haldern Pop / Cargo
Der ehemalige Frontmann von The Soundtrack Of Our Lives predigt nun mit der nächsten Musikergeneration seine einnehmenden Pophymnen. Ebbot Lundberg, der korpulente, graubärtige Priester, hat das ehemalige Vorprogramm seiner alten Band auf die Hauptbühne geholt: Gemeinsam mit The Indigo Children (die nun wie Lundberg in schwarze Tuniken gekleidet sind) erschafft er seine hymnenhaften Predigten in Form von überbordenden Popsongs mit allerlei orchestralem Getingel, schwelgerischen Gesangseinlagen und Retrokitsch im Überfluss. Wer bei TSOOL die Rockgitarren ausblendet, landet ziemlich zielsicher auf dem brokatverzierten roten Hymnenteppich von »For The Ages To Come«, einem in Melodien und hippiesker Großspurigkeit erstrahlenden Album, das vor allem typisch nach Ebbot Lundberg klingt. Seine kratzig aufwallende Stimme und die spürbare Präsenz machen aus ihm einmal mehr den Hohepriester der Popmusik. Diese Show zieht der mittlerweile 50-jährige Schwede auch weiterhin konsequent und ohne übertriebene Ironie durch. Er nähert sich mit diesem Album klanglich schlicht noch etwas mehr dem sektenhaften Kunstkonzept von The Polyphonic Spree an. Klaas Tigchelaar
Mikroboy Leicht Chateau Lala / Broken Silence / VÖ 29.04.16
Mikroboy haben sich in Richtung Get Up Kids entwickelt und schließen damit endlich eine Leerstelle in der hiesigen Musiklandschaft. Lange musste man hierzulande auf ein Album wie »Leicht« warten. Deutlich länger als die fünf Jahre, die sich die Band um Frontmann Michi Ludes Zeit gelassen hat, um den Nachfolger ihres 2011er-Werkes »Eine Frage der Zeit« fertigzustellen. Der noisige Postpunk von Bands wie Isolation Berlin, Die Nerven oder Messer ist ja momentan das große Ding, völlig zu Recht. Dennoch blickt jeder in Momenten trunkener Melancholie gern mal ein Jahrzehnt zurück: Willkommen in der Hochphase des deutschsprachigen IndieRock emotionaler Färbung. Genau hier setzt das dritte Mikroboy-Album an: Get Up Kids’ geschulter Midwestern-Pop-Core, der in Intonation und textlicher Ausgestaltung natürlich immer noch an Kettcars Marcus Wiebusch erinnert, aber auch deutliche Assoziationen zu der leider oft in Vergessenheit geratenen Ruhrgebiets-Combo Astra Kid hervorruft, die sich 2005 auf dem Höhepunkt der IndieWelle aufgelöst hatte. Flächige Gitarren, nur noch angedeutete elektronische Nadelstiche, thematisch Liebe, Angst und offene Wunden verhandelnd. Pathos, du kannst mich mal. »Leicht« mag vielleicht etwas aus der Zeit gefallen wirken. Die Platte erinnert aber daran,
den vielfältigen Einfluss Mannheims. Ein bisschen Mut gehört natürlich dazu, sich auf diese Weise an ein Album zu wagen: Jeder Song könnte sowohl zischendes Feuerwerk als auch feinsinnig bedrückende AlltagsDystopie sein, im Klanggewand allenfalls lose getarnt. Mine macht deutschsprachige Musik, wie man sie möchte und selten bekommt. Experimentell, innovativ, mit Kloß im Hals und Herz in der Hand. Carlotta Eisele
Mine Das Ziel ist im Weg Pennywine / Soulfood
Wenn die Söhne Mannheims leider so gar nicht klargehen, müssen es eben die Töchter richten. Mine betreibt ganz viel Wiedergutmachung, obwohl ihr das Ziel im Weg zu stehen scheint. Mine und ich haben etwas gemeinsam. Leider ist es nicht die Fähigkeit, gefühlte 27 Musikinstrumente zu spielen. Wir haben nur beide in Mannheim studiert. Ob es an dem unglaublich vielfältigen Einfluss Mannheims auf sie liegt, dass ihre Stücke ausnahmslos wie kleine Tüfteleien mit Schicht auf Schicht auf Schicht klingen? Unwahrscheinlich, denn ansonsten wäre dieser Effekt schlicht mit Lichtgeschwindigkeit an mir vorbeigedüst, gespürt habe ich davon jedenfalls nada. Auf »Das Ziel ist im Weg« stellt sich allerdings mal wieder die Frage: Klingen englische Texte für Natives auch immer so schwurbelig? Ein bisschen zu vertrackt, ein Fitzelchen zu tiefsinnig? Bemühung oder bemüht – die Lyrik kann man bei Mine auch einfach hintanstellen. Ihre samtene Stimme und ein opulentes Klangbuffet inklusive E-Gitarrensolo wie bei der Single »Katzen«, charmante StraßenVibes wie bei »Hinterher« – Mine hat ihn offensichtlich ganz für sich allein gepachtet,
Gudrun Mittermeier Mitternach Motor / Edel
Wie Kate Bush auf Bayrisch klingen würde, zeigt Gudrun Mittermeier auf »Mitternach«: Jenseits von bajuwarischen Klischees stürzt sie sich in eine unheimliche Klanglandschaft voller Rausch, Rätsel und Risiko. Es ist durchaus ein Risiko, das Gudrun Mittermeier hier wagt, denn das Experiment, Dialekt mit Daughters seelenvollen sowie sehnsüchtigen Melodien zu verbinden, hätte auch als großer Witz enden können. Doch Bayrisch hat eben neben all seinen ComedyAspekten auch etwas Dunkles, Deutliches und Direktes, sodass die Sprache auf »Mitternach« einen irritierenden Kontrast zu den fast schwerelosen und zuweilen auch fröhlichen Melodien kreiert. Mittermeier singt dabei flüsternd sowie lautmalerisch und umgeht so die Grenze zum Kitsch – auch wenn manche
NOEL GALLAGHER’S HIGH FLYING BIRDS MANDO DIAO | BAND OF SKULLS
FRANK CARTER & THE RATTLESNAKES | ABBY | THE KING BLUES | TIM VANTOL SMILE AND BURN | PINS | TREETOP FLYERS | OTHERKIN | AND SPECIAL GUESTS T I C K E T S & I N F O : W W W. P U R E A N D C R A F T E D. C O M
#pureandcrafted
#Review Liedtitel wie »Mei Heaz« zunächst Schlimmes befürchten lassen. Sie tritt beherzt und sogar schwebend den Weg in ihre bayrische Heimat an und findet nach »Mitternach«, den Geburtsort ihrer verstorbenen Mutter. Ein Wort, das zunächst in die Irre führt, genauso wie viele weitere Songtitel Mittermeiers. Höhepunkt des Albums ist der unheilvolle Opener »Schwarz«, der auch ein würdiger Soundtrack zu einem modernen morbiden Heimatfilm sein könnte. Kerstin Kratochwill
Kevin Morby Singing Saw Dead Oceans / Cargo
Entspannter Retro-Folk mit schummrigem Grundton: Fans von Kurt Vile und den Woods dürfen Kevin Morbys Drittwerk nicht verschlafen. Bei den Psych-Folkern Woods (aktuell ebenfalls mit neuem Album unterwegs) hat er einst den Bass gezupft, zwischendurch mit The Babies zwei sträflich übersehene Schrammel-Platten rausgehauen, und nun legt Kevin Morby auch schon sein drittes Soloalbum vor. Es steht im Zeichen der singenden Säge. Ein etwas eigentümliches Instrument ist das ja schon, dieser Fuchsschwanz, der so behaglich wie bedrohlich aus dem Äther heult, wenn man ihn mit dem Geigenbogen streichelt. Aber der Titel erschließt sich, denn ganz ähnlich ist auch die Atmosphäre, die der Texaner hier einfängt.
Seine dicht orchestrierten Songs erheben sich auf im Kern klassisch amerikanischen Gitarrenvignetten, verneigen sich vor alten Helden wie Dylan und Reed, finden sich aber schließlich in enger Nachbarschaft eher introvertierter Retro-Folk-Acts wie Steve Gunn oder Kurt Vile wieder. Doch Morbys Songwriting ist direkter, pragmatischer, vor allem bluesiger. Und das ist am Ende eine durchaus einschneidende Erfahrung: »Singing Saw« ist ein schlaftrunkener, janusköpfiger Trip durch ein Americana-Wunderland von finsterer Schönheit. Joscha Kollascheck
Emilie Nana The Meeting Legacy Compost / Groove Attack / VÖ 06.05.16
Auf ihrem Debütalbum gleicht Emilie Nana krautige Elektronik mit allerlei DanceStilen ab. Was zunächst monoton wirkt, erhält nach und nach sanfte, vielfältig kreative Vibes. R’n’B, glaubst du? Denkste! Die in Genf lebende Französin Emilie Nana nähert sich auf ihrem Debütalbum »The Meeting Legacy« eher krautigem Electro an, unter allenfalls sanfter Berücksichtigung von House und souligem R’n’B. Ihren Club verlegt sie in die Matinee, so hell und freundlich klingt die Mehrzahl der elf Stücke. Songs wie der Closer »Inward Path« machen zudem deutlich, dass Nana auch Stereolab und Pram gehört und daraufhin ihre Synthies konfiguriert haben
muss. Anhängern ihres Labels Compost muss das zunächst ziemlich monoton vorkommen, tatsächlich liegt die Klasse von Nanas Produktionen aber wie so oft in den Zwischentönen sowohl der Sounds als auch der zugegebenermaßen nicht besonders rasanten Beats. Überhaupt ist »The Meeting Legacy« immer dann besonders gut, wenn Nana Kraut und Dance-Elemente mixt und damit ihre Stimmungen fein nuanciert, wie etwa im discoiden Opener »Off The Street« oder dem mit HipHop unterlegten »Tolstoy’ Changes«. Das zeugt von einer Kreativität, die Nana sehr smart und ohne jede Berücksichtigung von Moden einsetzt und das Album zu einem sehr angenehm zu hörenden Grower macht. Christian Steinbrink
aber leider nicht darüber hinweg, dass einem als Zecke anno 2016 offenbar immer noch nicht viel mehr als »No Border, No Nation« einfällt. Und so ist mit »Metropolis« wieder ein solches Selbstvergewisserungswerk, eine vertonte Gegendemonstration entstanden, mit welcher man allen, die es eh schon wissen, erzählt, wie beschissen es da draußen ist. Brennende Flüchtlingsheime, Tote an Europas Grenzen, Antisemitismus, irgendwas mit Antifa und immer wieder die eigene Flucht – in Hedonismus und Ironie. Doch dann auch wieder die Erkenntnis, das Eingestehen der eigenen Ohnmacht: »Nein, ich weiß, dass es nicht reicht, dass wir ab und zu ‘nen Song schreiben.« Das kann man dann einfach mal so stehen lassen. Paula Irmschler
Neonschwarz Metropolis
Ofrin Ore
Audiolith / Broken Silence / VÖ 06.05.16
Shitkatapult / Morr / Indigo / VÖ 06.05.16
Neonschwarz machen das derzeitige Elend konsumierbar und klingen mittlerweile eher nach FDGO als nach ACAB. Man denke sich das entsprechende Adorno-Zitat dazu. Schon seit 2010 spukt der Name Neonschwarz durch die linke Musikszene. Erst als Albumtitel von Johnny Mauser und Captain Gips, später, bereichert um Marie Curry und Spion Y, als Bandname. 2014 dann das Debüt »Fliegende Fische«. »Zeckenrap« nannte man das Phänomen damals, um sich moralisch und politisch von all den fiesen HipHop-Dudes abzugrenzen. Kann man machen, täuscht
Auf ihrem dritten Album macht die israelische Wahlberlinerin Ofri Brin aus der gezielt ungewöhnlichen Zusammenstellung bekannter Komponenten ein unheimliches Hörvergnügen. Darf man, wenn es knapp daneben klingt, den Uncanny-Valley-Effekt zu Rate ziehen? Als gäbe es echte und unechte Musik, und wenn die unechte knapp an der echten vorbeigeht, dann erzeugt es Unbehagen? Zumindest einen dem Uncanny Valley ähnlichen Effekt erzeugt Ofrin nämlich mit den meisten ihrer neuen Stücke. Sie erreicht dies, indem sie
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#Review wie auf ihren vorherigen Alben scheinbar Genrekonventionen des Synthie-Pop und TripHop einhält und dann aber immer wieder knapp daneben greift – mit voller Absicht, so wird schnell klar. Da gibt es Balladen mit lieblich dargebrachten Vocals (»Black Box«, »I’m Gone«), in die Synthie-Gejammer oder Gitarren-Geklampfe einbricht oder PowerPop mit arg nervösem Beat (»Best Request«, »Sisyphus«) und immer wieder aus dem Harmoniespektrum ausbrechendem Gesang. Eines dieser Dinge passt immer nicht zu den anderen, aber anstatt die Stücke auseinanderzureißen, führen eine gute Produktion – von T.Raumschmiere – und kompakte Songstrukturen dazu, die Aufmerksamkeit des Hörers jedes Mal neu zu reizen. Kann auch mal nerven, ist aber zuverlässig interessant. Henje Richter
Okta Logue Diamonds And Despair Virgin / Universal
Etwas wie Sonnenschein aus Griesheim: Der Psychedelic-Pop von Okta Logue strahlt auf dem dritten Album erstmals so etwas wie Zuversicht aus. Als höchst versierte Schönspieler waren Okta Logue aus dem hessischen Griesheim schon lange bekannt. Was ihnen aber neben dem für Psych-Popper nicht ungewöhnlichen Vergleich zu Genre-Ikonen wie Pink Floyd auch häufiger Doors-Gegenüberstellungen einbrachte, war die dezente Düsternis, die ihren hippiesken Mini-Epen anhaftete. Die ist zwar immer noch nicht ganz passé, aber auf »Diamonds And Despair« lässt die Band erstmals offensiver die Sonne durchblitzen: Spürbar konkreter in Songwriting und Style klingen die 14 neuen Stücke; neben friedlich verdrogten Gitarrenfiguren glänzen vor allem die trippy Melodien, die wie gemalt für einen sehnsuchtsvollen Tag im Spätsommer wirken und Arm in Arm mit dir durch das bereits ansatzweise gefärbte Blattwerk schauen. Songs wie »Heroes Of The Night« klingen durch den pointierten Einsatz von Synthesizern sogar ein bisschen fuzzy, was der dramaturgischen Leichtfüßigkeit von »Diamonds And Despair« äußerst gut steht. Das Öffnen der Strukturen hin zu einnehmend sensitivem Pop-Appeal dürfte Okta Logue auch Skeptikern und Genre-Gegnern nahebringen. Kristof Beuthner
streut reichlich kernige Riffs ein und erlaubt sich nur selten Besonnenheit. Van der Spek weiß seine markante Stimme mit dem, was sein Equipment an Sound hergibt, zu einem gerundeten Ganzen zusammenzufügen. Das Endprodukt offenbart ihn als Bastler mit Hang zu melodiösem 1990er-Britrock und leichten Shoegaze-Kleidchen, Verzerrern en masse, viel Hall und dem einen oder anderen gewagten Synthie-Fill. Dass Produzent Chris Woodhouse (Ty Segall, Wild Flag) seine Finger im Spiel hatte, hört man auch deutlich. So kreativ van der Spek die Möglichkeiten auch anging, sie sind dennoch endlich: Einige Sounds erkennt man öfter, als einem lieb ist – ein Novum für das Genre ist das Album nicht. Dass er sein Terrain aber souverän erschlossen hat, kann man Prism Tats durchaus zugutehalten. Kira Schneider
Masha Qrella Keys Morr / Indigo
Masha Qrella verbindet glitzernde Introspektion mit gelockertem Hüftschwung und beschreibt Melancholie mit mehr Leichtigkeit als auf ihren früheren Alben. Das konsequente Weitergehen eines eingeschlagenen Weges oder alternativ auch das Verfolgen einer begonnenen Entwicklung sind No-Go-Floskeln des Musikjournalismus. Zwar ist es auch blöd, davon zu schreiben, dass die Floskel ausnahmsweise mal der Wahrheit entspricht, aber dann schreib ich halt was Blödes. Sofern man Masha Qrella noch von Mina, Contriva oder ihren ersten Soloalben vor 14 und elf Jahren kennt, ist offensichtlich, dass ihre wirklich schöne Stimme bis heute immer mehr in den Vordergrund getreten ist und das Verwaschene und die flächigen Texturen immer klareren Sounds und Gesangslinien gewichen sind. Auch die Beats scheinen immer gerader und damit tanzbarer zu werden. Und selbst die Melancholie erscheint unmittelbarer, greifbarer. Das ist natürlich ein Pop-Entwurf, der mehr Vordergrund, mehr Glanz, mehr Catchiness bedeutet. Eine Gegenposition stellen die Texte zum Leben zwischen Lieblosigkeit und Zeitgeist dar, unterstützt von Baustellenlärm hier und Distortion da. Dass die Revolution tanzbar ist, heißt noch lange nicht, dass sie auch einfach zu verfilmen wäre. Masha Qrella weiß das und schafft mit »Keys« einen Soundtrack zu den ersten richtig warmen Regentagen dieses Jahres. Claudius Grigat
VÖ: 29. April 2016
Prism Tats Prism Tats Anti- / Indigo
METAL HAMMER SOUNDCHECK PLATZ 1 ROCK HARD SOUNDCHECK PLATZ 2
„Irre! Long Distance Calling in absoluter Bestform!“ - Boris Kaiser (Rock Hard) Auch erhältlich als Limited Edition Media-Book (inkl. Bonus Track) und als 180gr Gatefold 2LP Vinyl Edition (inkl. Ätzung auf Seite D und dem Album auf CD)
Auf Tour im April und Mai 2016! www.insideoutmusic.com
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Der Garage-Rock auf dem Prism-TatsDebütalbum mag nicht bahnbrechend sein, dafür macht er aber durchweg Spaß. Eine Gitarre, ein Drum-Computer und der eine oder andere Synthesizer – mehr braucht der gebürtige Südafrikaner Garett van der Spek für seine motivierte One-ManBand Prism Tats nicht. Inspiriert von den viel zitierten Klassikern des Rock’n’Roll, schrieb er die Songs nach seiner Auswanderung in die USA und machte seine Eindrücke von dem gelobten Land zu den maßgeblichen Ideenquellen. Die Platte klingt dementsprechend schwungvoll und verheißt Abenteuer,
Ritornell If Nine Was Eight Karaoke Kalk / Indigo / VÖ 29.04.16
Sekundenweise durchbrechen Ritornell ihre jazzige Abstraktion auf dem dritten Album für die Anmutungen des Pop – höchst verwirrend, aber auch höchst anregend. Dieser Grat war schmal: Während der zehn Songs auf Ritornells »If Nine Was Eight« fragt man sich immer wieder, ob das Duo jetzt tatsächlich alle Grenzen hin zu betulichem Wohlfühl-Jazz abgebrochen habe. Immer wieder geschieht für Momente das
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MASCHINENRAUM MIT PHILIP FASSING
Depressive Suicidal Black Pop? Synthetische Astronauten? Keine Sorge, hier geht es weiter um elektronische Musik. Und die kommt diesen Monat in allen Farben und Formen.
Gut fünf Jahre ist es her, dass Sepalcure mit ihrem unbetitelten Debütalbum einen modernen Klassiker für das schufen, was im besten SoundCloud-Jargon nach wie vor nur sehr vage mit Begriffen wie UK-Bass oder FutureGarage umrissen wird. Für »Folding Time« (Hotflush) haben sie diese interdisziplinäre Formel glücklicherweise kaum angerührt und demonstrieren einmal mehr, wie sich die Grauzone zwischen Deep House, Ambient und UKGarage auf Albumlänge mit Leben füllen lässt, ohne sich dabei stilistisch allzu weit aus dem Fenster zu lehnen. Mit ihrer bis zur Schmerzgrenze exponierten Digital-Ästhetik und maximal vertrackten Arrangement-Techniken stießen WWWINGS ihren Hörern bereits im vergangenen Jahr vor den Kopf. Mit »Meta« (Infinite Machine) ändert sich daran nur wenig, schließlich bezeichnet das Trio seine düsteren Klangexperimente nicht umsonst als »Depressive Suicidal Black Pop«. Den virtuellen Verzerrer stets auf Anschlag hochgerissen, zerschellen auf Titeln wie »Glacier« oder »Affliction« immer wieder höchst bedrückende Melodiefragmente an messerscharfen MIDI-Breaks und beunruhigenden Bass-Frequenzen. Finster. Christopher Rau gehört normalerweise zum festen Inventar des Hamburger Labels Smallville, fügt sich mit seiner jüngsten unbetitelten EP allerdings auch hervorragend in das beseelte Schaffen von Money $ex Records ein. Die sechs neuen Titel fallen im Vergleich zu seinen Alben weitaus sperriger und obskurer aus, ohne sich gänzlich des detailverliebten und melodischen Charmes zu entledigen, der die Veröffentlichungen des Hamburgers für gewöhnlich auszeichnet. Fast zehn Minuten Spieldauer, Jeppe Kjellberg von WhoMadeWho am Mikrofon und Sophie Trudeau (Godspeed You! Black Emperor) an den Streichern. Klingt ziemlich überladen, nicht? Ist es tatsächlich auch, trotzdem entwickelt die neue Single von Manfredi Romano alias DJ Tennis namens »Divisions« (Life And Death) einen schwer hypnotischen Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann. Postrock trifft eben nicht alle Tage auf Techno, und viel besser kann man diese unwahrscheinliche Liaison wohl kaum inszenieren. »Chirality«, der zweite Titel der A-Seite, muss sich davor dann auch nicht verstecken – genauso wenig wie die Interpretationen von Plaid und Roman Flügel.
Man könnte an dieser Stelle so tun, als würde man die fiktive Hintergrundgeschichte um einen synthetischen Astronauten verstehen, die Com Truise mit »Galactic Melt« vor etwa fünf Jahren lostrat. Das wäre allerdings glatt gelogen. Widmen wir uns also lieber der musikalischen Seite von »Silicon Tare« (Ghostly International), dem jüngsten Puzzle-Teil dieses verschwurbelten Science-Fiction-Epos’. Das
ist nämlich nach wie vor galaktischer Funk der Extraklasse, oder besser: interstellarer Synthie-Pop aus einem retrofuturistischen Paralleluniversum. Würde Science-Fiction doch nur immer so gut klingen.
Andy Graham alias Sei A hat sein nunmehr drittes Album veröffentlicht und nimmt sich darauf so viele Freiheiten wie noch nie raus. Sind die Vorgängerwerke noch über weite Strecken einer gewissen Funktionalität verpflichtet, schlägt der Schotte mit »Space In Your Mind« (Aus) durchweg unkonventionelle Wege ein, auf denen die klare 4/4-Taktung nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Das lässt Raum für Versuchsanordnungen, die einzig und allein dem Songwriting Rechenschaft schuldig sind und sich trotz verschlungener Pfade immer wieder zu ganz besonderen Momenten erheben.
Label-Compilations sind eigentlich nur in seltenen Fällen wirklich reizvoll. Als Fan eines Imprints ist man mit dem in solchen Kontexten neu sortierten Material meist ohnehin schon vertraut, etwaige Exklusivitäten bilden dagegen eher die Ausnahme – oder allenfalls einen netten Bonus. Die »Selected Label Works« von Permanent Vacation lassen sich trotzdem immer fast uneingeschränkt empfehlen, ganz einfach, weil das Münchener Label über einen fantastischen Katalog verfügt, der in jeder Konstellation überzeugen kann. So auch mit dem fünften Teil der alljährlichen Werkschau, die unter anderem Titel von Lake People, Mano Le Tough und Lauer versammelt.
Um Martin Stimming ist es derweil ein wenig ruhiger geworden. Der einst recht hohe Output des Hamburgers beschränkt sich inzwischen auf ausgewählte Veröffentlichungen, die dafür umso mehr Liebe zum Detail pflegen. Mit »Alpe Lusia« (Diynamic) verdichtet der DJ und Produzent diesen Sinn für Textur und Dramaturgie einmal mehr auf Albumlänge, ohne auch nur ansatzweise effektheischenden Gimmicks zu erliegen. Stimming wickelt hier um die gewohnt sanft pulsierenden Rhythmen stimmungsvolle Melodie-Miniaturen, die dem Hörer eher wie ein kühler Luftzug in die Ärmel kriechen, statt sich auf die übliche Art und Weise zu eröffnen.
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#Review
Ein Dokumentarfilm von
TILL HARMS
Die Prüfung „Das ist ein echter, noch dazu sehr unterhaltsamer Coup.“ Der Tagesspiegel „Die Prüfung wirft einen intimen Blick hinter die Kulissen der Schauspielschule und eine ungewöhnliche Sicht auf den Traumberuf Schauspieler.“ zdf/heute.de
Unwahrscheinliche, und man findet sich in der Jazzkantine wieder – natürlich auf allerhöchstem technischen Niveau. Doch die Unsicherheit, die diese immer wieder nach Sekunden in Richtung Abstraktion umschwenkenden Passagen begleitet, macht auch die Klasse des Albums der beiden Wiener Könner Richard Eigner und Roman Gerold und der sie unterstützenden zahlreichen Szene-Protagonisten aus. Im Herzen sind sie Jazzer und Sound-Forscher, aber sie balancieren hier mit den Versprechungen und Illusionen des Pop. Die Basis bilden auf Symphoniker-Niveau gespielte Percussion-Instrumente, dazu Piano und ein paar Holz- und Blechbläser – alles sehr pointiert, stark akzentuiert und gedankenvoll komponiert. Einige wenige VocalTracks dehnen die Forschung in Richtung Swing aus und sind doch so souverän gut, dass sie für sich genommen den Pop auch ganz ohne Hintergedanken bereichern könnten. Aber diese Hintergedanken sind eben da und offenbaren die stete Potenz einer Szene, die nicht nur mit ihren Eckpfeilern wie dem Label Valeot oder den Thrill-Jockey-Artists Radian schon viel Gutes für freien Jazz und Neue Musik getan hat. Christian Steinbrink
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o Ry X Dawn Infectious / Coop / PIAS / Rough Trade / VÖ 06.05.16
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Erster Gedanke: Bon Iver. Zweiter: schöner Folk mit Pop- und Electronica-Einwürfen. Und im weiteren Verlauf wird das SoloDebütalbum des Australiers Ry X immer vielfältiger. An »Only«, der ersten Single von »Dawn«, gab es in diesem Frühjahr kein Vorbeikommen. Wie auch? Wenn Bon Iver sich lieber 11.04.16 13:23 in abseitige Bandprojekte verkriechen oder Festivals organisieren, statt neue Musik zu machen, dann nehmen Schmerzensmänner und Waldschrate auf der Suche nach dem richtigen Soundtrack für ihre Flucht aus dem Urbanen in das Umland, was sie kriegen können. Tatsächlich erinnern Stücke wie »Only« oder »Hold Me Love« mit ihrem Falsettgesang und gefühligen, aus allerlei Gitarrengriffen, Klavierakkorden und SynthieSpielereien zusammengesetzten Flächen bisweilen doch sehr an den emotionsgeladenen Einsiedler-Folk von Justin Vernon. Bisweilen. Auf »Deliverance« dagegen geht der Elektroniker mit Ry X durch, es kuscheln sich dumpfe Kaskaden aus Kickdrums und Claps unter die akustischen Intimitäten, und man tauscht die Blockhütte von eben gegen den Bollerclub. Nur der Rausschmeißer »Lean« mit anschwellendem Postrock-Bombast hätte nicht sein müssen. Ansonsten ist »Drawn« ein atmosphärisches Folk-Album mit Pop- und Electronica-Einwürfen. Jan Wehn
Die Erkenntnis, mit Musik Geld verdienen zu können, erlangte Sam Baker alias Samiyam in einem Detroiter Striptease-Club: Zwischen Pole-Dance-Stange und Buffet sprach ein Fan Baker nach einem Gig an und legte ihm nahe, die ganze Sache mit der Musik etwas ernster zu nehmen. Baker folgte dem Rat, kündigte seine Stelle als Hausmeister, zog nach Los Angeles und wurde Teil der StonesThrow-Familie. Mit »Animals Have Feelings« erscheint nun Samiyams viertes Album, dessen Resultat zwischen J Dillas »Donuts« und Madlibs »Beat Konducta«-Reihe zu verorten ist. Inspiriert von G-Funk-, Dub- und SurfSound-Samples, hat der Flying-Lotus-Buddy eine klassische Instrumental-Platte erschaffen, die an den Westküsten-Sound der 1990er erinnert. Trotz der Fokussierung auf Instrumentals haben es auch drei Rap-Tracks auf das Album geschafft: Earl Sweatshirt, Action Bronson und Jeremiah rappen über Samiyams Beats. Insgesamt eine gelungene Produktion, der durch den Instrumental-Fokus leider größere Beachtung verwehrt bleiben wird. Tipp für die nächste LP: Mo’ features, mo’ success! Nils Herrmann
Schreng Schreng & La La Echtholzstandby Rookie / Cargo
Vorschusslorbeeren schon mal für Bandname, Albumtitel und Artwork dieses zweiten Albums. Ansonsten machen Schreng Schreng & La La aber auch alles richtig. Schreng Schreng & La La tun so viele Dinge, die eigentlich nerven: alternde Punktypen auf einem Akustiktrip sein, überhaupt Liedermacher, Kleinkünstler-Lyrics droppen, moralisierendes Anti-Arschloch-Video mit Halbpromis drehen, Generationen generalisierende Themen abhandeln, graffitiwürdige Zeilen spreaden und immer so halbe Kapitalismuskritik dazwischenschieben. Was das Duo, bestehend aus Jörkk (bekannt von Love A) und Lasse (auch bekannt), von all den anderen sozialdemokratischen Musikern unterscheidet, ist einfach: Sie machen es gut, nehmen sich nicht allzu ernst, und es macht Freude, ihnen zuzuhören. Selbst Schmalzzeilen wie »Weil das Leben eben so ist. Weil der Gipfel dich niemals vermisst« (»Nie mehr nach dir gesucht«) oder »... dass sowohl Google als auch Gott uns kann, weil alles echt ist, was wir schwör’n« (»Dschungelkoffer«) klingen aus der Feder von Schreng Schreng & La La so ernst gemeint, so klar und direkt, dass man ihnen nur glauben kann. Wenn ihr demnächst ein paar Graffiti in eurer Stadt mit Lyrics von »Echtholzstandby« seht, dann wisst ihr wohl, wer es war (ich). Paula Irmschler
Samiyam Animals Have Feelings
Edward Sharpe & The Magnetic Zeros Person A
Stones Throw / Groove Attack
Community / Rough Trade
Der Beat-Tüftler Samiyam sampelt sich auf seiner neuen LP durch die Vinyl-Historie: instrumentaler HipHop mit WestcoastVibe für Beat-Nerds.
Weg vom Personenkult, hin zur Gemeinschaft. Was prinzipiell zu begrüßen wäre, gelingt den Hippie-Folkern Magnetic Zeros mit Edward Sharpe nur mittelmäßig.
#Review Auf dem Cover von »Person A« ist das »Edward Sharpe And« mit rotem Filzstift durchgestrichen. Was bleibt, sind »The Magnetic Zeros«. Magnetische Anziehungsoder Abstoßungseffekte werden üblicherweise mit + und – gekennzeichnet. Eine Null dagegen ist das absolute Mittelmaß, keinerlei Ausschlag in irgendeine Richtung. Dass die Hippie-Kommune um Sänger Alex Ebert die Gemeinschaft in den Vordergrund stellt und für »Person A« erstmals ausschließlich kollektiv am Album geschraubt hat, passt da ins Konzept. Nach dem Abgang von Sängerin Jade Castrina, deren Bedeutung für die Magnetic Zeros jetzt erst richtig deutlich wird, soll keiner mehr herausstechen, alle sind gleichgeschaltet. Leider trifft das auch auf den Inhalt des Albums zu. Manches ist inspirierter (»Hot Coals«, »Let It Down«) als anderes (»Uncomfortable«, »Free Stuff«), zusammengenommen entsteht eine große Folk-Pop-Null. Nicht die null Punkte vom »ESC« oder in den üblichen MusikkritikerBewertungsskalen, sondern eine Null, die am Ende eines mühseligen Ausgleichprozesses steht. »Person A« ist weder anziehend noch abstoßend, das Album ist einfach nur da. Marius Wurth
Travis Everything At Once Red Telephone Box / Caroline / Universal
»Everything At Once« ist selten ein Erfolgsrezept: Eine der wichtigsten Britpop-Bands der 1990er verwaltet ihr Erbe zu blutarm.
Es gibt wohl kaum Zweifel daran, dass Fran Healy einige der schönsten BritpopHits ever geschrieben hat: »Sing«, »Side«, natürlich »Why Does It Always Rain On Me«. Dass Travis sich nichts mehr beweisen müssen, ist also klar; dass die Schotten auch gar nicht den Anspruch zu haben scheinen, bleibt schade. Nach dem schon sehr mediokren letzten Album »Where We Stand« klingt »Everything At Once« nun mit Synthies und schimmernden Gitarren zwar spürbar frischer und beschwingter, leider aber auch erneut zu altersmilde, zu süßlich, zu poppig. Das liegt vor allem daran, dass das Songwriting sich nicht entscheiden kann, ob es alte Stärken reintensivieren oder straight ins Formatradio will. Der Titel ist Programm: Alles auf einmal geht eben selten gut. Dass Fran Healy es noch kann, beweist die Single »3 Miles High«, die den bekannten Mix aus bittersüßer Melancholie und strahlender Melodieseligkeit in voller Pracht präsentiert. Ohne übersteigerte Nostalgie: Beim Rest bleibt das schale Gefühl, dass einem eine ehemalige Herzensangelegenheit langsam, aber sicher immer gleichgültiger wird. Kristof Beuthner
Suuns Hold/Still Secretly Canadian / Cargo
Suuns fordern Disziplin. Wer sich ihre Aufforderung zu Herzen nimmt, wird mit einem verschrobenen Mix aus Geräuschen, Beats, Harmonien und Krach belohnt.
Stillhalten erfordert Selbstdisziplin. Eine Kollegin von Sänger Ben Shemie musste oder durfte vier Minuten Belichtungszeit überstehen, um das schemenhaft-düstere Coverfoto entstehen zu lassen – per Lochkamera. Auch die Musik auf »Hold/Still« erfordert einiges an Selbstdisziplin: Das dritte Suuns-Album schmiegt sich nicht gerade an die Gehörgänge, vielmehr oszillieren die Kanadier zwischen disharmonischem Wohlklang und furchterregendem Geräusch-Gebräu. Insofern ist das Album das musikalische Äquivalent zu dem Moment im Horrorfilm, wenn das Opfer die Gefahr realisiert und ansetzt, das Heil in der Flucht zu suchen. Davonlaufen sollte man vor »Hold/Still« aber nicht, denn das großartige Electronica-Art-Postrock-Amalgam erzählt einmal mehr dystopische Geschichten und erforscht menschliche Abgründe. Quasi Death Grips ohne überdrehte HipHop-Beats oder Swans in elektronisch. Wer die düstere und härtere erste Hälfte durchgestanden hat, wird in der zweiten mit ein paar Harmonien und ruhigeren Passagen belohnt. Stillhalten lohnt sich. Und »Hold/Still« lohnt sich auch. Marius Wurth
Emily Jane White They Moved In Shadow All Together Talitres / Rough Trade / VÖ 29.04.16
Und wieder enttäuscht sie nicht: Spätestens nach diesem Dream-Pop-Album
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hat sich Emily Jane White den Beinamen »Konstanz« verdient. Vier starke Alben hat die Songwriterin aus Kalifornien bereits veröffentlicht und ist dabei trotz aller Konstanz nie auf der Stelle getreten. Langsam entledigte sie sich im Laufe der Jahre ihrer Blues-Ansätze und tauschte immer häufiger die Gitarre gegen ein Piano. Im Stadium von »They Moved In Shadow All Together« ist das Zwischenergebnis dieser sanften Metamorphose ein perfekt inszenierter Dream-Pop mit Cello-Begleitung, den man auch Daughter zuordnen könnte. Nur stellenweise vermisst man die Spannung und Abwechslung ihrer früheren Werke, die nun einem homogeneren Sound gewichen sind. Die Texte kreisen um Traumata und deren Auswirkungen auf die menschliche Psyche und das kollektive Bewusstsein. In der Theorie klingt das zunächst nach schwerer Kost, im Gewand der geisterhaft fragilen Songs, in denen sie über persönliche Erfahrungen und das Heranwachsen (»Rupturing«) oder Rassismus (»Black Dove«) singt, wird das Konzept jedoch voller Leichtigkeit präsentiert. Auf Emily Jane »Konstanz« White ist einfach immer wieder Verlass. Sebastian Jegorow
Slow Steve Adventures Morr / Indigo / VÖ 06.05.16
Auf leisen Socken spielt sich Slow Steve in die Indie-Herzen seiner Zuhörer. Auf seinem Debüt hat er Rausch und
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Faber · Parcels · Giant Rooks · Play
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#Review holprige Jams gegen charmante Sounds und sonnige Pop-Gitarren getauscht. Slow Steve – ein Mann, so bunt wie seine Socken (wer seinen Unten-ohne-Auftritt im Kölner Klub Genau vor so ziemlich genau einem Jahr gesehen hat, kann das bestätigen). Ähnlich barfuß und bunt kommt nicht nur das Cover seines Debüts daher, sondern auch dessen Sound: krautrockig, weird, DIY, sympathisch. Dass der mittlerweile in Berlin ansässige Franzose Ex-Mitglied der DreamSynthie-Formation Fenster ist, hört man »Adventures« noch immer an. Nur hat Slow Steve den für Fenster typischen Sound ein ordentliches Stück in Richtung Beat, Klackern und Geblubber gestupst und ihm ein paar sonnig-poppige Songstrukturen übergestülpt. Statt auf Weed- und Whiskey-getränkte Jams konzentriert er sich auf stringenteres Songwriting, die Instrumente spielt er fast alle selbst ein. Auch textlich verhält sich Steve auf »Adventures« alles andere als slow. Von Science-Fiction à la Jules Verne bis zu Indiana Jones auf dem Meeresgrund verwurstet er so ziemlich alles, was auch nur ansatzweise unter den Begriff Abenteuer fallen könnte. Ergo: »Adventures« wird niemals langweilig, klingt aber dank der leicht verschwommenen Lo-Fi-Attitüde auch nie überladen. Nächster Halt: Zehensocken, Jack Wolfskin und die ganz große Bühne!? Bitte nicht! Senta Best
Sophia As We Make Our Way (Unknown Harbours) Flowershop / Edel
LIIMA
IS TROPICAL
PETER BJÖRN JOHN FAT WHITE FAMILY neustrelitz immergutrocken.de
Glück ist der Zunder allen Kummers. Umso brennender die Frage nach verflixten sieben Jahren Release-Pause: Konnte Robin Proper-Sheppard aus seiner Haut? Die Antwort: Nein, konnte er nicht. Alles andere wäre aber auch nicht tragbar gewesen. Was tun, wenn einen die eigenen Songs so dermaßen zerfleischen, dass einen jeder Konzertabend erneut an den Rand des Zusammenbruchs bringt? Ganz einfach: Man lässt den Schwachsinn sein und hält sich an die Hoffnung. Sucht sich ein neues Zuhause in der Ferne. Gibt ein paar Wohnzimmerkonzerte. Vermeidet Trennungstraumata. Und wenn sieben Jahre ins Land gezogen sind, klatscht man einen fetten goldenen Anker mitten auf das Cover seiner neuen CD, als Zeichen der Zuversicht und des guten Willens mit sich selbst? Ganz offenbar. Robin ProperSheppard, seines Zeichens gefühlsechter Gitarrengrübler mit unbefristeter Schwerenöter-Lizenz, hat mit Sophia Platten gemacht, die man niemals auflegen sollte, wenn man sich Traurigkeit gerade nicht leisten kann. Musik also, die buchstäblich zum Hören zu schade ist. Und da soll jetzt »As We Make Our Way (Unknown Harbours)« den Umbruch einläuten? Allen akademischen SounddesignWorkshops zum Trotz: Ganz so einfach ist es nicht. Der Phantomschmerz alter Fehler, die brutal zerstreuten Erlösungssehnsüchte – sie mögen einen nicht mehr so anspringen wie einst, glänzen aber immer noch schillernd genug mit dem Silberstreif um die Wette, um einen vor dem Plattenteller einknicken – pardon: den Kniefall üben – zu lassen. Und für schwierige Fälle ist auch weiterhin diese eine, für Sophia typische verzagte Akustiknummer beigelegt, die bisher noch jedes Hochgefühl kleingekriegt hat. In diesem Sinne: Wasser marsch! Valentin Erning
Spookyland Beauty Already Beautiful PIAS / Rough Trade / VÖ 06.05.16
Das Quartett aus Sydney macht konventionellen Alternative-Rock, der die Neugier auf Indie-Bands aus Australien nicht gerade anregt. Die Selbstbeschimpfung als »Rock And Roll Weakling« – also Rock’n’Roll-Schwächling – in einem früheren Songtitel passt gut zum durchweg weinerlichen Sound der Alternative-Rocker Spookyland. Im Mittelpunkt steht Frontmann Marcus Gordon, dessen exaltierte Performance das Aushängeschild der Band ist. Nach seiner Solokarriere schien es ihm besser zu gefallen, drei Musiker mit ins Boot zu holen. Dafür, dass der Band ein Bruderpaar angehört, von denen einer ausgerechnet Liam heißt, benehmen sich die Gordon-Brüder bisher ordentlich. Allerdings ist das Ergebnis trotz personeller Verstärkung nicht besser geworden. Leider ist es unmöglich, das sowieso schon ziellose Gitarren-Geschrammel, in dem man keine guten Songstrukturen zu erkennen vermag, vom penetrant quengeligen Gesang Marcus Gordons zu trennen. Viele Hörer werden die CD allein schon deshalb beim ersten Lied ausschalten. Auf »Nowhereland« klingt er wie ein schlimmer Dylan-Epigone. Nur bei ruhigeren Songs stört sein Gesang weniger, wie das erträgliche sechsminütige »Bulimic« beweist. Darin singt Gordon eine Spur zu selbstergriffen von Selbstzweifeln und Bodyshaming: »Darling, you ought to start ruling yourself.« Eine schnelle Flucht aus diesem Gruselland empfiehlt sich. Annette Walter
Ben Watt Fever Dream Caroline / Universal
Nachdem Ben Watt sich für sein zweites Album 31 Jahre Zeit genommen hatte, sind es für das dritte nur zwei. »Fever Dream« ist eine in sich ruhende und dennoch abwechslungsreiche Platte geworden. Ben Watt ist einer der ungewöhnlichsten Wiederkehrer der Popmusik. Nach dem Erscheinen seines Debüts »North Marine Drive« 1983 ließ er sich mehr als 30 Jahre Zeit, um 2014 mit »Hendra« ein gefeiertes Comeback zu geben, das den Independent Music Award in der Kategorie »Difficult Second Album« einstreichen konnte. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass Ben Watt während seiner Pause mit dem Pop-Duo Everything But The Girl zu Weltruhm aufstieg, dem Electro-Label Buzzin’ Fly vorstand, sich als Moderator bei BBC 6 versuchte und mit »Romany And Tom« (einem Buch über sein Elternhaus) einen veritablen Roman-Erfolg landete. Auf »Fever Dream« gibt es nun ein Wiedersehen mit einem anderen zeitweiligen Pop-Exilanten: Bernard Butler (Ex-Suede) steuert auf dem dritten Soloalbum des Briten die Gitarren-Parts bei, und Melissa Nadler singt gemeinsam mit Watt das traurige IrishFolk-Schlussstück »New Years Of Grace«. Im Gegensatz zum Vorgänger, auf dem vor allem ein an die Dire Straits erinnerndes Midtempo
dominierte, ist »Fever Dream« abwechslungsreicher und hat von Feedback-Passagen über Grand-Piano-Songs bis hin zu Bossanova einiges anzubieten. Dabei scheint Watt bei sich angekommen: Er hat die ihm eigene Lässigkeit mit einer Dosis Melancholie kombiniert und klingt so überzeugend wie nie. Kai Wichelmann
Se Delan Drifter Kscope / Edel / VÖ 29.04.16
Crippled-Black-Phoenix-Oberster Justin Greaves und seine Stammgästin Belinda Kordic sind Se Delan. Das Dokument ihres zweiten kreativen Schäferstündchens steckt voller geisterhafter Narration, gekleidet in dunstverhangene Melodien. Se Delan, das Duo mit dem undurchdringbaren Namen, hat ein neues Album gemacht, über das es nicht allzu viel zu schreiben und offensichtlich auch eher wenig zu erzählen gibt. Inspiriert von Musik, Filmen und dem Leben (gähn!) und in trockener Bezugnahme auf die wilde Grenze zum Wahnsinn nebst irgendwas mit Katzen (oha!), unterziehen Crippled-Black-Phoenix-Vordenker Justin Greaves und seine Partnerin Belinda Kordic den New Wave einer eisgekühlten Frischzellenkur. Bis auf eine Ausnahme lassen sie dabei artig die Airplay-Vier vorm Komma stehen. Wie die Sängerin sich durch das Album haucht und säuselt, dürfte aber allein schon deshalb verunsichernd auf Gelegenheitshörer wirken, weil man kaum ein Wort versteht. Was nicht zuletzt wegen der angedeuteten Katzen-Referenzen verdammt schade ist. Allerdings: In »She’s Wild« wird tatsächlich mit ausgefahrenen Krallen Kurs auf die Gothic-Disko genommen. Eine zugegebenermaßen etwas plakative Visitenkarte für dieses respektable zweite Album, das in seinen schwächeren Momenten etwas beliebig wirkt, zu seinen Hochphasen aber eine geradezu gespenstisch berauschende Wirkung entfaltet. Dass sich hier zwei gefunden haben, ist kaum zu überhören. Und wer weiß, vielleicht vermag »Drifter« ja auch die eine oder den anderen auf samtenen Pfoten in Richtung CBP-Diskografie lenken. Allein das wäre den Aufwand wert. Valentin Erning
White Lung Paradise Domino / GoodToGo / VÖ 06.05.16
Aufwühlend, krampflösend, intelligent: Mit ihrem neuen Album »Paradise« bauen White Lung den Vorsprung auf die Langweiler ihrer Zunft weiter aus. In einer Punk-Welt, in der Querdenken als Quertreiberei missverstanden und Weiterentwicklung als Affront aufgefasst wird, will Mish Barber-Way nicht leben. Drum bastelt sie sich mit ihrer Band White Lung einmal mehr eine eigene, bessere. Das fängt beim hyperaktiv collagierten Artwork an, setzt sich im hektischen, darum aber nicht weniger akkuraten Schrammel-Sound fort und gipfelt in herrlich bissiger Lyrik. Nach wie vor fühlt sich die Sängerin am wohlsten, wenn das instrumentale
Laufband ihren Atem fordert. Nur: Wo sonst das Schlagzeug alles Übrige durch die Songs schleift wie ein Hochzeitsauto die Blechdosen über das Kirchplatz-Kopfsteinpflaster, hat jetzt auch eine Nuance liedermacherische Besonnenheit Einzug gehalten. Sie tritt in einer ganzen Reihe offenherziger Pop-Momente zum Vorschein, die sich zwischen den launischen Riff-Fetzen eingenistet haben. Die Leadsingle »Hungry« etwa ist überraschend groovy, das klinische »Below« wohl das, was White Lung als Quotenballade einreichen könnten, doch allerspätestens »I Beg You« schafft den Stich ins Wespennest, der verbleibende Zweifel ausräumt: White Lung haben noch längst nicht alles gesagt. Sie holen gerade erst Luft; nur eben eine Spur genüsslicher. Solange sie dabei nicht auch noch gemütlich werden, zeigt das Spirometer weiter steil nach oben. Valentin Erning
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Small Talk? Keineswegs. Benjamin Dean Wilson ist ein cleverer, wortgewaltiger Singer/Songwriter, dessen Lyrik von einem spritzigen Scharfsinn gekennzeichnet ist. Benjamin Dean Wilson hat sein Debüt in seinem Heimstudio aufgenommen. Hier etablierte der US-Musiker ein transparentes Sounddesign, das von einem locker gleitenden Vibe beherrscht wird, der leichtfüßig und unangestrengt wirkt. Das tolle Songwriting changiert zwischen pointierten Passagen und Ausschweifungen, Letzteres gerade in den prosaischen Texten, die kaum darum bemüht sind, auf den Punkt zu kommen. Wilson nimmt sich viel Zeit, um seine Storys auszuerzählen. Dazu passt, dass er fast vollständig auf Refrains verzichtet. Das empfindet man allerdings an keiner Stelle als Manko, schließlich besitzen Wilsons Worte einen spritzigen Scharfsinn, dem man im Rahmen von Popmusik selten begegnet. Von den Widersprüchen des Lebens gezeichnete Figuren mit gebrochener Biografie bilden das Inventar vieler seiner Geschichten. In »Sadie & The Fat Man« hadert der Protagonist mit dem Altern sowie der falschen Heiratsentscheidung. Auch wenn die Musik Folk-Tendenzen aufweist, schreibt Wilson keine MessageSongs. Die Lieder thematisieren eine Generation, die nach Individualität strebt, aufgrund der festen Verwurzelung in Popkultur aber in Konformität und Unterschiedslosigkeit endet. Wilsons Ansatz ist dabei von einer satirisch distanzierten Lakonie geprägt, in die sich aber immer auch Empathie für sein Figurenpersonal mischt. Obwohl die Texte viel Aufmerksamkeit beanspruchen, dominieren sie die Musik an keiner Stelle. Die hintergründige Qualität des Songwritings wird durch Arrangements bereichert, die in den richtigen Momenten, etwa durch ein dezentes Piano-Motiv, markante Akzente setzen. Benjamin Dean Wilson sollte gehört werden. Mario Lasar
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ABBY KEØMA
uvm.
Samstag, 18. Juni 2016
www.atthebsites.com
Jugendpark Köln
120
#Intro empfiehlt
Einar Stray Orchestra
Lola Marsh
Jain
Jack Garratt
Mit dem zarten, konturierten Folk seines kleinen Orchesters hat sich der Norweger Einar Stray längst in die Herzen der europäischen Indie-Gemeinde gespielt. Seine ergreifend sinnlichen Shows finden Tour für Tour mehr Liebhaber.
Für Gil Landau und Yael Shoshana war das letzte Jahr ein aufregendes. Gerade hatten sie für ein paar Festivals ihre Heimat Tel Aviv verlassen, da ging es schon mit AnnenMayKantereit auf Tour. Ähnlich aufregend wird die Zeit nach ihrem Debüt »Your’re Mine«.
Die Französin Jain hat dieses Jahr mit ihrer in exotische Grooves und Beats getränkten Popmusik die Charts gestürmt. Ihr Debütalbum »Zanaka« präsentiert die experimentierfreudige Multiinstrumentalistin jetzt live auf Tour.
Dass der Brite Jack Garratt zum neuen Star des dubbigen Songwriter-R’n’B ernannt wurde, ist Konsens. Die Frage ist nur: Wann hat er es geschafft, zwischen seinen ständigen Tourneen ein Debütalbum fertigzustellen? Man kann nur staunen.
— 19.05. Frankfurt a. M. — 20.05. Hamburg — 21.05. Köln — 22.05. Leipzig — 23.05. Berlin
— 04.05. Berlin — 05.05. München — 06.05. Köln
— 05.05. Hamburg — 07.05. Berlin — 08.05. München — 09.05. Köln
— 08.05. Rostock — 09.05. Hamburg — 10.05. Münster — 11.05. Leipzig — 14.05. Magdeburg — 15.05. Beverungen Orange Blossom Special — 31.05. Göttingen — Geht weiter!
Kevin Morby
Mac Miller
EMPFOHLEN VON INTRO Seit seinem ersten Mixtape hegt die deutsche HipHop-Gemeinde eine innige Zuneigung zu Mac Miller. Nun kommt Pittsburghs Ausnahmetalent auch zu uns. Vier Städte stehen auf dem Plan, in denen er sein Album »GO:OD AM« vorstellen wird.
Für alle von uns empfohlenen Touren verlosen wir jeweils 3×2 Tickets. Mail an tickets@intro.de Mehr Tour-Empfehlungen unter intro.de/termine #intro empfiehlt
— 08.05. Berlin — 10.05. München — 11.05. Köln — 12.05. Hamburg
Mit den Babies und Woods hat sich Kevin Morby seine Sporen im US-Indie-Underground längst verdient. Als Solokünstler veröffentlicht er dieser Tage sein drittes Album »Singing Saw«, mit dem er deutlich freundlichere Töne anschlägt und sogar einen Crooner von der Qualität eines Kurt Vile gibt. — 09.05. Berlin — 14.05. Hamburg
Mikroboy
LGoony & Crack Ignaz
Talking To Turtles
Stabil Elite
Auch wenn ihr neues Album »Leicht« heißt, liefern Mikroboy keine Luftnummern. Wie offen sie über Verlust, Freundschaft und Liebe singen, hört man in der hierzulande selten.
Sie sind jung, talentiert und krempeln das Game kräftig um. Der Kölner Flyboy LGoony und der König der Alpen Crack Ignaz gehen wieder zusammen auf NASA-Tour.
Bevor sich Talking To Turtles wieder im Studio verschanzen, absolvieren sie den letzten Teil ihrer »Splits & Pieces«-Tour. Wieder wird das Leipziger Duo Talking To Turtles live von Gitarrist Max Schröder und Schlagzeuger Jan Soutschek unterstützt.
Stabil Elites Debütalbum »Douze Pouze« feierte die Redaktion im Jahr 2012 überschwänglich und völlig zu Recht. Auf ihrem zweiten Album »Spumante« lassen die Düsseldorfer die Kreuzung von Electro-Pop und Kraut noch eleganter erscheinen.
— 18.05. Hamburg — 19.05. Jena — 20.05. Leipzig — 21.05. München
— 18.05. Hamburg — 20.05. Berlin — 21.05. Düsseldorf — Geht weiter!
— 16.05. Berlin — 17.05. Hamburg — 18.05. Hannover — 19.05. Bremen — 20.05. Essen — 21.05. Osnabrück — 22.05. Köln — 24.05. München — 25.05. Regensburg — Geht weiter!
— 17.05. Dresden — 18.05. Erlangen — 19.05. Hannover — 23.05. Würzburg — 24.05. Frankfurt a. M. — 25.05. Heidelberg — 26.05. Augsburg — 27.05. Ingolstadt — 28.05. Münster
#Intro empfiehlt
Kaytranada
Marble Sounds
Die Karriere des Kanadiers Kaytranada begann mit einem Remix des Janet-Jackson-Songs »If«, der im Netz über Nacht zu einem Riesenerfolg wurde und dem heute 23-Jährigen Aufmerksamkeit verschaffte. Nun kommt der Produzent mit seinem Album »99,9%« auf Welttournee.
Zwei Jahre nach ihrer Hitsingle »Leave A Light On« haben Marble Sounds an ihrem Sound geschraubt: Auf ihrem dritten Album »Tautou« fokussieren sich die Belgier auf einen Mix aus Postrock und eingängigem Indie-Pop.
— 05.05. Berlin — 07.05. Köln
— 08.05. Berlin — 09.05. Hamburg — 10.05. Darmstadt — 11.05. Rees-Haldern — 12.05. Köln — 13.05. Nürnberg — 14.05. Aachen — 15.05. Karben
Ry X
Troy von Balthazar
Im vergangenen Jahr zierten seine Songs Werbespots und zahlreiche Playlisten. Ein Schub, der für das Singer/Songwriter-Talent Ry X schneller kam als erwartet. Dass der Australier trotz seines plötzlichen Ruhms auf dem Boden geblieben ist, wird er mit seinen fragilen Popsongs auf Tour zeigen.
Einst war Troy von Balthazar Frontmann der US-Noise-Band Chokebore. Seit einigen Jahren lebt er in Europa und ist als Solokünstler aktiv. Seine Songs sind ruhiger und akustischer geworden, jedoch intensiv wie eh und je.
Mit Ciaran Lavery kündigt sich ein weiterer Singer/Songwriter-Star in spe an. Seine Alben sind hierzulande zwar noch kaum bekannt, sein Stil zwischen Damien Rice, William Fitzsimmons und Rod Stewart bringt für Konzerte mit tiefer, starker Atmosphäre aber wirklich alles mit. — 24.05. Hamburg — 25.05. Berlin
— 15.05. Darmstadt — 16.05. Freiburg — 17.05. Düsseldorf — 21.05. Offenbach — 24.05. A-Wien — 26.05. Berlin — 27.05. Leipzig — 28.05. Hamburg
THe LasT sHadOw DamIan PupPetS " goNg" "Jr.
MarLey BirDy Nam naM WolFmoTheR BriNg Me
Dancing Years
Auch wenn die Indie-Folk-Band bisher erst eine EP herausgebracht hat, durften Dancing Years schon einen Song zum Soundtrack des Films »I Am Nazareen« beisteuern. Wie bittersüß ihr Debüt »Learn To Kiss« klingt, werden sie auf ihrer aktuellen Tour präsentieren. — 30.05. München — 31.05. Köln — Geht weiter!
The hoRizOn
- ILLUSTRATION : SARA ANDREASSON - IMP. RLCOM : RCS 448 253 344 - LICENCES N°2 - 1063027 N°3 - 1063028
Ciaran Lavery
EHR
.. . UND VIELE M
CRÉATION :
— 10.05. Heidelberg — 11.05. Köln — 12.05. Hamburg — 14.05. München — 16.05. Berlin
ROSKILDE EN BEI KOPENHAG
EagLes of deAth meTal
BreAkbOt GreGorY pOrtER
MasSivE aTtaCk Two doOr CinEma clUb
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SigUr RóS Dap - KinGs GhiNzu FoaLs CarAvaN pAlaCe GraNd BlaNc
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IggYChvRchEs pOp
CasSeuRs FloWteRs AndErsOn .paAk
EdwArd shArpE aNd The maGneTic zeRos
TICKETS ROCKENSEINE.COM & WWW.ADTICKET.DE - MÉTRO BOULOGNE - PONT DE SAINT-CLOUD
121
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#Termine
TOURDATEN Adam Green
29.04. Berlin 02.05. Berlin 04.05. A-Wien 06.05. Frankfurt a. M. 07.05. Köln
Adele
07.–08.05. Berlin 10.–11.05. Hamburg 14.–15.05. Köln
Aidan Knight 23.05. Berlin 27.05. Mainz Geht weiter!
Akua Naru
27.04. Berlin 28.04. Hamburg 29.04. Bremen 30.04. Leipzig
Allan Kingdom 18.05. Berlin 19.05. Hamburg
Andy Shauf 05.05. Berlin
Anna Von Hausswolff 16.05. München
AnnenMayKantereit mit Lola Marsh 25.04. Dresden 26.04. Leipzig 28.04. Frankfurt a. M. 29.04. Saarbrücken 05.05. Dortmund 06.05. Frankfurt a. M. 09.05. Berlin 11.05. Braunschweig 13.–14.05. Köln
Arthur Beatrice 29.05. Berlin 30.05. Hamburg 31.05. Köln
Astronautalis mit Ceschi Ramos 18.05. A-Wien 23.05. Köln 24.05. Dortmund 25.05. Berlin 27.05. Dresden 29.05. Nürnberg
Empfohlen von Intro
Aurora
Biffy Clyro
29.04. Münster Geht weiter!
Bill Ryder-Jones 27.05. Berlin
Empfohlen von Intro
Boy
21.05. Saarbrücken
Calexico
29.04. Stuttgart 04.05. Ravensburg
Carnival Youth 06.05. Berlin 07.05. Dortmund 10.05. Hamburg 11.05. Dresden 12.05. Nürnberg 18.05. A-Wien
Cate Le Bon
17.05. Berlin* 18.05. Berlin**
Empfohlen von Intro
Chefket mit 3Pluss
27.04. Karlsruhe 28.04. Würzburg 30.04. Wiesbaden
The Chills 30.05. Köln
CocoRosie
10.05. Hamburg
Cro
20.–21.05. Bad Segeberg
The Crookes
25.04. Köln 29.04. Hamburg 30.04. Berlin 02.05. München
Damien Jurado mit The Weather Station 28.04. Köln
26.04. Köln 27.04. Berlin
Die Aeronauten
Benjamin Francis Leftwich 18.05. Köln
DMA‘s
07.05. Hamburg 09.05. Berlin 10.05. Köln 11.05. München 12.05. A-Wien
20.05. Köln 21.05. Frankfurt a. M. 27.05. Würzburg 28.05. Brackenheim Geht weiter!
Empfohlen von Intro
20.05. Solingen Geht weiter!
10.05. Köln 11.05. Münster 12.05. München 14.05. Berlin 15.05. Hamburg
Certain People mit Tourist*, 18+**, Kero Kero Bonito**, Cakes Da Killa**
10.05. Köln 18.05. München
Bernd Begemann
The Dirty Nil
Empfohlen von Intro
D.A.R.K
Empfohlen von Intro
06.05. Magdeburg 08.05. Leipzig 09.05. Frankfurt a. M. 10.05. Berlin 11.05. Hamburg 12.05. Düsseldorf 13.05. Köln 17.05. München 24.05. Dresden
30.05. Berlin 31.05. Köln
29.04. Hamburg 01.05. München 02.05. Köln Geht weiter!
Basia Bulat
Dirk Darmstaedter
24.05. Berlin
David Duchovny
26.05. Frankfurt a. M. 27.05. Hamburg 28.05. Bremen
Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen 20.05. Hamburg 21.05. Berlin
Digitalism
06.05. Köln 13.05. Berlin
Dota
Eagulls
23.05. Berlin 24.05. Hamburg
Empfohlen von Intro
Element Of Crime
The Heavy 22.05. Köln 23.05. Berlin
Heisskalt
27.04. Frankfurt a. M. 28.04. Rees-Haldern 30.04. Düsseldorf 08.05. Böblingen
Holy Esque
24.05. Berlin 25.05. Hamburg 26.05. Köln
Human Abfall
17.05. Wiesbaden 18.05. Nürnberg 19.05. Dresden 20.05. Berlin 21.05. Hamburg 23.05. Köln 24.05. Trier 25.05. Würzburg 26.05. Stuttgart
Iggy Pop & Josh Homme
27.04. A-Wien 28.04. Nürnberg 29.04. Stuttgart 30.04. München
Fat White Family 30.05. Berlin 31.05. Köln
Fraktus
11.05. Kiel 12.05. Osnabrück 13.05. Stolberg 14.05. Düsseldorf
Get Well Soon
28.04. Gera 29.04. Dortmund 30.04. Frankfurt a. M.
Golf
27.04. Hamburg 29.04. Köln
Heinz Strunk (Lesung) 17.05. Rostock 19.05. Lingen 20.05. Bochum 24.05. Lübeck 26.05. Bremen 27.05. Köln
mit Arliss Nancy 27.04. Saarbrücken 28.04. Stuttgart 29.04. Augsburg 30.04. München 01.05. Wiesbaden
Katrin Bauerfeind (Lesung) 01.05. A-Wien 02.05. München 03.05. Ulm 18.05. Bremen 19.05. Kiel 20.05. Osnabrück
Empfohlen von Intro
Kid Simius
27.04. Köln 29.04. Frankfurt a. M. 07.05. Hamburg
Long Distance Calling 28.04. Münster 29.04. Hamburg 30.04. Rostock 02.05. Leipzig 03.05. Berlin 04.05. Köln 05.05. München 06.05. Karlsruhe
Love A
20.05. Hannover Geht weiter!
LUH
24.05. Köln 25.05. München 26.05. Hamburg
The Lumineers mit Andy Shauf
Kimya Dawson mit Little Wings
Manic Street Preachers
Immergut im Großen Haus mit Martin Kohlstedt, I Have A Tribe
20.05. Stuttgart 21.05. Frankfurt a. M. 23.05. Dortmund
26.05. Neustrelitz
Iron Maiden 31.05. Berlin
Empfohlen von Intro
Isbells
Empfohlen von Intro
Fatoni
Jupiter Jones
Logic
24.05. Hamburg 25.05. Potsdam 29.05. Dresden 30.05. Düsseldorf
Imarhan
Father John Misty Empfohlen von Intro
Empfohlen von Intro
Empfohlen von Intro
02.05. Köln 04.05. Hamburg 06.05. Berlin
25.04. Rostock
25.05. Berlin
10.05. Braunschweig 11.05. Berlin 13.05. Rostock 24.05. A-Wien 26.05. Nürnberg Geht weiter!
28.04. Köln 29.04. Hamburg
07.05. Berlin 08.05. Hamburg
27.04. Köln 28.04. Hannover 25.05. Münster 26.05. Berlin 27.05. Stuttgart
mit Von Wegen Lisbeth
Jochen Distelmeyer
Isolation Berlin 28.04. Dresden 29.04. Jena 30.04. Chemnitz 04.05. Zittau 05.05. A-Wien 26.05. Flensburg 28.05. Potsdam Geht weiter!
Is Tropical
03.05. Berlin 26.05. Köln 27.05. Heidelberg
Jay-Jay Johanson 25.05. Heidelberg
Jazz Cartier
27.04. Berlin 01.05. Hamburg
Jeffrey Lewis & Los Bolts
11.05. München 12.05. Rosenheim 20.05. Freiburg 21.05. Darmstadt 22.05. Nürnberg 23.05. Berlin
Juliette & The Licks 26.04. Köln 27.04. Hamburg
25.–26.04. Berlin
KISS
Klaus Johann Grobe 28.05. Berlin
Mantar
29.04. Berlin 07.05. Flensburg 13.05. Gießen 27.05. Siegen
Mark Lanegan
KMPFSPRT
05.05. Köln 06.05. Hamburg 07.05. Berlin 14.05. Osnabrück 15.05. Bremen
Laura Gibson 02.05. Berlin 03.05. Leipzig
Letlive.
25.04. Köln 26.04. Hamburg
10.05. Köln 17.05. Hamburg 18.05. Berlin
Matthew And The Atlas 08.05. Berlin 09.05. Köln Geht weiter!
Matt Elliott
27.04. Hamburg 28.04. Köln
11.05. Düsseldorf 12.05. Hamburg 15.05. Berlin
Da gehen wir hin Tipps der Redaktion#242
Und wo geht ihr hin? intro.de #konzerte
Senta Best DMA’s Ry X Andy Shauf Bubonix Electronic Beats
Philip Fassing Kaytranada Steve Reich: Six Pianos Christian Löffler & Mohna Electronic Beats Prins Thomas
Holger Risse Electronic Beats Steve Reich: Six Pianos Karlheinz Stockhausen: Inori Köln The Legendary Pink Dots Method Man & Redman
#Termine Matt Simons
25.04. Berlin 27.04. München
Maxim
30.05. Köln 31.05. Berlin Geht weiter!
Method Man & Redman
27.04. München 28.04. Berlin 29.04. Hamburg 30.04. Köln 02.05. Frankfurt a. M. 03.05. Stuttgart 04.05. Nürnberg 05.05. A-Wien
Me And My Drummer 02.05. Jena 03.05. Oldenburg 04.05. Bernau 05.05. Potsdam 07.05. Bremen 09.05. Köln 11.05. Dortmund 12.05. Mainz 13.05. Marburg
Empfohlen von Intro
Mine
mit Haller
27.04. Köln 28.04. Saarbrücken 29.04. München 30.04. A-Wien 02.05. Nürnberg 03.05. Berlin 04.05. Hamburg 05.05. Kiel 06.05. Leipzig 07.05. Dresden 09.05. Münster 10.05. Dortmund 12.05. Mannheim 13.05. Stuttgart 14.05. Darmstadt 16.05. Bielefeld 18.05. Wiesbaden 19.05. Freiburg
Mission Of Burma 25.04. Berlin
Moderat
08.05. Stuttgart Geht weiter!
Motorpsycho
27.04. Dresden 28.04. Köln 05.05. Wiesbaden 12.05. München 13.05. Oldenburg
Mumford & Sons 13.05. Hamburg 14.05. Düsseldorf 17.05. München 19.05. A-Wien
Neonschwarz 12.05. Berlin 14.05. Rostock 15.05. Flensburg 26.05. Würzburg 28.05. Münster Geht weiter!
New Found Land 27.05. Berlin
Okta Logue
04.05. Berlin 05.05. Hamburg 06.05. Köln 07.05. München 09.05. A-Wien
Omar Souleyman 13.05. Berlin
OMD
11.05. Berlin 13.05. Hamburg 15.05. Frankfurt a. M.
Philipp Dittberner 27.04. Berlin 29.04. Hannover
Phillip Boa & The Voodooclub
Shakey Graves mit Tamu Massif 02.05. Köln 03.05. München 07.05. Hamburg 08.05. Berlin
Simple Plan
06.05. Stuttgart 10.05. Frankfurt a. M. 21.05. Berlin
Skinny Lister
06.05. Rostock 07.05. Jena Geht weiter!
29.05. Hamburg 30.05. Köln 31.05. München Geht weiter!
Plusmacher
Sólstafir
25.04. München 26.04. Leipzig 27.04. Berlin 03.05. Augsburg 05.05. A-Wien 06.05. Pfarrkirchen 07.05. Frankfurt a. M. 27.05. Mönchengladbach 28.05. Bremen
Empfohlen von Intro
Pop-Abo
mit Get Well Soon 29.04. Dortmund
Porches
31.05. Berlin
Prince Rama 12.05. Berlin 13.05. Köln
Progression Tour mit Bury Tomorrow, Blessthefall, Any Given Day, Vitja 25.04. Stuttgart 26.04. Wiesbaden 27.04. Berlin 28.04. Köln 30.04. Hamburg
Public Image Ltd. 10.05. Wiesbaden 11.05. Düsseldorf 12.05. Hamburg 14.05. Berlin
Pusha T
25.04. Berlin
Quilt
20.05. Köln 21.05. Berlin 27.05. Hamburg
Radiation City
25.04. München 28.04. Heidelberg 06.05. Duisburg
Ryan O‘Reilly
08.05. Berlin 09.05. Hamburg 10.05. Köln
Schnipo Schranke 20.05. Husum 21.05. Flensburg
Senore Matze Rossi 06.05. Reutlingen 07.05. Augsburg 08.05. Bad Königshofen 09.05. Münster 10.05. Köln 11.05. Kiel 12.05. Bielefeld 13.05. Westerstede 14.05. Göttingen 26.05. München
17.05. Hamburg 18.05. Leipzig
Sophia
25.04. Hamburg 28.04. München 29.04. Dresden 30.04. Berlin 02.05. A-Wien
Steaming Satellites 10.05. Offenbach 11.05. Weinheim
Stefanie Sargnagel (Lesung) 28.04. A-Wien 27.05. Potsdam 29.05. Leipzig 31.05. Gießen Geht weiter!
Still Parade + Sea Moya
20.05. Hamburg
Sudakistan
25.05. Hamburg 26.05. Berlin
Sunset Sons
27.04. Hamburg 28.04. Berlin 29.04. Köln 30.04. München
Susie Asado
29.04. Frankfurt / Oder 04.05. Bielefeld 05.05. Bremen 10.05. Bayreuth 11.05. Leipzig 12.05. Nürnberg 13.05. Offenbach
Suuns
19.05. Berlin Geht weiter!
Tacocat
13.05. Schorndorf 15.05. Hamburg 22.05. Berlin
Telegram
04.05. München 05.05. Berlin 06.05. Leipzig 07.05. Hamburg
Empfohlen von Intro
Teleman
mit Patrick Bishop 25.04. Berlin 26.04. München
Thees Uhlmann (Lesung) 20.05. Berlin 21.05. Hamburg 29.05. A-Wien
This Will Destroy You 09.05. Wiesbaden 10.05. Dresden 11.05. Duisburg 12.05. Berlin
Tinashe
10.05. Frankfurt a. M.
Torpus & The Art Directors
AKA AKA feat. Thalstroem
20.05. Barmstedt 24.05. Wuppertal 25.05. Frankfurt a. M. 26.05. München 27.05. Stuttgart 28.05. Helmbrechts 29.05. Langenberg Geht weiter!
Docklands Schwingt euch auf die Fahrräder und dann ab zum Rave: Das Docklands holt wieder rund 90 Künstlerinnen und Künstler aus House, Deep House, Techno und Tech House auf das Gelände am Münsteraner Hafen. Das Programm auf der Outdoor Stage startet bereits eine Stunde früher als sonst um zwölf Uhr mittags. Auch neu in diesem Jahr ist eine zweite Bühne im Außenbereich, die bis Mitternacht bespielt wird. Wenn da Feierabend ist, geht’s drinnen weiter. Das neue Amp stellt seinen Platz zur Verfügung, sodass es beim Docklands jetzt insgesamt 15 Floors an zehn Orten gibt.
Town Of Saints 11.05. Hamburg 12.05. Berlin
Travis
23.05. Berlin 24.05. Köln
Treetop Flyers 25.04. Berlin 26.04. Köln 28.04. München
— 28.–29.05. Münster — Aka Aka feat. Thalstroem, Alle Farben, Claptone, Dirty Doering, Dominik Eulberg, In.deed, Kr!z, Miss Djax, Monika Kruse, Moonbootica, Niconé & Sascha Braemer, Nod One’s Head, Stereo Express, u. v. a.
Trixie Whitley 26.04. Berlin 27.04. Hamburg
Troye Sivan
05.05. München 09.05. Köln 13.05. Hamburg 15.05. Berlin
Tubbe
28.05. Wolfsburg
Turin Brakes
25.04. Frankfurt a. M. 26.04. Erlangen 27.04. München
Tuxedomoon 20.05. Berlin
U3000
27.04. Hamburg 28.04. Bremen 29.04. Köln 30.04. Düsseldorf
Vanessa Carlton 11.05. Berlin 12.05. Köln 13.05. Heidelberg
Vauu
23.05. München 24.05. Frankfurt a. M. 25.05. Stuttgart 26.05. Köln 28.05. Leipzig 29.05. Berlin 30.05. Hamburg
VVhile
16.05. A-Wien 18.05. Berlin 19.05. Chemnitz 20.05. Leipzig 21.05. Bamberg
Walking On Rivers 21.05. Herne 25.05. Dortmund Geht weiter!
Waving The Guns 29.04. Greifswald 20.05. Leisnig 28.05. Flensburg Geht weiter!
White Wine
05.05. Karlsruhe 06.05. Nürnberg 10.05. Mainz 24.05. Halle 25.05. Dresden 26.05. Hamburg 28.05. Erfurt Geht weiter!
Who Killed Bruce Lee
Yann Tiersen 01.05. Berlin Geht weiter!
Yellowknife
29.04. Gießen 30.04. Münster
Youth Of Today 28.04. Berlin
28.04. Hannover 29.04. Flensburg 30.04. Bremen 01.05. Lübeck 06.05. Würzburg 21.05. Oldenburg
Empfohlen von Intro
Wolfmother
Die kommen, die Touren
01.05. Hamburg 02.05. Berlin 10.05. München
The Wood Brothers 16.05. Altdorf 18.05. Aschaffenburg 19.05. München 20.05. Berlin
Woods Of Birnam & Joco 24.05. Dresden 26.05. München 27.05. Berlin 28.05. Köln 29.05. Hamburg
Empfohlen von Intro
Wyoming 24.05. Darmstadt Geht weiter!
XIXA
25.04. Hamburg 26.04. Berlin 27.04. Köln 30.04. Offenbach 01.05. Freiburg 17.05. Schorndorf 18.05. Saarbrücken
Yung Lean 25.04. Hamburg 02.05. Berlin 03.05. Frankfurt a. M.
Car Seat Headrest (14.–18.06.) Die Antwoord (04.06.) Girls Names (14.06.– 31.08.) Majid Jordan (07.–08.06.) Wild Nothing (22.–23.06.)
Die kommen, die Festivals 20 Jahre Karrera Klub (24.06.) At the B-Sites (18.06.) Best Kept Secret (17.–19.06.) Hurricane/Southside (24.–26.06.) Kosmonaut (24.–25.06.) Open Source (09.07.) Rock am Ring/Rock im Park (03.–05.06.) Roskilde (25.06.–02.07.) Rudolstadt-Festival (07.–10.07.) Ruhr-in-Love (02.07.) Summerjam (01.–03.07.) Traumzeit (17.–19.06.)
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#Live #Festival
Auszeit. Im großen Haus kann man sich schon donnerstags mit einem »TV Noir«Abend auf die nächsten zwei Tage einstellen. Isolation Berlin, Get Well Soon und Erobique stehen diesen Sommer zum Beispiel auf der von Bäumen umsäumten Hauptbühne. Am Birkenhain kann man den Lesungen von Stefanie Sargnagel oder PeterLicht lauschen – hier liegt man im Gras oder schwingt auf einer Baumschaukel –, und im Diskozelt wird bis in den Sonnenaufgang getanzt. Zwischendurch kann man sich an einem der umliegenden Seen abkühlen, mit dem Pendelzug in den Maxïmo Park Neustrelitzer Stadtkern kutschiert werden und ein Eis genießen oder sein Talent beim FestivalFußballturnier zeigen. Ganz nah an der Na t u r m i t e i n e r 5000-köpfigen Familie erlebt man dieses kleine Festival zwei St u n d e n n ö rd l ic h Neustrelitz lädt zur Landpartie. Auf drei Bühnen im Grünen öffnet sich eine von Berlin. So schön und wohltuend, dass Indie-Schatztruhe, aus der internationale Geheimtipps, angesagte Szene-Acts, Sonntagvormittag beim Lesungen und Kunstideen quillen. Zelteabbauen der gesamte Campingplatz für Fernab vom Großstadtstress entsteht jedes Jahr Heute organisiert der Immergutrocken e. V. die letzten zwei Tage applaudiert. am letzten Mai-Wochenende eine kleine Indie- das Wochenende am Neustrelitzer Stadtrand. Jaqueline Ahuraian Oase auf der Mecklenburgischen Seenplatte. Seit zwölf Jahren wird die Besucherzahl von »Stecker raus und ab ins Grüne«, verkündet 5000 bewusst nicht überschritten. Das Im- — 27.–28.05. Neustrelitz — Drangsal, Erobique & Cosmic DJ, Get Well Soon, Isolation Berlin, Jochen Distelmeyer, Oma Brigitte auf der Immergut-Website. Das mergut soll nämlich klein gehalten werden, LUH, Maxïmo Park, PeterLicht, Schnipo Schranke, 16 Jahre alte Festival war zu Beginn nur ein um die familiäre Atmosphäre zu bewahren. Sean Nicholas Savage, Stefanie Sargnagel, Suuns, kleines Fest von Freunden für Freunde, um sich Der Pendelzug holt vom Bahnhof ab Tocotronic, Vita Bergen, We Are The City u. v. a. im Sommer bei Indie-Bands wiederzusehen. und bringt die Besucher direkt zum Camp
IMMERGUT FESTIVAL
Maifeld Derby Das Maifeld Derby lockt Freunde von Indie-Rock nach Mannheim und ist eines der grünsten Festivals Deutschlands.
Die Mannheimer Popakademie hat uns nicht nur Get Well Soon geschenkt, sondern auch das Maifeld Derby. Das wurde von AbsolventInnen des Studiengangs Musikbusiness ins Leben gerufen. In mittlerweile fünf Jahren hat sich das Festival zu einem Liebhabertreffen der Indie-Szene gemausert. Auf dem Maimarktgelände bietet es an drei Tagen über 80 Bands auf vier Bühnen. Ungewöhnlicherweise ist die größte eine Zeltbühne: das
opulent hergerichtete Palastzelt, das von Headlinern wie Dinosaur Jr bespielt wird. Das Maifeld Derby gehört zu den umweltfreundlichsten in Deutschland. Der Strom ist 100% öko, das Essen kommt größtenteils aus der Region, und die Festival-Shirts sind fair produziert. Die liebevolle Machart des Festivals zeigt sich auch in der Tradition der Steckenpferd-Dressur. Die Teilnehmer führen mit dem Holzpferd Schritt, Trab und Galopp vor und zeigen danach ihren besten Freestyle.
Die Jury aus selbst ernannten Dressurexperten vergibt Punkte: Für die drei Besten winken Tickets fürs Maifeld Derby 2017, für den Rest Ruhm, Ehre und Getränkegutscheine. Dominik Bruns
Mø
— 03.–05.06. Mannheim — Algiers, Augustines, Boy, Dancing Years, Daughter, Destroyer, Die Nerven, Dinosaur Jr, Drangsal, Elias, Explosions In The Sky, Faber, FINS, Flume, Freiburg, Isolation Berlin, James Blake, Kadavar, Kid Simius, L’aupaire, Metz, Mø, Protomartyr, Sarah And Julian, Sara Hartman, SG Lewis, Spain, Suuns, The Great Joy Leslie, Trend, Weaves, Woman u. v. a.
#Live #Festival
WOMEN OF THE WORLD Drangsal
Pfingst Open Air Werden Nach seiner gelungenen Rückkehr im Vorjahr etabliert sich das Pfingst Open Air Werden weiter als eins der bestbesetzten Umsonst&Draußen-Festivals der Republik.
Im vergangenen Jahr feierte das Pfingst Open Air in EssenWerden ein grandioses Comeback. Nachdem das Festival in den Vorjahren von Rückschlägen wie den Auswirkungen des Love-parade-Unglücks im benachbarten Duisburg im Jahr 2010 und einem unwetterbedingten Abbruch 2014 gebeutelt worden war, geriet die letztjährige Ausgabe mit den Headlinern Genetikk und Turbostaat zu einem rauschenden Fest: Die Kapazitätsgrenzen des Umsonst&DraußenFestivals waren schon kurz nach Mittag erreicht, der Zuspruch war überwältigend und die Veranstalter mehr als glücklich. An diesen Erfolg will das Open Air in diesem Jahr anknüpfen, und die Chancen dafür stehen sehr gut: Mit Acts wie Drangsal, Love A oder LGoony hat es das namhafteste Line-up seiner Geschichte zusammengestellt und ein anderes Markenzeichen, die stilistische Vielfalt, beibehalten – schließlich gibt es neben der Hauptbühne weiterhin die »Elektronische Wiese« mit House- und Techno-DJs. Gerade für ein kostenloses Festival ist das außergewöhnlich.
Girlpower ist beim Women Of The World nicht nur Traum, sondern Realität: Bei dem Festival in Frankfurt am Main spielen ausschließlich Solokünstlerinnen oder Bands mit Frontfrau. Auch Newcomerin Izzy Bizu ist dabei. Wir haben vorab mit ihr gesprochen.
2015 nahm sich jemand die Plakate großer Festivals und strich alle Bands ohne weibliche Mitglieder raus. Der Anblick der sehr licht gewordenen Line-ups war ziemlich traurig. Das Women Of The World Festival – oder neuerdings kurz W! Festival – dreht den Spieß ganz einfach um: Hier spielen nur Bands, die eine weibliche Sängerin haben, oder eben Solokünstlerinnen. Eine von ihnen ist Newcomerin Izzy Bizu. Sie kommt aus London, ihre Mutter ist Engländerin, ihr Vater stammt aus Äthiopien. Im Juli erscheint ihr Debütalbum, beim Women Of The World wird sie einige Songs daraus vorstellen. Auf das Festival freut Bizu sich schon: »Das ist ein vollkommen neues Konzept für mich, ich finde das ziemlich cool.« Bizu zählt viele weibliche Künstlerinnen zu ihren Vorbildern: »Ich liebe Amy Winehouse. Außerdem habe ich neulich Isabelle Machine Summers getroffen und mit ihr ganz wunderbar gejammt. Außerdem mag ich Billie Holiday – all diese Frauen haben diesen großartigen Soul-Vibe.« Die Probleme von Frauen im Musikgeschäft sieht Bizu derweil eher gelassen: »Frauen haben es in Sachen Aussehen sicher schwerer, und es gibt weniger weibliche als männliche Produzenten, aber ich denke, das ändert sich gerade.« Beim Women Of The World wird Bizu gemeinsam mit Andreya Triana spielen und dabei versuchen, den Soul ihrer großen Vorbilder nach Frankfurt zu tragen. Julia Brummert — 24.–28.05. Frankfurt am Main — Akua Naru, Ana Moura, Andreya Triana, Beth Hart, Glasperlenspiel, Buika, Coely, Dagny, Elena, Enissa Amani, Fee., Femme Schmidt, Frida Gold, Garbage, Grossstadtgeflüster, Izzy Bizu, Kitty Daisy & Lewis, Mia., Venior, Violet Skies u. v. a.
Pfingst Open Air Salching Seit 35 Jahren macht das Pfingst Open Air das Wochenende der Entsendung des Heiligen Geistes in Niederbayern deutlich ereignisreicher als anderswo.
Pfingst Open Airs gibt es in Deutschland einige, aber das im niederbayrischen Salching nahe Straubing kann schon als das erste oder originäre durchgehen. Immerhin findet es in diesem Jahr bereits zum 35. Mal statt. Es kann auf eine wechselvolle Geschichte zurückblicken und hat sich dennoch immer wieder neu erfunden. Zum Beispiel musikalisch, denn mittlerweile geben Beats & Rhymes auf den vier Bühnen des Festivals den Ton an. Fast alle Größen des deutschsprachigen Rap haben hier bereits gespielt, außerdem gibt es jedes Jahr eine kleine, aber feine Auswahl an House- und Techno-Acts. Ein paar Punk- und Metal-Acts sorgen für stilistische Auflockerung. 8.000 Fans werden dieses Jahr wieder erwartet, um die Open-Air-Saison am Centro Benedetto einzuläuten. Campen und Parken ist für Besitzer von Drei-Tages-Tickets natürlich gratis – gespartes Geld, das man gut in die »Shit & ShowerFlatrate« investieren kann: Für sieben Euro gibt es garantiert saubere Duschen und Spültoiletten – das ganze Wochenende lang! Christian Steinbrink
Christian Steinbrink — 16.05. Essen — Ben Mudi, Blossoms, Breathe Atlantis, DJ Dash, Donots, Drangsal, Egotronic, Golf, LGoony, Love A, Martinez, Pinke Pank, Simon Hildebrandt, Tim C. Engelhardt, Zugezogen Maskulin u. v. a.
Teesy
— 12.–15.05. Salching — Audio88 & Yassin, Chefboss, Dajuan, Demograffics, Dicht & Ergreifend, Die Rakede, Folkshilfe, Frittenbude, Impala Ray, Itchy Poopzkid, K.I.Z, Kontra K, Maeckes, Me And Reas, OK Kid, SDP, Smile And Burn, SXTN, Teesy, The Unduster, Tourists In A Daydream, Trecker, Wunderwelt u. v. a. Izzy Bizu
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#Live #Festival
OPEN OHR FESTIVAL Der Name ist Programm: Das Open Ohr hofft, bei seinen Besucherinnen und Besuchern auf offene Lauscher zu stoßen. Nicht nur mit dem musikalischen Programm, sondern auch bei den zahlreichen Workshops des Festivals.
Das Open Ohr hat schon einige Jahre auf dem Buckel: Seit 1975 findet es jedes Jahr am Pfingstwochenende in der Zitadelle in Mainz statt. In Workshops, beim Kabarett und in Diskussionsrunden dreht sich alles um ein zuvor festgelegtes Thema. In diesem Jahr lautet es: »Heimat – was zum Kuckuck?«, im Konzept dazu stellen die VeranstalterInnen ein paar konkretere Fragen: »Wie können ›Heimaten‹ zusammenfinden, und stehen die Deutschen aufgrund ihrer Geschichte hier besonders in der Pflicht?« Trotzdem soll das Pfingstwochenende keine rein politische Diskussion bieten, sondern Zusammentreffen verschiedener Generationen sein, die gemeinsam ein schönes Wochenende verbringen. Bei einem Programm mit rund 300 KünstlerInnen aus Musik, Theater, Kleinkunst und Kabarett sollte das kein Problem werden. Julia Brummert — 13.–16.05. Mainz — Balthazar, Banda Senderos, Dunkelbunt, El Mago Masin & Wildcamping, Get Well Soon, Orkesta Mendoza, Vello Público u. v. a.
Jan Delay & Disko No.1
KUNST!RASEN BONN Seit 1979 können sich die Menschen in Bonn im Sommer an der Rheinaue erholen. Und seit 2012 können sie dort jeden Sommer ein abwechslungsreiches Konzertprogramm hören.
Die Menschen in Bonn haben der Bundesgartenschau von 1979 viel zu verdanken. Klingt absurd? Mag sein, aber immerhin gibt es seitdem die Bonner Rheinauen, einen hübschen Flecken am Rhein mit Wiesen, einem kleinen See, Biergarten und was man sich sonst so wünscht, wenn man an einen guten Ort für den Sommer denkt. Und genau dort, zwischen Linden- und Kastanienbäumen, gibt es seit 2012 eine Konzertreihe, die ganz unterschiedliche Künstlerinnen und Künstler in die ehemalige Hauptstadt holt. Auf zwei Bühnen spielen im Sommer alte Legenden, junge HipHop-Acts, Rockbands und Popstars große Shows vor bis zu 10.000 Menschen. Eine gute Gelegenheit, sich von den Eltern deren Faszination für Chris De Burgh erklären zu lassen und ihnen wiederum Frank Turner näherzubringen. Zur Halbzeit gibt es außerdem das kostenlose Klassik!Picknick: Wer mag, kann Decke und Picknickkorb einpacken und sich vom Beethoven-Orchester Nachhilfe in Sachen Klassik geben lassen. Wer nicht so gern schleppt, kann aber auch einen Tisch mit bester Sicht auf die Bühne reservieren und sich bekochen lassen. So oder so: Das Ambiente ist und bleibt schön. Julia Brummert — 24.06.–22.07. Bonn — BAP, Chris De Burgh, Frank Turner & The Sleeping Souls, Element Of Crime, Jan Delay & Disko No. 1, Sido, Sportfreunde Stiller u. v. a.
Balthazar
Orange Blossom Special Von der Grillparty zum FestivalGeheimtipp. Das Orange Blossom Special feiert 20-Jähriges.
Das Orange Blossom Special ist die gemütliche Gartenparty in der Festivallandschaft. Buchstäblich! Das OBS findet nämlich im Garten des Plattenlabels und Mailorders Glitterhouse Records in Beverungen in der ostwestfälischen Provinz statt. Was als Grillfeier für die Kunden begann, hat sich mit der Zeit zu einem dreitätigen, regelmäßig im voraus ausverkauften Festival für Indie, Rock und Folk gemausert. Nicht ohne Stolz brüsten sich die Macher damit, dass es hier regionales Essen bereits lange
vor dem Food-Truck-Trend gab, und stellen fest, zwar eine angenehme Atmosphäre, aber keinen Vergnügungspark für Hipster zu bieten. Auch wenn es definitiv Nachfrage für mehr Tickets gäbe, haben sich die Veranstalter immer bewusst dafür entschieden, das Festival im kleinen Rahmen zu halten und nicht weiter zu wachsen. Mehr Platz würde der Garten nicht hergeben, und ein Umzug wäre für alle Beteiligten undenkbar. Zum Jubiläum stehen in diesem Jahr unter anderem Get Well Soon als Headliner auf der Bühne, bierselig gefeiert wird mit dem Berliner Kneipenchor und
seinem Motto »Wir singen ... und trinken!«. Wir verlosen ein großes Fanpaket, bestehend aus 1 x 2 Gästelistenplätzen sowie T-Shirt, Stoffbeutel, OBS-Wandfliese, OBS-CD und OBS-Grillzange. Um zu gewinnen, schreibt eine Mail an verlosung@intro.de mit dem Betreff »Orange Blossom Special«. Dominik Bruns — 13.–15.05. Beverungen — Aidan Knight, Berliner Kneipenchor, Chantal Acda, Die Nerven, Einar Stray Orchestra, Get Well Soon, Heimatt, Love A, Lùisa, Miraculous Mule, Pleasant Grove, Shook Twins, The Buttshakers, The Great Joy Leslie, Vita Bergen, Xixa u. v. a.
Aidan Knight
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www.hafen2.net
M M A A I I 20
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HAFEN 2
LIVE SO 01 Dan San FR 06 Final Days Society SA 07 Mohammad Reza Mortazavi SO 08 Static Frames DI 10 Steaming Satellites FR 13 Susie Asado SA 14 Orkesta Mendoza, US Lights SO 15 Shalosh MO 16 Milk and Bone SA 21 Troy von Balthazar SO 22 Lesley Kenorchan FR 27 Thanks SA 28 143Band, Hot Panda SO 29 Freschard HAFEN 2 Nordring 129, D 63067 Offenbach
SCHLACHTHOF WIESBADEN MURNAUSTR.1 65189 WIESBADEN
Do. 05.05. 20:00 Uhr Support: EXILIA
JUPITER JONES / ARLISS NANCY
05.05. DO
MOTORPSYCHO
09.05. MO
RUSSIAN CIRCLES / THIS WILL DESTROY YOU
10.05. DI
THE BABOON SHOW / KAFVKA
12.05. DO
GÖTZ WIDMANN / SUPPORT: FALK
LONG DISTANCE CALLING
14.05. SA
ME FIRST AND THE GIMME GIMMES
Fr. 13.05. 19:00 Uhr
17.05. DI
HUMAN ABFALL / HILDEGARD VON BINGE DRINKING
18.05. MI
MINE / HALLER
20.05. FR
KHEBEZ DAWLE
24.05. DI
ELIJAS HADJEUS
26.05. DO
OPEN MIKE EAGLE / MILO
30.05. MO
MIKROBOY
02.06. DO
TYLER BRYANT & THE SHAKEDOWN
06.06. MO
SHEER MAG
17.06. FR
COUNTERFEIT
21.06. DI
PENNYWISE / GOOD RIDDANCE / SCHEISSE MINNELLI
03.07. SO
DISPATCH
22.07. FR
ZUSATZSHOW! - BAD RELIGION
29.07. FR
CAPTAIN CAPA
25.09. SO
SSIO
26.10. MI
GRAHAM CANDY / SUPPORT: GOLDKRAUT
07.11. MO
OK KID
11.11. FR
THE LUMINEERS
21.11. MO
ROYAL REPUBLIC
Unser komplettes Programm findet ihr im Internet unter
schlachthof-wiesbaden.de
MAI 2016
Fr. 06.05. 19:00 Uhr
03.05 | Karl Larsson & Garrett Klahn 11.05 | Martin Zingsheim
Mit: TINY FINGERS, PIL & BUE
12.05 | Nate57
CANNIBAL CORPSE
14.05 | Girugamesh 15.05 | 15.05 | Alain Frei
Mit: KRISIUN, HIDEOUS DIVINITY
Sa. 14.05. 19:00 Uhr
17.05 | Coldrain
IN THIS MOMENT
19.05 | Tobias Mann 22.05 | Vocal Recall
Support: THE DEFILED Nachholtermin vom 14.01.2016
25.05 | Berge
Mi. 08.06. 19:00 Uhr
HAKEN PROTEST THE HERO, BETWEEN THE BURIED AND ME & special guest
Di. 12.07. 19:00 Uhr
27.05 | Shantel & Bucovina Club Orkestar 02.06 | King Rocko Schamoni 09.06 | Sebastian Nitsch 11.06 | Black Gold Rebels Fest
& special guest
Mo. 15.08. 19:00 Uhr
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Essen-Altenessen
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09.05. HAMBURG Molotow
SIDO + MoTrip 24.06.2016 JAN DELAY & DISKO NO. 1 + NAMIKA 25.06.2016 SPORTFREUNDE STILLER + MADSEN 28.06.2016 FRANK TURNER & THE SLEEPING SOULS + DOUGLAS FIRS 29.06.2016 MARK FORSTER + LOUANE 04.07.2016 G3 JOE SATRIANI, STEVE VAI, THE ARISTOCRATS 13.07.2016 ELEMENT OF CRIME 14.07.2016 SARAH CONNOR 21.07.2016
KEVIN MORBY 09.05. BERLIN Lido 14.05. HAMBURG Molotow
SUUNS 19.05. BERLIN Berghain
PORCHES 31.05. BERLIN Kantine am Berghain 01.06. KÖLN Gewölbe
DESTROYER 19.06. ERLANGEN E-Werk 20.06. LEIPZIG Werk 2 29.06. HAMBURG Knust
KURT VILE & THE VIOLATORS 30.06. BERLIN Columbia Theater
01.06. KöLN KULTURKIRCHE
MAC DEMARCO
07.06. KöLN KANTINE
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Ticket-Hotline: 01806 – 999 0000
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Mo-Fr 8-22 Uhr/Sa, So & feiertags 9-20 Uhr (0,20 €/Anruf aus dt. Festnetz/max. 0,60 €/Anruf aus dt. Mobilfunknetz)
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U 03.05. ZOOM 21.00 YUNG LEAN 06.05. ZOOM 20.00 ADAM GREEN 09.05. MOUSONTURM / LOKAL 21:00 DIRK DARMSTÄDTER
Do. 28.04.2016 | Bürgerh. Stollwerck, Köln
MOTORPSYCHO Do. 28.04.2016 | MTC, Köln
LETLIVE.
SUNSET SONS special guest: Hein Cooper
THE 69 EYES special guest: The Ghost Wolves Fr. 29.04.2016 | Stereo Wonderland, Köln
19.05. ZOOM 21:00 LOLA MARSH 21.05. MOUSONTURM 21:00 TEHO TEARDO & BLIXA BARGELD 21.05. ZOOM 20:00 DOTA 24.05. ZOOM 20:00 LGOONY & CRACK IGNAZ
LEA
01/05 02/05 04/05 05/05 08/05 10/05 11/05 12/05 13/05 20/05 29/05 31/05 10/06
TERMINE 2016
PINHANI SUMMER CEM FZW POETRY SLAM ANNENMAYKANTEREIT SOLD OUT! GREGOR MEYLE MINE ME AND MY DRUMMER MUSTASCH THE HIRSCH EFFEKT & THE INTERSPHERE DER LANGE AKA ATOMONE BETH HART & BAND DAN PATLANSKY MONSTERS OF FUN PUNK: ABSTÜRZENDE BRIEFTAUBEN, DAS FRIVOLE BURGFRÄULEIN, FUCK ÌT HEAD 19/06 COUNTERFEIT 08/07 YOUTH BRIGADE FESTIVAL 2016 11/07 THE BRONX+ FRANK CARTER & THE RATTLESNAKES 30/07 LIVEUROPE STAGE @ JUICY BEATS FESTIVAL: BLONDAGE FKA RANGLEKLODS, JOY CUT, RAZZ, EVAN & THE PARAZOL 14/09 FARID BANG 23/09 BENNE 24/09 KARATE ANDI 27/09 MAX GIESINGER 29/09- 01/10 WAY BACK WHEN FESTIVAL 02/10 TANKCSAPDA 11/10 EKO FRESH 14/10 BAMBULE: FÜNF STERNE DELUXE, CURSE, MAIN CONCEPT, MC RENE, RETROGOTT & HULK HODN 18/10 DANJU 19/10 HEINZ RUDOLF KUNZE 21/10 MADELINE JUNO 23/10 KONTRA K 26/10 ASP 28/10-30/10 WESTEND FESTIVAL 05/11 LEAFMEAL FESTIVAL 11/11 SEVEN 18/11 SHANTEL & BUCOVINA CLUB ORKESTAR 20/11 RALPH RUTHE INFOS & TICKETS WWW.FZW.DE | WWW.FACEBOOK.DE/FZWEVENT
FZW | RITTERSTR. 20 | 44137 DORTMUND
07.06. ZOOM 21:00 MAJID JORDAN
FOUR YEAR STRONG
Di. 03.05.2016 | Blue Shell, Köln
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DIGITALISM
Sa. 07.05.2016 | Gebäude 9, Köln
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INFOS BROTFABRIK: WWW.BROTFABRIK.INFO
WEITERE VERANSTALTUNGEN: WWW.MARKUSGARDIAN.DE
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KATE VOEGELE & TYLER HILTON
MONOLORD Support: We Hunt Buffalo Fr. 20.05.2016 | YUCA, Köln
LAIL ARAD
So. 22.05.2016 | Luxor, Köln
THE HEAVY
So. 22.05.2016 | Blue Shell, Köln
Mo. 23.05.2016 | Blue Shell, Köln
MAX JURY
Mo. 23.05.2016 | MTC, Köln
DEAF HAVANA
Mo. 09.05.2016 | YUCA, Köln
Di. 10.05.2016 | Kulturkirche, Köln An Evening with
TRAVIS
Di. 24.05.2016 | Studio 672, Köln
LITTLE GREEN CARS Di. 24.05.2016 | YUCA, Köln
LUH
Mi. 25.05.2016 | Studio 672, Köln
ELENA
Fr. 27.05.2016 | Gloria, Köln
HEINZ STRUNK liest: „Der goldene Handschuh“ Fr. 27.05.2016 | Stadtgarten, Köln
SARAH BLASKO Sa. 28.05.2016 | Blue Shell, Köln
JEFF ANGELL´S STATICLAND
Mo. 30.05.2016 | Blue Shell, Köln
MARK LANEGAN SKINNY LISTER special guests: Duke Garwood, Lyenn Di. 31.05.2016 | Gebäude 9, Köln
Di. 10.05.2016 | Luxor, Köln
DMA´S
Di. 10.05.2016 | MTC, Köln
THE DIRTY NIL Di. 10.05.2016 | YUCA, Köln
RYAN O´REILLY special guest: We Used To Be Tourists Do. 12.05.2016 | MTC, Köln
MARBLE SOUNDS
THE FAT WHITE FAMILY Di. 31.05.2016 | Studio 672, Köln
ARTHUR BEATRICE
Di. 07.06.2016 | Live Music Hall, Köln
BABYMETAL
Di. 07.06.2016 | Kulturkirche, Köln
Do. 12.05.2016 | Blue Shell, Köln
TEHO TEARDO &
Fr. 13.05.2016 | Artheater, Köln
Sa. 11.06.2016 | Luxor, Köln
PRINCE RAMA
JOSEPH ARTHUR
Sa. 14.05.2016 | Studio 672, Köln
Mo. 27.06.2016 | Live Music Hall, Köln
ME + MARIE & AMI BLIXA BARGELD
NIKKI LANE
SANTIGOLD
Mo. 02.05.2016 | E-Werk, Köln
special guest: Andy Shauf Sa. 25.06.2016 | E-Werk, Köln
Mo. 27.06.2016 | E-Werk, Köln
19.01. FESTHALLE FRANKFURT 19.45 DIE FANTASTISCHEN VIER TICKETS MOUSONTURM: TEL 069.405.895-20 WWW.MOUSONTURM.DE
T
Di. 24.05.2016 | Live Music Hall, Köln
Mi. 04.05.2016 | MTC, Köln
ME AND MY DRUMMER
03.09. ZOOM 20.00 WOLF ALICE
A
MIKROBOY
So. 01.05.2016 | Underground, Köln
Fr. 06.05.2016 | Gebäude 9, Köln
07.06. BROTFABRIK 20:00 JULIEN BAKER
D
Di. 17.05.2016 | MTC, Köln
Fr. 29.04.2016 | Die Kantine, Köln
Fr. 29.04.2016 | Gloria, Köln
17.05. ZOOM 21:00 JULIAN LE PLAY
P
prime entertainment www.prime-entertainment.de
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#Preview #Demnächst #Katz und Goldt
Demnächst: Intro #243 — 30.05.2016
The Kills, Colin Hanks, Andra Day, Pantha Du Prince, Flume, Die Heiterkeit, Soulwax und der Film »Café Belgica«, Alexander Kühne und die Geschichte hinter »Düsterbusch City Lights«
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