Das unabhängige Magazin zum 28. Filmkunstfest Mecklenburg-Vorpommern
S. 5
GroSSmarktpoesie
S. 8
Das leben ist (K)ein Traum
Nr. 4 4. Mai 2018
Inhalt
Impressum Herausgeber Jugendmedienverband Mecklenburg-Vorpommern e.V. Friedrichstraße 23 18057 Rostock
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Ein Hund, eine Frau, ein alter Mann
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Großmarktpoesie
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Wir und er
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Ein ganz besonderer Tag
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Modern Stalking Kurzfilm „Follower“
Layout Jonathan Dehn
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Ey, Schnauze, Digga!
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Das leben ist (k)ein Traum
Kontakt Jugendgästeetage Pfaffenstraße 4 × 19055 Schwerin 0172 – 8673039 filmab@jmmv.de filmab.jmmv.de twitter.com/filmab
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Es grünt so grün
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Filmisches Tagebuch
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Anonyme Retter
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Programmvorschau
Spielfilm „Nanouk“
Chefredaktion Lore Bellmann, Marie-Luise Kutzer (V.i.S.d.P.)
Spielfilm „In den Gängen“
Kurzfilm „Intervention in einer Bank“
Kurzfilm „Salveger“
Redaktion Marie-Luise Kutzer × Kevin Sell × Lore Bellmann × Wiebke Maeß × Rike Pegel × Christoph Neimög × Merle Henriette Klemm × Hannah Fiedler × Linn Kreutschmann Organisation Lore Bellmann, Marie-Luise Kutzer
Kurzfilm „Blaue Flecken“
Jugendfilm „Kindsein“
Druck Druckerei Conell Bremsweg 18 19057 Schwerin
Dokumentarfilm „Habitat“
Dokumentarfilm „Swimmingpool am Golan“
Auflage 500 Exemplare Gefördert durch Medienanstalt MV
Dokumentarfilm „The Cleaners“
für Donnerstag, den 4. Mai 2018
filmab.jmmv.de
filmab.jmmv.de @filmabredaktion
2 @filmab
Besonderen Dank an das gesamte Team des Filmkunstfests Titelfoto © Peter Matjasko
© Jonathan Dehn, filmab!
Editorial
Liebe Filmfreund*innen, zugegeben, nicht immer nutzen wir unsere Computer und Laptops ausschließlich für eifriges Filme-Schauen und Rezensionen-Verfassen. Heute entdeckten wir auf unserem Streifzug durch die Weiten des Internets ein paar interessante Neuigkeiten, die gerade für uns junge Filmkritiker*innen und Nachwuchsjournalist*innen von Relevanz sind. Der 3. Mai ist der Tag der Pressefreiheit. Als junge Redaktion legen wir Wert darauf, frei unsere Interessen vertreten und Themen wählen zu können. Kritischer Journalismus bedeutet für uns, dass wir unsere eigene, ehrliche Meinung äußern und begründen sowie Informationen gewissenhaft recherchieren. Etwas dazugelernt haben wir auch noch. Auf der Startseite eines großen Suchmaschinenanbieters entdeckten wir wie so oft eine gezeichnete Illustration. Mit einem Klick, der uns mehr verraten sollte, ge-
langten wir zu einem Video – das erste Virtual Reality Video bei einem GoogleDoodle – welches George Méliès gewidmet war. Ein paar Minuten knallharter Hintergrundrecherche später wurssten wir mehr über den französischen Filmemacher, dessen Film Die Entdeckung des Nordpols am 3. Mai 1912 Premiere feierte. George Méliès erfand die Stop-Motion-Technik sowie den narrativen Film und nutzte viele weitere seiner Spezialeffekte in seinen Filmen, die uns Zuschauer*innen häufig in fantastische Welten mitnahmen. Einblicke in verschiedene mehr oder weniger fantastische (Lebens-)Welten erhalten wir auch in den Filmen, die wir für diese filmab!-Ausgabe rezensiert haben. Viel Spaß beim Lesen! Liebe Grüße aus unserem Redaktionsbüro, Marie
filmab! ist ein unabhängiges Magazin zum jährlichen Filmkunstfest. Im Rahmen des filmab!-Workshops lernen Jugendliche in der ehrenamtlichen Redaktion kritischen Journalismus und den Alltag einer Redaktion kennen. In fünf Tagen entstehen fünf Magazine – liebevoll gestaltet und gefüllt mit eigenen Filmrezensionen, Interviews, Berichten zum Rahmenprogramm und anderen Einblicken hinter die Kulissen des Filmfestivals. Parallel veröffentlichen wir alle Beiträge mit zusätzlichen Extras in unserem Blog [filmab.jmmv.de]. Veranstaltet wird das Projekt vom Jugendmedienverband. Fragen oder Anmerkungen? Mail an: filmab@jmmv.de
Ein Hund, eine Frau, ein alter Mann Spielfilm
Nanouk © Kaloyan Bozhilov
„Die Leute reden, schlafen und essen, doch was am Allerwichtigsten ist, ist die Familie zusammenzuhalten, immer!“ In der endlosen Schneelandschaft leben sie fernab von der Zivilisation. Nanouk hat Sedna und Sedna hat Nanouk. Dem Paar bleiben die Erinnerungen an längst vergangene Zeiten. Die Tage ihres letzten Lebensabschnittes werden von der beschwerlichen Nahrungssuche bestimmt. Tief in Nanouk schlummern jedoch die wundersamen Rentiergeschichten und das eine ums andere Mal darf seine Frau seiner Stimme lauschen. Fische, Klima, Rentiere und Raben, es sind nicht viele, aber meist lebensnahe Beobachtungen, die sie miteinander teilen.
Einen Handlungsstrang können ungeduldige Zuschauer*innen in dem Spielfilm von Milko Lazarov nun erst einmal vergeblich suchen. Ein Schneehase, der in die Falle läuft, kann den Verlauf des Films für einige Minuten bestimmen. Die Häutung, Gerbung und Verarbeitung des Hasenfells zu Handschuhen ist fraglos Bestandteil ihrer Leben. Daraus ergibt sich, dass ich zunächst dokumentarische Züge in dem Film erkennen möchte. Aber eigentlich wird der Fokus auf jedes einzelne Bild und seine Wirkung für sich gelegt. Hinter jeder Kameraeinstellung meine ich jemanden sitzen zu sehen, der mit Lineal und Zirkel alles geometrisch konstruiert, Formen, Winkel und Abstände genauestens durchdacht, berechnet und bemessen hat. Mag die Handlung eine Nebensache
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bleiben. Nach kurzer Zeit kann sich das Interesse entwickeln, die Geschwindigkeit des Schlittens einzuschätzen, der eine Diagonale von links oben nach rechts unten durch das Bild zieht. Ich gebe zu, für mich hat es sich ein bisschen so angefühlt, wie sich durch einen gelungenen Fotoband mit Hochglanzaufnahmen zu blättern. Im Zusammenspiel mit einer klaren Soundkulisse, Schlürfen, Klirren, Blubbern, Rauschen und etwas Emotionalität konnte mich Nanouk dann aber doch für fast anderthalb Stunden in seinen Bann ziehen.
Hannah Fiedler
GroSSmarktpoesie Spielfilm
© Peter Matjasko
In den Gängen
„Ich fuhr nach Hause und wartete. Wartete, dass unser Großmarkt wieder aufmacht.“ Christian (Franz Rogowski) hat einen neuen Job. Er wird eingearbeitet in der Getränkeabteilung eines Großmarktes. Bier-, Wasser-, Saftkästen von der Palette ins Regal zu räumen gehört nun zu seinen Haupttätigkeiten. Bruno (Peter Kurth) unterzieht ihn gleich ersten Tests, weist ihn in die Großmarkt-Regeln ein und unterrichtet ihn im Gabelstaplerfahren. Er nimmt ihn nach und nach wie alle anderen in die Familie auf, die das Personal der Nachtschicht füreinander darstellt. Dem schweigsamen Christian begegnet nun auch Marion (Sandra Hüller) aus der Süßwarenabteilung. Die beiden
werfen sich durch die Regale tiefe Blicke zu, trinken Kaffee zusammen; immer unter der Beobachtung der mitfiebernden Kolleg*innen. „Dieser Film umarmt sein Publikum.“, schreibt programmkino.de. „Das hat geradezu poetische Kraft“, die Berliner Morgenpost. Diesen und vielen weiteren beeindruckten Stimmen aus der Presse möchte ich mich anschließen. In den Gängen bewegt mich, weil er mich an Situationen und Menschen aus meinem eigenen Leben erinnert. Weil es fast nicht möglich ist, näher an die Substanz zu kommen, als eben auf diese stille, gewitzte und unfassbar liebevolle Art und Weise. Das Gesicht Rogowskis spricht trotz großer Zurückhaltung Bände. Seine Augen versprühen die pure Liebe. Studenten-Oscarpreisträger
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Thomas Stuber inszeniert Clemens Meyers Kurzgeschichte voller Gefühl und Poesie. Der Schauplatz Großmarkt ist dafür sowohl wie geschaffen als auch an Skurrilität und Eigenheit kaum zu übertreffen, was auch der Ton und die Musik nahezu choreografisch untermalen. Ich freue mich riesig, dass ich ab dem 24. Mai 2018 ins Kino gehen kann, um diesen gelungenen deutschen Spielfilm noch einmal mitzuerleben. Und um mich umarmt zu fühlen, wenn ich mal die Poesie in meinem Leben ein bisschen vermisse.
Lore Bellmann
Wir uND er Intervention in einer Bank Wie anders darfst du sein?
Erdrückt von der Last der Masse scheint nur Anpassung zu helfen. Wie individuell dürfen wir heute sein? Wer darf darüber entscheiden? Mit schlichten Settings und ohne große Kamerabewegungen werden wir festgehalten in einem Augenblick scheinbarer Vollkommenheit.
Einheit. Gleichheit. Zusammenhalt. Eine Gruppe Menschen, einer wie der andere. Ein Außenseiter. Er tut Dinge, die sonst keiner tut. Dann: kein Außenseiter mehr. Alle gleich, alle eins. Chef, Außenseiter, Verantwortung. Kein Außenseiter mehr. Chef, Verantwortung. Außenseiter? Mit paradox wirkender klassischer Musik hinterfragt Interventionen in einer Bank den routinierten Alltag am Arbeitsplatz. Menschen wie Maschinen, was passiert, wenn jemand aus dem Raster fällt?
© Produktion: zürcher Hochschule der Künste
KuRzFILM
linn Kreutschmann
eiN GaNz BeSoNDerer taG Salveger „um die Welt zu einem bes- Zukunft mit Hoffnung entgegen. seren ort zu machen, teile.“ Nun ist der Jahrestag des Todes ihrer Mutter und die beiden haben Der herzergreifende Kurzfilm von etwas ganz Besonderes geplant. Angelica Germanà Bozza handelt Vor allem fällt mir die liebevolle von der 9-jährigen Rozerîn und Vater-Tochter Beziehung auf. Es ist ihrem Vater Ahmet. Sie sind nach herzerwärmend, als Ahmet lernt Deutschland geflohen und haben wie man Fischgrätenzöpfe flechtet. ein neues Leben begonnen. Auch Man sieht, wie sehr er Rozerîn liebt wenn der Vater noch an der Ver- und dass er immer für sie da sein gangenheit festhält, schauen sie der wird. Dieser Kurzfilm hat eine sehr
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positive Atmosphäre, vor allem durch das helle Licht und die schönen Aufnahmen. Salveger zaubert einem ein Lächeln aufs Gesicht und wirkt sehr beruhigend.
rike pegel
© Regie/Produzent/Kamera: angelica Germanà Bozza
KuRzFILM
© Produktion: Filmakademie Baden-Württemberg
Modern Stalking Kurzfilm
Follower „so what... sind doch nur fotos“ Die Babysitterin Clara (Kristin Kumria) passt in einem fremden Haus auf ein Kind auf. Als sie bei Instagram ein Selfie postet, erhält sie von einem Fremden seltsame Nachrichten. Eingeschüchtert schreibt Clara mit ihrem Freund (Leon Amadeus Singer) bei Whatsapp darüber.
Doch auch die Nachrichten vom Unbekannten hören nicht auf, sie werden expliziter. Follower von Regisseur Jonathan B. Behr ist brandaktuell. Statt des persönlichen Gespräch nutzen wir häufiger neuere Kommunikationswege mit Emojis, Bildern und Gifs. Dabei wird deutlich, wie abhängig wir von der digitalen Welt sind und welche Gefahren das mit sich bringen kann.
Der Smartphone-Thriller aus der Perspektive von Claras Handy-Display lässt die Zuschauer*innen hautnah dabei sein.
Kevin Sell
© Martin-Oliver Czaja
Ey, Schnauze, Digga! Kurzfilm
Blaue Flecken Hamburg. Eine leichte Brise. Kopfhörer pumpen stetige Beats. Stift, Papier. Große Träume. Ella (Rana Farahani) und Dahlia (Hannah Valentin) arbeiten an ihrem großen Durchbruch als Rapperinnen. Wir erleben einen Tag mit den beiden in St. Pauli. Neben einem Spontan-Battle mit den bösen Jungs, einem Portmoneeklau
für die Finanzierung oder der abendlichen Party steht eines immer im Vordergrund: das gemeinsame Album, das die Freundinnen aufnehmen wollen. Oder nicht? Martin-Oliver Czaja zeichnet in schwarzweißen, schönen Bildern zwei junge Frauen, die eine Szene erobern wollen, die von Männern dominiert ist und in der sie sich immer werden behaupten müssen. Passend untermalt von Beats von
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Plusma & en rie. Ein Einblick in eine Welt, in die viele von uns sicher selten eintauchen. Mir hat am Ende die für Kurzfilme typische Schlusspointe gefehlt, aber Szenen und Bilder überzeugen dennoch.
Lore Bellmann
Das leben ist (K)ein Traum Jugendfilm
Kindsein – Ich sehe was, was du nicht siehst © Lilian Nix
„So wie ich bin, gefalle ich Der von Philipp Eichhorn produmir. Ich möchte nie erwach- zierte Film hält sein Versprechen sen werden.“ - Rekha und macht es tatsächlich möglich, die Welt durch Kinderaugen zu In beeindruckenden Bildern, be- betrachten. Die manchmal tief phigleitet von den ernsthaften Stim- losophischen Gedanken der Protamen der Protagonist*innen nimmt gonist*innen zu Themen wie Krieg uns KINDSEIN – Ich sehe was, oder Gut und Böse beeindrucken was du nicht siehst mit in einen und regen zum Nachdenken an Kosmos, in dem wir alle einmal ge- – sie verdeutlichen, wie sehr oft lebt haben – die Kindheit. unterschätzt wird, was Kinder zu Vier Kinder im Alter von sechs sagen haben. und acht Jahren laden die ZuschauDie Aufnahmen wirken voller*innen ein, ihren Alltag mitzuer- kommen authentisch und werden leben. mehr als ein Mal ein Lächeln auf Die Reise beginnt in Tokyo bei die Gesichter zaubern. Kurumi und führt nach Havanna, Allerdings ist die Dokumentatiwo Jorgito „mit Mama, Papa und on nicht nur unterhaltend: In einer Che (Guevara)“ lebt. Rekha führt sehr ergreifenden Szene erzählt durch die Slums von Mumbai. In Rekha von ihrem Traum, Lehrerin Berlin erklärt Sean dem Publikum zu werden – zur Schule geht sie die Welt. selbst nicht.
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Trotz dieser und anderer bitterer Momente macht es glücklich, zuzusehen, wie die vier ihren Alltag meistern, mit Höhen und Tiefen und einem dennoch unbeschwerten Blick auf das Wunder Leben. Obwohl mir nicht ganz klar ist, warum KINDSEIN als Jugendfilm eingeordnet wurde, da es vom Genre her eher eine Dokumentation und für Jung und Alt gleichsam interessant ist. Ich spreche eine absolute Empfehlung aus, denn: Es ist der vielleicht beste Film, den ich im Rahmen des Filmkunstfests bisher gesehen habe.
Merle Henriette Klemm
Es grünt so grün Dokumentarfilm
© Emerson Culurgioni / Jonas Matauschek
Habitat
Die Büsche blühen weiß. Die Bienenfresser sind zurück aus ihrem Winterquartier und finden sich zu Schwärmen am Ufer des Geiseltalsees ein. Ehemals ein Tagebau ist durch Rekultivierung des Gebiets der größte künstliche See Deutschlands entstanden. Im Saalekreis, Sachsen-Anhalt, gelegen bildet er mit drei weiteren Seen den Geiseltaler Seenkomplex. Die Förderung der Braunkohle endete 1993. Die Flutung des Sees mit Saalewasser begann 2003 und wurde 2011 abgeschlossen. Der Begriff Habitat bezeichnet in der Biologie den typischen Lebensraum einer Tier- oder Pflanzenart. Die Bedeutung des Begriffs hat sich zum Synonym für Biotop erweitert, was die Lebensstätte einer Gemeinschaft meint. Ebenso wird er in
weiteren Wissenschaften wie zum Beispiel der Soziologie verwendet. Um die vier voneinander unabhängigen Handlungsstränge zu verstehen, sind diese Hintergrundinformationen keinesfalls nötig, aber gut zu wissen. In den auffällig schönen Naturbildern einer völlig überformten Region agieren verschiedene Menschen zusammen, aber auch einzeln. Den Regisseuren Emerson Culurgioni und Jonas Matauschek ist es in HABITAT gelungen mit der zurückhaltenden Kamera den Sommer am Geiseltalsee einzufangen. Ähnlich wie die porträtierten Ornitholog*innen, welche unter Tarnstoff die Vogelschwärme fotografieren. Sie zählen und messen die jährlichen Veränderungen der Lebensräume anhand ihrer Bewohner*innen, wie den Bienenfresser: Einen Zugvogel.
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Leider sind nicht alle ankommenden Reisenden aus dem Süden so willkommen wie dieser farbenfrohe Vogel. Der Ausbau des Naherholungsgebietes schreitet voran. Und auch wenn die vier Alltagsgeschehen der ehemaligen Bergleute, der Asylsuchenden oder Biologen wenig miteinander agieren, so haben sie doch gemeinsame Elemente über den geteilten Lebensraum hinweg. HABITAT möchte nicht nur eine Dokumentation sein, sondern auch ein Heimatfilm. Und stellt zugleich die Frage, wessen Heimat dies sein könnte. Absolut aufschlussreich!
Wiebke Maeß
FilmiSCheS taGeBuCh DOKuMENTaRFILM
Swimmingpool am Golan © Börris Weiffenbach
„Das privateigentum war abgeschafft und deshalb hatten alle zusammen einen großen Swimmingpool.“ In ihrer sehr persönlichen Dokumentation erforscht Esther Zimmering die Geschichte ihrer jüdischen Familie. Nach dem Holocaust bleibt ein kleiner Teil in Deutschland und hilft beim Wiederaufbau und Gründung der DDR, alle anderen Holocaust-Überlebenden schließen sich der Kibuzbewegung in Israel an. Die Regisseurin zeigt am Beispiel ihrer Familie, wie deutlich die Folgen des Holocaust bis heute zu spüren sind. Immer wieder stößt sie auf Lücken in der Geschichte und sucht nach Antworten.
Die entstandenen Aufnahmen kommen einem Tagebuch gleich, in dem Zimmering ihre Ergebnisse und Erinnerungen dokumentiert, zum Teil wirken sie sehr persönlich und individuell. Trotzdem sind sie nicht einseitig: Auch Konfliktpunkte werden behandelt. Qualitativ sind die Aufnahmen leider nicht herausragend, da sie nicht mit professionellem Equipment gemacht wurden. Im Gegenzug wirkt die Dokumentation sehr authentisch. Spannend ist auch die Sicht, die die jüdische Familie auf die Wende hat. Diese weicht von dem weitestgehend vertretenen Standpunkt ab, der Mauerfall sei eine Befreiung gewesen.
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Swimmingpool am Golan ist der erste mir bekannte Film, der sich derart intensiv mit den Folgen des Holocaust für jüdische Überlebende auseinander setzt, hat mich persönlich aber nicht uneingeschränkt überzeugt. Trotzdem ist er empfehlenswert für Filmkunstfestbesucher*innen, die sich für das Schicksal einer jüdischen Familie zur Nachkriegszeit interessieren.
Merle henriette Klemm
aNoNyme retter DOKuMENTaRFILM
© gebrueder beetz filmproduktion
THE CLEaNERS
„every minute of every day, 500 hours of footage are uploaded to youtube, 450.000 tweets appear on twitter, and 2.5 million posts are made on Facebook“ Aber nicht alles, was hochgeladen wird, bleibt auch. Denn vieles stimmt nicht mit den Richtlinien überein und muss gelöscht werden. Bisher tappte die Menschheit bei diesem Thema im Dunkeln, doch diese Dokumentation enthüllt die sogenannten „Content Moderatoren“. Diese sitzen in Manila auf den Philippinen am Computer und müssen bis zu 25.000 Bilder und Videos täglich begutachten. Dann entscheiden sie, was eliminiert werden muss und was blei-
ben kann. Sie sind sozusagen die Polizei des Internets und tragen eine große Verantwortung. Jedoch scheint dieser Job sehr traumatisch zu sein, da sie sich die dunkelsten und brutalsten Clips aller Sozialen Medien angucken müssen. Dadurch verändert sich auch ihre Wahrnehmung der Welt. THE CLEANERS öffnet den Zuschauer*innen die Augen über die dunklen Seiten des Internets. Es ist schockierend, was diese Menschen sich täglich anschauen müssen. Die Produzenten Hanz Block und Moritz Riesewick zeigen, wie sehr die Sozialen Medien die Welt schon verändert haben und das nicht nur positiv. Die düstere Atmosphäre Manilas passt sehr gut in diesen Dokumentarfilm. Die
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Aufnahmen der Stadt haben mir sehr gut gefallen, sowie die Effekte des Filmes. Es ist spannend, wie viel eigentlich vor uns verheimlicht wird. Die Unternehmen zeigen uns nur das, was wir auch sehen sollen. Alles was sich im Hintergrund abspielt, dürfen wir nicht wissen, auch wenn es uns mitbetrifft. Anscheinend wird uns vorgeschrieben, was wir kennen und mögen sollen. Ein sehr lehrreicher Film, der die Sozialen Medien mal von einer anderen Seite zeigt.
rike pegel
Programm am Freitag Auszug
16:30
Capitol 5
»Reise nach Jerusalem« von Lucia Chiarla
»Rien ne va plus« von Sophie Linnenbaum
17:15
Capitol 1
»Über Leben in Demmin« von Martin Farkas
Capitol 3
»Swimmingpool am Golan« von Esther Zimmering
19:15
Capitol 4
»Die Flucht« von Kenan Kavut
»Salveger« von Angelica Germanà Bozza
19:30
Capitol 2
»Habitat« von Emerson Culurgioni, Jonas Matauschek
D 2018 – 120 Min. D 2017 – 15 Min.
D 2017 – 90 Min. (Gast: Martin Farkas)
D 2018 – 88 Min. (Gast: Esther Zimmering)
D/TK 2018 – 97 Min. – Original mit dt. Untertitel Deutschlandpremiere (Gast: Jale Arikan) D 2018 – 14 Min. (Gast: Angelica Germanà Bozza)
D 2017 – 79 Min. – Deutschlandpremiere
(Gäst: Emerson Culurgioni, Jonas Matauschek)
»Intervention in einer Bank« von Mathias Sahli
20:00 Capitol 6
»Schaum vor dem Mund« von Janis Nords
»Oasis« von Gints Zilbalodis
21:45
Capitol 4
CH 2017 – 14 Min.
LETT/LIT/PL 2017 – 79 Min. – Original mit dt. Untertitel – Deutschlandpremiere
LETT 2017 – 17 Min. – ohne Dialog – Deutschlandpremiere
»The Cleaners« von Hans Block, Moritz Riesewieck
D/BR 2018 – 88 Min.
»Follower« Jonathan Benedict Behr
D 2018 – 10 Min.
22:15
GEORGISCHES KURZFILMPROGRAMM – 5 Beiträge
Capitol 6
90 Min. (Gäste: Zviad Elizaini, Giorgi Gogiberidze)
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