F a c h ta g
Jugendbegleiter und Schule im l채ndlichen Raum Vernetzung Chancen Entwicklung
Jugendstiftung Baden-Württemberg Abteilung Servicestelle Jugend und Schule Postfach 11 62 74370 Sersheim Im Auftrag des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport
Sersheim 2012 Redaktion: Anke Sudhoff, Stefanie Wichmann Lektorat: Gisela Faller, Lothar Stehle, Angelika Vogt Grafik: Oliver Müller – Visuelle Kommunikation Druck: Printmedien Karl-Heinz Sprenger, Vaihingen an der Enz Fotos: Projektfotos Jugendstiftung Baden-Württemberg; beawolf – Fotolia (Titel), Design Pics – Thinkstock (S. 5), Gilles Glod/iStockphoto – Thinkstock (S. 15), iStockphoto – Thinkstock (S. 20, 22, 24 und 26), AnsonLu/iStockphoto – Thinkstock (S. 29), Hemera – Thinkstock (S. 30), Chad Baker/Ryan McVay/Digital Vision – Thinkstock (S. 31).
© Alle Rechte vorbehalten Jugendstiftung Baden-Württemberg
Vorwort
Jugendbegleiterinnen
und zeichnet die dort geführten Diskussionen nach. Ergänzt
und Jugendbegleiter im
wird die Diskussion um Praxisbeispiele aus dem Jugend
ländlichen Raum
strukturdichte entwickelt wurden.
begleiter-Programm, wie sie in Regionen mit geringer InfraIn ihrem Beitrag „Gemeinschaftsschule – Zukunft gestalten, Chancen nutzen“ befasst sich Frau Gloger mit den Herausforderungen und Möglichkeiten der ab dem Schuljahr 2012/13 ein-
Schulen sowie Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter
geführten Gemeinschaftsschule (S. 5). Einblick in die Tätigkeit
treffen in Städten und im ländlichen Raum auf unterschied
der Landjugend Württemberg-Baden bietet der Bericht von Frau
liche Gegebenheiten und Anforderungen. Da die Infrastruktur
Walter „Die Landjugend – Jugendarbeit im ländlichen Raum“
in dünner besiedelten Gegenden weniger ausgeprägt ist als in
(S. 8). Herr Sautter vom Kreisjugendring Ravensburg stellt die
städtischen Räumen, ist es gerade dort wichtig, dass Schule
„Vernetzung aus Sicht eines außerschulischen Partners“ dar
als Lebensraum empfunden wird, in dem Schülerinnen und
(S. 11). Der Frage, welche Chancen und Risiken der aktuelle
Schüler außerunterrichtliche Aktivitäten mit Unterricht verbin-
Wandel ländlicher Infrastruktur mit sich bringt, widmet sich der
den. Viele Schulen verstehen sich längst als soziale und kultu-
Artikel „Demografischer Wandel, Infrastrukturabbau und Enga-
relle Begegnungsstätten, die unterschiedliche Lernorte verbin-
gement im ländlichen Raum – Ein Blick in andere Bundesländer“
den. Sie bieten ein breites Freizeitangebot für Schülerinnen und
von Frau Prof. Dr. Neu (S. 15).
Schüler und kooperieren mit Vereinen sowie anderen außer-
Anschließend geben Jugendbegleiter-Schulen aus ländlichen
schulischen Partnern aus der Umgebung. Sie sind gut vernetzt,
Gebieten Baden-Württembergs anhand von Praxisbeispielen
profitieren von entstehenden Synergieeffekten und sind nicht
einen Einblick in ihre Arbeit.
nur für ihre Schülerinnen und Schüler attraktiv, sondern werten
Als Abschluss finden Sie das Glossar, in dem viele Begriff-
auch die Kommunen, in denen sie angesiedelt sind, merklich
lichkeiten aus dem Jugendbegleiter-Programm und der Schul-
auf. Diese Schulen können als Vorbild dienen, Hintergrundwis-
landschaft erläutert werden.
sen beisteuern und Anregungen für die Praxis – insbesondere der Umsetzung des Jugendbegleiter-Programms – bieten. Der
An dieser Stelle möchten wir ganz herzlich allen Autoren,
diesjährige Fachtag „Jugendbegleiter und Schule im ländlichen
Referenten und Mitwirkenden danken, die bei der Entstehung
Raum“ soll Möglichkeiten und Chancen des Jugendbegleiter-
dieser Broschüre mitgewirkt haben und uns bei der Vorbe-
Programms im ländlichen Raum aufzeigen und konkrete Hilfe-
reitung sowie der Gestaltung des Jugendbegleiter-Fachtags
stellungen für die erfolgreiche Umsetzung des Programms in
„Jugendbegleiter und Schule im ländlichen Raum“ unterstützt
der Praxis geben.
haben.
Die vorliegende Publikation informiert exemplarisch über die
Anke Sudhoff,
aktuelle Situation im ländlichen Raum in Baden-Württemberg
Jugendstiftung Baden-Württemberg
1
Grußwort
Im Rahmen des Jugendbegleiter-Programms werden mittlerweile über 40.000 Wochenstunden Betreuungsangebote an Schulen im ganzen Land realisiert. Es ist mit der Vielfalt seiner Angebote ein Spiegelbild unserer Gesellschaft und der Erkenntnis: Ehrenamt hat und wird weiterhin einen hohen Stellenwert in unserem Bildungssystem haben. Gerade im länd-
„Das Jugendbegleiter-Programm
lichen Raum sind Strukturen der ehrenamtlichen Arbeit und
ist hervorragend in die Bildungs-
sen. Vereine sind Lebensadern für den ländlichen Raum, und
landschaft in Baden-Württemberg
sie sind soziale Netze, die vieles bewirken. Deshalb müssen
integriert und ist Spiegelbild ehren-
grieren in eine Schullandschaft, die über eine reine Funktion
amtlichen Engagements in Baden-
als Lernort hinausgeht. Das Jugendbegleiter-Programm bietet
Württemberg – gerade im ländli-
terstützt diese.
chen Raum.“
2
Unterstützung fest verankert und über lange Jahre gewach-
wir auch besonders auf sie achten, und wir müssen sie inte-
Chancen, dass dies gelingt, vernetzt Partner vor Ort und unSeit 2006 fördert das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport in Zusammenarbeit mit der Jugendstiftung Baden-
Grußwort
Württemberg außerunterrichtliche Bildungs- und Betreuungs-
derungen in ländlichen Regionen hat das Jugendbegleiter-
angebote an Schulen im Rahmen des Jugendbegleiter-Pro-
Programm flexible Antworten parat.
gramms. Die Vielfalt der Angebote ist beeindruckend und ver-
Für die Organisation und Durchführung des Fachtages
deutlicht auch: Jugendbegleiter-Angebote dürfen und sollen
möchte ich der Jugendstiftung Baden-Württemberg ebenso
Spaß machen.
danken wie allen Referentinnen und Referenten.
Die aktuelle Evaluation des Programms zeigt: An 1.500 Schulen in unserem Land sind insgesamt 21.143 Ehrenamtliche aktiv,
Ich wünsche allen Beteiligten am Fachtag und am Jugend
um Schülerinnen und Schülern ihre Schule als Bildungs- und
begleiter-Programm weiterhin viel Freude und Erfolg bei der
Lebensraum zu öffnen.
Umsetzung des Programms und fruchtbare Gespräche, Dis-
Mein herzlicher Dank gilt allen Engagierten vor Ort, aber auch
kussionen und Beiträge.
denen, die helfen, das Programm auf Schul-, Regional- und Landesebene zu koordinieren. Sie alle haben dazu beigetragen, dass es zu einem weiteren Stützpfeiler in der Schullandschaft in Baden-Württemberg geworden ist. Wie in den vergangenen Jahren widmet sich auch 2012 ein
Gabriele Warminski-Leitheußer
Fachtag einem Schwerpunktthema - in diesem Jahr ist es der
Ministerin für Kultus, Jugend und Sport
ländliche Raum. Für die besonderen strukturellen Herausfor-
des Landes Baden-Württemberg
3
Inhaltsübersicht
Inhaltsübersicht
Praxisbeispiele Zusammenarbeit mit der Gemeinde Klaus Flockerzie Seite 20 Schule im Zentrum – Jugendbegleiter und andere Partner Eginhard Fernow, Harry Rabe
Vorwort Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter im ländlichen Raum Anke Sudhoff Seite 1 Grußwort Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Gabriele Warminski-Leitheußer – Ministerin für Kultus,
Seite 22 Gemeinschaftsschule im ländlichen Raum Wolfgang Streicher Seite 24 Kooperation mit anderen Schulen Oliver Klis Seite 26
Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg Seite 2
Jugendstiftung Baden-Württemberg Lokale Bildungsnetzwerke Baden-Württemberg
Gemeinschaftsschule – Zukunft gestalten, Chancen
Franziska Haase
nutzen
Seite 28
Hannelore Gloger Seite 5
Projekt „Qualicard: Berufsstart mit System in lokalen Bildungsnetzwerken“
Die Landjugend – Jugendarbeit im ländlichen Raum
Birgit Schiffers
Kathrin Walter
Seite 29
Seite 8
Erfolgsgeschichte Qualipass
Vernetzung aus Sicht eines außerschulischen
Birgit Schiffers
Partners
Seite 30
Joachim Sautter Seite 11 Demografischer Wandel, Infrastrukturabbau und
Community 2.1 – Kein Platz für Vorurteile! Salome Ebinger Seite 31
Engagement im ländlichen Raum – Ein Blick in andere Bundesländer
4
Prof. Dr. Claudia Neu
Glossar
Seite 15
Seite 32
Jugendbegleiter und Schule im ländlichen Raum
Hannelore Gloger
Gemeinschaftsschule – Zukunft gestalten, Chancen nutzen In Baden-Württemberg wird es ab dem Schuljahr 2012/13 das Angebot für eine neue Schulart geben: die Gemeinschaftsschule. Am 18. April 2012 hat dazu der Landtag die Änderung des Schul gesetzes beschlossen. Voraussichtlich 40 Schulen werden die Gelegenheit ergreifen und die neuen Möglichkeiten der Gemeinschaftsschule umsetzen. Doch welche Gründe gibt es für die Einführung dieser neuen Schulart? Welche Herausforderungen stellen sich dabei und welche Chancen kann man nutzen? Auf solche Fragen soll dieser Beitrag einige Antworten geben.
Herausforderungen für Gesellschaft und Wirtschaft
bereiten wollen, was sie im Hinblick auf ihr zukünftiges Leben können, wissen, fühlen sollen, einen hinreichend breiten Raum
Weitblickende Menschen aus Wirtschaft und Politik haben be-
ein? Sind uns die Finanzmärkte nicht etwa wichtiger als die
reits vor 20 Jahren auf die demografische Entwicklung hingewie-
Schulhöfe?
sen, die für Deutschland ein dramatisches Ungleichgewicht zwi-
Seit dem Regierungswechsel und dem damit gestarteten Bil-
schen alten und jungen Menschen bringen wird. Nicht nur, dass
dungsaufbruch wird in Baden-Württemberg heftig über Schule
wir zu wenig junge Menschen haben, die die zahlreichen Auf-
diskutiert. Dass dies grundsätzlich kontrovers geschieht, ist
gaben in Gesellschaft und Wirtschaft in den kommenden Jahr-
positiv zu sehen, denn es weist darauf hin, dass sich ver-
zehnten übernehmen werden, nein, wir erlauben uns auch noch,
schiedene Interessengruppen an der Diskussion beteiligen.
zu viele junge Menschen nicht optimal auszubilden und nicht
Die Gemeinschaftsschule ermöglicht, dass alle Kinder min-
ausreichend in die Gesellschaft zu integrieren. Doch gerade die
destens zehn Jahre lang gemeinsam in die Schule gehen, mit-
Jugend muss ihre Zukunft als im positiven Sinne herausfordernd
einander und voneinander lernen und dadurch ihre Verschie-
erleben, wenn unsere demokratischen Strukturen mit Leben
denheit verstehen und schätzen. Die hierfür erforderliche päda-
gefüllt und der Generationenvertrag innerhalb der Gesellschaft
gogische Entwicklung soll durchaus als Kondensationskeim für
erfüllt werden soll.
das gesamte Schulsystem in Baden-Württemberg verstanden werden. Karl G. Zenke, emeritierter Professor für Schulpädagogik, sieht die zentralen Herausforderungen aller Beteiligten
Gemeinschaftsschule als Kondensationskeim
in der Antwort auf die Frage, wie wir „überzeugend und in breitem Konsens aus den defizitären Bedingungen des geglieder-
Nimmt eigentlich die überaus wichtige gesamtgesellschaftliche
ten Systems und dessen unzeitgemäßer Mentalität herauskom-
Diskussion darüber, wie wir unsere Kinder auf die Zukunft vor-
men“. Denn die Einführung der Gemeinschaftsschule soll ein
5
Gemeinschaftsschule – Zukunft gestalten, Chancen nutzen
tatsächlicher Bildungsaufbruch sein und nicht nur ein „Feigen-
unserer Gesellschaft größer wird; vor allem bei den Jugend-
blatt für eine weitere Stabilisierungsrunde des alten Systems“.
lichen. Diese Vielfalt zu nutzen und kein Potenzial der jungen
1
Leute zu verschenken, ist ein hohes Ziel und stellt alle Beteiligten vor große Herausforderungen. Dennoch oder gerade: In
Gemeinschaftsschule als „gute Schule von unten“
einer Gemeinschaftsschule werden alle Arten von Kindern und Jugendlichen gemeinsam lernen und leben und somit steigt die
Im Koalitionsvertrag der grün-roten Landesregierung steht unter
Chance, die unterschiedlichen Begabungen und Haltungen der
der Überschrift „Bildungsaufbruch an den Schulen“ Folgendes:
Jugendlichen täglich zum Thema zu machen und als Quelle
„Unser Ziel ist ein sozial gerechtes Schulsystem, in dem nicht
von Kreativität, Solidarität und Wertschätzung zu erleben.
die Kinder sich an die Schule anpassen müssen, sondern die Schule an die Kinder angepasst wird. Eine Schule, in der jedes Kind sein persönliches Bildungsziel erreicht, individuell geför-
Veränderte Lern- und Lebenskultur
dert wird und all seine Talente bestmöglich nutzen kann.“ Und wenig später findet sich unter der Überschrift „Vor Ort und ge-
Schülerinnen und Schüler bringen wertvolle Jahre in der Schule
meinsam: Gemeinschaftsschulen ermöglichen“ der Satz: „Gute
zu. Die meisten gehen auch gerne dorthin – allerdings in erster
Schule wächst von unten.“2
Linie, um unter ihresgleichen zu sein und Freunde zu treffen.
Die Gemeinschaftsschule in Baden-Württemberg ist eine Wahlschule. Das heißt, ihre Entstehung gründet auf einem be-
Der eigentliche Schulzweck wird dabei als notwendiges Übel in Kauf genommen.
wussten Entwicklungsprozess. Eine Gemeinschaftsschule ent-
Diese Haltung der Schule gegenüber wird dadurch befördert
steht, wenn sich in einer Schule und in ihrem Umfeld alle betei-
oder möglicherweise sogar hervorgerufen, dass Schülerinnen
ligten Personen – Schulleitung, Lehrkräfte, Beschäftigte an der
und Schüler dort stark fremdbestimmt sind. Die Lehrer und der
Schule, Gemeinderäte, Eltern, Schülerinnen und Schüler – für
Bildungsplan stehen häufig sehr viel stärker im Mittelpunkt des
diese Schule einsetzen, sich für sie stark machen. Welche un-
Geschehens als die Schülerinnen und Schüler und ihr Lernpro-
glaublich positiven Auswirkungen das haben kann, lässt sich
zess. Um diese Situation umzukehren, bedarf es einer ganzen
am besten bei einem Besuch in den Schulen erfahren, die die-
Reihe von tief greifenden Veränderungen, die hier aus Platz-
sen Entwicklungsprozess schon lange begonnen haben und
gründen nicht umfassend besprochen, sondern nur ansatz-
weiter intensiv daran arbeiten. Viele dieser Schulen werden im
weise aufgezählt werden können:
kommenden Schuljahr als Gemeinschaftsschule beginnen.
• Schule als Mittelpunkt der Kommune verstehen (nicht etwa
Die Schulverwaltung hat beim Entstehungs- und Genehmi-
die örtliche Sparkasse oder das Rathaus),
gungsprozess der Gemeinschaftsschulen eine große Verantwor-
• Lernen vom Schüler her denken,
tung, indem sie das, was sie von den Schulen erwartet, auch
• Verantwortung für Lernprozesse teilen (Lehrkräfte) und über-
selbst vorlebt: Demokratieverständnis, Bürgerbeteiligung, Dialogbereitschaft, Ziel- und Leistungsorientierung.
nehmen (Schüler), • klare Schulstrukturen bei größtmöglicher Flexibilität der Abläufe, • Zielvereinbarungen zwischen allen Beteiligten (Schulleitung,
Heterogenität als Chance
Schulträger, Lehrkräfte, Schüler, Eltern etc.): ehrgeizig und realistisch,
6
Jede Fahrt mit der Stuttgarter Straßenbahn oder dem Linien-
• ständige Kontrolle im Sinne der Zielerreichung,
bus in Schwäbisch Hall macht deutlich, dass die Heterogenität
• Beziehungen wichtig nehmen.
1
Zenke, Karl G.: Die Gemeinschaftsschule – Überlegungen zu den Bedingungen ihrer Möglichkeit, in: Lehren & Lernen, 10-2011, S. 14-19
2
www.gruene-bw.de/fileadmin/gruenebw/dateien/Koalitionsvertrag-web.pdf
Jugendbegleiter und Schule im ländlichen Raum
Persönlichkeitsentwicklung in der Schule
Unter anderem wurde nachgewiesen, dass die Teilnahme an Ganztagsangeboten positive Auswirkungen auf das Sozial-
Es ist wahr, dass Industrie und Handwerk oft über junge Leute
verhalten der Jugendlichen sowie das häusliche Familien-
klagen, die aus ihrer Sicht nicht ausbildungsreif sind. Auch die
klima hat. Weiterhin verbessern sich die Schulnoten, wenn
Hochschulen mahnen mangelnde Studierfähigkeit der Abitu-
die Schule ausreichend gute pädagogische Qualität sicher-
rienten an. In vielen Fällen fehlt es an Fertigkeiten beim Le-
stellen kann.
sen, Schreiben und Rechnen, noch viel häufiger jedoch wer-
Die Gemeinschaftsschule in Baden-Württemberg wird für
den Eigenschaften wie Selbstständigkeit, Verantwortungsbe-
die Klassen fünf bis zehn verbindliche Ganztagsschule sein.
wusstsein, Eigeninitiative, Leistungsbereitschaft, Zuverlässig-
Das bedeutet planbare, rhythmisierte Schultage, in denen die
keit u. a. vermisst.
Möglichkeiten der Ganztagsschule optimal genutzt werden
Es muss in der Gemeinschaftsschule zunächst darum ge-
können.
hen, dass alle Jugendlichen die wichtigsten Kulturtechniken beherrschen. Dazu ist es unerlässlich, dass die Schülerinnen und Schüler wissen, was von ihnen verlangt wird. Lehrkräfte müssen klar vermitteln, was man können sollte und müsste und dann den Schülerinnen und Schülern zur Seite stehen, wenn sie ihre eigenen Lern- und Bildungsprozesse planen und durchführen. Individuelles und kooperatives Lernen steht dabei im Mittelpunkt – nicht der wenig aktivierende lehrerzentrierte Unterricht. Im optimalen Fall schlagen wir damit die zweite Fliege mit der gleichen Klappe: Werden Lernprozesse in dieser Weise organisiert und von Schülerinnen und Schülern eigenverantwortlich übernommen, dann ergeben sich die wichtigen oben genannten Schlüsselqualifikationen quasi von selbst. Wer jemals Schulen besucht hat, in denen nach diesen Prinzipien gelernt wird – z. B. viele Schulen, die den Deutschen Schulpreis errungen haben –, wird an dieser Aussage keinen Zweifel hegen.
Kontakt Hannelore Gloger Ministerium für Kultus, Jugend und Sport
Ganztagsschule gibt Zeit zum Lernen
Stabsstelle Gemeinschaftsschule, Schulmodelle, Inklusion
An dieser Stelle soll auf die Studie zur Entwicklung von Ganz-
Schlossplatz 4 (Neues Schloss)
tagsschulen (StEG) Bezug genommen werden, die von 2005
70173 Stuttgart
bis 2009 mehr als 300 Ganztagsschulen untersucht hat. Dabei wurden nicht nur Schulleitungen, Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte mit einbezogen, sondern auch die Auswirkungen auf die Familien und das regionale Umfeld unter-
Telefon: (0711) 279-4126 E-Mail: hannelore.gloger@km.kv.bwl.de Internet: www.gemeinschaftsschule-bw.de
sucht.3
3
www.projekt-steg.de
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Die Landjugend – Jugendarbeit im ländlichen Raum
Kathrin Walter
Die Landjugend – Jugendarbeit im ländlichen Raum Die Landjugend Württemberg-Baden ist ein freier Zusammenschluss von Jugendlichen aus dem landwirtschaftlichen Berufsstand und jungen Erwachsenen aus dem ländlichen Raum zwischen sieben und 35 Jahren. Rund 3.500 Mitglieder verteilen sich auf die Verbands gebiete Nord-Württemberg und Nord-Baden. Die Landjugend Württemberg-Baden ist eine Anlaufstelle für alle, die das Optimale aus ihrem Leben machen wollen, persönlich und beruflich. Mit vertrauten Menschen an vertrauten Orten beisammen sein, Zusammenhalt, jeder einzelne Mensch
und das mit ehrenamtlichem Engagement verbinden, das ist
zählt mit seinem ganz eigenen Profil. Unser Landjugendver-
ein konstruktiver Ansatz.
band bietet den Jugendlichen im „ländlichen Raum“ Möglich keiten Stärken zu erkennen und sie in gemeinsame Aktivitäten
Die Landjugendarbeit ist qualitativ und quantitativ hochwer-
einzubringen, aber ganz ohne Stress. Bei der Landjugend gibt
tig. Das Weiterbildungsangebot orientiert sich an den aktuellen
es kein ökonomisches Messen von Menschen als Human
Bedürfnissen der Landjugendmitglieder und die Agrararbeit ist
kapital.
stärker denn je. Projekte werden entwickelt, organisiert und zum Erfolg geführt.
Die Landjugend pflegt Traditionen in Zeiten des Werteverfalls. Sie lebt Traditionen, nicht aus Nostalgie und Sentimentalität,
Die Landjugend verfolgt den Zweck, die Interessen der Jugend
sondern weil sie weiß, was jeder Einzelne davon hat. Wer sich
lichen zu unterstützen und zu vertreten. Das sind zum Bei-
bei der Landjugend engagiert, macht das freiwillig und unent-
spiel:
geltlich. Das Ehrenamt wächst durch jeden Einzelnen von uns
• berufsständische Interessenvertretung für die Bereiche
und mit uns.
— Landwirtschaft, — Weinbau,
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Die Landjugend ist ein Fels in der Brandung stürmischer Zei-
— Hauswirtschaft,
ten. Hier darf und kann jeder sein, wie er ist, und dabei gleich-
• jugendpolitische Interessenvertretung,
zeitig einen Dienst an der Gemeinschaft verrichten. Nicht zu-
• Interessenvertretung für Jugend im ländlichen Raum,
letzt stehen wir für den „ländlichen Raum“ ein. Hier leben wir!
• Persönlichkeitsbildung,
Der Landwirt ist unser geschätzter Nachbar – unser Mitglied.
• berufliche Weiterbildung,
Die Landjugend ist das Forum für junge Landwirtinnen und
• Demokratieverständnis wecken (gelebte Demokratie),
Landwirte sowie Jungwinzerinnen und Jungwinzer in unserem
• freie und unabhängige Meinungsbildung,
Verbandsgebiet. Aus sich selbst das Optimale herausholen
• sinnvolle Freizeitgestaltung.
Jugendbegleiter und Schule im ländlichen Raum
Das Leitbild der Landjugend Württemberg-Baden
Vermittlung
Kommunikation/Information/ Corporate Identity
Angebotsstruktur
Veranstaltungsformen und -inhalte/ Komm- und Gehstruktur
Mitgliederstruktur
Generationswechsel/Öffnung
Arbeit/Spaß
Balance halten
Existenzfrage
Was rechtfertigt unsere Existenz bzw. die Existenz einzelner Veranstaltungen?
Lebendige Landjugend
Selbstverständnis Wer sind wir? Welchen Zweck verfolgen wir? Was ist das Besondere?
Werte für die Landjugend
Die verschiedenen Foren im agrarischen wie auch nicht-
eine Agrarlehrfahrt in andere Bundesländer statt: Technik, Tiere,
agrarischen Bereich zeigen, wie vielfältig die Landjugend ist.
Ackerbau und jede Menge Spaß und Geselligkeit stehen auf dem Programm. Im Herbst findet die Weinbaulehrfahrt in verschiedene Weinbauregionen statt. Dabei kann man viel über
forum.Junglandwirte und forum.Jungwinzer
Technik, Weingüter und Rebschulen lernen. Jeden November fahren wir auf die EuroTier, bzw. die Agritechnika nach Hanno-
Das forum.Junglandwirte und das forum.Jungwinzer sind Platt-
ver und informieren uns über die neuesten Trends in der Land-
formen für junge Landwirtinnen und Landwirte bzw. für junge
wirtschaft. Im Dezember laden wir ein zum großen Jungland-
Winzerinnen und Winzer, für alle, die beruflich oder privat mit
wirte-Kongress in Denkendorf.
der Landwirtschaft oder dem Weinbau zu tun haben und für alle, die Interesse an der Landwirtschaft und dem Weinbau mitbringen. Bei den Aktivitäten beider Foren kann jede(r) mitmachen – es ist ein freier Zusammenschluss mit je nach Ort wechselnden Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Ganzjährig wird ein interessantes und abwechslungsreiches Programm angeboten. An wechselnden Orten im ganzen Verbandsgebiet werden Fachabende zu aktuellen Themen (Erbschaftssteuer, Biogas, Klimawandel, Zahlungsansprüche, Agrar politik, Milchquote, Weinbaupolitik, Produktionstechnik etc.) und Management- oder Berufsorientierungsseminare sowie Weinbauseminare veranstaltet. Jedes Jahr findet im Frühjahr
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Die Landjugend – Jugendarbeit im ländlichen Raum
• Besichtigung einer Wetterstation, • Haus der Geschichte, • Flughafenführung by night, • Infoabend „Gegen Rechts!“, • Besuch der Staatsgalerie. Das INFO.forum setzt sich aus den Ansprechpartnern im Landesvorstand zusammen. Dieser trifft sich, um die Aktivitäten zu planen, aktuelle Themen und Entwicklungen aufzugreifen und umzusetzen. Die Organisation: Der Kopf des forum.Junglandwirte ist der Agrarausschuss, der
ORGA.team
des forum.Jungwinzer der Weinausschuss. Diese festen Kreise kommen regelmäßig in den Agrar- bzw. Weinausschusssitzun-
Das ORGA.team ist ein Zusammenschluss junger Landjugend-
gen zusammen. Hier werden die Aktivitäten geplant, aktuelle
licher, die pfiffige Ideen sowie Lust am Planen und Organisieren
Themen und Entwicklungen der Landwirtschaft und des Wein-
haben. Bei den Aktivitäten des ORGA.teams kann sich jede(r)
baus miteinander diskutiert, Stellungnahmen entwickelt und
beteiligen.
anschließend als Position des Verbands an die Entscheidungs-
Das ORGA.team hat sich zum Ziel gesetzt, einmal im Jahr
träger in der (Agrar-)politik und an die Öffentlichkeit weiterge-
eine große, verbandsweite Veranstaltung zu planen und um-
leitet. Die Ausschüsse sind auch immer dann gefragt, wenn
zusetzen. 2011 hieß die Aktion „Mischen isch possible“. Für
wichtige Treffen mit Politikern und Politikerinnen oder dem
2012 steht die Jahresaktion unter dem Motto „Landjugend
Bauern- sowie Weinbauverband stattfinden.
g’fällt mir!“.
Die Landwirtinnen und Landwirte, Winzerinnen und Winzer
Die verantwortlichen Ansprechpartner kommen regelmäßig
erhalten praxisnahe und konkrete Hilfestellungen, bekommen
in Sitzungen zusammen. Hier werden Ideen gesponnen, die
Konzepte für ihre Höfe und Betriebe angeboten und werden
Aktivitäten geplant und umgesetzt. Für die Ideenfindung fin-
fachlich weitergebildet. Es sollen aber auch all jene angespro-
det einmal im Jahr das ORGA.team-Wochenende statt.
chen werden, die mit der Landwirtschaft und dem Weinbau bislang wenig Berührungspunkte hatten und es soll ihnen gezeigt werden, wie interessant, vielseitig und breit diese Gebiete sind.
Kontakt Kathrin Walter
INFO.forum
Landjugend Württemberg-Baden im Landesbauernverband in
Das INFO.forum ist eine Plattform für Jugendliche, die interessiert und mit offenen Augen durchs Leben gehen. Ganzjährig finden an wechselnden Orten im ganzen Verbandsgebiet spannende Exkursionen zu verschiedenen Themen statt.
Baden-Württemberg e. V. Bopserstraße 17 70180 Stuttgart Telefon: (0711) 2140-131 od.: -132
Ob Kunst, Kultur, Gesellschaft, Technik oder Wirtschaft – das
Fax:
Programm gestaltet sich abwechslungsreich, so zum Beispiel:
E-Mail: walter@lbv-bw.de
• Trottwar – „INFO.forum goes Sightseeing“,
Internet: www.laju-wueba.de
• Besuch „Dirty Dishes“,
10
(0711) 2140-230
Jugendbegleiter und Schule im ländlichen Raum
Joachim Sautter
Vernetzung aus Sicht eines außerschulischen Partners Der Kreisjugendring Ravensburg e. V. hat sich in den letzten Jahren sehr intensiv mit der Kooperation von Schule und Jugend arbeit, den Herausforderungen des demografischen Wandels für den ländlichen Raum sowie der Entwicklung einer regionalen Bildungslandschaft auseinandergesetzt. Ein bereits 2006 initiierter Fachtag zur Bildungspartnerschaft sollte die zwei völlig unterschiedlichen Systeme Schule und Jugendarbeit miteinander in Dialog bringen und Kooperationsmöglichkeiten/-chancen ausloten. Ein erstes Annähern also von sehr ungleichen Partnern, allerdings mit einem gemeinsamen Auftrag: Beide sollen zu einem gelingenden Aufwachsen in unserer Gesellschaft beitragen. Mit dem Jugendbegleiter-Programm entwickelte sich dann seit 2007 eine kontinuierliche und partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen dem Kreisjugendring und am Programm teilnehmenden Schulen im Landkreis Ravensburg, v.a. im Bereich der Fortbildung von Jugendbegleiterinnen und Jugend begleitern. Profitieren konnten wir dabei von unserer langjährigen Erfahrung in der Bildungsarbeit mit Jugendlichen, dem breiten Themenspektrum aus dem Bereich der Jugendleiter-
KJR Junior-Schulung Isny
Schulungen sowie dem damit verbundenen Repertoire an attraktiven, zielgruppenorientierten Methoden.
Jugendbegleiter-Programm vorgeschlagenen Themenfeldern Schule, Pädagogik und Praxis. Dazu zählen beispielsweise
Potenziale der Jugendarbeit
eine Zukunftswerkstatt „Schule 2020“, Gruppen leiten, Angebote entwickeln, Moderieren und Präsentieren, Öffentlichkeits-
Bislang wurden 14 Jugendbegleiter-Fortbildungen mit unter-
arbeit, Rechtsfragen und Aufsichtspflicht, Umgang mit Konflik-
schiedlichen Zielgruppen und auf die Anforderungen der schu-
ten über Spielideen mit Gruppen, Teamarbeit und -entwicklung
lischen Partner abgestimmten Konzepten durchgeführt. Über
bis hin zu methodischen Fragen der Hausaufgabenbetreuung,
die Beteiligung am KommLern!-Projekt1 der Jugendstiftung
Lernstrategien oder der Gestaltung musisch-kultureller Ange-
Baden-Württemberg wurde dabei die Weiterbildung von Junior-
bote in der Nachmittagsbetreuung.
Jugendbegleitern d.h. Schülerinnen und Schülern der Klassenstufen 8-11 intensiviert.
Im Vordergrund steht dabei nicht die Vermittlung von Expertenwissen, sondern das aktive Mitwirken der Jugendlichen am
Das auf ein Schuljahr angelegte Fortbildungskonzept im
Lernprozess selbst. Sie sind in vielen Fragen die eigentlichen
Umfang von 48 Unterrichtseinheiten orientiert sich an den im
Experten, kennen den Schulalltag, die Bedürfnisse, Wünsche,
1
Im Projekt KommLern! gibt es verschiedene Angebote im Bereich Übergang von der Schule in den Beruf.
11
Vernetzung aus Sicht eines außerschulischen Partners
Motivationslagen ihrer Mitschülerinnen und -schüler, verfügen
men der Wertschätzung und der echten Beteiligung bei der
über vielfältige Kompetenzen in den Bereichen Sport, Medien,
Ausgestaltung der Ganztagsbetreuung wesentliche Erfolgs-
Wissensmanagement, informelle Systeme und können so von-
faktoren sind: „Das aktive Mitwirken und die vielen Vorschläge
einander profitieren. Diese Stärken von peer-to-peer-Ansätzen
und Ideen aus diesem Kreis für unsere weitere Schulentwick-
sind damit wesentlicher Bestandteil des Fortbildungskonzepts
lung sind beeindruckend. Das Zusammenwachsen über die
und ein charakteristisches Merkmal außerschulischer Jugend-
einjährige Weiterbildung und das engagierte Mitwirken des
bildung, das hier zur Wirkung kommt.
Kreisjugendrings zeigen eine tolle Wirkung.“
Auch über die einjährige Weiterbildungsdauer mit jeweils einer Schulungseinheit pro Monat wird eine wichtige Voraus setzung dafür geschaffen, dass die alltäglichen Erfahrungen
Netzwerk schaffen – voneinander profitieren
der Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter, dass schwierige Situationen und Konflikte mit den zu betreuenden Schüle-
Damit tatsächlich beide Seiten – Schule und Jugendarbeit –
rinnen und Schülern oder die Arbeit erschwerende Rahmen-
von einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit profitieren kön-
bedingungen u.a. in den Ausbildungsprozess mit einfließen
nen, sind allerdings weitere Entwicklungsschritte notwendig. Die
können.
erfolgreiche Zusammenarbeit im Bereich der Jugendbegleiter-
So werden die Entwicklung von Lösungsstrategien, Hand-
Fortbildung darf nämlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass es
lungsansätzen und der persönliche Zuwachs an Wissen, Fähig-
sich dabei in erster Linie um eine Dienstleistung für die Schule
keiten und Kompetenzen gemeinsam erlebt und die eigene Rolle
zur Absicherung und qualitativen Weiterentwicklung des Ganz
als Jugendbegleiter gestärkt. Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist dabei
tagsangebots handelt.
die Bereitschaft der Schulleitung bzw. der für die Junior-Jugend-
Zu Recht muss sich in solchen Zusammenhängen die Ju-
begleiter zuständigen Lehrkräfte, sich in diesen Erfahrungsaus-
gendarbeit die Frage stellen, inwieweit ein breiteres Engage-
tausch einbinden zu lassen.
ment im Bereich der Schulentwicklung tatsächlich zu ihren Kernaufgaben gehört bzw. diese dann vernachlässigt.
Dass davon beide Seiten profitieren können, betont Jochen Müller, Schulleiter des Gymnasiums Isny, für den vielseitige For-
Mitmachen Ehrensache Mit 17 teilnehmenden Schulen und 824 Jugendlichen wurden in 575 Betrieben knapp 22.000 Euro für soziale Projekte erwirtschaftet.
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Damit beide Partner oder weitere Akteure im Rahmen der zu entwickelnden Bildungsnetzwerke oder regionalen Bildungs-
Jugendbegleiter und Schule im ländlichen Raum
landschaften gleichermaßen voneinander profitieren, braucht
Partner für dieses Projekt gefunden werden, wie die IHK Boden-
es gemeinsam formulierte Ziele, Konzepte und Angebotsfor-
see-Oberschwaben, die Kreissparkasse, das Staatliche Schul-
men, die über das jeweils eigene System hinausgehen.
amt, der Verkehrsverbund Oberschwaben, das Jugendinformationszentrum „aha“ oder das Landratsamt Ravensburg. „Mit-
Erste Schritte und Tests in diese Richtung waren für uns als
machen Ehrensache“ konnte sich so als vernetztes Bildungs-
Kreisjugendring die Initiierung und Umsetzung gemeinsamer
projekt etablieren, über das tatsächlich die beteiligten Partner
Projekte wie „Mitmachen Ehrensache“, „Zivilcouragepreis“
voneinander profitieren.
oder das Nachwuchsfilmfestival „abgedreht“. Das sind Projektbeispiele, bei denen sich die Prinzipien und Arbeitsformen bei-
Mit dem Projekt „Zivilcouragepreis“ soll Vergleichbares auf den
der Bildungssysteme ergänzen, aufeinander aufbauen und die
Weg gebracht werden. Auf Initiative des Jugendhauses Leutkirch
vorhandenen Ressourcen und Stärken optimal ergänzen.
und des dortigen jugendlichen Aktivenrats wurde erstmals 2008
Bei dem landesweit bekannten Jugendbildungsprojekt „Mit-
ein Preis für Jugendliche ausgeschrieben, die auf besondere
machen Ehrensache – jobben für einen guten Zweck“ konnte
Weise Zivilcourage gezeigt haben. 2012 findet die Verleihung in
der Kreisjugendring als Aktionsbüro bereits im zweiten Jahr
Isny statt. Beworben wird dieser Preis und das Thema Zivilcou-
2011 einen tollen Erfolg verbuchen: Mit 17 teilnehmenden
rage u.a. über die Kooperation mit Schulen und Jugendlichen,
Schulen und 824 Jugendlichen wurden in 575 Betrieben knapp
die wie bei „Mitmachen Ehrensache“ als Botschafter für Zivil
22.000 Euro für soziale Projekte erwirtschaftet. Erfolgsfaktoren
courage in den Klassen, aber auch in Einrichtungen der Jugend-
dafür waren natürlich die über die Jugendbegleiter-Fortbildung
arbeit und bei öffentlichen Veranstaltungen unterwegs sind.
entstandenen Kontakte zu den Schulen und den Junior-Jugend-
Ein weiteres Beispiel für vernetzte Angebotsformen einer sich
begleitern. Diese waren für uns direkte Ansprechpartner bei der
langsam entwickelnden Bildungslandschaft bietet das Nach-
Suche nach Botschafterinnen und Botschaftern für „Mitmachen
wuchsfilmfestival „abgedreht“. Auch bei diesem Projekt haben
Ehrensache“ und der Bewerbung dieser Aktion an den beteilig-
sich eine Vielzahl unterschiedlicher Partner wie der Kultur
ten Schulen, in der Öffentlichkeit.
verein muse e. V., die Hochschule Ravensburg-Weingarten,
Ergänzend dazu konnten über die „Regionale Bildungslandschaft Ravensburg“ relativ schnell und unkompliziert weitere
die Duale Hochschule Ravensburg, die Filmakademie BadenWürttemberg, die Stadt Weingarten und der Kreisjugendring
Zivilcouragepreis Mit dem Projekt Zivilcouragepreis wurde 2008 erstmals ein Preis für Jugendliche ausgeschrieben, die auf besondere Weise Zivilcourage gezeigt haben.
13
Vernetzung aus Sicht eines außerschulischen Partners
Kontakt
Joachim Sautter Kreisjugendring Ravensburg e. V. Kuppelnaustraße 36 88212 Ravensburg Telefon: (0751) 210-81 Fax:
(0751) 210-13
E-Mail: j.sautter@kjrrv.de Internet: www.jukinet.de
KJR Abschlußfoto Welfen-Gymnasium
zusammengetan, um jugendliche Cliquen, Gruppen und Initia-
Mit diesen ersten, vielleicht richtungsweisenden Ansätzen aus
tiven zu ermuntern, Filmbeiträge zu einem jährlich wechselnden
dem Blickwinkel der Jugendarbeit hat der Kreisjugendring
Thema einzureichen. Das Motto 2012 lautet „Das Geheimnis“.
Ravensburg e. V. versucht, eine Balance zwischen den unter-
Die Beiträge werden in verschiedenen Kategorien erfasst und
schiedlichen Interessen von schulischen und außerschulischen
der Preisträger ermittelt. Dazu zählt inzwischen auch ein soge-
Partnern herzustellen und der Gefahr entgegenzuwirken, dass
nannter Schulpreis, über den sich Schülerinnen und Schüler an
die Schule die Kooperation mit der Jugendarbeit nur dann sucht,
diesem außerschulischen Wettbewerb beteiligen können.
wenn es um schulergänzende Dienstleistungen geht.
Nachwuchsfilmfestival abgedreht Dieses Projekt soll jugendliche Cliquen, Gruppen und Initiativen ermuntern, Filmbeiträge zu einem jährlich wechselnden Thema einzureichen.
14
Jugendbegleiter und Schule im ländlichen Raum
Prof. Dr. Claudia Neu
Demografischer Wandel, Infrastrukturabbau und Engagement im ländlichen Raum – Ein Blick in andere Bundesländer SUPERIOR, Nebraska/USA — When death comes to a small town, the school is usually the last thing to go. A place can lose its bank, its tavern, its grocery store, its shoeshop. But when the school closes, you might as well put a fork in it. TIMOTHY EGAN, Amid Dying Towns of Rural Plains, One Makes a Stand, New York Times, December 1, 2003 Die Auswirkungen des demografischen Wandels treffen die
Aber: Ohne Aussicht auf wohnortnahe Schule und Ausbildung,
einzelnen Teilräume Deutschlands in sehr unterschiedlichem
ohne Hoffnung auf berufliche Perspektive oder Freizeitange-
Ausmaß. Metropolregionen wie Berlin, München oder Ham-
bote werden entlegene ländliche Räume weiterhin für Familien
burg werden auch in Zukunft Menschen anziehen, viele andere
mit Kindern und Jugendliche unattraktiv bleiben. Der Fortzug
Regionen werden hingegen weiterhin Einwohner verlieren. Vor
der (Hoch-)Qualifizierten und jungen Frauen ist bisher in vie-
allem entlegene ländliche Räume – nicht allein in Ostdeutsch-
len ländlichen Regionen Deutschlands ungebremst und der
land – und (Land-)Kleinstädte sehen sich seit einigen Jahren
Arbeitskräftemangel ist längst Gewissheit. Für die Zukunft wird
mit den unmittelbaren Folgen von Geburtenrückgang, Alterung
es von entscheidender Bedeutung sein, ob die Aufrechterhal-
und Wanderungsverlusten konfrontiert. Turnhallen bleiben un-
tung einer flächendeckenden und reibungslos funktionierenden
genutzt, der Busverkehr ist praktisch auf den Schülerverkehr
Infrastruktur in (peripheren) ländlichen Räumen gelingt und die
reduziert und die Schließung der nächstgelegenen Landarzt-
Lebensqualität dort erhalten werden kann.
praxis steht ohnehin kurz bevor. In schrumpfenden Gemeinden und Städten ist eine flächendeckende und bezahlbare Daseinsvorsorge daher längst nicht mehr selbstverständlich. Deutliche
Rückbau der Infrastruktur – und dann?
Verschlechterungen der Lebensqualität ebenso wie eingeschränkte Zugangschancen zu Gesundheit und Bildung lassen
Rückbau, Umbau und Schließung bestimmen vielerorts den
sich bereits heute in einigen ländlichen Regionen konstatieren.
Umgang mit Schrumpfung und Finanznot. So folgt die Anpas-
Hilflosigkeit angesichts einer schrumpfenden und alternden
sung an den demografischen Wandel der immer gleichen Lo-
Bevölkerung bestimmt den Diskurs, an Mut und innovativen
gik: Weniger Menschen brauchen weniger Infrastruktur! Diese
Ideen fehlt es zumeist, so bleibt es vielenorts doch bei bitteren
Demografisierung der Argumentation lässt das politische Han-
Schließungswellen öffentlicher Infrastruktur – begleitet vom
deln als zwangsläufig richtig erscheinen, offenbart aber zugleich,
Ruf nach dem aktiven Bürger, der es nun richten soll.
dass die infrastrukturellen Um- und Rückbaumaßnahmen nach
15
Demografischer Wandel, Infrastrukturabbau und Engagement im ländlichen Raum – Ein Blick in andere Bundesländer
wie vor fest an den Vorstellungen industriegesellschaftlicher
fer oder Gemeinden bedienten. Schulschließungen auf dem
Produktion und wirtschaftlichem Wachstum orientiert sind.
Land gehen zu Lasten der Kleinsten, denn sie bedeuten vor al-
Noch immer wird Infrastruktur fast ausnahmslos als techni-
lem längere Fahrzeiten – in Mecklenburg-Vorpommern gelten
sche Infrastruktur verstanden, Investitionen erfolgen weiter-
40 Minuten pro Strecke für Grundschüler als zumutbar (Schul-
hin vor allem in bauliche Strukturen, wie auch das Konjunktur-
entwicklungsplanungsverordnung – SEPVO M-V 2005). Doch
paket der Bundesregierung zeigte. „Weiche“ Infrastrukturen
Infrastrukturabbau zeitigt Folgen über die unmittelbare Schule
wie Bildung oder Kultur fallen zuerst den Sparmaßnahmen zum
hinaus: Öffentliche Mobilität bedeutet in vielen ländlichen Räu-
Opfer. Viele Kommunen sehen auch nur hier Einsparpotenzial,
men Schülerverkehr. In den Ferien kommt die öffentliche Mobili-
denn einmal gebaute Straßen und überdimensionierte Kanal
tät zum Erliegen. Dies beschränkt zugleich die Möglichkeiten äl-
systeme müssen unterhalten werden. Letztlich führen diese
terer Bürgerinnen und Bürger, beispielsweise einen Arzt zu errei-
Sparmaßnahmen aber lediglich zu einem „noch Weniger“ –
chen – und dies umso mehr, als sich mit der in Schrumpfungs-
weniger Volkshochschule, weniger öffentlicher Personennah-
gebieten zurückgehenden ärztlichen Niederlassungsdichte die
verkehr, weniger Spielplätze. Dieses den technischen Infra-
Wege zur medizinischen Versorgung verlängern.
strukturen zumeist innewohnende Beharrungsvermögen, das sich in Leitungen, Fördermaßnahmen und Mentalitäten manifestiert, scheint jedoch zu verhindern, dass darüber nachge-
Schulen – Kristallisationspunkte im ländlichen Raum
dacht wird, was Infrastrukturen eigentlich leisten sollen, was ihre gesellschaftlichen Funktionen sind (Barlösius/Keim/Meran/
Diese Schulpolitik vernachlässigt darüber hinaus, dass Schu-
Moss/Neu 2011) und wo alternative Nutzungskonzepte liegen
len stets mehr sind als Orte der Wissensvermittlung. Vor allem
könnten. Geht es um den Erhalt der Bauwerke, der Mindest-
in entlegenen ländlichen Räumen ohne breit ausgebaute kultu-
klassengröße oder die Buskonzessionen? Oder geht es um
relle Infrastruktur sind Schulen Kristallisationspunkte des länd-
Versorgung, Teilhabe und Mobilität der Bevölkerung?
lichen Lebens. Hier engagieren sich Eltern und treffen sich Generationen bei festlichen Anlässen wie Erntedank oder Weihnachtsfeiern. Soziale und kulturelle Infrastruktur sind wesent-
Weniger Kinder – weniger Schule(n)?!
liche Faktoren für Lebensqualität im ländlichen Raum und sichern nicht zuletzt die Zukunftsfähigkeit dieser Gemeinden.
Ein extremes Beispiel: Allein in Mecklenburg-Vorpommern
Auf diese Beobachtung stießen wir, Studentinnen und Stu-
sank die Zahl der Grundschulen in annähernd zwanzig Jahren
denten, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Uni-
von 325 (Schuljahr 1992/93) auf 251 (inkl. 36 privater Grund-
versität Rostock und der Hochschule Neubrandenburg, als
schulen, Schuljahr 2011/12), im gleichen Zeitraum halbierte
wir in den Jahren 2005 und 2006 fünf „aktive und soziale Dör-
sich die Zahl der Gymnasien nahezu (Schuljahr 1992/93: 98,
fer“ und Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern untersuch-
Schuljahr 2011/12: 54) (Ministerium für Bildung, Wissenschaft
ten, die sich dem scheinbar unaufhaltsamen Trend von Ent-
und Kultur Mecklenburg-Vorpommern: Schulstatistik 2012).
leerung, Schrumpfung und Apathie widersetzen (Laschewski,
Im Jahr 2005 wurde zudem die Mindestklassenstärke von 14
Neu, Fock 2006).1
auf 20 Kinder je Grundschulklasse heraufgesetzt, was vielen
Konzentrierten sich in den vergangenen Jahren viele Ge-
kleinen Grundschulen zusätzlich den Garaus machte. Und alle
meinden allein auf die Ausweisung von billigem Bauland und
wissen, dass die Grundschulen in den entlegenen Regionen
Gewerbeflächen, so setzten die untersuchten Dörfer mehr oder
bereits vor der Heraufsetzung der Mindestklassenstärke sel-
weniger bewusst auf den Erhalt und Ausbau einer intakten so-
ten allein für ein Dorf zuständig waren, sondern mehrere Dör-
zialen und kulturellen Infrastruktur. Eine Vielzahl von Vereinen
1
An dem Projekt haben zwei Zuwanderungsdörfer im Stadtumland, Bröbberow (520 Einwohner) und Woggersin (530 Einwohnern), zwei Dörfer in Randlage, Divitz-Spoldershagen (490 Einwohner) und Balow (355 Einwohner), sowie das „Gewerbedorf“ Spornitz (1.051 Einwohner) teilgenommen. Die Studie basierte auf im Jahr 2005/6 durchgeführten Interviews mit Bewohnern sowie auf Gruppengesprächen mit zentralen Akteurinnen und Akteuren.
16
Jugendbegleiter und Schule im ländlichen Raum
Abb. 1 Teilnehmende Dörfer Quelle: Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern
bietet den Bewohnern Möglichkeiten, sich aktiv gesellschaft-
Kindergärten und Schulen, die weit über die reinen Lerninhalte
lich zu beteiligen, mit anderen Menschen zusammenzukom-
hinausgehen und bei Festen die Generationen verbinden.
men oder einfach nur Spaß zu haben. Die Vereinstätigkeiten
Die Erfolge der „aktiven und sozialen Dörfer“ lassen sich
reichen von den klassischen ländlichen Institutionen wie Frei-
nicht an ökonomischen Größen oder reizvoller Landschaft
willige Feuerwehr und Sportverein über Volkstheater bis hin zu
festmachen. Ihnen ist es aber gelungen, sich durch den Erhalt
Interessenvertretungen. Betrachten wir die nicht in unmittelbarer
sozialer und kultureller Infrastruktur sowie ihre aktive Gemein-
Nähe zu größeren Städten wie Rostock oder Neubrandenburg
schaft als lebenswerte Gemeinden zu präsentieren. Einerseits
gelegenen Dörfer Balow, Spornitz oder Spoldershagen, so fällt
fühlen sich davon junge Familien angezogen, andererseits ist
auf, dass dort die Themen Kindergarten und Schule sehr prä-
die hohe Lebensqualität Grund genug für viele Pendler, am Ort
sent sind. In Spoldershagen fehlen Kindergarten und Schule.
wohnen zu bleiben.
Sowohl Spornitz als auch das wesentlich kleinere Balow verfügen über eine Kindertagesstätte und eine Grundschule, Spornitz auch über eine Realschule in freier Trägerschaft. Für den
Orte des sozialen Lernens
Erhalt der Schulstandorte haben sich die Bürger der beiden Gemeinden sehr aktiv eingesetzt. In den Einzel- und Gruppen-
In Zukunft wird es aber gerade auf diese Orte der Begegnung
gesprächen wurde sehr deutlich, dass in den Gemeinden Spor-
und des sozialen Lernens ankommen. Die Schule wird allein
nitz und Balow Schule und Kindergarten als zentrale Orte im
aufgrund des demografischen Wandels eher mehr als weniger
öffentlichen Leben wahrgenommen werden, für die sich ein
Bedeutung im ländlichen Raum erlangen müssen, denn
Engagement lohnt. Zudem führen die Bewohner von Spornitz
1. weniger Gleichaltrige bedeuten auch weniger soziale Lern-
und Balow ihre erfolgreiche Ansiedlungspolitik neben günstigen Grundstückspreisen auf den Bestand von Kindertagesstät-
gelegenheiten mit Peers; 2. der Rückbau der Infrastruktur heißt für Kinder und Jugend
ten und Schulen zurück, denn Kindergarten und Schule wer-
liche:
den in Zeiten demografischen Wandels zu Standortfaktoren
a. schwindende Freizeitmöglichkeiten,
im Kampf um Zu- und Abwanderung. Den Bürgerinnen und Bür-
b. hoher Mobilitätsaufwand zur Schule und den Freizeit
gern der „aktiven und sozialen Dörfer“ ist bewusst, dass Kinder soziales Engagement fördern und Aktivitäten in der Gemeinde entstehen lassen. So spannen sich vielfältige Aktivitäten um
angeboten, c. enormer Anpassungsdruck mangels jugendkultureller Gelegenheitsstrukturen,
17
Demografischer Wandel, Infrastrukturabbau und Engagement im ländlichen Raum – Ein Blick in andere Bundesländer
d. hoch geschlechtsspezifisch segregierte ländliche Freizeit,
wird aber von den qualifizierten jungen Menschen abhängen,
die mit wenig Gelegenheiten für Mädchen einhergeht
die bereit sind, dort zu leben und sich zu engagieren. Aus eige-
(FFW, Fußball, Tankstellen);
nen Untersuchungen (Neu et al. 2007, 2009) sowie den Unter-
3. eine Kultur des Weggehens kann sich bei den Jugendlichen
suchungen des Freiwilligensurveys (BMFSFJ 2010) wissen wir,
festsetzen, da sie keine Chancen für ihre Zukunft mehr (in der
dass bürgerschaftliches Engagement vor allem von Erwerbs-
Region) sehen;
tätigen mittleren Alters und mit guter Schulbildung sowie Ju-
4. selektive Wanderungsbewegungen (Frauen, Hochqualifizierte)
gendlichen und Familien mit Kindern getragen wird. Sind aber
bewirken eine veränderte sozialstrukturelle Zusammenset-
nun gerade diese Gruppen ausgedünnt – d. h. wenige Familien
zung der Schülerinnen und Schüler (Schubarth 2007, S. 62;
mit Kindern, viele ältere Menschen, geringes Bildungsniveau –
Opitz-Karig 2004, S. 38f.).
so vermindern sich die Chancen auf breite Mitwirkung deutlich. An peripheren Regionen Ostdeutschlands lässt sich wunder-
Diesen Veränderungen müssen die Schulen in entlegenen Re-
bar zeigen, wie das Verschwinden der öffentlichen Infrastruktur,
gionen mit einer verstärkten Bildungs- und Erziehungsleistung
leere Kassen und demografischer Wandel Hand in Hand ge-
Rechnung tragen, denn Bildungsplanung ist Zukunftsplanung
hen. Es fehlt nicht nur an Nachwuchs für die Fußball-Bambini-
und weit mehr als Schulschließungsplanung. Vielmehr muss es
Mannschaft, sondern auch an Mitteln für das Sportfest und an
darum gehen, wie Bildungseinrichtungen erhalten und quali-
Jugendtrainern. Öffentliche Beteiligung ist aber zumeist an be-
tativ ausgebaut werden können, damit sie auch weiterhin ihre
stimmte Räume, Orte oder Plätze gebunden – an soziale Orte
Funktion für die Daseinsvorsorge wahrnehmen können und als
wie Schulen (mit ihren Turnhallen und Aulen), Gemeindehäu-
Kristallisationspunkte ländlichen Lebens erhalten bleiben. Soll
ser oder Gastwirtschaften. Fehlt es neben diesen sozialen Orten
ernsthaft den beschriebenen Entwicklungen begegnet werden,
auch an engagierten Menschen, so stehen die Chancen für eine
so weisen die Signale deutlich in Richtung der „Schule als
aktive Bürgerschaft nicht allzu gut. Lebensqualität wird somit zu
multifunktionalem Ort“, an dem die Kinder mehr Zeit mit ande-
einem entscheidenden Standortfaktor in Regionen ohne nen-
ren Kindern und Jugendlichen verbringen und Freizeit- und Bil-
nenswerte Beschäftigungsangebote (Beetz, Neu 2006).
dungsangebote wahrgenommen werden können (durch Ko-
Welche Auswirkungen die Reduzierung der sozialen und kul-
operationen mit Kommunen und Gemeinden). Die Schule kann
turellen Infrastruktur auf die soziale und territoriale Ungleichheit
so auch wieder Raum bieten für ein Engagement aller Bewoh-
(Neu 2006) in Deutschland haben wird, ist bisher noch nicht ab-
ner und generationenübergreifenden Kontakt entstehen lassen
schließend zu beurteilen. Aber schon heute geht es für die Kin-
(Neu 2009; Schubarth 2007, S. 66).
der und Jugendlichen in entlegenen ländlichen Räumen um den Erhalt ihrer Zugangs- und Teilhabechancen am gesellschaftlichen Leben. Dass in entlegenen ländlichen Räumen nicht zwi-
Weniger Schulen – mehr Ungleichheit?
schen verschiedenen Grundschulen – privat oder staatlich – gewählt werden kann, mag ein sozialer Unterschied sein, der
18
Lange Schulwege sowie der Wegfall der sozialen und kultu-
misslich ist, aber noch nicht unweigerlich zu sozialer Benach-
rellen (Freizeit-)Infrastruktur kennzeichnen vielfach den Alltag
teiligung führt. Wird dagegen das Schulnetz so weit ausgedünnt,
von Kindern und Jugendlichem in (peripheren) ländlichen Räu-
dass Schulen nur mit hohem Zeitaufwand erreichbar sind und
men. Eine Verbesserung ihrer Situation ist unter den aktuellen
Freizeit- und Bildungsangebote nicht mehr wahrgenommen
Bedingungen (Sparzwang, Konzentrationsbestrebungen) nicht
werden können, dann wandelt sich ein Unterschied in Benach-
zu erwarten. Vielmehr ist bereits heute eine Konkurrenz zwi-
teiligung und wird Ursache für soziale Ungleichheit (Barlösius/
schen den Generationen um zukünftige Infrastrukturinvestitio-
Neu 2007).
nen zu erkennen. Wird doch die wachsende Zahl der Senioren
Wir müssen uns entscheiden, ob wir Regionen dulden wol-
und vor allem der Hochbetagten demnächst mehr Pflege und
len, in denen sich ein Mangel an erstrebenswerten Gütern und
Betreuung bedürfen – wie viel Geld wird dann noch für Kinder
Dienstleistungen wie Bildung und Gesundheit mit der Anwesen-
übrig sein? Die Zukunftsfähigkeit dieser entlegenen Regionen
heit von Kindern paart, die zu eben diesen Gütern keinen oder
Jugendbegleiter und Schule im ländlichen Raum
kaum Zugang haben. Oder ob wir die Chance nutzen, flexible
Literatur:
Schulformen zuzulassen und über neue Mitwirkungsmodelle
Barlösius, Eva; Keim, Karl-Dieter; Meran, Georg; Moss, Timothy; Neu,
und Qualitätsstandards in der Bildung nachzudenken.
Claudia (2011): Infrastrukturen neu denken: gesellschaftliche Funktionen und Weiterentwicklungen, in: Hüttl, Reinhard et al. (Hrsg.): Globaler Wandel und regionale Entwicklungen, Berlin u. a., S. 147-173.
Gemeinsam eine Idee von Zukunft entwickeln
Barlösius, Eva; Neu, Claudia: Gleichwertigkeit – Ade? Die Demographisierung und Peripherisierung entlegener ländlicher Räume, in: Prokla,
Meines Erachtens stehen die Chancen gut, jetzt nicht in erfolg-
36. Jg., H. 1, 2007, S. 77-92.
losen Schrumpfungs- und Anpassungsversuchen stecken zu
Beetz, Stephan; Neu, Claudia: From Business Development to Quality of
bleiben, sondern innovative Lösungen zu suchen und ein neues
Life – Innovation in Rural Northeast Germany, in: Outlook on Agriculture,
Miteinander zwischen Staat, Markt und Bürgern zu wagen (Neu
Vol. 35, Heft 2, London 2006, S. 137-142.
2009). Das Fenster der Möglichkeiten öffnet sich zurzeit einen
BMFSFJ: Hauptbericht des Freiwilligensurveys 2009 – Zivilgesellschaft,
Spalt breit, um neue Organisationsmodelle zu erproben. Un-
soziales Kapital und freiwilliges Engagement in Deutschland 1999–
zweifelhaft bleibt, dass Bürger sich nicht als Ausfallbürge für
2004–2009, Berlin 2010.
weggefallene staatliche Leistungen missbrauchen lassen wol-
Laschewski, Lutz; Neu, Claudia; Fock, Theodor: Das aktive und soziale
len. Soll mehr bürgerliche Mitwirkung ernstlich angestrebt wer-
Dorf, hrsg. vom Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucher
den, so braucht sie (rechtliche) Handlungsspielräume, echte Ent-
Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin 2006.
scheidungskompetenzen und (finanzielle) Anreize. Professionelle
Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vor-
Unterstützung, passgenaue Angebote und kreative Zusammen-
pommern: Schulstatistik – Entwicklung der Anzahl der allgemein bil-
arbeit mit Behörden und Verwaltung tun ebenfalls Not. Zugleich muss mitgedacht werden, dass Engagement heute eher projekt orientiert als institutionalisiert ist. Partizipation braucht Handlungsspielräume, Risikobereitschaft und (Selbst-)Verantwortlichkeiten. Bürgerliche Mitwirkung ist ein ergebnisoffener Prozess, der im besten Fall zu einer Idee von Zukunft, zu einer gemeinsame Verständigung darüber, „was wir wollen“, gelangt.
denden Schulen in Mecklenburg-Vorpommern nach der Organisationsstruktur, Schwerin 2012. Neu, Claudia: Der Abbau von sozialer und kultureller Infrastruktur und die Folgen für Kinder und Jugendliche, in: Schubarth, Winfried; Speck, Karsten (Hrsg.): Regionale Abwanderung Jugendlicher: Theoretische Analysen, empirische Befunde und politische Gegenstrategien, Weinheim/München 2009, S. 193-205. Neu, Claudia (Hrsg.): Daseinsvorsorge – eine gesellschaftswissenschaftliche Annäherung. Wiesbaden 2009. Neu, Claudia et al.: Daseinsvorsorge in peripheren ländlichen Räumen – am Beispiel der Gemeinde Galenbeck, hrsg. vom Ministerium für Land-
Kontakt
wirtschaft, Umwelt und Verbraucher Mecklenburg-Vorpommern, Schwe-
Prof. Dr. Claudia Neu
Neu, Claudia: Territoriale Ungleichheit, in: APuZ; 37/2006, 11. Septem-
Professorin für Allgemeine Soziologie
ber 2006, S. 8-15.
Hochschule Niederrhein
Opitz-Karig, Ute: Jung sein auf dem Lande, in: Laschewski, Lutz; Neu,
rin 2007.
Postadresse: Rheydter Straße 277 41065 Mönchengladbach
Claudia (Hrsg.): Sozialer Wandel in ländlichen Räumen, Aachen 2004, S. 33-46. Schubarth, Wilfried: Bildung im ländlichen Raum: Probleme und Per-
Telefon: (02161) 186-5384 od.: -5359
spektiven des demographischen Wandels, in: Beetz, Stephan (Hrsg.):
E-Mail: claudia.neu@hs-niederrhein.de
Die Zukunft der Infrastrukturen im ländlichen Raum, Materialien der IAG
Internet: www.hs-niederrhein.de/fb05/
personen/claudia-neu/
LandInnovation an der BBWA, Nr. 14, Berlin 2007, S. 61-67. Verordnung über die Schulentwicklungsplanung in Mecklenburg-Vorpommern (Schulentwicklungsplanungsverordnung – SEPVO M-V) vom 4. Oktober 2005.
19
Praxisbeispiele
Klaus Flockerzie
ihren Schülerinnen und Schülern
Zusammenarbeit mit der
nur mit Hilfe eines umfassenden
Gemeinde
die enge Zusammenarbeit mit der
Finanzierungskonzepts und durch
Praxis beispiel
Kommune und ortsansässigen Vereinen bieten.
Seit Schuljahresbeginn 2007/2008 ist die
Nach einem Gemeinderatsbeschluss ist die Teilnahme an
Grund- und Hauptschule mit Werkrealschule
der offenen Ganztagsschule in Frommern grundsätzlich un-
(GWRS) Frommern eine im Rahmen des
entgeltlich. Die Finanzierung (Personal- und Sachkosten) er-
Ganztagsprogramms des Landes Baden-Württem-
folgt intern über das Vier-Töpfe-Modell:
berg anerkannte „Schule in offener Angebotsform“.
• Landesmittel
Kollegium und Schulleitung haben gemeinsam mit
Jugendbegleiter-Programm
dem Schulträger die vom Land Baden-Württemberg
Lehrbeauftragten-Modell
geforderten Standards nicht nur pädagogisch sinn-
Kooperation Schule – Sportverein
voll umgesetzt, sondern in vielen Bereichen bereits
• Verbände
übertroffen. Dazu gehören die Rhythmisierung des
Kooperation Schule – Sportverein
Schultags mit offenem Beginn, die Förder- und Be-
• Schulträger Stadt Balingen
wegungsschiene, die Mittagsfreizeit sowie die AG-
nach Gemeinderatsbeschluss 5.000 Euro jährlich
Angebote durch Lehrerinnen und Lehrer und außer-
• Förderverein der GWRS Frommern
schulische Experten. Besonders hervorzuheben ist die hervorragende PersonalausFür die gut 500 Schülerinnen und Schüler der GWRS Frommern
stattung der Schule durch den Schulträger. Die Motivation und
gibt es aktuell 36 verschiedene Angebote im Rahmen der Ganz-
das Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind unge-
tagsschule, wovon 23 durch Jugendbegleiterinnen und Jugend-
mein groß und die beiden Arbeitskräfte im Rahmen des Freiwilli-
begleiter betreut werden. Dieses reiche Angebot kann die Schule
gen Sozialen Jahres (FSJ) entlasten den Schulalltag zusätzlich.
Steckbrief Grund- und Werkrealschule Frommern Schulzentrum Buhren • Grund- und Werkrealschule • Offene Ganztagsschule • Schule mit sport- und bewegungsfreundlichem Profil • Rhythmisierung der Unterrichtszeit • 504 Schülerinnen und Schüler • 24 Klassen • 48 Lehrkräfte • 10 städtische Mitarbeiter seit 2006 Jugendbegleiter-Schule
20
Jugendbegleiter und Schule im ländlichen Raum
Um ein Kind zu erziehen, so sagt ein afrikanisches Sprichwort, braucht man ein ganzes Dorf. Für umfassende Ganz-
Kontakt
tagsbildung in einer kommunalen Bildungslandschaft be-
Grund- und Werkrealschule Frommern
nötigt man unendlich viele Unterstützer.
Schulzentrum Buhren
Die offene Ganztagsschule im Schulzentrum Buhren hat sich mittlerweile etabliert und besitzt ein sehr gutes konzeptionelles
Schulleiter: Klaus Flockerzie Stellvertretende Schulleiterin: Ilona Schneider
und organisatorisches Gerüst. Das Zusammenwirken vieler ver-
Beethovenstraße 16
schiedener Personen hat dies ermöglicht: Die Elternschaft un-
72336 Balingen
terstützt mit Lob und Kritik, die kommunalen Gremien haben weitreichende und zukunftsorientierten Beschlüsse gefasst, die Kolleginnen und Kollegen zeigen hohes Engagement, die Stadt- und Ortschaftsverwaltung bietet ständige Unterstützung und die Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter ermöglichen
Telefon: (07433) 9957-0 Fax:
(07433) 9957-25
E-Mail: info@ghwrs-frommern.de Internet: www.ghwrs-frommern.de
zusammen mit Vereinen eine große Vielfalt.
Ganztagsplan im Schulzentrum Buhren in Frommern Grundschule Uhrzeit
Di
Mo
Mi
Fr
Unterricht
bis 12:05 Uhr
Mittagessen
ab 12:05 Uhr
Betreuung
nach dem Unterricht bis 15:30 13:00 bis 13:55 Uhr
Do
(auch HA-Betreuung) im Raum „Verlässliche Grundschule“
Betreuung bis 14:00 Uhr
Mediothek Offene Angebote: Sport und Bewegung Klettern (GymH) Balbach/Pfeffer
Fußball (SpH) Ladenberger
Klettern (GymH) Balbach
Entspannung (GymH) Perschke
WettkampfTennis* schwimmen* (SpH) (LSB) Markwort Claus
Offene Angebote: Spielen und Vorlesen Vorlesen Bücher-Oase Weber
Vorlesen bzw. Spiele im Freien Weber
Spiele Bücher-Oase Bahramyan
* Anmeldung erforderlich (siehe Nachmittagsangebote)
Sekundarstufe Uhrzeit
Mo
Di
Mi
bis 12:05/ 12:50 Uhr ab 12:05/ 12:50 Uhr
Do
Fr
Unterricht Mittagessen Mittagsfreizeit
bis 13:55 Uhr
Spielangebote in der Aula Jugendraum Jugendraum Kl. 7 bis 10 Kl. 7 bis 10 Didra Didra bis 15:30 Uhr 13:00 bis 13:55 Uhr
nur bis 14:00 Uhr
Mediothek Offene Angebote: Sport und Bewegung Entspannung Musiksaal RS Perschke Faires Kämpfen SpH Kl. 5 bis 8 Guse/Maier
Fußball SpH Kl. 5 bis 9 Keck
Fußball SpH Kl. 5 bis 7 Müller Fitnessraum Kl. 7 bis 10 Scheurer
Zollern-Alb-Kurier, 1.4.2008
21
Praxisbeispiele
Eginhard Fernow, Harry Rabe
entstand das gemeinsame Projekt
Schule im Zentrum – Jugend
des Schüler-Weinberges. Nach Ver-
begleiter und andere Partner
heim, den örtlichen Weingärtnern
Kooperationsprojekt Kirbachschule – örtliche Weingärtner
Praxis beispiel
handlungen mit der Stadt Sachsen und dem Regierungspräsidium
Ökonomische Bildung in der Kirbachschule Organisationsstruktur der Schülerfirma
„In der Schülerfirma der Kirbachschule arbeiten Schülerinnen und Schüler der Klassen sieben bis
Geschäftsführung
neun. Beim Produzieren des Schulweines (Regent) helfen die Hohenhaslacher Weingärtner und Jugendbegleiter.“ („Kirbachschüler schreiben eine Erfolgs-
Verwaltung
geschichte“, Zeitungsbericht in der Bietigheimer Zeitung im Rahmen des ZISCH-Projektes/Zeitung in der Schule, Autor: Paul Weiberle, Klasse 8, Kirbachschule
Einkauf
Produktion
Verkauf
Hohenhaslach) Hohenhaslach und die Gemeinden des Kirbachtales sind Weinbauorte mit überregionalem Ruf. Die Kinder und Jugendlichen kommen jedoch immer seltener mit der Tradition des Weinbaus
Berufswegeplanung
Verankerung der ökonomischen Bildung in der Kirbachschule
in Berührung. In Gesprächen mit den örtlichen Weingärtnern
Steckbrief Kirbachschule Hohenhaslach • Grund- und Hauptschule mit Werkrealschule • Offenes Ganztagsangebot • Rhythmisierung der Unterrichtszeit • Schule mit sport- und bewegungserzieherischem Schwerpunkt • BoriS Berufswahl-Siegel • 310 Schülerinnen und Schüler • 15 Klassen • 25 Lehrkräfte seit 2006 Jugendbegleiter-Schule
22
Jugendbegleiter und Schule im ländlichen Raum
konnten im Frühjahr 2004 die ersten Reben gepflanzt werden. Der Schulweinberg und die Schülerfirma haben neben der Vermarktung der Produkte die Förderung der ökonomischen Bildung und die Wahrnehmung des Kulturgutes „Weinberge“
Schülerinnen und Schüler
Qualitätszentrierte Schulentwicklung (QZS)
Steuergruppe
Kirbachschule Hohenhaslach Schulleiter: Eginhard Fernow Klingenstraße 35 74343 Sachsenheim
zum Ziel.
Partner
Kontakt
der Schülerfirma haben im Rahmen der Lernwerkstatt eigenständig Bereiche der
Telefon: (07147) 92107-0 Fax: (07147) 92107-30 E-Mail: efernow@ksh.lb.schule-bw.de Internet: www.ksh.lb.schule-bw.de
ökonomischen Bildung übernommen
Über Praktika und die Kooperation mit vielfältigen Partnern wollen wir Kompetenzen fördern, die es unseren Schülerinnen und
Jugendbegleiter
Die Funktionsstellen werden bei Ausscheiden einer Schülerin oder eines
Fontanis
Hohenhaslacher Weingärtner
MTO
Handwerk
Schülern ermöglichen, eine gesicherte Berufswahl zu treffen. Unsere Schule liegt im ländlichen Raum, da spielen Hand-
Schülers nach Bewerbungsschreiben
werksberufe eine große Rolle. Unsere Hauptschulklassen 8 und
und Bewerbungsgespräch besetzt.
9 können über die Realisierung von Projekten vielfältige Erfah-
Geschäftsführung: Zwei Geschäfts-
rungen sammeln. Dazu werden in Begleitung von Handwerkern
führer stehen an der Spitze der Firma.
aus der Region Bauprojekte geplant, umgesetzt und der Öffent-
Verwaltung: Die Verwaltung besteht
lichkeit präsentiert. Dabei ist unser Ziel einerseits das Kennen-
im Wesentlichen aus der Buchfüh-
lernen von Handwerksberufen durch die konkrete Realisie-
rung, d. h. Kontoführung, Rech-
rung von Bauprojekten und andererseits die Vertiefung der
nungswesen, Kontakte zur Bank,
Ausbildungsreife. Gleichzeitig öffnet sich bei dieser Koopera-
Bestand an Produkten.
tion mit den örtlichen Handwerkern die Schule und die Schüle-
Einkauf: Im Rahmen der Lernwerk-
rinnen und Schüler müssen vielfältige Kompetenzen zeigen.
statt „Weinberg/Schülerfirma“ kümmert sich eine Schülergruppe um den Einkauf von Flaschen,
Die Schülerinnen und Schüler haben neben dem Schulweinberg
Korken, Gläsern für Gelee und anderen Dingen.
ein Weinberghaus gebaut. Dieses bedarf vieler handwerklicher
Produktion: Wir haben zwei Produktionsleiter, die sich verant-
Arbeiten, damit es ein Treffpunkt für die Schule wird. Beteiligt
wortlich für den Weinberg fühlen und den Jahresablauf mit den
an den bisherigen Bauprojekten waren 22 Schüler, zwei Lehrer,
helfenden Weingärtnern organisieren.
ein Schulleiter und verschiedene Handwerker, wie Elektriker,
Verkauf/Marketing: Hier können wir viel Erfolg vermelden – Fir-
Bauunternehmer, Maurer, Zimmermann und Tischler.
menlogo, Weinetiketten, Durchführung von Veranstaltungen, wie Herbstfest, Weintage, Weihnachtsverkäufe.
Die Fachverbünde WAG (Wirtschaft-Arbeit-Gesundheit) und NuT (Natur und Technik) sind dazu geeignet, die Bauvorhaben im Unterricht umzusetzen. Dazu gehören • die Gestaltung der Außenanlage unseres Weinberghauses,
Bauprojekte in Zusammenarbeit mit örtlichen Handwerkern
• der Bau eines Pizzaofens, • die Installation von Licht und Wärmestrahlern im Haus, • die Planung und Herstellung von Möbeln für das Weinberghaus, • das Anbringen von Fensterläden.
Der Übergang von der Haupt-
Dabei werden Informationen zu Handwerksberufen gesammelt
schule in den Beruf ist uns
und die Schülerinnen und Schüler lernen ein Projekt zu planen,
ein sehr wichtiges Anliegen.
zu bauen und zu präsentieren.
23
Praxisbeispiele
Wolfgang Streicher
Gemeinden bildet sicherlich einen
Gemeinschaftsschule
starken Eckpfeiler für die Gemein-
im ländlichen Raum
schaftsschule Rosenberg. Von den Kolleginnen und Kolle-
Praxis beispiel
gen der Hauptschule wurde ein zukunftsweisendes Lernkonzept ent-
Zwischen Ellwangen und Schwäbisch Hall
wickelt: Das ISA-Konzept – der zweite starke Pfeiler der Ge-
in Ost-Württemberg liegt Rosenberg – inmit-
meinschaftsschule Rosenberg.
ten einer hügeligen Landschaft von riesigen Fichtenwäldern mit idyllischen Seen. Die Gemeinde ist mit ihren 30 Ortsteilen auf einer
ISA steht für „Individuelles, Selbstständiges Arbeiten“. Bei diesem Konzept haben die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, gemäß ihrem individuellen Lerntempo selbststän-
Markungsfläche von 4.102 Hektar eine der weitver-
dig zu arbeiten. Dabei dürfen die Schülerinnen und Schüler
zweigtesten und dünnbesiedeltsten Orte im ganzen
selber bestimmen, mit welchen Fächern sie beginnen möch-
Ostalbkreis.
ten.
Rosenberg hat seinen eigenen Weg gefunden, mit
„Es ist das Ablösen der Belehrung durch eine Anstiftung
aktuellen und zukünftigen Herausforderungen der
zum selbstständigen Erwerb von Fähigkeiten, Kenntnissen
Bildungslandschaft umzugehen.
und Verhaltensweisen.“ (Bildungsplan 2004, Grundschule, Baden-Württemberg, S. 16, im Internet: http://www.bildung-
Aufgrund der geografischen Lage und des auch an Rosenberg
staerkt-menschen.de/service/downloads/Bildungsplaene/
nicht vorbeigehenden Geburtenrückgangs war die Haupt- mit
Grundschule/Grundschule_Bildungsplan_Gesamt.pdf, ab
Werkrealschule Rosenberg vor drei Jahren von der Schließung
gerufen am 16.04.2012)
bedroht. In dieser Zeit musste die nur 5 km entfernte Nachbar-
• Die Schülerinnen und Schüler arbeiten grundsätzlich mit
hauptschule in Jagstzell schließen. Beide Gemeindeverwal
Wochenarbeitsplänen in den Fächern Deutsch, Mathematik,
tungen wollten die Karl-Stirner-Schule als Standort für eine
Englisch, Welt-Zeit-Gesellschaft, Materie-Natur-Technik und
weiterführende Schule erhalten. Die Kooperation von zwei
Informationstechnische Grundbildung.
Steckbrief Karl-Stirner-Schule Rosenberg • Gemeinschaftsschule • Rosenberger BildungsWerk mit ISA-Lernen • Rhythmisierter Jahreskreis mit außerschulischen Aktivitäten • Kernzeit-, Hausaufgaben- und Ferienbetreuung • Leben und Lernen in dörflicher Gemeinschaft • Werte: Anstrengungsbereitschaft, Wertschätzung und Zuverlässigkeit • 182 Schülerinnen und Schüler • 11 Klassen • 17 Lehrkräfte seit 2010 im Jugendbegleiter-Programm
24
Jugendbegleiter und Schule im ländlichen Raum
• Dabei bearbeiten sie Aufgaben auf verschiedenen Niveau stufen: 1 = Leicht, 2 = Mittel und 3 steht für Schwierig. • Die Kernarbeit von ISA findet in den ersten drei Stunden statt. Bei entsprechenden Arbeiten kann auch schon früher mit ISA begonnen werden. • Haben Schülerinnen und Schüler Probleme, kön-
Kontakt Karl-Stirner-Schule Rosenberg Schulleiter: Wolfgang Streicher Virngrundweg 7 73494 Rosenberg
nen diese mit der Lehrerin
Telefon: (07967) 9000-70
oder dem Lehrer an der
Fax:
Lerntheke und an der
E-Mail: schulleitung@schule-rosenberg.de
Tafelwand besprochen
Internet: www.schule-rosenberg.de
(07967) 9000-77
werden. • Am Freitag werden die bearbeiteten Pläne abgelegt und über das Wochenende von den Kollegeninnen und Kollegen korrigiert.
Mit Hilfe des Jugendbegleiter-Programms werden verschie-
Montags werden die Wochenarbeitspläne ausgegeben, be-
dene Bildungs- und Betreuungsmaßnahmen am Nachmittag er-
sprochen und in einer NISA-Stunde (Nachbereitung ISA) ver-
möglicht. Dazu gehören Kegeln, Tischtennis, Freies Spielen un-
bessert. Am Dienstag erfolgt der Input für die neuen Themen.
ter Aufsicht, Hausaufgabenbetreuung, Lesen in der Bücherei,
• Das neue Lernkonzept wurde zunächst in den Klassen 5 und
die Ausgestaltung des Aufenthaltsraumes und die Betreuung
6 eingeführt. Im laufenden Jahr wurde es auf die Klasse 7
während des Mittagessens.
vollständig ausgedehnt. Ebenso wurden Elemente auf die Klassenstufen 3 und 4 transferiert. Im nächsten Jahr erfolgt
Die Schulsozialarbeit
dann die Ausdehnung auf die Klassen 8 und 9 sowie als Ge-
Zur Stärkung der Sozialkompetenz führt die Karl-Stirner-Schule
meinschaftsschule natürlich auch auf die Klassenstufe 10.
mit Sozialpädagoginnen und -pädagogen mehrtägige Kompetenztrainings durch. Die Klassen 3 und 7 führen jeweils ein zwei-
So entstand 2010 mit großer moralischer und finanzieller Unter-
tägiges Training durch, um einerseits die Klassengemeinschaft
stützung der Gemeinde das Rosenberger BildungsWerk, des-
zu stärken und andererseits die Sozialkompetenz der einzelnen
sen Ziel es ist, mit dem individuellen, selbstständigen Arbeiten
Schülerinnen und Schüler weiterzuentwickeln.
den Lernzuwachs zu erhöhen. Die Bildungspartnerschaften Die Karl-Stirner-Schule hat mit zwei Firmen – Josef Retten-
Weitere starke Eckpfeiler sind
maier & Söhne aus Rosenberg und Schlosser Holzbau aus Jagstzell – Bildungspartnerschaften abgeschlossen. Beide
Das Ganztagsschulangebot
Firmen sind Weltfirmen und legen größten Wert auf gut aus
Seit 2010 besteht an der Karl-
gebildete Schülerinnen und Schüler. Sie können aus dem
Stirner-Schule an drei Schul-
Schülerreservoir der Rosenberger Schule ihre zukünftigen
tagen ein Betreuungsangebot
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewinnen.
von 7.00 Uhr bis 15.30 Uhr. Dieses Angebot können
Die Inklusion
alle Schülerinnen und Schü-
Momentan besuchen neun Schülerinnen und Schüler mit Be-
ler wahrnehmen.
hinderung die Karl-Stirner-Schule. Sie sind in ihren Klassen
Den Kern stellt der Unterricht dar, der in der Regel um 12 Uhr
integriert und werden von einer Integrationskraft, der Förder-
endet. Danach besteht für die Schülerinnen und Schüler die
schule Ellwangen sowie weiteren heilpädagogischen Institutio-
Möglichkeit, zu Mittag zu essen.
nen betreut.
25
Praxisbeispiele
Oliver Klis
Seit einigen Jahren sind wir dabei
Kooperation mit
zusammenzurücken. In einem ers-
anderen Schulen
gen begonnen zusammenzuarbei-
Drei benachbarte weiterführende Schulen auf dem Weg zur Ganz tagsschule – das JugendbegleiterProgramm gehört dazu
ten Schritt haben die Schulleitun-
Praxis beispiel
ten, haben Ressourcen gemeinsam genutzt, haben gemeinsame Ziele aufgestellt und haben gemeinsame Projekte verwirklicht. Am deutlichsten wird das in dem Bemühen, im Rahmen des Schulzentrums Ganztagsschulen der offenen Form anzustreben. Fachlich und pädagogisch verfolgen wir weiterhin unsere jeweils eigenen Ziele. Aber überall, wo es sinnvolle Zusammenarbeit gibt – wo wir die getrennten Laufbahnen der Schü-
Drei verschiedene Schularten (Werkrealschule, Real
lerinnen und Schüler sinnvoll zusammenführen können, wo
schule, Gymnasium), drei Schulleitungen, drei Kolle-
die Schüler voneinander profitieren können, wo es gemein-
gien, drei Schülerschaften und ihre Eltern: Dies ist das
same Lernziele gibt – dort wollen wir diese Zusammenarbeit
gesammelte Profil dreier weiterführenden Schulen
etablieren.
in Möckmühl, einer Kleinstadt im Jagsttal. Man sieht
Dieses pädagogische Ziel fand seinen symbolischen und
sich, man kennt einige mit Namen, man arbeitet in
konkreten Ausdruck in der gemeinsamen Planung von neuen
einem Umkreis von ein paar hundert Metern, … aber
Räumen im Zentrum der bestehenden Gebäude: eine Mensa,
nicht zusammen. Gefördert – oder besser verstärkt –
Aufenthaltsräume, Fachräume und Klassenzimmer. Durch
wird diese Trennung noch durch die Verwaltungs-
Multifunktionalität lassen sich diese Räume aber auch für das
strukturen: verschiedene Schulträger (Schulzweck-
Ganztagsprogramm nutzen und erlauben ein Zusammenarbei-
verband bzw. Stadt) und verschiedene vorgesetzte
ten über die Schulgrenzen hinweg.
Behörden (Schulamt bzw. Regierungspräsidium). Die gemeinsame Gestaltung des Ganztagsbetriebs der offenen Form ist die zweite Säule der Zusammenarbeit. Schon seit ein paar Jahren werden in Vorbereitung darauf Arbeitsgemeinschaften für die Schülerinnen und Schüler der anderen Schulen
Steckbrief Gymnasium Möckmühl • naturwissenschaftliches und sprachliches Profil • auf dem Weg zur offenen Ganztagsschule • 520 Schülerinnen und Schüler • 25 Klassen • 54 Lehrkräfte seit 2008 Jugendbegleiter-Schule
26
Jugendbegleiter und Schule im ländlichen Raum
geöffnet, an der Hausaufgabenbetreuung des Gymnasiums nehmen auch Schüler der Werkrealschule und der Realschule teil.
Kontakt
Zudem führen wir die Schulen beim Austausch mit den Partner-
Gymnasium Möckmühl
städten Möckmühls, bei Fortbildungs- und Informationsangebo-
Schulleiter: Oliver Klis
ten für Eltern und bei Veranstaltungen zusammen. Andere Angebote (z. B. Wald-Teamtage) werden zwar gemeinsam geplant und durchgeführt, aber getrennt nach Klassen bzw. Schulen. Dass die Schulträger auf Drängen der Schulen für das ge-
Lehlestraße 9 74219 Möckmühl Telefon: (06298) 927158-10
samte Schulzentrum vor drei Jahren einen Schulsozialarbeiter
Fax:
eingestellt haben, war ebenfalls eine große Unterstützung für un-
E-Mail: gy.moeck@t-online.de
(06298) 927158-11
ser Ziel. Auch auf diesem Weg entsteht Vernetzung: Neben der
Internet: www.gymnasium-moeckmuehl.de
Einzelfallhilfe leistet der Schulsozialarbeiter in Zusammenarbeit mit der städtischen Jugendsozialarbeit und der Jugendhilfe
Realschule Möckmühl
im Lebensfeld (JuLe) auch einen Beitrag zum Zusammenwach-
Internet: www.rsmoeck.hn.schule-bw.de
sen. Er hat sich schon nach kurzer Zeit zu einem wichtigen Anlaufpunkt für sozialpädagogische Projekte (Streitschlichterausbildung, gemeinsame Fortbildung in der Mobbingprävention
Werkrealschule Möckmühl Internet: www.hwrsmoeck.hn.bw.schule.de
etc.) entwickelt. Parallel dazu haben die drei Schulen nacheinander den Einstieg ins Jugendbegleiter-Programm gewagt, Erfahrungen wei-
schwierige Koordination durch die unterschiedlichen Stunden-
tergegeben und nach und nach ausgebaut. In diesem Jahr sind
tafeln und schulartspezifischen Gegebenheiten (z. B. komplexer
wir nun so weit, dass wir neben den schulspezifischen Angebo-
Plan der gymnasialen Kursstufe) bis hin zu so banalen Dingen
ten auch gemeinsame Angebote haben, die zwar jeweils einer
wie gemeinsamer Schulgong. Eine enge Absprache und der Auf-
Schule zugeordnet sind, aber von allen Schülerinnen und Schü-
bau gemeinsamer Strukturen sind hier unabdingbar. Nach den
lern des gesamten Schulzentrums genutzt werden können.
Anfängen in diesem Jahr werden die Schulleitungen den Gre-
Konkret sind dies: • Junior-Jugendbegleiterinnen und -begleiter (Spielenachmittag), • Tennis für Anfänger, • Holzwerkstatt für Klasse 5 und 6, • Schülerbibliothek. Die ersten Hürden bei der Verwirklichung sind organisatorischer Art: unterschiedliche Rhythmisierung der Schulwoche, oft
mien weitere Schritte für das kommende Schuljahr vorschlagen. Im nächsten Schuljahr wird die Betreuung der Schülerbiblio thek ausgebaut, das Sportangebot wird erweitert und geöffnet (z. B. gemeinsamer Kurs für schlechte Schwimmer) und vor allem in der Mittagszeit soll es weitere gemeinsame Angebote für alle Schülerinnen und Schüler des Schulzentrums geben. Um gegenseitige Vorbehalte zu reduzieren, werden wir unsere Junior-Jugendbegleiterinnen und -begleiter über Schulartgrenzen hinweg gemeinsam qualifizieren und fortbilden. Unserer Erfahrung nach ist die erste Voraussetzung, dass sich die Schulleitungen gut verstehen und kooperativ auf dieses Ziel hinarbeiten. Sie können den Rahmen schaffen, in dem nach und nach Kollegien, Schüler und Eltern aufeinander zu gehen und gemeinsame Angebote nutzen. Das ist ein Prozess mit vielen kleinen Schritten, manchmal zögernd, manchmal
Wo kommt das Holz her? Schülerinnen und Schüler der Holzwerkstatt mit
freudig angenommen. Die Jugendbegleiterinnen und -begleiter
dem Förster und dem Jugendbegleiter (Schreiner) beim Besuch im Wald
sind dabei ein wichtiger Bestandteil.
27
Jugendstiftung Baden-Württemberg
Franziska Haase
Lokale Bildungsnetzwerke Baden Württemberg Die Plattform „Lokale Bildungsnetzwerke Baden-Württem berg“ bietet Schulen, außerschulischen Partnern und Inte ressierten unter www.bildungsnetzwerke-bw.de verschiedene Recherche-, Präsentations- und Kommunikationsmöglichkeiten. Die Vernetzung unterschiedlicher Lernorte wie beispielsweise Vereine, Jugendhäuser, Museen oder kirchliche Einrichtungen mit Schulen zu lokalen Bildungsnetzwerken bietet Kindern und Jugendlichen eine Erweiterung ihrer Lern- und Lebenserfahrung. Lokale Bildungsnetzwerke schaffen Bildungsräume, in denen Für weitere Informationen zur Homepage „Lokale Bildungsnetzwerke Baden-Württemberg“ besuchen Sie die Seite www.bildungsnetzwerke-bw.de oder schreiben eine Mail an haase@jugendnetz.de.
mit vielfältigen Bildungsangeboten gezielt auf die Bedürfnisse, Stärken und Fähigkeiten von Schülerinnen und Schülern eingegangen und die Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen besser erreicht werden können.
Die Funktionen der Website „Lokale Bildungsnetzwerke Baden-Württemberg“ auf einen Blick: Für Schulen
Für außerschulische Partner und Interessierte
• Registrieren Sie sich auf der Seite www.bildungsnetzwerke-
• Suchen Sie die Lokalen Bildungsnetzwerke von Jugend-
bw.de und bauen Sie online in Ihrem eigenen Account Ihr
begleiter-Schulen über zwei verschiedene Suchfunktionen.
Lokales Bildungsnetzwerk auf.
Sie können sich den Lokalen Bildungsnetzwerken über die
• Pflegen Sie Ihr Lokales Bildungsnetzwerk über Ihren Account, indem Sie neue Kooperationen anlegen, bestehende Kooperationen weiterentwickeln und veraltete löschen. • Geben Sie an, ob Sie auf der Suche nach Jugendbegleiterinnen und -begleitern sind oder Interesse an weiteren Kooperationen haben. • Informieren Sie sich auf der Homepage über Lokale Bildungsnetzwerke anderer Schulen und tauschen Sie gegenseitig Erfahrungen aus. • Durch Informationen über Netzwerkbildung und -arbeit sowie aktuelle Veranstaltungen und Handreichungen bietet die Homepage immer neue und spannende Inhalte zum Thema Lokale Bildungsnetzwerke. • Finden Sie Ansprechpartner auf Schulamtsebene, die Sie unterstützen.
28
Landkreise in der Baden-Württemberg-Landkarte nähern oder direkt über die Stadtsuche gehen. • Informieren Sie sich in den Lokalen Bildungsnetzwerken der einzelnen Schulen über deren Vernetzung und mögliche Kooperationspartner vor Ort. • Nutzen Sie die Möglichkeit gezielt nach Schulen zu suchen, die Interesse an weiteren Kooperationen haben. • Wenn Sie Interesse haben, sich als Jugendbegleiterin oder Jugendbegleiter ehrenamtlich an einer Schule zu engagieren, können Sie über die Homepage Schulen finden, die auf der Suche nach Jugendbegleiterinnen und -begleitern sind. • Informationen zu Veranstaltungen und praktische Tipps und Tricks zur Netzwerkbildung sind weitere attraktive Funktionen der Homepage „Lokale Bildungsnetzwerke Baden-Württemberg“.
Jugendbegleiter und Schule im ländlichen Raum
Birgit Schiffers
Projekt „Qualicard: Berufsstart mit System in lokalen Bildungsnetzwerken“ Für viele Jugendliche ist der Übergang von der Schule in den Beruf äußerst schwierig. Sie haben Probleme bei der Ausbildungsplatzsuche oder brechen ihre Ausbildung oder ihr Studium vorzeitig ab. Gleichzeitig gibt es eine steigende Zahl an Berufen, die vermehrt um Nachwuchs werben. Das Projekt „Qualicard“ will neue Konzepte und Strukturen zur Verbesserung der Berufs orientierung und Berufswegeplanung entwickeln und erproben. Eine zentrale Rolle spielen dabei lokale Bildungsnetzwerke aus Schule, Eltern, außerschulischer Jugendbildung, Jugendbegleitern, Betrieben, der Agentur für Arbeit,
Qualicard ist ein Kooperationsprojekt der Jugendstiftung Baden-Württem-
Kammern und dem Schulträger. Das Projekt-
berg mit dem Stadtjugendausschuss e. V. Karlsruhe, dem Kreisjugendring
team berät und unterstützt Schulen beim Aus-
Rems-Murr e. V. und der Türkischen Gemeinde in Baden-Württemberg e. V.
bau des Bildungsnetzwerks sowie bei der Weiterentwicklung der Berufswegeplanung und An-
Es ist eines von 105 Modellprojekten der 2. Förderrunde des Bundes-
gebotspalette für die Schülerinnen und Schüler.
programms „XENOS – Integration und Vielfalt“ im Zeitraum 2012–2014.
Neue Angebote zur Berufsorientierung Ergänzend zu bestehenden Angeboten werden gemeinsam mit
• Erweiterung des Berufswahlspektrums. Hier stehen vor al-
den Bildungsnetzwerken neue Konzepte und Formate entwickelt
lem erzieherische und pflegerische Berufe, naturwissen-
sowie Fortbildungen durchgeführt. Schwerpunkte liegen dabei
schaftlich-technische Berufe sowie die Musik- und Krea-
auf folgenden Feldern:
tivbranche im Mittelpunkt. Dabei geht es auch darum, ge-
• Ressourcen- und stärkenorientierte Berufsorientierung sowie Ver-
schlechtsspezifisches Berufswahlverhalten kritisch zu hin-
knüpfung mit bereits in der Schule genutzten Instrumenten zur
terfragen und aufzubrechen.
Kompetenzanalyse und -dokumentation wie Profil AC oder dem
• Peer-to-peer-Ansätze wie beispielsweise Azubi-Botschaf
Qualipass. Geplant ist, den Qualipass um neue Seiten zu ergän-
terinnen und -Botschafter oder jugendliche Technikmen-
zen, auf denen die persönlichen Ziele und Schritte zur Berufs-
torinnen und -mentoren.
orientierung und Ausbildungsreife festgehalten werden können.
29
Jugendstiftung Baden-Württemberg
Birgit Schiffers
Erfolgsgeschichte Qualipass Dokumentationsmappe für Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter 2002 hat die Jugendstiftung begonnen, den Qualipass in Baden-Württemberg einzuführen.
Jugendliche aus der Geschwister-Scholl-Schule Tübingen
Unterstützt wird sie dabei von aktuell 49 regio nalen Kontaktstellen in den Stadt- und Landkreisen. Seitdem haben über 380.000 Jugend-
curricular verankert und im schulinternen Wiki dokumentiert.
liche und Erwachsene die Mappe erhalten
Hier finden sich Handreichungen und Dokumente wie Eltern-
und nutzen sie als ihr persönliches Bildungs
und Schülerinfobriefe. Das hilft vor allem neuen Kollegen, den
portfolio und Bewerbungsplus. Das ist eine
Qualipass mit all seinen Möglichkeiten zu nutzen.
Erfolgsgeschichte, die im Jubiläumsjahr u. a. mit einem Fotowettbewerb für Jugendliche
Oft werden die Qualipass-Zertifikate gemeinsam mit den Zeug-
gefeiert wird. Auf dem Fachtag 10 JAHRE
nissen oder aber bei einer Schülervollversammlung übergeben.
QUALIPASS „Neue Wege zum Berufsstart“
An der Aloys-Schreiber-Schule wird dafür die Klassenfeier am
am 26.3.2012 wurden die Aloys-Schreiber-Schule Bühl, die
Ende des Schuljahres genutzt, bei der auch die Eltern anwe-
Realschule Ochsenhausen und das Gymnasium Isny als
send sind. Auf diese Weise wird das Engagement der Schüler
„Beste Qualipass-Schulen“ ausgezeichnet.
gewürdigt und der Qualipass zum Gesprächsthema bei Schülern, Eltern und Lehrern. In Isny wird zusätzlich der QualipassBildungspass für Erwachsene für die vielen engagierten Jugend-
Der Qualipass macht Schule
begleiterinnen und Jugendbegleiter genutzt.
Für viele Schulen ist der Qualipass eine ganz bewusste Ent-
Unabhängig von der Schulart erfahren die Jugendlichen bei
scheidung für eine stärkere Gewichtung und Anerkennung von
Praktika oder Expertenbesuchen an der Schule immer wieder,
Schlüsselqualifikationen und Engagement. Am Gymnasium Isny
wie wichtig es ist, Bescheinigungen zu besitzen und diese in
wird bei jeder Zeugniskonferenz besprochen, was im Qualipass
ansprechender Form zu präsentieren. Besonders schön ist es,
bescheinigt wird. An der Schule gibt es 16 Aktivitäten, die mit
wenn die Rückmeldung kommt, dass ein bestimmtes Qualipass-
einem Qualipass-Zertifikat belohnt werden. Das reicht von der
Zertifikat bei der Bewerberauswahl den Ausschlag gegeben
Mitarbeit in der SMV über Nachhilfe- und Sportmentoren bis
hat.
zur Jahrbuch-Arbeit. Die Realschule Ochsenhausen hat sogar ihre Zeugnismappen abgeschafft und durch den Qualipass ersetzt. Ein wichtiger Beweggrund war für Schulleiter Frank Eckardt dabei, die zahlreichen außerschulischen Lernorte für alle sichtbar in das Schulgeschehen einzubeziehen. Die Nutzung der Mappe wurde schul-
30
www.qualipass.info
Jugendbegleiter und Schule im ländlichen Raum
Salome Ebinger
Community 2.1 – Kein Platz für Vorurteile! „Auch wenn wir alle aus Deutschland kommen würden, wäre es immer noch eine riesige Vielfalt.“ Jonas ist fest davon überzeugt: Von Ausgrenzung und Rassismus hat eigentlich niemand etwas. Wie die anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer der ersten Ausbildungsreihe zum Vielfaltcoach im Jahr 2011 hat er an der Qualifizierung teilgenommen, um etwas zu bewegen und anderen Jugendlichen zu zeigen, dass Vorurteile in unserer Gesellschaft keinen Platz haben. Jetzt setzt er in Pforzheim sein eigenes Projekt um: Gemeinsam mit anderen Jugendlichen entwickelt er eine Homepage, auf der Themen wie Vielfalt, Vorurteile und Diskriminierung diskutiert werden. Andere Teilnehmer haben ein Filmfestival auf die Beine gestellt oder werden eine Graffitiwand gestalten. Die Ausbildung Jugendlicher ab 14 Jahren zu Vielfaltcoaches
cachingprojekten der Jugendstiftung für Schulen und Jugend
ist ein Baustein im Projekt „Community 2.1 – Kein Platz für Vor-
gruppen legen Mitarbeitende der Stiftung zusammen mit
urteile!“. Das Projekt der Jugendstiftung Baden-Württemberg
Jugendlichen einen eigenen Cache zum Thema Vielfalt, dem
ist eines der Modellprojekte im Bundesprogramm „Toleranz
dann von anderen Gruppen nachgegangen werden kann. Mit-
fördern – Kompetenz stärken“. Es führt Jugendliche an die
hilfe eines Video-Tutorials und weiterer Arbeitsblätter kann spä-
Auseinandersetzung mit Stereotypen, Diskriminierung und Aus-
ter dann die virtuelle Schatzsuche auch eigenständig umge-
grenzung heran und will ihre Zivilcourage stärken. Ein besonde-
setzt werden.
rer Fokus liegt dabei auf offenem und latentem Antisemitismus und darauf, jüdisches Leben im heutigen Deutschland kennen-
Für die nächsten Ausbildungen zum Vielfaltcoach werden noch
zulernen. Neben der Qualifizierung zum Vielfaltcoach gehören
Standorte gesucht. Das Projekt eignet sich für Jugendbegleiter-
auch mediale Projekte wie Filme, Geocaching und eine Online-
Schulen, die ihr Profil im Bereich soziales Lernen und schuli-
Zeitung zu den Projektaktivitäten.
sches Miteinander stärken wollen.
2011 wurde eine Online-Datenbank mit Migrantenorganisa tionen aus Baden-Württemberg aufgebaut, die auch für Schulen viele Möglichkeiten eröffnet. Die Datenbank hilft beispielsweise bei der Kontaktaufnahme zu Migrantenvereinen für gemein-
www.menschenrechte.jugendnetz.de >> Community 2.1
same Projekte oder Bildungspartnerschaften. Bei den Geo-
31
Glossar
Glossar
Gebundene Ganztagsschule
Jugendbildung Baden-Württemberg
tagsbetrieb für alle Schülerinnen und Schüler verbindlich. Der
In der gebundenen Ganztagsschule ist die Teilnahme am GanzUnterricht und andere Angebote sind regelmäßig miteinander verzahnt.
1. Schule Gemeinschaftsschule Berufliche Schulen
Gemeinschaftsschulen sind Ganztagsschulen mit rhythmisier-
Seit dem Schuljahr 2011/2012 können Berufliche Schulen am
ten Lernangeboten in der Sekundarstufe I (Klassenstufe 5–10),
Jugendbegleiter-Programm teilnehmen. Der Eintritt ins Pro-
können aber auch die Primarstufe (Klassenstufe 1–4) und eine
gramm ist für die Ausbildungsrichtungen 2BFS, BVJ/BEJ/VAB
dreijährige Sekundarstufe II umfassen. Die bisherigen Klassen-
sowie die Modellversuchsklassen BK I genehmigt.
verbünde werden durch Lerngruppen ersetzt. Es gibt keine Versetzung/Nichtversetzung im bisherigen Sinn. In Gemeinschafts-
Ganztagsschule in offener Angebotsform
schulen kann eine intensive Beschulung von behinderten Kin-
Ganztagsschulen in offener Angebotsform können in allen
dern und Jugendlichen umgesetzt werden.
Schularten der allgemein bildenden Schulen (Grundschulen und Sekundarstufe I) eingerichtet werden. Die Ganztagsschule
Rhythmisierung
in offener Angebotsform muss einen Ganztagsbetrieb an vier
Die Rhythmisierung des Unterrichts ist vor allem im Zusam-
Tagen mit täglich mindestens sieben Zeitstunden gewährleis-
menhang mit der Entwicklung von Halbtagsschulen hin zu
ten. Die Teilnahme ist freiwillig und kann sich auch nur auf drei
Ganztagsschulen ein wichtiges Thema. Ganztagsschulen sind
von vier Tagen beschränken. Aus Gründen der Planungssicher-
mehr als zeitlich ausgedehnte Halbtagsschulen mit Betreu-
heit ist die Anmeldung der Schülerinnen und Schüler am Ganz-
ungselementen. Die Rhythmisierung beinhaltet eine Neu
tagsbetrieb für mindestens ein Schuljahr verbindlich. Abhängig
verteilung des Unterrichts auf den Vor- und Nachmittag (z. B.
vom örtlichen Bedarf können bestimmte Klassen(-stufen) oder
vormittags nur 5 statt 6 Unterrichtsstunden, längere Pausen)
Züge im Ganztagsbetrieb eingerichtet werden.
und bietet der Schulleitung die Chance, Unterrichtsstrukturen mit außerunterrichtlichen Elementen zu kombinieren und damit
Ganztagsschulen mit besonderer pädagogischer und sozialer
den Unterricht besser auf den Biorhythmus der Kinder und
Aufgabenstellung
Jugendlichen abzustimmen.
Ganztagsschulen mit besonderer pädagogischer und sozialer
Die konkrete Realisierung ist abhängig von den Bedürfnissen
Aufgabenstellung können bei Vorliegen der Voraussetzungen
und Möglichkeiten der Beteiligten – Schülerinnen und Schülern,
an folgenden Schularten eingerichtet werden: Grundschulen,
Eltern, Lehrkräften, Jugendbegleiterinnen und Jugendbeglei-
Hauptschulen, Werkrealschulen und Förderschulen in Nach-
tern –, aber auch von ganz praktischen Gesichtspunkten wie
barschaft zu einer solchen Hauptschule/Werkrealschule. Der
der Raumsituation und der Schülerbeförderung.
Ganztagsschulbetrieb geht an vier Tagen über acht Zeitstunden täglich. Dieser Ganztagsschultyp ist voll gebunden (die ganze
Je mehr sich die Schulen in Richtung Ganztagsschulen ent
Schule nimmt am Ganztagsbetrieb teil) oder teilweise gebun-
wickeln, umso mehr gewinnt auch die Schulverpflegung an
den (ein Teil der Schülerinnen und Schüler, beispielsweise ein
Bedeutung. Zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit der Kinder
Zug, nehmen verpflichtend am Ganztagsbetrieb teil). Es kann
und Jugendlichen über den ganzen Schultag hinweg ist eine
für die Schule, selbst wenn die Voraussetzungen einer beson-
kindgerechte Verpflegung und ausgewogene Ernährung in an-
deren pädagogischen und sozialen Aufgabenstellung vor
gemessenem Rahmen eine wichtige Voraussetzung.
liegen, auch der Ganztagsbetrieb in offener Form beantragt werden.
32
Schulverpflegung
Viele Fragen zu räumlichen, organisatorischen und finanziellen Problemen stellen sich, Patentlösungen gibt es in der
Jugendbegleiter und Schule im ländlichen Raum
Regel nicht. Jede Schule muss für sich einen passenden Weg
sind eine konstruktive Partnerschaft und ein gemeinsames Ver-
finden.
antwortungsbewusstsein für die Kinder und Jugendlichen in ei-
Informationen: www.schulverpflegung-bw.de
ner Region sowie ein gemeinsames Verständnis von Bildungs-
gerechtigkeit von besonderer Bedeutung.
www.dge-bw.de
Das Land Baden-Württemberg unterstützt interessierte Stadt- und Landkreise bei der Einrichtung und Gestaltung einer Teilgebundene Ganztagsschule
Bildungsregion durch das Impulsprogramm Bildungsregionen.
In der teilgebundenen Ganztagsschule ist das Ganztagsangebot
www.bildungsregionen-bw.de
nur für einen Teil der Schülerinnen und Schüler, z. B. einzelne Klassenstufen oder ein Zug einer mehrzügigen Schule, verbind-
Hausaufgabenbetreuung
lich.
Die Hausaufgabenbetreuung an Schulen ist ein staatlich gefördertes Angebot für Gruppen. Es unterscheidet sich von einem Nachhilfe-Angebot, da keine Eins-zu-Eins-Betreuung stattfin-
2. Außerunterrichtliche Bildung
det, sondern eine Gruppe beim Erledigen der Hausaufgaben betreut wird.
Außerschulische Lernorte Außerschulische Lernorte bieten spezifische Lernerfahrungen
Lernwerkstatt
und Möglichkeiten der Kompetenzvermittlung. Außerschulische
In einer Lernwerkstatt haben die Schülerinnen und Schüler die
Lernorte sind beispielsweise Betriebe, Kulturwerkstätten, Sport-
Möglichkeit, Schule als Lebensraum mitzugestalten. In einer
stätten, Abenteuerspielplätze, Jugendfarmen etc. Dadurch,
materialreichen Lernumgebung wird den Schülerinnen und
dass verschiedene Lernorte in die Bildungskonzeption einer
Schülern praxisnahes und projektorientiertes Lernen ermög-
Schule mit einbezogen werden, entsteht für Jugendliche ein
licht. Durch „learning by doing“ werden die Kinder eigenaktiv
wichtiger Lebensweltbezug ihrer erlebten Lernerfahrungen.
tätig und machen Erfahrungen zu bestimmten Themen.
Für die Schule als Organisation entsteht ein lokales Bildungsnetzwerk als Ressource vielfältiger Kompetenzentwicklung.
Lokale Bildungsnetzwerke Die Vernetzung unterschiedlicher Lernorte wie Schulen, Ver-
Bildungspartnerschaft
eine, Jugendhäuser, Museen, kirchliche Einrichtungen und
Schulen öffnen sich dem Gemeinwesen. Außerschulische
sonstige Institutionen zu lokalen Bildungsnetzwerken bietet
Partner kommen an die Schulen. Die Schule ist durch die
Kindern und Jugendlichen neue Lern- und Lebenserfahrun-
Ganztagsbildung für Partner attraktiv geworden. Diesen Ko-
gen. Lokale Bildungsnetzwerke schaffen Bildungsräume, in
operationen geht die Entwicklung eines Bildungskonzepts
denen mit vielfältigen Angeboten gezielt auf die Bedürfnisse,
voran, das von beiden Seiten getragen und entwickelt wird.
Stärken und Fertigkeiten von Schülerinnen und Schülern ein-
Diese Bildungspartnerschaften sind auf Dauer angelegt, so-
gegangen werden kann und die Lebenswelten von Kindern
dass die Schülerinnen und Schüler verlässliche Angebote be-
und Jugendlichen besser erreicht werden können.
suchen können. Bildungsregionen
3. Außerunterrichtliche Programme
Eine Bildungsregion hat das Ziel, die Lern- und Lebenschancen von Kindern und Jugendlichen in einer Region zu verbessern
Flexible Nachmittagsbetreuung/Kommunale Betreuungsange-
und zu sichern. Sie ist ein aktives Netzwerk an Schule und Bil-
bote an Ganztagsschulen
dungsfragen beteiligter Partner, die mit gemeinsamen Leitlinien
Bei der flexiblen Nachmittagsbetreuung an allgemein bilden-
und Zielen eine systematische und bedarfsorientierte Qualitäts-
den Schulen bzw. den kommunalen Betreuungsangeboten an
entwicklung im Bereich der Bildungsangebote fördern. Dabei
Ganztagsschulen mit besonderer pädagogischer und sozialer
33
Glossar
Aufgabenstellung bieten die Kommunen oder auch freie Träger
einen Jugendbegleiter-Koordinator (ehemals Jugendbegleiter-
eine bedarfsorientierte Betreuung an.
Manager) entlastet.
Die Kommunen und sonstigen Träger können hierfür eine
Das Amt kann von ehrenamtlichen Personen, Elternteilen
finanzielle Förderung aus Landesmitteln erhalten (begrenzt auf
oder Personen aus Vereinen übernommen werden. Das Auf-
bis zu 15 Stunden pro Woche).
gabenspektrum des Jugendbegleiter-Koordinators umfasst u. a. Netzwerkbildung, Gewinnung von Jugendbegleiterinnen
Grundbudget
und Jugendbegleitern, Begleitung und Betreuung der Jugend-
Das Förderbudget für die am Jugendbegleiter-Programm teil-
begleiterinnen und Jugendbegleiter, Öffentlichkeitsarbeit, Ko-
nehmenden Schulen ist seit dem Schuljahr 2011/2012 neu aus-
ordinierung und Steuerung der Auszahlung der Aufwandsent-
gerichtet. Das Grundbudget kann für die Aufwandsentschädi-
schädigung und allgemeine organisatorische Tätigkeiten.
gungen für Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter sowie die Erstattung von Sachkosten verwendet werden. Ausgaben
Jugendbegleiter-Programm
für den Jugendbegleiter-Koordinator sowie Kosten für die Quali-
Jugendbildung wird als gesamtgesellschaftliche Aufgabe be-
fizierung der Ehrenamtlichen sind für alle Schulen in das Grund-
griffen. Mit dem Jugendbegleiter-Programm des Kultusminis-
budget integriert. Jeweils 20 Prozent des Grundbudgets können
teriums erhalten Schulen die Möglichkeit, ehrenamtlich Enga-
für Koordination und Fortbildung einerseits sowie für Sachkos-
gierte aus ihrem Umfeld oder aus Vereinen und Verbänden mit
ten andererseits verwendet werden.
Bildungs- und Betreuungsangeboten in einen rhythmisierten Schulablauf konzeptionell einzubinden. Die Schule öffnet sich
Individuelle Lernbegleitung
damit für unterschiedliche Lernorte und für gesellschaftliche
Im Jahr 2006 startete das Projekt „Individuelle Lernbegleitung
Gruppen, die zur Vernetzung von Bildungsangeboten beitragen.
für benachteiligte Jugendliche beim Übergang zwischen Schule
www.jugendbegleiter.de
und Beruf“. Ziel ist es, vor Ort ein Netzwerk von bürgerschaftlich engagierten Personen aufzubauen und diese zu schulen.
Junior-Jugendbegleiterinnen und Junior-Jugendbegleiter
Im Rahmen des Projekts werden Stadt- und Landkreise so-
Schülerinnen und Schüler, die 14 Jahre oder älter sind, kön-
wie Jugendagenturen finanziell unterstützt. Leistungsschwache
nen als sogenannte Junior-Jugendbegleiterinnen und Junior-
Schülerinnen und Schüler sollen beim Übergang in den Beruf
Jugendbegleiter tätig werden. Gymnasiasten können beispiels-
durch Nachhilfe, persönliche Berufswegeplanung und individu-
weise an Grund-, Haupt- und Realschulen Hausaufgabenbe-
elle Begleitung unterstützt und gefördert werden.
treuung übernehmen und jüngere Schülerinnen und Schüler beaufsichtigen.
Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter führen eigenständige
Kooperationsbudget
Bildungs- und Betreuungsangebote in der Ganztagsbetreuung
Das Kooperationsbudget können Schulen zusätzlich zum
in der Primarstufe und Sekundarstufe I der allgemein bildenden
Grundbudget beantragen, wenn sie eine schriftliche Koopera-
Schulen sowie an beruflichen Schulen, die zu vergleichbaren Ab-
tionsvereinbarung mit einem außerschulischen gemeinnützi-
schlüssen der Sekundarstufe I führen, durch. Das Angebot muss
gen Verein (i. S. d. §§ 51-68 der Abgabenordnung) haben. Das
kontinuierlich für ein Schulhalbjahr angelegt sein. Außerschuli-
Kooperationsbudget kann ausschließlich für die Aufwandsent-
sche Partner werden mit einbezogen, indem sie Ehrenamtliche
schädigung der Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter aus
an den Schulen einsetzen.
der Kooperation verwendet werden.
www.jugendbegleiter.de Kooperation Schule – Verein
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Jugendbegleiter-Koordinator
Seit 1987 existiert in Baden-Württemberg das Kooperations-
Schulleitungen, die vor besonderen Herausforderungen beim
projekt „Schule – Verein“. Die starke Zusammenarbeit zwi-
Aufbau eines Netzwerks Ehrenamtlicher stehen, werden durch
schen der Schulverwaltung und Sportorganisationen hat
Jugendbegleiter und Schule im ländlichen Raum
zu einer Vielzahl von Kooperationen zwischen Schulen und
Schülermentorinnen und Schülermentoren
Sportvereinen geführt. Die Vereine erhalten einen festgelegten
Schülermentorinnen und Schülermentoren sind ausgebildete
Zuschuss vom Land. Die Maßnahmen müssen kontinuierlich
Schülerinnen und Schüler, die als Mentoren für jüngere Schü-
über ein Schuljahr stattfinden.
lerinnen und Schüler eingesetzt werden. Die Mentoren können in den Bereichen Sport, Musik, Suchtprävention, Medien, Bil-
Lehrbeauftragten-Programm
dende Kunst, Verkehrserziehung, soziale Verantwortung so-
Das Lehrbeauftragten-Programm bietet Schulen die Möglich-
wie Natur- und Umweltschutz ausgebildet werden. Seit 1994
keit, qualifizierte Personen – sogenannte Lehrbeauftragte – in
gibt es in Baden-Württemberg landesweite Schülermentoren-
das pädagogische Konzept der Schule mit einzubeziehen. Die
Kurse. Mittlerweile engagieren sich viele außerschulische Part-
Lehrbeauftragten machen ergänzende Unterrichtsangebote
ner und bringen sich auf unterschiedliche Weise mit ein. Schü-
wie Arbeitsgemeinschaften, Förderkurse oder auch Work-
lermentorinnen und Schülermentoren können auch als Jugend-
shops. Die Lehrbeauftragten erhalten für ihre Tätigkeit eine
begleiterin und Jugendbegleiter tätig sein und jüngere Schüle-
Aufwandsentschädigung in Höhe von 7 Euro pro Unterrichts-
rinnen und Schüler beaufsichtigen und betreuen.
stunde.
Weitere Informationen unter www.kultusportal-bw.de.
Eine Doppelförderung mit anderen Landesmitteln ist aus geschlossen. Lesepaten Lesepaten sind ehrenamtlich arbeitende Personen, die Kinder mit besonderem Förderbedarf an Schulen unterstützen, um die Lesefähigkeit und Lesekompetenz zu erhöhen. Sie lesen entweder vor, lesen mit den Kindern gemeinsam oder lassen sich von den Schülerinnen und Schülern vorlesen. Lesepaten werden häufig von Vereinen an Schulen vermittelt. Login-Bereich Im Login-Bereich zum Jugendbegleiter-Programm können die Schulen ihre Stammdaten aktualisieren, den jährlichen Fragebogen ausfüllen und die Zwischen- und Endabrechnung bearbeiten. www.login.jugendbegleiter.de Multiplikatoren-Netzwerk Zur Unterstützung von Schulen im Jugendbegleiter-Programm, die bisher wenig Erfahrung mit dem Einsatz von Ehrenamtlichen in der Betreuung haben, besteht ein Multiplikatoren-Netzwerk aus erfahrenen und engagierten Schulleiterinnen und Schulleitern. Durch das Netzwerk lassen sich Kompetenz und Knowhow einzelner Schulen einer Vielzahl anderer Schulen zugänglich machen. Die Multiplikatorinnen und Multiplikatoren stellen ihr Wissen strukturiert und kontinuierlich einzelnen Partnerschulen in ihrem regionalen Umfeld zur Verfügung und unterstützen diese bei der konzeptionellen Arbeit.
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Raum f端r Notizen
Raum f端r Notizen
Postfach 11 62 74370 Sersheim Im Auftrag des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport