Kurzportrait/Interview/4360 Zeichen von Jasmin Kröger
„Übersetzen ist Schreiben am Geländer.“
Beate Thill(rechts) und Jasmin Kröger im Gespräch über die Aufgabe der Übersetzer_innen. Foto: Ekko von Schwichow
Wer ist das? Zugegeben, Beate Thill ist nicht wirklich Schriftstellerin, aber Übersetzerin. 1952 in Baden-Baden geboren, zweisprachig aufgewachsen macht sie heute ganz leise die Welt verständlicher. Vor ein paar Tagen hat ihr das Haus der Kulturen der Welt(Berlin) seinen Internationalen Literaturpreis(ILP) verliehen. Zur ihrer ersten eigenen Preisverleihung trug sie rote Ballerinas und einen Zettel mit Notizen. Was macht sie? Thill baut Brücken und jongliert: Sie überführt Literatur aus dem Englischen und dem Französischen in die deutsche Sprache. Zuletzt für den Gewinnertitel „Das Rätsel der Rückkehr“(Wunderhorn Verlag) von Dany Laferrière. Wie macht sie das? „Übersetzen ist Schreiben am Geländer. Also das heißt man schreibt schon selbst, aber jemand anderes hat die gedankliche, die formale und zum Teil auch die sprachliche Führung. In allen Teilen muss man etwas eigenes finden, und das vor allem in der eigenen Sprache.“ Dafür muss man nicht nur zwei Sprachen sprechen und zwei Kulturen (er)kennen, sondern auch eine enorme Vorstellungskraft besitzen – denn sprachliche Konvergenz ist eine Illusion. Übersetzen, das bedeutet wochenlange Recherchen, Analysen, Reisen, Rückfragen, als auch viele Einund Zufälle. Das wird manchmal vergessen. Kein Wunder, dass ein Google Translate hier nicht mitkommt... Frau Thill, gibt’s dafür mal ein gutes Beispiel? „Okay das hat jetzt aber nichts mit dem Buch zu tun: Gestern im Radio ging es um die Übersetzung des Titels einer Bach-Kantate Der deutsche Titel von Bach heißt Ich hatte viele Kümmernisse – im französischen: Ma coeur était pleine d’affliction. Ich finde das gut,