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Programmiersprachen 2000 bis 2020

Niels Gründel

Neue Programmiersprachen gab es schon immer, möchte man meinen. Doch während sie sich in den Anfangsjahren der Verbreitung der Computer noch überschaubar entwickelt haben, stehen neue Programmiersprachen seit dem Siegeszug des Internets fast an der Tagesordnung. Wenn

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Wie sah die Welt der Programmierer vor 20 Jahren aus, als die Erstausgabe von IT Business erschien? Und welche Programmiersprachen sollte man im Jahr 2020 beherrschen, um jetzt bloss nicht abgehängt zu werden?

gleich die Vielfalt deutlich zugenommen hat, sind doch längst nicht alle von Bedeutung. Die Liste der meistgenutzten Sprachen führen aktuell Java, Python, JavaScript und C an, je nach Ranking auf verschiedenen Plätzen. Neue Sprachen setzen auf mehr Kontrolle und dadurch eine geringere Fehleranfälligkeit. Abgesehen von Python haben sie daher gute Chancen, in naher Zukunft auf einen Spitzenplatz vorzurücken. Rust stammt von Mozilla und wurde bereits 2010 angekündigt, eine erste stabile Version folgte aber erst 2015. In der StackoverflowUmfrage war sie die beliebteste Program

miersprache 2019. Auf GitHub ist sie eine der am schnellsten wachsenden Sprachen. Die Sprache soll besonders Programmfehler vermeiden, die zu Speicherzugriffsfehlern oder Pufferüberläufen führen und dadurch Sicherheitslücken auslösen können. Rust erlaubt ein hohes Abstraktionsniveau: Es vereint dazu Ansätze unterschiedlicher Programmierparadigmen. Die Effizienz soll gleichwohl mit C++ vergleichbar sein. Angelehnt ist sie syntaktisch an C. Mozilla bewirbt Rust mit den Worten zuverlässig, performant und produktiv. Im Gegensatz zu C fehlt es allerdings noch an einem vergleichbaren Umfang an Tools und Bibliotheken. Angesichts ihres Alters ist das aber wenig überraschend. Die ersten Entwicklungsarbeiten zu Dart wurden ebenfalls im Jahr 2010 vorgenommen, bevor eine erste lauffähige Version im Jahr 2013 erschien. Die überwiegenden Entwicklungsarbeiten werden von Google übernommen. Dart gilt als Vielzweck-Programmiersprache, die eine moderne Alternative zu Java Script darstellen und damit grundlegende Probleme beheben soll, die Java Script besitzt. Im Ergebnis ist eine strukturierte und flexible Programmiersprache für das Web entstanden, die sich leicht erlernen lässt. Vielen Programmierern wird der Einstieg leicht fallen, da insbesondere die Syntax vertraut sein dürfte. Dart-Programme lassen sich im Browser, aber auch auf Servern ausführen. Damit sind entsprechende Programme für alle Geräte geeignet, die im Internet kommunizieren. Gegenüber Java Script ist Dart-Code erheblich schneller. Go ist eine Open-Source-Programmiersprache, die ursprünglich von Google-Mitarbeitern entwickelt wurde. 2012 erschien die erste stabile Version. Anlass für die Neuentwicklung war die Unzufriedenheit mit der Compiler-Ineffizienz von Java und C++. Im Zentrum der Neuentwicklung stand daher vor allem eine hohe Geschwindigkeit – sowohl bei Entwicklung als auch Laufzeit. Ein Fokus für den Einsatz in der Praxis ist das CloudComputing: Eine herausragende Eigenschaft ist die eingebaute Parallelisierung und damit der Einsatz für parallele Systeme mit vielen Prozessoren und Prozessorkernen. Go besitzt nur einen sehr begrenzten Umfang an Sprachmitteln. Das hat nicht nur Vorteile, führt andererseits dazu, dass die Sprache schnell zu erlernen ist. Zudem führt dies zu einer gewissen Gleichförmigkeit des Quellcodes, was die Wartbarkeit deutlich erhöht.

Die vom tschechischen Unternehmen Jet Brains stammende Programmiersprache Kotlin ist erst 2016 in einer stabilen Version erschienen und hat seither den wohl grössten Sprung gemacht: Kotlin ist eine plattformübergreifende, statisch typisierte Programmiersprache, die sich zur Entwicklung von Android-Apps verwenden lässt. Nur ein Jahr nach Erscheinen wird sie offiziell von Google unterstützt, und seit letztem Jahr ist es die von Google bevorzugte Sprache für die Entwicklung von Android-Apps. Kotlin ist zwar syntaktisch nicht mit Java kompatibel, kann aber dennoch mit JavaCode interoperieren. Gegenüber Java fällt der Code deutlich schlanker aus. Gleichwohl besitzt die junge Programmiersprache moderne Features, die sie im Umfeld von Android besonders wertvoll machen. Neben zahlreichen kleinen Unternehmen setzen auch viele bekannte Anbieter auf Kotlin, beispielsweise Evernote für seinen AndroidClient oder Atlassian für das Werkzeug Trello unter Android. Wer iOS-Apps noch immer ausschliesslich mit Objective-C entwickelt, sollte sich die 2014 veröffentlichte Programmiersprache Swift genauer anschauen. Sie gilt als moderne Alternative zu Objective-C für iOS und

macOS, wenngleich Apple sie nicht als Ersatz für das in die Jahre gekommene Objective-C betrachtet, sondern als Ergänzung. Letztlich erleichtert sie aber Entwicklungen erheblich. Python stammt aus dem Beginn der 90erJahre und wurde in den Niederlanden entwickelt. Die Sprache erfreut sich gleichwohl noch immer grosser Beliebtheit, sogar weiter steigender: Auf Platz 2 der meistgenutzten Programmiersprachen hat sie im Stackoverflow-Ranking inzwischen sogar Java verdrängen können. Im TIOBE-Index liegt Java dagegen noch immer auf Platz 1. Python ist plattformunabhängig und weist universelle Einsatzmöglichkeiten auf. Zudem fördert die Sprache einen gut lesbaren und wartbaren Programmierstil. Python kommt mit relativ wenigen Schlüsselwörtern aus und die Syntax ist reduziert. Skripte in Python sind daher deutlich kürzer als in anderen Sprachen. Die Konzeption von Python ermöglicht es auch, Programme anderer Sprachen als Module einzubetten. So lassen sich Schwächen von Python umgehen. Andererseits haben viele Anwendungen die Möglichkeit eröffnet, ihrerseits Erweiterungen (Module, Plug-ins) in Python zu schreiben – dies beispielsweise bei GIMP, Open Office/Libre Office und QGIS. Die grosse Auswahl wissenschaftlicher Bibliotheken hat Python zu einer wesentlichen Verbreitung in der Wissenschaft verholfen. Anfangs waren es eher Berechnungen und visuelle Aufbereitungen, inzwischen wird die Sprache ebenso für maschinelles Lernen und Deep Learning eingesetzt. Groovy ist im TIOBE-Ranking von einem der unteren Plätze bis auf Platz 11 vorgeschnellt. Sie ist eine Programmiersprache, die auf der Java Virtual Machine ausgeführt wird. Das sorgt für eine Verfügbarkeit auf den meisten Plattformen. Anders als Java umfasst sie eine native Syntax für Maps, Listen und Reguläre Ausdrücke, zudem ein Templatesystem, mit dem HTMLund SQL-Code einfach erzeugt werden kann. Syntaktisch weist Groovy eine Verwandtschaft zu Ruby und Python auf. Mit Groovy ist auch der Umgang BigDecimal besonders einfach, sodass die Sprache ihre Anwendung vor allem im Finanzbereich gefunden hat. Im Jahr 2000 erblickte – zusammen mit ITBusiness – die objektorientierte Allround

Sprache C# das Licht der Welt. Sie war im Auftrag von Microsoft für die «.NET»-Strategie entstanden. Wenngleich sie zu Beginn exklusiv für Windows entstand, kommt sie inzwischen auch unter Android, iOS, Linux und MacOS zum Einsatz. Für Microsoft stellt C# noch heute einen wesentlichen Bestandteil der eigenen Softwarestrategie dar. Und die Entwicklungen gehen natürlich weiter. Im vergangenen Jahr hat Microsoft die Open-Source-Programmiersprache Bosque vorgestellt, die mit vielen alten Programmiertraditionen bricht. Die neue Sprache kommt weitgehend ohne Schleifen und Bedingungen aus. Filtern, Finden und Gruppieren sollen stattdessen so genannte Functors übernehmen, die zum gleichen Ziel führen, das aber weniger komplex und erheblich kompakter. Die Sprache soll im Ergebnis wesentlich einfacher zu verstehen sein, was ihrer Lesbarkeit, den Ausführungszeiten und ihrer Sicherheit zugute kommen soll. Es wird spannend bleiben, welche neuen Sprachen sich auf Dauer durchsetzen und welche noch entstehen werden. ■

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