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MOMO - THE VOICE OF DISCONNECTED YOUTH M
WIR SIND UNSCHULDIG WIR SIND BEGEHRENSWERT WIR SIND FLÜCHTIG WIE DIE TRÄUME VERGANGENER NÄCHTE Lene, 17 Jahre
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„... bei meinem Stiefvater, dass ging schon am ersten Tag schief...da hab ich mir meinen Bruder geschnappt... und wir sind in eine Kriseneinrichtung - eine Art Heim gekommen...“ „... ich hab in einem Obdachlosenheim gewohnt... seit dem 18. Lebensjahr...“ „...Essen?... na, Containern gehen zum Beispiel...“ „...ich versuche gerade, eine Tagesstruktur zu erlernen...
Kurzes Editorial: Vor vier Jahren haben wir die Jugendinitiative MOMO THE VOICE OF DISCONNECTED YOUTH geründet, weil wir uns in dieser Gesellschaft benachteiligt und entkoppelt von gesellschaftlicher Teilhabe fühlen. In diesem Jahr wurde von uns die mittlerweile 3. Bundeskonferenz der Straßenkinder in Deutschland organisiert. Von den Visionen dieser Konferenz berichten wir in diesem Heft.
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MOMO: WAS IST DAS? MOMO – The Voice of disconnected Youth ist eine Organisation von Jugendlichen für Jugendliche. Mit unserem Verständnis können wir Deinen Talenten eine Stimme geben. Eine Perspektive bilden, Hoffnung schenken, Freiheiten ausleben. Du machst Dir Gedanken über Deine Zukunft? – Wir haben es uns zur Lebensaufgabe gemacht, jungen Menschen eine Perspektive zu geben.
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Laut KINDER- UND JUGENDHILFEGESETZ haben gefährdete junge Menschen einen rechtlichen ANSPRUCH auf angemessene WOHNVERHÄLTNISSE, auf sozialpädagogische Hilfen und individuelle und ambulante BETREUUNG. Und doch gibt es in Deutschland STRASSENKINDER, das wissen alle. Wir wissen es aus eigener ERFAHRUNG! Schätzungen des Deutschen Jugendinstituts zufolge gibt es ca. 29.000 - 37.000 junge Menschen in Deutschland, darunter ca. 7.000 Minderjährige, die in OBDACHLOSIGKEIT leben. Viele kennen das Gefühl, keine Stimme zur MITBESTIMMUNG des eigenen Lebens zu haben, und dass die eigene Stimme kein GEWICHT hat. Wir haben es uns zur AUFGABE gemacht, Kindern und Jugendlichen, die ihren Lebensmittelpunkt auf der Straße haben oder hatten, eine Stimme zu geben. Dasselbe gilt auch für unbegleitete minderjährige FLÜCHTLINGE.
DU KANNST... 6
...DICH SELBST ENGAGIEREN! ...DEINEN BEDÃœRFNISSEN EINE STIMME GEBEN! 7
WIR WERDEN DORTHIN GEHEN,... 8
...WO POLITIK GEMACHT WIRD, UM UNS FÜR DIE SORGEN UND BELANGE ALLER STRASSENKINDER IN DEUTSCHLAND EINZUSETZEN, WEIL: Wir selbst ERFAHRUNGEN auf der Straße gemacht haben. Wir wissen, wie es ist, keinen PLATZ zum SCHLAFEN zu haben. Wir wissen, wie UNGERECHT es sich anfühlt, nicht gehört zu werden. Wir uns mit anderen VERNETZEN wollen! Wir den politischen Entscheidern berechtigte FORDERUNGEN stellen wollen! Wir wollen ihnen aber auch eine ZUSAMMENARBEIT anbieten, um die Situation der von jeglichen UNTERSTÜTZUNGSSYSTEMEN entkoppelten Jugendlichen zu verbessern.
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WIR WOLLEN ANSPRECHPARTNER FÜR EUCH SEIN UND EURE INTERESSEN GEGENÜBER DER POLITIK VERTRETEN: WIR WOLLEN als Ständige Vertretung der Straßenkinder mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln politische Partizipations-, Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit für Euch betreiben und keine Sozialarbeit. WIR WOLLEN, dass die Straßenkinder in Deutschland als Teil dieses Landes und der Gesellschaft wahrgenommen werden. WIR WOLLEN auf Eure Nöte aufmerksam machen und Unterstützung aus allen Teilen der Gesellschaft organisieren. WIR WERDEN Aufklärungsarbeit betreiben, um Vorurteilen und Diskriminierung entgegenzuwirken. WIR WOLLEN UND WERDEN uns einsetzen, für Dich, für uns, für alle! 10
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WIR SPRECHEN FÜR JUNGE MENSCHEN: 12
die ihren Lebensmittelpunkt auf der Straße haben bzw. von WOHNUNGSLOSIGKEIT bedroht sind die keinen festen Wohnsitz oder kein OBDACH haben die von der gesellschaftlichen und politischen TEILHABE ausgeschlossen sind die am Rande der GESELLSCHAFT leben die in der JUGENDHILFE sind die von den sozialen SICHERUNGSSYSTEMEN nicht oder nicht mehr erreicht werden die mittellos in PREKÄRER Lage leben.
Alle diese PROBLEME kennen wir. Wir haben sie AUCH gehabt. Deshalb wollen wir etwas ändern, an unserer und Eurer ZUKUNFT.
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Die ARBEITSTREFFEN zu Vorbereitung waren geprägt von wichtigen Momenten der FREUNDSCHAFT, der gegenseitigen UNTERSTÜTZUNG, von einer Menge Spaß – aber in erster Linie sind Arbeitstreffen nun einmal Arbeit. Und wie viel Arbeit eine Bundeskonferenz macht, das wurde in jeder To-doListe, deren Erstellen jedes Arbeitstreffen einleitet, nur allzu gut sichtbar. Der Unterton, den diese Listen in die anfänglichen DISKUSSIONEN trugen, war oft von kollektiven Selbstzweifeln durchdrungen: Die FÜLLE an Herausforderungen schien sehr groß, jede Idee der MOMO’s wurde gleich mit berechtigten EINWÜRFEN der Berater*innen in Relation zur REALITÄT mit ihren zahllosen kleinen und großen HINDERNISSEN gesetzt… es schien viel zu langsam voranzugehen.
DIE ARBEITSTREFFEN DER MOMOS 14
Doch sehr bald lernten wir, wie MOMO am besten funktioniert: Als selbstbestimmte JUGENDINITIATIVE aus Jugendlichen mit eigenen Träumen, Wünschen, Erfahrungen, eigener Wut auf die Dinge, die schief laufen und mit einer Menge fantastischer IDEEN, die sich daraus ergeben. Und mit einer Vielzahl fähiger Berater*innen, die uns mit ihrer ERFAHRUNG bei der Umsetzung dieser Ideen immer den Rücken freihalten. Kurzum, am besten kamen wir voran, als alle BERATER*INNEN „vor die Tür“ gesetzt wurden, wir Zeit hatten, gemeinsam unsere VORSTELLUNGEN von der Bundeskonferenz zu entwickeln, und dann die Berater*innen wieder willkommen geheißen haben, um uns zu helfen, diese Vorstellungen Wirklichkeit werden zu lassen. 15
WIE SOLL EIN BEGRÜSSUNGSBEUTEL AUSSEHEN, und was kommt da rein?
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Wir MOMO’s haben uns bei unseren ARBEITSTREFFEN in Jamlitz und Berlin natürlich auch über so „nebensächlichen“ Kram wie BEGRÜSSUNGSBEUTEL ’n Kopf gemacht. Was soll das für’n Material sein? PLASTIKTÜTE ist ja voll daneben. Also BAUMWOLLE. Nicht so teuer, aber schick. Aber woher kriegen? Sollen die alle gleich aussehen oder lieber schön BUNT? Na klar: Wir nehmen alle Farben, die wir kriegen können! Und was drucken wir da drauf? Bundeskonferenz der Straßenkinder? Nee, haben wir gedacht. Da kommt unser tolles MOMO-LOGO drauf. SOPHIA hat das dann alles organisiert, hat ’ne super CONNECTION aufgetan, wo wir ’n echt fairen Preis gekriegt haben. Als die Beutel dann im Berliner Büro eintrafen, haben wir uns gefreut wie Bolle. Sophia, Pablo und unser MOMOBeater André haben sie dann in die Luft geweorfen... unser MOMO MEDIA MENSCH ANDREAS hat uns dabei geknipst. Aber seht selbst auf dem Foto. Ach ja, GEFÜLLT werden mussten die wunderschönen Beutel dann ja auch noch. Wir haben nicht lange überlegt, schnell war klar, da gehört rein:
MOMO-Notitzblock mit Stift (hat auch Sophia organisiert!) Aufkleber Flyer
Eigentlich wollten wir die HYGIENEARTIKEL, die man für so ein arbeitsreiches WOCHENENDE braucht, auch in die Beutel tun... Wir haben die Sachen dann lieber gleich auf den BEGRÜSSUNGSTISCH gelegt, wo sich jeder bedienen konnte. PERFEKT! Die Begrüßungsbeutel fanden schnell ihre neuen Besitzer, und auch der Begrüßungstisch war schnell leergefegt und alle Teilnehmer*innen versorgt.
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DAS JUSTUS DELBRÜCK HAUS IN JAMLITZ ist „Halt(epunkt) für Straßenkinder“
Das Justus Delbrück Haus, die AKADEMIE für Mitbestimmung, befindet sich im ehemaligen BAHNHOFSGEBÄUDE von Jamlitz im Landkreis Dahme-Spreewald. Es steht Kindern und Jugendlichen offen, die von gesellschaftlichen Prozessen der Mitbestimmung und Teilhabe ausgeschlossen sind. Dazu bietet der KARUNA Zukunft für Kinder und Jugendliche in Not e.V. diesen Kindern und Jugendlichen ein STIPENDIUM an, mit dem der BESUCH im Justus Delbrück Haus FINANZIERT wird...
Hier den ganzen Artikel lesen: https://www.momo-voice.de/broschuere/jamlitz
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Das Housing First-Projekt „Landeinwärts“
„Landeinwärts“ ermöglicht entkoppelten und benachteiligten Jugendlichen, auf dem Land seelisch zu gesunden und neue PERSPEKTIVEN für Schule, AUSBILDUNG und BERUF zu entwickeln. Das besondere an diesem HOUSING FIRSTPROJEKT sind die BEDINGUNGSLOSIGKEIT und die Verweildauer der Jugendlichen: Bis zu neun Monate lang können sie sich ohne Vorbedingungen weitab der Großstädte nach traumatischen Erlebnissen oder vom Drogenentzug erholen. „Die Jugendlichen haben die Möglichkeit, sich in dieser Zeit bei uns wie in einer großen FAMILIE zu stabilisieren und Perspektiven für ihr weiteres Leben zu entwickeln.“ (Anett Quint, Leiterin des JustusDelbrück-Hauses) Bis zu acht Jugendliche können zurzeit pro Jahr in der Einrichtung aufgenommen werden...
Hier den ganzen Artikel lesen: https://www.momo-voice.de/broschuere/landeinwaerts
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HOUSING FIRST
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Stimmen von Teilnehmer*innen des Programms Landeinwärts zum Prinzip „housing first“ „RAUS aus meinem UMFELD. Weg von dem Ort, an dem ich ANGST hatte, auf die Straße zu gehen.“ „Ich finde zum Beispiel MEGA GUT, dass ich hier, wenn ich mal schlecht gelaunt bin, einfach mal kilometerweit in den WALD laufen kann und garantiert niemandem über den Weg laufe. Das geht in der Stadt nicht. Da gehe ich vor die Tür und habe schon den Ersten vor der Nase.“ „Hier hast du deine RUHE. (...) Und wenn dir der Tagesablauf zu stressig ist, dann gehst du raus und schaust, was du um dich herum hast.“ „Das ist einer der Hauptgründe. Ich liebe SOMMER in Jamlitz. Ich mag die Nähe zum SEE und dieses: bei den Arbeitstreffen, (…) MITTAGSPAUSE (…) megageil so aus der Arbeit raus, schnell in die BADEKLAMOTTEN, mit dem FAHRRAD oder LONGBOARD zum See, in den See planschen gehen und sich wieder fertig machen und zurück zum ARBEITSTREFFEN. Das war bis jetzt nirgendwo möglich, wo ich gewohnt habe, und das finde ich unheimlich geil. Ich mag die NATUR hier und so, und ich freue mich einfach mega auf den Sommer.“ „Na ja, das halt LEUTE da sind. Das ich Leute in der HINTERHAND habe. Wo ich mich melden kann, wenn ich mit irgendwas nicht weiter weiß, oder so.“ „BEDARFSUNTERSTÜTZUNG gibt es noch. Wenn ich wo nicht durchsehe, kann ich mich melden. Zum Beispiel bei der Umstellung von SOZIALAMT zum Arbeitsamt.“ Man kann im Grunde genommen tun und lassen, was man will. Man hat wenig REGELN vorgesetzt bekommen, und man hält sich dran. Man weiß, dass es in anderen Einrichtungen ganz anders aussieht, und man ist glücklich hier mit dem, was man hat. Da stehe ich nicht alleine. Das finde ich COOL. Drei goldene Regeln. Keine Gewalt, keine Provokation und keine Drogen und Alkohol.“ 22
Hier mehrStimmen und Meinungen zu housing-first lesen: https://www.momo-voice.de/broschuere/housing-first 23
FARBE BEKENNEN UND HERAUSSCHREIEN
Trietze zur Eröffnung der 3. Bundeskonferenz der Straßenkinder Verdrängung und VERLUST, wachsende PROBLEME und fehlende BETEILIGUNG. Ein ständiger KAMPF um den Lebensmittelpunkt und einen Platz in einer STADT, die stetig wächst und in der keine Lücke unbenutzt bleiben darf, ohne KAPITAL zu erbringen. In der Leben immer teurer wird und man sich nach und nach vor dem weniger privilegierten Teil der Gesellschaft zu verschließen versucht. GENTRIFIZIERUNG. Ein Thema, das uns alle betrifft. Ein Wort, dem wir tagtäglich begegnen und das einige von Euch gut kennen. Vor allem in den großen Städten sind die AUSWIRKUNGEN deutlich spürbar. Erst recht, wenn man wie die meisten der hier anwesenden Menschen zu dem weniger privilegierten Teil gehört. Zunehmend geht es in vielen VIERTELN, in erster Linie in innerstädtischen Bereichen, nur noch um VERSCHÖNERUNG. Attraktivitätssteigerung durch Hotels, teure Restaurants, riesige EINKAUFSMÄRKTE, extravagante Galerien und teure Modeketten. Einige von Euch fragen sich jetzt bestimmt gerade zu Recht, was daran attraktiv ist. Ich denke, es ist nicht zu weit hergeholt, wenn ich behaupte, dass für uns daran gar nicht wirklich viel attraktiv sein soll. In der heutigen Zeit 24
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ist kein PLATZ mehr für Menschen, von denen nichts zu holen ist. Wer mehr kostet, als er einbringt, muss gehen. Viele von uns haben und oder hatten ihren LEBENSMITTELPUNKT auf der Straße und sind besonders dann und auch später noch auf soziale Arbeit und
PROJEKTE angewiesen. Hilfen, die besonders in großen Städten geschätzt, gefördert und geschützt werden sollten. Genau wie jeder Einzelne von uns. Fast alle wissen wir, wie es sich anfühlt, wenn einem der Boden unter den Füßen weggerissen wird und man plötzlich in einem
DSCHUNGEL aus Ungewissheit, Angst und Perspektivlosigkeit steht, einem klar wird, dass der Asphalt unter den Füßen zum neuen Zuhause wird. Es ist nur logisch, dass ein junger Mensch, der plötzlich ganz allein auf der Straße steht, in die ANONYMITÄT und Schnelllebigkeit der GROSSSTADT flüchtet. Fast niemand würde auf die Idee kommen, einen an der Straße nach seiner LEBENSGESCHICHTE zu fragen. Es fällt leichter, nach Geld und Essen zu betteln, da die Wahrscheinlichkeit, Menschen zu treffen, die man kennt, viel geringer ist, geschweige denn Menschen ein zweites oder drittes Mal wieder zu treffen. Dabei ist es auch nicht verwunderlich, dass Orte wie HAUPTBAHNHÖFE, Marktplätze oder Parks zu Knotenpunkten werden. Es sind die Orte, an denen man als „Straßenkind“ gewöhnlich ankommt,- die ersten Kontakte 26
knüpft. Die nähere Umgebung und das Umfeld sind für uns dann oft so etwas wie eine SICHERHEITSZONE, die in vielen Fällen auch nicht verlassen wird. Und um diese Sicherheitszone zu wahren, und trotzdem dort zu helfen, wo dringend Hilfe nötig ist, sind viele soziale Projekte rund um Hauptbahnhöfe und im direkten Gebiet der Innenstädte und KNOTENPUNKTE angesiedelt. Ein wichtiger Baustein, wenn es um die STABILISIERUNG und vor allem in vielen Fällen um die Grundversorgung von jungen Menschen geht, die ihren Lebensmittelpunkt auf der Straße haben. Sie bieten uns und vielen anderen nahezu täglich einen SCHUTZRAUM, in dem wir uns nicht nur waschen und mit Essen versorgen können, sondern hin und wieder für ein paar KOSTBARE MINUTEN auch mal den ganzen Mist, der um uns herum passiert, vergessen können. Es sind die Menschen, die uns dort Tag für Tag die Tür öffnen, die diese Orte zu dem machen, was sie sind. Menschen, die uns aufzeigen, dass man Vertrauen wieder lernen kann, dass wir nicht alleine sind, dass man uns zuhört und unsere PROBLEME ernst nimmt. In den letzten Monaten hört man vermehrt von sozialen Projekten und Einrichtungen, die ihre RÄUMLICHKEITEN verloren haben oder in naher Zukunft verlieren werden. Vor allem in den Innenstädten ist es inzwischen nahezu unmöglich, einen neuen Standort zu finden. Die MIETEN explodieren, die für Wohnraum und Immobilien festgelegten Grenzen sind unrealistisch und viel zu gering, die Städte haben kein Eigentum mehr, aber sagen auch, sie können nicht noch mehr Geld in Projekte investieren, die zwar unglaublich wichtig für uns als NUTZER sind, gleichzeitig auch störend und unschön für die direkte Umgebung. Büroräume werfen mehr Profit ab. Das Nobelhotel an der Ecke, wo man früher mal schlafen konnte, kurbelt den Tourismus an. Touristen haben Geld, also wird die Ladenstraße noch erweitert... Hier den ganzen Artikel lesen: https://www.momo-voice.de/broschuere/trietze 27
MEIN NAME IST MENSCH!
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Hanna zur Eröffnung der 3. Bundeskonferenz der Straßenkinder
„Mein Name ist Mensch!“ ist seit jeher das MOTTO unserer Konferenzen. Wir wollen damit ausdrücken, dass jedem Menschen, ganz egal welchen Beruf, Status oder Hautfarbe er hat, ihm oder ihr die gleichen RECHTE und der gleiche RESPEKT gebührt. Seit dem Flüchtlingsstrom 2015 freuen wir uns, neue Bewohner*innen in Deutschland begrüßen zu können. Die geflüchteten Menschen kommen aus sehr zerrütteten und schweren Verhältnissen. Unter ihnen befinden sich viele traumatisierte KINDER, Jugendliche und junge Erwachsene. Sie benötigen besonderen Schutz und Zuwendung. Doch anstatt sie vernünftig zu integrieren und sie teilhaben zu lassen an unserem Leben und an unserer GESELLSCHAFT, werden sie ausgesondert. Nach ihrer Ankunft in Deutschland, ordnen ihnen die Behörden ihr wahrscheinliches Alter zu. Dieses entscheidet darüber, in welches FLÜCHTLINGSCAMP man kommt. Zu oft wird ihr Alter von den BEHÖRDEN eingeschätzt, weil sie keine PAPIERE bei sich haben. Man traut ihren Angaben nicht, und so kommt es oft vor, dass man sie älter einstuft. Dadurch verlieren sie ihren ANSPRUCH auf Jugendhilfe und müssen in Erwachsenenunterkünfte. 29
Sind sie MINDERJÄHRIG oder werden sie als minderjährig eingeschätzt, schickt das Fachamt „Flüchtlinge“ im Jugendamt sie in die Inobhutnahme, die sogenannten ERSTVERSORGUNGSEINRICHTUNGEN. Dort arbeitet oft überlastetes und unqualifiziertes PERSONAL. Aufgrund fehlender Kenntnisse im ASYLRECHT können sie den Jugendlichen oft nicht optimal helfen. Allerdings ist es zu würdigen, dass tausende FREIWILLIGE und engagierte Helfer in den vergangenen zwei Jahren ohne staatliche Hilfe großartige Arbeit bei der
VERSORGUNG der neu angekommenen Flüchtlinge geleistet haben. Trotz der empathischen und engagierten Hilfsversuche, zeigt die aktuelle STUDIE von UNICEF „Kindheit im Wartezustand“ jedoch, dass die Beachtung der BEDÜRFNISSE und Rechte der geflüchteten Kinder, trotz der stark rückläufigen Zuzugszahlen vielerorts sehr mangelhaft ist. Das gilt für die minderjährigen, unbegleiteten Geflüchteten, aber insbesondere auch für die jungen Menschen, die mit ihren FAMILIEN ankommen. Denn sie leben oft über viele Monate oder sogar Jahre in einer nicht für Kinder geeigneten Umgebung. Das ZUSAMMENLEBEN mit vielen fremden Menschen auf engem Raum, mangelnde PRIVATSPHÄRE, fehlende Rückzugsorte und zum Teil problematische hygienische Bedingungen haben Auswirkungen auf die Sicherheit und das Wohlergehen der KINDER. Die teilweise problematischen Unterbringungen bieten keine Zeit für den Aufbau zwischenmenschlicher
BEZIEHUNGEN, die Chance auf Integrität und auf Geborgenheit. Die gerade nach den traumatischen Erlebnissen, nach der Flucht, dem Krieg und dem Hunger so wichtig wären. Die JUGENDHILFE wird oft kurzfristig beendet, ohne dass die Geflüchteten Hilfe beim Antrag auf junge VOLLJÄHRIGENHILFE bekommen. Dadurch landen viele von ihnen auf der Straße und haben keine Chance mehr sich in die Zivilgesellschaft einzugliedern. Das muss sofort aufhören! Wir wollen KEINE ZWEI-KLASSEN-JUGENDHILFE! Das verstößt gegen das Kinder- und Jugendhilfegesetz und gegen das Grundgesetz, ist also ein Verstoß gegen die VERFASSUNG. Wir weigern uns dabei zuzusehen, wie der Staat diesen Menschen jegliche CHANCE auf freie Entfaltung und individuelle Hilfe verweigert. 30
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„ES GEHT EINFACH SO NICHT WEITER!“
Interview mit Nicki (20 Jahre, aus Berlin) MOMO MEDIA: Warum bist Du auf der Straße gelandet? NICKI: Es lief Zuhause nicht wirklich gut. Ich habe verbale, psychische, aber auch körperliche Gewalt erlebt. Irgendwann habe ich meiner Mutter gesagt, dass ich darauf keinen Bock mehr habe. Danach wurde ich dann von da nach da geschickt. Auf die Nummer hatte ich gar keine Lust und bin dann immer öfter abgehauen. Irgendwann bin ich dann mal ganz weggeblieben, habe mal da und mal da gewohnt, habe mir bei Freunden erst mal einen Unterschlupf gesucht. Das ging mit 14 los und hält an bis heute.
MOMO MEDIA: Wie bist Du zur Bundeskonferenz der Straßenkinder gekommen? NICKI: Ich bin von KARUNA aus mitgekommen. Ich bin im Projekt „DRUGSTOP“ von KARUNA, meine Einzelfallhilfe ist auch dort. KARUNA ist für mich mehr ein Zuhause als das, wo ich herkomme bei meinen Erzeugern. Ich dachte, das ist eigentlich eine coole Aktion, gehst mal mit hin, schaust dir das ganze Ding mal an. ... Hier das ganze Interview lesen: https://www.momo-voice.de/broschuere/nicki 32
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FÜR MICH MACHT DAS TOTAL SINN! 34
Trietzes Statement zu MOMO und zur Bundeskonferenz
MOMO MEDIA: Warum bis Du von Zuhause weg? TRIETZE: Ich habe mit sechs Jahren zum ersten Mal meinen Kram raus in den Garten gestellt und habe gesagt, ich komme nicht mehr zurück. Natürlich bin ich dann wieder zurück. Mit 15 bin ich dann zum Jugendamt, und dann ging es hin und her mit Kinderjugendnotdienst, dann gegen meinen Willen ins Betreute Wohnen, da lief auch alles schief. Wir sind dann da abgehauen.
MOMO MEDIA: Du bist nicht zum ersten Mal auf einer Straßenkinderkonferenz?
TRIETZE: Auf den beiden ersten Konferenzen war ich als normaler Gast da. An der Organisation habe ich mich erst später beteiligt.
MOMO MEDIA: Du hast ja nun einige Erfahrungen gesammelt. Macht es Sinn für Dich, sich bei den MOMO’s so zu engagieren?
TRIETZE: Für mich macht das total Sinn! Die MOMO-Büros in Berlin und Hamburg sind ja aus diesem, unserem Engagement in der „Ständigen Vertretung der Straßenkinder in Deutschland“ heraus erst entstanden. Ohne die beiden ersten Straßenkinderkonferenzen und den Druck, den wir damit auf die Politik ausgeübt haben, der wir ‚ gesagt haben, diese Konferenzen sind ein geiles Ding, wir wollen eine ständige Vertretung, wir brauchen das finanziert’, wäre das ganz sicher so nicht möglich gewesen. Dadurch haben wir erst einmal Aufmerksamkeit dafür geschaffen. (Fortsetzung nächste Seite) 35
MOMO MEDIA: Wie lief denn die Vorbereitung auf die 3. Bundeskonferenz und die Konferenz selbst? TRIETZE: Ziemlich chaotisch. Aber es war ein sehr gutes Chaos! Es hat alles funktioniert. Alle sind zufrieden. Geiles Feedback! Geile Stimmung! Gute Zeit! Coole Ergebnisse!
MOMO MEDIA: Wenn Du das vergleichst mit der 2. Bundeskonferenz? Hier ging es ja nicht so sehr darum Forderungen aufzustellen, sondern Utopien zu entwickeln...
TRIETZE: Ja das stimmt. Es ging um unsere Utopien. Ohne uns von Gesetzen oder Strukturen oder Vorgaben der sozialen Arbeit beeinflussen zu lassen. Sondern, dass wir das aufnehmen von den Jugendlichen, was sie sich wünschen, ohne dabei an irgendwelche Vorgaben zu denken.
MOMO MEDIA: Wie geht’s jetzt weiter, nach der Bundeskonferenz ist vor der Bundeskonferenz... TRIETZE: Ja, auf jeden Fall. TERRE DES HOMMES hat ja bereits zugesagt, die MOMO’s auch im nächsten Jahr bei der Finanzierung der Bundeskonferenz zu unterstützen. Dann haben wir die Einladung aus dem Bundesjugendministerium bekommen, dass wir unsere Utopien auf einer Pressekonferenz vorstellen können.
MOMO MEDIA: Wie geht es persönlich bei Dir weiter? TRIETZE: Ich arbeite weiter im MOMO-Büro in Hamburg. Da geht es um die ganz normale, alltägliche Lobbyarbeit für Straßenkinder. Und dann haben wir diesen unsäglichen G20-Gipfel in Hamburg. Da sollen zum Beispiel die Obdachlosen aus der Stadt vertrieben werden. Da versuchen wir MOMO’s uns natürlich solidarisch zu zeigen und dagegen zu wehren. Und jetzt mache ich mein Fachabitur fertig, und dann werde ich Sozialarbeit studieren.
MOMO MEDIA: Wovon träumst Du? TRIETZE: Von einer besseren Welt! Ich möchte so leben, wie ich es möchte, ohne ständig in Klischees gepresst und von der Gesellschaft an den Rand gerückt zu werden! Ich träume davon, dass jeder Mensch die gleichen Rechte hat! 36
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ICH HABE DANN IN NOTSCHLAFSTELLEN GESCHLAFEN
Kassem aus Essen will MOMO-Mitglied werden! Rund 37.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland leben auf der Straße. Allein in Essen sind es ca. 160 Jugendliche zwischen 14 und 21 Jahren, die ihren Lebensmittelpunkt auf der Straße haben. Kassem (18 Jahre) ist einer von ihnen, er kam mit anderen Jugendlichen aus der „Notschlafstelle 58“ aus Essen zur 3. Bundeskonferenz der Straßenkinder in die Akademie für Mitbestimmung, dem Justus Delbrück Haus, in Jamlitz. Die MOMO’s sprachen mit ihm.
MOMO MEDIA: Wie bist Du auf der Straße gelandet? KASSEM: Ich bin Deutschland geboren, in Mühlheim an der Ruhr, meine Eltern kommen aus dem Libanon. Es gab früher ganz viel Stress mit dem Jugendamt, weil die mitbekommen haben wie das zu Hause bei meinen Eltern läuft, die nicht auf mich aufpassen konnten, weil sie dazu nicht so gut in der Lage waren und auch sehr religiös gewesen sind. Ich bin mit sechs Jahren weg von meinen Eltern und vom Jugendamt von einem Heim zum anderen gebracht worden. Mit elf, zwölf kam ich dann in eine Pflegefamilie in Kleve – so eine sozialpädagogische Lebensgemeinschaft, da lief das ein paar Jahre lang gut, dann irgendwann nicht mehr. Ich habe die ganze Zeit rumgemeckert, weil ich wieder zurück zu meinen Eltern wollte. 38
Dann bin ich zum ersten Mal auf der Straße gelandet, weil ich weder zu meinen Eltern konnte, aber auch nicht dableiben wollte. Da hat das dann auch mit den Drogen – Gras usw. angefangen. Das hat sich dann immer weiter verschlimmert. Ich habe dann so drei, vier Monate lang auf der Straße gelebt, u.a. in Kleve in einer Abrissbude. In einem Autohof habe ich mir dann alte Autoreifen und Fenster geholt, um mir daraus Tische und Stühle usw. zu bauen. Ich bekam dann irgendwann eine Handynachricht, dass ich zurück zu meinen Eltern gehen kann, weil das Jugendamt keinen Bock mehr drauf hatte, dass ich auf der Straße lebe. Dann bin ich auch zu meinen Eltern hin, das lief für ca. ein Jahr gut. Aber wir haben uns nicht mehr so gut vertragen, hatten uns wohl zu sehr auseinandergelebt. Ich kam auch mit ihren religiösen Einstellungen nicht so klar, und die haben mich nicht mehr so akzeptiert wie ich war. Es gab nur noch Stress. Dann bin ich wieder auf der Straße gelandet. Das ging wieder vier, fünf Monate lang, ich habe dann in Notschlafstellen geschlafen. Mit ungefähr16 Jahren bin ich nach Essen gekommen, weil das in den Notschlafstellen am Niederrhein für mich nicht mehr ging... 39
Hier das ganze Interview lesen: https://www.momo-voice.de/broschuere/kassem
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ICH MÖCHTE NICHT DAS ARME STRASSENKIND SEIN... Hanna, 17, MOMO-Mitglied
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MOMO MEDIA: Warum bist du von deiner Familie weg? HANNA: Na ja, es gab halt familiäre Probleme, und ich hatte auch viele Probleme selber mit mir irgendwie und mit meiner Schule, mit dem Lebensstil und ganz vielen anderen Menschen und habe mich irgendwie nicht so ganz wohl in der Gesellschaft gefühlt...
MOMO MEDIA: Und bist du dann irgendwann mal hier in Jamlitz gelandet? HANNA: Ja genau! Ich war auf der zweiten Straßenkinderkonferenz, und die hat mich recht beeindruckt. Ich habe damals bei „Basis und Woge“ in Hamburg so ein bisschen die Facebook-Redaktion gemacht und war schon immer politisch sehr interessiert, habe gern mitgeredet. Die Konferenz, die fand ich ziemlich cool. Dann wurde ich von einer Freundin dazu überredet, mit nach Jamlitz zu kommen, um mir das mal anzugucken. Das hat mir von echt gut gefallen, und dann bin ich halt immer regelmäßiger zu den Arbeitstreffen gefahren. Mittlerweile bringe ich mich bei KARUNA und auch MOMO stark ein, habe mega viel Spaß an der Sache. Es ist ein extrem tolles Projekt, dass man jetzt den Leuten, die sich vielleicht am besten in die Situation reinfühlen können, die am besten beurteilen können, was in dem System falsch läuft, endlich auch mal ein Sprachrohr vermittelt, und dass das nicht irgendwie andauernd von irgendwelchen Menschen in der Politik getragen wird, die vom echten Leben gar keinen Plan haben. (Fortsetzung nächste Seite)
ICH MÖCHTE AKTIV WAS VERÄNDERN 43
MOMO MEDIA: Wie läuft denn das bei den MOMO’s in Hamburg so ab? HANNA: MOMO ist halt ein offenes Ding, das ist ein Projekt, bei dem viele Menschen mitwirken können, die Lust drauf haben, die vielleicht auch selber Erfahrungen mit der Straße gemacht haben und oder auch einfach generell interessiert sind und gern Menschenarbeit machen. Bei den Arbeitstreffen kann jeder vorbeischauen, der möchte, kann sich das angucken, es verpflichtet zu nichts. Aber wenn dieser Mensch öfter erscheint und Lust hat, Mitglied zu werden, dann kann er sich, wenn er dreimal gekommen ist, zum Mitglied oder Berater wählen lassen, je nachdem, in welcher Rolle er sein möchte. Dann engagiert man sich hier und bereitet sich auf die Konferenzen vor und macht ganz viel Politik und Teilhabe. In den regionalen Büros (Berlin, Hamburg und Jamlitz) ist es so, dass man eine Anstellung über den Bundesfreiwilligendienst kriegt und dann ein Jahr oder bisschen länger, je nachdem, wie viel Tage man sich einträgt, aktiv in dem Büro arbeitet. In Hamburg, wo ich auch arbeite, bringen sich die MOMO’s extrem viel in die Politik und Zivilgesellschaft ein, MOMO ist dort sehr angesehen. Wir werden öfter zu politischen Veranstaltungen eingeladen, haben auch schon im Rathaus gesprochen bei dem Kinderarmutskongress. Wir sind an vielen Projekten beteiligt, wir werden oft zu Rate gezogen. Wir machen auch ganz viel Zivilgesellschaftliches. Ein kleines Projekt, von dem ich immer gern erzähle ist zum Beispiel die Situation am Hauptbahnhof. Da gibt es unentgeltliche Toiletten für Männer, aber es gibt für Frauen, die ja genauso ihren Lebensmittelpunkt am Hauptbahnhof haben, keine Möglichkeit, irgendwie ihr Geschäft zu erledigen, ohne Geld zu bezahlen. Das ist uns irgendwann mal aufgefallen, wir finden das eine totale Frechheit und dachten uns, warum wenden wir uns nicht mal ganz offiziell mit MOMO an die Stadtverwaltung, an die Politik, und fragen, weil das ist ja Scheiße...
MOMO MEDIA: Du stehst mittlerweile häufig in der Öffentlichkeit... HANNA: Ich möchte’ auch nicht in diese Opferrolle von den Medien gedrückt werden, weil das bin ich definitiv nicht – ich möchte aktiv was verändern, ich möchte nicht einfach das arme Straßenkind sein, das ich auch 44
nicht bin. Es gibt ganz viele Menschen, die sehr viel Schlimmeres erlebt haben und die aber einfach keine Kraft mehr haben, sich damit auseinanderzusetzen, die einfach nicht mehr das machen können, was wir machen. Und deshalb finde ich es wichtig, dass wir das machen, dass wir uns Gehör verschaffen. Aber ich find’s auch nicht schön, immer so in den Mittelpunkt gerückt zu werden.
MOMO MEDIA: Du hast hier einen Workshop geleitet?
HANNA: Mein Workshop war ‚Wohnen’, das ist ein riesengroßes Thema, nicht nur für die Obdachlosen und die Straßenkinder, sondern eigentlich für alle Menschen, die auf der Welt leben, weil Wohnraum immer komplexer wird, in den Großstädten immer weniger zur Verfügung steht. Mittlerweile gibt’s extrem viele tolle, coole Projekte und Initiativen und Modelle, in denen man leben kann, die total genial sind. Ich denke, man sollte nicht nur in der Jugendhilfe umdenken, was Wohnraum bedeutet, man sollte generell umdenken...
Hier das ganze Interview lesen: https://www.momo-voice.de/broschuere/hanna 45
KLEINE JUGEND-WG MIT GROSSER WIRKUNG MOMO MEDIA: Ein Teil der Akademie für Mitbestimmung nennt sich „Landeinwärts“? Was verbirgt sich dahinter?
ANETT QUINT: „Landeinwärts“ ist eine kleine Jugend-WG mit großer Wirkung. Wir arbeiten nach dem Housing first-Ansatz. Sofortige Aufnahme, keine Bedingungen für Jugendliche, die sich in ihrer Not an uns wenden, um hier zu wohnen.
MOMO MEDIA: Das ist aber eine knappe Beschreibung. ANETT QUINT: Von meinem Gefühl her ist es eine Wohngemeinschaft. Mir gefällt daran dieser Blickwinkel, dass die Jugendlichen hier nicht stigmatisiert werden, nach dem Motto: Das sind unsere Klienten, Patienten oder Delinquenten. Sondern es sind einfach Jugendliche, die in einer WG leben und sich berappeln müssen mit allen Schwierigkeiten. Natürlich sind sie alle in einem bestimmten Sinn auch sozial und organisatorisch orientierungslos. Einige sind traumatisiert und bringen eine Menge Pakete mit, die sie hier, wenn sie sich dafür entscheiden, aufschnüren können. Entschleunigung, Druck herausnehmen, ausschlafen dürfen, durchatmen, in der Natur und in einer dörflichen Gemeinschaft leben. Die Jugendlichen haben bei uns sehr viel Eigenverantwortung. Das macht uns aus. 46
Interview mit Anett Quint, Leiterin des Justus-DelbrĂźck-Hauses, Akademie fĂźr Mitbestimmung, Bahnhof Jamlitz
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MOMO MEDIA: Gibt es denn echte Erfolgsgeschichten? ANETT QUINT: Ja, viele! Ich habe vor kurzem eine E-Mail bekommen von einem jungen Mann, der bei uns ganz am Anfang da war. Da gab es nur die Bildungsstätte und dann immer mehr Jugendliche, die gefragt haben, könnte ich nicht bleiben? Ich musste dann sagen, eigentlich geht das nicht, aber ich guck mal, ich finde ’ne Lösung, ein Zimmerchen, irgendeine Ecke für Dich. Der Junge hat damals Fachabitur gemacht und war auch in der Lage, praktisch zu arbeiten. Er war ein halbes Jahr bei uns. Da habe ich gelernt, was Traumatisierung ist, was Beziehungsarbeit bedeutet, was Nach-Be-Elterung und Nachreife bedeuten und diese ganzen Sachen.
MOMO MEDIA: Wie ging’s dann weiter? ANETT QUINT: Dann war irgendwann der Kontakt weg. Er meldete sich jetzt bei mir mit der Bitte, ob wir den Film über Florian Balser, Bewohner in „Landeinwärts“ und Jakob Richter, Überlebender aus dem Konzentrationslager hier in Jamlitz, den wir hier präsentieren, auch bei ihm an der Hochschule in Stendal in seinem Filmklub zeigen könnten. Er studiere dort Reha-Psychologie, und er würde uns mit seinem Auto vom Bahnhof abholen und unsere Übernachtung organisieren. Da habe ich gedacht: Toll! Erst ist mir ein Stein vom Herzen gefallen, weil es ihm gut geht. Und dann kam: Guck an, er studiert Psychologie! Das war sein Traum. Das geht runter wie Öl. Das ist so schön, das sind Sternstunden! Gerade wenn die Jugendlichen anfangen, über ihr Trauma zu sprechen, dann ist von ganz viel Leid die Rede. Das hatte auch dieser junge Mann erlebt.
MOMO MEDIA: Das fühlt sich wirklich sehr gut an! ANETT QUINT: Man kann immer noch mal darüber diskutieren, ob diese Rückkehr ins System und ins Bürgerliche für alle Jugendlichen so das Ziel ist, wo sie doch von diesem System so stark betrogen worden sind. Es ist aber ein Beleg dafür, dass das Projekt „Landeinwärts“ sehr hilfreich ist.
MOMO MEDIA: Das ist also keine Ausnahme? 48
ANETT QUINT: Nein, wir haben da z.B. jemand in Cottbus, der früher in Berlin gewohnt hat. Der bezog Sozialhilfe, hatte einen Sozialbetreuer, kein Konto mehr, keine Verfügungsgewalt mehr über viele Sachen in seinem Leben. Er war abgestempelt mit psychologischen Gutachten. Der hat es wirklich geschafft über zwei Jahre, dass er da raus ist und jetzt seine zehnte Klasse macht. Dann will er hier bei uns den Bundesfreiwilligendienst machen. Das ist auch ein Erfolg von „Landeinwärts“.
MOMO MEDIA: Anscheinend gibt es zu wenig Plätze... ANETT QUINT: Ja, und es gibt ein weiteres Problem. Selbst wenn die Jugendhilfe sagen würde, wir gehen da mit und finanzieren einen Aufenthalt bei Euch, dann sind viele Jugendliche schon aus dem Alter raus, wo die Jugendhilfe greift. Es gibt viele, die sind 18, 19 Jahre alt, aber viele sind auch schon 24, 25 bis 30. Da wären wohl die Sozialämter zuständig. Klar wäre es schöner, wenn dieses Projekt hier sich multiplizieren würde. Und wir mehrere solcher Projekte auf dem Dorf hätten.
MOMO MEDIA: Wie ist es mit Ausbildung und Beruf auf dem Land? ANETT QUINT: Wir waren gerade bei der 3. Straßenkinderkonferenz im Workshop „Schule, Ausbildung, Beruf“ erstaunt darüber, dass oft gar nicht mehr über einen Schulabschluss nachgedacht, sondern gesagt wird, ok, die haben das eben vergeigt. Hier auf dem Dorf findet man Leute, die ausbilden, aber keine Auszubildenden finden. Die dankbar sind, dass es unsere Jugendlichen gibt, und die sagen, die nehmen wir. Und: Die kriegen eine Ausbildung bei uns und haben dann einen Abschluss. Da haben alle etwas davon. Ich glaube im gesamten ländlichen Raum, egal ob im Osten oder im Westen, wird es diese Ausbildungsnischen geben...
Hier das Interview in vollem Wortlaut lesen: https://www.momo-voice.de/broschuere/anett 49
Burkhard Czarnitzki, 57, (leitet die Teams vom „KIDS und „Sidewalx“ bei „Basis und Woge Hamburg“) MOMO MEDIA: Warum bist Du mit Deinen Jugendlichen aus Hamburg nach Jamlitz gekommen? BURKHARD: Das hat ja schon eine Tradition. Wir waren bei der ersten und zweiten Bundeskonferenz dabei, und ich finde es notwendig, dass wir uns auch an der dritten -, vierten-, fünften - und sechsten Straßenkinderkonferenz beteiligen. Das ist doch wunderbar zu sehen, wie sich junge Menschen entwickeln und ihre Stimme erheben.
MOMO MEDIA: Wie habt Ihr Euch auf das Treffen vorbereitet? BURKHARD: Inhaltlich eher nicht, eigentlich nur im Sinne von, welche Jugendliche und Betreuer*innen kommen mit zur Konferenz. Wir sind mit einem sehr großen Stab hier. Sieben Leute. Und das finde ich auch ganz schön, weil, wir wollen ja in Hamburg auch mal eine Bundeskonferenz durchführen, und da dachte ich, es wäre ganz schlau, wenn möglichst viele Kids von uns mitkommen. Auch um zu sehen, was man so alles organisieren muss. Das ist ja extrem viel Arbeit bei der Vorbereitung und Durchführung so eines Treffens.
MOMO MEDIA: Wie fällt denn Dein Feedback zur Konferenz aus? Ihr Sozialarbeiter durftet ja nur beobachten und nicht aktiv mitwirken...
BURKHARD: Ich fand es ganz spannend, ich habe mich komplett zurückgehalten, habe in ein, zwei Arbeitsgruppen mal so reingeluschert. Es war sehr interessant, die Visionen, Utopien und Forderungen, die in den Gruppen erarbeitet wurden, komplett ungefiltert aufzunehmen. Weil wir Erwachsenen ja oft dazu neigen zu sagen, ‚ja geht, aber, vielleicht auch nicht,’ und dann auch unsere eigenen Ideen einbringen. Die Jugendlichen sind sehr fordernd. Aber zu Recht! Sie sind keine Profis, und das ist gut. Weil: Die Profis denken immer ‚ja, aber’. 50
DAS IST DOCH WUNDERBAR ZU SEHEN MOMO MEDIA: Wie geht’s bei Euch in Hamburg nach der Konferenz weiter? Und: Der G20-Gipfel ist ja auch eine echte Herausforderung oder?
BURKHARD: Ja, für unseren Treffpunkt „KIDS“ bedeutet das: Wir sind an so einem Hotspot, weil es da zum Hotel „Atlantic“ geht. Es hieß am Anfang, die Bude wird uns eh dichtgemacht. Das wissen wir noch nicht so genau, warten wir mal ab. Wir gehen auf jeden Fall sehr bewusst damit um. Es gibt ja immer wieder unterschiedliche Entscheidungen zu Demonstrationen und bei der Frage, wird es Camps geben, ja, nein. Wir werden das „KIDS“ aber auch freiwillig dicht machen, weil wir keine Leute von draußen zusätzlich anziehen wollen. Es wird ohnehin schon brandgefährlich werden. 51
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EIN EINLADUNGS-PLAKAT ENTSTEHT... Wer eine VERANSTALTUNG durchführen will, der möchte gern, dass liebe GÄSTE kommen. Genauso ging es uns MOMO’s natürlich mit der 3. Bundeskonferenz der Straßenkinder in Jamlitz. Also haben wir überlegt: Wie machen wir das mit der EINLADUNG? Natürlich hätten wir BRIEFE an alle Einrichtungen schicken können, die entkoppelten Straßenkindern Hilfe anbieten. Darin hätten wir erzählen können, was wir so vorhaben auf der Straßenkinderkonferenz. Irgendwie fanden wir das langweilig und DOOF mit dem EINLADUNGSBRIEF. Also haben wir weiter nachgedacht. Und hatten eine coole IDEE. Stille Post. MUND-ZU-MUND-PROPAGANDA. Einer sagt’s dem anderen weiter: „Du, die MOMO’s, die planen da im Juni eine Konferenz. Da geht’s um RECHTE der Jugendlichen auf der Straße, um Jugendhilfe, Wohnen, Gesundheit und Ausbildung. Da kann jeder hinkommen und mitreden. VORSCHLÄGE machen, Ideen einbringen. Haste Bock drauf?“ Und so haben wir uns dann getroffen mit LUTZ, einem unserer LIEBLINGSFOTOGRAFEN, und der hat
WITZIGE Fotos von uns gemacht. Man was haben wir gelacht! Daraus wurde dann ein megageiles PLAKAT. Und das haben wir dann sozusagen als Einladung verschickt. MOMO’s sind eben schlau... :-) 53
MIT SO KLUGEN SACHEN Interview Manuela, Sozialarbeiterin bei „Notschlafstelle 58“ in Essen
MANUELA: Ich bin Manuela, bin seit 16 Jahren Sozialarbeiterin und arbeite von Anfang an der „Notschlaf stelle 58“ in Essen.
MOMO MEDIA: Warum kommt Ihr regelmäßig zu den Bundeskonferenzen der Straßenkinder? MANUELA: Wir waren schon bei der ersten Bundeskonferenz vor drei Jahren dabei und waren sogar zu den allerersten Vorbereitungstreffen. Und ich muss zugeben: Ganz am Anfang war das für mich total experimentell, weil ich gedacht habe, na gut, da gibt’s jetzt welche, die haben Bock, dann lass die mal fahren, und wir gucken uns das mal an. Ich hatte schon, das muss ich zugeben, so ein bisschen die Befürchtung, dann halten sie das vielleicht nicht durch oder sie langweilen sich, aber wir machen’s jetzt mal, keine Ahnung, was jetzt dabei rumkommt... Ich war auch echt kritisch oder skeptisch, und dann war die Vorbereitungszeit schon, die Leute, die da waren, die waren die ganze Zeit am Ball und die waren total interessiert, die kamen total begeistert zurück, die waren total verbindlich...
Hier das ganze Interview lesen: https://www.momo-voice.de/broschuere/manuela 54
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CHASKA STERN 56
MOMO MEDIA: Kannst Du Dich kurz vorstellen? CHASKA: Ich bin Chaska Stern vom Awarenessteam. Wir sorgen dafür, dass es hier allen gut geht! MOMO MEDIA: Was machst Du normalerweise beruflich normalerweise? CHASKA: Ich arbeite im Team Gewaltmanagement. Wir betreiben Ursachenforschung in Sachen Gewalt. Wo kommt sie her, und was können wir für ein friedvolleres Miteinander tun. Ich bin auch Coach für Zivilcourage. Wir machen bundesweit Menschen handlungssicherer in Stresssituationen.
MOMO MEDIA: Wenn viele Straßenkinder aufeinander treffen, denkt man, dass das nicht konfliktfrei bleibt. Wie war das hier in Jamlitz?
CHASKA: Uns war es sehr wichtig, dass wir mit dem Gastgeber und Veranstalter vorher besprechen: „Was sind Eure Vorstellungen, was sind Eure Wünsche?“ Das haben wir im Vorfeld geklärt. Wir haben dann Möglichkeiten geschaffen dafür, dass wenn es zu Konflikten kam, wir ein Rückzugsgebiet hatten, einen geschützten Raum, wo wir ausführlich über die Bedürfnisse reden konnten und dann gemeinsam daran gearbeitet haben, bis sich alle gesehen und gesagt haben, ja so können wir jetzt weiter gemeinsam weitermachen.
MOMO MEDIA: Was waren die wichtigsten Dinge, die Ihr hier erlebt habt? CHASKA: Für uns war schön, die Verbindung zu sehen, die entstehen kann. Für uns ist es wichtig, dass Menschen Zeichen setzen, sich selbst wahrzunehmen, sich zu organisieren, etwas Großes erreichen zu wollen und sich dafür selbst in Bewegung zu setzen und dabei andere Menschen zu inspirieren. Wir brauchen ganz viele Vorbilder, die an etwas glauben und hoffen, dass wir dann viele erreichen, die dann auf den Zug aufspringen wollen oder selbst etwas organisieren... Hier das ganze Interview lesen: https://www.momo-voice.de/broschuere/chaska 57
Der Musiker YOK hat auf der Bundeskonferenz ein paar coole Songs gespielt. Und: Er hat ein wenig über sich erzählt Ich bin YOK. Ich bin mit 17 Jahren nach LONDON getrampt, da habe ich den PUNK kennengelernt. Die Schule habe ich gerade so geschafft, bin auf’m Weg zum Abitur gescheitert. 11. Klasse noch mitgenommen, mit ’ner 5 in MUSIK runter. Kein Bock auf Bundeswehr, ZIVILDIENST gemacht. KINDERHEIM für Sozialwaisen, Kinder, die total am Arsch waren. Weil die Eltern total am Arsch waren. Nach dieser Zeit wollte ich auf gar keinen Fall Erzieher werden, sondern lieber KRANKENPFLEGER, das hielt ich für sinnvoller. Habe dann doch eine dreijährige Ausbildung als ERZIEHER gemacht, weil ich keine Lehrstelle als Krankenpfleger bekam. Weil ich so eine Scheiß Mittlere Reife hatte mit ’nem Schnitt von 4,2 oder so, schlechter ging’s glaube ich gar nicht. Zeitgleich fing ich an, Musik zu machen, bin in BERLIN gelandet, weil ich das mit einem Kumpel zusammen machen und davon leben wollte. Wir haben KABARETT gemacht und KINDERPROGRAMME. Gleichzeitig bin ich angekommen in der HAUSBESETZERSZENE, der Autonomen-Szene. Wir haben da viel gerockt, haben uns geäußert zu Dingen, die uns nicht passten. Wenn amerikanische Präsidenten kamen, waren wir mit zehntausenden Leuten auf der Straße und haben uns da auch geprügelt. Egal, ich habe mich dabei weiterentwickelt und lebe seit dreißig Jahren in Berlin in einem Viertel, wo es sehr bunt zugeht, wo es sehr international ist. Wo ich jeden Tag mindestens 50 Sprachen höre... Hier den ganzen Text lesen: https://www.momo-voice.de/broschuere/yok 58
YOK
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DAS WAR DIE 3. STRASSENKINDERKONFERENZ (aus Sicht des MOMO-Büros Berlin) Die GESCHICHTE der 3. Bundeskonferenz der Straßenkinder war für uns eine Sache von zunächst viel Skepsis, aber auch von wertvollen Lernprozessen, tollen GRUPPENERFAHRUNGEN. In erster Linie war sie jedoch ein beeindruckendes Erlebnis, das Mut macht, niemals aufzuhören für unsere wundervolle Utopie zu kämpfen: eine Zukunft, die gesellschaftliche PARTIZIPATION für alle Kinder und Jugendlichen ermöglicht. Die Richtung, in die wir wollten, konnte auf unseren ARBEITSTREFFEN klar abgesteckt werden: Zwei Konferenzen hatten wir bereits geschafft, dabei die Probleme in allen Lebensbereichen entkoppelter Jugendlicher analysiert und angeprangert, aber besser geworden ist nicht viel. Die dritte Konferenz sollte nun den ANSPRUCH haben, der Gesellschaft zu zeigen, wie es besser werden kann, welche konkreten PROJEKTE entkoppelten Jugendlichen wirklich mehr Teilhabe ermöglichen können. Die Menge an AUFGABEN war natürlich trotzdem noch groß, das STRESSNIVEAU nahm von Woche zu Woche beständig zu, und entsprechend entwickelte sich manchmal die ARBEITSATMOSPHÄRE. Aber nichtsdestotrotz hatten wir ein klares gemeinsames ZIEL, von dem alle Beteiligten überzeugt waren, und für das alle bereit waren, einen Teil beizutragen. Und so fanden wir uns letztendlich in unserem TEAMBESPRECHUNGSRAUM wieder, wenige Augenblicke vor der Konferenz. Allen war klar, dass vieles noch nicht vollständig vorbereitet war, die Zahl der ankommenden Teilnehmer*innen trug ihr ERNÜCHTERNDES bei und sorgte gemeinsam mit der allgemeinen NERVOSITÄT 60
für recht konfliktgeladene Kommunikation. Aber als der Moment gekommen war, und die Konferenz begann, zeigte sich sofort, dass alle wussten, wo es hingehen sollte. Die MOTIVATION war voll und ganz zurück, bei Problemen wurde effizient und flexibel improvisiert. So auch bei der Organisation der
WORKSHOPS,
die den inhaltlich wichtigsten Teil der Konferenz ausmachen sollten. Zunächst war die BEREITSCHAFT der Teilnehmer*innen, sich für einen Workshop anzumelden recht niedrig. Als dann kurzum entschieden wurde, einfach jedes Thema auf der BÜHNE vorzustellen und Interessierte einzusammeln, kamen doch einige sehr unterschiedlich große, aber vielversprechende Arbeitsgruppen zusammen. Ein paar THEMEN mussten leider zurückgestellt werden, aber das Spektrum an bearbeiteten Problemfeldern war groß genug, um breit gefächerte
Hier den ganzen Text lesen: https://www.momo-voice.de/broschuere/pablo
ERGEBNISSE zu produzieren... 61
„WIR HABEN UTOPIEN ENTWICKELT, AN DENEN WIR MIT IHNEN ARBEITEN WOLLEN!“ „Wir wollen mehr Straßenkinder zu SOZIALARBEITERN ausbilden!“ Das war einer der
VORSCHLÄGE zur Verbesserung der Lebenssituation entkoppelter Jugendlicher, die Flo am 12. Juni mit sechs weiteren Mitgliedern von MOMO – The Voice of disconnected Youth im Namen der Teilnehmer*innen der 3. Bundeskonferenz der Straßenkinder
BUNDESJUGENDMINISTERIN Katarina Barley überbrachte. Die MOMO’s schlugen dafür ein MODELLPROJEKT vor, bei dem ehemalige Straßenjugendliche im TANDEM mit Sozialarbeitern drei Jahre lang aufsuchende Sozialarbeit leisten und danach an einer Hochschule Soziale Arbeit studieren können... Hier den ganzen Artikel lesen: https://www.momo-voice.de/broschuere/ministerin 62
StraĂ&#x;enkinder Ăźberbringen Bundesjugendministerin Visionen der 3. Bundeskonferenz 63
KEINE GESETZLICHE SCHULPFLICHT (BILDUNGSPFLICHT STATT SCHULPFLICHT)
KLASSENSTÄNDE REDUZIEREN FREIERE UND KÜRZERE SCHULZEITEN
STÄRKUNG, AKZEPTANZ, FINANZIERUNG ALTERNATIVER LERNFORMEN UND LERNORTE WIE STRASSENSCHULEN, FREILERNER-EINRICHTUNGEN, ONLINE-SCHULEN UND PRIVATUNTERRICHT FÜR STRASSENKINDER (KONVENTIONELLE SCHULE REFORMIEREN
MENSCHEN- UND KONFLIKTNAHE AUSBILDUNG VON PÄDAGOG*INNEN UND LEHRER*INNEN MIT KENNTNISSEN IN TRAUMA, SUCHT, BEZIEHUNGSARBEIT UND MUT ZU MITGEFÜHL
LANGZEITLICH BEGLEITETER BERUFS(WIEDER)EINSTIEG MIT PLATZ UND ZEIT FÜR THERAPIE, BEZIEHUNGSARBEIT UND STABILISIERUNG (WOHNRAUM, ESSEN, SOZIALES) DIE PRAXIS IST ENTSCHEIDEND! SCHULPÄDAGOG*INNEN MÜSSEN PFLICHT SEIN, IN JEDER SCHULE MINDESTENS DREI
UNSERE VISIONEN
KINDERRECHTE MÜSSEN FRÜHESTMÖGLICH VERPFLICHTEND IM UNTERRICHT BEHANDELT WERDEN 64
MEHR ABENDSCHULEN MEHR STRASSENSCHULEN
KINDERGELD AN KINDER ZAHLEN! DAMIT WIRD SCHULE, BILDUNG UND TEILHABE SICHERGESTELLT
UNVERSTÄNDLICHE AMTSSPRACHE ABSCHAFFEN ENGE BEGLEITUNG UND MOTIVIERUNG DER JUGENDLICHEN IN IHRER BIOGRAFISCHEN SITUATION (SUCHT, TRAUMATISIERUNG)
START-UP STATT AUSBILDUNG, ZUSAMMENARBEIT MIT START-UP’S
AUF DEM LAND MEHR AUSBILDUNG IN HANDWERKLICHEN BEREICHEN AUCH OHNE SCHULABSCHLUSS (GERADE BETRIEBE IN OSTDEUTSCHLAND SUCHEN NACHWUCHS)
Thema: Schule, Ausbildung und Beruf
BEGLEITUNG, STATT KONTROLLE (AUCH IN AUSBILDUNG)
SCHULEN DES 2. BILDUNGSWEGS KOMPATIBEL ZU STRASSENKINDERN MACHEN 65
MEHR SOZIALARBEITER*INNEN UND BESSERER SOZIALDIENST IM KNAST
FÖRDERUNG DES PRINZIPS „THERAPIE STATT STRAFE“ SOZIALARBEITER*INNEN AUS DEN JVAS BEGLEITEN JUGENDLICHE NACH ENTLASSUNG MEHR WIEDEREINGLIEDERUNGSPROGRAMME INNERHALB UND AUSSERHALB DER GEFÄNGNISSE
VERURTEILUNG NUR BEI EINDEUTIGEM NACHWEIS DER STRAFTAT
ENTSTIGMATISIERUNG VON „MITTÄTERSCHAFT“
UNSERE VISIONEN
PSYCHOLOGISCHE BETREUUNG IM JUGENDKNAST 66
BEI KLEINEREN DELIKTEN BESSER SOZIALSTUNDEN VERHÄNGEN, DAS FÖRDERT DEN TÄTER-OPFER-AUSGLEICH (EMPATHIE-„ZWANG“)
ANSPRUCH AUF PLATZ IN BETREUTER WG/JUGENDHILFEEINRICHTUNG, BETREUTES EINZEL-WOHNEN FÜR LÄNGERE ZEIT (SECHS MONATE BIS ZU EINEM JAHR PLUS MÖGLICHER VERLÄNGERUNG)
AUSBILDUNG MIT SICHERER FORTSETZUNG UND BEI ABSCHLUSS ÜBERNAHME IN FIRMA (ANFANGS SUBVENTIONIERT VOM STAAT) PRINZIP DER MITTÄTERSCHAFT BEI STRAFTATEN VERÄNDERN, WENN SICH OBDACHLOSE JUGENDLICHE GEGENSEITIG SCHÜTZEN („MITGEFANGEN MITGEHANGEN“)
BUNDESWEITES SOZIALTICKET FÜR OBDACHLOSE (DEUTSCHE BAHN ALS STAATSKONZERN SOWIE ÖPNV MÜSSEN IN VERANTWORTUNG GENOMMEN WERDEN)
Was brauchen Jugendliche im und nach dem Knast ABHÄNGIG VON STRAFTATEN KÜRZERE ZEITEN DES JUGEND STRAFARRESTS UND GERECHTE FÜHRUNGSZEUGNISSE + JUGENDSTRAFAKTEN, DIE BESSERE CHANCEN AUF JOBS ERMÖGLICHEN 67
PSYCHISCHE GEWALT MUSS ANERKANNT WERDEN
UNSERE VISIONEN
GESUNDHEITLICHE HILFE DARF NICHT VON FINANZEN ABHÄNGEN
PATIENT BESTIMMT DAUER UND HÄUFIGKEIT DER BEHANDLUNG IN THERAPIEN
ONLINEBEHANDLUNG FLÄCHENDECKEND EINFÜHREN ELTERNABHÄNGIGKEIT IN VIELEN BEREICHEN MUSS REDUZIERT WERDEN (ENTKOPPELUNG Z.B. BAFÖG, KINDERGELD, KRANKENKASSE)
AB DEM 16. LEBENSJAHR SOLLTE DIE ELTERNABHÄNGIGKEIT VOLLSTÄNDIG ENTFALLEN, ABER ELTERN BLEIBEN IN PFLICHT
VERHINDERUNG VON HAUSUND WOHNUNGSLEERSTAND 68
SICHERE PLÄTZE, AN DENEN GESCHLAFEN UND GESCHNORRT WERDEN DARF; DIESE MÜSSEN DURCHGEHEND GEÖFFNET SEIN
Gesundheit, Wohnen FInanzen
MOBILE TINY HOUSES & CONTAINERHÄUSER FÜR OBDACHLOSE JUGENDLICHE
GUTSCHEINE FÜR LEBENSMITTEL MEHR SOZIALE ANLAUFSTELLEN (ESSEN, KLEIDUNG) OHNE ALTERSBESCHRÄNKUNG, DIE DURCHGEHEND GEÖFFNET SIND
MEHR GESPRÄCHSANGEBOTE FÜR JUGENDLICHE (WOHIN WILLST DU?)
EINE ART (STEMPEL)KARTE „OHNE FESTEN WOHNSITZ“ 69
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UNSERE FORDERUNGEN: SCHLIESSUNG aller Einrichtungen der Jugendhilfe in Deutschland, in denen die GESCHLOSSENE UNTERBRINGUNG angewendet wird und eine Beteiligung an der Kontrolle solcher Einrichtungen. Mehr UNABHÄNGIGE BESCHWERDESTELLEN für die jungen Menschen Bundesweite WOHNUNGSLOSEN-/OBDACHLOSENSTATISTIK, damit es endlich richtige verlässliche Zahlen gibt und nicht nur Schätzungen LEERSTAND von Wohnraum verhindern bzw. leerstehende Wohnungen VERFÜGBAR machen KINDER- UND JUGENDARMUT verringern und die BILDUNGSCHANCEN von benachteiligten jungen Menschen nach dem Gleichheitsgrundsatz STÄRKEN! DURCHSETZUNG des HOUSING FIRST-MODELLS in der Jugendhilfe, bei dem Wohnraum ohne Vorbedingungen zur Verfügung gestellt wird LEGALISIERUNG des CONTAINERNS in Deutschland & Verhindern von Food-Wasting Kinder und Jugendliche, die nicht mehr zu Hause leben, sollen das KINDERGELD DIREKT erhalten können KOSTENLOSE bzw. günstige BAHN- UND MONATSTICKETS für den öffentlichen Nahverkehr für benachteiligte Jugendliche
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UNSERE ZIELE SIND: EINE ANDERE JUGENDHILFE! WIR WOLLEN MITBESTIMMEN, WAS MIT UNS PASSIERT! WIR WOLLEN GESELLSCHAFTLICHE UND POLITISCHE TEILHABE VERWIRKLICHUNG DER UN-KINDERRECHTSRESOLUTION EIN BUNDESWEITES UND INTERNATIONALES NETZWERK ERRICHTEN,
UM INFORMATIONEN ÜBER DIE BELANGE UND BEDÜRFNISSE VON JUNGEN BENACHTEILIGTEN MENSCHEN ZU BÜNDELN UND VERFÜGBAR ZU MACHEN
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WAS IST MOKLI?
Die mobile Webseite MOKLI (www.mokli-help.de) richtet sich an STRASSEN- UND FLÜCHTLINGSKINDER deutschlandweit und ist ein schneller WEGWEISER für Notsituationen. Sie umfasst ADRESS- UND
KONTAKTDATEN von über 3.000 HILFSEINRICHTUNGEN in ganz Deutschland und steht in vier Sprachen – Deutsch, Englisch, Arabisch und Polnisch – zur Verfügung. Mit MOKLI können die Jugendlichen die für sie passenden HILFSANGEBOTE recherchieren und sich über die interaktive Karte direkt zu den Hilfeangeboten (Ärzte, Schlafen, Beratung, Hygiene, Essen, S.O.S.-
SOFORTHILFE) lotsen lassen. Dabei erleichtern verschiedene FILTER die Suche: So können die Betroffenen gezielt nach NOTSCHLAFSTELLEN für Mädchen und Frauen suchen oder sich in der RUBRIK „ESSEN“ ausschließlich kostenlose Angebote aufrufen lassen. Mit der S.O.S. WHATSAPP-FUNKTION bekommen die Jugendlichen direkten KONTAKT ZU HELFER*INNEN in Akutsituationen. Die Idee zu MOKLI kommt von den BETROFFENEN JUGENDLICHEN selbst, die auch bei der Entwicklung der mobilen Webseite eine wichtige ROLLE gespielt haben. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass sich die Funktionalität und die Bedienung direkt an den BEDÜRFNISSEN der Nutzer orientiert. So haben sich die Jugendlichen beispielsweise gewünscht, dass MOKLI WENIG
DATENVOLUMEN verbraucht und besonders intuitiv und leicht verständlich ist. Deshalb wurden statt langer Texte SELBSTERKLÄRENDE ICONS entwickelt. Besonders ist auch die Unterrubrik Snacks & Kaffee: Hier können Jugendliche bundesweit in 200 Cafés, Bäckereien und Imbissläden kostenfreie kleine
MAHLZEITEN außerhalb der Obdachlosenversorgung erhalten. Diese und alle anderen Angebote werden ständig ERWEITERT. 74
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WARUM MOKLI SO WICHTIG IST
Lucas und Sophia von MOMO auf der Pressekonferenz zur Vorstellung der Mobilen Hilfefinder-Webseite MOKLI in Berlin
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Rund 2,8 MILLIONEN KINDER leben derzeit in sozial gefährdeten Verhältnissen. Sie leben an oder unter der ARMUTSGRENZE und haben keinen bzw. nur sehr begrenzten Zugang zu elementaren materiellen und kulturellen Ressourcen wie z.B. Nahrung, Kleidung oder Bücher. Ähnlich geht es einem Teil von rund 51.000 unbegleiteten minderjährigen FLÜCHTLINGEN, die keinen Halt in Deutschland finden. Für beide Gruppen ist die GEFAHR, aus dem sozialen Netz zu fallen und ins gesellschaftliche Abseits zu geraten, besonders hoch. MOKLI hilft Jugendlichen, die aus dem Elternhaus oder aus dem betreuten Wohnen im Rahmen der Jugendhilfe weglaufen, ORIENTIERUNG und HILFE zu finden. MOKLI macht es möglich, sich selbst zu orientieren. MOKLI ist Gewinner der Google Impact Challenge Deutschland 2016. Mit ihrer finanziellen und personellen Unterstützung konnte MOKLI realisiert werden.
WER STECKT HINTER MOKLI? MOKLI ist eine KO-PRODUKTION von KARUNA Zukunft für Kinder und Jugendliche in Not International e.V. und der von ihr mitgegründeten Jugendinitiative MOMO – THE VOICE OF DISCONNECTED YOUTH. KARUNA unterstützt Kinder und Jugendliche in schwierigen LEBENSSITUATIONEN. Dazu zählen junge Menschen, die auf der Straße leben, genauso wie junge, minderjährige GEFLÜCHTETE und suchtgefährdete, psychisch erkrankte Jugendliche. Neben präventiven ANGEBOTEN finden die Kinder und Jugendlichen bei KARUNA Beratungs-, Therapie-, Wohn-, Demokratie- und schulische Bildungsangebote. Neben der Beratung und Betreuung geht es bei KARUNA dabei auch um die BEFÄHIGUNG der betroffenen Kinder und Jugendlichen, sich auch untereinander selbst zu helfen. weitere Links: www.karuna-berlin.de / facebook.com/mokli.help 77
DER LIEBENDE BLICK Luca, Marie, Kyrill, Hannah, Noel, Hermina, Jesse, Franzi, Samuel, Dominik und Chris zählen zu den über 37.000 Jugendlichen, die allein in Deutschland als Straßenkinder leben und die mit Hilfe von „KARUNA – Zukunft für Kinder und Jugendliche in Not“ ein neues Leben anfangen wollen. Über den Blick nehmen Lebewesen Kontakt auf. Der Psychoanalytiker Heinz Kohut (1913 - 1981) sprach vom „Glanz im Auge der Mutter“, man könnte es auch „Der liebende Blick“ nennen. Menschen wie Tiere setzen ihn ein, um ihren Jungen ohne Worte zu sagen: „Alles ist gut. Du bist genau richtig. Wie schön, dass es Dich gibt.“ „Mich faszinieren diese eigenwilligen Persönlichkeiten, ihre Verschiedenheit, ihr ausgeprägter Charakter. Deswegen fing ich an, sie zu zeichnen und zu malen und suchte ihren Blickkontakt, um einzutauchen in das, was wir Seele nennen und was uns vielleicht mit allem verbindet und uns zugleich einzigartig macht.“ (Babette Brühl)
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Diese Dokumentation wurde gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Die 3. Bundeskonferenz der Straßenkinder in Deutschland wurde großzügig unterstützt durch terre des hommes Deutschland, die VW Belegschaftsstiftung und die Bundeszentrale für Politische Bildung. Die Veranstaltung war eine Initiative des KARUNA Zukunft für Kinder und Jugendliche Int. e. V. und wurde freundlicherweise unterstützt durch das Bündnis für Straßenkinder in Deutschland und die KARUNA Sozialgenossenschaft eG.
IMPRESSUM Herausgeber: KARUNA – Zukunft für Kinder und Jugendliche in Not Int. e.V. V.i.s.d.P.: Jörg Richert Redaktion: Andreas Düllick Fotos: Babette Brühl, Andreas Düllick, Lutz Müller Bohlen Layout, Satz und Gestaltung: Karsten Schützler Zu diesem Magazin haben beigetragen: Babette Brühl, Chris, Cira, Dave, Burkhard Czarnitzki, Andreas Düllick, Flo, Halkut, Hanna, Isi, Kassem, Laura, Manuela Gröschel, Michi, Lucas, Jenny, Lutz Müller-Bohlen, Nicki, André Neupert, Katharina Oltmanns, Pablo, Jörg Richert, Ronja, Gabriele Schützler, Karsten Schützler, Shula, Sophia, Annegret Spelleken, Chaska Stern, Trietze, Anett Quint, YOK, alle Mitglieder der Jugendinitiative Momo-the voice of disconnected Youth Unser Dank gilt: terre des hommes deutschland, dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der Volkswagen Belegschaftsstiftung
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