IPPNW-Thema "Nuclear Justice now!"

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NUCLEAR JUSTICE NOW!

Nuclear Justice und Climate Justice Die Verbindung von nuklearem System und Klimakrise liegt in einer ungerechten globalen Weltordnung

Die atomare Gefahr und der Klimawandel sind die beiden Hauptfaktoren für die Einstellung der Doomsday Clock, denn sie sind die zwei größten existentiellen Gefahren für die Menschheit. Und sie stehen in enger Verbindung zueinander. Der 2022 von der IPPNW aktualisierte Bericht „Nukleare Hungersnot“ zeigt deutlich, welche klimatischen Folgen ein Atomkrieg hätte. Doch auch ohne ihren Einsatz sind Atomwaffen eng mit der Klimakrise verwoben.

2022 verschwendeten die Atomwaffenstaaten 82,9 Milliarden US-Dollar an ihre Atomwaffenarsenale. Das System der nuklearen Abschreckung trägt also zur Klimakrise bei und bindet Ressourcen, die zu deren Bekämpfung dringend nötig wären. Gleichzeitig verstärkt der Klimawandel internationale Unsicherheiten und Konflikte, Bemühungen um Abrüstung werden schwieriger und das Risiko eines (un)beabsichtigten nuklearen Angriffs steigt. Doch die Verbindung des nuklearen Systems und der Klimakrise geht noch tiefer, sie zeigt sich in einer ungerechten Weltordnung. Nicht ohne Grund lautet ein bekannter Slogan: „What do we want? Climate Justice! When do we want it? Now!“ Und deshalb fordern auch immer mehr Menschen nukleare Gerechtigkeit.

So wird nicht nur bei der IPPNW thematisiert, welchen Einfluss das Militär auf den Klimawandel hat. Die enormen Emissionen der Armeen finden sich in keinem nationalen Klimareport. Es gibt hier zwar keine gesonderten Schätzungen für die nukleare Infrastruktur des Militärs, doch die vielen Trägersysteme, die U-Boote und Kampfjets, die Raketentests, die Militärübungen für den Atomwaffeneinsatz: Sie alle tragen zur Erderwärmung bei.

Klimagerechtigkeit – nukleare Gerechtigkeit: Beide Forderungen erkennen an, dass die globale Ordnung auf Ungleichheit basiert. Sie privilegiert einige Staaten und deren Bevölkerung und setzt andere herab. Während einige von dieser Ordnung profitieren, zahlen andere den Preis dafür. Meistens wird hier zwischen „Globalem Norden“ und „Globalem Süden“ unterschieden. Diese Begriffe bedeuten jedoch keine rein geographische Einteilung. Vielmehr steht der erste Begriff für all jene, die von aktuellen internationalen Strukturen profitieren, während der zweite Begriff alle umfasst, die davon unterdrückt werden.

G

leichzeitig sorgt der Klimawandel für mehr Unsicherheiten. Bewohnte Gebiete werden unbewohnbar und die Menschen müssen migrieren, Ressourcen werden knapper und Konflikte wahrscheinlicher. Diese Dynamiken beeinflussen bereits heute die Sicherheitsanalysen von Staaten. Doch anstatt eine konsequente Klimapolitik anzustoßen, werden militärische Abwehrszenarien entwickelt, die wiederum internationale Spannungen provozieren. Hinzu kommen direkte Rivalitäten um Ressourcen, wie etwa um den Fluss Indus in der umstrittenen Region Kaschmir oder den Brahmaputra, der mit China und Indien zwei nuklear bewaffnete Staaten durchfließt. So gewinnen nukleare Abschreckungsdoktrinen an Bedeutung, obwohl die gestiegenen politischen Spannungen katastrophale Missverständnisse und Unfälle wahrscheinlicher machen.

D

ie Forderung nach Klimagerechtigkeit ist die Forderung nach der Abschaffung dieser Strukturen. Sie sieht vor allem in unserem Wirtschaftssystem, das ständiges Wachstum braucht, die Ursache für die Ausbeutung von Natur und Menschen weltweit und den daraus entstehenden Klimaveränderungen und sozialen Ungerechtigkeiten. Essentiell ist hier die Anerkennung der kolonialen Geschichte, in deren Verlauf einige Staaten durch die massive Ausbeutung anderer in ihre heutige, machtvolle Position gekommen sind. Begründet wurde dies mit rassistischen Ansichten und Pseudowissenschaften. Die Kolonialzeit mag größtenteils Vergangenheit sein, doch unser heutiges System rührt aus dieser Zeit her und wird weiterhin von kolonialen Kontinuitäten bestimmt.

Es werden also nicht nur trotz, sondern auch aufgrund der Klimakrise mehr Ressourcen in die eigene Abschreckung und Verteidigung gesteckt. Dabei sind die Zahlen bereits gigantisch: Allein 8


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