Meltnews 2011 - Sonntag

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Eine Zeitung von Intro und Frankfurter Rundschau

INCLUDING ENGLISH SECTION FROM PAGE 14–15

No 3 Sonntag 17. JULI 2011

The Streets

MeltNews! sprach nach der Show mit Mike Skinner | Seite 2

Patrick Wolf

Ente süß-sauer hätte ihm fast das Melt! vermiest | Seite 7

Pulp

Die Britpop-Helden sind das Highlight am Sonntag | Seite 10

Foto: Dennis Dirksen

Beady Eye sind nicht Oasis

Abschied von den Rockstars Oasis waren 2009, 2011 sind Beady Eye: Die neue Band von Liam Gallagher versuchte, an alte Pfründe anzuknüpfen. Der Erfolg blieb vergangene Nacht aus. Text: Christian Steinbrink Nie wurde im Künstlerbereich des Melt! ein ähnlicher Aufwand betrieben wie im Jahr 2009. Für eine besondere Band wurden den ganzen Festivalsonntag lang ein großes Areal abgesperrt, persönliche Shuttles bereitgestellt und haufenweise VIP-Gäste vertrieben. Die Band hieß: Oasis. Als die britischen Rockstars ihr Tagwerk beendet und Minuten später wieder abgereist waren, variierten die Meinungen über den Gig zwischen nervig und erhaben. Viele nüchterne Betrachter fragten sich,

ob der Aufwand für die Briten noch gerechtfertigt sei. Die Legionen von Landsleuten, die mit Union Jacks und Ale über den Kanal geschippert waren, sahen das anders: Sie feierten ihre Helden euphorisch. Nie kamen mehr Fans aus dem Vereinigten Königreich zum Melt! als 2009. Wenige Wochen später, Ende August, gab der eine der beiden manischgenialischen Gallagher-Brüder, Noel, spätnachts auf der bandeigenen Webseite ein Statement ab. Er erklärte seinen Ausstieg und entschuldigte sich dafür, gebuchte Festival-Gigs in den kommenden Tagen absagen zu müssen. Kurz darauf äußerte sich sein Bruder Liam und es war klar: Oasis sind Geschichte. Danach passierte zunächst wenig – kein Wunder bei einer Band, die ganze 18 Jahre lang den Pop eines ganzen Kontinents entscheidend mitgeprägt hatte. Der erste der streitbaren Brüder, der ein neues Lebenszeichen absetzte, war Liam, der stets coolere, aber auch etwas dümmlicher wirkende Frontmann. Er gründete mit dem Rest der alten Stammband Beady Eye. Wohl mit dem Ziel, seinen ewigen

Minderwertigkeitskomplex zu überwinden und dem großen Bruder zu beweisen, dass er auch ohne ihn zurande kommt. Die Band veröffentlichte ein Album mit dem programmatischen Titel »Different Gear, Still Speeding«. Die Reaktionen von Presse und alten Fans aber blieben durchwachsen. Irgendetwas fehlte beiden Parteien, und sei es nur der unterschwellig spürbare Zwist der Brüder. Der gestrige Auftritt beim Melt! war für Beady Eye eine Art Nagelprobe: Einerseits der erste Festivalauftritt in Deutschland, andererseits mit dem legendär kontroversen Oasis-Gig von 2009 als hoher Maßstab. Liam Gallagher ist lang genug im Geschäft, um das zu wissen – daher dürfte der Anblick von der Bühne herab für ihn ernüchternd gewesen sein: Nur etwa die Hälfte der Arena vor der Main Stage war gefüllt. Kein Vergleich zu der besagten Oasis-Show, bei der sogar die Treppen gerammelt voll waren. Aber jeder Fan weiß, dass der Sänger laut selbstgestricktem Mythos der arbeitenden Klasse entstammt, nie etwas geschenkt bekommen und schon

früh zu kämpfen gelernt hat. Heißt: Er schluckte seinen Groll herunter und legte sich ins Zeug. Tatsächlich kann man Beady Eye nicht vorwerfen, sie wären reine Oasis-Klone. Die Mehrzahl ihrer Songs klang rauer und rockiger als anno dazumal, Noels Akustikgitarre gehört der Vergangenheit an. Beady Eye sind räudiger Sixties-Rock aus den Rauchschwaden des Pubs, bei dem der Sänger wie zufällig nach Liam Gallagher klingt. Aber es half nicht viel: Außer beim harten Kern der Gallagher-Fans vorne tat sich wenig. In den hinteren Reihen schauten die Leute eher teilnahmslos zu und schreckten nur kurz auf, als Liam ein paar harsche Worte ins Publikum warf. Er meinte es nicht böse, war im Vorfeld sogar unprätentiös wie nie zuvor. Selbst Backstage genoss er außer einer eigenen Umkleide keine Extrawürste. Er lief ohne Allüren durch die Gegend und ließ sich fotografieren. Wahrscheinlich hat er längst gemerkt, dass er mit seiner zweiten Karriere wieder weiter unten anfangen muss. Bedauerlicherweise fehlt Beady Eye dafür nur eine erfolgversprechende Zutat: Hits.

Genau das war der Punkt, an dem alten Fans am schmerzlichsten bewusst geworden sein dürfte, dass mit Bruder Noel der eigentliche Songwriter fehlt. Beady Eye reproduzierten live wie auf ihrem Debütalbum altbekannte Harmonie-Standards des Britrock. Manche verdächtig nah an alten Oasis-Heulern. Die Band, die zu großen Teilen aus Ex-Oasis-Mitgliedern besteht, verhielt sich ihrem fortgeschrittenen Alter angemessen: engagiert, aber mit einer lässigen Routine. Dennoch verging den abgezockten Platzhirschen am gestrigen Abend irgendwann die Lust. Beady Eye spielten ihre Songs solide herunter. Nur Gallagher bäumte sich in neuem Anorak und alten Rotzlöffel-Posen auf. Aber selbst er wird bald erkennen müssen, dass die Zeit der großen Rockstars bald Geschichte sein könnte. Es jagt keinem Act mehr Angst ein, auf einem Festival zeitgleich mit einer GallagherBand zu spielen. Beady Eye sind nicht mehr als eine traditionsverliebte Britrock-Band, aber auch nicht weniger. Auf der Bench Main Stage gewannen dieses Jahr andere.


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MELTNEWS! — SONNTAG, 17. JULI 2011

Nordkorea dopt mit Moschus FRANKFURT (dapd) Bei der Frauenfußball-Weltmeisterschaft sind insgesamt fünf Spielerinnen aus Nordkorea positiv auf anabole Steroide getestet worden. Das teilte der Weltverband FIFA am Samstag mit. Nach zwei Doping-Befunden in der Vorrunde hatte die FIFA die ganze Mannschaft vor der Heimreise überprüfen lassen. Die Nordkoreaner hätten der FIFA ein Präparat aus der traditionellen chinesischen Medizin übergeben, das die Spielerinnen nach einem Blitzeinschlag am 8. Juni eingenommen hätten, sagte FIFA-Gesundheitsexperte Jiri Dvorak. Dieses Präparat habe das Kölner Dopingkontrolllabor als Extrakt aus der Drüse von Moschushirschen identifiziert. Es enthalte 14 verschiedene Steroide, darunter vier verbotene.

Polizei schaltet Server ab DÜSSELDORF (dpa) Der Angriff von Hackern auf vertrauliche Daten der Zollfahndung und der Bundespolizei soll größer sein als zunächst bekannt. Rechner der Bundespolizei seien bereits seit September 2010 mit Trojanern verseucht gewesen, meldet die Bild am Sonntag unter Berufung auf einen vertraulichen Bericht des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik. Der Angriff sei erst Anfang 2011 entdeckt worden. Wie Focus Online am Samstag berichtete, mussten das Bundeskriminalamt, alle Landeskriminalämter, der Zoll und die Bundespolizei sämtliche Server abschalten, die dazu dienen, Schwerkriminelle und Terrorverdächtige zu observieren.

Punkt für Apple TAOYUAN/WASHINGTON (dpa) Apple hat im hitzig laufenden Patentkrieg der Smartphone-Hersteller Oberwasser gewonnen. Die US-Handelsbehörde ITC hat entschieden, dass der taiwane­ sische Rivale HTC in zwei Fällen Funktionen von Apple abgekupfert habe. Die Handelsbehörde hat die Macht, die Einfuhr von Geräten in die USA zu untersagen. Ihre Entscheidung ist bislang allerdings nur vorläufig.

Foto: e.d.iphotoeye

The Streets

Melt! you have potential Die Geschichte von The Streets ist eng verwurzelt mit der des Melt!-Festivals. Wir hatten gute Zeiten zusammen, vielleicht sogar die besten. Jetzt beschließt Mike Skinner seine Festival-Karriere unter Baggern. Text: Martin Riemann, Linus Volkmann

andreas dorau

Werktreue & Textlücken Text: Felix Scharlau Als Andreas Dorau gestern um 17:30 Uhr in schwarzem Anzug, weißem Hemd und Krawatte die Hauptbühne betrat, brannte die Sonne gnadenlos auf ihn und seine Mitmusiker herab. Kurz darauf – der zunächst leere Platz hatte sich mittlerweile mit einigen hundert Zuhörern gefüllt – rückte Dorau trotz der Hitze nicht von seiner Kleiderlinie ab. »Es tut weh. Es tut wirklich weh«, ließ er wissen. »Aber die Jacke ziehe ich nicht aus!« Konsequenz, das bewies neben der Kleiderwahl auch sein Auftritt,

ist ein Leitsatz Doraus. Schon mit 15 Jahren hatte der Pfarrerssohn in der Schul-AG sein bekanntestes Lied komponiert – die spätere NDW-Hymne »Fred vom Jupiter«. Seitdem arbeitet der heute 47-Jährige an einer völlig autarken Form deutscher Popmusik. Seine Stücke, das unterstrich auch die jubelnde Menge vor der Hauptbühne, sind tanzbare Ohrwürmer. Bisweilen naiv anmutend, aber stets mit einer subtilen Raffinesse. »Fred vom Jupiter« gehört dabei schon längst nicht mehr zu den Songs, die Dorau

Past Es war der 17.07.2004 beim Melt!. Ein junger britischer Typ trat auf die riesige Bühne, Mischung aus Straßenräuber und Bub. Er konnte die Sache locker angehen lassen. Jeder wollte ihn, Melt! hatte ihn. Eine Karriere von Null auf Hundert. »Fit But You Know It« von der zweiten Platte übertraf sogar noch seinen Debüt-Erfolg von »Let‘s Push Things Forward« und schoss hoch in die Charts. Am 19.07. dann, zwei Tage nach seinem Melt!Gig, fuhr er in England mit der Single »Dry Your Eyes« den ersten Nummer Eins Hit seiner Karriere ein. Völlig zurecht. Damals beim Melt! wurde er nicht nur auf der Bühne gefeiert. Sondern auch dahinter. Dafür dass er, obgleich der größte Star des Tages, gleichzeitig auch noch der unkomplizierteste war. Ihm gefiel Melt! einfach, das ließ er uns wissen. Er dankte es der Stadt aus Eisen damit, dass er uns 2006 noch einmal beehrte. Und jetzt, ja jetzt erleben wir mit ihm wieder einen wichtigen Moment in seiner Karriere – der dabei allerdings auch etwas wehmütig stimmt. The Streets danken ab. Die Anfang diesen Jahres erschienene Platte »Computer And Blues« wird die offiziell Letzte sein. Jetzt ist nur noch Abschiedstour angesagt. Und noch einmal Melt! Present Heute trägt Mike Skinner schwarz, immerhin ist es sein letztes Festival in Deutschland. Ever. Und klar, ist es das Melt! Laut Skinner das »beste Festival der Welt«. »Die Deutschen haben die besten Open Airs, die besten Autos und die besten Circle Pits«, skandiert er - auf einer Monitor Box stehend - während die Menge auf sein Geheiß perfekte Kreise bildet. Ein irres Fischschwarmschauspiel. »Diese

den Fans des eigentümlichen Elektro-Pops live serviert. Die wollen das Lied allerdings auch nicht mehr hören. Gestern spielte Dorau entsprechend nur Stücke aus den letzten 16 Jahren. Darunter »Stimmen in der Nacht«, »Inkonsequent« und »Größenwahn« vom aktuellen Album »Todesmelodien«. Aber auch ältere Songs wie »Girls in Love«, mit dem Dorau 1997 in Frankreich chartete. Die Basisspuren wurden dabei zeitgemäß vom Laptop abgefahren und live veredelt. Dass Andreas Dorau ein ums andere Mal Textunsicherheiten zeigte, störte niemanden. Einmal ließ er sogar im Vorfeld schon wissen, es werde »jetzt gleich Textprobleme geben«. Dem stets spitzbübisch lächelnden Andreas Dorau kann man einfach nichts übel nehmen. Er ist und bleibt in der deutschen Poplandschaft einmalig.

Circle Pits verkaufen wir der Schweiz! Ich war gestern dort und ich kann euch sagen, deren Circle Pits sind Scheiße!« Hey, was Skinner da drauf hat, können sonst nur totalitäre Staaten. Oder vielleicht die Ärzte. Er war immer schon näher an Billy Bragg als an Public Enemy - und auch bei seinem letzen Melt!-Besuch sind genau die Momente am spektakulärsten, wo sein introspektiver Rap-Singsang alle Genregrenzen überwindet und kollektive Schauer auslöst. Oder mal eben niedrig geschätzte 8000 Menschen dazu bringt, sich auf dem Boden niederzulassen und pünktlich zur Bassdrum wieder aufzuspringen. Skinner liebt sein Publikum, redet immer wieder beruhigend auf es ein, spielt einen Hit nach dem anderen, springt mit nacktem Oberkörper in die völlig außer sich geratende Menge und schenkt den Leuten schließlich noch seinen Bassisten: »Das ist Blue Stu« stellt er ihn vor »And tonight Blue Stu is gonna fuck one of you! Er wurde grade von seiner Freundin verlassen und ich will, dass ihr euch um ihn kümmert. Umarmt ihn, küsst ihn, verdammt nochmal!« Die Art, wie Skinner hier Witz und Zuneigung vermischt, sagt alles. Und am Ende führt der Mann Stu dann tatsächlich in die Menschenmenge - wie der Vater die Braut vor den Altar. Rührung hängt sonnenstrahlengleich in der Luft. Nach dem Konzert verrät er uns im Interview, warum ihm das Melt! seit seinem ersten Auftritt soviel bedeutet: »Das war jetzt mein drittes Mal hier. Für diesen Ort gibt es nur ein Wort: Schönheit. Man fühlt sich wie in einer riesigen Fabrik. Unglaublich. So, und jetzt werde ich sehr viel Wein trinken, macht’s gut.« Okay, wenn ein Abschied dermaßen geil abläuft, tut es auch gar nicht so weh. Na, nur ein bisschen...

Foto: Philipp Böll


SEITE 3 Foto: Sebastian Bach

MELTNEWS! — SONNTAG, 17. JULI 2011 Die Macher im Hintergrund

Wo 25 000 Menschen feiern

Inhalt Beady Eye

01

The Streets & Andreas Dorau

02

Melt!-Produktionsleiter Alexander Gläs & Metronomy 03 Editors 04 Ferropolis-Geschäftsführer

Text: Sebastian Bach Es gibt sie auf jedem Festival. Die zumeist schwarzgekleideten Menschen mit Kapuzen-Pulli, Cargo-Hose und Walkie-Talkie am Gürtel. Sie fallen nicht auf, verrichten ihre Arbeit im Stillen und bekommen dafür keinen Applaus. Ihr Lohn ist, dass am Ende alles glatt geht. Dass die Beschallung stimmt, dass die Lichtanlage ausgerichtet ist, dass das Sicherheitskonzept funktioniert. Ein solcher Mensch ist Alexander Gläs, Produktionsleiter auf dem MELT!-Festival. Während unseres knapp fünfminütigen Gesprächs wird er sechs Mal angerufen. Das spricht für die Wichtigkeit seines

Jobs. Denn ein Produktionsleiter ist nicht nur für die Produktion auf der Bühne zuständig, er »produziert« das gesamte Festival. Insgesamt koordiniert Gläs 500 Helfer und 200 Securitykräfte – ein Job, den man nur als stressig bezeichnen kann. Als das MELT!-Festival am Freitag seine Tore öffnete, war Gläs schon zwei Wochen vor Ort. Innerhalb dieser Zeit galt es die Spuren des Splash-Festivals zu beseitigen, das Anfang Juli in Ferropolis stattfand und das Gelände »meltfertig« zu machen. »Für das MELT!-Festival müssen insgesamt zwei Millionen Kleinteile

angeliefert werden«, sagt Gläs. »Auf dem Gelände liegen dann 40 Kilometer Kabel.« Das kommt daher, dass auf dem MELT!-Festival nicht nur eine zwei Megawatt starke Anlage mit Strom versorgt werden muss, sondern auch die aufwendige Licht- und Lasershow. »Es war uns immer wichtig, die Bagger in unser Konzept einzubinden«, sagt Gläs. »Deshalb bestrahlen wir sie mit Licht.« Die Veranstalter gehen mit der Zeit. So setzt man in diesem Jahr zum ersten Mal auf erneuerbare Energien und gewinnt einen Teil des Stroms über Solaranlagen. »Auch unser Sicherheitskonzept wurde neu

gestaltet«, sagt der Produktionsleiter. »Das liegt natürlich auch an den Geschehnissen in der letzten Zeit.« Für Gläs ist es das siebte MELT!Festival. Insgesamt sei die Veranstaltung wesentlich professioneller geworden. Das gelte besonders für die Nutzung des Geländes. »Vorher war hier nur Sand«, sagt er. »Natürlich sind die Arbeitsabläufe über die Jahre auch effektiver geworden.« Inzwischen ist das MELT! ein Festival, auf dem jedes Jahr 25 000 Menschen eine gute Zeit haben. Nicht zuletzt auf Grund der Arbeit von Menschen wie Alexander Gläs.

Thies Schröder

06

Patrick Wolf 07 Melt! Samstag

08

Pulp 10 Cold War Kids & White Lies

12

José Gonzáles & BPitch Control & Robert Johnson

13

English Version

14

Berlin Festival

16

metronomy

Rechnung beglichen

Melt!wetter am Sonntag, 17. Juli 2011

Text: Maja Schäfer Trotz hartnäckiger Gerüchte, Metronomy hätten ihren Auftritt erneut abgesagt, betrat das Quartett unter Möwengejaule die Bühne. Ihre Melt!Premiere bestritt die Band mit dem titelgebenden Track des neuen Albums »The English Riviera«. Die Gemini Stage platzte aus allen Nähten und tanzte. Es folgte eine bunte, perfekt einstudierte Show samt der für Metronomy typischen Lichtapplikationen an den adretten Oberhemden der männlichen Bandmitglieder. Mitunter hatte das Set an der Lautstärke der angrenzenden Main Stage und Tom Smiths (Editors) durchdringendem Gesang zu leiden – der feierwütigen Menge war das egal, sie unterstützte ihre Lieblinge umso lautstarker. Ein Hit jagte den anderen: Zu »Heartbreaker« gab es eine kleine Choreo, zu »I’ve Got A Thing For You« sang die Crowd mit, nach »Radio Ladio« räumten die Briten das Feld. Die Fans, die 2009 nach der kurzfristigen Absage der Band enttäuscht waren, wurden gebührend entschädigt.

Melt! Booking

APPARAT BAND

09.09. Berlin, Berlin Festival | 23.09. Hamburg, Reeperbahnfestival | 31.10. Leipzig | 01.11. Zürich (CH) | 02.11. Frankfurt | 08.11. Wien (AT) 09.11. München | 10.11. Stuttgart | 11.11. Heidelberg-Enjoy Jazz Festival | 12.11. Dresden

BRAND BRAUER FRICK

29.09. Wien, Waves Vienna Festival | 19.11. Leipzig

THE BRANDT BRAUER FRICK ENSEMBLE 03.09. Dessau, Farbfest | 15.10. Dresden 25.11. Essen, C3 Festival | 17.12. München

DUM DUM GIRLS 03.11. Berlin | 04.11. Köln

EMA SPECIAL GUEST: GANGLIANS* 21.09. München* | 22.09. Berlin* 23.09. Hamburg, Reeperbahnfestival 24.09. Köln | 25.09. Offenbach

JUNIOR BOYS 02.08. München

CROCODILES

18.08. Köln | 19.08. Hamburg | 20.08. Hannover, BootBooHook Festival | 20.08. Berlin

HOUSSE DE RACKET

07.09. München | 08.09. Köln | 09.09. Hamburg 10.09. Berlin, Berlin Festival

JUNIP

22.07. Rüsselsheim, Phono Pop Festival | 23.07. Diepholz, Appletree Garden Festival | 19.08. Hannover, BootBooHook 21.08. Hamburg, Kampnagel Sommer | 15.10. Düsseldorf, New Fall Festival | 16.10. München | 17.10. Heidelberg, Enjoy Jazz

19° C

22° C

PEACHES (DJ-SET) 30.09. Frankfurt

PLANNINGTOROCK

FOSTER THE PEOPLE

02.11. Köln | 09.11. München | 11.11. Berlin 12.11. Hamburg

Leichter Regen

LOVE INKS 18.09. Hamburg | 29.09. Frankfurt, Bodys and Babel Festival ( + Peaches DJ-Set uvm.) 30.09. Köln | 10.10. München | 11.10. Dresden 12.10. Leipzig | 13.10. Berlin, Certain People at Berghain (+ Planningtorock)

THE MAGICIAN

04.08. München | 05.08. Berlin

MOON DUO

SPECIAL GUEST: MALE BONDING* 23.09. Hamburg, Reeperbahn Festival 08.10. Berlin* | 09.10. Leipzig* | 10.10. München*

13.10. Berlin, Melt!Booking & Berghain present: Certain People at Berghain ( + Love Inks u.a.) 14.10. München | 15.10. Heidelberg-Enjoy Jazz Festival | 16.10. Köln | 17.10. Hamburg

SCHLACHTHOFBRONX

23.07. Frankfurt | 30.07. Dortmund, Juicy Beats Festival | 06.08. Freising, Prima Leben Und Stereo 27.08. London (UK) | 24.09. Stuttgart

SKRILLEX

20.08. Köln, Loonyland | 25.08. Hamburg 10.09. Berlin, Berlin Festival

WILD BEASTS

03.11. Berlin | 04.11. Hamburg | 05.11. Köln

www.meltbooking.com


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MELTNEWS! — SONNTAG, 17. JULI 2011

Twitter Vom Melt! Die besten Einträge hier: Forthekidzz: »1st day @ #Melt. Winners: Boys Noize, Fake Blood, Gui Borrato, Noah & The Whale, Robyn (!!!). Losers: Paul Kalkbrenner, dipdancing.« Das_wilson: »Besteht eigtl ein Zusammenhang zwischen Digitalism »2 Hearts« und Doppelherz? Und warum ist der See so kalt? #melt #gentrifizierung #fb« Stylewalker: »Andreas Dorau sieht aus wie ein Telekom Manager #melt2011« DrToilet: »twittere einfach mal während der umbauerei auf dem #meltfestival und hoffe, dass es auf ner led-wall oder in der zeitung zu sehen ist: hi.« Leuchtie: »Gleich Beady Eye und keine kaum menschen vor der Bühne #meltfestival« Carlhiett: »germans do it better. #meltfestival« Thiswonthurt: »Hab ich den Herd angelassen? #meltfestival« _Eskimo_: »Ich wollte #thestreets und nicht die Söhne Mannheims! #Melt11« Pedsen: »Letzter Deutschlandauftritt? Absoluter Wahnsinn! #thestreets #melt2011«

Foto: e.d.i photoeye

Editors

Relight My Fire Text: Linus Volkmann Vor dem Krankenhaus stehen gräuliche, traurige Gestalten, halten sich mit einer Hand am mobilen Tropf fest, in der anderen glimmt eine Zigarette. Das ist zum Glück nicht das Bild, das sich während des Konzerts von Editors aus Birmingham auf der Hauptbühne bot. Aber es ist eins der nachhaltigsten Bilder, das die Band der Pop-Welt geschenkt hat: „The saddest thing that I‘d ever seen / Were smokers outside the hospital doors“ singt Tom Smith

(gestern mit Spacko-Käppi) und macht aus einer so tristen Alltagsbeobachtung plötzlich ganz große Kunst. Überhaupt: Melancholie, Joy Division, Intensität, bittersweet - alles Schlüsselwörter, die über der Besuchermenge aufleuchteten. Ein Editors-Konzert lebt nicht von Exzentrik und Glamour, ist aber genauso auch kein Shoegazer-Bummelstreik aus der Indiekiste. Viel mehr kam der Band die große Bühne und die noch größere Kulisse entgegen. Denn ein

Editors-Auftritt besitzt immer etwas von einer Prozession – und alle prozessieren mit. Die Mitsingdichte war selten so hoch wie gestern um kurz nach Mitternacht. Hat es die Band doch auch in nur drei Alben (und paar Zerquetschten) geschafft, mehr Hits zu platzieren als gestandene Acts bis zum Ende ihrer Karriere. Auch der mit der letzten Platte („In This Light And On This Evening“) eingeschlagene Weg zu mehr Breitwand-Schwermutpop

statt Indie-Emo intim passte gut zu einer Nacht unter den gern zitierten Baggern. Jeder Song fühlte sich an wie eine Welle, wurde von vorne nach hinten bis zu den Rängen getragen. Und einmal drin, kam man nie wieder raus. Wozu auch? Die Editors ließen teilhaben an der größten Trauer, das aber nicht ohne gleichzeitig auch selbst den Rettungsring zu werfen. Ertrinken in Pop könnte nicht schöner sein als in diesem Moment.

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Das Pop-Abo neu aufgelegt: u. a. mit Agnes Obel, Alexi Murdoch, und JUNIP (Jose Gonzalez, Tobias Winterkorn, Elias Araya)


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MELTNEWS! — SONNTAG, 17. JULI 2011

DAf Raum voller Sex Kein Hauch von internationaler Pop-Geschichte, sondern ein eiserner Besen fegte Samstagnacht beim Auftritt der Deutsch Amerikanischen Freundschaft durch das Intro-Zelt. Robert Görl verschwand sofort hinter seiner massiven Schlagzeug-Burg und gab die Blicke frei auf einen glänzend gelaunten Gabi Delgado-López, der sich bereits nach dem ersten Song sein Hemd aufriss. Delgado startete die im Sound so harte und unversöhnliche SloganMaschine DAF mit »Der Mussolini«, und das blutjunge wie auch ältere Melt!-Publikum im nicht ganz gefüllten Intro Zelt marschierte die nächsten schweißtreibenden 60 Minuten gefesselt mit. Die stoischstumpfen Beats und dröhnenden Sounds des charakteristischen KorgSynthesizers fraßen sich bei Klassikern wie »Ich und die Wirklichkeit« und der Comeback-Single »Der Sheriff« tief in Herz und Hirn – alles klang irgendwie gleich, aber eben auch alles geil. Mit Härte, Pathos, Schmerz, Sex und Exzess bis an die psychischen und physischen Grenzen zeigten DAF ihre Sonderstellung in der elektronischen Musik und wirkten dabei trotz der Bürde der eigenen Legende wie frisch aus dem Stahlwerk. Zum Ende der Show entließ Delgado seine Fans mit einem herzlichen »Vielen Dank, das hat viel Spaß gemacht« in die zweite Festivalnacht, in die wohl die meisten diese Worte mitnahmen: »Du bist jung, du bist schön, so wunderschön. Verschwende deine Jugend!« Wo sonst, als gestern auf dem Melt!? Text: Benjamin Walter

Thies Schröder ist Geschäftsführer der Ferroplis GmbH

Herr der eisernen Stadt Text: George Grodensky Der Ort hat einen besonderen Geist. »Es ist attraktiv mit ihm zu arbeiten«, sagt Thies Schröder. Gerade deswegen beherbergt Ferroplis, die Stadt aus Eisen, wohl auch das Melt!-Festival. »Das Außergewöhnliche regt an, sich des eigenen Verstandes zu bedienen«, sagt Schröder. Und: »Hier kommen Menschen zusammen, die viel Energie mitbringen«. Der Geschäftsführer der Ferropolis GmbH gerät schnell ins Schwärmen, wenn er über die Stadt aus Eisen spricht. Das verwundert nicht. Immerhin ist der 46-Jährige quasi der Bürgermeister. Thies Schröder untermalt jede Aussage mit den Händen, als wolle er sie greifbar machen. Dabei ist er nur mit halber Stelle FerropolisGeschäftsführer. Eigentlich führt er in Berlin einen Fachbuch-Verlag und eine Agentur für Planungskommunikation.

In Ferropolis überfällt ihn dennoch bei jedem Besuch das seltsame Fieber der Begeisterung. »Es ist ein Ort zum experimentieren«, sagt er. Das Melt!-Festival ist so ein Experiment. Ein soziales. Die Musik wirke als Anziehungskraft. Wegen ihr versammeln sich viele verschiedene Menschen und feiern zusammen. Die Kleinstadt Gräfenhainichen wächst dabei für eine kurze Zeit von 8000 auf 25 000 Menschen an. Das ist einerseits eine Herausforderung für das Zusammenleben von Anwohnern und Gästen. Andererseits ermöglichen die Besucherströme der Region auch eine Wertschöpfung. Rund 700 000 Euro bleiben jährlich bei Arbeitskräften, im Einkauf oder der Hotellerie hängen, sagt Schröder. Ferropolis und damit auch das Melt! sind auch ein technologisches

Experiment. Die Vergangenheit steht weithin sichtbar da: fünf ausgediente Bagger aus dem Braunkohletagebau. Bis zu 130 Meter sind sie lang und 30 Meter hoch. 7000 Tonnen Stahl. Fahren können die Bagger nicht mehr. Die Ferropolis GmbH unterhält sie zwar nach strengen Richtlinien aus dem Bergbau und unter regelmäßigen Kontrollen durch Fachleute. Im Sinne der Umweltverträglichkeit haben die Bewahrer aber alle Schmiermittel und auch die meisten Motoren entfernt. Die Stahlskelette stehen stabil aber zu fest, um noch einmal das Erdreich umpflügen zu können. Dennoch ist das Baudenkmal kein Museum. Die Ferropolis-Betreiber setzen auf die Zukunft. Die Stadt aus Eisen, wird zum Future-Polis. Soll heißen: Auf dem Ferropolis-Gelände

lassen sich neue Dinge erproben. »Es ist ein Trainingslager für Innovationen.« Zum Beispiel die, ein Festival mit Solarenergie zu betreiben. Rein rechnerisch reicht die Leistung der Solarzellen auf der Anlage, um zweieinhalb Melt!-Festivals mit Strom zu versorgen. Die Frage ist nur noch, wie sich dieser Strom speichern lässt, um den Bedarf in den Spitzenzeiten autark decken zu können. »Bislang speisen wir den Strom einfach ins Netz ein«, sagt Schröder. Der Braunkohlestandort war einst die Säule der Region. Der Motor. Unter Umweltaspekten allerdings eine Zumutung. Das ist die Solarenergie nicht. »Für uns ist sie aber auch als Symbol wichtig«, sagt Schröder. In einer Region, die wirtschaftlich gebeutelt ist, senden die Ferropolis-Leute das Signal: Es geht weiter.


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MELTNEWS! — SONNTAG, 17. JULI 2011

MEN Queer my dear

Patrick WOlf

Won‘t let the passport destroy our love Sojasauce hätte ihn beinahe verhindert: den wundervollen Indie-Schwof des Patrick Wolf. Text: Carsten Schumacher Foto: Tobias Vollmer

Als der britische Multi-Instrumentalist Patrick Wolf in himmelblauem Aufzug aus den Tiefen des Bühnenaufbaus heraustrat, stand seine Band schon bereit. Die beiden jungen Frauen rechts und links hätten vom Outfit her auch von den White Stripes geklaut sein können und der Schlagzeuger erschien, als wäre er vom längst vergessenen Metal-Projekt der Army of Lovers übrig geblieben. Dort hinein tänzelte der rot gefärbte Jüngling Wolf mit einer Art kopfstehenden Panflöte und begrüßte das »serious music festival« Melt! Hier, so hatte Wolf zuvor bei seinem Interview in der Intro Kneipe erleichtert kundgetan, kämen die Leute auch ohne Beyoncé oder Coldplay als Headliner. Beinahe hätte er es jedoch überhaupt nicht erst aus Großbritannien herausgeschafft. Er sei wieder

einmal chinesisch essen gewesen, hätte Ente bestellt gehabt und mit Sojasauce seinen Reisepass derart bekleckert, dass er, als die Sauerei erst einmal getrocknet und schwarz angelaufen gewesen sei, vom heimischen Zoll nicht mehr als taugliches Dokument akzeptiert wurde. Wäre dies das Ende der Reise gewesen, hätte die vom Licht der tief stehenden Sonne verzauberte Hauptbühne einige Top-Momente des Festivals missen müssen. Zum Beispiel den, als Wolf mit gezückter Ukulele auf einem Podest im Bühnengraben stand und dem Publikum trotz seines derzeitigen Verweilens in einer Akustik-Phase tüchtig Zunder gab. Konfetti flog, die Geige flirrte und die Klarinette brummelte wie auf einer Klezmer-Party. Zwischendurch erzählte der sich auf der

Bühne gern divenhaft in Szene setzende Patrick Wolf dem ihm spürbar zugeneigten Publikum auch mal von einem Gerücht, das er auf dem Weg zum Melt! gehört habe. Demnach wäre es nämlich auf dem Festival verboten, T-Shirts mit misanthropischen, frauenverachtenden, hassverbreitenden, faschistischen oder schwulenfeindlichen Botschaften zu verbreiten. Dazu passe hervorragend sein Song über den traumhaften Ort, an dem jeder jeden heiraten könne. Als diese Ansage von »Birmingham Streets« in breitem Jubel aufging, war Melt! auf einmal genau dieser Ort. Kurz vor Ende seines Sets stand Wolf dann auch schon wieder mit zum Himmel gereckter Faust auf dem Absperrgitter und gab seinen Fans »The Magic Position« und »The City« als grandioses Finale.

Auch wenn der seine Homosexualität niemals versteckende Patrick Wolf zwischendurch auch immer wieder die Harfe zupfte, ließ er sich als Frontmann nicht den Schneid abkaufen. Emotionale Momente hatte sein Auftritt, Seifenblasen flogen und Mädchen tanzten. Am Ende steigerte sich Patrick Wolf in das beschwörende »Won‘t let the city destroy our love« immer weiter hinein, und griff final zu seinem besten Zaubertrick. Als er nämlich »Melt! Give yourself a big applause« schrie und zwar so kurz vor der Hook, dass seine ohnehin sturmreif gegroovte Anhängerschar gar nicht mehr anders konnte, als völlig uncool, aber so was von begeistert über Kopf zu klatschen, bis alles vorbei war und nur noch »Get It On« von Band zu hören war.

Der aufregendste Flaum im Musikbusiness, da kann man sich getrost festlegen, schmückt die Oberlippe von JD Samson. Beim Genderfucking hat sich die smarte Musikerin mit dem Boy-Look noch nie mit der Politik der kleinen Schritte begnügt. Sie veröffentlichte »JD’s Lesbian Utopia« einen ironisch wie sexy Pin-up-Kalender (sie fährt unter anderem ein Bild in voller Baywatch-Montur auf), spielte in der hoch weisungsbefugten, queeren Band Le Tigre, ist Mitbegründerin der Performance-Art-Gruppe Dykes Can Dance und unterhält dazu noch MEN. Dass jenes einstige Nebenprojekt mittlerweile selbst schon zum kleinen Dinosaurier geworden ist, bewies auch der Auftritt auf der Gemini Stage. Nachfrage und Bock seitens des Publikums waren kurz vor Sonnenuntergang bereits immens. Und ihm wurde auch einiges geboten. Posen, Choreos, Verkleidungen fanden genauso ihren Platz in der Show wie Unmittelbarkeit, Herz, Witz und diese hochgepushten Beats neben den zwei Gitarren des Trios. MEN bewiesen eindrucksvoll, dass sie in der Lage sind, die Lücke zu schließen, die sich durch den Ruhezustand von Le Tigre aufgetan hat. Und das obwohl Anfang diesen Jahres gerade erst ihr Debüt-Album »Talk About Body« erschienen ist – und in Deutschland von der Plattenfirma der Release als nicht relevant genug taxiert worden, um ihn wirklich bemerkbar zu machen. Alles Penner außer Mutti. Denn MEN haben mit ihrem hittigen Disco-BeatPop das Zeug, auf queere Größen wie Gossip aufzuschließen. Text: Linus Volkmann

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MELTNEWS! — SONNTAG, 17. JULI 2011

Oben: Atari Teenage Riot – Vorher (0:56 Uhr) / Nachher (2:12 Uhr)

Der Samstag auf dem melt!

Rechts: Schön ist das Melt! 2011. Rechts oben: Viele kamen maskiert, hier: Monarchy. Rechts unten: Und auch abseits der schlichten Kostümierung gibt es wahrhafte Kunstwerke unter den Fans.

Fotos: e.d.iphotoeye, Sulamith Bereiter, Dennis Dirksen, Caroline Pappel, Simon Steiner, Tobias Vollmer

So sieht das aus!


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MELTNEWS! — SONNTAG, 17. JULI 2011

Links oben: Der sexieste Oberlippenflaum im Pop gehört immer noch JD Samson (MEN). Oben: Sieht aus wie Werbefotografie, doch für was wirbt der Harlekin? Rechts: The Hundred In The Hands als Hippie-Version von Michael Jackson. Links: Und das Meer teilte sich und mitten vor Retro Stefson eröffnete ein Catwalk (aka Wall of Death) für den Tambourin-Spieler.

Oben: Was aussieht wie ein durchgedrehter Vorstandsvorsitzender ist Gabi Delgado (DAF). Rechts: Ohne Federschmuck und Dino-Kostüm kommt Orland Higginbottom (Totally Enormous Extinct Dinosaurs) richtig Mod-mäßig rüber.


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MELTNEWS! — Sonntag, 17. JULI 2011

PULP

Lebe lieber ungewöhnlich Pulp wurden mit Britpop erfolgreich, wollten aber nie Teil einer Bewegung sein. Die Band wurde bereits Ende der 70er-Jahre gegründet – und Frontmann Jarvis Cocker passt bis heute in keine Schublade. Zeit für die große Reunion-Show. Text: Wolfgang Frömberg

Die Erfolgsgeschichte von Pulp nahm dank eines kolossalen Festivalauftritts in Glastonbury 1995 jenen Verlauf, mit dem bis zur Veröffentlichung des Albums »His 'n' Hers« (1994) kaum noch jemand gerechnet hatte. Bereits Ende der 1970er Jahre in Sheffield von Sänger Jarvis Cocker gegründet, schleppte sich die ehemalige Schülerband bei mehreren Formationswechseln mehr schlecht als recht durch die 80er Jahre. Eine Ära, für die Pulps ausladender Außenseiterpop, verwurzelt in Glam und (Post-)Punk, trotz seiner mitunter kühlen Theatralik womöglich eine Spur zu rockig ins Rampenlicht drängte. Vielleicht fehlten aber auch nur die Hits und das Glück, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein. Das sollte sich ändern. Der Übergang in die 90er Jahre ließ in Großbritannien bekanntlich neue Träume und vor allem frisches Selbstbewusstsein entstehen. 1990 spielten die Stone Roses ihr legendäres Konzert

auf Spike Island – und mancher Journalist im rauschenden englischen Musikgazettenwald wollte bereits die Wiedergeburt von John, Paul, George und Ringo als Fab Four feiern. Es bedurfte allerdings erst des Niedergangs der Stone Roses und eines weiteren Motivationsschubes, um die BritpopWelle entstehen zu lassen, auf deren Kamm letztlich auch Pulp nach langer Durststrecke ans Ziel ihrer Chartsträume reiten sollten. Selbst haben sie wenig zur Entstehung des Phänomens beigetragen. Jedenfalls nicht so viel wie ein nordamerikanisches Ungetüm namens Grunge a.k.a. Kurt Cobain, dessen Massenwirksamkeit die Briten bei der Ehre packte. Eine seltsame Mischung aus anti-amerikanisch gefärbtem Chauvinismus, ästhetischem Isolationismus und kneipengestähltem Sportsgeist erfasste damals die Insel. 1993 posierte Brett Anderson von Suede vor dem Union Jack auf dem Cover des

Select-Magazins. Der Wahlspruch zur neuen Bewegung lautete: »Yanks Go Home!« Und plötzlich war die Zeit reif für Pulp, deren Frontmann Jarvis Cocker nicht zeitgeistig mit seiner Britishness kokettieren musste. Man konnte sie ihm seit Jahren an der Nasenspitze ansehen. Der Unterschied lag bloß darin, dass der schlanke Styler nun auch beachtet wurde. Pulp landeten einen kleinen Hit mit »Babies«, und bald schmückte das süße Pop-Bonbon ihr erstes Major-Album. »His 'n' Hers« beinhaltete mit »Do Yo Remember The First Time« dazu eine weitere halbwegs erfolgreiche Singleauskopplung. Den Song über alte Zeiten konnte man angesichts von Jarvis Cockers Lebenslauf auch als narzisstischen Blick in den Rückspiegel der eigenen Karriere deuten. Kein Zufall also, dass Pulp ihren Reunion-Gig nach beinahe zehn Jahren Live-Abstinenz beim Primavera

einer »Different Class« (so der Titel) endgültig zu sich. Darauf wurden nicht nur der Rand der Gesellschaft und dessen »Mis-Shapes« erkundet sowie die gebrochene Sehnsucht nach der Vergangenheit im größten Hit der Band, »Disco 2000«, vollkommener denn je ausgelotet. Mit »Common People« lieferten Pulp auch den einzigen Song der Britpop-Ära, der sich auf schlaue Art mit dem gesellschaftlichen Klassensystem auseinandersetzt. So große Kunst vergeht nicht: Ein erhobener Zeigefinger wird unter den tausendfach in den Himmel gereckten Händen auf dem Melt! sicher nicht zu erkennen sein, wenn Pulp ihren Klassiker als Höhepunkt der Show zelebrieren werden. In Barcelona 2011 regierte pure Euphorie. Die Geschichte von Pulps spektakulären Festivalauftritten ist wie die Geschichte der »Common People« noch nicht zu Ende geschrieben.

Festival im Mai 2011 in Barcelona mit jener Nummer eröffneten – und dies vermutlich auch auf dem Melt! tun werden. »His 'n' Hers« bedeutete den Durchbruch. Die magische Glastonbury-Performance – bezeichnenderweise waren Pulp als StoneRoses-Ersatz eingesprungen, die ein Comeback gestartet hatten – machte die Band zum Mythos. Das spricht – wie der glanzvolle Primavera-Auftritt dieses Jahr – für Pulps Qualitäten als Massenbeschwörer, trotz ihres zur Schau getragenen Außenseitertums. Innerhalb der »Britpop«-Blase fand die Band um den zum exzentrischen Role-Model avancierten Jarvis Cocker einen komfortablen Platz zwischen den Stühlen. Während der alberne »Battle Of The Bands«, Blur versus Oasis, zum Klassenkampf zwischen Working Class und Bourgeoisie stilisiert wurde, beschritten Pulp den dritten Weg: Die Band kam 1995 mit ihrem fünften Album als Speerspitze

— Heute / Bench main Stage / 23:00

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MELTNEWS! — Sonntag, 17. JULI 2011

Cold War Kids

White Lies

Der Neo-Blues von Cold War Kids erzählt traurige Geschichten aus amerikanischen Seitenstraßen. Die klingen neuerdings etwas weniger traurig, das Pathos aber bleibt markant.

White Lies haben das Genre Suicide Pop etabliert. Selten wurden deprimierende Inhalte dermaßen eingängig in Songs gegossen.

Blues trifft indie-rock Text: Maja Schäfer Man muss sich die Genese einer Band in etwa so vorstellen: Erst kommt das unbekümmerte Debüt, dann der vom neuen Lebensstil beeinflusste Nachfolger, nicht zuletzt deswegen oft enttäuschend, bevor es dann mit dem dritten Album zum Showdown kommt und der zukünftige Weg endgültig definiert wird. Die Cold War Kids haben sich einiges vorgenommen. Das dritte Album »Mine Is Yours« des kalifornischen Quartetts liebäugelt mit dem großen Erfolg, träumt von großen Stadien. Dabei bleibt die Band den bisherigen Trademarks treu, betreibt aber gleichzeitig die konsequente Weiterentwicklung der Pop-Eindringlichkeit

der Vorgänger »Robbers & Cowards« und »Loyalty To Loyalty«. Unkonventionelle Ausflüge in elektronische Gefilde gepaart mit Nathan Willets gereiftem Timbre ergeben das bis dato spannendste Album der Band. Der charismatische Sänger Willet, der ohne den sonst für kalifornische Jungs typischen Surferboy-Weichspüler-Appeal rüber kommt, schreibt übrigens alle Texte der Band – und die haben es in sich, heben sich vom trivialen Plattitüden-Einheitsbrei Marke California Dreaming deutlich ab. »We Used To Vacation« beispielsweise blickt auf die Tristesse im Leben eines alkoholkranken Vaters, »Hospital Beds« erzählt von desperaten Krankenhausaufenthalten und »Skip The Charades« wiederum eine zum Scheitern

Singalong-Selbstmord verurteilte Beziehung. Schlagzeuger Matt Aveiro, Bassist Matt Maust und Gitarrist Jonnie Russel unterlegen diese balladesken Übersongs mit einem adäquat rohen Blues-Sound. Und der kommt zu jeder Tageszeit gut rüber. Als echte Kalifornier wissen die Cold War Kids nämlich auch die Sonnenstunden der Festivalsaison zu schätzen. Ihre spätnachmittägliche Melt!-Show 2009 führte zu EmotionsEkstasen in den Publikums-Reihen und bedurfte dazu nicht einmal billiger Zuträger wie einer Sternenhimmel-Kulisse. Die Cold War Kids wissen, wie sie ihre Zuschauer auch ohne Kitsch und andere billige Effekte zu Tränen rühren – und das zu jeder Tages- und Nachtzeit.

— heute / Bench main Stage / 18:30

Text: Maja Schäfer Wer die Musik der White Lies hört, ohne die Band dabei zu sehen, der vermutet zwangsläufig hinter der tiefen Baritonstimme einen schwarz gekleideten, düster dreinschauenden Sänger. Und siehe da, manchmal treffen Vorurteile zu. Zumindest teilweise. Denn der Kleidungsstil von Harry McVeigh ist tatsächlich alles andere als farbenfroh. Seine Ausstrahlung ist allerdings überraschend positiv und einnehmend, wie jeder bestätigen kann, der schon einmal in den Genuss eines White-Lies-Konzert kam. Zwischen den einzelnen Songs grinst der Twentysomething spitzbübisch und lässt einen jedes Mal aufs Neue glauben, er sei dankbar und überrascht angesichts

des Andrangs und der Textsicherheit des Publikums. Dabei haben die White Lies eine Erfolgsgeschichte hingelegt, die ihresgleichen sucht: Ihr Debütalbum »To Lose My Life« stieg Anfang 2009 auf Platz 1 der UK Charts ein. Konzerte bestreiten die Londoner in zumeist ausverkauften Hallen. Kein Wunder, reicht die Assoziationskette, die ihre von Hall und Synthie-Klängen dominierte Mischung aus Post-Punk und Dark-Wave im Hörer auslöst, doch von Joy Division bis Interpol. Man kann sich angesichts des ersten Melt!Auftritts der Band also auf ausgelassen zelebrierte Melodramatik freuen – ohne danach das Bedürfnis zu verspüren, sich von einem Bagger zu stürzen.

— heute / Bench main Stage / 21:30

FIREFOX AK

Single: Boom Boom Boom | 22.07.2011

W W W. F I R E F OX A K .C O M | W W W. F O U R M U S I C.C O M | W W W.S O N Y M U S I C. D E


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MELTNEWS! — Sonntag, 17. JULI 2011

BPitch Control & Robert Johnson Intro Kneipe Am Sonntag

An Schlaf Denken? Nö! Auf dem Sleepless Floor könnt ihr euch heute von den musikalischen Taktgebern der Republik beschallen lassen. Hierfür haben sich wichtige Protagonisten der elektronischen Musik zusammengetan. Text: Sebastian Ingenhoff

José González

Zurück zur Einsamkeit In letzter Zeit hat sich der schwedische Songwriter José González solo rar gemacht. Sein Bandprojekt Junip hatte Vorrang. Beim Melt! gibt er sich vor dem Hauptgig mit dem Trio trotzdem erst solo die Ehre. Text: Maja Schäfer Gemeinsam mit Elias Araya und Tobias Winterkorn widmet sich José González mit Junip dem Sound der späten Sixties und frühen Seventies. Einflüsse wie Nina Simone, David Axelrod, Shuggie Otis und Portishead prägen die entspannte Melodramatik, der von Orgel, Schlagzeug und natürlich González‘ unverwechselbarer Stimme geprägten Musik. Junip profitieren von der großen Popularität von González. Dieser wiederum hat viel von seinem Erfolg dem Fernsehen zu verdanken. Denn

Hand aufs Herz: José González und seine Neo-Folk-Juwelen dürften viele vor allem wegen der dramatischen letzten Folge der zweiten Staffel von O.C. California kennen. Das war 2005, und sein Song »Crosses« lieferte den Soundtrack zum Schießduell zwischen Marissa Cooper (gespielt von Mischa Barton) und Trey Atwood (Logan Marshall-Green). Weniger gewalttätig und dafür kunterbunt ging es im anderen Crossmarketing-Moment seiner Karriere zu. 2005 untermalte sein wunderschönes Akustikcover von The Knifes »Heartbeat« einen Sony-TV-Spot mit tausend bunten, hüpfenden Bällen. Mehr als ein Beschleuniger war das aber nicht für González‘ Karriere. Der akustische Soundentwurf des ehemaligen Biochemie-Studenten schwedisch-argentinischer Herkunft besitzt auch so genug hypnotisches Potential. Besonders reizvoll bei seiner Musik ist das Spannungsfeld zwischen den spröden und ehrlichen Liebesgeschichten sowie den eingängigen Melodien. Für seinen Auftritt beim Melt! darf man sich auf ein Set mit den Songs des 2003er Debüts »Veneer« sowie des Nachfolgers »In Our Nature« freuen, inklusive González‘ berühmtesten Coverversionen wie etwa »Teardrop« von Massive Attack.

— heute / gemini Stage / 16:00

GER ADE LINIEN — KRUMME B E AT S

B AU H AU S FERROPOLIS & M E LT !

Ferropolis-Ausstellung mit Bildern aus dem Bauhaus Archiv Festival-Fotografie von Geert Schäfer Melt!-Grafik von Jürgen Frost Führungen durch das Bauhaus jeweils 13.00 & 17.00 Uhr

BPitch Control Das Ende der Neunziger von Ellen Allien gegründete Label BPitch Control hat in der Vergangenheit Künstler wie Paul Kalkbrenner oder Modeselektor bekannt gemacht – und natürlich auch die Labelchefin selbst. Allien gehört zu den meistgebuchten DJs des Landes. Doch die Dame kommt nicht allein, sondern hat Nachwuchs mitgebracht: Skinnerbox, die Fohlen im BPitch Control-Stall. Labelkollege Kiki hat neben unzähligen Maxis und Remixen zwei Alben auf Ellen Alliens Label veröffentlicht. Für die völlige Entladung sorgt der gebürtige

Israeli Chaim. Der discoaffine Technoproduzent und DJ debütierte kürzlich mit seinem Album »Alive«, hat aber schon zahlreiche Maxis auf den Labels Turbo, Cocoon und BPitch Control veröffentlicht. Robert Johnson Man legt die Latte nicht zu hoch, wenn man Ata, als Legende der deutschen Houseszene bezeichnet. Neben seinen Sets hat er sich diesen Rang vor allem durch sein Engagement bei den Labels Playhouse, Klang Elektronik und Ongaku erarbeitet. Und natürlich durch seinen Club Robert Johnson, den er seit 1999 in Offenbach betreibt. Im Gepäck hat er seinen Labelpartner Roman Flügel, den InnervisionsLabelgründer Dixon, das Duo Arto Mwambe, die Robert Johnson Residents Gerd Janson, Oliver Hafenbauer und Manuel Raven. Einmal im Monat in der Homebase im Kreis der Familie zu spielen ist für ihn ebenso Pflicht wie für seine Kumpels Ben Klock und Marcel Fengler. Der Berghain-Floor wird durch ein Liveset von Barker & Baumdecker vervollständigt. Und dann ist da ja auch noch Guy Gerber von Cocoon... Wer will da überhaupt ans Schlafen denken?

— Heute / Sleepless Floor / Open End

Der Sonntag Im Intro-Zelt

Punk, Shoegaze, Pop Vier tolle Indie-Bands mit unterschiedlichsten Stil-Ansätzen. Text: Felix Scharlau Den Schotten Errors fällt es leicht zu verdeutlichen, dass etwas beginnt, anstatt zu enden. Ihre Stücke, die wie Post Punk-Remixe von Phoenix-Stücken klingen, wirken wie ein einziges Crescendo – genau das Richtige für einen guten Start in den Festival-Tag. Die deutsche Band Fotos schien bei Indie-Nerds schon durchgefallen, da erschien ihr jüngstes Album »Porzellan«. Das hat mit »Angst« nicht nur einen kleinen Hit, sondern klingt fast nach Shoegaze. Nicht so die aus Australien stammenden Architecture in Helsinki. Auf

ihren mittlerweile vier Alben seit 2003 mixen sie einen agilen Pop-Entwurf ohne Scheuklappen mit folkloristischen Sounds. Synthesizer treffen hier schon mal auf karibische Steeldrums, House-Kuhglocken auf kinderliedartige Refrains. Ein stilistisches Treibhaus, in dem alles geht. Ein solches stellen die New Yorker Les Savy Fav nicht auf die Bühne. Das Instrumentarium des seit 1995 (mit einigen Jahren Pause) bestehenden Indie-Rock-Quintetts wirkt konservativ – was man von Bühnenpräsenz und Sound nicht behaupten kann. Sänger Tim Harrington (viel Bart, viel Bauch) befeuert, sobald er einmal oben steht, unablässig den Kessel des hochfrequenten Post-Hardcore – was der Band eine zutiefst ergebene Fanbase rund um den Erdball einbrachte.

— Heute / Intro Zelt / ab 17:30

INI T IER T VON

MI T FREUNDL ICHER UN T ER S T Ü T ZUNG VON

16.07.

17.07.

14.30 Uhr Musik am Bauhaus Vortrag von Burghard Duhm

14.30 Uhr From Bauhaus to Berghain Vortrag von Thomas Karsten (Karhard Architektur) begleitet von einem analogen Live-Set von Tobias Freund

16. und 17.07.2011 Bauhaus Dessau

15.30 Uhr Is This Hyperreal? Videos, Discussion and Specials Workshop mit Alec Empire

Bauhaus Dauerausstellung (vergünstigter Eintritt mit Festivalbändchen, nur € 4,00) Kostenlose Busse vom Festivalgelände am 16. und 17.07. Abfahrt Busbahnhof Festivalgelände: 12.30 & 14.00 Uhr Rückfahrt ab Bauhaus: 17.00 & 18.30 Uhr

Christian Vorbau Wann habt ihr das letzte Mal eine Mixkassette aufgenommen? Nach der Melt!-Pressekonferenz sind solche Fragen nicht ausgeschlossen, wenn am frühen Abend Jan Drees und Christian Vorbau in der Intro Kneipe ihre Hommage an die Musikkassette präsentieren: »Kassettendeck. Soundtrack einer Generation«. Der Journalist und der »King Kong Kicks«-DJ geben live ein fulminantes Gespann ab, das von zwei ganzen Herzen und vom Comeback eines vergessen geglaubten Mediums berichtet. Last but not least bittet auf der Lesebühne der Intro Kneipe Tino Hanekamp, Mitbegründer und -betreiber des legendären Hamburger Clubs Uebel & Gefährlich, zur Vorstellung seines wundervollen Kiezromans »So was von da«. Das chaotische Leben des Helden Oskar Wrobel dürfte nicht ganz aus der Luft gegriffen sein, schließlich kann Autor Hanekamp, der auch die Weltbühne mit aus der Taufe hob und jahrelang als Musikjournalist arbeitete, auf eine bewegte Nachtlebensgeschichte verweisen, die zumindest auf den Seiten des Buches in essenzielle Sinnfragen mündet: Was soll das? Warum? Wie wird man ein guter Mensch? Und wo bleibt am Ende die Musik? Hauptsache, ihr seid da! Vergesst nicht, der schönste Platz ist immer in der Intro Kneipe ... Text: Wolfgang Frömberg

— Heute / Intro Kneipe / 17:30 Melt! Pressekonferenz 19:00 Lesung: Christian Vorbau & Jan Drees 20:30 Lesung: Tino Hanekamp


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MELTNEWS! — Sonntag, 17. JULI 2011

ENGLISH SECTION

PULP The unusual way of living Pulp: a tortured 15-year long chatup line, then a sudden burst of passion in the mid-90s Britpop boom. Artful, filmic, yet with more hooks than the Spice Girls, Pulp were always hard to categorise. However, some 10 years on, it’s time to rediscover why Jarvis’s team made you fall in love the first time. Pulp’s success story has many roots but is often reckoned to start in their phenomenal performance at Glastonbury in 1995, which took everyone by surprise. Singer Jarvis Cocker had founded Pulp in Sheffield at the end of the 1970s. With an ever-changing line-up, the former school band barely made it through the 80s, an era in which Pulp’s exuberant and nerdy version of pop, rooted in glam and postpunk, seemed a bit too intrusively rock-influenced. Maybe a proper hit was missing or they just weren’t in the right place at the right time. However, that was all about to change. At the turn of the 90s, new dreams as well as a new self-confidence seemed to be taking hold of Great Britain. In 1990, The Stone Roses played their legendary concert on Spike Island. Some music journalists even dared to reminisce about

parallels with the Fab Four, John, Paul, George and Ringo. Yet the Stone Roses faltered and North American grunge was still the predominant rock music in the British isles. But the pendulum does always swing back and soon an odd combination of Anti-American chauvinism, aesthetic isolationism, and pub-fuelled team spirit struck the island. In 1993, Suede’s Brett Anderson posed in front of the Union Jack on the cover of »Select« magazine. The movement’s motto: »Yanks, go home!« Suddenly the time came for Pulp to shine, a band whose frontman, Jarvis Cocker, pretty much entirely encapsulated this new movement. Skinny, tall, articulate, a bit angry, funny, a popstar with rich vision and a thriftstore wardrobe. The only difference was that people were starting to pay attention to the skinny style icon now. Pulp landed a small hit with »Babies«, and soon their sweet pop sounds were manifested on their first major album. In addition, »His ‘n’ Hers« contained one more reasonably successful single with »Do You Remember The First Time«, a song about old times, which could be interpreted as Jarvis Cocker’s narcissistic retrospect on his own career. No wonder that Pulp started their reunion gig at Primavera Festival 2011 in Barcelona with this particular song after their ten year hiatus – and they’re likely to do so at Melt! Festival. »His ‘n’ Hers« marked their breakthrough. Their magical Glastonbury performance – with Pulp

replacing the Stone Roses, who were just about to start their comeback – made them immortal. That speaks volumes about Pulp’s qualities as ultimate crowd charmers despite their nerdy outsider attitude. Within the Britpop bubble, the band around Jarvis Cocker, who, in the meantime, turned into a eccentric role model, found a comfortable niche. While the ridiculous frat-boy »Battle of the Bands« was fought out between Blur and Oasis, pretentiously putting up working class against bourgeoisie, Pulp chose the third and better way. The band ultimately found its voice with its fifth album, »Different Class«, in 1995, which not only explored the societal margins and its »Mis-Shapes« but also a longing for the past with the band’s biggest hit »Disco 2000«. And then there was »Common People«, perhaps the definitive song of the Britpop era and a classic piece of pop commentary on Britain’s much malign class system. Such great art doesn’t vanish. Identifying a single Jarvis-styled raised index finger will be impossible among the thousands of raised hands at Melt! when Pulp are performing this classic celebratory climax of their show. Pure euphoria reigned in Barcelona this year. Like the history of the »Common People«, Pulp’s history of spectacular festival performances isn’t over. Text: Wolfgang Frömberg

— TOday / Bench Main Stage / 11:00 Pm

White Lies Singalong suicide Only true visionaries get to bequeath music an entirely new genre. So credit where it’s due to Harry McVeigh and his band for presenting us with »suicide pop«. Seldom has depressing sounded so catchy. Should you listen to White Lies without actually seeing them in front of you, your mind will in all likelihood conjure up a black-clad, brooding frontman, delivering sadness from a deep baritone voice. Surprise, surprise! Prejudices sometimes come true! Well, in parts at least. Harry McVeigh’s clothing might be deprived of colour, yet his charm isn’t. Those who catch White Lies live can confirm that they are actually a terribly friendly bunch. In between songs, the twentysomething smiles, waxing a heartfelt surprise that the crowd seem to have already memorized their lyrics by heart. The White Lies’ success story is a unique one: the band’s debut, »To Lose My Life«, released in January 2009, immediately went to number one in the UK charts. Their followup, »Ritual«, came in third. The London boys play sold out shows whether it’s London’s Koko or Berlin’s Lido. No wonder, the delay and synth

MARKUS KAVKA · BEN KLOCK THE KNOCKS · THE KOLETZKIS DJ KOZE · LAWRENCE LES SAVY FAV · LITTLE DRAGON A.T.O.L. — MODESELEKTOR, LOCO DICE · M.A.N.D.Y.

▴ MELT! COMPILATION VOL. 7

SHED, MARCEL DETTMANN MATT AND KIM · MEN ELLEN ALLIEN · ÂME · APPARAT BAND MEDIENGRUPPE TELEKOMMANDER ATARI TEENAGE RIOT · AZARI & III METRONOMY · MISS KITTIN BEADY EYE · BODI BILL MODESELEKTOR · MONARCHY GUI BORATTO · BOYS NOIZE MUTTER · ARTO MWAMBÉ BRANDT BRAUER FRICK · BUSY P THE NAKED AND FAMOUS CARTE BLANCHE · CLOCK OPERA NOAH & THE WHALE · NÔZE CONSOLE · CARL CRAIG & PLANNINGTOROCK · PLAN B · THE PROXY RADIO SLAVE B2B · CHASE & STATUS PULP · REDSHAPE PRES. PALISADE

17 Tracks | Planningtorock, Robyn, Bodi Bill, The Drums, White Lies, Cut Copy, The Hundred In The Hands, Patrick Wolf and many more

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SEITE 15

MELTNEWS! — Sonntag, 17. JULI 2011

dominated mix of post-punk and dark wave evokes references from Joy Division to Interpol while bass player Charles Cave brings darkly vulnerable lyrics à la Ian Curtis to the table. A mood of death reaches out from many of the songs, »You’ve got blood on your hands and I know it’s mine,« as »Farewell to the Fairground« off their debut album has it. Death, remorse, kidnapping stories without happy endings are themes White Lies confront you with – no playful irony, triple-meanings here I’m afraid. They are dead serious when singing about their own funerals and dreary ghost towns. These issues are central to their second album as well, with a little bit of heartbreak spread in between, however, as heard on the record’s opener, »Is Love«. Altogether, the songs on »Ritual« hardly seem uplifting and optimistic but rather morbid and introverted. So what’s the appeal of this dense hopelessness in the first place? With Harry McVeigh’s trademark baritone voice, the band is recognisable anywhere. The frontman’s pathos-laden and forceful vocals lend a certain warmth to the otherwise cold sound of the current album, which was produced by Alan Moulder (Depeche Mode producer). His voice is the reason why festivalgoers cheerfully sing along to McVeigh as if he were singing about the weather in London. With White Lies’ first performance in Ferropolis, you can definitely look forward to a smashing celebration of melodrama without having the urge to jump off one of the diggers afterwards. Text: Wolfgang Frömberg

— TOday / Bench Main Stage / 09:30 Pm

BPitch Control & Robert Johnson Side by side against insomnia The concept of Melt!’s Sleepless Floor is quite simple: the club scene’s most prestigious stables send their best horses racing after the 4/4 beats. Showing up at this year’s Melt! Derby are BPitch Control and Robert Johnson. BPitch Control Ellen Allien’s label BPitch Control, now in its second decade of operation, has unleashed artists such as Paul

Kalkbrenner, Modeselektor, and, of course, the label boss herself. Allien is one of the most sought-after DJs in the country having been asked to remix such artists as Thom Yorke or Beck several times as well. Due to her formidable work ethic, her DJ sets still rank amongst the best the international techno posse has to offer. The grande dame, however, doesn’t show up all by herself. She’s about to bring some new talent along with her. Skinnerbox are BPitch Control’s foals in a way. The duo was signed only recently. After Itah Gabbai and Olaf Hilgenfeld ripped Berlin’s Bar25 crowd to pieces with their furious live sets of their 2009 release, »King of Spades and Marmalades,« their BPitch Control debut followed in 2011. The duo’s all about improvising with the odd jazz moment in between, always keeping an eye out for those straight beats. Label mate Kiki was born in Helsinki. Since 2011, he’s released various singles, remixes and two albums via Ellen Allien’s label. Kiki’s all about hypnotic sets that get under your skin and out of hand eventually. Israel native Chaim rings in the BPitch finale. The disco techno producer and DJ released his debut, »Alive«, only recently. Before that, he released numerous singles via such labels as Turbo, Cocoon, and, of course, BPitch Control. Robert Johnson If you call Athanassios Christos Macias a.k.a. Ata one of the German house scene’s legends, you certainly don’t set the bar too high. Besides his DJ sets, he mainly gained a reputation by releasing records via the labels Playhouse, Klang Elektronik and Ongaku – and, of course, by running the club Robert Johnson, which he opened in Offenbach in 1999. The Rhine Main Area in general seems to be the favoured breeding ground for pros dabbling in deep house with many of the important labels and genre artists still residing there. Over the years, Ata has established his reputation as one of the most unpredictable DJs in the country – recently throwing in the one or the other disco classic even. To many, his label partner, Roman Flügel, is known as one half of Alter Ego with the duo’s track »Rocker« being the techno hit of the previous decade. His more recent tracks, »Altes Testament« or »Lucy«, are, once again, more house influenced. The incredible success of deep house in the last few years can partly be attributed to Innervisions label founder Dixon. When house music wasn’t considered trendy, he

GESTERN HEUTE MORGEN

was already spinning house records at Berlin’s WMF and Weekend. The duo Arto Mwambé, who also stand for sophisticated deep house tunes, will perform a live set at Sleepless Floor. The stage’s line-up is completed by Robert Johnson residents Gerd Janson, Oliver Hafenbauer, and Manuel Raven. Text: Sebastian Ingenhoff

— Today / Sleepless Floor / Open end

Sunday at Intro Zelt We are so not done ... If one of the Melt! stages needs a break by now, it’s Intro Zelt. Bands and DJs have been keeping the audience busy since Thursday, 8pm. Even today, some of the best indie rock bands will perform far into the night. Scottish band Errors find it easy to demonstrate that something is beginning rather than ending. Their songs, think post-punk remixes of Phoenix, are nothing but a single, elevating crescendo. This is exactly what you need to start the final festival day. Australia’s Architecture in Helsinki have also been busy. Since 2003, they’ve released four albums on which they throw an agile pop concept in the mix with folklore sounds. Once in a while, synth sounds meet Caribbean steel drums, house cowbells, and nursery rhyme choruses. This is a style-based greenhouse in which everything’s and anything can grow. Les Savy Fav by contrast don’t care for such fancy equipment on stage. The New York-based indie rock quintet, which formed in 1995, are rather conservative in that sense – regardless of their massive stage performance. Frontman Tim Harrington (beard and belly included) fires post-hardcore frequencies into the audience. The band has earned a global following in so doing. Text: Felix Scharlau

— Today / Intro Zelt / 05:30 PM, 10:00 PM, 11:30 PM

Berlin Festival Music for airports The asphalt’s still warm from the sun’s heat when Berlin Festival rings in the finale of this year’s open-air

season. Raincoats and rubber boots will only be adopted for fashion statement purposes, as Tempelhof Airport provides a proper roof above the concert-going head. It’s urban, it’s aviational, and it’s sexy. Extremely sexy. Whilst we know the 60s throwbacks and mud fetishists completely disapprove of such festivals, for everyone else the new breed of urban music-going is a total treat. In the midst of the ultimate hipster metropolis, Berlin Festival visitors get to forgo the tedious procedure of pitching up a tent. But despite being outside in the fresh air, plenty of urban party opportunities are part of the official programme. »After our last act leaves the Tempelhof main stage at midnight, the party goes on with exciting highlights at Club Xberg which takes place at Arena Berlin in Kreuzberg,« organiser Cornelius Opper promises. If you do need some sleep, the city definitely has something to offer. For everyone else, it will be an easy task to dance the night away until the wee hours of the morning. Berlin Festival’s line-up, with its many gigs staged in and around the airport’s hangars, doesn’t allow too much rest anyway. German hip hop heroes Beginner celebrate their reunion at the festival, Primal Scream will present their legendary album »Screamadelica« in full, Battles tear everything down, and Health turn into a hail storm on stage. Suede and Boy George will be channeling some modern Dandyism, Skrillex and Hell provide sophisticated DJ skills, while Beirut’s Zach Condon weaves an artful tapestry out of world music. It just goes on and on. And the staging has been optimised for an even better gig experience than last year. Cornelius Opper, always keen to innovate, goes on: »This year, the hangar’s stages will be put sideways so the hangar doors can be opened completely. The hangars’ capacity, therefore, changes without creating a bottleneck situation. There won’t be any barriers, and people can watch gigs from outside the hangars as well.« All this before you even get a chance to hit the clubs, before you will be able to check out the local pub scene or get some rest after a fantastic series of concerts. As urban as a city, yet outside the city, from sipping drinks in the lounge, to the deafening noise of take-off – this most urban of festivals really is the best of being in the airport. Text: Thomas Flormann

— SEPTEMBER, 9th—10TH / Berlin

IMPRESSUM Verlage Intro GmbH & Co. KG, Venloer Str. 241–245, 50823 Köln Fon (0221) 9 49 93-0 Fax (0221) 9 49 93 99 Mail verlag@intro.de vorname.nachname@intro.de www.intro-verlag.de Herausgeber & Geschäftsführer Matthias Hörstmann In Kooperation mit Druck- und Verlagshaus Frankfurt am Main GmbH Geschäftsführer Karlheinz Kroke Karl-Gerold-Platz 1 60594 Frankfurt am Main Fon (069) 2199 1, Fax (069) 1310030 Mail leserbrief@fr-online.de www.fr-online.de Objektleitung Intro Martin Lippert Objektleitung Frankfurter Rundschau Nicole Bartwicki Chefredakteur Intro Thomas Venker Chefredakteur Mediendepot Frankfurt GmbH im Auftrag der Frankfurter Rundschau Arne Löffel Redaktion Christian Steinbrink (CvD), Wolfgang Frömberg, Felix Scharlau, Annette Schimek (Foto), Carsten Schumacher, Linus Volkmann, Kristina Engel (Lektorat) Art Direction Holger Risse AutorInnen Sebastian Bach, Henrik Drüner, Paula Fuchs, George Grodensky, Michael Hoh, Heiko Hoffmann, Sebastian Ingenhoff, Leo Leowald (Comic), Arno Raffeiner, Martin Riemann, Maja Schäfer, Benjamin Walter, Michael Weiland, Roland Wilhelm Übersetzer Michael Hoh, Alexander Mayor Layout Saskia Buchen, Jürgen Frost, Christine Mellies, Holger Risse Administration Eva Lohmeyer Public & Media Relation Dominic Pohlmann Marketing & Sales Oliver Bresch (Ltg.), Martin Lippert, Pete Schiffler, Sebastian Siegmund, David Winter Druck Druckzentrum Neu-Isenburg, Rathenaustraße 29, 63263 Neu-Isenburg Gerichtsstand Frankfurt am Main. Druckauflage 10.000 Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier aus nachhaltiger Forstwirtschaft. Abdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages! Mit Namen gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.


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MELTNEWS! — Sonntag, 17. JULI 2011

Foto:Miguel Graetzet

Berlin Festival

Von Ferropolis nach Berlin Der Asphalt ist noch warm von der Hitze des Sommers, wenn das Berlin Festival im September das nahende Ende der Openair-Saison einläutet. Regencapes und Stiefel gelten hier als exzentrisch, denn auf dem Rollfeld des Flughafens Tempelhof findet sich bei Bedarf reichlich Bedachung. Man ist urban, aber sexy. Extrem sexy. Text: Thomas Flormann Matsch-Fetischisten werden solche Festivals meiden, allen anderen bieten sie nur Vorteile. Mitten in der pulsierenden Hipster-Metropole gelegen, können die Besucher des Berlin Festivals getrost aufs Zelten verzichten. Denn sie finden im Anschluss ans Mengenbad in frischer Luft noch unbegrenzte Feier-Möglichkeiten im städtischen Nachtleben – sogar als Teil des offiziellen Programms. »Das Festival wird nach Abschluss des Programms auf der Hauptbühne um

Mitternacht in Tempelhof beendet sein. Die Party wird dann mit dem Club Xberg all night long auf dem Arena Gelände in Kreuzberg weitergeführt. Mit weiteren absoluten Programmhighlights...!«, verspricht Veranstalter Cornelius Opper. Wer unbedingt Schlaf braucht, wird ihn problemlos und ungestört in dieser Großstadt finden können. Allen anderen sollte es nicht schwerfallen, bis zum nächsten Festivaltag durchzumachen.

Das Line-up des Berlin Festivals mahnt, sich besser nicht auf Ruhephasen während der Konzerte in und um die Hangars einzustellen. Die Beginner werden hier Reunion feiern, Primal Scream ihr legendäres »Screamadelica«Album komplett spielen, Mogwai eine Wall of Sound hochziehen, Battles alles einreißen und in kleine Stückchen hacken, bevor Health zum peitschenden Sturm werden, der auch noch das letzte Stäubchen wegbläst. Suede und Boy George finden sich im modernen

Dandytum wieder, Skrillex und Hell fachsimpeln über DJ-Skills und Beiruts Zach Condon knüpft aus World und Indie einen kunstvollen Teppich. Ewig könnte man so weitermachen, nichts davon sollte man verpassen. Damit das auch reibungslos klappt, hat sich Veranstalter Opper was einfallen lassen. »Dieses Jahr ist geplant, die Hangars seitlich zu bespielen und die großen Tore zum Rollfeld auf der ganzen Länge zu öffnen. Dadurch wird eine ganz andere

Situation, ohne mögliche Engpässe geschaffen. Die räumlichen Barrieren sind dadurch beseitigt und die Zuschauer können auch von außen in den Hangar schauen.« Und all das, bevor es dann irgendwann wieder in die Clubs geht, in die Kneipe oder einfach zum ruhigen und schattigen Schlafplatz am Ende einer langen Kette von Konzerterlebnissen. Das können eben nur die urbanen Festivals und Berlin hat zum Glück eines der schönsten.

— 09.–10.SEPTEMBER / Berlin

SEE YOU AT MELT! 2012 13TH TO 15TH JULY 2012 ▸ PRESALE TO START SOON ON WWW.MELTFESTIVAL.DE/TICKETS


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