Eine Zeitung von Intro und Frankfurter Rundschau
INCLUDING ENGLISH SECTION FROM PAGE 18–19
No 2 SAMSTAG 16. JULI 2011
Krawall
Maulaufriss
Alec Empire trifft Robert Görl | Seite 6
Beady Eye | Seite 8
Fahnen Hoch Editors | Seite 9
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Foto: e.d.iphotoeye
Paul Kalkbrenner, We Have Band, Swans, The Naked And Famous & Robyn
Du, letzte Nacht und die Mainstage Er war das Highlight des Freitags: TechnoStar Paul Kalkbrenner, vor Jahren noch Berliner Geheimtipp, sorgte mit seinem Set für Ekstase vor der Hauptbühne. Der Siedepunkt eines langen Abends. Text: Felix Scharlau, Carsten Schumacher Die Erfolgsgeschichte von Paul Kalkbrenner, der gestern vor Boys Noize als Vorletzter auf der Bench Main Stage auftrat, ist auch die Geschichte des Siegeszuges von Techno quer durch alle Schichten. Noch vor wenigen Jahren galt er als Berliner Geheimtipp für melodiösen Sonntagnachmittag-Techno.
Heute füllt er Stadien. „Icke Wieder“, sein achtes Album, verpasste im Juni nur knapp die Nummer 1 der deutschen Albumcharts. Der Auftritt beim Melt! wurde so schon im Vorfeld als einer derer mit dem größten Publikumsandrang aller Zeiten vermutet. Sicher ist: Er wurde der mit der härtesten Vierviertel-Bassdrum, die diese Stage je erlebt hat. Kalkbrenner begann sein Set zunächst unprätentiös. Pünktlich auf die Minute betrat er um 2 Uhr die Bühne. Stadiontechno als Religion – ein Leitsatz, dem die vielen Tausend Zuhörer des Auftritts, der zu Redaktionsschluss noch andauerte, gerne folgten. Neun Stunden zuvor. Die Festivaltore waren seit knapp drei Stunden geöffnet, der Himmel hatte sich – ohne Folgen – gefährlich zugezogen, und die ersten Bands machten sich bereit für ihren Auftritt. Unter ihnen, als erster Act auf der Hauptbühne, auch We Have Band. Punkt 17 Uhr betrat das Trio, bestehend aus dem Ehepaar Dede und Thomas WP sowie Darren
Bancroft, vor die schon ungeduldig wartenden ein- bis zweitausend Zuhörer aus zahllosen Nationen. In der Folge zelebrierten die ehemaligen Angestellten einer großen Plattenfirma, die den Job für die Musik an den Nagel gehängt hatten, ihren akzentuierten Indie-Rock. Der klang kurzweilig und wie eine konsequente Mischung aus den Rocktrends der vorangegangenen Dekade. Bisweilen sogar wie deren Haupteinfluss – nach einer besser gelaunten, verspielteren Dance-PunkVersion von Joy Division. Weitaus kontroverser wurde nach 20 Uhr beim Auftritt von Swans im Publikum diskutiert. Kein Wunder: Mit den Swans gab es die erste Geschichtsstunde beim diesjährigen Melt!-Festival, das sich die New Yorker No-Wave-Band ganz selbstbewusst auf der Hauptbühne leistete. Die experimentierfreudigen alten Männer, deren Sound unter Musiknerds bis heute als zitierfähig gilt, bewiesen, dass man auch im Alter würdigen Spaß am Krach haben kann. Publikum und
Band standen einander bisweilen zwar ratlos gegenüber. Aber beide gaben sich redliche Mühe, die Kluft zu überwinden. Einige beschlagene Musikfans freuten sich dafür umso mehr. Bei den süffigen Arrangements der neuseeländischen Elektro-Pop-Band The Naked And Famous strahlte dann ab 21.30 Uhr passend zur einsetzenden Dämmerung endlich das Licht auf der Hauptbühne intensiv. Die in Deutschland vor allem mit ihrer „Young Blood“-Single über die VIVATrailer bekannt gewordene Band, genoss spürbar ihre gestiegene Popularität. Das Publikum, das bewiesen auch die vielen Tausend Zuhörer gestern Abend, hat sich für die Band in den letzten Monaten vervielfacht. Spätestens jetzt, bei der Show der Band um Sängerin Alisa Xayalith und Gitarrist Thom Powers, hatte die Hauptbühne Betriebstemperatur. Es ist erst wenige Jahre her, da spielte Robyn in Deutschland noch Clubkonzerte vor wenigen Hundert Zuhörern. Das, und daran ist auch das
Melt!-Festival Schuld, das die 32-Jährige schon mehrfach buchte, ist längst Geschichte. Sie veröffentlichte, befreit vom Druck großer Plattenfirmen, auf ihrem eigenen Label Konichiwa Records mehrere erfolgreiche Alben, tourte im Vorprogramm von Madonna und landete 2007 mit ihrer Hymne „With Every Heartbeat“ einen Nummer-1-Hit in England. Der erwartete Selbstläufer war auch ihr Konzert gestern zur Primetime. Punkt 0:33 Uhr folgte die zierliche Robyn ihren zur Gänze in weiß bekleideten Mitmusikern auf die Bühne. Darunter auch gleich zwei Schlagzeuger. Mit schwarzer Sonnenbrille begann sie ihr Set mit „Fembot“, einem der stärksten Stücke ihres Dreifach-Albums „Body Talk“. Es folgten nahezu alle von den Zuhörern erwarteten Stücke. Etwa „Dancing on my own“, „Call Your Girlfriend“ und – natürlich als krönender Abschluss gegen 1:25 Uhr „With Every Heartbeat“. Dann, das Feld war endgültig bestellt, kam endlich die Zeit von Paul Kalkbrenner.
SEITE 2 MELTNEWS! — Samstag, 16. JULI 2011 Ohne Plan B Die Pforten aufs Melt!-Gelände haben sich soeben geöffnet und Markus Kavka ruft zum Tanz am Big Wheel. Erwartungsvolle Gesichter weit und breit. Doch leider müssen wir verkünden, dass Plan B seinen Auftritt am Sonntag absagen muss. Nach seinem Auftritt beim spanischen Festival Internacional de Benicàssim hatte er mit Kreislaufproblemen zu kämpfen und lässt sich nun erst einmal untersuchen. Das hat nun zur Folge, dass alle anstehenden Performances am Wochenende gestrichen sind. Ersatz haben wir jedoch schon gefunden: Frittenbude, die bereits zur Pre-Party das Intro Zelt für sich einnahmen, rufen am Sonntag um 20 Uhr zur zweiten Runde.
We Are Melt!Fotoprojekt Wenn am Sonntag der letzte Melt!Tag eingeläutet wird, laden die langjährigen Hausfotografen Geert Schäfer und Gerrit Starczewski zu einem gigantischen Gruppenfoto. Dafür brauchen sie die Hilfe der Besucher! Am Sonntag, 15 Uhr, soll mit allen Melt!-Besuchern vor der Hauptbühne der Schriftzug „We are Melt!“ choreographiert werden. Ziel ist es, ein noch nie dagewesenes Bild zu schaffen, ein Zeitdokument des Melt!-Festivals und den fantastischen Besuchern in all ihren Facetten, vom Britpopper über den Raver bis zum Indiekid!
Melt! bei Twitter
Fotos: Linus Lohoff
Tobis Selbstversuch
Pogo im Melt!-Train Autor: George Grodensky Der 27-jährige Tobi ist mit dem Melt!Hotelzug zum Festival angereist. »Sehr empfehlenswert« ist sein Fazit. Die Reise dauert zwar die ganze Nacht. Aber das tut eine gute Party auch. Und in der Melt!-Eisenbahn lässt es sich vorzüglich feiern. Der Hotelzug ist ein Angebot im Rahmen von M!Eco. Unter M!Eco (sprich: Melt! Eco) führen die Veranstalter alles, was das Festival ökologischer macht. Die Zugfahrt ist allerdings nicht nur eine Möglichkeit, das Thema Mobilität ökologisch zu bespielen. Es ist auch ein Abenteuer. Das Reisemittel ist ein alter Euro-Express-Zug. Ein weinrotes Stück Eisenbahngeschichte mit Patina. So richtig express fährt der natürlich nicht. Donnerstagabend, 21.15 Uhr,
haben die Reisenden den Kölner Bahnhof verlassen. Zehn Stationen später (unter anderem Dortmund und Hannover) kamen sie in nach Ferropolis auf dem Festivalgelände an. »So um acht«, sagt Döring. Pünktlich. »Das ist bei der Menge an Passagieren schon verwunderlich«, findet Döring. Rund 700 sind es gewesen, alle bereits bei der Abfahrt in Partylaune. »Die Vorfreude aufs Festival war greifbar zu spüren.« Nur einen kleinen Zwischenfall gab es. In Hamburg haben einige auf dem Bahnsteig Zigarettenpause eingelegt. Vom Zugpersonal seien sie dann »sehr freundlich« aufs Rauchverbot aufmerksam gemacht worden. Eines der schönsten Zugfeatures ist das Disco-Abteil. »Da können gut 100
Leute drin tanzen«, schätzt Döring. Schon kurz nach der Abfahrt tummelten sich die ersten Musikfreunde auf der Tanzfläche. »Um Zwölf war es richtig voll«. Und weil der Zug ein bisschen schaukelt, wogte auch die schwitzende Menge hin und her. »Das war Pogo-Feeling.« Döring hat bis drei Uhr durchgehalten. Dann hat er sich ins Abteil zurückgezogen und geschlafen. Vorteil Zug: Wer seine Ruhe haben will, kann sich ausklinken. »Manche machen auch Radau«, sagt Döring. So laut wie auf den Zeltplätzen sei es aber nie. Bequemer ist es ebenfalls. Die Rollos halten das Licht ab, Zugschläfer ruhen länger. Regen kommt ohnehin nicht durch. Auch bei Sonne ist es im Abteil angenehm. »Der Zug heizt sich nicht
so auf, wie ein Zelt.« Sechs Leute passen in ein Abteil der Schlafwaggons. Auf drei Etagen verteilt. Die Kletterei sei nicht ganz einfach. »Aber ich habe auch die Leiter nicht benutzt«, sagt Döring. Die Fahrt hat obendrein das Gemeinschaftsgefühl verstärkt. »Ich habe ein paar nette Leute kennengelernt.« Sehr relaxt sei alles gewesen. Zu relaxt sollten die Bahnreisenden nicht sein. Abfahrt in der Nacht von Sonntag auf Montag ist eine Stunde nach dem letzten Headliner-Gig, gegen drei Uhr. »Vergangenes Jahr haben ein paar Engländer den Zug verpasst«, erzählt Döring. Die Briten hatten aber Glück. Ein Festivalhelfer fuhr sie im Bully nach Dessau, wo sie gerade noch auf den Melt!-Zug aufspringen konnten.
großartig jazziges Downbeat-Set mit Sternenhimmel-Visuals. Etwas früher hatte der britische R’n’B-Newcomer Jamie Woon nur mit ein paar Problemchen an seiner Videoleinwand zu kämpfen. Abseits dessen kam sein Set zögerlich aus den Puschen, entpuppte bei dem Hit »Night
Air« aber seine ganze, zwischen Dubstep und Pop changierende Klasse. Am Ende, nach einer Up-Tempo-Version von »Lady Luck«, gab er auch noch einen charismatisch agierenden SoulCrooner mit starker Stimme. Verdammt vielseitig, dieser Whitey!
Othertimes: »Unglaublicher Hipsteraufmarsch. Fühle mich mental underdressed.« Sportfahrer: »Ich hasse alle Leute die gerade auf dem #Melt sind. Warum? weil ich's nicht bin.« M4W4: »Und jetzt Urlaub fürs Gehirn #melt« HeavensDarling: »Sektfrühstück und Bass. #Melt« Nd80: »Karohemd ; Airwalk ; Sonnenbrille ; Hut und Kreditkarte #Melt #Erwachsenenfestival«
Jamie Woon & Nicolas Jaar
TaG am Meer Autor: Christian Steinbrink In Ferropolis ist kein Ort hübscher als der Strand, der seit einigen Jahren als Desperados Beach firmiert. Nur wenige Meter vom Baggersee entfernt steht dort eine nach hinten offene Bühne, die wunderbare Panoramen ermöglicht – sofern das Wetter hält. Wenn es aber regnet oder auch nur feucht ist,
Foto: Tobias Vollmer
Setze ein #melt ans Ende deines Tweets – die besten Einträge erscheinen morgen hier.
hat die Bühnentechnik ihre Tücken. Leidtragender am gestrigen Freitag war Nicolas Jaar, dessen exklusivem Live-Set mit Band zugegebenermaßen aber auch die Erfahrung fehlte. Die vielen Fans, die lang genug ausharrten und die halbe Stunde Verzögerung überbrückten, bekamen danach ein
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Miss Kittin
Halleluja, Happyhappy!
Foto: e.d.iphotoeye
MELTNEWS! — Samstag, 16. JULI 2011 Inhalt
Mainstage 01 Melt!-Welt-News 02 Apparat & Noah and the Whale 04
Autor: Linus Volkmann Kalkbrenner der Jüngere und Loco Dice hatten die Menge bereits aufgekocht. Und das, obwohl der Tag und die eingebrochene Nacht eher frisch und kühl denn sommerlich auffuhren. Egal, man möchte ja eigentlich auch nicht die ganze Zeit schwitzen, wenn man unterwegs ist. Eigentlich. Denn wer sich hier an der schwer umschwärmten, dicht umringten Big Wheel Stage eingefunden hatte, musste die Hitze abkönnen. Bewegung erzeugt Wärme – und es wurde verdammt viel bewegt. Miss Kittin im Licht der Visuals von PXLZ hatte sichtlich Freude an der aufgebockten Crowd und schrieb sich mit einem nicht mehr so düsteren Set – wie zuletzt immer noch
06
Intro Zelt & Total Confusion
07
Beady Eye
08
Editors 09 abgefeuert – in diese Nacht ein. Der darke Techno mit Industrial-Wurzeln atmete spürbar wieder House. Und bei all dem blitzte auch immer wieder geburtstagstortige Vollfreude durch. Kein Wunder, feiert Miss Kittin ihren Geburtstag auf dem Melt! Glückwunsch – und auch Respekt: In dem Alter noch so abzugehen wie die Franszösin hinter den Decks. Nein, das ist natürlich nur ein Spaß. Aber bei soviel Alter-Hase-Potenzial (zusammen mit The Hacker trat sie bereits 1998 auf dem seinerzeit zweiten Melt! auf) sei jener zum Geburtstag mal erlaubt. Außerdem rollt der Beat schon wieder, weiter geht’s: Denn dieses Festival, Miss Kittin und wir sind noch verdammt jung.
Foto: Dennis Dirksen
Fm Belfast
Autor: Felix Scharlau
Autor: Benjamin Walter ohne Zweifel Sänger Nikolaj Manuel Vonsild. Optisch erinnert der an eine introvertierte Reinkarnation von Kurt Cobain. Stimmlich, dank seines Vibrato-Falsetts an Antony Hegarty von Antony And The Johnsons. Letzteres machte den mal verhaltenen, mal kraftvollen Synthie-Pop der Band zu etwas fast Sakralem. Und 1500 Fans dankten es ihr.
10
Streets, Metronomy & Intro Kneipe
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Dial & Sleepless Floor
16
Digitalism & DJ Koze
17
English Version
18
Melt!wetter am Samstag, 16. Juli 2011
When Saints go machine
Sakrales am Abend
Melt! Freitag
M.A.N.D.Y., Isolée & Junior Boys 14
Foto: e.d.iphotoeye
Der gestrige Abend war noch jung, da umarmte das Melt!-Publikum bereits sein erstes Highlight: Das dänische Quartett When Saints Go Machine spielte sich auf der Gemini Stage mit schwermütigem Entrücktheits-Pop in nur 40 Minuten in die Herzen der Zuschauer. Der Fixpunkt der Band, die mit »Konkylie« im Juni ihr zweites Album veröffentlichte, war dabei
Atari Teenage Riot & DAF
Sonnig
Killing in the Name of Massen-Extase bei FM Belfast: Die Gemini Stage füllte sich zaghaft, doch dann strömte es von allen Seiten. Und man konnte eine technisch perfekte wie überdrehte Band in zu kleinen Hemden, Hosenträgern und Fliege bei ihrem Melt-Debüt erleben. Die hatte selbst so viel Spaß, dass sie sich bis auf ein paar knackige Turnerdresse entblätterte. Auch wer sie bisher
nicht auf dem Schirm hatte, konnte an das Rage-Against-The-MachineCover in Überlänge von »Killing in the Name Of« andocken wie in den goldenen 90ern »Fuck you, I won‘t do what you tell me!« über das nächtliche Ferropolis schreien. Den Anweisungen des Ordnungspersonals ist allerdings trotzdem Folge zu leisten. Dennoch: Diese Band ist ein Aufstand.
14° C
27° C
Foto: Tobias Vollmer
SEITE 4 MELTNEWS! — Samstag, 16. JULI 2011 IMPRESSUM Verlage Intro GmbH & Co. KG, Venloer Str. 241–245, 50823 Köln Fon (0221) 9 49 93-0 Fax (0221) 9 49 93 99 Mail verlag@intro.de vorname.nachname@intro.de www.intro-verlag.de
Apparat Band
Mit Band, Feedback und Gehrock
Herausgeber & Geschäftsführer Matthias Hörstmann In Kooperation mit Druck- und Verlagshaus Frankfurt am Main GmbH Geschäftsführer Karlheinz Kroke Karl-Gerold-Platz 1 60594 Frankfurt am Main Fon (069) 2199 1, Fax (069) 1310030 Mail leserbrief@fr-online.de www.fr-online.de
Text: Martin Riemann Feedback ist nicht dein Kumpel, an dessen Schulter du dich ausweinen kannst. Feedback ist ein Lover. Und wenn Apparat nicht hinter seinem Pult steht, sondern Gitarre spielt und dazu noch einen weißen Gehrock trägt, geht in Sachen Liebe und Melancholie so einiges. Apparat als Band kommt mit Schlagzeug, Bass und natürlich noch mit allerhand elektronischem Synthiezeug, das man auf der Bühne aber gar nicht wahrnimmt, weil hier tatsächlich der Popappeal super funktioniert. Natürlich nur, wenn man Pop auch als dronige
Objektleitung Intro Martin Lippert Objektleitung Frankfurter Rundschau Nicole Bartwicki Chefredakteur Intro Thomas Venker Chefredakteur Mediendepot Frankfurt GmbH im Auftrag der Frankfurter Rundschau Arne Löffel Redaktion Christian Steinbrink (CvD), Wolfgang Frömberg, Felix Scharlau, Annette Schimek (Foto), Carsten Schumacher, Linus Volkmann, Kristina Engel (Lektorat)
Feedbackschrankwand, die gefühlsduselig in Richtung Dubstep torkelt, begreifen kann. Was man sollte. Sascha Rings – quasi atemlose – Kopfstimme trägt dabei das Set wesensstark in Richtung emotionale Auflösung und das Konzept »Einzelact als Band« steht da, als wäre es nie anders gewesen. Und das, obwohl die Bühne oder Bahnhofshalle eigentlich viel zu riesig für das Trio ist. Eigentlich unheimlich, denn das muss der Typ genauso geplant haben. Und das heißt, dass das auch in Zukunft immer wieder funktioniert.
Foto: e.d.iphotoeye
Art Direction Holger Risse AutorInnen Sebastian Bach, Henrik Drüner, Paula Fuchs, George Grodensky, Michael Hoh, Heiko Hoffmann, Sebastian Ingenhoff, Leo Leowald (Comic), Arno Raffeiner, Martin Riemann, Maja Schäfer, Janis Stock, Michael Weiland, Roland Wilhelm Übersetzer Michael Hoh, Alexander Mayor Layout Saskia Buchen, Jürgen Frost, Christine Mellies, Holger Risse Administration Eva Lohmeyer Public & Media Relation Dominic Pohlmann Marketing & Sales Oliver Bresch (Ltg.), Martin Lippert, Pete Schiffler, Sebastian Siegmund, David Winter Druck Druckzentrum Neu-Isenburg, Rathenaustraße 29, 63263 Neu-Isenburg Gerichtsstand Frankfurt am Main. Druckauflage 10.000 Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier aus nachhaltiger Forstwirtschaft. Abdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages! Mit Namen gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Noah & the whale
FM SpellFast Text: Carsten Schumacher Das Set der britischen Indie-Folkband Noah And The Whale begann eigentlich schon vor ihrem Eintreffen auf der Bühne. Die als Eingangsfanfare gewählte Instrumental-Version von Queens »Bohemian Rhapsody« brachte das Intro Zelt jedenfalls zu inbrünstigem Gesang und bester Stimmung mit reichlich zum Dach gereckten Händen, noch bevor der erste Musiker im Anzug überhaupt sichtbar wurde. Mit »Give A Little Love« eröffnete die ebenso gut gescheitelte wie einsilbige Formation um Laura Marlings Freund Charlie Fink ihr Set, in dessen Verlauf
nur der Bassist und ehemalige Kinderstar Matt »Urby Whale« Owens tüchtig ins Schwitzen geriet. Beseelte Menschen in Tigerkostümen oder mit Affenmasken konnte man dazu tanzen sehen. Am Ende sollte alles nach einem heftig beklatschen »Five Years Time« in »L.I.F.E. G.O.E.S. O.N.«, dem Überhit des letzten Albums münden, was allerdings nur teilweise gelang. Die Erkenntnis des Abends war, dass ein deutsches Publikum leider nicht schnell genug englisch buchstabieren kann, wie zum Mitsingen nötig gewesen wäre.
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SEITE 6 MELTNEWS! — Samstag, 16. JULI 2011 DAF trifft Atari Teenage Riot
Krawalle zwischen Kunst und Punk Der eine brachte mit DAF die Sequenzersounds in den Punk, der andere holte mit Atari Teenage Riot den Punk in die Elektronik. Robert Görl und Alec Empire standen beide zu ihrer Zeit für die Vereinigung (damals) extremer Gegensätze. Vor ihrem Auftritt beim Melt! trafen sich die beiden Provokateure zum Gespräch. Interview: Martin Riemann
Sowohl DAF als auch Atari Teenage Riot haben für ihre Musik Instrumente benutzt, die man vorher nur aus anderen Genres kannte. Das ging natürlich gegen die Erwartungshaltungen, oder?
Robert Görl: Genau, dann haben wir ihnen aber gesagt: »Wir sind auch Punks, also Elektronikpunks«. Wir haben uns da rein ideell etwas genommen. Diese Provokation empfanden wir als das beste am Punk. Die Punkmusik selber fanden wir schrottig, das war ja nix – wir haben teilweise den Punkbands gesagt: »Ihr spielt noch mit Gitarren, das ist absolut out!« Alec Empire: Bei uns gab’s Schlägereien bei den ersten Shows. Ihr habt ja mit DAF die ganze Vorarbeit geleistet – man könnte also denken, dass danach die Leute offener gewesen wären. Aber bei uns war es dann umgekehrt. Wir haben Gitarrensamples benutzt, da wir eher Punk gut fanden, wovon man sich in der Techno-Szene Anfang der 90er allerdings komplett lösen wollte. Wir sind dann, weil es bei den Raves nicht ging, in die Squats gegangen, um vor Punks zu spielen – aber auch da stießen wir dann auf so Fundamentalisten. Warum funktionierte es bei den Raves nicht? Weil die Musik zu hart war? AE: Bei uns war immer ein wichtiger Punkt, dass eine politische Message dabei war. Gerade diese Parolen wollte der Techno Anfang der 90er aber loswerden. Viele Menschen kommen schnell programmiert
GER ADE LINIEN — KRUMME B E AT S
B AU H AU S FERROPOLIS & M E LT !
Ferropolis-Ausstellung mit Bildern aus dem Bauhaus Archiv Festival-Fotografie von Geert Schäfer Melt!-Grafik von Jürgen Frost Führungen durch das Bauhaus jeweils 13.00 & 17.00 Uhr
rüber, wenn es um Musik geht. Es gibt da ein Prinzip, wie Musik für die meisten zu sein hat und auch was der Bevölkerung für Entertainment geboten wird, was für Musik an Feiertagen läuft, für Weihnachten oder beim Militär. Die Leute hören bestimmte Klänge und benehmen sich nach so einem Pattern. Wie geht ihr damit um, wenn ihr jetzt wieder mit euren alten Bands auftretet? Da gibt es ja nicht wenige Erwartungshaltungen. AE: Wir versuchen diese zu zerstören. Wir halten es für gefährlich, wenn Leute sich Mustern entsprechend verhalten. Dieser Ansatz der Konfrontation wär ohne Leute wie DAF nicht möglich. Ich kenne die Situation nur allzu gut, dass das ATR-Publikum immer auf die Zwölf geht, sowieso alles mitschreit. Du sagst »Hey!« und dann sagen die auch »Hey!«. Und wenn du jetzt »Heil!« sagen würdest, dann würden die vielleicht auch »Heil!« sagen. Das ist das Problem mit Rockmusik: der eine macht es vor, die anderen machen es nach. Wie hat man sich die Shows denn vorzustellen: Spielt ihr denn auch alte Sachen? AE: Wir spielen die zwar, aber natürlich nicht mehr so wie früher. Die Texte sind teilweise erneuert und teilweise sind ganz andere Sounds dazu gekommen. Das ist ein Vorteil von elektronischer Musik: du kannst flexibel sein. Bei den Auftritten letztes Jahr
hat das gut funktioniert, vor allem weil ein ganz neues junges Publikum da war, an das ich vorher überhaupt nicht gedacht habe. Ich hab nicht gedacht, dass M.I.A., Crystal Castles oder Pendulum uns alle immer erwähnen. Dann hast du auf einmal 19jährige im Publikum, die dich als Legende sehen. Ich dachte da kommen eher die alten Fans und war auch darauf gefasst, dass man die eventuell vor den Kopf stoßen muss, damit es keine frustrierende Sache wird. Aber das war dann plötzlich überhaupt nicht so. Und nur deshalb machen wir weiter. Wie ist es bei euch, Robert? Heute kommt wahrscheinlich nicht mehr das Publikum zu euch, dass die Konfrontation sucht. RG: Stimmt, das ist eigentlich nicht mehr so. Jetzt kommen wirklich nur noch die Leute, die auf uns stehen. Und dem kommen wir auch entgegen: Wir spielen auch unsere Greatest Hits mehr oder weniger komplett – und wir haben kein kleines Repertoire. Die Leute feiern das ab. Wie siehst du heute eure Texte und Performance? RG: Irgendwie fühlt sich das immer noch genau so an. Die Texte von »Verschwende deine Jugend« oder »Kebab Träume« sind zeitlos - auch wenn es die Mauerstadt nicht mehr gibt. Da ist irgendwie so ein Witz drin in diesen Zeilen. Ein anderer Punkt, den es mit dem Heute abzugleichen gilt, ist das Körperbetonte, das Austesten der eigenen Leistungsgrenze, das euch beide auszeichnete. Man denke nur an das Schreien, das bei ATR immer so wichtig war. AE: Es kann manchmal passieren, dass wir soviel Signal schicken, dass die Limiter einfach eine Pause erzwingen. Da geht dann komplett der Strom aus. Wir haben mal in Chicago gespielt und das war so ein Moment: Als mein Schrei kam, gingen die PA und alle Lichter aus. Jemand aus dem Publikum sagte mir später, wie gespenstisch das gewesen sei, diese komplette Ruhe und mein echter Schrei, der so laut war, dass man da erst bemerkt hat, was für eine Kraft dahinter steckt. Robert, das ist ja die Rolle, die deinem Schlagzeugspiel zukam bei DAF. Das wurde auch immer bestaunt.
– DAF: Heute / Intro Zelt / 23:30 – Atari Teenage Riot: Heute / Intro Zelt / 1:00
Fotos: Lars Borges
INI T IER T VON
MI T FREUNDL ICHER UN T ER S T Ü T ZUNG VON
16.07.
17.07.
14.30 Uhr Musik am Bauhaus Vortrag von Burghard Duhm
14.30 Uhr From Bauhaus to Berghain Vortrag von Thomas Karsten (Karhard Architektur) begleitet von einem analogen Live-Set von Tobias Freund
16. und 17.07.2011 Bauhaus Dessau
15.30 Uhr Is This Hyperreal? Videos, Discussion and Specials Workshop mit Alec Empire
RG: Man braucht viel Energie dafür. Fühlst du dich denn noch immer wie eine Maschine? RG: Wir spielen im Grunde genommen noch dieselbe Show. Und das fühlt sich genau so an: das ist dieselbe Energie, ist derselbe Style. Also auch von der Kraft her, wie man es spielen muss, damit es überhaupt wirkt. AE: Der Punkt ist doch: Wenn du nur 10% schlechter bist, ist es scheiße. Das kann sich im Publikum vielleicht nicht jeder vorstellen, aber ein Song funktioniert halt nur, wenn er einen bestimmten Punch und Druck hat. Aber bei euch geht es schon extrem ins Körperliche. AE: Das Physische in den Shows haben wir in der Tat gemeinsam. Ich steh jetzt nicht da und klatsch im Takt. Ich glaube jeder, der auf solche Konzerte geht, will physische Energie abkriegen. RG: Ganz genau. AE: Darum geht es also. Sex spielt auch eine Rolle. AE: Klar, das habe ich immer gut gefunden. Nur die Indierock-Leute, die regen sich darüber noch mehr auf, als wenn du was Politisches sagst. Das ist so christlich - gewisse Werte, von denen die Leute eigentlich sagen, sie hätten sie abgelegt. Ist ja auch ein Spiel mit schwulen Bildern, das da stattfindet. Das hat bei Musik, die ich gut fand, für mich immer eine Rolle gespielt.
Bauhaus Dauerausstellung (vergünstigter Eintritt mit Festivalbändchen, nur € 4,00) Kostenlose Busse vom Festivalgelände am 16. und 17.07. Abfahrt Busbahnhof Festivalgelände: 12.30 & 14.00 Uhr Rückfahrt ab Bauhaus: 17.00 & 18.30 Uhr
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MELTNEWS! — Samstag, 16. JULI 2011
Michael Mayer, Tobias Thomas & Superpitcher
Dem Glasgower Sextett Dananananaykroyd gebührt schon jetzt der Sieg im Kampf um den schönsten Bandnamen beim Melt! 2011. Dabei ist ihr agiler Singalong-Neopunk mindestens genauso auffällig. Dan Aykroyd, die namenstiftende HollywoodSchauspiel-Ikone, könnte sich davon um 19.30 Uhr im Intro Zelt ein Bild machen – hätte er die weite Reise auf sich genommen.
Der Samstag im Intro-Zelt
Durch Raum und Zeit Ende 2011 feiert das Intro-Magazin 20-jähriges Bestehen. Einige Bands, die heute im Zelt spielen, können darüber nur lächeln: Ihre Karriere begann teilweise sogar schon vor 30 Jahre. Unterm Strich steht ein Wiedersehen mit extrovertierten deutschen Bands wie Mutter, DAF, K.I.Z. oder Atari Teenage Riot. Gleichzeitig aber auch eine Begegnung mit der Zukunft des internationalen Punk Rocks. Text: Felix Scharlau Oft sind es die einflussreichsten Bands, die auf die banalsten Namen hören. Als Max Müller Mutter 1986 gründete, konnte er kaum ahnen, dass sie 25 Jahre später noch aktiv sein und zu den einflussreichsten der unbekannten Bands Deutschlands zählen würde. Immerhin ist Mutter, wenn man so will, auch die Mutter der Hamburger Schule. Eine große Ehre, dass die Band heute im Intro-Zelt spielen wird. Gleiches gilt für eine Punk-Band mit deutlich weniger eingängigem Namen: Die Schotten Dananananaykroyd beziehen sich zwar auf den mittlerweile in der Versenkung verschwundenen 80er-Jahre-Comedy-Star Dan Akroyd (»The Blues Brothers«, »Ghostbusters«). Das Sound-Inferno des Sextetts wirkt in seiner Mischung aus Pop, Post-Hardcore und Punk jedoch durchaus zukunftsweisend. Gleiches gilt für das elektronische Rüstzeug von These New Puritans und Planningtorock. Beide sind bekannt für eindringliche Shows
zwischen Club-Hedonismus und bewegender Introspektion an den Nahtstellen zwischen Pop-Mainstream und Underground. Noch spannender, zumindest aber agiler, dürfte sich, wie das gemeinsame Interview auf S. 8 bereits erahnen lässt, das folgende Aufeinandertreffen von DAF und Atari Teenage Riot gestalten, die direkt hintereinander spielen werden. Einst standen beide – DAF in den 1980ern, Atari Teenage Riot in den 90ern – für eine maximal vorstellbare Kompromisslosigkeit im Umgang mit den Erwartungen der eigenen Szene. Beide radikalisierten, politisierten und zerfledderten den jeweils aktuellen Status Quo der zeitgenössischen elektronischen Musik. Heute stehen glücklicherweise beide wieder auf den Bühnen dieser Welt, ganz so, als seien sie nie weggewesen: Noch immer sind ihre Auftritte radikal, treten die üblichen Konventionen und den sich anbiedernden Zeitgeist mit den Füßen. Tanz den Mussolini!
Menschen, Tiere, Eskapden und „Urlaub fürs Gehirn“ – es geht gleich extrovertiert weiter. K.I.Z. aus Berlin gelten gemeinhin als schnelle Eingreiftruppe des deutschen HipHops. Sie machen reichlich Gebrauch von der im Genre implementierten Kommentarfunktion. Wo andere nur sich selbst bespiegeln, tragen sie genüsslich allen anderen die jahrelang aufgebauten Fassaden ab und pinkeln anschließend auch noch auf die armseligen Trümmer. Live kommt an die durchgeknallte, aggressive Fun-Factory ohnehin keiner ran. Außer eben der geneigte Zeltbesucher. Im Anschluss treffen zwei der größten Kölner DJ-Exportschlager aufeinander. Die Kollektive Trashpop und Mingle Jingle verwöhnen die Crowd mit der besten Musik aller Zeiten – zu der sie explizit auch Acts wie Dizzee Rascal, Dr. Alban, Münchener Freiheit oder Whigfield zählen.
– Heute / Intro Zelt / ab 17:30
Total Confusion Wenn man »Techno« und »Köln« sagt, dann muss auch die Partyreihe Total Confusion genannt werden. Die von Michael Mayer, Tobias Thomas und Axel Schaufler (Superpitcher) gehostete Clubnacht prägt seit mehr als einem Jahrzehnt das Ausgehgefühl der Stadt am Dom. Text: Thomas Venker Für Berliner mag es eine seltsame Vorstellung sein, aber die ersten Jahre der Total Confusion gehörte das Ende der Party zu den schönsten Momenten. Wir schreiben die letzte Tage des vergangenen Jahrhunderts, die Kölnische Sperrstunde läutet noch erbarmungslos um 5 Uhr, freilich mit der in der Stadt gepflegten Toleranzgrenze eines einstündigen emphatischen Abschieds. In diesen letzten Minuten wurde all das gespielt, was sonst die Systeme Techno und House gesprengt hätte: der digitale HipHop einer Missy Elliott, der bouncende Soul von Aaliyah, dieser eine zu cheesy Daft Punk Track... Hier konnte man die Offenheit, für die die von Tobias Thomas und Michael Mayer in den 1990ern gegründete und mit Superpitcher in das neue Jahrtausend geführten Partyreihe steht, besonders spüren. Total Confusion ist, auch wenn sie die Basis für den heute omnipräsenten Kompakt-Minimalsound gelegt hat, soviel mehr. Ohne Scheuklappen wird offen und mitreißend Pop und Rave zusammengedacht. Das große Versprechen des Loslassens trägt die Total Confusion bereits im Namen. Nicht weniger als die totale Verwirrung sollte es sein. Konfusion nicht (nur) im Sinne von Eskapismus, nein, viel sinnlicher und anschmiegender; Nacht um Nacht geht es hier um eine spezielle Variante des gemeinsamen Feierns. Nicht jeder für sich allein oder eingetaucht in die Menge, sondern gemeinsam verstanden als mehr als nur örtliche Zuschreibung. »Total Confusion« ist eine Clubnacht, die uns zeigt, dass dein Club, deine Leute dich brauchen.
Die Partyreihe ist zugleich ein Liebeserklärung an die Stadt Köln, das merkt man an der Intensität mit der die Macher sie auch jetzt noch pflegen, nach dem sie die Geburtsstädte Studio 672 schon länger verlassen haben und auf andere Locations ausweichen. Umso bemerkenswerter ist dies, als dass alle drei DJs sowie der Macher im Hintergrund, Ralph Christoph, keine gebürtigen Kölner sind. Aber wie so viele hat sie die Wärme der Stadt erwischt. Als Zeugnis dieser Liebe feierte man im Juni das dreizehnte Jubiläum der Total Confusion im Kölner Stadtgarten. Der Auftritt beim Melt! knüpft hier nahtlos an.
– Heute / Big Wheel Stage / 4:00
SEITE 8 MELTNEWS! — Samstag, 16. JULI 2011 Busy P Der Ed-BangerNukleus Das Schlagwort »360 Grad«, also der Grundsatz, möglichst alle Musik-Geschäftsfelder parallel zu betreiben, um heutzutage erfolgreich wirtschaften zu können, ist für Pedro Winter – der sich auf der Bühne bezeichnenderweise Busy P nennt – ein alter Hut. Der ehemalige Manager von Daft Punk ist Produzent, DJ, Manager und Inhaber des wichtigsten französischen Plattenlabels der Nullerjahre: Ed Banger Records aus Paris. Von hier aus gelang ihm mit befreundeten Künstlern wie Justice, Uffie, SebastiAn, DJ Mehdi oder Mr. Oizo Historisches: In einer Zeit, als Air und Daft Punk den kommerziellen und kreativen Rückzug antraten, schaffte es die Clique von Ed Banger, französische Clubmusik ins internationale Club-Bewusstsein zurückzubringen. Besser vielleicht sogar: zu prügeln. Der Trademark-Sound des Labels – eine bisweilen fast zu Tode komprimierte, schreiende Mischung aus Rock, Elektro und HipHop – wurde auf Jahre hinaus zum mühsam kopierten Standard-Fetisch des internationalen HomerecordingNachwuchses. Sein Elektro klingt laut, überbordend und grell. Kurz: So ziemlich wie die beste Party, die man sich vorstellen kann. Text: Felix Scharlau
– Heute / Gemini Stage / 4:30
Beady Eye
Die GröSSten Beady Eye machen das, was schon die Vorgängerband Oasis super konnte: größer sein. Als wer? Egal. Auf jeden Fall als Oasis, man entwickle sich schließlich weiter. Gemessen am eigenen Maulaufriss, bewegt sich die Band jedenfalls in Lichtgeschwindigkeit. Text: Carsten Schumacher
Für den durchschnittlichen Kontinentaleuropäer mutet es wahrscheinlich schon seltsam an, aber Teile der Popwelt Englands scheinen immer noch genügend Reiz darin zu verspüren, sich auch im Jahr 41 nach deren Ableben an den Beatles abzuarbeiten. Wo doch selbst die bei der Einordnung ihrer selbst strauchelten. Im Lichte von John Lennon erstrahlte seine Band im Jahr 1966 heller als Jesus. Und das kann der nicht gerade für Bescheidenheit bekannte Beady-Eye-Sänger Liam Gallagher natürlich nicht auf sich sitzen lassen. »I‘m gonna stand the test of time like The Beatles and The Stones«, singt er. Beady Eye sollen größer werden als die Beatles, das sind die erklärten Ambitionen von Liam Gallagher für die Gegenwart. Und wenn die Beatles größer als Jesus sind und Beady Eye wiederum größer als die Beatles, erhält die theologische Aufarbeitung eine völlig neue Dimension. Noel Gallagher wird in dieser Neuordnung des Universums jedenfalls keine signifikante Rolle mehr zugeteilt: Liam und Rest-Oasis wollen als Beady Eye mit ihrem alten Hauptsongwriter nicht mehr in Verbindung gebracht werden. Liam sei von seinem Bruder lange Zeit unterdrückt worden, erläutert Gitarrist Gem Archer den Zustand der offenen Wunde. Noels neue Songs seien Ausschussware vom letzten Oasis-Album, höhnt es aus Liams Lager weiter. Der Bruderkrieg, er ist auch nach dem Ende von Oasis keinesfalls Geschichte. Dieser endlose Zank hat allen Beteiligten in der Vergangenheit zumindest in PR-Hinsicht wertvolle Dienste geleistet, er soll es auch in
Zukunft tun und wird deshalb liebevoll und publikumswirksam gehegt, gepflegt und ausgetragen. Wenn Kain und Abel Friedenspfeife rauchten, müsste sich wahrscheinlich die halbe Belegschaft des NME arbeits suchend melden. Auf der Bühne geht es respektvoller zu: Live wollen Beady Eye gemäß eigener Aussage von Oasis-Songs absehen. Bassist Andy Bell sagte, es sei ihnen als nicht richtig erschienen, die Songs ohne Noel zu spielen. Die allermeisten Hits gingen schließlich auf sein Konto. Doch warten wir einfach ab, ob sie auf Dauer davon lassen können. Warten wir ab, ob die Zeit von Zigaretten und Alkohol, die Zeit der klassischen Oasis-Hits tatsächlich für immer hinter ihnen liegt und die Band sich davon wegbewegt a.k.a. weiterentwickelt hat. »Different Gear, Still Speeding«, der Name des Debüts, will das suggerieren, doch Beady Eye haben sich zum Glück ihrer Fans an keiner Stelle ihres Debüts vom Œuvre der beinahe identisch besetzten Vorgängerband entfernt. Alles bewegt sich zwischen Stones, Rave und den Beatles. Und wenn wir schon keinen Oasis-Song hören werden, dann vielleicht zumindest das »Across The Universe«Cover, das Beady Eye vor einiger Zeit für die Erdbebenopfer von Japan aufgenommen haben. Und wenn dann wieder so viele Fans aus England beim Melt! zu Gast sind wie zwei Jahre zuvor, als Oasis Headliner waren, kann schon mal ein magischer Moment des Festivals für 2011 als gesichert gelten.
– Heute / Bench Mainstage / 21:00
MARKUS KAVKA · BEN KLOCK THE KNOCKS · THE KOLETZKIS DJ KOZE · LAWRENCE LES SAVY FAV · LITTLE DRAGON A.T.O.L. — MODESELEKTOR, LOCO DICE · M.A.N.D.Y.
▴ MELT! COMPILATION VOL. 7
SHED, MARCEL DETTMANN MATT AND KIM · MEN ELLEN ALLIEN · ÂME · APPARAT BAND MEDIENGRUPPE TELEKOMMANDER ATARI TEENAGE RIOT · AZARI & III METRONOMY · MISS KITTIN BEADY EYE · BODI BILL MODESELEKTOR · MONARCHY GUI BORATTO · BOYS NOIZE MUTTER · ARTO MWAMBÉ BRANDT BRAUER FRICK · BUSY P THE NAKED AND FAMOUS CARTE BLANCHE · CLOCK OPERA NOAH & THE WHALE · NÔZE CONSOLE · CARL CRAIG & PLANNINGTOROCK · PLAN B · THE PROXY RADIO SLAVE B2B · CHASE & STATUS PULP · REDSHAPE PRES. PALISADE
17 Tracks | Planningtorock, Robyn, Bodi Bill, The Drums, White Lies, Cut Copy, The Hundred In The Hands, Patrick Wolf and many more
COLD WAR KIDS · CRYSTAL CASTLES ROBYN · JOHN ROBERTS · RUSKO CRYSTAL FIGHTERS · CUT COPY SBTRKT · EDWARD SHARPE AND DAF · DANANANANAYKROYD THE MAGNETIC ZEROS · SIRIUSMO DIGITALISM · THE DRUMS SIZARR · THE SOUND OF ARROWS DUCHESS SAYS · ERRORS THE STREETS · SWANS · DJ T EVERYTHING EVERYTHING · FAKE BLOOD TENSNAKE · THESE NEW PURITANS ROMAN FLÜGEL · FM BELFAST TOM VEK · TOTAL CONFUSION B2B2B – FOSTER THE PEOPLE · FRITTENBUDE & TOBIAS THOMAS, MICHAEL MAYER & EGOTRONIC · GOLD PANDA SUPERPITCHER · TOTALLY ENORMOUS JOSÉ GONZÁLEZ · GUY GERBER EXTINCT DINOSAURS · WE HAVE BAND CALVIN HARRIS · RICHIE HAWTIN WHEN SAINTS GO MACHINE · WHITE LIES HOUSEMEISTER · THE HUNDRED IN PATRICK WOLF · JAMIE WOON THE HANDS · IRON AND WINE AND MANY MORE... ISOLEE · NICOLAS JAAR JUNIOR BOYS · JUNIP FRITZ KALKBRENNER PAUL KALKBRENNER · KATY B
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MELTNEWS! — Samstag, 16. JULI 2011 Editors
Pathos der technik Editors halten die Post-Punk- und New Wave-Fahnen hoch, tauschen neuerdings Gitarrenwände gegen Synthieteppiche und sind doch viel mehr als bloße Plagiate von New Order, Interpol und Co. Also Schluss mit den redundanten Bandvergleichen und das Quartett gebührend abfeiern! Text: Maja Schäfer »You will choke, choke on the air you try to breathe« – diese Songzeile stammt nicht etwa von einer morbiden Goth-Metal-Kombo, sondern von einer der erfolgreichsten Indie-Acts, die das Vereinte Königreich vorzuweisen hat. Einen Hang zu bitterbösen Texten und theatralischem Gestus kann man den Editors durchaus unterstellen. Außerdem enorme musikalische Vielseitigkeit und eine unvergleichliche Bühnenpräsenz. Die vier Musikstudenten um Tom Smith lernten sich an der Staffordshire Uni in einem Seminar mit
dem bezeichnenden Namen »Music Technology« kennen, gründeten eine Band, hatten ein Jahr später bereits einen Plattenvertrag in der Tasche, wurden mit ihrem Debüt »The Back Room« für den begehrten Mercury Prize nominiert und stiegen mit den beiden Nachfolge-Alben »An End Has A Start« und »In This Light And On This Evening« auf Platz 1 der britischen Charts ein. Eine Monopoly-Erfolgsgeschichte also, bei der das Feld »Gehen Sie ins Gefängnis, gehen Sie nicht über Los…« gekonnt umgangen wurde. Dabei ist die Musik der Editors
auf den ersten Blick alles andere als konsensfähig. Schon der Opener des aktuellen Albums weist die Richtung. Tom Smith singt mit seiner charakteristischen Grabesstimme »I swear to God«. Letzterer begegnet einem in Editors’ Songs übrigens öfter, so dass sie zum Teil wie verstörende Kirchenlieder klingen. Abgesehen von Religiosität finden auch andere Sujets auf den Platten der Editors ihre musikalische Interpretation. Die Anonymität der modernen Großstadt zum Beispiel ist einer der roten Fäden, die das neue Album durchziehen – kaum
verwunderlich, wo doch Ed Lay das einzige Bandmitglied ist, das der Heimatstadt Birmingham die Treue hält. Chris Urbanowicz und Russell Leetch hat es inzwischen nach New York getrieben, Tom Smith hat seine Zelte bis auf weiteres in London aufgeschlagen. Die englische Hauptstadt ist es dann auch, die auf »In This Light And On This Evening« als »the most beautiful thing that I’d ever seen« beschrieben wird. Zur Erinnerung: »The sadest thing I’ve ever seen« waren für Smith auf der vorangegangen LP noch die »Smokers Outside The Hospital
Doors« und zudem eines der Indizien, nach denen Kritiker der Band vorwarfen, reine Joy Division-Klone zu sein. Plagiatsvorwürfe und Pathos hin oder her – alle Neider müssen eingestehen, dass Editors-Auftritte die Gigs eines jeden Festivals sind, bei dem der betrunkene Nebenmann, der bei allen Konzerten zuvor gepogt, genervt und gepöbelt hat, plötzlich den Mund hält und bedächtig den wunderschönen und melancholischen Songs lauscht. Wenn das kein Qualitätsbeweis ist.
— Heute / Bench Main Stage / 24:00
SANTIGOLD · EDITORS · CRYSTAL CASTLES · ...AND YOU WILL KNOW US BY THE TRAIL OF DEAD · THE BLOODY BEETROOTS DEATH CREW 77 · JOHNOSSI · MARTERIA · COLD WAR KIDS · DIE GOLDENEN ZITRONEN · KELE EDWARD SHARPE & THE MAGNETIC ZEROS · THE PAINS OF BEING PURE AT HEART · THOSE DANCING DAYS · NOAH AND THE WHALE · WILD BEASTS · MOUNT KIMBIE · ANDREAS DORAU · KOLLEKTIV TURMSTRASSE EGOTRONIC · DJ PHONO (LIVE) · BODI BILL · HUNDREDS · KAKKMADDAFAKKA · SLAGSMALSKLUBBEN · ZOLA JESUS · BEAT!BEAT!BEAT! · DUNKELBUNT · FENECH-SOLER · CASPER · CRYSTAL FIGHTERS · BLACKMAIL HUAH! · GOLD PANDA · TIMBER TIMBRE · FUKKK OFFF · SUPERSHIRT · SDP · YUCK · IS TROPICAL · CASIOKIDS · ISBELLS · GLASSER · STAR SLINGER · IN GOLDEN TEARS · I HEART SHARKS · TROPHY WIFE · MODDI SBTRKT BALTHAZAR · MAY68 · ALESSI´S ARK · FELIX KUBIN · WALLS · PEGGY SUE · THE BLACK ATLANTIC · T H E S L O W D O W N (UK) · MARK BOOMBASTIK & EDUARDO DELGADO LOPEZ · VINNIE WHO · KELLERMENSCH SPACEMAN SPIFF · GOLDEN KANINE · THESE GHOSTS · STATION 17 · JUST A NUMBER 27052011 · FUCK ART, LET´S DANCE! · CHUCKAMUCK · DIETER MOEBIUS & ASMUS TIETCHENS · TOY HORSES · RUE ROYALE HERPES · KREISKY · HERE IS WHY · THE POLLYWOGS · A FOREST · CHRISTOPHER RAU (LIVE) · SMALLPEOPLE · RAZ OHARA (LIVE) · THE SORRY ENTERTAINERS (LIVE) · AWESOME TAPES FROM AFRICA THE GOOD MORNING DIARY · MANAMANA · MATTHIAS MEYER UND PATLAC · CONSTANTIN GROLL · SUTSCHE UND FELLO · AKAAK · RAF KÖTER · GRIZZLY · TILMAN TAUSENDFREUND · RATKAT · SDFKT · ALLEN ALEXIS PHUONG DAN · PINGIPUNG SOUNDSYSTEM· JALES UND KNOPF · MATT MORODER · PARAMIDA&KATOVL · FRONT2BLAQ · PUSH THE BUTTON · HENRIK ZEABIRD · MODERN S†ALKING · TROUBLE VS GLUE · LOVEGANG STEFFEN BENNEMANN · HEDDA · STANLEY IPKISS · STRFLD SIMULATION · VIDEOCLUB · THE DASHWOODS · THE BROKEN SEAS · SANDY BEACH · UIJUIJUI · POPCHAOT · 1MANDISCO · BESSERE ZEITEN · AZAGAIA CAMERA · NORDIC BY NATURE DJ TEAM · HEADZ UP KING und viele mehr… msdockville.de
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MELTNEWS! — SAMSTAG, 16. JULI 2011
Rechts: The Drums kurz vor ihrem Einsatz auf der Bühne. Angespannt, sexy und akkurate Ponys. Unten: Autogrammstunden kennt sogar deine Oma. Die war allerdings nicht verfügbar, da haben wir uns kurzerhand andere Bands aus dem Melt!-Programm gekrallt. Zum Beispiel Is Tropical schrieben fleißig ihre Namen und gaben Antworten. Hier zu sehen kurz vor genau jenem Appear am malerischen Intro-Festivalguide-Stand.
Der Freitag auf dem Melt!
So sieht da Oben: Man kann nie genug V-Ausschnitt und Haarspray aufbieten. Genau das wussten auch Sizarr auf der Gemini Stage.
MELTNEWS! — Samstag, 16. JULI 2011
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as aus! Rechts: Everything Everything in Overalls und mit Kopfstimme zur ganz légeren Ekstase.
Fotos: e.d.iphotoeye, Philipp Bockhorn, Philipp Böll, Christian Faustus, Nicolas Ritter, Tobias Vollmer, Sandy Worm
Ganz oben links: Mehr Meltnews! für alle. Und zwar auf dem ganzen Gelände bis hin zu den Zeltplätzen – dafür tragen die zahlreichen Melt!-Volunteere Sorge. Dafür: Danke! Ganz oben rechts: So sehen Sieger aus. Wilhelm Tell Me performen extrem glamourös den Gewinner-Slot des Intro-Heimspiel-Wettbewerbs. Mitte: Ein Leben unter Baggern und der Discokugel. Das ist Melt! und das ist auch gut so. Oben links: Foster The People on the go. Oben Mitte: Alisa von The Naked And The Famous. Oben links: FAZ- Autor und Charlotte-Roche-Erfinder liest in der Intro Kneipe aus seinem Debütroman »Komm, wir werfen ein Schlagzeug in den Schnee«.
SEITE 12 Intro Kneipe
ThekenTALK
Der Samstag in der Intro Kneipe startet mit diversen Künstlerinterviews, die jedes Jahr auf dem Melt! zu den Highlights zählen – und die auch mal in Form spontaner Unplugged-Gigs stattfinden können. Der weitere Abend steht zunächst im Zeichen von Riot Grrrlism. Katja Peglow und Jonas Engelmann widmen sich der »Geschichte und Gegenwart einer feministischen Bewegung«. Darauf folgt Daniel Schumann mit einer Lesung aus »Tokyo Diaries« – der Punkrocker avancierte in Japan ungeahnt zum Top-Model und hat dementsprechend krasse Storys auf Lager. Und für alle, die den Freitagabend lieber bei einem Konzert verbracht haben: Danach läuft noch einmal der halbstündige Beastie-Boys-Clip »Fight For Your Right Revisited«. Die anschließende Dokumentation »Upside Down« bietet passend zum »20 Jahre Intro«-Spezial der aktuellen Ausgabe Einblicke in die Geschichte des führenden BritpopLabels Creation Records, die auch schon mit großem Erfolg auf der ersten deutschen Ausgabe des Musikfilmfestivals »In-Edit« in diesem Jahr in Berlin zu sehen war. Es folgt eine atemberaubende Mockumentary, die mit den Mitteln einer echten Dokumentation arbeitet – oder umgekehrt. »I‘m Still Here« zeigt Hollywood-Star Joaquin Phoenix von einer ganz anderen Seite ...
MELTNEWS! — SAMSTAG, 16. JULI 2011 The Streets
Über alles reden Mike Skinner sucht neue Herausforderungen. Melt! bietet wohl eine der vorerst letzten Möglichkeiten, The Streets live zu erleben. Text: Wolfgang Frömberg Ein nicht ganz so schlauer Mensch hat mal über Mike Skinner gesagt, er könne weder rappen noch singen. Ein schlauerer hätte es so ausdrücken können: The Streets lassen sich seit 2001, dem Jahr ihres ersten großen Erfolges mit der Single »Has It Come To This«, weder nach den bis dahin gängigen Erkennungsmerkmalen britischer Popmusik noch nach denen von UK-HipHop beurteilen. Und doch hat Skinner es geschafft, mit seiner ganz eigenen Version von UK-Garage die Fans aus allen Lagern für The Streets zu begeistern. Zu diesem Zweck zog
er in einen Stadtteil Londons, dem von Rapper Maxi Jazz mit »Brixton (Baby)« schon früh in den 90ern eine identifikationsstiftende Hymne gewidmet wurde. Deren Spuren folgte der Bursche aus Birmingham, um vom Alltag und dem Kampf eines Jugendlichen mit dessen Tücken zu berichten. Trotz des Novelty Effects, den er durch sein grandioses Debütalbum »Original Pirate Material« 2002 ohne Zweifel genoss, blieb ihm ein Dasein als Eintagsfliege erspart. Skinner erzählt bereits eine ganze Dekade lang filmreife Storys – das zweite Album »A Grand Don‘t Come For Free« war sogar als Konzeptalbum über die Jagd nach einem Haufen verlorenen Geldes angelegt –, während die Drum Machine den Takt vorgibt und der musikalische Hintergrund wie eine Fototapete wechselt. Von den rougheren Anfängen bis zum wahrscheinlich eingängigsten Album »Everything Is Borrowed« von 2008 verlor er trotz einiger kommerzieller Erfolge nichts an Street Credibility. Die hatte er sich ja auch nie mit Gangster- oder Punk-Attitude erschlichen. Er setzte einfach immer auf das anschlussfähige Image des Durchschnittstypen. So gönnen die Leute einem Normalo wie Mike Skinner einfach die Möglichkeit, sich nach dem Geniestreich über die Jahre künstlerisch auszudifferenzieren. Laut eigener Aussage ist er mit
dem jüngsten Album »Computer And Blues« an einem Punkt angekommen, an dem das Projekt The Streets ausgereizt ist. Dass mit einer motivierten Band im Rücken auf der Bühne aber noch einiges aus den Songs herauszukitzeln ist, weiß Skinner selbst am besten.
Für die Zukunft fühlt Mike Skinner sich frei zu zeigen, was man innerhalb eines Jahrzehnts in der Rolle als stilbildender Chronist jugendlichen Leichtsinns lernen kann. Skinner will einen eigenen Spielfilm drehen. Eines scheint trotz aller abseitiger Pläne jedoch sicher: Irgendwann wird auf dem Melt! über eine Reunion von Skinner und seiner Drum Machine als The Streets geredet werden.
— heute / Bench Main stage / 21:00
Metronomy
Band im Umbruch Nachdem ihr Überraschungserfolg »Nights Out« noch größtenteils im Schlafzimmer entstand, haben Metronomy den Nachfolger »The English Riviera« in einem richtigen Studio produziert. Die Zeichen stehen auf Aufbruch. Text: Sebastian Ingenhoff Zwar handelt es sich beim neuen Studio um eine umgebaute Garage in OstLondon, aber Metronomy-Bandkopf Joseph Mount betont trotzdem den Professionalisierungsschub, den der Schritt mit sich brachte. Mount will weg vom Image des nerdigen Klangtüftlers. Das geht auch einher mit der musikalischen Neuorientierung: Dem aktuellen Album hört man die Beschäftigung mit Bands wie Fleetwood Mac oder Steely Dan durchaus an. So ungewöhnlich ist das nicht, denn das lange Zeit vergessene Genre Softrock scheint derzeit wieder Hochkonjunktur zu haben. Mount untermalt bei seiner Herangehensweise an das Genre die fragilen Popsongs immer noch
weitestgehend elektronisch – und auf diese Weise ist eins der luftigsten Popalben dieses Sommers entstanden. Die catchy Synthie-Hookline aus »The Look« dürfte auf den Zeltplätzen der Sommerfestivals noch gehörig nachhallen. Dabei hatte vor ein paar Jahren alles ganz bescheiden angefangen. Joseph Mount musste damals von seinem Protegé Erol Alkan förmlich auf die Bühne getreten werden, denn Mount wollte Metronomy in erster Linie als Homerecording-Projekt verstanden wissen. Mittlerweile sind Metronomy zur vierköpfigen Band gewachsen und vor allem für ihre Livequalitäten bekannt.
— heute / Gemini Stage / 1:30
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MELTNEWS! — Samstag, 16. JULI 2011
Gemini Stage
M.A.N.D.Y.
Flummi-House
The Hundred In The Hands Jason Friedman und Sängerin Eleanore Everdell verschmelzen analoge Synthesizersounds mit Elementen aus 60’s-Garagenrock und Disco zu catchy Popsongs, die auch von den Young Marble Giants oder New Order stammen könnten. Die Songs der von Warp gesignten Band klingen trotz der elektronischen Produktion dennoch sexy und alles andere als glattgebügelt. Die Bühnenumsetzung dürfte also umso wilder ausfallen.
Ihren Hit »Body Language« hat Will.i.am gesampelt. Auch sonst läuft es für das Berliner DJ-Duo M.A.N.D.Y. und ihr Label Get Physical derzeit super: Man feiert den zehnten Geburtstag der »Body Language«-Reihe. Text: Arno Raffeiner
— Heute / Gemini Stage / 20:00
MEN Auch wenn das Trio MEN schon mal mit Papierhäusern auf dem Kopf und in bunten Kostümen die Bühne betritt: Inhaltsleeren AbfahrtsElektro-Pop gibt es woanders. Das Brooklyner Trio um das Le-TigreMitglied JD Samson verhandelt statt Party-People-Gestus lieber Transsexualität, Kapitalismuskritik und das Recht auf Selbstbestimmung – verpackt in androgyne Clubsounds.
— Heute /Gemini Stage / 21:30
Totally Enormous Extinct Dinosaurs »I still get a little bit nervous when I know my music is going to get played on the radio, in case I mess up. I just have to remind myself that it is done and finished and I’m not actually performing it.« Man wünscht Orlando Higginbottom, dessen Projekt genauso ungelenk klingend Totally Enormous Extinct Dinosaurs heißt, dass er bei seinem Melt-Auftritt wiederum nicht glaubt, seine Musik würde sich von alleine spielen. Zu befürchten ist das allerdings nicht: Der Brite, der gerne mit Winnetou-Gedächtnis-Federschmuck und Dinosaurier-Kostüm die Bühne betritt, spielt emotionalen, bisweilen sogar tragisch klingenden Knarz-Post-Disco-Pop, der regelmäßig wirkt wie ein Hybrid aus Hot Chip und James Blake. Damit macht der Dinosaurier-Fan Higginbottom derzeit entsprechend konsequent von sich Reden: Immerhin ist dieser Sound in der Musikwelt alles andere als ausgestorben.
Isolée
Verwaiste Ecken Aus dem Abseits ins Zentrum der Herzen: Ebenso eigenwillig wie eigenständig, entpuppt sich der Hamburger Produzent Isolée als Meister grazil tänzelnder TechnoRhythmen. Texte: Arno Raffeiner Es sind die abgeschiedenen, oft verwaisten Ecken der Tanzfläche, die Rajko Müller am meisten interessieren. Nur ein kleines bisschen abseits hört sich die Musik oft schon vollkommen anders an. Das Bumm-Tschack-Massiv wird gebrochen, plötzlich erkennt man die Sprünge in der Textur, spürt Überlagerungen, erlebt magische Momente. Müllers Produzentenalias Isolée lässt sich als eine Hommage an diese Erfahrungen verstehen. Es ist nicht verkehrt zu sagen, dass der Hamburger in mancher Hinsicht ein Einzelgänger der House-Musik geblieben ist. Nur scheinen sich immer mehr Tänzer auch um diese Unorte scharen zu wollen und sich immer mehr
abgelegene Ecken auf ihren Tanzflächen zu wünschen. »Beau Mot Plage« hieß das Stück, mit dem Isolée vor über zehn Jahren großes Aufsehen erregte – heute ein Klassiker. Später holte er mit dem Album »We Are Monster« unerwartet Glam-Rock zurück in die Disco. Immer wieder verleiht er dem Schlaumeierbegriff Idiosynkrasie-House eine neue Bedeutung, die auch ganz ohne Kopfarbeit nach den ersten Takten zu verstehen ist. Wunderbar nachzuhören ist das auf Isolées aktuellem Album »Well Spent Youth«, das auf DJ Kozes Label Pampa Records erschienen ist.
— heute / Big Wheel Stage / 23:00 Uhr
Philosophien zu Tanzmusik gibt es so viele wie Beat-Pattern. Aber ohne eine Grundkonstante lässt sich das Ganze kaum denken. Damit ist jetzt noch nicht mal die Kickdrum oder generell irgendeine Form von Rhythmusklappern gemeint, sondern etwas viel Banaleres und zugleich Aufregenderes: der Körper. Das Berliner DJ-Duo M.A.N.D.Y. erinnert an diese leicht zu vernachlässigende Erkenntnis bereits mit dem Namen seines Labels: Get Physical Music haben sie ihre Plattform genannt – ein unmissverständliches Programm. Gemeinsam mit ihren alten Freunden und Label-Kumpanen Booka Shade waren Philipp Jung und Patrick Bodmer außerdem für einen Crossover-Hit verantwortlich, der ihre handfeste Philosophie nochmals auf den Punkt bringt: »Body Language«
heißt das Stück mit der berühmten Flummi-Bassline. Ein Ohrwurmbiest mit Monster-Pop-Appeal, das für über einhundert Compilations lizenziert wurde und abgebrühte Club-Gänger genauso befällt wie Großraumtänzer oder Hiphop-Kids. Doch nicht erst seitdem selbst ein Will.i.am von den Black Eyes Peas den Flummi in seinen Sample-Speicher lud, gelten M.A.N.D.Y. als einer der international erfolgreichsten deutschen DJ-Exporte. Wen wundert‘s, sprechen ihre Sets doch eine eindeutige Sprache, die man überall rund um den Erdball versteht. Nachzuhören zum Beispiel auf der aktuellsten M.A.N.D.Y.-Veröffentlichung, der Jubiläumsausgabe ihrer Mix-Compilation. Titel: »Body Language Vol. 10«.
avancierte schon vor Albumrelease zum absoluten Clubhit und auch sonst werden Greenspans unverwechselbare Vocals wieder vermehrt von druckvollen Beats untermalt. Ob sich daraus eine ähnlich spektakuläre Zusammenarbeit ergibt wie 2007 die Kooperation mit dem Detroiter Technoproduzenten Carl Craig zu »Like A Child«,
wird sich zeigen. Auch auf der Bühne beweisen Greenspan und Didemus immer wieder, dass man schon mit ein paar Keyboardmelodien, Drumbeats und schmachtendem Gesang große Euphorie erzeugen kann. Repetition funktioniert eben auch innerhalb des Popsongs.
— heute / Big Wheel Stage / 2:00 Uhr
— Heute / Gemini Stage / 3:20
Junior Boys Proxy »My music tells you what to do, but never why. Your ear may be afraid, but your body completes its labor.« Mangelndes Selbstbewusstsein kann Proxy, der in den letzten Jahren schon als Remixer für Peaches, Prodigy, Tiga, Boys Noize, Chromeo, Digitalism und Moby auftrat, nicht attestiert werden. Auch das mit der Angst der Ohren ist nicht ganz falsch: Proxys gesättigter KnarzTechno klingt wie ein Geistergüterzug, der sich in der Nacht unaufhaltsam auf dich zubewegt.
— Heute / Gemini Stage / 6:00
Take me today Text: Sebastian Ingenhoff Der fulminanteste Remix des Caribou-Überhits »Odessa« aus dem letzten Jahr stammt vom kanadischen Duo Junior Boys. Die Zusammenarbeit ist kein Zufall gewesen. Bereits 2004 arbeiteten Jeremy Greenspan und Matt Didemus mit Dan Snaith aka Caribou zusammen, der sich damals noch Manitoba nannte. Seitdem
verbindet die beiden Bands eine enge Freundschaft, die sich auch in den zahlreichen gemeinsamen Touren widerspiegelt. Nachdem die Junior Boys zuletzt mit »Begone dull care« ein ruhigeres Album vorlegten, verspricht der Nachfolger »It’s all true« wieder vermehrt Tanzflächenkompatibilität. Das housige »Banana Ripple«
— heute / Gemini Stage / 2:00
MoMent Bends
out now | digipack Cd / LP / digital
29.07.2011 CD / Vinyl / Digital azariandiii.com | myspace.com/azariandiii
architectureinhelsinki.com | myspace.com/aihmusic
Out Now CD / LP / Digital
thedigitalism.com | myspace.com/digitalism
Noah aNd The Whale lasT NighT oN earTh
out Now Cd / lP / digital
noahandthewhale.com | myspace.com/noahandthewhale
is trOpiCal Native to Out NOw CD / Digital
Love & Nature OUT NOW CD/Digital myspace.com/lecorpsmincedefrancoise
myspaCe.COm/istrOpiCal
SEITE 16
MELTNEWS! — Samstag, 16. JULI 2011
Dial
Techno als ErfüllunG Die Idee war so verführerisch wie ambitioniert: ein Technolabel auf dem Fundament von Freundschaft erbaut, mit strenger Ästhetik konzipiert und mit unbändiger Freude gelebt. Die Bauherren waren und sind Lawrence, Turner und Sten – und natürlich all die anderen tollen Acts, die Dial zum besonderen Label machen. Text: Thomas Venker Die Dial-Clique um Peter Kersten (Lawrence), Paul Kominek (Turner) und Carsten Jost (Sten) hat es sich von Anfang an nicht leicht gemacht. Statt auf Techno Konventionen zu setzen, um sich an den Clubbetrieb anzupassen, wollte sie es mit dem eigenen Kopf schaffen. Den einen Labelsound gibt es nämlich nicht. Es ist zwar vor allem der Detroit beeinflusste Techno wie ihn Lawrence, Efdemin und Sten pflegen, der größtenteils für das Renommee des Labels verantwortlich ist. Aber als ästhetisches Zeichen spielen auch die nicht am Club orientierte
Veröffentlichungen wie der Kunst Pop von JaKönigJa, die Feedbackschleifen von Dirk von Lowtzow, der Ambient von Glühen 4 oder das verträumte Songwriting von Dominique eine bedeutende Rolle. Dial steht für eine Haltung, die viel mit Freundschaft, Austausch und dem Glauben, dass man zwischen Bassdrum und Hihat auch noch so viel mehr mitgeben kann, zu tun hat. Das merkt man rein oberflächlich betrachtet sofort am zauberhaften Look der Platten des Labels: Release um Release ein Manifest für die Sturheit, dem Vinyl
Sleepless-Floor
Groove is in the Melt! Der Sleepless-Floor ist auf dem Melt! der Ort für die gerade Bassdrum. Dieses Jahr wurde das Samstags-Line-Up von der Groove, dem Magazin für elektronische Musik und Clubkultur, kuratiert. Vier Labels sind eingeladen, für jeweils sechs Stunden den Floor zu bespielen. Text: Heiko Hoffmann
GESTERN HEUTE MORGEN WWW.FESTIVALGUIDE.DE
treu zu bleiben. Hier wird noch an Artwork für die Ewigkeit gezimmert – und das braucht eben das große Verpackungsformat. Man betrachte als Beispiel nur die aktuelle Dirk-vonLowtzow-Maxi »Tod in Theben«, auf deren Cover er als Mischung aus Kunststudent und Tennisschiedsrichter thront. Ursprünglich in Hamburg und angedockt an das damals die Elektronikszene der Stadt bestimmende Label Ladomat 2000 gegründet, spielt Dial derzeit eine große Rolle in der Berliner Technoszene. Nicht
nur da etliche Protagonisten des Labels wie Efdemin (Philipp Sollmann) und Labelmitbetreiber Paul Kominek mittlerweile in der Hauptstadt leben, sondern vor allem durch die knietiefe Präsenz aller Labelacts auf den Partys der Stadt, nicht zuletzt als Residents in der Panorama Bar. In diese passt die sehnsuchtsvolle Technomusik Marke Dial auch bestens rein. Die Allgegenwärtigkeit von Detroit Techno als Einfluss stellt den Anschluss zum nebenan beheimateten Berghain her. Die tiefe Zärtlichkeit der Sounds entsprechen dieser gewissen Romantik,
die gerade die sonntäglichen Nachmittage in der Panorama Bar zu so etwas besonderem machen. Den Dial-Floor beim Melt! bespielen in diesem Jahr Pawel, RNDM, Lawrence, John Roberts, Redshape und Palisade. Und wer noch mehr DialVibe will, kann am Samstag auf dem Sleepless Floor zwischen 19 und 21 Uhr vorbeischauen. Da legen die DJs des Hamburger Smallville-Plattenladens auf, der eng mit dem Dial-Label assoziiert ist.
Den Anfang machen von 7 bis 13 Uhr das sympathische Dresdener Label Uncanny Valley. Mit nur vier EPs haben seine Gründer bewiesen, dass die sächsische Landeshauptstadt genug Potenzial besitzt, in Zukunft eine feste Koordinate auf der Landkarte der elektronischen Musik zu sein. Zahlreiche junge, erfrischende Produzenten haben hier eine Plattform gefunden. Ihr gemeinsamer Nenner ist die Liebe zu House, die aber auch mal mit Disco, Techno oder Dubstep liebäugelt. Auf dem Sleepless-Floor wird Uncanny Valley repräsentiert von Labelmitbegründer Albrecht Wassersleben, The Moroders (der Name lässt einiges erahnen) und mit einem Live-Set von Jacob Korn, der sich schon vor dem Labelstart als Produzent Gehör verschaffte. Im Anschluss und passend für die Nachmittagsstunden steht alles im Zeichen von Wolf + Lamb. Zwischen 13 und 19 Uhr wird Gadi Mizrahi neben No Regular Play und Maayan Nidam (auch bekannt als Miss Fitz) spielen. Mizrahi bildet zusammen mit Zev Eisenberg das Duo Wolf + Lamb und betreibt mit ihm auch das gleichnamige Label. Seit mittlerweile sechs Jahren senden die beiden ihre discoiden House-Botschaften von Brooklyn aus um den ganzen Globus. No Regular Play sind mit ihrem zurückgelehnten, grooveorientierten House schon seit längerem bei Wolf + Lamb beheimatet, während die Wahlberlinerin Maayan Nidam erst im vergangenen Jahr dazu gestoßen ist. Für einen nicht minder groovebetonten, aber wesentlich deeperen Sound steht das Label, das in den Abendstunden zwischen 19 und 1 Uhr zum Zuge kommt: Smallville aus Hamburg. Dessen Geschichte begann mit der Errichtung eines Plattenladens
in St. Pauli. Sowohl Laden als auch Label sind inzwischen längst über die Stadtgrenzen hinaus bekannt dafür, ihre ganz eigene Idee von tiefgründiger House-Music zu verfolgen. Mit Smallpeople (Julius Steinhoff und Dionne) spielen gleich zwei der insgesamt drei Betreiber auf dem SleeplessFloor – einzig Lawrence fehlt. Als weiteren Act haben sich Steinhoff und Dionne den ebenfalls in Hamburg lebenden Christopher Rau eingeladen, der im vergangenen Jahr sein Debutalbum auf Smallville veröffentlichte. Darauf präsentierte er eine loopigere Variante des Labelsounds. Wenn dann die Nacht am tiefsten ist, wird auch die Musik um eine ganze Spurbreite dunkler. Der Wahlberliner Lucy wird mit seinem Imprint
Stroboscopic Artefacts die Zeit zwischen 1 und 7 Uhr in grummelnde Basslines und sphärische Dubs hüllen. Wer die Tracks von den Artefact-EPs kennt, der weiß, dass sich hier DubTechno an Industrial bricht. Für eben solchen Sound steht auch der Schotte Edit Select, wobei dieser zwischendurch auch gerne mal den Technohammer schwingt. Das aufstrebende italienische Duo Dadub schließlich kennt sich genauso gut aus mit weiten Klangwelten. Die letzten drei Buchstaben ihres Namens sagen hier eigentlich schon alles. Doch auch hier stehen die Dubs nicht für sich, sondern werden stets untermauert von massiv im Sound stehenden Beats.
— heute / Big Wheel Stage / 15:00-21:30
— heute / Sleepless Floor / Jetzt – 4:00
SEITE 17
MELTNEWS! — Samstag, 16. JULI 2011 Digitalism
Doppelherz Aus den zwei Jungs Jens Moelle und Ismail Tüfekçi, die in ihrem Bunkerstudio Elektronik-Tracks zusammenschraubten, ist einer der beliebtesten deutschen Techno-Live-Acts geworden – und ganz beiläufig eine Rockband. Text: Michael Weiland Das Hamburger Duo Digitalism gehört beim Melt! zum Inventar. Bereits 2007, als der Hype um Jens Moelle und Ismail Tüfekçi gerade erst so richtig hoch kochte, traten sie in Gräfenhainichen auf. Es war die Zeit kurz vor dem Debütalbum »Idealism«. Dank der Maxis »Idealistic«, »Zdarlight« und »Jupiter Room« konnte man ahnen, was bald an internationalem Presseund Bookinginteresse abgehen sollte. Trotzdem, das frühe Vertrauen bindet. Und so spricht Moelle vom Melt! als der »Perle im Tourkalender«, hebt die Intimität des Festivals hervor, die trotz Wachstum nicht leide. Im Gegenteil: Man sehe, wie viele positive Veränderungen immer vorgenommen würden, sei es die stetig wechselnde, stimmungsvolle Beleuchtung des Geländes, das kreative Booking und überhaupt die Liebe zum Detail. »Wenn wir zum Beispiel in England unterwegs sind, kriegen wir mit, dass sich die Leute darüber unterhalten. Im Ausland ist das ein Geheimtipp.« Bei vielen Festivals, auf denen sie sonst so während der vier Jahre seit dem Debüt gespielt hätten, erzählt Moelle, hätten sie sich schon gefragt, warum die das überhaupt machen. Spaß könne kaum der Antrieb sein, so gleichgeschaltet sei alles. Er spricht
DJ Koze
KlamaukTechno Er ist einer der beliebtesten DJs der Republik – davon zeugt nicht zuletzt der Intro-Jahres-Poll. Aus einem ganz einfachen Grund: So wie Koze besorgt es euch sonst keiner. Er macht Bierernst mit dem Richtig-Lustig-Sein. Text: Arno Raffeiner Guten Abend, ihr versammelten DJ-Spaßkanonen. Um eines mal als höflichen Hinweis vorauszuschicken: Gebt es auf! Egal, was ihr wieder an ulkigen Crossfade-Gags und Effekttricks ausbaldowert habt, es wird alles nix nützen. Den Vogel
von der McDonaldisierung der Festivalindustrie, in der man zwar weiß, was einen erwartet, Überraschungen aber so gut wie ausgeschlossen sind. Selbst Veränderungen zulassen und der Langeweile entgegenzuarbeiten, ist ein Ansatz, den man auch »I Love You Dude«, dem zweiten Album der beiden, anmerkt. Im Vergleich zum Debüt »Idealism« ist der Nachfolger poppiger, songlastiger, aber auch extremer: Digitalism ziehen das Tempo an und nehmen es auf bislang ungekannte Weise wieder raus. Sie sind in den Songs anschmiegsamer geworden, in den Elektro-Tracks aufreibender. Die vier Jahre zwischen den beiden Alben, in denen das Duo hauptsächlich rund um die Welt getourt ist, haben ihre Spuren hinterlassen. »I Love You Dude« trägt zwar unverkennbar die Handschrift der alten Digitalism, es enthält aber auch ein paar neu erlernte Tricks. Mit »2 Hearts« haben Moelle und Tüfekçi sogar einen Sommerhit
hat am Ende der Nacht sowieso wieder der Koze abgeschossen. Monaco Schranze, Adolf Noise, Swahimi, Stefan Kozalla, oder wie ihr ihn auch nennen wollt, genau den mein ich. Ob er mit Robert-Hood-Brettern eine seiner Scratch-Einlagen aufführt oder deutschen Diskursrock via Schlumpf-Techno-Plug-in zu einer Piano-House-Hymne singen lässt, ob sein Sound so bassböse aus den Boxen springt, dass sich die erste Reihe in die Hosen macht, oder ob er als Säger von St. Georg (so der Titel eines bekannten Koze Tracks) plötzlich Schlagereskes über das Geboller zieht – unser Mann aus Hamburg macht auf jeden Fall eines: Ernst mit lustig. Außerdem kann er auch stundenlang krass einen auf Deepness machen, bis euch im entscheidenden Moment, wenn ihr gar nicht mehr damit gerechnet habt, nur so die Löcher aus dem Käse fliegen. Das Wappentier seines Labels Pampa, das mit Alben von Isolée, Robag Wruhme und Ada in den letzten Monaten einen famosen Ritt hingelegt hat, ist übrigens der Truthahn. Soll sich bloß niemand trauen, den im Laufe der Nacht abschießen zu wollen! Das erledigt hier immer noch Cosy Koze höchstpersönlich.
— heute / Big Wheel Stage / 0:00 Uhr
Console
Identitäten ALS Multiball Foto: Kim Keibel
geschrieben. Einen eingängigen, schwelgerischen Elektropop-Song, der sich nach und nach als hartnäckiger Ohrwurm entpuppt. Nicht übel für eine Band, die als DJ-Team ohne nennenswerte SongwritingErfahrung startete. Das Melt! hat das Stück zu seiner diesjährigen Hymne gekürt – auch wenn der Song eben nicht die ganz große Abgehnummer ist. Wer die Härte eines Stückes wie »Jupiter Room« vom ersten Album schätzt, wird mit »2 Hearts« wenig anfangen können, räumt Tüfekçi unumwunden ein. Aber so funktionieren Digitalism
eben: Das Eine gibt es nicht ohne das Andere. Und so ist die 2011-Inkarnation von Digitalism ein Elektronik-Act, der sich wie eine Rockband gibt. Indiekids lieben die Hooks, Clubgänger die Beats und den Bass. Wobei die Grenzen dort auch nicht mehr trennscharf sind, findet Ismail: »Das Internet und der Zugang zu soviel Musik auf einen Schlag hat alles verändert. Die Leute sind heute offener.« Gut für Digitalism, die mehr denn je den Hansdampf in allen Gassen geben und dabei im Konzertkeller so wenig fremdeln wie vor einer feierwütigen Horde Festivalbesucher.
— heute / BENCH Main Stage / 1:45 Uhr
Martin Gretschmann aka Console aka Acid Pauli kann man für vieles danken. Besonders hierfür: Er gehört zu jenen deutschen Musikern, die seit Jahren fleißig dafür arbeiten, dass Techno aus Deutschland im Ausland nicht mehr nur als Synonym für die Techno-Rentner Kraftwerk durchgeht. Absurderweise nährt sich Gretschmanns Ruf als einer der kreativsten deutschen Vorzeige-FrickelNerds dabei auch aus seinen weniger clubtauglichen Aktivitäten: Zeitgleich mit seinen ersten Schritten als Produzent elektronischer Musik stieg er Mitte der 1990er beim Weilheimer Indie-Rock-Wunder The Notwist der umtriebigen Gebrüder Acher ein, die kurz darauf als eine der ganz wenigen englisch singenden Bands aus Deutschland einen Siegeszug durch die Welt antraten, Kritikerlob aus aller Herren Länder einheimsten und selbst in den USA gefeierte Tourneen spielten. Auch bei 13 & God, dem auf Anticon und Alien Transistor veröffentlichenden und dies- wie jenseits des Atlantiks tourenden deutsch-amerikanischen Avant-Indie-HipHop-Projekt zusammen mit der US-Crew Themselves, wirkt Gretschmann mit. Unter seinem Solo-Namen Console veröffentlichte er bislang sechs Studioalben (sowie diverse Hörspielkollaborationen mit Andreas Ammer), zuletzt im vergangenen Jahr die Platte »Herself«. Ambient mit Pfiff und Sonnenstrahlen, wie Intro als einer der vielen Gratulanten in seiner Review konstatierte.
— heute / Gemini Stage / 23:00
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MELTNEWS! — Samstag, 16. JULI 2011
ENGLISH SECTION Beady Eye The Greatest Beady Eye are staying true to what Oasis did well in the first place: being greater. Greater than who who, you say? Doesn’t matter, greater than Oasis in any case. Call it sibling rivalry (endless), or just keeping it simple, they are the rock of ages. For continental Europeans it might seem a bit odd but parts of the English pop world still appear to be saddled with the difficult task of coming to grips with the Beatles phenomenon even 41 years after the split. Even the band had difficulties categorising themselves. Lennon believed his band to be more popular than Jesus in 1966, a statement, which Liam Gallagher isn’t dealing with easily. »I’m gonna stand the test of time like the Beatles and the Stones«, he sings. Beady Eye is supposed to become bigger than the Beatles – the current stated ambitions of one Liam Gallagher there. When the Beatles are bigger than Jesus and Beady Eye eventually bigger than the Beatles, there will no doubt have to be some sort of theological conference. However for now let’s just muddle on shall we? In this realignment of the universe, Noel Gallagher, however, doesn’t take on a significant role. As Beady Eye, Liam and the rest of Oasis don’t want to be connected with their old main songwriter. Liam was supposedly suppressed by his brother for a long time, guitarist Gem Archer explains, and the wound is still open. Noel’s new songs are off-cuts of the last Oasis album, the Liam posse continues. So yes, even after Oasis split, the war of brothers has still not ended. In the past, this endless quarrel helped everyone involved at least in terms of press exposure, so why not now? Should Cain and Abel finally smoke the pipe of peace at some point in the future, half of the NME’s staff would probably find themselves signing on. Ahem. At least on stage, Beady Eye are a bit more respectful. According to the band, they refrain from performing Oasis songs. It didn’t seem right performing the songs without Noel since he wrote most of the Oasis
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hits, bassist Andy Bell adds. Let’s see if they can withstand in the long run. Let’s see if the times of cigarettes and alcohol, the times of classic Oasis hits, truly lie behind them with the band turning their backs on the past in order to actually go forward. »Different Gear, Still Speeding«, the debut’s title might suggest this. To the delight of their fans, Beady Eye, however, never really distanced themselves from their old band’s back catalogue. Everything moves between Stones, Rave and the Beatles. We might not be in for an Oasis song, yet, the »Across the Universe” cover, which the band recorded to commemorate Japan’s earthquake victims, might be part of their set. And if there are as many English fans coming to Melt! when Oasis headlined in 2009, we’re definitely in for a magical festival moment in 2011 as well. Text: Carsten Schumacher
— Today / Bench Main Stage / 9 PM
DAF meets Atari Teenage Riot Ruckus between art and punk The one introduced sequencer sounds to punk, the other introduced punk to electro. Robert Görl (DAF) and Alec Empire (Atari Teenage Riot) once stood for the unification of then extreme contrasts. Prior to their performance at Melt!, Martin Riemann sat down for a chat with the two provocateurs. DAF as well as Atari Teenage Riot used instruments common in other genres only – a decision against everyone’s expectations. Robert Görl: Exactly. Yet, we said to ourselves: »We’re also punks – electro punks.« We just took something out of ideational intentions. We felt that this sort of provocation was the best thing about punk. We thought proper punk music itself was totally cheesy anyway. It didn’t work for us. We sometimes told these punk bands: »Your still playing guitars. That’s absolutely outdated!« Alec Empire: Fights started to break out during our first shows. You laid the ground for us with DAF. You could say that people were more open-minded afterwards. It was the other way round for us, though. We used guitar samples since we actually liked punk. The techno scene of the 90s, however, wanted to get rid of those completely. We then started playing for punks at squats since performing at raves was no longer possible. However, we
encountered several such fundamentalists there as well. Why didn’t your music fit into the rave context? Was the music to tough for them? AE: A political message inherent to the songs was always important to us. That was exactly what 90s techno wanted to get rid of. A lot of people are kind of programmed when it comes to music. They act according to principle in regards to mainstream entertainment, the music on holidays, at Christmas, and in the military for example. People hear certain sounds and act accordingly. How do you manage performing with your former bands again? Once more there are more than a few expectations. AE: We are trying not to meet those expectations. We think it’s very dangerous when people act and react according to certain patterns. This confrontational approach wouldn’t exist without bands like DAF. I just know that the ATR audience always goes to the max and screams along anyway. You say »Hey!« and they say »Hey!« as well. And if you say »Heil!«, they might also say »Heil!«. That’s the problem with rock music. One person starts doing it and everyone else just tags along. Imagining what your shows will be like, do you play old stuff as well? AE: We do play old stuff but differently. We changed the lyrics and added new sounds. That’s the good thing about electronic music. You are able to adjust. It all worked out fine during last year’s gigs, in particular because a new, young audience came to our shows that I didn’t even think of before. I didn’t know that M.I.A., Crystal Castles or Pendulum talked about us. It was because of them we had 19-yearolds in the audience regarding us as legends. I thought our old fans would show up with us pissing them of a bit to make it not too frustrating. It wasn’t like that at all, though. That’s why we kept going. What’s your experience in that matter? You probably don’t have the audience looking for confrontation anymore. RG: True, it’s not like that anymore. Only the people that really like us show up. We try to accommodate that. We’re playing all of our greatest hits more or less. You know our back catalogue isn’t small. The audience enjoys that. How do you think about your lyrics and performances now? RG: It still feels the same. The lyrics of »Verschwende deine Jugend« or »Kebab Träume« are timeless, even though, the walled-in city is history.
There’s some irony inherent in those lines. There’s another past issue that needs to be dealt with now: the physical aspect of your shows, reaching your limit while performing. Just thinking of the screams that were once so important to ATR. AE: Sometimes it’s too much signal for the limiters, so they need a little time to work again. The power goes off completely. We once played in Chicago. When I started screaming, the PA and all the lights went out. Someone from the audience told me afterwards that the silence mixed with the unamplified voice was really creepy. Only then they realised how forceful my voice was. That’s how your drumming was regarded in the context of DAF. Everyone marvelled at that. RG: You need a lot of energy for sure. Do you still feel like a machine? RG: We’re still playing the same set. It also feels the same. It’s the same energy, the same style. We still have to put the same amount of effort behind it to make the songs work. AE: The point is that with a performance only 10% worse than usual, you’re shit. The audience might not be able to imagine that, but a song only works with the appropriate power and punch behind it. It’s all about physical extremes with you both, isn’t it? AE: We do have this physical aspect in common. I don’t just stand there clapping to the beat. I think everyone attending our concerts wants to feel this physical energy. RG: Exactly. AE: That’s what it is about. Sex is also part of the performance. AE: Of course, I’ve always liked that. The indie rock audience, however, complaints about the sexual aspects of our shows more than they do about the political aspects. That’s so Christian – certain mannerisms that people thought they got rid of. We’re also playing with homosexual images on stage. With music I liked, that was always an issue.
— Today / Intro Zelt / 11.30pm (DAF) & 1am (Atari Teenage Riot)
Dial Techno as selffulfilment The idea was as tempting as it was ambitious: founding a techno label on the basis of friendship, conceived with strict aesthetics, and indulged with unbound pleasure.
The initiators behind the idea are Lawrence, Turner and Sten – and, of course, all the other fantastic acts that make Dial so very special. The Dial founders, Peter Kersten (Lawrence), Paul Kominek (Turner), and Carsten Jost (Sten), haven’t been too easy on themselves. Instead of going down the conventional techno road by adjusting to the current club scene, they wanted to make it according to their own rules. They’ve also eschewed a single, defined label sound. It might be the Detroit influenced techno that Lawrence, Efdemin, and Sten cultivate which mainly helped to built the label’s reputation. Yet, JaKönigJa’s art pop, Dirk von Lowtzow’s feedback loops, Glühen 4’s ambient sounds or Dominique’s dreamy song-writing play just as important a role when it comes to the label’s style. Dial stands for an attitude that’s rooted in friendship, exchange, and a belief that the space in between bass drum and hi-hat can be filled with so much more. The precious record covers’ design alone gives you a superficial glimpse: on release after release, they follow their stubborn manifesto to stay true to vinyl (artwork to stand the test of time simply needs big packaging). You only have to take a look at the current Dirk von Lowtzow single, »Tod in Theben«, for example, on which he looks like a cross between art student and tennis umpire. Dial was originally founded in Hamburg as part of the city’s directional electro label Ladomat 2000. Today, the label plays a big role in Berlin’s techno scene not least because many label artists like Efdemin (Philipp Sollmann) and label co-owner Paul Kominek live in the capital. The label’s steady presence in the city’s party scene, with residencies at Panorama Bar, for instance, in which Dial’s yearning techno music fits just fine, is another reason. The influential omnipresence of Detroit techno constitutes the connection to Berghain next door. The sound’s tenderness brings forth its romantic side, which makes those sunny afternoons at Panorama Bar so very special. This year, Pawel, RNDM, Lawrence, John Roberts, and Redshape pres. Palisade (live) will perform at Melt!’s Dial floor. If you crave even more Dial vibes, check out Sleepless Floor between 7pm and 9pm on Saturday. Smallville, a label close to Dial, will send a DJ delegation to Ferropolis as well. Text: Thomas Venker
— Today / Big Wheel Stage / 3 pm-9.30 pm
SEITE 19
MELTNEWS! — Samstag, 16. JULI 2011
Digitalism Double heart How two boys, Jens Moelle und Ismail Tüfekçi, who not that long ago were just dabbling in electronic music in their bunker studio, have now become one of the most popular German techno live acts – and in a further effortless development, a credible rock band too. Digitalism, the Hamburg duo, are part of Melt!’s very own history. In 2007, when the hype around Jens Moelle and Ismail Tüfekçi first started, they had already performed in Gräfenhainichen. This was even before their debut »Idealism« hit the shelves. Thanks to the singles »Idealistic«, »Zdarlight« and »Jupiter Room«, the international impact has kept their tireless booking agents and publicists busy for years. They boys cite this early faith in their music, as helping them to take it to the next level. Moelle, for instance, considers Melt! to be the »gem of their tour agenda«, growing misty-eyed over the festival’s intimate atmosphere despite its growth in size over recent years. »Quite the opposite seems to be the case when you look at the positive changes every year – the atmospheric lights, the creative booking and the festival’s love for details,« Moelle continues. »When we’re performing abroad, we actually hear people talk about Melt! In other countries it’s an insiders’ tip.« At many of the festivals they’ve performed since the release of their debut, the digital duo have increasingly asked themselves why the organisers bothered at all. Doing it because it’s fun no longer seems to be the motivation, with everything becoming rather mundane and so over-controlled. The »McDonaldisation« of the festival industry, Moelle calls it. You know what to expect, and the chances of a surprise are as good as eliminated. Leaving the best to chance, and keeping up their fight against boredom seems to be part of Digitalism’s approach on their second album »I Love You, Dude.« Compared to their debut, »Idealism«, the follow-up album is more poppy, more song-oriented, and also more extreme: Digitalism sped up and simultaneously slowed down like they’ve never done before. Their songs have become cuddlier, (yes, you read that right) yet their electro tracks became more edgy. The four years in between the two albums, in which they toured the globe, have definitely left their mark. »I Love You, Dude« unmistakably bears the handwriting of the old Digitalism but with some new tricks.
Take »2 Hearts«, which is Moelle and Tüfekçi writing a summer smash that starts out as a catchy, indulging electro pop song, before inevitably turning into a stubborn earworm. Not bad for a band which began as a DJ team without your typical background in »proper« songwriting. We love it so much it’s now the unofficial 2011 Melt! Festival anthem in the office, despite the lack of straight-forward dance floor credibility. If you’re into the brute edginess of »Jupiter Jones« off their first album, »2 Hearts« might not be your cup of tea, Tüfekçi explains. Yet, that’s how Digitalism works: You don’t get the one without the other. So the 2011 reincarnation of Digitalism is an electronic act with the attitude of a proper rock band. Indie kids will love their hooks, clubbers will be into their beats and basses, even though, genre borders in general are blurring, Ismail adds: »The internet and simultaneous access to so much music changed everything. People are more open-minded these days.« Good for Digitalism, who still yearn to be Jacks of all trades, never shying away from an intimate cellar crowd or a hard-partying festival mob. Text: Michael Weiland
— Today / Converse Main Stage / 1.45 am
The Streets Has it come to the end? Mike Skinner is looking for a new challenge but don’t worry, Melt! gives you a last chance to see The Streets live. ‘He can neither rap nor sing’, a notvery-bright person once said about Mike Skinner. A smarter person would have said: since 2001, the year of their big success with the single »Has It Come To This?«, The Streets have redefined the narrow categorisations of British pop or those of UK hip hop. In 10 years of his version of ‘UK garage’, Skinner has proved his appeal to all and any crowds, proved by many trips up the hit parade. Re-re-wind. Seeking success, Skinner moved to a London district that had already been coined by rapper Maxi Jazz’ early 90s anthem »Brixton (Baby)«. The boy from Birmingham followed in his footsteps talking about everyday life and the battles of youth in his songs. Despite the novelty-single tag of his 2002 debut »Original Pirate Material«, he proved to be so much more than a one-hit wonder. For a decade, he’s been telling
Melt! Booking
APPARAT BAND
09.09. Berlin, Berlin Festival | 23.09. Hamburg, Reeperbahnfestival | 31.10. Leipzig | 01.11. Zürich (CH) | 02.11. Frankfurt | 08.11. Wien (AT) 09.11. München | 10.11. Stuttgart | 11.11. Heidelberg-Enjoy Jazz Festival | 12.11. Dresden
BRAND BRAUER FRICK
29.09. Wien, Waves Vienna Festival | 19.11. Leipzig
THE BRANDT BRAUER FRICK ENSEMBLE 03.09. Dessau, Farbfest | 15.10. Dresden 25.11. Essen, C3 Festival | 17.12. München
DUM DUM GIRLS 03.11. Berlin | 04.11. Köln
his film-like stories with the rhythm of a drum machine and the musical background changing like so many photographic wallpapers. His second album, »A Grand Don’t Come For Free«, was almost UK-garridge-prog - conceived as a concept album about the search for a lost pile of money. But from his rough beginnings to his catchiest album, 2008’s »Everything Is Borrowed”, he never lost any of his »street credibility« despite all the commercial success. Skinner is a classic British everyman figure, he looks like the bloke in front of you in the kebab shop queue, he doesn’t pose like a gangster, or hit you up with some faux punk attitude. Having carved out his niche, Skinner’s fans seemed to allow this inconspicuous artist to develop in various directions pretty much as he wanted. With his latest and final album »Computer and Blues«, life on The Streets is coming to an end, and it’s exhausted as a creative avenue according to the man himself. Yet, for all that he’s going out on a high with a kick-ass backing band and performances with the same energy as when he started. For the future, this great storyteller feels completely free to show what he’s learned from a decade of being a style-influencing, youthful and carefree chronicler. Film beckons and Skinner wants to direct. One thing seems certain, though: at some point, rumours about a reunion of Skinner and his drum machine at Melt! will do the rounds for sure. Text: Wolfgang Frömberg
— Today / Bench Main Stage / 10.30 PM
Saturday at Intro Zelt Through time and space At the end of 2011, Intro Magazine will celebrate its 20th anniversary. Some of the bands playing at Intro Zelt today can only laugh about this since they’ve been around for more than 30 years already. At the end of the day, we’re witnessing a reencounter of some influential German discourse bands like Mutter, DAF, and Atari Teenage Riot. At the same time, the international punk rock scene continues to lead us into the future. Mostly it’s those visionary bands that have the most banal names. When Max Müller founded Mutter (mother) in 1986, he could only imagine that
EMA SPECIAL GUEST: GANGLIANS* 21.09. München* | 22.09. Berlin* 23.09. Hamburg, Reeperbahnfestival 24.09. Köln | 25.09. Offenbach
even 25 years later they would still be one of the most influential, yet unknown, bands in Germany. At least, Mutter is, if you like, the mother of the Hamburg School. It’s a great honour to have the band with us at Intro Zelt today. The same goes for the punk band with perhaps the most laborious name: Scotland’s Dananananaykroyd who create a futuristic pop, posthardcore and punky sound inferno, despite a name which refers back to the long-forgotten 80s comedy star Dan Aykroyd (»The Blues Brothers«, »Ghostbusters«). These New Puritans as well as Planningtorock also lead the way with their electronic skills and modern tools. Both are known for putting on endearing shows that travel between club hedonism and moving introspection, crossing the borders of pop’s mainstream and its underground. Even more exciting – do check the interview on page XXXX for the real lowdown – might be the consecutive sets from DAF and Atari Teenage Riot. Back in the day, DAF (during the 80s) and Atari Teenage Riot (during the 90s) represented the epitome of an uncompromising attitude in their chosen fields. Both radicalised, politicised and tore apart the (at that time) current status quo of electronic music. Today, both are luckily on stage again as if they had never left. Look forward to performances which are a radical trampling over popular conventions and the current zeitgeist. Tanz den Mussolini! Cologne’s major DJ exports are clashing afterwards. Trashpop feat. Timid Tiger and Wolke will treat the crowd with the best music of all times with Dizzee Rascal, Dr. Alban, Münchener Freiheit and Whigfield explicitly being part of their sets. Text: Felix Scharlau
— Today / intro zelt / starting 5.30 pm
Michael Mayer, Tobias Thomas & Superpitcher Total Confusion If you say »techno« and »Cologne«, you also have to mention the party series Total Confusion, the legendary club night hosted by Michael Mayer, Tobias Thomas and Axel Schaufler (Superpitcher). But don’t worry, you’re not confused yet... For Berlin residents, it might sound odd, but in the first few
JUNIOR BOYS 02.08. München
CROCODILES
18.08. Köln | 19.08. Hamburg | 20.08. Hannover, BootBooHook Festival | 20.08. Berlin
HOUSSE DE RACKET
07.09. München | 08.09. Köln | 09.09. Hamburg 10.09. Berlin, Berlin Festival
JUNIP
22.07. Rüsselsheim, Phono Pop Festival | 23.07. Diepholz, Appletree Garden Festival | 19.08. Hannover, BootBooHook 21.08. Hamburg, Kampnagel Sommer | 15.10. Düsseldorf, New Fall Festival | 16.10. München | 17.10. Heidelberg, Enjoy Jazz
— Today / Big Wheel Stage / 4 am
PEACHES (DJ-SET) 30.09. Frankfurt
PLANNINGTOROCK
FOSTER THE PEOPLE
02.11. Köln | 09.11. München | 11.11. Berlin 12.11. Hamburg
years of Total Confusion, the parties’ closing moments were their most magical moments. In the last days of the bygone millennium, Cologne rang in the last round at 5am (with a tolerance of an hour reserved for saying goodbye emphatically and rather slowly). In those last few minutes, everything was played that didn’t fit the party’s techno and house categories: Missy Elliott’s digital hip hop, Aaliyah’s bouncing soul music as well as this one too cheesy Daft Punk track… Particularly then, you could feel the openmindedness of Tobias Thomas and Michael Mayer, who founded the party series in the early nineties, bringing it to the new millennium together with Superpitcher. At the same time that it laid the basis for Kompakt’s omnipresent minimal sound, Total Confusion remains so much more. Without blinders on, pop is enthusiastically and thrillingly thrown into the mix with rave. Total Confusion carries the big promise of letting go (the clue is in the name). It was never meant to be anything but questioning and blurring the everyday, tearing up new perspectives, and developing new friendships. Confusion was not (only) supposed to coin some escapist endeavours. It is and was meant to be much more sensual and affectionate. Night after night it is all about this social custom of collective partying in its most special form: you’re never on your own, and you never ever have to fear getting lost in the crowd. »Total Confusion« is a club night that tells us that your club and your people need you, you could say total confusion is a group achievement at every night. And hey, that’s the best gift a club is going to give you. The party series is also a declaration of love for the city of Cologne. Even after leaving Studio 672 (which was known from Tokyo to New York in its heyday) and moving to other locations, the hosts’ hearts still reside there wtih the same intensity. It is all the more remarkable since none of the three DJs nor the host in the background, Ralph Christoph, are Cologne natives yet they embraced the cathedral city’s warmth. As a testimony to this everlasting love, Total Confusion’s thirteenth anniversary will be celebrated at Cologne’s Stadtgarten in June – to be continued at this year’s Melt! Text: Thomas Venker
LOVE INKS 18.09. Hamburg | 29.09. Frankfurt, Bodys and Babel Festival ( + Peaches DJ-Set uvm.) 30.09. Köln | 10.10. München | 11.10. Dresden 12.10. Leipzig | 13.10. Berlin, Certain People at Berghain (+ Planningtorock)
THE MAGICIAN
04.08. München | 05.08. Berlin
MOON DUO
SPECIAL GUEST: MALE BONDING* 23.09. Hamburg, Reeperbahn Festival 08.10. Berlin* | 09.10. Leipzig* | 10.10. München*
13.10. Berlin, Melt!Booking & Berghain present: Certain People at Berghain ( + Love Inks u.a.) 14.10. München | 15.10. Heidelberg-Enjoy Jazz Festival | 16.10. Köln | 17.10. Hamburg
SCHLACHTHOFBRONX
23.07. Frankfurt | 30.07. Dortmund, Juicy Beats Festival | 06.08. Freising, Prima Leben Und Stereo 27.08. London (UK) | 24.09. Stuttgart
SKRILLEX
20.08. Köln, Loonyland | 25.08. Hamburg 10.09. Berlin, Berlin Festival
WILD BEASTS
03.11. Berlin | 04.11. Hamburg | 05.11. Köln
www.meltbooking.com
BeGinner, suede, primal scream
present screamadelica
Beirut, lFO, BOys nOiZe, alOe Blacc, mOGWai death creW 77 the BlOOdy BeetrOOts live James BlaKe Battles, the drums, the rapture, deus
Odd Future WOlF GanG Kill them all, hercules and lOve aFFair BOy GeOrGe & marc vedO dJ-set Kruder & dOrFmeister, apparat Band casper, clap yOur hands say yeah, the naKed and FamOus mr. OiZO, css, santiGOld, pantha du prince, diplO, a-traK, sKrillex dJ hell, Wire, health, BuraKa sOm sistema, austra, mOunt KimBie BaG raiders, alex WinstOn, yuKseK, BrOdinsKi, yelle, the BlacK anGels, FireFOx aK, rainBOW araBia, Waters, retrO steFsOn tune-yards, dry the river, hOusse de racKet, andy Butler dJ-set Oh land, GesaFFelstein live FlOrrie, Jimmy edGar, remmi demmi GrecO-rOman special, relish special, G.i. discO, Berlin Battery last days OF 1984 and many mOre