TYPOGRAPHICAL ENTERTAINMENT Magazin für Schriftliebhaber
N ° 01 2010
Typographical Entertainment, Petersgraben 1, CH — 4051 Basel
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AUSGABE DEZEMBER 2010 WIDMET SICH DEM THEMA
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INHALT 6 — BARNUMS WERBUNG UND DIE FOLGEN
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J. MARKSCHIESS-VAN TRITT UND BERNHARD NOWAK
14 — DIE VERWENDUNG VON HOLZ ZUM DRUCKEN VON DAVID KÜHNE
20 — MAKING OF VON ADRIAN FRUTIGERS WESTSIDE
And a lot more
5 — EDITORIAL 6 — BARNUMS WERBUNG UND DIE FOLGEN 14 — DIE VERWENDUNG VON HOLZ ZUM DRUCKEN 20 — MAKING OF VON ADRIAN FRUTIGERS WESTSIDE 24 — DIE GEBURT DER AMERIKANISCHEN POPKULTUR 26 — DIE GESCHICHTE DES ZIRKUS
VON PHILIPP STAMM, HEIDRUN OSTERER UND ADRIAN FRUTIGER
26 — DIE GESCHICHTE DES ZIRKUS VON WILLIAM KIPEDIA
I M PR E SSU M REDAKTION: Typographical Entertainment Petersgraben 1 CH - 4051 Basel Tel: +41 (0) 77 439 69 51 www.typographicalentertainment.ch redaktion@ typographicalentertainment.ch HERAUSGEBER, CHEFREDAKTOR, CREATIVE DIRECTOR: Joseph Kennedy SCHRIFTEN: Mercury Text, Akzidenz Grotesk, diverse im Specimenteil wie angegeben. © 2010
EDITORIAL Über dem Vergnügen an der bunten Vielfalt der Bilder lässt sich im Werbetext häufig ein Ton der Unterwürfigkeit nicht übersehen. Die fahrenden Leute gehörten ursprünglich, wenn nicht zum Gesinde, so doch zu den Kostgängern der grossen Herren. Sie waren genötigt, sich einem geneigten und wohlwollenden publico untertänigst zu empfehlen. Es dauerte lange Zeit, bis sie gesellschaftsfähig wurden. Nicht anders erging es ihrer Bildwerbung. Häufig wurde das Zirkusplakat als naiv und primitiv, weil vordergründig kraftprotzend, als unkünstlerisch und sogar als inhuman und grausam abgetan. Genau gleich erging es den für die Zirkusplakate entworfenen Schriften: zu primitiv, zu grobschlächtig, zu wenig Feingefühl. Lange Zeit mussten diese Schriften von der Bildfläche verschwinden, sie waren schlicht nicht mehr gefragt. Die Geschichte der Schriften von Zirkusplakaten ist eng verwandt mit der Geschichte von Holzlettern. Dank Rob Roy Kellys Buch “American Wood Type, 1828–1900” von 1969 und dem wieder erweckten Interesse von jungen Designern, erleben Holzlettern seit einigen Jahren eine Renaissance. In diesem Heft gibt es wissenswertes zum Hintergrund dieser Schriften und natürlich schöne Specimensheets von digitalen Schriften. Viel Spass beim Lesen!
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BARNUM
VON J. MARKSCHIESS-VAN TRITT UND BERNHARD NOWAK
BARNUMS WERBUNG UND DIE FOLGEN
Die geheime Lust des Zuschauers am grausamen Spiel wurde mit den Plakaten angestachelt. Der Meister im Einsatz des Sensationsplakates, einer auf diesen Trieb hin berechneten Text- und Bildreklame, hiess Phineas Taylor Barnum. Der 1810 in Bethel im amerikanischen Bundesstaat Connecticut geborene Schausteller, Zirkusunternehmer und Showmanager schuf in Stil und Aussehen den Plakattyp, der bis in die Gegenwart mehr oder weniger abschätzig als “das” Zirkusplakat bezeichnet wird. “Es war damals wie auch heute noch gebräuchlich, durch flammende, aufreizende Plakate die Welt in Erstaunen zu setzen. “Wenn meine Anzeigen frecher, die Abbildungen, die ich vorwies, übertriebener, die Fahnen, die ich hinaushängte, patriotischer und meine Transparente glanzvoller waren als die meiner Nachbarn, so nicht, weil ich gewissenloser war als jene, sondern nur, weil ich mehr Unternehmungsgeist, mehr Scharfsinn besass”. Diese Selbsteinschätzung stammt aus seinen zwischen 1855 und 1889 erschienenen und immer wieder auf den “neuesten Stand der Dinge” gebrachten Lebenserinnerungen, betitelt “Barnum, der Kaufmann, Journalist und Raritätenmann oder: So macht man Geschäfte und so wird man reich”. Einige hierfür besonders charakteristische Zitate aus Barnums “Lebenserinnerungen” vermitteln uns sein ungeschminktes Selbstporträt: “Erwerbssinn oder was man so nennt, trat bei mir schon früh zutage. Je mehr ich heranwuchs, desto mehr regte sich in mir mein angeborener Widerwille gegen Handarbeit. Offengestanden, das Gewerbe eines umherreisenden Schaustellers ekelte mich an. Ich vermochte es lediglich als ein Sprungbrett in eine bessere Karriere hinüber zu betrachten. Auf die Kunst zugkräftiger Werbung legte ich grössten Wert. Die Vorteile einer resoluten Ausnutzung der Buchdruckerschwärze sind überhaupt nicht abzuschätzen. Phineas Taylor Barnum
BAR N U M S KU R I O SITÄTE N Ganz Europe war für mich ein grosser Kuriositätenmarkt, auf dem ich erwarb, was mir gefiel. Während meines ersten Aufenthaltes in England fasste ich den Plan, das Geburtshaus Shakespeares anzukaufen und in einzelnen TYPOGRAPHICAL ENTERTAINMENT Nº 01 | 2010
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BARNUM
Partien nach New York zu transportieren. Die Engländer erfuhren vorzeitig von meinem Projekt und brachten es zum scheitern.” In aller Leute Mund sein, war für Barnum die Hauptsache. “Sie können über mich schreiben, was Sie zu schreiben Lust haben. Und dann können Sie von Ihrer Schrift hunderttausend Exemplare drucken lassen. Sie können behaupten, ich hätte in der Kirche Altargerät und Silber entwendet oder was Ihnen sonst immer einfällt, all das wird mir nur Zuschauer zuführen. Sie können dann nach einiger Zeit kommen und sich erkundigen, wieviel mir die Reklame, die Sie für mich gemacht haben, wert erschein.” Soweit Barnum über sich selbst. Phineas Taylor Barnum machte sein erstes Schaustellergeschäft mit einer bekannten Kuriosität, “für deren Echtheit ungezählte Belege vorlagen”. Er zog mit der für 1’000 Dollar erworbenen greisen Negerin Joice Heth 1 , die weder 161 Jahre alt war noch jemals die Amme General George Washingtons gewesen ist, für die er sie ausgab, einige Monate bis zu ihrem Tode 1836 durch die Staaten. “Ich stellte grossgedruckte Plakate, Transparente, Inserate, Zeitungsartikel, alles, was die öffentliche Aufmerksamkeit 1 Plakat für die “Great Attraction” Joice Heth erregen konnte, in den Dienst meines neuen Unternehmens, ohne irgendwelche Kosten zu scheuen. Die Räume, in denen die Schaustellung der Ma’m Methusalem stattfand, waren ununterbrochen gedrängt voll, und ich nahm tüchtig Geld ein.” Dass bei der Sektion des “dunklen Gegenstandes”, wie der Menschenfreund diese Geldquelle nannte, dem Arzt und den Medizinstudenten der Verdacht kam, Mammi Heth “sei doch wohl niedrigeren Alters gewesen, als man angenommen hatte”, tat postum dem Erfolg des Schaustellers keinen Abbruch. Barnum schrieb jedenfalls abschliessen über den Start seiner Laufbahn: “Ich aber hatte meinen wahren Beruf gefunden”. 1841 stand im New Yorker “Scudders American Museum”, ein renommiertes, aber veraltetes Panoptikum, zum Verkauf. Barnum, zum grossen Geschäft entschlossen, griff zu. Den zäh ausgehandelten Kaufpreis von 15’000 Dollar hinterlegte er nach seinen eigenen Worten in “brass”. Dies ist ein Wort zum Ausdeuten: Es kann Messingblech, Kleingeld oder Unverschämtheit heissen. TYPOGRAPHICAL ENTERTAINMENT Nº 01 | 2010
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2 “Meerjungfrau”
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Bald drängten sich die durch Plakatwerbung auf nie gesehene Sensationen neugierig gemachten Besucher in die neueröffneten unteren Säle des fünf Etagen hohen Gebäudes. Ein gedörrter Fischrumpf, auf den ein präparierter Affenkopf montiert war, wurde als “Meerjungfrau” 2 kreiert. Dazu gab es abgerichtete Hunde und Flöhe, Automaten, Gaukler und Bauchredner zu bestaunen. Lebende Statuen und Bilder verbreiteten in “gepflegten Räumlichkeiten eine wohltuende Atmosphäre der Kunst”, die weite Welt präsentierte ihre wildbizarre Schönheit in Dioramen und Panoramen, davor bildeten Gruppen von Trappern, Indianern, Zigeunern, Chinesen und Eskimos eine belebte Szenerie. Neben dem Modell der Niagarafälle hatte die neueste Patentstrickmaschine ihren Platz, neben den Veduten von Paris und Jerusalem waren Schöpfung und Sintflut auf Kolossalgemälden zu bewundern. Unweit einer Feengrotte zeigte ein eingewanderter venezianischer Glasbläser seine in der neuen Heimat brotlose Kunst. Albinos, fette Knaben, Riesen und Zwerge stellten ihre Abnormität zur Schau. Imitatoren, Hypnotiseure, Exzentriker, Verwandlungskünstler, Sänger, Musikvirtuosen traten in bunter Reihe mit dressierten Affen und Bären auf die Bühne, effektvoll von sprechenden Papageien angesagt. Barnum importierte Giraffen und Orang-Utans, Riesenschlangen, Krokodile und Flusspferde. “Das erste Rhinozeros auf dem amerikanischen Kontinent... und was sonst noch für Geld zu kaufen war”, konnte man in seinem Museum sehen. Als ein wahrer Glückskauf erwies sich der Vertragsabschluss mit den Eltern des fünfjährigen Charles Stratton, eines besonders klein geratenen Liliputaners. Mit “Generals Tom Thumb” (Däumling) 3 zog Barnum zwei Jahre von einem Bundesstaat in den anderen und anschliessend von Kontinent zu Kontinent. Er stellte den Däumling in goldbestickter Generalsuniform bei Hof in London, Paris, Brüssel und Karlsruhe vor. Berichte über die Auffahrten General Tom Thumbs in einer vergoldeten, von vier Shetlandponys gezogenen Miniaturkutsche am Buckingham Palace in London und am Schloss Versailles im Gefolge von Barnums prächtigem Trabergespann füllten spaltenlang die grössten europäischen Zeitungen und sorgten für einen triumphalen Empfang bei der Rückkehr nach New York, wo der in Massenauflagen plakatierte Ruhm des kleinen Generals Thumb auf weitere Jahr für volle Häuser und Kassen sorgte. In dem Heimatstädtchen des kleinen Charles Stratton bekannte ein angesehener Bürger: “Wir haben das Bürschchen nie für ein merkwürdiges Phänomen gehalten, solange es unter uns lebte. Aber nun, da es barnumisiert ist, gilt es als seltsamste Kuriosität.” Als die “bärtige Schweizerin, Madame Clofullia”, in Barnums Museum auftrat, wurde dieser wegen Betrugs angezeigt. Die Affäre wurde von der Presse gierig aufgegriffen; “Barnum endlich entlarvt”, “Wieder ein Barnum-Schwindel geplatzt”, lauteten die Zeitungsüberschriften. Vor dem Gericht präsentierte Barnum, der die Anklage heimlich in die Wege geleitet hatte, als Sachverständigen drei Ärzte, angesehene New Yorker Spezialisten, die Frau Clofullia bescheinigten, dass sie eine Frau sei. Ihr Gatte legte den Trauschein und die Taufscheine TYPOGRAPHICAL ENTERTAINMENT Nº 01 | 2010
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ihrer Kinder auf den Richtertisch. Die Presse machte mit der Ehrenrettung Barnums kein geringeres Geschäft als mit ihren “Enthüllungen”, und das Museum konnte den Zulauf zu der bärtigen Dame in den nächsten Wochen kaum fassen. Einen üblen Streich leistete sich Barnum mit einer Gruppe Indianer, die 1876 anlässlich der Jubiläumsfeierlichkeiten der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten vor 100 Jahren als offizielle Gäste der Regierung auch seiner Einladung gefolgt war. Vertraulich den Arm um die Schultern des Kiowa-Häuptlings gelegt, stellte Barnum diesen den Besuchern des Museums als “einen der niederträchtigsten und grausamsten Spitzbuben des Westens” vor. Als die ahnungslosen Indianer am Zustrom von immer mehr Gaffern, die ihre Eintrittskarten am Hutband trugen, endlich merkten, wohin sie geraten waren, fand diese entwürdigende Schaustellung, die Barnum in seinen Memoiren eine “ergötzliche Szene” nennt, ein rasches Ende. Auf das Barnumisieren verstand sich der Veranstalter von Babykonkurrenzen, Hunde-, Katzen- und Geflügelausstellungen, von patriotischen Festlichkeiten und exotischen Völkerschauen, für die lediglich “ein kräftiger Stoss in die Trompete” getan werden musste.
BAR N U M U N D S E I N E WE R BE I D E E N Einem Fanfarenstoss gleich ging Mitte Februar 1850 eine Meldung durch die amerikanische Presse: Barnum holt die “Schwedische Nachtigall” in die Staaten! Sein Beauftragter hatte die weltberühmte Sängerin Jenny Lind für 18 Monate nach Amerika verpflichtet. Vor Antritt ihrer Tournee musste Barnum eine Garantiesumme von 187’500 Dollar bei der Londoner Bank der nicht weniger geschäftstüchtigen Schwedin bar hinterlegen. Den persönlichen Gewinn aus seinen Impresario-Diensten an der “Schwedischen Nachtigall” bezifferte Barnum dann unumwunden ganz exakt auf 680’094 Dollar und 26 Cents. Nie fehlte es Barnum an Reklameeinfällen. Da drängten sich im Frühjahr 1850 auf der Strecke New York-Newhaven die Reisenden Kopf an Kopf hinter den Zugfenstern, um an einer bestimmten Stelle einen Inder zu sehen, der mit einem Elefanten ein Feld pflügte. Der Elefantenwärter arbeitete exakt nach Fahrplan der Railway. Sechs Acres Land, die an der Bahnstrecke lagen, hat er mindestens 3 Charles Stratton, genannt “Tom Thumb” sechzigmal umgegraben. Die Zeitungen hatten für viele Wochen ihr willkommenes Thema. Findige Reporter beobachteten angeblich den Elefanten, wie er mit seinem Rüssel Rübensetzlinge pflanzte und das Feld mit seinen Füssen glatt trat, wie er täglich vor Barnums Villa die Blumenbeete aus seinem Rüssel begoss und mit Leder und Schwamm im Rüssel die Fenster putzte. Andere sahen den Elefanten Kinder in die Schule tragen, Schweine füttern, Obst pflücken und Briefe zur Post tragen. Barnums TYPOGRAPHICAL ENTERTAINMENT Nº 01 | 2010
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BARNUM
anstelliges Rüsseltier war eine Zeitlang in allen illustrierten Blättern zu finden, bis der Elefant eines Tages von der Bahnstrecke und aus den Zeitungsspalten verschwand. Der Pflüger in Barnums ertragreichen Reklameacker hatte zu dessen voller Zufriedenheit das Feld bestellt. Es musste nicht immer ein Elefant sein, ein dicker Mann tat’s auch. Einer ging den Broadway hinunter. Er trug schwer an fünf Backsteinen unter dem Arm. Einen davon legte er an der Ecke Ann Street ab, einen zweiten beim Museum, dann überquerte er die Strasse, deponierte einen dritten beim Astor-Haus um den vierten vor der St. Paul’s Kirche. Den fünften Backstein trug er dann rasch zum ersten zurück, nahm diesen auf, lief zum zweiten, legte ihn dort ab, eilte mit dem zweiten zum dritten Stein usw., bis auf der belebten Strasse einige hundert Menschen kopfschüttelnd stehen blieben, ihm zuschauten, ihm folgten, bis der Dicke gemessenen Schrittes in Barnums Museum verschwand. Das von Barnum inszenierte Backsteinspiel wurde halbstündlich wiederholt. Jedes mal aber, wenn der Backsteinträger in das Museum einbog, kaufte mindestens ein Dutzend Personen Eintrittskarten und eilte ins Innere des Etablissements, um endlich zu erfahren, dass sie einem neuen Humbug Barnums aufgesessen waren.
BAR N U M & BAI LEY Barnum erzählt das alles im Vollgefühl des erfolgreichen Unternehmers und eines Patrioten von amerikanischen Dimensionen: “Ich stellte zur Jahrhundertfeier eine riesenhafte Freiheitsgöttin auf und liess einen Adler über ihrem Kopf und den Häuptern der Zuschauer kreisen.” Streifte ihn bei seinen waghalsigen Spekulationen mehr als einmal der Pleitegeier mit seinen Schwingen, dann verwandelte sich auch das Pech in seinen Händen zu Gold. Jenny Lind 1857 brannte seine im orientalischen Märchenstil am Meer erbaute Besitzung “Iranistan”, 1865 das New Yorker Museum bis auf die Grundmauern nieder. Vor Jahresende eröffnete Barnum ein “Neues Amerikanisches Museum”. Es brannte 1868 nieder. Hierauf liierte sich Barnum mit der “Van-Amburgh-Menagerie-Company”. Als Zugnummer des Premierenprogramms wurde im neuen “Hippodrom”-Zirkus “aus der Südsee importierte Kannibalen dem Christentum zugeführt”. Im Winter 1872 wurde fast das ganze tote und lebende Inventar seiner Menagerie ein Raub der Flammen. 1873 entstand ein neuer, noch grösserer, mit Menagerie verbundener Zirkus, sein “Grosses Römisches Hippodrom” am Madison Square. 12’000 Sitzplätze umschlossen die Arena für römische Wagenrennen. 1887 fiel das Winterquartier seiner Tierschau in Bridgeport den Flammen zum Opfer. Wieder erhob sich ein grösseres Barnum-Unternehmen wie Phönix aus der Asche. Barnum verband sich mit dem jüngeren James Anthony Bailey, seinem hartnäckigsten Kontrahenten unter den zahlreichen herangewachsenen Konkurrenzunternehmern, die inzwischen per Eisenbahn The Barnum & Bailey Greatest Show on Earth und Dampfschiff längs der grossen Verbindungswege des TYPOGRAPHICAL ENTERTAINMENT Nº 01 | 2010
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nordamerikanischen Kontinents ihren Schnitt im blühenden Zirkusgeschäft machten. Er überzeugte Bailey vom Vorteil einer Partnerschaft auf bewährte Weise: Wo immer dieser seiner Zelte aufschlug, warnte er auf riesigen Plakaten die Bevölkerung, ihr Geld nicht zu verschwenden und bis zum Eintreffen des Zirkus Barnum, “des grössten der Erde”, zu warten. Diesen Titel teilte Barnum dann nach dem Zusammenschluss bereitwillig mit seinem Partner auf den gemeinsamen Zirkusplakaten. 1891, 81jährig, starb Barnum in der Überzeugung “zur Besserung der Welt beigetragen zu haben”. Dieses missionarische Sendungsbewusstsein machte den Fall Barnum symptomatisch und verleiht ihm für die Zirkusgeschichte eine Bedeutung, wie sie im Bereich des kommerziellen und industriellen amerikanischen Grossunternehmertums etwa den Vanderbilts, Morgans und Fords zukommt. Der Zirkus “Barnum & Bailey” war der erste Drei-Manegen-Zirkus, er leitete die Heyday-Epoche, die Blütezeit des weltreisenden amerikanischen Grosszirkus ein, wurde Vorbild an straff geführter und exakt funktionierender Organisation. Mit seiner in drei Manegen und auf drei Ebenen simultan im 5 bis 6 Minutenwechsel abrollenden Vorführungen von Partnerakrobatik, Tierdressur, Clownerie, Drahtseilartistik und Luftakrobatik besiegelte er den Niedergang und bald das Ende zahlloser mittlerer und kleinerer Zirkusunternehmen, die mit diesem verwirrenden Aufwand an Darbietungen in einem einzigen Programm nicht Schritt halten konnten.
RI N G LI N G BR OTH E R S Eines der wenigen Unternehmen, die diese Entwicklung noch massgeblich vorangetrieben haben, war der Grosszirkus der Brüder Ringling. Die Geschichte, die hinter den Riesenplakaten der “Ringling Brothers and Barnum & Bailey Combined Shows” steckt, beginnt mit dem deutschen Einwanderer August Rüngling, Sattler und Schirmmachers aus Hannover, der auf Hochzeiten und sonstigen Festivitäten die musikalische Familienader gewinnbringend zu erschliessen wusste. Der älteste seiner sieben Söhne war 32, der fünfte erst 18 Jahre alt, als sie im Jahr 1884 das mit virtuosen und komischen Konzertpiècen ihres Familienquintetts verdiente Geld in ihre Zirkusbegründung steckten. Mit drei Wagen, zwei Pferden und einem 600 Zuschauer fassendem Zelt begann ihr Aufstieg, der sie durch geschickte Aufkäufe und Geschäftserweiterungen an die Spitze aller amerikanischen Zirkusunternehmen brachte. Ihr Chief, “Mr. John” Ringling, vollendete nach dem ersten Weltkrieg den Zusammenschluss der sechs grössten Arenen und Reisezüge des amerikanischen Showgeschäfts zum Ringling-Konzern. Überflüssig zu bemerken: Auch seine Werbung trug den Stempel barnumscher Prägung.
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Barnum war in seiner Zirkuswerbung, vor allem mit dem Poster, dem zum öffentlichen Anschlag bestimmten Plakaten, von der grundsätzlichen Überlegung ausgegangen, dass sein amerikanisches Publikum zu einem grossen Teil aus Analphabeten bestand und zu einem noch grösseren Teil nicht oder nur mangelhaft englisch verstand und lesen konnte. Denn die Amerikaner jener Tage waren in ihrer Überzahl frisch eingewanderte Europäer - Deutsche, Iren, Polen, Italiener -, die meist aus materieller Not ihre Heimat verlassen hatten. Für sie entwickelte er das Bildplakat, das seinem Massstab entsprechende Bild einer grossen, freien Welt, die voll war von Abenteuern, Überraschungen, Reichtum und Glanz. Das “barnumisierte” Zirkusplakat überschüttete das illusionshungrige Publikum mit Superlativen und Sensationen, die ihm den Glauben an die unerschöpflichen Kraftreserven und die unbeschränkten Glückschancen in “God’s own country” Amerika suggerierten. Auf diesem, von geschäftstüchtigen Abenteuerschriftstellern vorbereiteten Boden wuchs auch die Legende des Kunstschützen und Showmans Buffalo Bill. Der Ruhm des legendären Rauhreiters reduzierte sich auf die mehr als 4’000 eigenhändig abgeknallten Präriebüffel, mit deren Fleisch Buffalo Bill die Baufirma der Kansas-Pazifik-Bahn beliefert hatte. Dieser clevere William F. Cody, wie sein richtiger Name lautete, und die zahllosen kleineren Buffalo wie Tom Mix, förderten auf Zirkusplakaten und in der Manege wesentlich jene falsche Trapperromantik, die in Western- und Cowboyfilmen prolongiert, heute noch die Sicht auf die Wirklichkeit des amerikanischen “way of life” verstellt. Illusion ist ein immanenter Bestandteil der bunten Flitterwelt des Zirkus, sie behauptet darum zu Recht ihren festen Platz auf dem Zirkusplakat; doch sie findet ihre Grenzen, wo sie zum Stachel einer nationalistischen Lebens- und Sendungslüge wird. Und diese Tendenz ist in den Jahren vor dem ersten Weltkrieg häufig auf den Plakaten vieler Länder abzulesen.
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Ein moderneres Plakat von dem Nachfolgeunternehmen von Barnum Circus
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VON DAVID KÜHNE
HOLZDRUCK
DIE VERWENDUNG VON HOLZ ZUM DRUCKEN
Holz wurde schon sehr früh zum Drucken verwendet. Die Wahl war naheliegend, da dieser Rohstoff praktisch überall erhältlich, vergleichsweise günstig, leicht zu bearbeiten ist und die Druckfarbe optimal überträgt. In China entstand um 868 n. Chr. der Diamant Sutra, der erste bekannte und erhaltene Holz-Cliché-Druck in einem Buch. Obwohl in Japan bereits seit 770 ein HolzCliché-Druck bekannt ist, ist der Diamant Sutra bezeichnend durch seine Genauigkeit und Ausarbeitung. Dies weist darauf hin, dass aufgrund des Standes der Technik in China bereits Jahre vor dem Diamant Sutra mit Holz-Clichés zum Drucken verwendet wurden. Das älteste bekannte Holz-Cliché aus Europa stammt erst aus dem Jahre 1423, also Rund 500 Jahre nach dem Diamant Sutra. Der Druck zeigt das Abbild von St. Christopher mit zwei Textzeilen darunter. Dieser Druck einer ganzen Seite, mit Text und Illustration auf demselben Holzblock liegt weit vor der Erfindung der beweglichen Drucklettern in Europa. 1
DI E E NTSTE H U N G D E R BEWE G LI C H E N LETTE R N
1 Kelly, Roy Rob, American Woodtype, S. 11 ff
Bereits um 1300 wurden in China erstmals bewegliche Einzellettern für den Druck eingesetzt. Wang Chên verwendete um 1313 für sein “Book of Agriculture” einige Holzlettern. Obwohl zu dieser Zeit die Europäer noch mit ganzen BuchDruck-Blöcken arbeiteten, während die Chinesen teilweise bereits Einzellettern einsetzten, wurde das Druckhandwerk, namentlich die Druckpresse und Druckfarben auf Ölbasis, vor allem in Europa weiterentwickelt. Mit der Entwicklung der beweglichen Einzellettern um 1450 durch Gutenberg, wurde zwar ein wichtiger Grundstein für die folgenden 500 Jahre Druckgeschichte gelegt, jedoch spielten dabei Holzlettern bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts eine untergeordnete Rolle. In der Zeit zwischen 1450 und Ende des 18. Jahrhunderts wurde Holz vor allem für dekorative Elemente wie die Nachahmung von handschriftlichen Initialen oder zur Einfassung von Metallbuchstaben verwendet. Zudem wurden nach wie vor auch ganze Schriftzüge oder Buchblöcke aus Holz geschnitzt. Zur Herstellung von grösseren Metalllettern im Sandguss, wurden Holzbuchstaben als Negativ-Formen in Sand abgezeichnet, um darin Metall zu giessen. Diese Metalllettern waren allerdings relativ ungenau und brauchten viel Nachbearbeitung. Holz wurde in vielen Prozessen zur Herstellung von Druckformen verwendet, eignete sich selbst allerdings wegen seiner groben Bearbeitung lange Zeit nicht zur Verwendung als Einzeldruckformen nebeneinander. TYPOGRAPHICAL ENTERTAINMENT Nº 01 | 2010
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HOLZDRUCK
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstand mit dem Aufkommen der Reklame auch das Interesse an grösseren Plakatschriften. Das Giessen der grossen Buchstaben gestaltete sich schwierig. Die Druckoberfläche war nicht flach genug, da sich das Metall mit dem Auskühlen nach dem Giessen zusammenzog. Zudem war das Gewicht der Buchstaben enorm, was die Arbeit mit grossen Metall-Lettern extrem schwierig gestaltete. “Mit dem Hintergedanken, dass ein 10 Line Versal-M ein Pfund wog, kann man sich die gewaltigen Lager- und Lieferprobleme eines ganzen massiv gegossenen Schriftsatzes dieser Schriftgrösse vorstellen.” Gesetzte Plakate deren Gewicht 50–100kg betrug, waren schlicht nicht handhabbar. Erst als 1828 Darius Wells in New York die Wells-Fräse entwickelte, und damit einen der wichtigsten Grundsteine zum Herstellen von Holzschriften legte, veränderte sich die problematische Situation rapide. Mit der Fräsmaschine liessen sich in kürzester Zeit Vertiefungen in einen Holzblock fräsen. Somit konnten grosse Holzbuchstaben aus einem Block gefräst werden. Darius Wells gab seinen ersten Katalog für Holzlettern im Frühjahr 1828 heraus. Mit der Erfindung des Pantographen um 1834 von William Leavenworth, wurde zusammen mit der WellsFräse die Grundlage für die Massenproduktion von HolzletBeispie von Holzlettern tern für den Plakatdruck geschaffen. Der Pantograph war eine Vorrichtung, die die Bewegungen einer feinen Spitze in einer vorgefertigten Schablone in einem bestimmten Masstab aufskalierte. In Verbindung mit der Wells-Fräse konnten so mit einer einzigen Schablone eines Buchstabens, jede x-beliebige Grösse des Buchstabens aus Holz gefräst werden. Es ist bemerkenswert dass beide diese Erfindungen, welche die industrialisierte Produktion von Holzlettern erst ermöglichte, in Amerika entwickelt wurden. Die Herstellung von Metallbuchstaben hatte in Europa eine viel längere 2 Janssen, Daniel, Geschichte. In Amerika kamen Schriftgiessereien erst um 1787 auf, wobei die Dokumentation Europäer dazumals bereits drei Jahrhunderte Erfahrung mit dem Schriftgiessen Holzlettern Manufaktur Hamburg, hatten. 2 S. 11
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HOLZDRUCK
DI E E NTWI CKLU N G D E R H O LZLETTE R N VO N 1828 BI S 1900 Während die Vereinigten Staaten von Amerika aus der Wirtschaftsflaute des amerikanischen Bürgerkriegs (1861– 1865) aufstiegen, wuchs auch die Nachfrage nach Holzlettern enorm. Zeitungen und Plakate für sich rapide entwickelnde Städte sollten gedruckt werden. Es waren goldene Zeiten für Zulieferer des graphischen Gewerbes und somit entstanden dutzende von Holzletternmanufakturen auf 3 Hamilton Woodtype Manufactury, dieser wirtschaftlich fruchtbaren Basis. Dies förderte auch Two Mills das Angebot der Holzschriften in den Staaten. Schriftbilder wurden voneinander kopiert, weiterentwickelt und verändert. Es entstand eine enorme Variantenvielfalt an Schriften. Um die Jahrhundertwende hatte die Hamilton Woodtype Manufactury 3 in Two Rivers um die 150 Angestellten, die Holzschriften und die dazugehörigen Möbel anfertigten.
DI E M E CHAN ISCH E H E R STE LLU N G VO N H O LZLETTE R N Obwohl viele Holzletternhersteller in der ersten Häflte des 19. Jahrhunderts mit unterschiedlichen Methoden für die Massenproduktion von Plakatschriften aus Holz experimentierten, zeichnete sich die Herstellung von Holzlettern mit der Wells-Fräse und dem Pantographen aus Massiv-Stirnholz rasch als die Verlässlichste und qualitativ Beste aus. Dieses Verfahren hat sich grundsätzlich von Mitte der dreissiger Jahre des 19. Jahrhunderts bis zur Einstellung der meisten Betriebe um die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts kaum verändert. Das verwendete Holz musste feinporig und hart sein, so dass es einerseits sehr fein poliert werden konnte und andererseits feine Linien und Kanten gut eingefräst werden konnte. Zudem durfte sich das Holz über die Jahre nicht verziehen und musste möglichst viele Drucke überstehen. Dazu wurde in Amerika, wo die meisten Holzlettern überhaupt hergestellt wurden, wegen seiner Verfügbarkeit vor allem Zuckerahorn (Hardrock Maple) verwendet. In England wurde nach kanadischer Ahorn oder französische Weissbuche verwendet. 16 In der Schweiz wurde nach Angaben von Alfred Hoffmann, ehemaliger Direktor der Haas’schen Schriftgiesserei in Münchenstein vor allem Birnbaumholz, nach Angaben von Adelbert Müller, ehemaliger Angestellter in der Abteilung der Holzletternherstellung in der Haas‘schen Schriftgiesserei, teilweise auch Buche, verwendet. In der Hamilton Woodtype Manufactury, der grössten und bekanntesten Holzletternmanufaktur von Amerika, wurden Ahorn Baumstämme mit der Rinde (was die Trocknung des Schnittholzes verlangsamte und somit gleichmässiger machte) angeliefert. In der Regel wurde das Holz vor der Verarbeitung zwischen 2 und 4 Jahren gelagert. Anschliessend wurde es entweder quer oder parallel zur Faser in 3cm dicke Streifen oder Scheiben geschnitten. Die 3cm dicken Holzscheiben wurden dann in einem Innenraum nochmals 6 Monate getrocknet. Bei der Hamilton Woodtype Manufactury wurde der Prozess beschleunigt, indem die frisch gelieferten Baumstämme direkt in 3cm breite Scheiben geschnitten wurden und für 6 Monate in einen Trocknungsofen kamen. Der Gesamte Lagerungsprozess hatte zum Ziel, den Feuchtigkeitsgehalt des TYPOGRAPHICAL ENTERTAINMENT Nº 01 | 2010
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ZIRKUSPLAKAT
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SCHRIFTSPECIMEN Im Specimenteil werden zahlreiche Zirkusplakate des 19. und frühen 20. Jahrhunderts ausgesucht und vollseitig gezeigt. Auf einer Seite wird jeweils ein historisches Beispiel abgebildet, respektive ein Ausschnitt davon, und auf der gegenüberliegenden Seite die digitalisierte Schrift. Im hinteren Teil sind digitale Schriften losgelöst von historischen Druckbeispielen. Die hier gezeigten Plakate stammen alle von der fantastischen Leeds Playbill webseite (http://www.leodis.net/playbills), die über 5’000 hochauflösende Werbeanzeigen und Plakate vom 18. bis 20. Jahrhundert enthält. Die Daten werden aufbereitete vom Leodis digitization project, die alle Drucksachen der Bibliothek von Leeds City einscannt. Die hier gezeigte Auswahl beschränkt stammen alle aus einer Zeitspanne von etwa Mitte 1800 bis ins frühe 20. Jh., den zur damaligen Zeit waren die Plakate typografisch am interessantesten. Die meisten dieser Plakate zeigen eine beeindruckende Auswahl an Schriften, Ornamenten und Farben. Viele benutzen Illustrationen, chromatische Schriften und eine sensationalistische Sprache, die einen schmunzeln lässt. Die Formenvielfalt und Verspieltheit der Schriften zur damaligen Zeit sind beeindruckend und leider konnte nicht für alle ein digitaler Nachfahre gefunden werden. Viele dieser Schriften sind schlicht und einfach nie digitalisiert worden. Mit dem wieder erwachten Interesse für Wood Type Schriften ist zu hoffen, dass die eine oder andere Schrift ins digitale Zeitalter gerettet wird.
Gas Madrone
100 pt
$1.29 Madrone
72 pt
Madrone
50 pt
Madrone
36 pt
Madrone
30 pt
Petrol
Hydrocarb R. FOSSETT
Madrone
24 pt
toluene and benzene rating
Madrone
18 pt
organic compounds like organic ethers MADRON E
Madrone is an Adobe Originals typeface designed by Barbara Lind in 1991. Madrone was digitized from proofs of the wood type collection in the National Museum of American History in the Smithsonian Institution in Washington, D.C. A fat face roman, Madrone is typical of popular early nineteenthcentury styles. Fat face types are characterized by their squatness and extreme letter width; one familiar version of this design is Bodoni Ultra Bold. Madrone is eye-catching for display uses in advertising and packaging.
GESTALTER: BARBARA LIND HERAUSGABE: 1991 HERSTELLER: ADOBE
CIRQUE Zebrawood Regular & Fill
100 pt
Zebrawood Regular
72 pt
Zebrawood Fill
50 pt
Zebrawood Fill & Regular
36 pt
FIRE & ICE
SILVESTER PARTY THE CLASH OF ELEMENTS BE AT TOMS HOUSE 8 P.M.
Zebrawood Regular
30 pt
BRING SOME BEER WITH YOU
Zebrawood Fill
24 pt
MUSICAL ENTERTAINMENT PROVIDED
Zebrawood Fill
18 pt
WHEN ALL THE CHAMPAGNE IS FINISHED WE MAY GO SOMEWHERE ELSE. DOES ANYBODY HAVE AN IDEA FOR A GOOD PARTY LOCATION? ZE BRAWOOD
Adobes Zebrawood evolved from letters first seen in a specimen catalogue from the 1854 Wells and Webb Type Company. Zebrawood has a solid upper half, open lower half, graduated dots, and deep shadow; a style often used for circus posters and advertisements. Zebrawood, released in 1994, is a chromatic typeface (chromatic or multicolored typefaces were first created by carefully registering and overprinting two or sometimes three versions of each letter in different colors to produce a flamboyant appearance). Zebrawood has an alternate version of each letter which can be used for multiple color printing.
GESTALTER: CARL CROSSGROVE, CAROL TWOMBLY, KIM BUKER CHANSLER HERAUSGABE: 1994 HERSTELLER: ADOBE
Bodoni RR Condensed Black
100 pt
Bodoni RR Condensed Black
72 pt
TOMKINSON
Old Dirty Faggot
Bodoni RR Condensed Black
50 pt
presents the marvelous story about a superhero
Bodoni RR Condensed Black
36 pt
Fat Douchebag and a Lousy Fuck Our masked Defender of Honour
Bodoni RR Condensed Black
30 pt
printed in shiny black and virginal white
Bodoni RR Condensed Black
24 pt
Now available in local bookstores everywhere BODO N I RR CON DE NSE D BLACK
Designed by R.H. Middleton for Ludlow, circa 1930. Digitally engineered by Steve Jackaman. Steve Jackaman, President of International TypeFounders, a type and graphic arts expert with over 35 years experience, started producing the Red Rooster Collection in 1990. With a team of highly-skilled type designers, typographers and software experts as the core of his production team, this foundry has produced over 700 original and exclusive typefaces. Most of the typefaces in our collection are original designs, or they have been carefully selected and exclusively licensed for the Red Rooster Collection by International TypeFounders from the original designers, type foundries, rightful owners or heirs.
GESTALTER: ROBERT HUNTER MIDDLETON, STEVE JACKAMAN HERAUSGABE: 1936 / 1998 HERSTELLER: RED ROOSTER ORIGINALHERSTELLER: LUDLOW
MILLIE RENZIE! Gothic RR Medium Condensed
100 pt
Block Gothic RR Bold Condensed
72 pt
Block Gothic RR Medium Condensed
50 pt
Block Gothic RR Medium Condensed
36 pt
23 OLYMPIC MEDALS Police fired 86 shots at Mr. Tyke who eventually collapsed from the “Tyke” (1974 – August 20, 1994) was a female
Block Gothic RR Medium Condensed
30 pt
circus elephant who killed her trainer Alan Campbell in Honolulu
Block Gothic RR Medium Condensed
24 pt
The first circus in Rome was the Circus Maximus, in the valley between the Palatine and Aventine hills. It could seat 250,000 people and measured 400 m
Block Gothic RR Medium Condensed
18 pt
Honolulu trial lawyer William Fenton Sink successfully sued Cuneo on behalf of numerous plaintiffs
BLOCK GOTH IC RR
In 1992, Red Rooster Typefounders created Block Gothic Extra Condensed based on the TP Collection Block Gothic. In 1994, the company created and produced Block Gothic Condensed loosely based on the Extra Condensed; the weight range is markedly different than the earlier release. In the late eighteenth and early nineteenth century, a group of English architects and sign writers employed sanserif letters, revived from earlier Roman inscriptional models, for inscriptions and signboards. These sanserifs were typically referred to as “Egyptian letters.” Stylistically, sanserif letters have no serifs, as the name suggests, and tend to have simple, low-contrast strokes.
GESTALTER: STEVE JACKAMAN HERAUSGABE: 1999 HERSTELLER: RED ROOSTER
PERFORMANCE Birch Regular
100 pt
Birch Regular
72 pt
Birch Regular
50 pt
Lions, Zebras & Monkeys HORSES, PONIES and MULES Birch Regular
36 pt
Gypsies who appeared in Europe in the 14th century
Birch Regular
30 pt
The term is also often used for the taming and display of other big cats such as tigers, leopards, jaguars, cheetahs, pumas..
Birch Regular
24 pt
Lion taming is used as a stereotypical dangerous occupation due to the obvious risks of toying with powerful instinctive carnivores.
Birch Regular
18 pt
Alfred Court (1883-1977), animal trainer for Ringling Bros. and Barnum & Bailey Circus in the 1940s. BI RCH
Birch is an Adobe Originals typeface designed in 1990 by Kim Buker Chansler. Birch is based on a Latin Condensed wood type found in a 1879 William Page specimen book. The new age needed new typefaces for an ever-increasing commerce and its advertisements. This time period therefore saw a profusion of new typefaces, all of which were meant first and foremost to catch the eye of consumers. To this end, style elements of past ages were reused, changed, and combined. Birch is modelled after a woodtype, a style made famous by its use on wanted posters in western movies. The narrow and space-saving Birch is perfect for headlines in display point sizes.
GESTALTER: KIM BUKER CHANSLER HERAUSGABE: 1990 HERSTELLER: ADOBE
STAR Falstaff
100 pt
2.7.1863 Falstaff
72 pt
Falstaff
50 pt
Falstaff
36 pt
Falstaff
30 pt
Astronomy Maximilian Franz German astronomer Heidelberg-Königstuhl
Falstaff
24 pt
M OV I N G P L A N E TA R I U M
Falstaff
18 pt
In 1905 Oskar von Miller (1855–1934) of the Deutsches Museum in Munich
FALSTAFF
Falstaff, a so-called fat face type, was produced by the Monotype Corporation in 1931. Falstaff is an example of the traditional English fat face style with its squat letter shapes, short ascenders and descenders, and ball terminals. Falstaff works well in commercial advertising and other display work.
GESTALTER: UNBEKANNT HERAUSGABE: 1931 HERSTELLER: ADOBE
Quincy Rosewood Fill & Regular
100 pt
INDIANA BIKE
Rosewood Fill
72 pt
Rosewood Regular & Fill
50 pt
Rosewood Regular & Fill
36 pt
Rosewood Regular
30 pt
Trained herd of the elephans 1994 otto stich wird
The London Hippodrome Venue
Rosewood Fill
24 pt
weihnachtsgr端sse aus engelberg
Rosewood Fill
18 pt
For some time after the fall of Rome, Europe lacked a large and traditional animal circus ROSEWOOD
There were many typeface designs based on Clarendon letterforms seen in type catalogs from 1866 to 1875. Adobes Rosewood, released in 1994, is modeled after a chromatic design from William Page in 1874. (Chromatic or multicolored typefaces were first created by carefully registering and overprinting two or sometimes three versions of each letter in different colors to produce a flamboyant appearance). Rosewoods Regular version is designed to overlay the Fill version for two-color printing.
GESTALTER: CARL CROSSGROVE, CAROL TWOMBLY, KIM BUKER CHANSLER HERAUSGABE: 1994 HERSTELLER: ADOBE
Philip Astley Playbill
100 pt
Playbill
72 pt
Playbill
50 pt
Playbill
36 pt
ROYAL AMPHITHATRE (08.01.1742 – 27.01.1814)
is regarded as the “father of the modern circus”
Playbill
30 pt
The circus industry, as a presenter of an entertainment
Playbill
24 pt
experience that includes music, domesticated animals, acrobats, clowns
Playbill
18 pt
traces its heritage to Astley’s Amphitheatre, a riding school that Astley founded in London following the success of his invention of the circus ring in 1768.
PLAYBI LL
Robert Harling’s 1938 revival of this nineteenth century form, designed for Stephenson Blake. Many typefaces designed with a pen on paper (especially those from the 20th century) were licensed by different foundries, and were later independently digitized by them. Some special characters such as @ or the euro sign, were independently added later. Those “alternate cuts” are different digital versions of basically the same typeface design. They often vary in character set, letter proportions and kerning. Some are published under different names.
GESTALTER: ROBERT HARLING HERAUSGABE: 1938 HERSTELLER: BITSTREAM
ZH Thunderbird EF Regular
100 pt
Thunderbird EF Extra Condensed
72 pt
SCHWEIZER NATIONAL-CIRKUS SIDNEY Thunderbird EF Regular
50 pt
Thunderbird EF Extra Condensed
36 pt
KNIE IS THE LARGEST CIRCUS OF SWITZERLAND, BASED IN RAPPERSWIL ON LAKE ZĂœRICH.
Thunderbird EF Regular
30 pt
KINDERZOO
Thunderbird EF Extra Condensed
24 pt
IN 1999 FRANCO KNIE WAS NAMED BEST ANIMAL TAMER AT THE INTERNATIONAL CIRCUS FESTIVAL OF MONTE-CARLO.
Thunderbird EF Extra Condensed
18 pt
TIGHTROPE ACROBAT DAVID DIMITRI HAS BEEN ASSOCIATED WITH KNIE, A CO-PRODUCTION CIRQUE DU SOLEIL TH U N DE RBI RD
Thunderbird is an old American-style typeface. It is based on the kinds of big wood type that were popular in old Wild West advertising, which is evident through its ornate serifs, and the pointy flares that pop in and out of the centers of each stroke. Thunderbird is an all caps font and is best used in very large sizes. A typical set of American Tuscan capitals cast by ATF in the middle of the nineteenth century.
GESTALTER: UNBEKANNT HERAUSGABE: UNBEKANNT HERSTELLER: BITSTREAM
VOL becque family 1878 perform Ponderosa
100 pt
“Monty Python’s Fliegender Zirkus” Playbill
72 pt
Playbill
50 pt
Playbill
36 pt
Playbill
30 pt
consisted of two 45-minute Monty Python German television comedy specials produced by WDR for West German television. The two episodes were first broadcast in January and December 1972 While visiting the UK in the early 1970s, German entertainer and TV producer Alfred Biolek
Playbill
24 pt
Also, “Ten Seconds of Sex” from episode two was shown in Series 3 episode 9, “Nude Organist,” of the TV show. PON DE ROSA
Ponderosa font is a joint work of the typeface designers K.B. Chansler, C. Crossgrove and C. Twombly. As the name suggests, it is so-called wood type. The origins of this kind of typeface can be found in the early 19th century. Called Italienne, these typefaces quickly became very popular. They are distinguished by square serifs whose width is larger than the stroke width of the characters. When the letters are set together, the heavy serifs build dark horizontal bands. The distinguishing characteristic of Ponderosa lies in its extremely fine figures between heavy serifs. The designers approached the boundaries of the impossible with this contrast. The typeface is reminiscent of the Wild West with its shootouts and heroes as well as of the 1970s with their platform shoes and wild hair-dos.
GESTALTER: KIM BUKER CHANSLER HERAUSGABE: 1990 HERSTELLER: ADOBE
Metall Saracen
100 pt
CIRCUS Saracen
72 pt
Saracen
50 pt
Saracen
36 pt
Saracen
30 pt
Saracen
24 pt
WINTERTHUR
Wärtsilä-Sulzer RTA96-C engine SENNHOF-KYBURG Fotomuseum & Römerholz
Saracen
18 pt
The “Albanifest”, the largest annual festival in a historic town in Switzerland SARACE N
Saracen is the Latin (wedge serif ) member of The Proteus Project, a collection of four interchangeable type families designed in different nineteenth century styles. Though the wedge serif printing type is a nineteenth century innovation, Saracen does not resemble any font from this era. It’s mysterious that typefounders of the Victorian age who sought the extreme and fanciful in their work — exploring all manner of serif treatments, and creating extra-condensed and super-expanded designs — never made a latin font of this straightforward proportion.
GESTALTER: HOEFLER & FRERE JONES WWW.TYPOGRAPHY.COM HERAUSGABE: UNBEKANNT HERSTELLER: HOEFLER & FRERE JONES
DS Grecian Edge
100 pt
Playbill
72 pt
GRECIAN 4 Theatre of Arts
Playbill
50 pt
Russian Academy of
Playbill
36 pt
usico-Dramatic School of the Moscow Philharmonic Society
Playbill
30 pt
Approximately 1500 students at gitis
Playbill
24 pt
figures such as Alexander Yuzhin 1883–1889, Osyp Pravdin 1889–1891 and Vladimir Nemirovich
Playbill
18 pt
Leonid Sobinov, Feodor Chaliapin, Anton Arensky, and others.
DS G RE CIAN E DG E
Grecian was one of the significant poster faces of the 19th century. Derived from the Antiques, grecian shares the sameheavy unbracketed serifs, but is differentiated by chamfered sides and square and rectangular counters. The earliest wood versions of grecian — it first appeared in specimens of the English type foundries in the 1840s — were shown 1846 in the wood type catalog of wells and webb 1. Early versions, including Condensed, X Condensed Open and Extra Condensed were designed without any lowercase.
GESTALTER: STEFAN CECERE WWW.SALTEDWATER.CH HERAUSGABE: 2009 HERSTELLER: UNPUBLIZIERT
21g Blackoak
100 pt
Billy Blackoak
72 pt
the Kid Blackoak
50 pt
Blackoak
36 pt
Blackoak
30 pt
Blackoak
24 pt
Blackoak
18 pt
Outlaw
prominent blue eyes Killing Frank from Fort Sumner to Las Vegas prison.
BLACKOAK
Die Titelsatzschrift Blackoak von Joy Redick erschien 1990. Dieses äußerst kräftige Alphabet im Stile einer Egyptienne wurde vom Schriftgestalter bewußt verzerrt. Die Figuren wirken abgeflacht und wie ein Gummiband in die Breite gezogen. Die Blackoak eignet sich ausschließlich für Überschriften in großen und sehr großen Schriftgraden. Blackoak, adapted from proofs of wood type from the collection at the Smithsonian Institution.
GESTALTER: JOY REDICK HERAUSGABE: 1990 VERTRIEB: LINOTYPE / ADOBE
STRONG Brothers Bold
100 pt
DRINK $1999= Brothers Bold
72 pt
Brothers WordLogos / Bold
50 pt
"KRAFTSPORT
Brothers Regular / WordLogos
36 pt
Brothers Superslant
30 pt
Brothers WordLogos
24 pt
Milo Barus v Geoff Capes Attraktion auf Jahrmärkten | > |> ] ] ]] ] ] | | } ]||} ] ] ] | > ]]]|} ] ] | ” ]]|” | | ’ ||’
Brothers WordLogos
18 pt
#$%0v18AEFPOWX INLDçekwba + , [ < { | } > ] . ?
BROTH E RS SCH RI FTFAM I LI E Inspiriert wurde die Schrift Brothers vom Logo des Wanderzirkus COLE BROTHERS um das Ende des 19. Jh. Die Schrift besitzt gut ausgebaute Ligaturensätze und Alternativzeichen (Wordlogos), die durch ihr geschickte Spacing eine Vielzahl an nützlichen Kombinationsmöglichkeiten aufweisen. Siehe oben: Die rot eingefärbten Zeichen sind jeweils die Kombinationen der schwarzen Zeichen.
GESTALTER: JOHN DOWNER WWW.EMIGRE.COM HERAUSGABE: 1999 HERSTELLER: EMIGRE
Freaks! Cowboyslang
100 pt
EXHIBITION Cowboyslang
72 pt
sword-swallowing Cowboyslang
50 pt
Cowboyslang
36 pt
Cowboyslang
30 pt
Cowboyslang
24 pt
Tod Browning’s story of two-headed cows, one-eyed pigs, and four-horned goats Mighty Mike Murga the Mighty Dwarf
Cowboyslang
18 pt
1704–1718 Peter the Great collected human oddities at the Kunstkammer in what is now St. Petersburg.
COWBOYSLANG
Typedesigner Hannes von Döhren created Cowboyslang, a display typefamily with a Wild West flair. It consists of three widths plus fitting ornaments. Although it is based on the slab serif typefaces from the nineteenth century Von Döhren gave it a contemporary feeling. Cowboyslang has an extended character set to support also Central and Eastern European languages.
GESTALTER: HANNES VON DÖHREN HERAUSGABE: 2009 VERTRIEB: HVD FONTS
ACROBATIC SKILLS Mesquite Std Medium
100 pt
Mesquite Std Medium
72 pt
Mesquite Std Medium
50 pt
Mesquite Std Medium
36 pt
in China over 2000 years have been a part of the culture since the Western Han Dynasty
noble court displays of the European Middle Ages
Mesquite Std Medium
30 pt
A female acrobat depicted on an Greek hydria, ca. 340-330 BC.
Mesquite Std Medium
24 pt
Though the term initially applied to tightrope walking, in the 19th century
Mesquite Std Medium
18 pt
Though the term initially applied to tightrope walking, in the 19th century, a form of performance art including circus acts began to use the term M E SQU ITE
Mesquite is a narrow Tuscan-style typeface designed at Adobe in 1990. Like older Tuscans from the 19th Century, Mesquite has elaborate, creative serif treatments, although the serifs are so unique that it is difficult to call them serifs anymore, they are more like pointy finials. A convex-concave-convex ornamental feature appears on the middle of each vertical and diagonal stroke. Together with the “serifs” at the tops and bottoms of each stroke, this feature creates a “tri-band” pattern over text set in Mesquite. Mesquite is not a text face. Aside from its narrowness and decorative qualities, Mesquite has no lowercase. The font’s uppercase glyphs have been directly copied and placed in the lowercase range.
GESTALTER: JOY REDICK HERAUSGABE: 1990 VERTRIEB: ADOBE
Victorian Era Wanted Beatty
100 pt
1837 until 1901 Wanted Beatty
72 pt
Wanted Beatty
50 pt
Wanted Beatty
36 pt
THE UNITED KINGDOM THE UNITED KINGDOM
Wanted Beatty
30 pt
preceded by the Georgian period and succeeded by the Edwardian period
Wanted Beatty
24 pt
The population of England had almost doubled from 16.8 million in 1851 to 30.5 million in 1901.
Wanted Beatty
18 pt
Sir Robert Peel, Lord Derby, Lord Palmerston, William Ewart Gladstone
WANTE D BEATTY
Die Wanted Beatty von Richard Beatty besitzt zwei Schnitte. Den Regular Schnitt und den Alternative Characters Schnitt. Der Alternative Schnitt unterscheidet sich nur in den Kapitalien vom Regular Schnitt. Die Kapitalien bekommen hier eine zusätzliche Horizontale in der Buchstabenmitte, die sich in dornenartigen Ornamenten zeigen. Der Unterschied ist oben in den Wörtern THE UNITED KINGDOM gut ersichtlich.
GESTALTER: RICHARD BEATTY HERAUSGABE: 1991 HERSTELLER: RICHARD BEATTY
Pepperwood
100 pt
der herr der bestie
Pepperwood
72 pt
berühmte schausteller
Pepperwood
50 pt
Er kaufte für 75 £ zwei Boas, die auf einem Schiff aus Südamerika
Pepperwood
36 pt
Im Jahr 1810 gründete er Wombwell’s Travelling
Pepperwood
30 pt
Raubkatzenarten, Giraffen, Elefanten und Kängurus
Pepperwood
24 pt
Seine Tierverluste vermarktete er, indem er die Kadaver verkaufte
Pepperwood
18 pt
Auch Tierkämpfe hatten gelegentlich zu seinem Programm gehört, bis die britische Regierung diese Veranstaltungen im Jahr 1835 verbot. sein Grab in Highgate unweit von Karl Marx’ Grab. PE PPE RWOOD
Fügt man die Buchstaben zu Zeilen, bilden die schweren Serifen dunkle Bänder, die die Horizontale stark betonen. Die Pepperwood zeigt dazu noch ein weiterere stilistisches Mittel. Die Figuren schmücken in ihrer Mitte kleine Vierecke, die sie optisch zusamenmontieren. Ihre Serifen verlaufen nicht gerade, sondern besitzen kleine schmal auslaufende Spitzen. Die Pepperwood erinnert den Betrachter an die unstete Zeit des wilden Westens mit seinen Revolverhelden, aber auch an die Glamourwelt der Siebziger in der Plateuschuhe und ausschweifende Kopftrachten nicht wegzudenken waren. Ihre unterschiedlichen Schnitte legen einen breiten Gestaltungsspielraum offen. Sparsam für Überschriften angewendet, kann mit ihr unbestritten eine große Wirkung erzielt werden.
GESTALTER: KIM BUKER CHANSLER, CARL CROSSGROVE, CAROL TWOMBLY, HERAUSGABE: 1994 VERTRIEB: ADOBE
Revenue Dropshadow, Solid, Shaded & Star
100 pt
$BILL $BILL Revenue Dropshadow & Solid
72 pt
DOLLARS DOLLARS Revenue Solid & Star
50 pt
REVOLUTION
Revenue Dropshadow & Shaded
36 pt
Hieronymus Hieronymus JOACHIMSTHAL JOACHIMSTHAL
Revenue Dropshadow
30 pt
Code Title 31, 5116
Revenue Shaded
24 pt
Secretary of Treasury
Revenue Solid
18 pt
GERMAN ENGINEERINGHIJKLMN
REVE N U E
A three dimensional design has rich textured layers along with a strong drop shadow. This design has four individually drawn outlines to create multiple solutions with layers, colors, gradients and filters. Revenue requires subjective display kerning and compensation.
GESTALTER: JOFFRE LEFEVRE HERAUSGABE: 2001 HERSTELLER: ABOUTYPE
COMICAL Cottonwood
100 pt
PERFORMER Cottonwood
72 pt
Cottonwood
50 pt
Cottonwood
36 pt
Cottonwood
30 pt
Coulrophobia FEAR OF CLOWNS François Fratellini character-type OFTEN an anarchist, joker or fool
Cottonwood
24 pt
The Canadian Clowning METHOD
Cottonwood
18 pt
North American character clown types COTTONWOOD
Die Cottonwood trägt einen unübersehbaren Wild-West-Charakter. Stilgeschichtlich kann die Cottonwood den Toscanienne-Schriften zugeordnet werden, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts vor allem in der Werbung und Beschilderung ihren Einzug hielten. Typisch für diese Versalalphabete sind die aufgespaltenen Serifen, die den auffällig dekorativen Charakter betonen. Die Cottonwood ist eine Art Homage an die Westernschriften (Woodtypes), die durch die Wanted-Plakate in Westernfilmen populär wurden. Sparsam für Überschriften angewendet, kommt das Verspielt - Schmückende dieser Schrift am besten zur Wirkung.
GESTALTER: KIM BUKER CHANSLER, CARL CROSSGROVE, CAROL TWOMBLY HERAUSGABE: 1991 VERTRIEB: ADOBE
CYRK Display
n/a
CYRK DISPLAY
Die Headline Schrift CYRK display knüpft mit den verspielten Formen und der Dreidimensionalität an die Erlebniswelt von Zirkusshows an. Zur Lesbarkeit tritt eine expressive Bildhaftigkeit der Buchstaben.
GESTALTER: PATRICK BÜRDEL WWW.PATRICKBUERDEL.CH HERAUSGABE: 2008 HERSTELLER: UNPUBLIZIERT
Italo-Western Blackoak
100 pt
“Man with No Name” Blackoak
72 pt
Blackoak
50 pt
Blackoak
36 pt
Tabernas Desert of Almería The Good, the Bad and the Ugly (1966)
Blackoak
30 pt
young Clint Eastwood in three of Sergio Leone’s films
Blackoak
18 pt
Typical themes in spaghetti westerns include the Mexican Revolution, Mexican bandits, and the border region shared by Mexico and the United States. Originally produced in Italy
Blackoak
9 pt
This was the second of three English-language films Antonioni had been contracted to direct for producer Carlo Ponti and to be distributed by MGM. The other two films were Blowup (1966) and The Passenger (1975). Although later considered a cult film, Zabriskie Point was an overwhelming commercial failure and panned by most critics upon release. The film has been called “one of the most extraordinary disasters in modern cinematic history.”
Blackoak
8 pt
The typical team was made up of an Italian director, Italo-Spanish technical staff, and a cast of Italian and Spanish actors, sometimes a fading Hollywood star and sometimes a rising one like the young Clint Eastwood in three of Sergio Leone’s films. The films were typically shot in inexpensive locales resembling the American Southwest, primarily the Andalusia region of Spain, Almería, Sardinia, and Abruzzo. Because of the desert setting and the readily available low-cost southern Spanish or southern of the Italian extras, typical themes in spaghetti westerns include the Mexican Revolution, Mexican bandits
WE STSI DE
Westside was designed by Adrian Frutiger in 1989 and is a kind of wood type. It is reminiscent of dusty streets, Wild West heroes and swinging saloon doors. The origins of this kind of typeface can be found in the early 19th century. Called Italian or Italienne, these typefaces quickly became very popular. They are distinguished by square serifs whose width is larger than the stroke width of the characters. When the letters are set together, the heavy serifs build dark horizontal bands. Westside is a particularly decorative typeface which will have a marked effect when used expertly. It is perfect for headlines in larger point sizes, which will highlight its special character. Siehe auch Artikel im Textteil auf S. 20.
GESTALTER: ADRIAN FRUTIGER HERAUSGABE: 1989 HERSTELLER: LINOTYPE
SCHRIFT INDEX SCHRIFT
LIZENZHALTER INTERNETADRESSE
Birch
Linotype www.linotype.com
Blackoak Linotype www.linotype.com Block Gothic RR
Linotype
www.linotype.com
Bodoni RR Condensed
Red Rooster Collection
www.myfonts.com
Brothers Emigre www.emigre.com Cottonwood Linotype
www.linotype.com
Cowboyslang Linotype
www.linotype.com
CYRK Display
Patrick B端rdel
www.patrickbuerdel.ch
DS Grecian Edge
Stefan Cecere
www.saltedwater.ch
Falstaff Linotype www.linotype.com Madrone Linotype www.linotype.com Mesquite Linotype www.linotype.com Pepperwood Linotype
www.linotype.com
Ponderosa Linotype www.linotype.com Revenue Linotype www.linotype.com Playbill Linotype www.linotype.com Rosewood Linotype www.linotype.com Saracen
Hoefler & Frere-Jones
www.typography.com
Thunderbird Linotype
www.linotype.com
Wanted Beatty
www.fontshop.com
Richard Beatty Designs
Westside Linotype www.linotype.com Zebrawood Linotype
www.linotype.com
17
HOLZDRUCK
Schnittholzes von Anfangs fast 100% auf unter 20% zu verringern, was dafür sorgte, dass sich das Holz weniger verzog. Teilweise wurde das Holz vor der Verarbeitung zu Lettern zusätzlich noch Dampfbehandelt, was den Feuchtigkeitsgehalt nochmals innert ein Paar wenigen Stunden auf 80% erhöht, dann innert ein paar Tagen wieder getrocknet. Dieser Prozess führte zum Abbau von inneren Spannungen zwischen den Fasern und machte das Holz noch etwas dichter. Nach der langwierigen Trocknungsphase wurden die Holzscheiben in Europa auf die Dicke von 23,56mm oder 622/3 Punkt (Didot), im Anglo-Amerikanischen Sprachraum auf 23,32mm und 62 Punkt oder 0.918 Zoll (Pica), geschliffen. Diese Masse entsprechen den Schrifthöhen der jeweiligen Region. Anschliessend wurden die Holzscheiben in Blöcke der richtigen Buchstabengrösse (Kegelhöhe) zugesägt, bevor sie mit der Wells-Fräse mit Hilfe einer Matrize und eines Pantographen zu Buchstaben gefräst wurden. Die Matrizen, entweder aus Holz oder Metall, hatten eine Universalgrösse. Mit diesen Matritzen konnten mit Hilfe des Pantographen Buchstaben von 4 Line (1,6cm) bis zu 80 Line (32,51cm) gefräst werden. Zuerst wurden das Grobe Material mit einem grossen Fräskopf abgetragen, bevor die Feinarbeit mit einem Fräskopf mit kleinem Durchmesser gemacht werden konnte. Die Arbeit mit einem drehenden Fräskopft hat einen entscheidenden Nachteil: Es können keine spitzen Innenwinkel geschnitten werden. Somit mussten die Innenwinkel nachträglich von Hand ausgeritzt werden. Nachdem nun das Schriftbild in das Massivholzstück geschnitten wurde, konnte der Buchstabenblock in die richtige Dickte 24 geschnitten werden. Zur Nachbehandlung und Versiegelung wurden die Lettern Teilweise in Leinöl eingelegt.
DI E H E RSTE LLU NG VO N H O LZLETTE R N I N D E R S C HWE IZ Die erste und einzig bekannte Holzletternmanufaktur der Schweiz, die mechanische Holztypenfabrik Roman Scherer 4 entstand um 1877 in Kriens bei Luzern. In Archiven findet man teilweise sehr schöne Schriftmusterbücher der Roman Scherer mit einer enormen Variantenvielfalt. Diese sind meist undatiert, da vermutlich oft Einzelblätter gedruckt wurden, und je nach Veränderung der Angebotspalette jedes Jahr gebunden und herausgegeben wurden. Dies zeigt sich auch daran, dass die einzelnen Seiten keine Seitenzahlen aufweisen. Man kann jedoch klar erkennen, dass die Schriftmusterbücher kurz nach der Jahrhundertwende eine viel grössere Variantenvielfalt als die späteren Ausgaben aufweisen. Ausser den Schriftmusterbüchern und ein paar Einträgen im Staatsarchiv Luzern sind keine schriftliche Informationen über die mechanische Holztypenfabrik Roman Scherer auffindbar. In den sechziger Jahren musste die Manufaktur der ersten schweizer Autobahn weichen. Nach Angaben von Alfred Hoffmann, war das Management der Roman Scherer zu diesem Zeitpunkt nicht gewillt, eine neue Produktionsstätte für die Holzletternmanufaktur aufzubauen. Dies hing vermutlich auch mit der rückläufigen Nachfrage zusammen. Im Jahre 1966 wurde die mechanische Holztypenfabrik Roman Scherer von der Haas’schen Schriftgiesserei aufgekauft und nach Münchenstein verlegt, wo die Produktion nach Angaben von Hoffmann TYPOGRAPHICAL ENTERTAINMENT Nº 01 | 2010
18
HOLZDRUCK
“auf kleiner Flamme” weitergeführt wurde. Es wurden vor allem bestehende Schriftbilder, namentlich Helvetica und Clarendon, in Holz hergestellt. Später wurden die Schriften auch in Hartaluminium oder Kunststoff angeboten. Um 1976 wurde die Produktion von Holzlettern an die Firma Diller in Bamberg übergeben. Von einem Archiv von weit über 80 verschiedenen Schablonensätzen für Schriften und unzähligen Rahmenverzierungen um 1900 sind heute nur noch 35 Schriften von Roman Scherer und zusätzliche 5 Schriften von der Haas’schen Schriftgiesserei im Museum der Arbeit in Hamburg erhalten. 32 Ein Grossteil der Schablonensätze von Roman Scherer verschwand laut Aussage von Alfred Hoffmann bereits vor der Übernahme durch die Haas’sche Schriftgiesserei.
RÜCKGANG DE S I NTE R E SSE N S AN H O LZ SCH R I FTE N Ende der fünfziger, Anfang der sechziger Jahre wurden die Angebotspaletten an Holzschriften, vor allem in Europa sehr stark eingeschränkt. Dies hing vor allem mit zwei Faktoren zusammen: Erstens war ein viel konzentrierteres Schriftangebot, mit weniger Verzierungen und mehr Einheit gefragt und zweitens veränderte das Aufkommen des Fotosatzes mit Offsetdrucktechnik die Nachfrage massiv. Im Fotosatz ist es möglich, mit einer Schriftvorlage jeden x-beliebigen Massstab zu drucken. Mit der Umstellung auf den Fotosatz konnte das platzraubende Archiv an Holz- und Bleischriften durch ein paar wenige Fotosatzschablonen abgelöst werden. Druckereien, die noch mit Plakatschriften arbeiteten hatten konstant Probleme mit der Abnutzung der Holzlettern. Kratzer und Unebenheiten in der Oberfläche verschlechterten die Qualität des Druckbildes. Somit musste laufend in neue Holzlettern investiert werden, was viel Geld kostete. Ansätze, Plakatschriften aus Kunststoff, Aluminium, Magnesium oder auch Keramik herzustellen, waren Versuche, dem entgegenzuwirken. Allerdings waren Schriften aus Kunststoff oder Hartaluminium noch um einiges teurer als Holzlettern, was sich wieder als schwieriges Argument gegen den Offsetdruck auszeichnete. Bis Ende der 70iger Jahre hatten die meisten Druckereien auf Offsetdruck umgestellt. Was das definitive Ende der Holzlettern für den kommerziellen Plakatdruck darstellte.
E NTSO R G U N G D E R SCH R I FTAR CH IVE Da viele Druckereien nach der Umstellung auf neue Drucktechniken froh waren, das Archiv an Material loszuwerden entstand ein grosses Überangebot an Blei- und Holzschriften. Bleischriften wurden eingeschmolzen und zum Metallwert verkauft, Holzschriften entsorgt. In der 4 “Serie 5401” aus einem Roman Scherer Specimenbuch, 1904 mechanischen Holztypenmanufaktur wurde bereits um 1966 vor der Übergabe an die Haas‘sche Schriftgiesserei Endzeitstimmung eingeläutet und Schablonen und Holzlettern zum Beheizen der Infrastruktur in Kriens verwendet. Auch später wurden von den siebziger Jahren bis in die neunziger Jahre sehr viele Buchdruckarchive von Druckereien entsorgt. TYPOGRAPHICAL ENTERTAINMENT Nº 01 | 2010
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HOLZDRUCK
Beispiel eines Holzdrucks, der die Variationsmรถglichkeiten aufzeigt. Von oben nach unten: Buchstaben, Aussenform, Kombination mit 2 Farben, Kombination mit Verschiebung.
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VON PHILIPP STAMM, HEIDRUN OSTERER UND ADRIAN FRUTIGER
Fig. 1 Undatierter Entwurf zur Westside die 1989 realisierte Form weist etwa eine 30% schmälere Proportion auf.
WESTSIDE
MAKING OF VON ADRIAN FRUTIGERS WESTSIDE
Als Schriftgestalter hatte ich den Wunsch, in allen Stilen etwas zu zeichnen. Dahinter steckt ein gewisser Berufsstolz. Nach Mediäval, Latine, Egyptienne und Grotesk fehlte eine Italienne. Die Westside von 1989 ist mein Beitrag zu dieser Gruppe. Ihre Entstehung fällt in eine Periode, inder ich eine gewisse Leere spürte. Bis Ende der Siebzigerjahre war ich voll ausgelastet gewesen mit Projekten. Dann kam eine ruhigere Phase, ich hatte plötzlich Zeit nachzudenken. Der ganze klassische Schriftenbereich, mit und ohne Serifen, war damals für mich abgeschlossen. Mit der Linotype Centennial hatte ich mein Werk abgerundet und eine Garamond-artige wollte ich nicht machen, das lag mir einfach nicht. Auch die Grotesk schien mir ausgeschöpft. Was fehlte, war eine Cowboy-Schrift mit dicken Serifen, wie sie zur ‹Corporate Identity› eines jeden Wildwest-Films gehört. Die bestehenden Italienne mit ihren Hammerfüssen fand ich sehr hart und streng Fig. 4 , das gefiel mir nicht; wie schon so oft reizten mich besonders die Innenformen. Die feinen Rundungen in den Serifen geben der Westside schliesslich einen eigenen Ausdruck Fig. 5 . Ein aus dieser Schrift gesetzter Text wirkt wie ein Webmuster.
DI E I DE E DE R WE STS I D E U N D D I E AN FÄN G E Ein weiterer Grund, mich an einer Italienne zu versuchen, war vielleicht, dass ich bei Linotype einen festen Beratervertrag hatte und mich verpflichtet fühlte, nie mit leeren Händen zu einem Type Selection Meeting zu kommen. Daher rührt auch die ständige Suche nach neuen Möglichkeiten. Das waren die inneren Triebfedern. Als ich der Kommission damals meinen Italienne-Entwurf vorlegte, stiess er auf Interesse. Man empfand diese Schrift als neuartig und klassisch zugleich. Mein Konzept für die Versalien war speziell: Alle Horizontalen habe ichdick, alle Vertikalen dünn gezeichnet. Das war eine Frage der Konsequenz. Das Verdicken derHorizontalstriche war jedoch nur bei den Versalien möglich, bei den beiden Gemeinen a und e mit den kleinen Innenräumen hingegen nicht. Im Gegensatz zu meinem Entwurf hattendie bestehenden Italienne-Versionen nur verdickte Serifen und Bogen, die Querstriche selber waren stets dünn gehalten. Werner Schimpf, Leiter der Schriftenabteilung bei TYPOGRAPHICAL ENTERTAINMENT Nº 01 | 2010
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Fig. 2 Adrian Frutiger’s Konzeption beinhaltet Erweiterungen der Grundversion Westside durch Variationen der Serifenformen.
Fig 3 Italienne des 19. Jahrhunderts –die ältere Form (oben) weist fette Querbalken auf, die jüngere Form (unten) bleibt in der Mitte fein.
WESTSIDE
Linotype, der immer detaillierte Anmerkungen zu den Reinzeichnungen machte, notierte zu einem späteren Zeitpunkt auch prompt: «H – Querstrich zu fett?» Fig. 1 Doch meine Idee war, mit den betonten Querstrichen das horizontale Band der Kleinbuchstaben weiterzuführen. Durch die konsequente Strichführung und die runden Serifenübergänge entwickelte ich langsam einen Gegenentwurf zuden bisherigen Italienne. Eines ist dabei typisch für mich: Ich schaute vorher nicht, was andere gemacht haben. Ich zeichnete einfach, wie ich es eben wollte. In dieser Phase des schriftgestalterischen Prozesses war ich immer ganz eingeschlossen in mir selbst. Trotzdem hatte ichnatürlich das Bild der Italienne in meinem Kopf. Der Name ‹Westside› stammte von mir. Die Schrift war Teil eines Gesamtpakets, bestehend aus vier Abwandlungen: Das Konzept hatte vorgesehen, dass neben der Westside noch die Versionen ‹Eastside› und ‹Gothic F› sowie einige ‹Fancy›-Schriften realisiert werden sollten. Die dicken Serifen reizten mich, etwas Spielerisches zu machen. Ich lieferte mit der Westside die Grundversion und Linotype wollte dann selbständig jeweils nur die Serifenformen ändern. Dazu kam es aber nicht. Es ist ja doch eine grosse Investition, eine ganze Schrift mit 120 Zeichen zu realisieren. Leider hatte die Westside zudem nur wenig Erfolg – ganz im Gegensatz zu unsererAnnahme. Neben den rund zweitausend sehr freien Fantasieschriften der Achtzigerjahre war sie vielleicht zu brav.
Die Westside wird meistens gar nicht mit mir in Verbindung gebracht, dabei hatte ich eineriesige Freude daran, sie zu zeichnen. Einerseits war es ein grosser Spass, andererseits dochernsthaft in dem Sinne, dass in den Einzelheiten alles perfekt ausgeführt werden musste. An ein paar Details gibt es rückblickend doch etwas auszusetzen: Das Versal-G geriet mir etwaszu schmal. Das C wirkt breiter, offener, das Versal-O ebenfalls – das G könnte also leicht weiter laufen, schliesslich galt es nicht, alle Buchstaben gleich breit zu zeichnen. Ein wenig irritierend ist möglicherweise, dass Buchstaben wie K L M N – verglichen mit E F G H – deutlich heller erscheinen, da sie keine Betonung im Mittelteil aufweisTYPOGRAPHICAL ENTERTAINMENT Nº 01 | 2010
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WESTSIDE
en. Kritisieren kann man vielleicht die sehr grossen i- und j-Punkte Fig. 5 ; die Lesbarkeit wird dadurch nicht gerade verbessert.Aber auch dieses Merkmal ist aus der Konsequenz der dunklen horizontalen Bänder entstanden. Ein Wort wie ‹Pourquoi› sieht denn auch gar nicht schlecht aus, weil es hier durch die fehlenden Oberlängen um den Punkt herum genügend Weissraum gibt. Die Arbeit an der Westside ging insgesamt zügig vonstatten. Gemacht habe ich es wie meistens: Für die Reinzeichnungen schnitt ich erst die Schablonen und feilte mit Schmirgelpapier deren Rundungen Fig. 2 , mit dem Zeichnen ging es dann ruck, zuck! Danach kamen die Änderungsvorschläge von Werner Schimpf sowie das letzte reinzeichnerische Feilen an den einzelnen Formen. 1989 erschien die Westside. Sie ist eine sehr konsequente Schrift.
WANTED wildwest
WANTED wildwest
DAS KO N SE Q U E NTE I N D E R WE STSI D E Adrian Frutiger gestaltet mit der Westside eine serifenbetonte Schrift derUntergruppe Italienne. Allgemein sind die Italienne wie auch der verzierte Typus Toscanienne als sogenannteWestern- Schriften bekannt – eine Schriftart, die 1989 bei Linotype in der Mergenthaler Schriftenbibliothek eigentlichnicht vorkommt. Einzig Robert Harling’s Playbill von 1938 ist enthalten Fig. 4 . Für einen Schriftenhersteller mit Standort in den USA mag dies erstaunen, durch die ursprüngliche Ausrichtung auf Werksatzschriften lässt sich das jedoch erklären.
Fig. 4 Unterschiedliche Gestaltung der Kopfund Fusspartie bei den Diagonalbuchstaben A und W – P. T. Barnum, Playbill (v. l.n.r.).
Im Gespräch betont Adrian Frutiger seinen Ansatz einer konsequenten Strichführung. Alle horizontalen Partien der Buchstaben sind fett gehalten. Einzig die Querbalken der Minuskeln a und e sind fein. Diese Balken zu betonen, kommt aus zweierlei Gründen nicht in Frage. Einerseits lassen die kleinen Innenräume einen fetten Strich nicht zu, andererseits, und viel wichtiger, würden die horizontalen Bänder von Schriftlinie und x-Höhe dadurch gestört. Es ist denn auch diese Bänderwirkung, die Frutiger vor allem anstrebt. Aus diesem Grund schafft er bei den unten zusammenlaufenden Diagonalen der Buchstaben V W v w Fig. 5 Mit den fetten Querbalken gehört die Westside zur älteren Italienne – die Kopf- und ebenfalls eine Verdickung. Selbst im y erscheint diese, wenn die Fusspartie sind konsequent fett gehalten. auch zurückgenommen. Zudem leiten die fetten Querstriche bei A B E F G H P R S das Band der x-Höhe weiter, jedoch etwas nach unten versetzt, da die optische Mitte der Majuskeln tiefer liegt als die x-Höhe. Je einen weiteren Streifen bilden schliesslich die OberundUnterlängen, so dass diese vier Streifen das von Frutiger erwähnte Webmuster ergeben. Adrian Frutiger nimmt bei seiner Umsetzung in Kauf, dass jene Majuskeln, welche keinen fetten Mittelstrich haben, deutlich heller erscheinen, wodurch in Versalwörtern kein harmonisches Schriftbild entsteht Fig. 5 . Dies gelingt aber auch bei anderen Italienne-Schriften selten, da dort oft bei den Diagonalbuchstaben helle Stellen am Kopf oder Fuss entstehen Fig. 4 .
WANTED wildwest
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WESTSIDE
Das Konzept der Westside als Grundschrift mit Erweiterungen durch zusätzliche Serifenformen hätte vielleicht Erfolg gehabt, denn 1990 bringt Adobe einige WesternSchriften heraus, welche Aufmerksamkeit erregen Fig. 7 . Zu Adrian Frutiger’s Varianten ‹Eastside›, ‹Gothic F› und ‹Fancy›-Schriften sind kaum Angaben vorhanden. Einzig ein Schreiben mit den erwähnten Versionen und ein Entwurf einer englischen Latin Fig. 6 sowie eine Skizze mit sechs Toscanienne- Varianten Fig. 2 sind erhalten.
D I E U NTE R G R U PPE ITALI E N N E
Fig. 6 Die serifenbetonten Akzidenzschriften können gemäss ihrer Serifenform in die nachfolgenden fünf Gruppen unterteilt werden.
COTTONWOOD
IRONWOOD MESQUITE JUNIPER PONDEROSA
ROSEWOOD Fig. 7 Westernschriften von Adobe Anfang der 1990er Jahre – die Vorlagen stammen aus Rob Roy Kelly’s Buch ‹American Wood Type: 1828–1900›.
Bei den Italienne handelt es sich um eine Untergruppe der serifenbetonten Schriften.Diese Akzidenz- und insbesondere Plakatschriften entstehen, wie auch die Egyptienne, im frühen 19. Jahrhundert in England. Das ungewöhnliche Prinzip der überhöhten horizontalen gegenüber den feineren vertikalen Partien hat einzig in der italienischen Rustica des 4./5. Jahrhunderts einen historischen Vorläufer. Ob mit der Bezeichnung Italienne dieser Bezug geschaffen werden sollte, bleibt offen. Allgemein wird ein historisch- formaler Bezug verneint, zumal dieser auch bei den anderen Untergruppen wie Egyptienne und Toscanienne nicht vorhanden scheint. Die Italienne lassen sich gemäss František Muzika in zwei Gruppen unterteilen. Fig. 3 Bei der jüngeren Form weisen nur die Kopf- und Fusspartie der Buchstaben eine Betonung auf, bei der älteren Form findet sich bei den Majuskeln mit drei horizontalen Strichen wie B und R im Mittelstrich ebenfalls eine Betonung. Die Westside Fig. 5 gehört somit zur älteren Form. Keine Rolle bei der Einteilung spielt, ob der Serifenübergang eckig oder gerundet ist. Diesen Unterschied hingegen macht Rob Kelly. Hans Rudolf Bosshard teilt die serifenbetonten Schriften in fünf Untergruppen ein: Egyptienne, ohne Kehlung des Serifenübergangs; Clarendon, mit Kehlung; Italienne,überhöhte, fette Serifen gegenüber dünneren Schäften; Renaissance (Latine), dreieckige Serifen, und Toscanienne, gespaltene Serifen Fig. 6 . Westside Specimen: siehe letzte Seite im Specimenteil.
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VON RUDOLF BOSSHARD
ESSAY
DIE GEBURT DER AMERIKANISCHEN POPKULTUR
Noch vor wenigen Generationen, im ausgehenden 19. Jahrhundert, fuhren riesige Zirkusse mit der damals neuen transkontinentalen Eisenbahn auf Schienen durch die Vereinigten Staaten und zogen Jahr für Jahr Millionen und Abermillionen von Zuschauern in ihren Bann. Keine andere Form der Unterhaltung war so beliebt wie Zirkus. Sein grandioser Erfolg bildete die Grundlage für die amerikanische Popkultur, die wir heute kennen. Für den Zirkus wurden jene Methoden erfunden, die heute in der Unterhaltungsindustrie auf der ganzen Welt Anwendung finden: sensationelle Werbekampagnen, weltweit tätige Talentjäger und Liveunterhaltung unter Einsatz der neuesten Technologien. Der Zirkus war Super Bowl, Olympiade und Hollywood-Actionfilm in einem und brachte den Menschen die Unterhaltung bis vor die Haustür. Der Zirkus beeindruckte nicht nur durch seine gigantischen Dimensionen, im Mittelpunkt standen die Artisten, die den Zirkustraum lebten. Lange bevor die Beat Generation mit ihrem Motto “On The Road” zum Mainstream wurde, verband sich in den Zirkusartisten die Romantik der Landstrasse mit dem Kampfgeist des Individualismus. Gut zwei Jahre lang folgte ich dem amerikanischen Zirkus im Geiste auf seiner alljährlichen Tour von einer Küste zur anderen und blickte hginter die Kulissen von Pomp und Glamour. Ich durchstöberte Archive überall in den Vereinigten Staaten und suchte nach Hinweisen darauf, wie das Leben der Artisten wirklich war: ihre enorme Freiheitsliebe, das Leben auf Wanderschaft und ihre erstaunliche Bereitschaft, für ihr Publikum alles zu geben. Die Bilder und Schriftbeispiele in diesem Buch zeigen den Zirkus als die riesige Unterhaltungsmaschinerie, die ihn so berühmt gemacht hat, aber sie zeigen auch die bemerkenswerten Plakate, mit denen sie die Städte füllten.
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ESSAY
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VON WILLIAM KIPEDIA
GESCHICHTE
DIE GESCHICHTE DES ZIRKUS
Die Entstehung des Zirkus ist vor allen Dingen eine Geschichte von einzelnen Zirkus-Dynastien, also Artistenfamilien und -gruppen. In seiner Geschichte hat der Zirkus zahlreiche Wandlungen erfahren: sowohl in seiner äußeren Gestalt – vom festen Zirkusbau über die Wandermenagerien zum flexiblen Chapiteau bis hin zu Theaterbühnen – als auch in der Form seiner Darbietungen – vom Pferdetheater über monumentale Pantomimen zum Cirque Nouveau. Als Vater des klassischen Zirkus gilt Philip Astley (1742–1814). Die ursprünglich dargebotene Kunst waren Pferdedressuren, weitere Artisten folgten. „Wilde“ und exotische Tiere waren eine relativ späte Neuerung. Unterschiedliche Gewichtungen je nach Region führten zur Entstehung nationaler Eigenheiten.
E NG LAN D I M 18. JAH R H U N D E RT Die Wiege des klassischen Zirkus war das industrialisierte England. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts emanzipierte sich hier die Reitkunst vom höfischen oder militärischen Anlass. Erste Kunstreiter traten auf. Die Auftrittsorte der so genannten Kunstreitergesellschaften waren bretterumzäunte Flächen unter freiem Himmel. Hier entwickelte sich auch die runde Form der Manege: Für die akrobatischen Kunststücke auf dem Rücken der Pferde wurde die Zentrifugalkraft genutzt. 1769 erwarb Astley für seine Riding School ein Gelände an der Westminster Bridge, überdachte die Galerien der Zuschauer und erweiterte seine Truppe um Reiter, Akrobaten und einen Clown. Ab 1770 führte Astley regelmäßige Programme mit zunehmender Einbeziehung weiterer Künste wie chinesischem Schattentheater oder Ballett auf. Die Idee eines die Pferdedressuren umrahmenden Programms war nicht neu, wurde aber nur sporadisch verwirklicht. 1778/79 eröffnete Astley ein festes Haus in London, und die Aufführungen entwickelten sich zu einem dauerhaften Bestandteil der städtischen Veranstaltungskultur. Astleys Ziel war es, ein für jeden verständliches Theater zu schaffen, das mit wenig Worten auskommen sollte. Er entwickelte das Genre „Hippodrama“, das die Aufführung von Pantomimen (bilderreiche Theaterstücke) mit Pferden bezeichnete. Dargestellt wurden vor allem Schlachten und tagesaktuelle Ereignisse, wie zum Beispiel der Sturm auf die Bastille einen Monat nach dem Geschehen 1789. Das Nachstellen markanter Momente der jüngsten Vergangenheit war im populären Theater üblich. Diese Art Darbietungen fand regen Zuspruch bei der in die Städte strömenden Bevölkerung. – Den Begriff „Circus“ bekämpfte Astley Zeit seines Lebens. TYPOGRAPHICAL ENTERTAINMENT Nº 01 | 2010
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GESCHICHTE
FRAN KR E I C H I M 19. JAH R H U N D E RT Der Begriff Zirkus setzte sich in den Jahren nach Astley insbesondere durch Veranstaltungen des Antoine Franconi (1737–1836) gehörenden Cirque Olympique in Paris durch. Er bezog sich seit Beginn des 19. Jahrhunderts nicht mehr nur auf die Form des Gebäudes, sondern auch auf den Inhalt der Darbietung, die so vom Theater unterschieden wurde. Die Abgrenzung wurde durch das Napoleonische Theaterdekret aus dem Jahr 1807 befördert, in dem verboten wurde, das Aufführen von Kuriositäten, Raritäten und Ähnlichem weiterhin als Theater zu bezeichnen. Die Darbietungen entwickelten sich in dieser Zeit immer mehr zu ausgefeilten Pantomimen, in denen die Sprache auch wieder verstärkt zum Einsatz kam. Die Pantomimen waren gekennzeichnet durch kostbare Kostüme, aufwändige Bühnenbilder und mehrere hundert Statisten. Obwohl weiterhin andere artistische Darbietungen in den Programmen Platz fanden, verloren sie an Bedeutung: Pferdevorführungen bildeten die Grundlage des Programms, dessen Höhepunkt die Hohe Schule war. Im Plakat für “Astleys Royal Amphitheatre” Paris des beginnenden 19. Jahrhunderts waren die Schlachten und Taten Napoleons, der als eine Art Volksheld galt, das hervorstechende Thema der Pantomimen. In der Pantomime Die Löwen von Mysore (1831) waren zum ersten Mal dressierte Löwen im Zirkus zu sehen. Es war ein durchschlagender Erfolg, der den Weg zu weiteren Tierdressuren ebnete. Mit der Entstehung der Music Halls seit der Mitte des 19. Jahrhunderts spalteten sich die Kleinkunst-Darbietungen vom Zirkus ab.
DE UTSCH LAN D I M AU S G E H E N D E N 19. JAH R H U N D E RT Neue Impulse für die Zirkuskunst gingen Ende des 19. Jahrhundert von Deutschland aus. Ernst Jakob Renz (1815–1892) war der erste Deutsche, der den Zirkus auch im internationalen Maßstab wesentlich beeinflussen konnte. Außerdem entwickelte er den Sattel zu einem Gurt weiter, damit die Artisten noch mehr Halt hatten. Nach Circus Renz wurde Circus Busch zum Synonym für den deutschen Zirkus. Renz und Busch unterhielten Zirkusse mit mehreren Häusern in den großen TYPOGRAPHICAL ENTERTAINMENT Nº 01 | 2010
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GESCHICHTE
Städten des deutschen Sprachraums: Berlin, Breslau, Wien, Hamburg. Die Programme zeichneten sich durch eine ungeahnte Vielfalt aus. Alles was neu und originell war fand Eingang in diesen Zirkus: Wasserspiele, Eiskunstlauf, Ballett, Sängerinnen und sogar Siamesische Zwillinge. An erster Stelle standen weiterhin die Pferde. In dieser Zeit, Anfang des 20. Jahrhunderts, erhielt die Artistik einen höheren Stellenwert in den Programmen. Ausschlaggebend dafür war unter anderem die rasche Verbreitung des Varietés in enger Verbindung mit dem englisch-französischen Music Hall und dem amerikanischen Vaudeville, in deren Rahmen eine Ausdifferenzierung der artistischen Genres erfolgte: in der Jonglage unterschied man zum Beispiel zwischen Kraft- und Salonjonglage. Die Clownerie erhielt bei Renz besondere Bedeutung: an einem Abend konnten bis zu 14 Clowns auftreten. Die große Nachfrage an artistisch hochwertigen und neuen Nummern für Varieté und Zirkus hatte zur Folge, dass vermehrt sportliche Disziplinen wie Rollschuhlauf, Eislaufen und Kunstschwimmen in die Programme Aufnahme fanden. Gerade die Akrobatik wurde zu einem Hauptbestandteil der Vorführungen. In großen Ausstattungspantomimen arbeiteten Renz und Busch mit viel Technik: Wasserfälle, Fontänen, Segelboote und Aufzüge wurden eingesetzt. Die Handlungen der Pantomimen umfassten alles nur Denkbare: von Heldensagen über Märchen und Historien, über Opern und Tragödien bis zu aktuellen Ereignissen. Bei Busch wurden später eigens Schriftsteller zum Schreiben der Stücke engagiert.
I N N OVATI O N E N AU S AM E R I K A Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts fand Zirkus nur in festen Spielhäusern statt. Eine Innovation, die dieses Bild bis heute grundlegend ändern sollte, kam aus den Vereinigten Staaten: hier entwickelte sich Ende des 19. Jahrhunderts der Zeltzirkus. Der Zirkusdirektor Aron Turner benutzte bereits 1830 ein regenschirmähnliches, einmastiges Leinwandzelt. 1873 wurde in Konstanz die Zeltbaufirma Ludwig Stromeyer gegründet, die sich zum Hauptlieferanten der deutschen Zirkusse entwickelte. Paul Busch trat 1884 seine erste Reise mit Chapiteau an. Ab 1900 verbreiteten sich die Zelte rasch in Deutschland. Das hatte den Vorteil, dass man auch in Städten spielen konnte, die zu klein waren, um einen festen Zirkusbau zu besitzen. Mit dem Wanderzirkus, der sich daraufhin in Deutschland durchsetzte, brach das goldene Zeitalter des Zirkus an. Die Anzahl der Zirkusse stieg, das Niveau dieser Neugründungen aber war sehr verschieden, ebenso die Fähigkeiten ihrer Direktoren. Bis Kriegsbeginn hatte etwa die Hälfte ihren Betrieb wieder eingestellt. Weder vorher noch nachher gab es in Europa so viele Zirkusse wie in den 1920er-Jahren. Das Reisen hatte auch zur Folge, dass die an Ausstattung sehr aufwändigen Pantomimen an Bedeutung verloren und sich stattdessen mehr und mehr ein Nummernprogramm herausbildete. Ebenso löste sich die Zirkusmusik in
“A Circus Girl” fotografiert von Frederick W. Glasier, 1908
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GESCHICHTE
Besetzung und Programm von der Bühnenmusik im Theater, von der sie herstammte. Weitere heute originär mit dem Bild des Zirkus verbundene Elemente, die aus den Vereinigten Staaten kamen, waren das Reisen mit der Eisenbahn oder die Vereinigung von Menagerie und Zirkus (Zurschaustellung wilder Tiere bestand bis dahin separat vom Zirkus, so wie die Sideshows) und die Verwendung von Sägespänen anstelle von Manegenteppichen oder Sand. Durch William Frederick Cody (1846–1917), der als „Buffalo Bill” allgemein bekannt war, erhielt der europäische Zirkus eine weitere Bereicherung: die große Popularität des Wild-West-Zirkus hatte zur Folge, dass Kunstschützen in die europäischen Zirkusse einzogen und der verwegenen Reiterei (oft „Dschigiten“ genannt) der Vorrang gegenüber der klassischen Reitkunst eingeräumt wurde. Raubtierdressuren lösten zum Teil die bis dahin dominierenden Pferdenummern ab, und große Tierschauen ergänzten die Vorstellung. Zusätzlich fanden zunehmend Sensationsnummern Eingang.
Dompteuse mit Leopard
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