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Herausgeber: KARUNA Zukunft f端r Kinder und Jugendliche in Not e. V. und Die Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. Regionalverband Berlin
ZEITDRUCK Magazin von jungen Ein- und Aussteigern
Lasst uns nach Spanien trampen Interview mit Regina Halmich Bahnhof Jamlitz - ein Ort der Herzensbildung
editorial
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Editorial
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enn einer wieder eine Zeitung macht, dann gibt es etwas, dass sich bewährt hat und sich neue Facetten des Alten ergeben, dann gibt es Neues im Vertrauten Kontinuität und Veränderung. Leider sind noch immer Kinder und Jugendliche in Not und noch immer ist es dringend, sie zu Wort kommen zu lassen. Bei allem, was wir tun, denken und fühlen, möchten wir immer wieder bis zum Äußersten gehen in dem Wunsch, es möge besser, glücklicher, vollkommener werden. Das Unsichtbare denken; dies ist umso notwendiger, wenn der Blick auf gesellschaftliche Wirklichkeit, die als krisenhaft erfahren wird, den Sinn für das Mögliche in den Hintergrund zu drängen droht. Jugendliche sind hervorragende Beobachter, gnadenlose Kritiker. „Die Zukunft ist ja auch nicht mehr das, was sie früher einmal war. Was sollen wir machen: die Welt retten, die Arbeiter befreien, die Wale aufessen? Ich frage mich schon ab und zu wie das so weitergehen soll mit dem Sinn des Lebens und mit all den Schwierigkeiten, die wir uns weltweit aufgehalst haben“, fragt der 19-jährige Christoph. Wie auch in dieser neuen Zeitdruckausgabe nachzulesen ist, stellen sich die Jugendlichen mit ihren Beiträgen ihren Konflikten und Träumen. Sie reden von dem großen Mangel an Beachtung und Selbstachtung, den sie empfinden. Sie reden und schreiben auch von dem Übermaß an Beachtung und Überforderung, wenn sie als Erfolgsprojektion, Tröster und Partner ihrer Eltern, Geschwister und Lehrer funktionieren sollen. Mit den vielfältigen Stimmen der jungen Schreiber würdigen die Leser ihr schöpferisches Potential. Diese Jugendlichen sind nicht nur Empfänger von Maßnahmen, sondern auch Geber von Kreativität und Einfallsreichtum. Sie sind Überlebenskünstler, die uns nicht aus der Verantwortung entlassen. Sie sind durch große Armut gefährdet - ob emotional, sozial oder materiell. Zum Wohle der Jugendlichen hat KARUNA e. V. neue Netzwerke geknüpft und bedarfsgerechte Projekte erdacht. Das menschliche Dasein lebt vom Wechselspiel des Überschreitens und Zurückkehrens. Liebe Leser, lassen Sie sich einladen, zu blättern und zu lesen in dieser engagierten und provozierenden, visionär und traditionsbewussten Jugendzeitung, die seit ihrer ersten Ausgabe im Mai 1995 ihre Lebendigkeit bewahrt hat. Die Herausgeber
Antje und Zeitdruck
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iele Jahre ist es her, da erschien Antje bei KARUNA und im Besonderen bei Zeitdruck. Sie kam von der Domplatte in Köln, damals ein deutschlandweit bekannter Treff für Straßenkinder. Sie war 12 Jahre alt, ihr Heimatort Leverkusen, die Stadt des Hustensafterfinders. An den Zutaten dieses Saftes fand sie Gefallen, hatte sie doch Probleme in Überzahl. Und wie die Probleme auch immer wuchsen, wuchsen auch ihre Kräfte, sie zu bewältigen. Und oftmals auch mit Hilfe des Schreibens. Antje wie auch ihre Mitstreiter zu jener Zeit schrieben eine Poesie an der Schmerzgrenze. Bei Rückfällen stand sie auf und befreite sich im Wort und entwarf sich neu in die Welt, fand Orientierung. Mit anderen Mädchen drehte sie einen Film über das Leben auf der Straße, teilte ungeschminkt den Zuschauern die Risiken ihres Daseins mit - das Hin-und-Her-Pendeln zwischen Leben und Tod. Am Ende des Films vergrub sie ihre Spritze. - Ein hoffnungsvoller Blick in die Zukunft. Aber alles braucht Zeit. Antje gewann einen Literaturwettbewerb der Anna Frank Stiftung und konnte nach Israel fahren. Sehr beeindruckt und mit neuer Kraft schaffte sie ihre Schulabschlüsse und verließ dann mit Katze und geliebten Ratten wieder Berlin. In den Jahren danach hielt sie zu KARUNA Kontakt, berichtete, wo sie gerade stand, was sie für wichtig hielt. Wie bei anderen Jugendlichen auch, blieb sie ihrem ganz eigenen Thema treu, dass sie aus Erfahrung gefunden hatte. Ihr Thema war der Tod. So oft sah sie sich von ihm bedroht, so oft traf es Freunde und Bekannte. Ein würdiges Bestatten war ihr ein Anliegen, dafür stritt sie jetzt auch in der Öffentlichkeit. Dann erreichte uns dieser Brief: „Habe Neuigkeiten: Ich bin Mutter eines Sohnes. Er hat rote Haare (von wem er das nur hat?), heißt Aron Nathan, Nathan bedeutet Gottesgeschenk. Trotzdem mache ich weiterhin meine Ausbildung zur Bestattungsfachfrau, die ich im Sommer beenden werde. Bin in eine größere Wohnung umgezogen und sehr glücklich in meinem Leben.“ Kürzlich wollte ich Antje zum Geburtstag gratulieren, da sagt mir eine männliche Stimme auf dem AB: „Hier ist Familie Raphael …“ Antje, der kleine große Rebell hat im Herbst geheiratet, wohnt in einem kleinen Fachwerkhaus und liebt ihren Beruf als Beerdigungsfachfrau. Welch eine Entwicklung, alles Gute mit auf den Weg, Antje! KARUNA Redaktion (Hannelore)
Antje heute
Ein letzter Kuss - Antje verabschiedet sich von ihrer Spritze „Toni“ bevor sie sie für immer vergräbt. (Aus der NDR-Dokumentation „Schreckliche Mädchen“ - 1999)
Inhaltsverzeichnis: Seite 2: Editorial · Antje und Zeitdruck · Seite 3 Ein Morgen in Berlin · Die sarkastische Taube · Großstadt · Seite 4: Nummernsalat · Wohnungspläne · Seite 5: Zu Hause · Ein Leben zwischen den Kulturen · Seite 7: Wachsen · Veränderung · Seite 8: Lasst uns nach Spanien trampen · Seite 9: Was kam nach ZEITDRUCK? · Seite 10: Saobana heisst Guten Tag in Afrika · Seite 11: Regina Halmich: Es lohnt sich, wieder aufzustehen · Seite 12: Bahnhof Jamlitz - Stätte des Gedenkens und der Herzensbildung · Seite 13: Bericht von Mosche Czaryski · Erinnerungen von Kurt Noack · Seiten 14-15: DIE INSEL · Seite 16: Wir sind ganz normale Menschen · Habe ich im Leben einen Sinn? · Seite 17: Er ging und schritt · Seite 18: Monsterträume · Seite 19: Liebe · Gedanken · Unerklärbar · Schlüsselgeschichte · Seite 20: Harte Schale - Geprägter Kern · Der Baum · Herbstwald · Träne · Enttäuschung · Auf der Suche · Seite 21: Das Ende · Freunde · Hundefreiheit · Diese und jene Zeiten · Bombe · Seite 22: Auf Alles eine Antwort haben · Ein Amtsmensch · Seite 23: Impressum · Die Fotografen dieser Ausgabe · Seiten 23-24: Anzeigen
großstadttauben
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insame Straßen, ein paar Laternen noch leuchtend. Kein Mond, keine Sonne, der Horizont mit Wolken bedeckt. Augen blicken in die Ferne, halten diesen Anblick fest. Vereinzelte Automotoren schallen durch die Luft & verstummen. Vereinzelte Schritte durchdringen die Straßen & verstummen. Kahle Bäume halten Wacht, sind Zeugen des nicht vorhandenen Geschehens. Die frühen Morgenwinde fangen an, Atemgeräusche in die Welt hinauszutragen.
Ein Morgen in Berlin Geräusche aller Art wachen auf, identifizierbar & nicht identifizierbar. Die mutierten Einzeller sind erwacht, dieses Dasein kann anfangen sich zu vermehren. Strom & Wasser wird verbraucht, Gedanken werden verschwendet, Sauerstoff wird veratmet, Bewegungen & Blicke werden vertan. Zeit wird verloren! Juhu, lasst uns leben!
Was beginnt, was endet?
Großstadt
Fluten treiben, strömen grell. Es prasselt, erschlägt. Ohnmacht. So einfach, so leicht sich treiben zu lassen, langsam zu ertrinken, ersticken. Langsam, schleichend, ohne es zu merken. Treibsand. Greller, neonfarbiger Treibsand. Massen fluten. Anonym. Eintauchen, treiben lassen, vergessen, aufgeben, langsam, untergehen, verschmelzen, ersticken. In neongelber Farbe. Ertrinken. Langsam. Ohne es zu merken. Vergessen. Das Wesentliche, das Sein. Schleichend ausgelöscht. Im Lärm. In flackernden Bildern. Vergessen. Vielleicht verlieren. Vielleicht ermattet aufgeben. Sich überlassen. Treiben lassen. Der Einfachheit halber. Resignieren. Sich den Fesseln nicht mehr entreißen können, die immer wieder schnappten, zu ergreifen versuchten. Ein Leben lang. Ein Kampf. Eine Niederlage. Immer? Neonlicht aus der Dunkelheit überlagert das Tageslicht, stiehlt die Sonne. Lähmt. Befreit scheinbar. Die ultimative Freiheit. Ertrinken im neonfarbigen Treibsand. Langsam, die Füße zuerst. Keinen Ausweg, keine Möglichkeit zur Flucht. Flutendes Neonlicht. Jenny, 20 Jahre
Lasst uns die Erde in chemischer & biologischer Weise versauen. Lasst uns quälen, lasst uns sterben. Lasst uns leben! Lasst uns leben! Lasst uns leben! Tabea, 18 Jahre
Die sarkastische Taube Guten Tag, mein Name ist Gertrude, und ich bin eine Großstadttaube. Und auch wenn wir Tauben keine Freunde von vielen Worten sind, so hab ich jetzt doch mal was zu sagen! Ihr Menschen, euch verstehe wer will, ihr seid viel zu theatralisch. Ständig auf meinen Kreuzzügen durch die Stadt sehe ich eure Kadaver herumliegen, aber nicht, weil ihr einfach tot umfallt, nein, ihr seid Freunde des Suizid. Aber warum, so ein Leben als Mensch kann doch gar nicht so schlecht sein. Ich meine, ich bin eine Taube und tue nichts als fressen, fliegen, schlafen und mich vermehren. Aber soll ich euch was sagen, ich bin ein glückliches Federvieh. Momo, 17 Jahre
Foto: Ricardo Hapke
Foto: Daniel Rosenthal
Schatten, dunkle Gestalten, Frauen & Männer huschen in der Stadt herum. Die Herzen dieses Ortes fangen an, sich rhythmisch den verschiedenen Gegebenheiten anzupassen. Den verschiedenen Taten & Gedanken. Das Land kriegt Augen, um sich selbst wahrzunehmen.
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Nummernsalat Morgens zeitig aufstehen, möglichst schon vor 7 Uhr, denn um 8 Uhr öffnet das Sozialamt seine „heiligen Pforten.” Vorm losgehen noch ’ne Tasse Kaffee? Lieber nicht. Es könnte zu spät werden. Jetzt aber schnell zur U-Bahn. Einsteigen, losfahren. Ach so, ist ja schon die richtige Station, schnell noch rausspringen und zum Sozialamt wetzen. Mist; schon 8.10 Uhr. Verloren. Blaue Nummer nehmen. Stop „Das heißt erst mal Guten Morgen”. Aha, wieder vergessen den Wachmann zu grüßen. Egal. Den letzten freien Platz entdeckt und hinsetzen. Blick auf den Zettel: BLAU 10!!! Ob die Sachbearbeiterinnen überhaupt schon angefangen haben? Die Tür zum Büro öffnet sich: „Blau 1”. Meine Frage ist damit wohl geklärt. Die nächsten Stunden schleichen dahin - unterbrochen nur durch die Sachbearbeiterinnen mit ihrem Blau 3, Gelb 5, Weiß 2, Rosa 4, Gelb 6. Endlich Blau 9. Nur noch einer vor mir. Hoffentlich geht’s jetzt schnell. Herr Blau 9 kommt schon wieder raus. Gleich komme ich, Blau 10, bin auch schon in den Startlöchern. Aber nichts passiert. Rosa 12, Gelb 14... Wo bleibt meine Nummer?? Ausgerechnet jetzt muß ich aufs Klo. Schnell zum Wachmann: Wenn Blau 10 drankommt, sagen Sie bitte Bescheid, daß ich nur schnell aufm Klo bin.” Die Antwort folgt: „Ja, ja mach ich.” Ich fege los. Als ich wieder in den Warteraum rein komme, höre ich Blau 11. Aber ich. Blaul 10, protestiere. Keine Chance. „Nehmen sie eine neue Nummer, Pech für sie.” Na Klasse! Blau 18!!! Und wieder warten. In meinem Kopf schwirren blaue, gelbe, weiße und rosa Nummern herum. Kurz nach 13 Uhr bin ich endlich dran und nach 5 Minuten fertig. Zur Kasse - meine Sozialhilfe abzuholen - dazu komme ich heute nicht mehr. Die hat nämlich ab 13 Uhr zu. Wie zum Hohn klingen die letzten Worte meiner Sachbearbeiterin in meinen Ohren: „Auf Wiedersehen, wir sehen uns in zwei Wochen.” Und dann geht alles von vorne los. Aber eins weiß ich, aufs Klo geh ich dort nie wieder!
Foto: Sven Vollbrecht
Snoopy
Wohnungspläne Ich wünscht, ich könnt in den Kühlschrank zieh‘n. Dann wäre ich ganz für mich allein. Nur das gemächliche Surren würde meine Gedanken noch stören. Die Eier würde ich fröhlich grüßen und dem Käse Guten Tag sagen. Und dann schlafen. Irgendwann würde jemand die Türe öffnen, böses Licht käme herein, und ich müsste bangen, entdeckt zu werden. Doch gleich darauf wäre die Aufregung vorbei. Ach, ja, ich wünscht, ich könnt in den Kühlschrank zieh‘n.
Foto: Sven Vollbrecht
Beatrice, 15 Jahre
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Zu Hause
Foto: Sven Vollbrecht
Zu Haus ist für mich: Ein Raum, in dem ich mich nicht eingesperrt fühle. Wo mich keine Mauer zu erdrücken droht. Wo die Seele Wände hat, die sie aber nicht aufhalten. Wo Gedanken Resonanz spüren, aber keinen Widerstand. Wo der Körper Ruhe findet, aber keine Gefangenschaft. Wo ich kommen und gehen kann mit dem Wissen, dass mir alle Türen offen bleiben. Wo ich Ich bin und doch nicht alleine, weil ich dort all meine Masken gleichzeitig leben kann und mich trotzdem erkenne. Wo mir Flügel wachsen und Wurzeln, aber nichts von Beidem mich aufhält oder hindert. Wo meine Worte leben, ohne Urteile und Maßregelung. Wo ich Regeln und Anerkennung finde und doch keine Bevormundung. Wo mich Liebe nährt, aber nichts auffrisst. Wo ich für mich bin, ohne zu vereinsamen. Wo der Regen fällt, um Durst zu stillen. ich aber nicht ertrinke. Wo die Sonne scheint, aber nichts verdorrt. Dort, wo ich schlafen kann mich in Träumen verlaufe ohne den Weg zur Realität zu verlieren. Wo mein Schmerz schreit, und die Freude tanzt, die Freiheit leben kann, ohne Angst vor Flaschen und Korken. Wo der Mensch in mir seinen Verstand gebraucht, ohne den Instinkt und das Gefühl zu verlieren. Wo das Kind in mir dem Erwachsenen das Spielen lehrt. Zu Hause ist, wenn ich leben und atmen kann. Jule, 17 Jahre
Samira Ein Leben zwischen den Kulturen (Auszüge)
Vorausgeschickt: Diese Geschichte eines jungen Mädchens beschreibt den schwierigen Weg zum Erwachsenwerden, sie beschreibt einen Weg zwischen zwei Kulturen, ein Leben zwischen Moderne und Tradition. Samiras Credo gilt der Freundschaft, die hilft, mit großen Problemen fertig zu werden. Ob Samira wirklich heiratet, wegläuft oder eine ungewöhnliche Lösung findet, könnt ihr demnächst im Internet nachlesen unter: www.karuna-zeitdruck.de
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ir wurden die Augenlider schwer. Ich legte das Buch aus der Hand und begann zu schlafen. In dieser Nacht träumte ich Seltsames. Ich sah mich gewissermaßen in Weiß. Ich kann nicht genau sagen, was ich da anhatte, doch es war schneeweiß und es erinnerte mich ein bisschen an ein Brautkleid. Ich stand ganz allein mitten in einem Saal. Kein Fenster war zu sehen und die Luft im Saal war so schlecht und stickig, dass mir augenblicklich schlecht wurde. Es war mir, als müsste ich meinen Mageninhalt ausleeren, doch aus irgendeinem Grund ging es nicht, so sehr ich es auch wollte. Um diese Übelkeit in mir zu verdrängen, sah ich mir zunächst den Saal an. Es war wirklich keine andere Person wahrzunehmen. Noch nicht einmal Geräusche hörte ich. Diese Stille wirkte auf mich beunruhigend und fast war es wie auf einem Friedhof. Nur, dass sich unter meinen Füßen keine Erde befand, sondern Beton. Und erst jetzt schaute ich in Richtung Tür. Die Tür war so groß, dass ich glaubte, sie wäre Teil einer Burg. Sie war geschmückt wie auf einem Kindergeburtstag. Von oben hingen Luftballons in allen Farben runter, beklebt war die Tür mit Süßigkeiten. Die Türklinke war von einem Blumenkranz umgeben und die Tür verzierten rechts und links selbst gebastelte Hexentreppen. Die Tür wirkte im Gegensatz zu dem Rest des Saales sehr einladend. Ich ging ganz langsam und behutsam darauf zu. Bei jedem Schritt blickte ich in jede Richtung, um sicher zu gehen, dass ich von niemandem verfolgt wurde, was völlig unsinnig
war, da ich höchst wahrscheinlich die Einzige war, die sich im Saal befand. Nur noch fünf Meter war ich von der Tür entfernt. Ich wollte nicht mehr, ich hatte Angst und wusste nicht, was mich hinter der Tür erwartet, doch fast von allein bewegten sich meine Beine und mit einem Mal öffnete ich die Tür. Was ich vor mir sah, war das Ungewöhnlichste, das ich jemals gesehen hatte. Es war total harmlos, doch unheimlich zugleich. Direkt hinter der Tür lag drei Meter hoher Schnee. Ich liebe Schnee, keine Frage, aber doch nicht im Herbst. Wie konnte das nur möglich sein? So etwas hatte es doch noch nie gegeben. Und obwohl ich barfuss war, was ich auch erst in diesem Augenblick bemerkte, ging ich raus. Was hatte ich überhaupt vor, wäre es nicht am sichersten, wenn ich drinnen bleiben würde? Aber ich war viel zu neugierig. Ich sah nur Schnee, überall nur Schnee, keine Bäume, keine Häuser oder andere Gebäude und keine Kinder, die einen Schneemann bauten oder eine Schneeballschlacht machten. Nein, ich schien ganz allein auf der Welt zu sein und nur Schnee. Ich ging hindurch, ohne ein bestimmtes Ziel vor Augen und mit Erschrecken stellte ich fest, dass ich keinerlei Kälte spürte. Es war fast so, als wäre das kein Schnee, sondern nur eine Illusion. Ich ließ mich dadurch nicht verwirren. Ich ging einfach weiter immer geradeaus, schaute nicht ein einziges Mal nach rechts oder links. Von weitem erkannte ich plötzlich etwas Dunkles, das direkt auf dem Schnee lag. Doch was war es bloß? Ich konnte es
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Von Unten hörte ich schon den Krach der Kinder. Ich versuchte wieder einzuschlafen, doch das war geradezu unmöglich. Also las ich noch etwas in meinem Buch. „Es schneit, es schneit“, fingen alle gleichzeitig an zu schreien. So früh konnte es doch nicht schneien. Und mich durchfuhr plötzlich ein Schreck, und er saß mir in den Gliedern fest. Ich erinnerte mich an meinen Traum. Wir hatten gerade mal Oktober und das ist nicht der Monat, indem es schneien sollte. Doch es stimmte tatsächlich. Draußen sah man dicke weiße Flocken vom Himmel auf den Boden fallen. Und wenn man direkt zum Himmel nach oben guckte, sah es so aus, als ob es Dreck wäre, der runter fiel. Doch es war ebenso ein atemberaubender Anblick. Alle Kinder rannten nach draußen und fingen an, planlos durch die Gegend zu laufen, in der Hoffnung, dass Schnee liegen bleiben würde und sie anschließend einen Schneemann bauen könnten. … „Aber sie ist doch schon alt genug.“ War das nicht die Stimme meiner Schwester Silan? Sie saß zusammen mit meiner Mutter im Wohnzimmer, während ich im Flur stand. „Das ist mir klar, aber du weißt, wie ich darüber denke und was ich davon halte“, erwiderte meine Mutter traurig. „Du und deine Ängste. In ihrem Alter ist jedes Mädchen fähig dazu, auf sich selbst aufzupassen.“ Meine Mutter schmunzelte und erwiderte nichts. Von wem sprachen sie? Dabei war ich mir ziemlich sicher, dass über mich geredet wurde, aber ich verdrängte diesen Gedanken und wollte es nicht glauben. Silan wurde aus irgendeinem Grund wütend: „Verdammt sie ist fast 17 und auch...“ Den Rest nahm ich nicht mehr wahr. Nein, sie mussten über ein anderes Mädchen namens Samir sprechen, bestimmt war es so. … Am Sonntagmorgen wurde ich von einem lauten Geräusch geweckt. Im Normalfall ging es in diesem Haus etwas leiser zu. Ich wüsste gerne, was da los war, aber früher oder später würde ich es ja doch erfahren. Ich schlief wieder ein, träumte schon wieder diesen seltsamen Traum. Wieder ging ich durch Schnee und wieder einmal trat ich an die Truhe heran, öffnete sie und nahm beide Verlobungsringe raus, betrachtete sie eine Weile und merkte dann erst, dass sie nicht das einzige in der Truhe waren. Da lag noch etwas. Auf dem goldenen Stoff ganz unten befand sich ein ziemlich altes, zum Teil dreckiges und zerknittertes Stück Papier. Es lag einfach so da, irgendwie rätselhaft und beklemmend. Ich wusste im ersten Augenblick nicht, was ich tun sollte, aber im Grunde hatte ich keine große Wahl. Das, was ich tun musste, lag ja direkt vor mir. Ich musste den Zettel rausnehmen und gucken, was auf dem Papier stand. Vielleicht erfuhr ich sogar, was es mit den Verlobungsringen auf sich hatte. Ich berührte den Zettel und in mir stieg plötzlich eine unkontrollierte Wut auf, die ich mir nicht erklären konnte, aber die gleichzeitig auch sehr gut tat. Ich fühlte mich in dem Moment, als ich den Zettel berührte wahnsinnig frei und erfüllt. Jetzt war ich mir meiner Sache so sicher, dass ich den Zettel einfach raus nahm und auffaltete. In der Mitte des Blattes standen in großen dicken Buchstaben drei Wörter, die ich jedoch nicht lesen konnte. Erst lange, nachdem ich das Blatt betrachtet und versucht hatte, die Wörter zu entziffern, merkte ich, dass sie rückwärts geschrieben waren. Sofort las ich ohne zu begreifen: „ES IST SOWEIT.“
Foto: Sven Vollbrecht
von dieser Entfernung nicht erkennen. Ich musste rennen. Ich rannte und rannte. Nur noch ein paar Meter. Weiterrennen, nicht aufhören, sagte eine Stimme in meinem Inneren. Einfach weiterrennen, du hast es bald geschafft. Und tatsächlich: Eine ockerfarbene Kiste lag vor mir im Schnee. Der einzige Gegenstand weit und breit. Ich nahm die Kiste langsam in die Hände. Sollte ich überhaupt? Durfte ich überhaupt? War diese Kiste an mich gerichtet oder gehörte sie Irgendjemandem? Mut und Entschlossenheit packten mich, und ich machte die Kiste auf. Was ich da vorfand, war mehr als rätselhaft, auch beängstigend. Es waren zwei Verlobungsringe. Schweiß gebadet erwachte ich plötzlich aus diesem seltsamen Traum. Was um Himmels Willen sollte das denn bloß? So etwas in der Art hatte ich noch nie zuvor geträumt.
Was hatte denn das alles zu bedeuten? Ich meine war es denn tatsächlich Zufall, dass ausgerechnet ich diese Truhe und den Zettel fand? Doch bevor ich weiter grübeln konnte, hörte ich meine Geschwister alle nach oben rennen und mit solcher Wucht gegen die Tür hämmern, dass ich glaubte, das Haus würde zusammenbrechen. Meine Geschwister pochten alle gleichzeitig, sodass ich gar nicht sagen konnte, wer überhaupt da war. Das einzige, was ich hörte, war ein glückliches Lachen und Jubeln. Ich musste mir zusammen reimen, was gesagt wurde, da ich kaum etwas verstand. Ich bekam irgendetwas von Kurdistan und Besuch und Freund mit, doch ich war nicht in der Lage, schon so früh und nach so einem Traum darüber nachzudenken. … Die nächsten Tage in der Schule verliefen schlimmer und langweiliger denn je. Zu Hause war eine Wand des Schweigens. Ich musste sie einreißen. Mein Gott hatte ich Monsterpickel auf der Nase, warum behandelten sie mich alle wie Luft? Meine Mutter redete anfangs ebenfalls nur drumherum, doch dann kam sie zur Sache. „Wahrscheinlich freuen sich die Kinder einfach nur, weil der Cousin deines Vaters mit seiner Familie in zwei Wochen zum Urlaub nach Deutschland kommt.“ „Und warum weiß ich nichts davon?“ fragte ich meine Mutter. „Also gut, dann werde ich es dir sagen, aber sei hinterher nicht wütend.“ Als ich diesen Satz von meiner Mutter gehört hatte, wusste ich, nichts war in Ordnung. „Der Cousin von deinem Vater bringt auch seinen Stiefsohn Ali mit, der ungefähr in deinem Alter ist. Wir haben dir bislang nichts erzählt, weil wir nicht wussten, ob du bereit dazu bist. Du bist in Deutschland aufgewachsen und deshalb wird es für dich schwer, unsere Entscheidung anzunehmen, dessen bin ich mir bewusst.
Es ist so, dass du schon seit langer, langer Zeit vergeben bist und zwar wirst du Ali heiraten. Sie kommen hierher, damit wir eure Verlobung feiern, alles Andere sehen wir dann wenn es so weit ist, denn das hat noch Zeit. Ich weiß, dass du jetzt viele Fragen hast und damit bestimmt nicht einverstanden bist, aber irgendwann müssen wir alle heiraten...“ Sie redete und redete, doch ich hörte gar nicht mehr zu. Mir stiegen die Tränen in die Augen und ich konnte nichts dagegen tun. Mit meinen Ärmeln versuchte ich immer wieder die Tränen wegzuwischen, doch sie nahmen einfach freien Lauf. Ich ging in mein Zimmer. Mit dem Kissen über dem Kopf hörte ich gar nicht mehr auf zu weinen. Ich konnte gar nicht mehr klar denken, wusste noch nicht einmal mehr, warum ich weinte und in meinem Zimmer saß. Mir tat der Kopf weh und das verschlimmerte die Schmerzen. Mein Gesicht war nass und ich suchte etwas, womit ich die Tränen abwischen konnte, doch nichts würde meine Tränen trocknen können. Mein Leben hatte keinen Sinn mehr. Alles war verloren. Ich hatte nichts und niemanden mehr, dem ich vertrauen konnte. Die ganze Welt war gegen mich, die Tiere, die Pflanzen, die Menschen und erst recht Gott. Er hatte das alles vorher bestimmt. Er hat dafür gesorgt, dass alles so kommen würde. Mein Schicksal lag von Anfang an in seinen Händen und er konnte damit machen, was er wollte und dies tat er auch, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Alles wurde ohne mich entschieden, und ich hatte von nichts eine Ahnung als würde es gar nicht um mich gehen. Meine Zukunft stand seit langem fest. Am liebsten wäre ich einfach abgehauen, doch es hätte keinen Sinn gemacht, denn irgendwann würden sie mich doch finden und alles wäre um sonst gewesen. (Die Fortsetzung ist demnächst zu lesen im Internet unter www.karuna-zeitdruck.de)
(er)wachsen
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Wachsen Als Kind habe ich immer gedacht, ich hätte ewig Zeit zum Erwachsenwerden. Jetzt denke ich, alles ging viel zu schnell. Die Schuljahre vorbei, ohne dass ich irgendwas dagegen hätte tun können. Ich habe mich oft gefragt, was anders wird, wenn ich erwachsen werde. Ich war mir sicher, dass es einen riesigen Urknall geben müsste, und ich dann eine Frau wäre, die Männer hat. Irgendwie war es ja auch so ähnlich, nur dass ich nicht diese Frau war, sondern sie sein wollte. Ich bemühte mich, erwachsen zu wirken, aber vieles verstand ich nicht. Ich begriff die Erwachsenen nicht. Warum mussten sie sich um alles Sorgen machen, obwohl eigentlich alles einfach ist. Ich kam nicht dahinter, bis ich anfing, mir Sorgen zu machen. Um alles Mögliche. Um Geld. Meine Figur. Pickel. Meinen Freund. Die Anderen. Das waren natürlich nicht dieselben Sorgen, aber ein bisschen konnte ich sie schon verstehen. Ich fing an, mir Gedanken zu machen über Fragen, wie: was ist eigentlich der Sinn des Lebens und was kommt danach? Ein entsetzter Aufschrei ging durch die Reihen: Mein Gott, sie pubertiert! Natürlich hatte ich mir all diese komplizierten Fragen vorher schon einmal gestellt, doch jetzt stellte ich sie laut. Und irgendwie konnte mir keiner so richtig eine Antwort darauf geben. Entweder schaute ich in verdutzte Gesichter oder ich bekam schlaue Antworten aus schlauen Büchern, die ich irgendwann einmal lesen sollte, die mir aber gerade nicht weiterhalfen. Da ahnte ich das Unheil, Erwachsene wissen auch nicht alles. Wozu eigentlich erwachsen werden? Als ich beschloss, das Erwachsenwerden aufzugeben, stellte ich fest, dass dies ein unaufhaltsamer Prozess ist. Man wird eben einfach älter. Das sind die Tücken der Natur. Ich wünschte mich in unbeschwerte Kindertage zurück, wo ich noch ungestraft alles anfassen, umschmeißen und in den Mund nehmen durfte. Stattdessen musste ich mich gezwungenermaßen, so dachte ich, mit Themen wie: das erste Mal, Aknebekämpfung und der Bearbeitung pubertätstypischer Gesprächsthemen widmen, um nicht das Gefühl zu haben ein Garnichts zu sein, undefinierbar zwischen Kindheit und Erwachsensein.
Foto: Ricardo Hapke
Teresa, 16 Jahre
Veränderung
Desireè, 16 Jahre
Foto: Ricardo Hapke
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ines Tages im Land der Träume kam plötzlich ein Kobold auf mich zu. Ich wusste, was jetzt passieren würde und war deshalb sehr aufgeregt. Er verkündete mir, dass ich jetzt das Stadium erreicht hätte, erwachsen werden zu müssen. Er drückte mir einen Punkt auf die Stirn und sogleich war ich erwachsen. Alle Menschen im Land der Träume sahen mich nun anders an. Sie schimpften viel mehr, ich musste anders sprechen und mich anders kleiden. Ich durfte nicht mehr zu meinen Freunden und musste arbeiten. Ich wurde sehr unglücklich. Alles, was mir lieb gewesen war, wurde mir genommen. Ich fing an zu rennen und dachte, wenn ich aus dem Land rennen würde, wäre wieder alles vorbei. Plötzlich gab es ein lautes Geräusch und ich wachte auf. Ich war überglücklich. Ich lag in meinem Bett und hielt im Arm mein Kuscheltier. Ich wusste: nur ich allein hatte die Macht zu entscheiden, ob ich Kind oder erwachsen sein will.
kontinuität & erneuerung
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Lasst uns nach Spanien trampen!
Eddie schmeißt den Wischer in den Eimer und nimmt einen Schluck aus der Schnapspulle. Er wischt sich den Schweiß von der Stirn. Die Sonne fackelt auf den Beton, und der Beton fackelt zurück, die Luft steht und riecht nach Staub und Abgasen. Mäcki und Dose springen auf die Verkehrsinsel und nehmen auch erst mal einen Schluck Schnaps. Eddie greift nach seinem Wischer. Er seufzt, dann schmeißt er den Wischer wieder in den Eimer, dass es spritzt. „Schnauze voll!“ verkündet er. „Wat?“ Mäcki und Dose glotzen ihn an. „Is doch wahr“, trotzt Eddie, „is doch immer Dasselbe! Uffstehn - wischen gehen - Schnaps saufen - pennen gehen …! Es reicht!“ „Na wat willst´n sonst machen, hä?“ sagt Dose. „Schnorren bringt nischt - zum Zeitungen vakoofen brauchste Startkapital…“, zählt Mäcki auf. „Lasst uns nach Spanien trampen!“ ruft Eddie, seine Augen glänzen plötzlich. Mäcki und Dose bleibt der Mund offen stehen. „Jetzt hat der ´n Sonnenstich“ seufzt Mäcki und greift nach seinem Wischer. „Nee, wart´doch mal!“ Eddie fuchtelt aufgeregt in der Luft herum. „Meine Ex war dort mit noch zwei Mädels, die ham nur drei Tage gebraucht mit´m Trampen! Und dann warn se in so´m Touriekaff am Meer, wo die Leute nur am Feiern sind! Da kannste Suff schnorren, soviel du willst, und in den Mülleimern liegt zu fressen ohne Ende, aber richtig jutet Fressen! Is wie im Schlaraffenland dort!“ „Klingt gut!“ sagt Mäcki, aber Dose ist skeptisch: „Und wie willste trampen, janz ohne Kohle? Und uns nimmt doch eh keener mit!“ „Is doch ganz einfach!“ erklärt Eddie eifrig, „wir saufen nur noch eine Pulle Schnaps am Tach, dann können wir jeden Tag so fünf Euro sparen. Und dann ham wir in zehn Tagen fuffzig Euro - damit kommen wir locker bis runter!“ „Ein Schnaps nur!“ protestiert Dose. Aber Mäckie ist jetzt auch Feuer und Flamme. Er stößt Dose in die Rippen und sagt: „Komm Alter, wir könnens doch mal versuchen!“ „Zehn Tage!“ ruft Eddie beschwörend, „zehn Tage mal ´n bisschen mehr ackern und weniger saufen, aber dafür den ganzen Sommer ins Paradies!“ „Na jut, versuchen wir´s!“ seufzt Dose und nimmt einen Schluck Schnaps. Mit Feuereifer gehen die drei Jungs an die Arbeit. Und der Tag bringt ihnen Glück - am Abend haben sie eine Flasche von dem guten hochprozentigen Fusel und acht Euro siebzig in bar. „Vielleicht können wir schon in neun Tagen los!“ sagt Eddie strahlend.
Foto: Daniel Rosenthal
Montag Und wieder Stau. Die ganze Treptower Brücke ist dicht. Andreas schlängelt sich mit seiner Suzuki zwischen den Autos hindurch. Nicht mehr lange, denkt er. Noch fünf Tage ackern. Und dann … Er sieht sich auf der Autobahn dahinbrausen, quer durch Deutschland und Frankreich und dann die spanische Küste hinunter. Bis Gibraltar will er auf jeden Fall kommen, und dann vielleicht nach Marokko rüberschippern. Oder durch Andalusien bis nach Portugal … mal sehen. Er steht an der Ampel. Ein Typ mit grünen Haaren läuft an ihm vorbei. Er hält einen Wischer in der Hand und bearbeitet die Windschutzscheibe eines wartenden Autos. Sieht irgendwie krank aus, denkt Andreas, und dabei noch so jung. Na, ja, nicht mein Problem. Die Ampel schaltet auf grün, und Andreas gibt Gas.
Dienstag Die Euphorie und der Hochprozentige haben sie gestern so gnädig einschlafen lassen, dass am Morgen fast noch eine halbe Flasche Schnaps da ist. Eddie, Dose und Mäcki nehmen einen ordentlichen Morgenschluck, dann kriechen sie unter den Büschen an der Rummelsburger Bucht hervor und schlurfen los, erst mal Richtung Supermarkt. Die meisten Mülltonnen sind heutzutage abgeschlossen, aber hier gibt es noch eine offene. Die drei beginnen zu wühlen. Ein paar Joghurts, Äpfel, eine Packung Würstchen. Wer wird denn Geld für Essen ausgeben! Sie frühstücken, dann geht es wieder los zur Arbeit - ab auf die Verkehrsinsel. Eifrig stürzen sie sich auf die Windschutzscheiben, doch das Glück von gestern bleibt aus. Nur sechs Euro achtzig haben sie bis zum Abend verdient. Mäcki und Dose sehen ziemlich niedergeschlagen aus. „Wir holen den Billigen“, sagt Eddie, als sie am Supermarkt anlangen, „dann haben wir wenigstens elf Euro in der Spanienkasse!“ „Toll“, mault Dose, „den Dreißigprozentigen, den saufen wir doch aus, heute Abend! Und was is mit morgen früh?“ „Morgen läuft´s wieder besser!“ sagt Eddie zuversichtlich. „In neun Tagen trampen wir los, vergiss das nicht!“
Mittwoch Die Sonne knallt auf die Verkehrsinsel, die Jungen arbeiten mit verbissenen Gesichtern und zitternden Händen. Gegen Mittag schmeißt Dose seinen Wischer in den Eimer. In seiner Hand glänzt eine Zwei-Euro-Münze. „Pause!“ keucht er. „Nee!“ ruft Eddie, „wir sind erst bei drei zwanzig!“ „Is mir scheißegal, ick sauf jetzt einen“, verkündet Dose, „kein Bock mehr auf Flattermann!“ „Wir wollen sparen!“ sagt Eddie drohend. „Na und?“ Dose brüllt jetzt. „Flatterst du etwa nich?“ „Also ick muß jetzt auch saufen, ick kann kaum noch den Wischer halten!“ sagt Mäcki. Er und Dose ziehen los zum Supermarkt. „Verpisst euch doch!“ knurrt Eddie. Seine zitternde Hand greift den Wischer, er geht wieder an die Arbeit.
Donnerstag „Jetzt gib schon die Kohle raus, Dose fällt gleich um!“ sagt Mäcki drohend. Eddies Hand krampft sich um seine Gesäßtasche. „Wir ha-
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ben nur noch die elf gesparten Euro!“ klagt er. „Mann, scheiß auf Spanien!“ brüllt Mäcki, „wir haben Flattermann, wir klappen wech!“ Eddie treten Tränen in die Augen. Auch er flattert fürchterlich. „Mann, denkt doch mal nach!“ keucht er, es klingt fast wie Schluchzen. „Haltet doch mal durch für ´n paar Tage! Mir geht´s doch auch scheiße! Aber wenn wir durchhalten, sind wir nächste Woche am Meer! Dort riecht´s nach Salz statt nach Abgasen, dort ham wir weißen Sand statt Beton, dort … „ „Halt´s Maul!“ brüllt Dose. „Gib die Kohle, oder … „ Die Welt beginnt sich zu drehen vor Eddies Augen. Er sackt plötzlich nach vorn, muss sich an Mäcki festhalten. Der zieht das Geld aus Eddies Hosentasche und setzt ihn danach sanft auf den Boden. Wenig später hält er ihm eine Flasche an den Mund Eddie trinkt gierig. „Jetzt sei nich traurig“, redet Mäcki tröstend auf ihn ein, „wir wollen ja auch nach Spanien! Bloß dauert´s eben doch eher zwanzig Tage, bis wir das Geld ham! Aber wir trampen auf jeden Fall!“
Freitag Eddie wischt. Er hält die Hand auf, erntet einen bösen Blick, weg ist das Auto. Er seufzt. Vorhin ist Mäcki mit dem letzten Fünfer zum Supermarkt gegangen. Zwanzig Tage bis Spanien? Wohl eher Vierzig …! Hasserfüllt atmet Eddie die abgasverseuchte Luft ein. Er geht zur Verkehrsinsel, trinkt einen Schluck Schnaps, wartet auf die nächste Rot-Phase, taucht den Wischer ein, geht wieder auf die Straße. Die Frau im ersten Auto schüttelt wild mit dem Kopf. Aber im nächsten Auto sitzt ein junges Mädchen und lächelt. Sie ist schön. Verdammt schön. Sorgfältig wischt er ihre Windschutzscheibe. Dann tritt er zur Fahrerseite. Das Mädchen lächelt immer noch. Sie kurbelt die Scheibe herunter. „Na“, sagt sie, „du siehst so aus, als ob du auch mal ´n bisschen Glück vertragen könntest!“ Sie drückt ihm etwas Knisterndes in die Hand. Dann schaltet die Ampel auf grün, und sie fährt los. Eddie bleibt entgeistert auf der Straße stehen und starrt auf den Fünfzig-Euro-Schein in seiner Hand. Er hört plötzlich das Meer rauschen, und die Luft riecht nach Salz. Andreas schlängelt sich noch schwungvoller zwischen den wartenden Autos hindurch als sonst. Letzter Arbeitstag! Feierabend! Jetzt noch schnell packen und dann ganz zeitig ins Bett, denn morgen früh - richtig früh - geht´s los nach Spanien! Strahlend fährt er über die Treptower Brücke. Vorn an der Kreuzung schaltet die Ampel auf grün. Wenn ich Gas gebe, schaff ich die, denkt Andreas und gibt Gas. Er ist schon fast an der Kreuzung, als plötzlich der Typ mit den grünen Haaren vor ihm steht. Er sieht noch eine paar entsetzte Augen, dann knallt es.
Sonnabend Im Krankenhaus kommt Andreas zu sich. Irgendein Gefasel von einem Oberschenkelbruch dringt an sein Ohr. Na toll, denkt er. Toller Urlaub. Adios Espana!
Sonntag „Wo sind wir jetzt?“ fragt Dose. „Irgendwo in Frankreich!“ sagt Mäcki. „Wieviel Geld ham wir noch?“ „So um die dreißig Euro.“ Sie sitzen auf einer Autobahnraststätte, eine Flasche Schnaps steht zwischen ihnen. Dose nimmt einen Schluck. „Was meinst du, is es noch weit bis Spanien?“ fragt er. „Na ja“, sagt Mäcki, „so die Hälfte dürften wir geschafft ham!“ Er nimmt auch einen Schluck. Dann gießt er einen Schluck auf den Boden. „He!“ ruft Dose, „den Schluck für die Toten hatten wir doch schon!“ „Hatten wir“, sagt Mäcki, „aber Eddie haben wir das alles hier zu verdanken. Eddie verdient ´nen Extraschluck!“ Inka
Was kam nach ZEITDRUCK ? David, 20 Jahre
Ja, was soll ich sagen? Hab in der Zwischenzeit sehr viel durchgestanden. Hab es gepackt, zwei Schulabschlüsse nachzuholen. Worauf ich sehr stolz bin. Habe ein paar Krisen überstanden, aber es kommen immer mehr auf mich zu. Momentan hat mich die ganze Vergangenheit wieder eingeholt, die mir ziemlich zu schaffen macht. Es fällt mir schwer, darüber zu reden und sie auch noch zu verarbeiten. Es schmerzt mich, das zuzulassen. Es ist auch viel mit Gefühlen verbunden. Bin echt froh, dass ich erst mal für längere Zeit verreise und Abstand von allem gewinne. Wieso nicht, ob es Flucht ist? Ich werde es sehen. Ja, wollte eigentlich in diesem Jahr als Erzieher im sozialen Bereich anfangen. Na ja, ich hoffe, ich hab im nächsten Jahr das Glück! Fand die Zeit bei euch ziemlich gut. Mir ist vieles bewusster geworden, vor allem klarer, was ich eigentlich will! Alles ist ein langer Weg. Auch mit Träumen verbunden. Leave your dreams! David
Helene, 20 Jahre
Eigentlich kann ich sagen, dass es mir ganz gut geht. Immer wieder tief, immer wieder hoch u.s.w.; wie immer eben. Manchmal hatte ich das Gefühl, überhaupt nicht weiter zu kommen. Doch es kommt ja doch immer eins zum anderen. Irgendetwas passiert und es geht weiter. Mal sehen … Gerade zwei Jahre Berufsvorbereitung geschafft und mir das Schneiden am Computer angelernt und jetzt hab ich auch einen Ausbildungsplatz darin. Je näher der Tag des Beginnens rückt, umso weniger Lust habe ich dazu. Fühl mich so eingeklemmt, aber ´ne bessere Idee hab ich auch nicht. Und ein bisschen Mut fehlt auch. Am liebsten würde ich einfach einen Bus nehmen und losfahren, die Welt erkunden und überall musizieren. Das mach ich zurzeit ganz viel: Musik, Musik, Musik. Das ist eigentlich ein Zukunftstraum - loszuziehen, Menschen treffen, Musik machen und einfach leben, ohne viel nachzudenken. Ich kann mir gar nicht vorstellen, als Cutter zu arbeiten, aber können will ich´s schon. Na ja, mal sehen. Ich glaub, ich bin einfach im falschen Zeitalter geboren. Dabei bleib ich. Jetzt kommt der Herbst und der Winter. Darauf freu ich mich. Helene
Inka
Wer meine gemalten Blumengespinste kennt, weiß, dass ich Gärtnerin werden musste. Doch noch immer treibt mich die Neugier. So hab ich das Abitur gemacht und bin bald fertig mit dem Studium: Deutsche Philosophie, Geschichte und Kunstgeschichte. Wenn Zeit bleibt, schreibe ich weiter Geschichten, trage sie in Lesungen vor, veröffentliche manche und ab und an gewinne ich einen Wettbewerb. Meine Geschichten kommen von der Straße und müssen immer wieder an die frische Luft. Besonders gerne reise ich.
Momo, 17 Jahre
Ja hallo erst mal! In der Zwischenzeit ist´s mir mal so, mal so ergangen. Ihr kennt mich ja, eine pure Achterbahn ist´s halt. Zurzeit überleg ich, wie´s weitergeht, und ich hab auch schon ´ne Idee. Aber davon hab ich ja viele. Für meine Zukunft wünsche ich mir im Moment nur eins: Eine große Bühne mit Scheinwerferlicht und Mikro, damit ich mich austoben kann. Will immer noch sehr gerne weg von hier. Aber erst mal muss ich mit der Schule gucken. Und denn … Na, mal sehen, was kommt! Ich plane nicht so weit, kennt mich ja! Ich sage euch ganz lieb Aufwiedersehen? Eure Momo, Alias Chaos
Tabea, 20 Jahre
Salut! Wie es mir ergangen ist? Was ist ergangen für ein Wort? Von gehen? Wie ich meinen bisherigen Weg gegangen bin? Stets auf ein Ziel zu, nicht immer geradeaus. Ab und zu auf Umwegen, über Brücken, durch Ruinen. Aber ich bin stets weitergegangen, auch wenn das Ziel weiter rückte, oder ich fiel. Was ich gerade mache? Ich gehe voran, was sonst. Blicke ab und zu zurück. Das Ziel halte ich in den Händen, muss es nicht mehr aus der Ferne betrachten. Was werden soll? Wovon ich träume? Ich will mein Ziel leben. Ich will zur Ruhe kommen und weiter texten. Ich träume von vielem. Meistens noch unerreichbare Dinge, um mir die erreichbaren möglich zu machen - und ab und an träume ich von einem anderen Leben. Weile ich doch eh in verschiedenen Welten. Mit lieben Grüßen Tabea
kontinuität & erneuerung
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Saobana Guten Tag, Afrika! 2008 schilderte Sarah in einem Newsletter ihre persönliche Sicht über die Zustände in Südafrika. Sarah arbeitete als „Caregiver“ ein halbes Jahr in einem Waisenhaus für aidskranke Kinder. Es war ein Praktikum für ihr Studium der Erziehungswissenschaften. Sarahs Darstellungen haben uns tief bewegt. Hier ihr Newsletter mit einer guten und einer schlechten Nachricht - und der furchtbaren Gewissheit, dass eine Tragödie weiter anhält.
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uten Tag, saobona! Obwohl ich seit einiger Zeit wieder in Deutschland bin, sind meine Gedanken noch täglich in Südafrika, in der Provinz KwaZulu Natal, in meinem Waisenhaus. Juanita MacKay schreibt mit regelmäßig über die Tage im „Suneshine House“, lässt mich mitlachen und mittrauern: Erinnert Ihr euch an Samkelo(3) aus meinen letzten Newsletter? Inzwischen ist er aus dem Krankenhaus entlassen worden und erhält nun regelmäßig seine Tuberkulose-Medikation. Im Sunshine House wartet eine große Überraschung auf ihn. Sein Vater war gekommen und will ihn adoptieren. Samkelos Mutter ist an Aids gestorben. Als man sie aus ihrer Wellblechhütte wegholte, entdeckte man Samkelo und brachte ihn zu uns ins Heim. Niemand wusste, ob ein Vater existierte. Nun hat er sich gemeldet und das Sorgerecht für seinen Sohn beantragt. Er ist ein sehr mutiger Mann. Denn erstens ist es selten, dass Männer in Südafrika die Erziehung des Kindes übernehmen. Zweitens sieht Samkelo sehr krank aus, ausgemergelt durch HIV, Tuberkulose und seine Behinderung - er hat Alkoholembryopathie. Da Krankheit in den Townships oft Stigma und Ausgrenzung bedeutet, wird es für den Vater eine große Herausforderung sein - zumal er noch arbeiten gehen muss - und selbst mit HIV infiziert ist. Ich bewundere ihn sehr. Thando, das Pflegekind von Juanita, hat Besuch von ihrer tot geglaubten Mutter erhalten. Diese ist gerade in einer speziellen Tuberkulose-Klinik untergebracht, erhält dort vermutlich auch Aids-Medikation, spielt aber weiterhin mit ihrem Leben. Sie hat stark nach Alkohol gerochen, als sie ihre Tochter besuchte. Aufgrund des Alkoholismus ihrer Mutter wurde Thando vor sieben Jahren ebenfalls mit einer Alkoholembryopathie geboren. Heute geht es Thando sehr schlecht. Sie wurde vom Freund der Mutter, seit sie geboren ist, missbraucht und dadurch mit HIV infiziert. In Südafrika hält sich fatalerweise der Glaube, Sex mit einer Jungfrau heile Aids. Viele Babys und Kinder werden Opfer. Eine HIV-Infektion durchläuft vier Stufen, die fünfte heißt Aids. Wie lange die einzelnen Stufen andauern, ist beispielsweise abhängig von Ernährungszustand, der Hygiene oder der medizinischen Versorgung. Thando tritt, nach Angaben des Arztes, nun in die vierte Stufe ein - sie hat eine sehr schmerzhafte Herpes, die typisch ist und oft tödlich verläuft. Thando zeigt auch Symtome wie Fieber, Husten, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust. Mit ihren sieben Jahren wiegt sie nur 16 kg. Juanita bittet uns, für Thando zu beten. „Bitte denkt an Thando und wünscht ihr Glück, damit sie rechtzeitig an die lebensverlängernde Medizin ARVs kommt.“ Aids-Medikation zu erhalten ist ein Glücksspiel in Südafrika.
Verlässliche Statistiken über HIV/Aids in KwaZulu Natal sind schwer zu bekommen. Wir können aber davon ausgehen, dass knapp 40 Prozent der Menschen infiziert sind, das ist die höchste Rate aller südafrikanischen Bundesländer. Besonders betroffen sind Frauen aufgrund ihres niedrigen Status und biologischer Gegebenheiten. Es gibt Gemeinden, in denen 70 Prozent der Frauen infiziert sind. Neuesten Schätzungen zufolge sind in ganz Südafrika 18,8 Prozent der Bürger infiziert. Faktoren wie Armut, Arbeitslosigkeit und eine hohe Mobilität der Menschen fördern die Verbreitung des Virus. Die Politiker beteuern, ihr Bestes zu tun. Juanitas Kommentar dazu: „Ha, ha!“ Sie hat allen Grund, höhnisch zu lachen. Gezubusos neues Projekt zur Aids-Prävention findet keine Unterstützung. Das Programm heißt „Keep Safe“. Von Gezubuso Projekts ausgebildete Trainer sollen an Vorschulen und Schulen gehen, um die Kinder und Lehrer in einem eigenen Unterrichtsfach über HIV/Aids und über Rechte von Kindern und Frauen aufzuklären. Es gibt bereits ein Fach in der Schule namens „Life orientation“. Doch Aufklärung über das Virus wird hier nicht gegeben, weil es keine entsprechenden Fortbildungen für Lehrer gibt und so ganz einfach das Wissen fehlt. Die Kurse von Gezubuso sind also auch für Lehrer so eine Art Weiterbildung, diese sollen den Themenbereich später selbstständig in das Fach „Life orientation“ einbauen und Unterrichten können. Prinzipiell wäre die Regierung KZNs bereit, das Projekt in ihr Aufgabenfeld zu übernehmen, aber es fehlt die Anschubfinanzierung 190 000 Euro.
Falls Ihr mehr über Gezubuso Projects wissen und sogar spenden möchtet, klickt www.gezubuso.com/weblog. an. Hier findet Ihr auch alle Kontaktadressen für weitere Informationen. Ich vermisse „meine“ Sunshine-Kinder sehr und weiß, dass ich einige bei meinem nächsten Besuch nicht mehr sehen werde. Gezubuso aber bleibt und leistet gute Arbeit, um die Verbreitung des Virus einzudämmen. Dabei versuche ich zu helfen und es würde mich ehrlich freuen, wenn noch mehr helfen können. Liebe Grüße sendet Sarah
Was kam nach KARUNA ZEITDRUCK Im Jahr 2002 habe ich mein Abitur abgelegt und 2003 in Potsdam ein Studium der Erziehungswissenschaften begonnen. Ich war ein halbes Jahr in Südafrika und habe in einem Kinderheim für Aidswaisen und HIV-positive Kinder gearbeitet und unterstütze als Spendensammlerin nun aus der Ferne das Projekt: Ich bin aktives Mitglied der SPD, Bürgerdeputierte für Bildung und Kultur und Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Frauen im Bezirk Mitte. Ich arbeite im Bundestag und für die Friedrich-Ebert-Stiftung als Teamerin in der kommunalpolitischen Jugenbildung
interview
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ZEITDRUCK: Frau Halmich, noch immer sind Sie die unangefochtene Box-Queen und haben quasi das Frauenboxen erfunden. Ihr großer Erfolg, Ihr Charme und Ihre Ausstrahlung machen Sie zum Idol vieler Menschen besonders von Jugendlichen. Ihr Abschiedskampf im Profiboxen wurde von 8,8 Millionen Zuschauern gesehen. Warum werden gerade Sie Botschafterin des “Bündnis für Straßenkinder in Deutschland“?
Es lohnt sich, wieder aufzustehen ...
Regina Halmich: Als ich erfuhr, dass so viele Kinder und Jugendliche in Deutschland auf der Straße leben, war ich sehr betroffen. Ich hatte keine Vorstellung davon, dass Kinder keinen anderen Weg mehr sehen, als davonzulaufen. Fort von Menschen, die sie nicht verstehen, weg von Zwängen, die sie glauben, nicht mehr ertragen zu können. Ich bin dann auf Jörg Richert gestoßen, der den KARUNA Zukunft für Kinder und Jugendliche in Not e.V. mitgegründet hat. Auch KARUNA ist Mitglied im Bündnis für Straßenkinder. Allein die Leistungen dieser einen Hilfsorganisation haben mich schwer begeistert. Ich möchte gerne meinen Beitrag leisten, dass diesen jungen Menschen geholfen wird. Ich will Mut machen und zeigen, dass es sich lohnt wieder aufzustehen, auch wenn es mal ganz dick kommt.
ZEITDRUCK: Frau Halmich, Sie haben vor einiger Zeit Trainingseinheiten mit SchülerInnen absolviert, die sich in einem Schulprojekt von „terre des homes“, mit dem Thema Straßenkinder weltweit vertraut gemacht haben. Die Kinder konnten exklusive Sportstunden mit Ihnen erleben und hautnah spüren, dass es sich beim Boxen um einen sehr fairen Sport handelt und es keinesfalls darum geht, seinem „Gegner“ böswillig zu schaden. Welche ganz persönlichen Erfahrungen konnten die Kinder mit in ihren Alltag nehmen?
ZEITDRUCK: Frau Halmich, seit zwölf Jahren sind Sie ungeschlagene Weltmeisterin - auch „Königin des Boxrings“ genannt. Warum Sie sich um Straßenkinder kümmern begründen Sie u. a. so, dass manchmal ein Wortgefecht zuviel mit der Mutter, dem Vater, dem Lehrer genügen, um wegzulaufen. Sie rufen die Jugendlichen auf, nicht zu schnell in Resignation zu versinken, nach Auswegen zu suchen, sich Hilfe zu suchen. Sie nehmen sich Zeit für die Kinder und geben ab von Ihrer Kraft und Ihrem Optimismus. Haben Sie in Ihrem Umfeld Vorbilder für Ihr außergewöhnliches Engagement?
Regina Halmich: Die Schülerinnen und Schüler erfuhren: Boxen ist nicht kämpfen, schlagen. Boxen heißt vor allem Strategie, Energie und viel Fleiß. Wichtig: Hau nicht drauf, boxe dich durch mit Köpfchen. Boxen hat Regeln, die Gesellschaft auch. Lern, pass auf, dass du nichts abkriegst, Deckung, Intuition und einen Riecher für das, was kommen könnte, für den Schlag, die Überraschung im Ring wie im Leben. Fall nicht um - und wenn, steh schnell wieder auf. Fang den nächsten Schlag ab und du bist im Leben.
Regina Halmich: Da gibt es viele, aber erwähnen will ich meinen Vater. Bei den Wettkämpfen in Karlsruhe hat er mit dem Malteser Hilfsdienst in der Halle und im Boxring den Sanitätsdienst durchgeführt. Mein Vater ist seit 35 Jahren Stadtbeauftragter Einsatzleiter der Malteser. Er organisiert die Rettungseinsätze und die Ausbildung. Er bekam das Bundesverdienstkreuz. Das heißt, zu helfen, sich für andere einzusetzen, ist bei uns auch so etwas wie eine Familientradition. ZEITDRUCK: Frau Halmich, wir danken Ihnen für dieses Gespräch
ZEITDRUCK: Frau Halmich, wann haben Sie angefangen sportlich zu boxen? Regina Halmich: Elfjährig begannen meine sportlichen Ambitionen mit Judo. Drei Jahre später wechselte ich zu Karate und Kickboxen, später zum Boxen. So kam eins zum anderen.
Regina Halmich, Boxweltmeisterin im Fliegengewicht mit durchschlagenden Erfolg im Einsatz für Straßenkinder in Deutschland im Gespräch mit der Redaktion Zeitdruck
Regina Halmich kämpft für Straßenkinder - Die ehemalige Boxweltmeisterin ist seit 2008 Botschafterin des »Bündnis für Straßenkinder in Deutschland« Das Bündnis war im März 2008 auf Initiative des Kinderhilfswerks terre des hommes gegründet worden. Regina Halmich wird sich gemeinsam mit dem Bündnis für jene Kinder und Jugendlichen einsetzen, die sich in Obdachlosigkeit befinden oder von dieser bedroht sind. Geplant ist, dass Regina Halmich Projekte des Bündnisses besucht und mit den Jugendlichen sogar Trainingseinheiten absolviert. Die hohe Glaubwürdigkeit Regina Halmichs gerade
bei jungen Menschen soll genutzt werden, um diesen zu vermitteln, dass Einsatzwille und der Glaube an sich selbst hilft, nicht in der Resignation zu versinken. Das »Bündnis für Straßenkinder in Deutschland« ist ein Zusammenschluss von mehr als 20 Organisationen aus dem gesamten Bundesgebiet. Nach eigenen Berechnungen schätzt das Bündnis die Zahl der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf der Straße in Deutschland auf mindestens 9.000. Die Organisationen werden zukünftig vor allem daran arbeiten, die Straßensozialarbeit, das betreute Jugendwohnen und die Hilfen für Eltern zu verbessern. Spendenkonto Bündnis für Straßenkinder Bank für Sozialwirtschaft, Konto 354 063 0, BLZ 100 205 00
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1874
Erster Zug vom „Bahnhof Lieberose“ in Jamlitz
Bau des KZ-Außenlagers Lieberose in der Nähe des Bahnhofs
Vernichtungstransporte zu den Gaskammern des KZ Auschwitz
1876
ab 1943
1944
Genehmigung zum Bau der Strecke Frankfurt/Oder-Cottbus
1897
Bau der Spreewaldbahn zwischen Jamlitz und Lübben
1944
Transporte jüdischer Häftlinge aus dem KZ Auschwitz-Birkenau
1945
Ermordung von 1.342 jüdischen Häftlingen auf dem Lagergelände
1944
Auflösung des KZ-Außenlagers Lieberose, Todesmarsch von 1.600 Häftlingen in Richtung KZ Sachsenhausen
Bahnhof Jamlitz künftige Stätte des Gedenkens und der Herzensbildung
M
itten in der brandenburgischen Landschaft im Landkreis Dahme-Spreewald, in unberührter Natur, liegt der verlassene Bahnhof Jamlitz. Schon längst fährt hier kein Zug mehr und die Natur beginnt sich den Ort zurück zu erobern. Wo früher einmal Gleise lagen, rekeln sich Bäume empor. Man hat den Eindruck, dass sie mit ihren Wurzeln etwas festhalten wollten. Ist es die Vergangenheit des Ortes, die einen nicht loslässt, wenn man von ihr erfahren hat? Ich stehe an der Stelle des verwaisten Bahnsteiges, von wo aus man zum nahe gelegenen Sägewerk blicken kann. Ungefähr hier muss er gestanden haben, der Fotograf, der 1943 ein Foto von holländischen Zwangsarbeitern gemacht hat. Der Bahnhof Jamlitz steht für einen zivilen Ort, der von den Nationalsozialisten benutzt wurde um vor allem jüdische Häftlinge in das nahe gelegene Konzentrationslager Lieberose zu bringen, in dem die Vernichtung der Menschenleben organisiert wurde. Das was man sieht, eine wundervolle Landschaft und das, was man von dem tausendfachen Leid weiß, das hier Menschen zugefügt wurde, will nicht zusammengehören. Der Bahnhof Jamlitz, ein liebevoller Backsteinbau, der verträumt in der Landschaft steht.
Einen Bahnhof, der in die Vernichtung führte, stellt man sich anders vor. Und genau diese Unvereinbarkeit ist es, die den Bahnhof Jamlitz so wichtig für unsere Gegenwart macht. Wer heute im Hier und Jetzt lebt soll sich erinnern, soll spüren und erfahren dürfen, was in der Zeit unserer Großeltern hier und in ganz Europa geschehen ist. Der Bahnhof Jamlitz wird zu einer zukünftigen Jugendbildungs- und Begegnungsstätte der Herzensbildung. Ein Zentrum für Sport, Demokratiebildung und Kultur für Kinder und Jugendliche aus der ganzen Bundesrepublik, insbesondere für Kinder aus benachteiligten Familien. Hier werden Impulse gesetzt für eine education sentimentale, für eine Entwicklung von moralischer Sensibilität, zugunsten von Mädchen und Jungen, die es besonders schwer haben. Hier wird es um Werte gehen, die unsere Gesellschaft bereichern und eine Ausgrenzung von Menschen schwerer macht. Mit 30 Übernachtungsplätzen, einem Bahnsteigcafé, Ausstellungs- und Seminarräumen und vielen Sport und Freizeitmöglichkeiten, wird am Bahnhof Jamlitz das Lachen von Kindern und Jugendlichen zurückkehren.
S
eit Sommer 1943 befand sich der Bahnhof Jamlitz im Zentrum des größten Truppenübungsplatzes der Waffen-SS und eines Geflechtes von Zwangsarbeitslagern. Er wurde seit 1944 Deportationsziel von mehr als 8.000 jüdischen Häftlingen, die im Außenlager Lieberose des KZ Sachsenhausen als dem größten jüdischen Häftlingslager im Raum Berlin/Brandenburg 95 Prozent der Häftlinge ausmachten und in besonders brutaler Weise zur Zwangsarbeit eingesetzt wurden. Weniger als 250 jüdische Häftlinge des Lagers haben nach jüngsten Forschungen den Krieg überlebt. Von 1945 bis 1947 und damit zu Beginn der zweiten Periode diktatorischer Prägung des Ortes richtete der sowjetische Geheimdienst NKWD in Jamlitz das Speziallager Nr. 6 zur politischen Disziplinierung und Unterdrückung von ehemaligen Nationalsozialisten und demokratischen Gegnern der sowjetischen Herrschaftsform ein. Von rund 10.300 Häftlingen in Jamlitz starben mehr als 3.400. Kein anderes Speziallager hatte eine solch hohe Sterberate. Andreas Weigelt, Historiker aus Lieberose
ab 1945
Einstellung des Zugverkehrs zwischen Jamlitz und Lieberose
Massengrabfund in der Staakower Kiesgrube, 577 Gebeine
1958
1971
Sowjetisches Speziallager Nr. 6, von mehr als 10.000 Häftlingen sterben rund 3.300
1958
Umbenennung in „Bahnhof Jamlitz“
1973
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Eröffnung der Dokumentationsstätten
letzter Zug
1996
Errichtung einer Gedenkstätte in der Stadt Lieberose
1998
2003
Suche nach dem zweiten Massengrab des KZ-Außenlagers
2008 Kauf des Bahnhofs und Bahnhofsgeländes durch KARUNA e.V.
Außenlager Lieberose des KZ Sachsenhausen 1943-1945
Sowjetisches Speziallager Nr. 6 Jamlitz 1945-1947
Bericht von Mosche Czaryski
Biographie von Kurt Noack: Kurt Noack wurde am 3. Februar 1930 in Groß-Kölzig in einer Bergarbeiterfamilie geboren. Er verließ Ostern 1944 die Schule und wurde im Juli 1944 mit der „Hitler-Jugend“ beim Bau des „Ostwalls” eingesetzt. Anfang Januar 1945 erfolgte die Einberufung zum „Volkssturm“ nach Sorau, mit dem die Nazi-Führung den zweiten Weltkrieg noch gewinnen wollte. Nach dem Krieg arbeitete er in einer Kohlegrube. Am 24. Oktober 1945 verhaftete ihn der sowjetische Geheimdienst NKWD und warf ihm vor, ein „Diversant” zu sein. Nach den Gefängnissen in Forst und Cottbus, wies man ihn Anfang November 1945 ins Speziallager Nr. 5 Ketschendorf ein, von wo er im Januar 1947 nach Jamlitz verlegt wurde. Im April 1947 nach Buchenwald transportiert, wurde er von dort Ende Juli 1948 entlassen. Er arbeitete später im kaufmännischen Bereich in der Glasindustrie. In der DDR wurde er von der Staatssicherheit überwacht. Er engagierte sich seit 1990 für die Aufarbeitung der Geschichte der Speziallager. 1996 rehabilitierte ihn die russische Militär-Hauptstaatsanwaltschaft. Kurt Noack lebt in Groß-Kölzig und ist Vorsitzender Initiativgruppe Internierungslager Jamlitz e.V.
I
ch wurde am 1. Oktober 1925 in dem kleinen Dorf Wloszowa in Polen geboren. Eigentlich wollte ich mich von der Vergangenheit lösen. Bis Ende 1936 wohnten wir in diesem Dorf und waren die einzige jüdische Familie dort. Als Ende 1936 antisemitische Ausschreitungen begannen, erhielten wir die Warnung, aus dem Dorf wegzugehen. Die Familie zog nach Lodz, wo schon ältere Brüder von mir und eine Schwester wohnten. Ich war der jüngste Sohn der Familie. Schon nach einer Woche in Lodz erfolgte auf meinen Vater und einen Bruder ein Angriff mit einem Messer. Vater musste ins Krankenhaus. Am 1. September 1939 begann der Krieg. Eine Woche später waren die Deutschen in Lodz. Ich sah, wie tausende Polen deutscher Abstammung die Wehrmacht mit Fahnen begrüßten. Die Pogrome begannen sofort. Viele Juden flohen nach Warschau, sehr viele. Ich begann zu arbeiten um diese Zeit. Ich möchte nicht auf Einzelheiten eingehen. Nach einigen Wochen habe ich mich bereit erklärt, bei den Deutschen zu arbeiten. Ich wohnte mit meinen alten Eltern bei einer polnischen Familie. Am 1. Mai 1940 wurde das Ghetto in Lodz abgeriegelt. Nach einigen Wochen holte die deutsche und jüdische Polizei Alte und Kranke, das „nichtproduktive Element“ aus dem Ghetto. Die Beihilfe der jüdischen Gemeinde bestand in der Registrierung und Erfassung aller Juden, dann wurden sie weggebracht. Ohne meine Eltern hätte ich nicht überlebt. 1941 starb mein Vater an Hunger und Dysenterie. Wir waren neun Kinder. Einige Brüder lebten verstreut in Polen, einer in Russland, ein anderer ist bei der Arbeit verschollen, andere während der „Aktionen“, es war alles ungewiß. 1941 musste ich zur Arbeit an verschiedene Orte. Als ich eines Tages von der Arbeit zurückkehrte, war meine Mutter nicht mehr da. Ich habe sie gesucht. Ich erfuhr, dass die jüdische Polizei von Haus zu Haus gegangen war und alle alten Menschen (für die Deutschen) mitgenommen hat. Ich wusste nichts Genaues, aber instinktiv ahnte ich nichts Gutes, wenn alte Menschen abgeholt würden. Mutter sollte bei der jüdischen Polizei im Ghetto sein und ich bin zum Vorsteher der jüdischen Polizei gegangen: Bitte lasst sie frei, ich bin sonst allein, sagte ich zu ihm. Am nächsten Tag wurden alle - außer meiner Mutter - abtransportiert. So konnte ich selbst das Ghetto überleben. Mit Mutter war ich bis zum August 1944 im Ghetto zusammen. Als ich in der Tischlerei arbeitete, habe ich einen Finger verloren. Etwa im Juli oder August 1944 kamen deutsche Repräsentanten ins Ghetto und sagten, die russische Front rückt näher, alle Juden müssen woanders hin, fort von hier. Im Yad Vashem(Archiv in Jerusalem - Anm. d. Red.) gibt es eine Chronik des Ghettos Lodz. Dort habe ich das genaue Datum der Deportation gesehen. Kurz vorher habe ich meinen Freund zu mir geholt und wir fuhren zusammen. Im September 1944 kam die „große Sperre“. Die SS sammelte und selektierte in den Höfen die letzten Juden. Alte und (ganz schwache) „Muselmänner“ wurden sofort mit dem LKW fortgeschafft. Ich versteckte meine Mutter und ging selbst zur Selektion los. Das war gefährlich, da Mutter erschossen werden konnte und ich ging zu ihr zurück. Dann kam die Auflösung des Ghettos. Mein Freund und seine Mutter und auch ich mit meiner Mutter, wir haben einen Rucksack gepackt und sind zum Bahnhof gegangen. Dort kamen wir mit hundert Menschen in einen Viehwaggon. Wir waren wie unter Schock im Waggon. Wir fuhren 100 Kilometer in drei Tagen bis Auschwitz. Ein Eimer für die Notdurft, kein Wasser, kein Essen. In Birkenau Brüllen: „Raus, raus!!“ Draußen stand die SS in Reihen mit Hunden. Viele waren ohnmächtig geworden auf der Fahrt. „Alles liegen lassen!!“ Wir standen in einer Schlange, davor die SS und selektierte. Unsere Mütter mussten nach rechts, wir nach links. Ich sagte zu meinem Freund, wir sollten „Tischler“ sagen, dann sind wir „produktives Element“. Wir kamen nach Birkenau, 800 in eine Baracke. Erst am nächsten Tag erfolgte der Appell. Zuvor wurden wir aufgefordert, alles Gold abzugeben, sonst würden wir getötet werden. Beim Appell rief der Blockälteste: „Alle bis 18 Jahre und Akademiker raustreten.“ Nach meiner Logik bedeutete dies vielleicht bessere Bedingungen, aber ich sah erst wie 15 oder 16 aus und meldete mich. Wir kamen in eine andere Baracke mit etwa 600 Jungen und 200 Akademikern. Ende August 1944 war es sehr heiß. Wir haben viele Stunden an den Wasserhähnen im Waschraum verbracht. In Birkenau habe ich meinen älteren Bruder getroffen. Ich wusste nicht, dass er dort war. Seine Frau und seine zwei Kinder waren tot. Ich sagte zu meinem Freund, wenn wir hier nicht rauskommen, erwartet uns ein bitteres Ende. Nach etwa drei Tagen hörte ich, dass man Leute zur Arbeit abholt. Wir meldeten uns auch und stellten uns an eine Schlange. Mein Freund stand hinter mir. Ich sagte ihm: „Dich nehmen sie nicht zur Arbeit.“ Wir gingen zurück in die Baracke. Ich wollte mich nicht von meinem Freund trennen, dann haben wir uns aber nochmals angestellt. Als mein Freund zu dem Tisch kam, wurde er zurückgeschickt. Ich stand hinter ihm und wurde genommen. Etwa 200 wurden ausgesucht, wir kamen in eine Baracke, ins Bad und erhielten eine Nummer. Wir erhielten auch Kleider, wahrscheinlich schon mit Streifen, und Holzschuhe, dann mussten wir ganz schnell ins Lager Auschwitz laufen. (Der Bericht wird in der nächsten ZEITDRUCK-Ausgabe fortgesetzt)
Zum nachfogenden Text: Kurt Noack beschreibt in einem 1988 entstandenen Bericht seine Haftzeit von Januar bis April 1947 im Sowjetischen Speziallager Nr. 6 in Jamlitz. Das hier ausgewählte Kapitel beginnt mit der Ankunft aus dem Lager Ketschendorf bei Fürstenwalde und endet mit dem Abtransport in das Lager Buchenwald.
Erinnerungen von Kurt Noack Vorwort Für einen wichtigen Punkt in der Abrechnung meines Lebens halte ich, das aufzuschreiben, was ich im Gedächtnis bewahrt habe aus einer Zeit, die mein Bewusstsein für die Dauer des Lebens nachhaltig prägen sollte. Ich habe später manches gemessen an den Erlebnissen dieser Jahre, weil ich mich zu den Überlebenden einer Gewalt zähle, die mit unangemessener Brutalität in Unschuldigen Verbrecher sah und sie danach behandelte. Ich war nie bereit, mein Unrechtsbewusstsein aufzugeben oder es außer Kraft setzen zu lassen. Mit zunehmenden Lebensalter wuchs mein Wunsch, das aufzuschreiben, was war und nicht verblasst ist, es nicht in die Vergessenheit zu verdrängen. Im Gedenken an die Leiden meiner umgekommenen Altersgefährten, kann mich davon niemand abhalten. Speziallager Jamlitz
N
ach unserer Ankunft wurden wir in der Finsternis in Kolonnen vom Bahnhof in das nahe Lager, dessen Eingang direkt an der Strasse nach Lieberose lag, gebracht. Erst im Lager erfuhren wir, wo wir waren. Von der Existenz des Lagers Jamlitz wussten wir wohl, aber glaubten, nicht in Deutschland zu sein. Die Baracken standen in einem Wald mit hochgewachsenen Kiefern, denen bei unserem Weggang vielfach bis in Mannshöhe die Rinde fehlte, weil einige sie zerrieben, zum Brot und mit der Suppe aßen. Das Lager war wie Ketschendorf von Stacheldrahtzäunen und zusätzlich von einem hohen Bretterzaun, dessen unteres Ende in die Erde reicht und in bestimmten Abständen von Wachtürmen mit ständigem MG-Posten umgeben. Vor 1945 gehörte das Lager, als Außenlager des KZ Sachsenhausen, zum Gelände eines SS-Truppenübungsplatzes. Es sprach sich herum, dass hier Juden untergebracht gewesen waren. Zwei Kameraden meines Zuges, Heinz Siegel und Günter Schulz, hatten es von hier bis in die Nachbardörfer zu ihren Eltern nicht mehr weit. Jamlitz erwies sich bald als das Allerschlimmste, als ein Todeslager. Unser körperlicher Zustand hat sich hier schnell weiter verschlechtert, auch als Folge des wieder einsetzenden strengen Frostes, der Krankheiten neu förderte und das Auftreten von Wasser im Körper begünstigte. Ich kam in die Baracke 28 im 3. Korpus, 1. Kompanie, 1. Zug. Mit mir Achim Natusch aus Senftenberg, mit dem ich seit der Einlieferung in Ketschendorf immer im gleichen Zug war und jetzt eine Pritsche teilte. Achim Natusch war etwas jünger, aber größer als ich. Er verließ erst wenige Monate vor seiner Verhaftung im 14. Lebensjahr die Schule. Uns verband eine gute Kameradschaft. In den Nächten versuchten wir, uns zu wärmen, rückten eng zusammen. Seine Decke unter uns, mein Mantel lag auf uns. So wiederstanden wir beide der Kälte besser. In den Jamlitzer Nächten nahm ich Magenschmerzen war, die nur ein völlig leerer Magen bereiten konnte. Ich lag darum oftmals lange wach. Die Pritschen waren auch hier dreistöckig, die Baracken in sehr schlechtem Zustand. Vielfach fehlten Scheiben in den Fenstern, die deswegen mit Holz und Pappe ausgefüllt waren. Im Mittelteil der Baracke war ein Raum, der vom Kompanieführer belegt war. Zu beiden Seiten lag je ein Raum für die vielen Insassen. Jeder Raum brachte eine Kompanie unter. Ein Ofen befand sich in der Mitte, für den wir jeden Tag frisch geschlagenes und gehacktes Holz bekamen. Tische und Stühle fehlten. Das Benutzen der Pritschen außerhalb der Nachtzeit war untersagt. (Der Bericht wird in der nächsten ZEITDRUCK-Ausgabe fortgesetzt)
die insel
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„Die Insel“ Beliebter Treffpunkt für Jugendliche in Friedrichshain
Ganz im Sinne der Förderung von Kindern und Jugendlichen in unserer Gesellschaft Der Jugendtreff „Die Insel“ ist eine Einrichtung des Mitherausgebers von ZEITDRUCK, die „Johanniter“. Die Berliner Jugendeinrichtung ist ein beliebter Treffpunkt und wird auch künftig in den ZEITDRUCK-Ausgaben von ihren vielfältigen Aktivitäten berichten. Die Kooperation zwischen den Johannitern und KARUNA u. a. bei der Herausgabe dieses Magazins soll aufzeigen, dass es sinnvoll ist, dass Hilfsorganisationen zusammenarbeiten.
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Angebote
oller Stolz blickt Isabella Busch auf „Die Insel“. In nur zwei Jahren hat sich der Jugendclub unter der Leitung der 28-jährigen Sozialpädagogin zu einem beliebten Treffpunkt der Jugendlichen in Friedrichshain gemausert. Rund 30 junge Leute zwischen 13 und 21 Jahren kommen inzwischen jeden Tag. „Viele Jugendliche, die hier im Kiez zwischen KarlMarx-Allee, Landsberger Allee und Danziger Straße leben, wissen nicht so recht, wie sie ihre Freizeit sinnvoll verbringen können und hängen auf der Straße rum“, sagt Isabella Busch. „Wir wollen ihnen eine Alternative bieten und ihnen zeigen, dass es Anderes gibt als Drogen, Rauchen oder Alkohol.“ „Die Insel“ ist das erste Projekt dieser Art im Berliner Regionalverband der Johanniter-Unfall-Hilfe. Grundsätzliches Ziel ist es, Räume bereitzustellen, die die Jugendlichen weitgehend selbstbestimmt nutzen können: als Treffmöglichkeit und zur Freizeitgestaltung. Auf etwa 120 Quadratmetern bietet „Die Insel“ viel Platz zum Erholen, zum Lernen und Hausaufgaben machen, für Gespräche, zum Lesen, Feiern und für kreatives Arbeiten. Ein Raum verfügt über alles, was die moderne Kommunikationsgesellschaft bietet: „Wir wollen den Jugendlichen Medien kompetenz vermitteln“, sagt Isabella Busch. Dazu gehört es, dass sie den Umgang mit dem Computer erlernen und zum Beispiel Bewerbungen auf dem PC schreiben können. Der zweite Raum ist für Freizeit und Erholung gedacht: mit Kickertisch, Musikanlage, Dart, Karaoke-Maschine, Tischtennis, verschiedenen Brett- und Kartenspielen und einer Leseecke mit jugendgerechten Büchern. Gemeinsame Aktivitäten werden in Zusammenarbeit mit den Jugendlichen geplant. „Eigene Ideen einbringen zu dürfen ist ein wichtiger Bestandteil unserer offenen Jugendarbeit“, so Isabella Busch. „Damit der Raum für die Jugendlichen auch wirklich ‚ihr’ Raum werden kann.“ Zu den Angeboten gehören auch Mädchengruppen, Filmabende, Workshops, Themenabende, besondere Events, Partys und vieles mehr. Darüber hinaus stehen die Mitarbeiter der „Insel“ den Jugendlichen in ihrem Alltag mit Rat und Tat zur Seite, bei persönlichen, schulischen und beruflichen Fragen. „Wir helfen beispielsweise bei den Hausaufgaben, üben Bewerbungsgespräche, zeigen Chancen und Alternativen auf“, erklärt Isabella Busch.
Offene Angebote Zu den offenen Angeboten kann jeder kommen, der möchte, Freunde treffen, Dart oder Kicker spielen, reden, kochen, schweigen, lesen oder einfach nur abhängen will. Man kann während des Offenen Betriebes an den Computer gehen und das Internet nutzen. Getränke und Snacks sind preiswert und einmal in der Woche wird auch gemeinsam gekocht. Auch Konflikte mit anderen, der Umgang mit Drogen, Gewalt und Kriminalität werden in Gesprächen, Workshops und Aktionen thematisiert. „Sozialraumorientierte Jugendarbeit“ nennt sich das im Fachjargon, was Isabella Busch und ihre Kollegen mit der „Insel“ auf die Beine stellen. Dass so etwas dringend notwendig ist, ist kein Geheimnis. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ist mit rund 260 000 Einwohnern der am dichtesten besiedelte Bezirk Berlins. Statistisch gesehen leben hier viele Familien mit niedrigem Haushaltsnettoeinkommen, Alleinerziehende, und der Ausländeranteil liegt bei rund 30 Prozent. Der kleine Kiez hat große Probleme. „Viele unserer Besucher sind Kinder aus armen Familien mit einem relativ niedrigen Bildungsniveau“, erklärt Sozialpädagogin Busch. Gerade mit diesen Jugendlichen gemeinsam zu arbeiten, sei eine wichtige Aufgabe. „Es geht darum, den jungen Leuten Werte zu vermitteln, so dass ihnen ein positives Lebensgefühl rübergebracht wird, dass sie nicht abgestempelt werden als chancenlose Unterschicht.“ Isabella Busch ist sicher, dass die Angebote des Jugendclubs helfen. Auch das Jugendamt ist froh über die Initiative. Finanzielle Unterstützung für „Die Insel“ gibt es zwar nicht, aber Isabella Busch wird überall mit offenen Armen empfangen. Auch der Vermieter der Räume, ein Privatunternehmer, hat das Projekt nach Kräften unterstützt. „Er ist sogar bereit gewesen, einige Voraussetzungen baulicher Art zu schaffen, ohne uns diese in Rechnung zu stellen“, so Angelika Steckler-Meltendorf, Vorstand bei den Berliner Johannitern. Finanziert wird der Jugendclub aus Spendenmitteln von der Johanniter-Unfall-Hilfe.
Angebote für Mädchen Einmal in der Woche findet ein Mädchentag statt. Dies soll zur freien Entfaltung der Jugendlichen ohne den „Geschlechterdruck“ dienen. Hier kann geredet, gebastelt, getanzt und getobt werden oder es werden auch mal Ausflüge gemacht.
„Die Insel Rockt gegen Rechts“ „Die Insel Rockt gegen Rechts“ ist ein Musikprojekt, an dem alle Interessierten teilnehmen können. Einmal in der Woche wird Musik gemacht, je nach Interesse gibt es eine Band, deren Mitglieder auch Instrumentalunterricht in Anspruch nehmen können, sowie einen Einzelgesangsunterricht. Im Rahmen des Musikprojekts sollen auch Workshops zu Themen wie z.B. Instrumentenbau, Rhythmik und interkulturelle Musik angeboten werden. Derzeit gibt es eine Band „Island Melodies“, die aus zwei Gitarristen, einem Bassisten, Schlagzeuger und 3 Sängern besteht, sie hatten auch schon einige Auftritte. Es gibt einen ehrenamtlichen Helfer, der jeweils Gittaren-, Schlagzeug- und Gesangsunterricht anbietet.
Thementage und Workshops: In regelmäßigen Abständen werden Thementage und Workshops angeboten, an denen spezielle Themen (Gewalt, Drogenprävention, Interkulturelles und Spirituelles) behandelt werden. Dies kann durch Spiele und Aktionen, aber auch durch Gesprächskreise erfolgen, je nach Thema und Laune. Auch Workshops wie z.B. „Html“-Kurse und Foto-Kurse werden angeboten.
Special Events Auch Partys und Ausflüge sollen in der „Insel“ nicht fehlen. So gibt es einmal im Monat eine Geburtstagsparty für alle, die im laufenden Monat Geburtstag hatten, sowie Partys je nach Anlass (Halloween, Nikolaus, Ostern etc.). Im Januar gab es eine Foto-Ausstellung zum Thema: „Wir und der Winter“.
Elternarbeit Nicht nur der Kontakt zu den Jugendlichen ist für Hilfeleistungen wichtig, sondern auch zu deren Familien. Nur so kann ganzheitliche Betreuung erfolgen. So ist die Zusammenarbeit mit den Eltern wichtig, um Probleme rechtzeitig erkennen und lösen zu können (z.B. Schulverweigerung, Drogenmissbrauch etc.). Ein Elterncafè soll eingerichtet werden, um auch als Ansprechpartner für die Erziehungsberechtigten zu fungieren.
Öffnungszeiten Montag und Mittwoch 14-19:00 Uhr Dienstag & Donnerstag 14-21:00 Uhr Freitag 14-21:30 Uhr Am Wochenende nach Absprache.
Kontakt Dipl. Päd. Isabella Busch (Leitung) Auerstr. 48, 10249 Berlin Tel.: 030-24035624 Mobil: 0173-6193207 Mail: insel@juh-bb.de
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Maske…?!
Claudia und Rudis Interviews... ... mit Isabella Busch (Leitung Jugendclub „Die Insel“)
Jeden Tag seht ihr mich, jeden Tag hört ihr mich, doch ihr täuscht euch, denn was ihr seht und hört, ist nicht mein wahres Ich…!
Seit wann arbeitest Du für die Johanniter? Ich arbeite seit 2006 für die JUH- ich habe mich für die Stelle als Leitung des Jugendclubs beworben und habe dann im Dezember angefangen zu planen und einzurichten. Warum heißt die Insel „Die Insel“ Weil sie ein Ort sein soll, an dem Jugendliche „stranden dürfen“ (lacht) und sich wohl und geborgen fühlen. Wer hat sich den Namen ausgedacht? das war meine Chefin ... Macht Dir die Arbeit Spaß? Nee, gar nicht (lacht)- nein im Ernst, das ist im Moment mein Traumjob mit Euch zu arbeiten! Was ist das peinlichste was Dir in der Insel je passiert ist? Mir ist mal die Hose beim Ligretto-spielen gerissen und ich musste mir von der Praktikantin was leihen… Was ist die nervigste Frage von den Jugendlichen? „Isaaaa, kannst Du mir bitte den PC anmachen?“ (ungefähr alle 3 Minuten) Was singst Du beim Singstar am liebsten? K.T. Tunstall - Cherry Tree Was für Streiche haben Dir die Jugendlichen schon gespielt? Abgesehen vom 1. April als ich Salz statt Zucker im Tee hatte, als wir mal eine Übernachtungsparty in der „Insel“ gemacht haben, wurde von den Mädels mein Schlafsack versteckt… Zum Glück habe ich ihn wiedergefunden, sonst wären Pyjamapartys erstmal gestrichen gewesen (lacht).
Es ist eine Maske, eine Maske hinter der ich mich verstecke, hinter der ich traurig bin… Ihr alle meint mich zu kennen, meint zu wissen wer ich bin, und ihr meint ich sei glücklich, weil ich doch oft lache, und immer so gut drauf bin… Doch das ist nicht wahr, ich bin traurig, verzweifelt, hasserfüllt…! Ihr seid glücklich, habt alles was ihr wollt, führt ein perfektes Leben… Und genau deshalb muss ich mein Ich verstecken, denn ich will euer schönes Leben, eure perfekte Welt nicht zerstören, will euch nicht mit meinen Problemen nerven, will euch nicht runter ziehen… Ihr würdet euch Sorgen machen, würdet versuchen mir zu helfen, mich zu verstehen… Doch ich weiß ihr könntet es nicht, würdet mir nicht helfen können, würdet mich niemals verstehen… Deswegen erspar ich euch die Sorgen, tue so als sei alles okay, bin für euch glücklich, zumindest äußerlich. Ich bin nicht sauer, dass ihr nicht seht was wirklich los ist, mache euch auch keine Vorwürfe, ich bin einfach zu oft zu gut gelaunt, als das ihr es sehen könntet, überspiele damit meine Verzweiflung, meine Trauer, meine Angst… Ja ich habe Angst Angst davor, dass ich irgendwann zuviel in mich hineingefressen habe, dass ich nicht mehr kann, dass ich am Ende bin… Ich weiß nicht, ob es bis dahin noch lange, oder nicht mehr so lange dauern wird. Doch ich weiß, dass ich euch glücklich machen will, dass ich nicht euer Leben zerstören will, dass ich deswegen vor euch so tun muss, als sei ich glücklich… Und ich werde es weiterhin für euch tun, für euch und euer Leben, bis ich nicht mehr kann, bis ich wirklich am Ende bin…! 8.6.2008 von C.
Nur etwas Sonne Am Horizont ein Baume steht, und etwas Sonne fehlt, der Himmel öffnet einen Spalt, ihm entsteigt eine Gestalt, eine Aufgabe stelle ich Dir, etwas frische Luft gebe mir, dann wirst ansgestrahlt vor Glück und ich kehr in den Himmel zurück. Von R.
Mein Herz Meine Gefühle sind übertrieben, sonst würde ich Dich nicht so lieben, mein Herz springt freudig in die Luft, Dich zu lieben ist eine Sucht. Das Schicksal soll uns zusammenführen, denn jedes Mal bei deinem Berühren, ist es wie ein Sonnenstrahl denn ohne dich wäre es eine Qual, wärst du nicht da müsste ich denken wie es ohne dich wär und mich ablenken. Von R. für R.
... mit Felix Schaefer (Leitung „Die Insel Rockt gegen Rechts“) Seit wann bist Du in der „Insel Ich bin im März 2007 hier gelandet Wie bist Du auf die „Insel“ gekommen? Mit der Titanic gestrandet (lacht)- Nein im Ernst, ich habe bei den Johannitern mein FSJ gemacht und wollte unbedingt Jugendarbeit machen, da habe ich Isa dann kennengelernt, die mich übernommen hat. Macht Dir die Arbeit Spaß? Ja sehr! Wenn Du die Jugendlichen beschreiben müsstest, wie würdest Du sie in 3 Worten beschreiben? Lebhaft, Durchgedreht, Interessant Was ist das Nervigste, was die Jugendlichen Dich fragen? „Feliiix, kannst Du mal die Singstar-CD wechseln? Was ist das Peinlichste das Dir in der Insel passiert ist? Eigentlich passiert mir jeden Tag was Peinliches: Tassen fallenlassen, Stolpern… Worauf kannst Du in der Insel absolut nicht verzichten? Isa, meine mentale Stütze (lach)
... mit Dipl. Päd. Michael Rapaic Wie bist Du auf die Insel gekommen? Per e-mail beworben… Seit wann arbeitest Du für die Insel? Seit August 2008-11-28 Wie findest Du Isa (Frau Busch) als Chefin? Ich sehe Isa nicht als Chefin sondern als gute Kollegin an. Hast Du einen guten Draht zu den Jugendlichen? Ich denke ja... Was ist die nervigste Frage der Jugendlichen? Wechselst Du mal die CD???? Wenn Du uns in drei Worten beschreiben solltest… lebendig, crazy, neugierig Was trägst Du nachst? T-shirt und Boxer!!
schatten
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Wir sind ganz normale Menschen ...
Meine Erfahrungen basieren auf einer ähnlichen Geschichte: Meine Mutter und ich lebten ganz alleine irgendwo im Osten Deutschlands. Mein Vater kam noch oft zu uns, wollte aber nur Geschlechtsverkehr. Das war meiner Mutter nicht recht. Er vergewaltigte sie dann und schlug sie bis sie nicht mehr stehen konnte. Ich konnte zu diesem Zeitpunkt gerade mal laufen und versuchte trotzdem immer wieder meiner Mutter zu helfen! Haben sie schon einmal den Blick ihrer Mutter gesehen,
wenn sie hilflos und blutend am Boden liegt und nicht mehr kann? Das ist der Blick der dir sagt: „Es tut mir leid, ich kann dir nicht helfen“ und Zack Bum bist du bereits als kleines Kind auf dich gestellt und musst dir überlegen, was machst du jetzt. Es wurde nicht besser: Meine Mutter wurde ein zweites Mal schwanger, mein Vater kickte sie die Treppe runter und schlug sie noch härter und fester. Eines Tages kam die Polizei und das Jugendamt vorbei. Sie schauten, ob wir Hilfe bräuchten, weil die Nachbarn Schreie hörten und ein kleines Kind weinte und schrie. Da meine Mutter Angst hatte, sagte sie, es sei alles in Ordnung. Von wegen - sie griff immer stärker zum Alkohol bis sie mir eines Tages aus Versehen im Konsum eine Watsche gab. Ich ließ mir aber nichts anmerken. Am nächsten Tag schickte sie mich in den Kindergarten. Die Betreuer merkten, dass ich eine angeschwollene Backe hatte und riefen den Notarzt. Der stellte fest, dass ich einen angebrochenen Kiefer und eine mittlere Gehirnerschütterung hatte. Hätte meine Mutter keinen Alkohol getrunken, hätte sie nicht so fest geschlagen und ich wäre heute noch bei ihr.
Habe ich denn einen Sinn im Leben?
Danke an alle Menschen, die durch diesen Text etwas mehr Verständnis bekommen haben.
Ich schreie, und doch bin ich still. Ich weine, und doch unterdrücke ich die Tränen. Ich laufe weg, und doch bereue ich es. Ich liebe, und doch kann ich nicht fühlen. Ich verstehe nicht, warum ich mich mit dem Leben plagen muss, und nicht sterben kann. Hab ich denn einen Sinn in meinem Leben?
Tobias von Borstel, München
Lisa, 14 Jahre
Ich will damit keinesfalls sagen, dass unsere Jugendtaten gerechtfertigt sind, aber ich will sagen, dass sich die Erwachsenen oder älteren Menschen in unserer Gesellschaft mehr Mühe geben sollten uns zu verstehen! Denn zu 90 % der Fälle können wir nichts für unser Schicksal!
Foto: Daniel Rosenthal
J
ugendliche im Alter von 15 bis 18 Jahren werden oft als asozial, frech oder „Scheiß-Jugendliche“ bezeichnet. Das stimmt aber so nicht! Wir sind ganz normale Menschen mit Problemen im Elternhaus oder in Einrichtungen. Wir haben alle krasse oder schlechte Erfahrungen gesammelt - sei es durch Vergewaltigungen oder Schläge von Vater oder Mutter - oft aber auch durch ganz andere Erlebnisse, die wir unseren Eltern nicht sagen wollen oder können. Bei den Meisten ist es so, dass sie entweder verprügelt oder falsch verstanden werden oder man sie gar nicht verstehen will. Das geht nicht einfach an uns vorbei! Wir spüren das und suchen uns Halt und Ermutigungen durch unsere Cliquen oder Freundeskreise. Da meistens alle in einem Freundeskreis dieselben Probleme teilen, verstehen wir uns untereinander so, wie es eigentlich zwischen Tochter, Sohn und den Eltern sein sollte. Trotzdem entsteht dabei eine ziemliche Wut und Aggressivität. Da wir nicht wissen, wie wir sie abbauen sollen, lassen wir sie an anderen Personen oder Gegenständen aus. Oft gibt es aber auch nur das Problem, dass unsere Eltern alkoholabhängig sind und immer mehr die Angst entsteht, dass wir von ihnen weg müssen.
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Er ging und schritt
Lala, 16 Jahre
Foto: Ricardo Hapke
A
ls die Sonne im Westen des Landes unterging, ging auch er. Er ging und schritt und ging, und erreichte doch nie sein Ziel. Er lief über Felder und Wiesen, durch Wälder und Städte. Jedoch nur durch die kleinen, er mochte große Städte nicht. Er mied Lärm, wollte nur der Natur gehorchen. Je nach Jahreszeit half er den Bauern beim Ernten verschiedener Feldfrüchte und manchmal mistete er Ställe aus. Wie er so durch die Welt lief, fortwährend, manchmal tage lang, überkam ihn doch von Zeit zu Zeit die Müdigkeit. Dann suchte er die nächsten Bahngleise auf und wartete seelenruhig auf den für ihn bestimmten Zug. Er sprang auf und fuhr in die Ferne. Während seiner Fahrt schlief er. Er schlief lang, um Kräfte für seine lange Reise zu sammeln. Seine Kräfte hielten den langen, endlosen Wegen nicht immer stand. Oft kam es vor, dass seine Beine nachgaben, dann konnte er nicht auf seinen Zug springen, aber in die nächstgelegene Stadt schaffte er es noch, um sich dort ein Zimmer zu mieten. Meist erschraken die Menschen bei seinem Anblick, wenn er vor der Türe mit letzter Kraft kniete und um ein Bett bat. Sein Bart war lang und verfilzt, seine Haare wirkten ungepflegt und verlaust, seine Augen blickten traurig flehend drein. In solchen Momenten griff er in seine rechte Jackentasche, die kein Loch hatte, und holte ein paar Scheine hervor. Daraufhin gaben ihm die Menschen ein Dach über dem Kopf für eine Nacht. Sie taten es des Geldes wegen, nicht aus Nächstenliebe. Gemütlich schlief er dann in eine dicke Decke gehüllt und den Kopf tief im Kissen vergraben ein. Morgens bekam er für gewöhnlich von den Wirtsleuten ein Frühstück. Er bedankte sich dann höflich und ging. Er ging und schritt und schritt und ging. Die Wege entlang, nach links, nach rechts und mal nach rechts und irgendwann dann nur noch geradeaus. Er sah so viel auf seiner Reise, die schönsten, farbenfrohen Sonnenuntergänge auf unendlich scheinenden Stoppelfeldern. So klare Nächte, dass sich alle Sterne zeigten und mittendrin die Milchstraße. Mit Rehen und Hasen sprach er dann, wenn er sich nicht mehr sicher war, ob er überhaupt noch sprechen konnte. Sie erzählten ihm Märchen aus aller Welt, wo Einhörner und Drachen zu leben pflegten. Fröhlich summend zog er weiter durch den Wald, über Zweige durch Büsche und Bäume hindurch. Der Wald war groß, und er musste die Nacht durch laufen. Mit den ersten Sonnenstrahlen trat er aus dem Wald. Vor ihm lag der See. Zum See führte leicht bergab eine Wiese. Er legte sich ins Gras und schaute. Die Sonnenstrahlen brachten das Wasser zum Glitzern. Keine einzige Welle. Stille. Er döste ein. Mit seinem Traum endete auch sein Schlaf. Er stand auf, lief zum See, wusch sich, um dann aufzubrechen. Er ging und schritt und schritt und ging. Mit jedem Tag, jeder Woche und jedem Monat, der verging, ging auch die Wärme der Sonne. Und er ging und schritt frierend. An einem Abend jedoch war es ihm so kalt, dass er am ganzen Körper zitterte. Er war weit weg von Häusern und Menschen. Er sah nur einen Wald. Wie so oft, nahm er seine letzte Kraft zusammen und machte sich auf, mit wackelnden Beinen, in Richtung Wald. Dort irrte er umher, wie ein streunender Hund, stolperte über Äste und Wurzeln, bis er zu einer Lichtung kam. Hier hatten sich viele Rehe zur Nachtruhe gelegt. Eines von ihnen hatte ihn kommen hören und hob den Kopf über die anderen hinweg. Es nickte. Er verstand und ging immer noch schrecklich frierend auf das Reh zu. Neben ihm ließ er sich nieder. Das Reh gab Wärme. In dieser Nacht träumte er komisch. Er sah sich als kleiner Junge auf einer Wippe schaukeln und Fußball spielen. Er sah seine Eltern und die vielen Wege, die er in seinem Leben gegangen war. Am Ende seiner Träume lief er auf ein weißes, strahlendes und warmes Licht zu. Und er schlief und schlief und schlief.
schatten
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Monsterträume
Reich kam ich somit noch schneller näher. Nur merkte ich das nicht. Mit jedem neuen Tag wurde es um mich dunkler, mit jedem neuen Tag wurde ich einsamer. So langsam verschwand die Sonne in mir. Tag um Tag wurde ich für Freunde, für die Menschen unausstehlicher. Nun bald würde ich doch eins sein, eins mit der Depression.
Plötzlich bekam ich meinen Mut zurück, ein wenig Stärke für den langen Weg. So hatte es mir das Monster versprochen. Kurz darauf kam ich an. War an meinem letzten Ziel. Stand vor dem Abgrund, dem Abgrund der Dunkelheit. Dort, wo meine Erlösung zu liegen schien. Es fehlte nur ein Schritt.
Foto: Ricardo Hapke
Es hatte so gut wie gewonnen. Nahm Überhand.Was sollte jetzt noch passieren? Wer sollte dies noch aufhalten? Dachte ich.
Sagte ja, gab dem Monster meine Hand darauf und ging. Ganz allein, ganz ohne Depressionen. Halb erfroren, fast blind vom Weinen, viel zu schwach zum Leben.
E
s sprang mich an, kam aus dem Hinterhalt, packte mich, hielt mich fest. Energisch war es, energisch wie lange nicht. Ich schaffte es nicht abzuschütteln, es loszubekommen. Davor weglaufen konnte ich nicht, es zu bekämpfen schaffte ich nicht. Es hatte mich wieder, hatte mich erneut gefunden, hatte mich in seiner Gewalt.
Dieser Trostlosigkeit war ich schon sehr nah. Das spürte ich jetzt, jetzt wo es zu spät schien.
Es war zurück. Das Monster!
Somit gab ich mich auf.
Depression wurde es genannt. Es war groß, es war schwer. Wollte mich erdrücken. Mit jeder Stunde, mit jedem Tag klammerte es mehr. Klammerte fester. Wuchs. Wurde größer, wurde schwerer. Nahm mir den Verstand, fing an, mich zu beherrschen, aß von meinen Gefühlen. Konnte mich beinahe kontrollieren. Das Monster wollte mich mit sich nehmen. Mit in sein Reich, in das Reich der Dunkelheit, der Trostlosigkeit. Ich hatte große Angst davor. Fragte mich immer und immer wieder, kann ich es noch einmal schaffen? Kann ich ihm noch einmal entgehen? War ich stark genug? Ich glaubte nicht mehr an mich, mein Mut hatte mich verlassen. Das gefiel dem Monster, es sättigte sich daran und wuchs. Wurde größer. Es gab ihm noch mehr Kraft. Seinem
In der Dunkelheit fing ich an zu weinen. Bekam mit jeder vergossenen Träne Krämpfe, Krämpfe, weil das Schlechte in mir eindeutig die Kontrolle übernahm. Alles Leben sog es aus mir.
Lies alles mit mir machen, es war egal, nur schnell sollte es gehen. Flehte, bettelte nach Erlösung, nach dem Ende. Das Monster sagte mir, es gäbe eine Lösung. Es gab eine Lösung, die brutal klang, die aber meinen ganzen Mut bräuchte. Allerdings müsste ich dies alleine bewältigen. Das Monster erzählte mir, wie diese Möglichkeit aussähe. Interessiert hörte ich zu, erschrak aber bei jedem Satz. War starr vor Angst. Also, das war mein Ende, mein einziger Ausweg, die Chance mich zu befreien, von meinen Sorgen, von meinen Problemen, von meinen Qualen? Von dem Monster? Eindeutig!
Der mutigste und endgültigste Schritt in meinem bisherigen Leben. Nach diesem Schritt würde es kein Zurück mehr geben. Dafür aber Befreiung, Befreiung für immer. So hatte es das Monster geschildert. Und es klang schön. Stand vor dem Abgrund, schaute, überlegte. Sah in die Leere, in das Nichts, in die Dunkelheit. Gern würde ich noch einmal weinen, weinen, ein paar Tränen nur, dachte ich. Tränen gab es nicht mehr, es gab nichts mehr. Ich versuchte einen Schritt, einen einzigen, letzten Schritt. Und der ging nach vorne. Mehr nicht. Stand einfach, stand benommen. War am Zittern. Erschrak! Es schrie im Hintergrund, etwas schrie mich an. Ein Schrei der Hilfe, wie es klang. Ich wurde bewegt, nach hinten. Nicht nach vorne, in die Befreiung. Die Dunkelheit war weg, der Mut war weg. Dafür viel Licht, Licht aus einer Taschenlampe. Ein fremdes, weißes Gesicht dazu. Alt war es, alt und abgehetzt sah es aus. Abgehetzt vom Laufen, blass vor Angst. Mario, 20 Jahre
lyrics
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Liebe?
Schlüsselgeschichte
Schöne Augen hat ´se ja Man könnte sich glatt in sie verlieben, wenn sie nur, ja wenn sie nur nicht so unordentlich untalentiert uneinsichtig und unpünktlich wäre, wenn sie nur nicht den ganzen Tag aus dem Fenster starrte Gedichte schreiben und nichts auf die Reihe bekommen würde, ja wenn sie nur so wäre wie WIR
Ich öffne die Tür und heraus kommt die Faust Die Faust öffnet die Tür und heraus kommt Schmerz Der Schmerz öffnet die Tür und heraus kommt Blut Das Blut öffnet die Tür und heraus kommt Leukämie Die Leukämie öffnet die Tür und heraus kommt Hypa C Hypa C öffnet die Tür und heraus kommt der Pharmavertreter Der Pharmavertreter öffnet die Tür und heraus kommt die Rechnung Die Rechnung öffnet die Tür und heraus kommen Schulden Die Schulden öffnen die Tür und heraus kommt Armut Die Armut öffnet die Tür und heraus kommt der Gerichtsvollzieher Der Gerichtsvollzieher öffnet die Tür und heraus kommt ein Meineid Ein Meineid öffnet die Tür und heraus kommt Moabit Moabit öffnet die Tür und heraus kommt der Kriminelle Der Kriminelle öffnet die Tür und heraus kommen Waffen Waffen öffnen die Tür und heraus kommen Patronen Patronen öffnen die Tür und heraus kommt der Tod Der Tod öffnet die Tür und heraus kommt das Leben
Silvia,17 Jahre
Gedanken Wenn Sie denken, dass das Denken der Gedanken ein gedankenloses Denken ist, dann denken Sie falsch. Denn beim Denken der Gedanken, kommt man erst auf den Gedanken, dass das Denken der Gedanken ein gedankenloses Denken ist.
Foto: Sven Vollbrecht
Anne, 16 Jahre
Jannette und Robert, 16 u. 17 Jahre
Kinder spielen freudig im Baumhaus. Mutter ruft aus dem geöffneten Küchenfenster aus blaumeliertem Holz Sie hören, doch wollen nicht Mutter ist böse, sie mag nicht spielen Auch die Kinder sollen nicht spielen Rote Wangen bekommt das Kind Aufregung, Angst Alles jahrelang eingebläut, aufgesetzt, wie mit einem Hammerschlag abertausendmal auf Kopfhaut getroffen, in weiche Masse zerstörend eingedrungen Rums! Blut verläuft, versickert im Altweibersommergras Gelbrote Äpfel vervollständigen das Rot Kriechend nimmt etwas Zartkleines seinen letzten Weg auf, senkrecht nach oben Freitag Fesseln lösen sich auf, verschwinden in nebelweichen Wolken, die der Wind vertreibt Das Blut hinterlässt Ornamente Formen sogar Buchstaben formieren sich zum Angriff Ein Wort deutet sich an Das Wort „Verrat“ leuchtet rot in den Himmel Spiegelt sich, glitzert Umzieht den Erdball, lodert auf und verschwindet im zermürbenden Schlund der Unerklärbarkeit. Julia, 16 Jahre
Foto: Ricardo Hapke
Unerklärbar
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Harte Schale geprägter Kern Hinter den Bergen und weit weg vom Tal da, wo der Wald sieben Tage alt ist lebte ein Pfirsich an einem Baum. Sein Ast - der Arm, er hielt ihn fest. Früh kam der Winter mit Eis und Schnee. Spät zogen Vögel gen Süden. Der Frost tat dem kleinen Pfirsich so weh und wollte - doch konnte nicht fliehen. Er nahm ihm das weiche, sein Kleid. Zog an ihm den Frost von innen das Leid. Und wollte doch konnte nicht fliehen. Verstand niemand, als der Frühling dann kam der Kern, der harte und innen ganz weich ward nun eine kalte Schale
Herbstwald
Der Baum
Bunter Herbstwald, entführe mich in dein Geheimnis. Wind, trage mich fort, in meinen Traum, lass mich mit den Blättern spielen, und umher wirbeln. Ich lausche dem Rauschen wie die Blätter, die Bäume und die Sträucher mir den Sommer erzählen. In lauten Sommernächten haben sie geschwungen im Rot der untergehenden Sonne. Doch nun, wo der Herbst sie unerbittlich auf Reisen schickt, wollen sie die letzten Sonnenstrahlen einfangen bevor sie in ein ewiges Schweigen verfallen. Einsam und berührt ziehe ich fort und lasse die Blätter Blätter sein. Das Geheimnis des Waldes tief in mir. Blicke noch einmal zurück auf den Wald, der still in der Ferne glänzt …
Ich bin selbstsicher gutmütig stehe ich fest verwurzelt schon lange Zeit ich lasse viele Tiere in mir wohnen in meinen Ästen spielt der Wind ich genieße schweigsam diese harmonische Gemeinschaft Max, 17 Jahre
Nadja, 17 Jahre
Foto: Ricardo Hapke
Line, 17 Jahre
Träne Wenn du eine Träne von mir wärst, würde ich nicht mehr weinen, aus Angst, dich zu verlieren. Lisa,14 Jahre
Enttäuschung Komm, steh auf und wisch dir die Tränen vom Gesicht. Zeig der Welt, dass du wieder fähig bist zu lachen, denn die Zeit des Selbstmitleides ist vorbei. Geh hinaus und sieh, wie schön die Sonne scheint. Spiel mit den Sonnenstrahlen und tanz im Regen. Lass dich nicht unterkriegen! Denn niemand ist es wert, dass du für ihn dein Leben wegwirfst. Nicole, 17 Jahre
Auf der Suche Ich sitze im Zimmer, gucke mich im Spiegel an und frage, warum ich nicht zu mir stehen kann. Immer schminke ich mir ein Lächeln und tue so, als wäre ich nie traurig, sondern immer froh, als fände ich alles toll, was ich blöd finde, als würde ich alles sehen und wäre niemals blind. Es scheint, als würde ich zum „Mir-was-vormachen“ neigen. Doch wie soll ich denn den anderen zeigen, wer ich bin? Das ist ja selbst mir nicht klar. Du kommst herein, doch ich bin nicht da. „Wo ist Lisa?“, fragst du dich, doch die ist auf der Suche nach ihrem wahren ICH. Lisa, 14 Jahre
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Freunde
Das Ende
kommen und gehen sind immer da aber nie griffbereit haben meistens nix doch wollen immer was sind nie da, wenn man sie braucht immer aber, wenn man etwas hat. Freunde sind Menschen mit denen man sein Leben teilt obwohl man sie nicht genug kennt Freunde sind relativ und so gut hinzunehmen wenn man sich sein eigener Freund ist.
Das Ende ist hier. Das Ende wovon? Von diesem Schreibblock nach 27 Seiten? Von meinem Leben nach 16 Jahren? Von einem Traum nach ungezählter Zeit? Von dieser Stadt nach 12 Monaten? Von der Suche nach Glück nach endlos vielen Momenten? Von diesem schönen Lied nach 3 Minuten? Von dieser Nacht nach 12 Stunden?
Assel, 16 Jahre (2008)
Oder ist jedes Ende ein neuer Anfang?
Hundefreiheit
Toblerone, 16 Jahre
Foto: Sven Vollbrecht
Mein Hund kommt und geht oft wie er will. Große Einschränkungen kennt er nicht. Ich lasse ihn laufen mit dem Risiko, ihn zu verlieren. Im Park ist er manchmal eine halbe Stunde weg. Sorgen mache ich mir nicht. Doch manchmal passe ich nicht auf. Er ist übermütig und verpisst sich auf der Straße, Essenreste da, Hündinnen dort. Da raste ich total aus, bis er wieder da ist. Assel
Diese und jene Zeiten Die Zeiten ändern sich und die Zeit heilt alle Wunden. Man wird erwachsen, man trifft Leute, man verliert Freunde, man gewinnt wieder neue hinzu, man wird verlassen und man verändert sich. Siebzehn Jahre lang habe ich den Mist mitgemacht.
Bombe Lange passiert nichts irgendwann ein Funken Ein paar mehr, na kein Problem doch die Lunte fängt Feuer könnt ihr es nicht sehn könnt ihr nicht? ihr schürt weiter die Glut und irgendwann platze ich mit aller Wut Max, 17 Jahre
Caromea, 17 Jahre
Foto: Ricardo Hapke
Doch jetzt, ausgerechnet jetzt, wird mir das zuviel. Die Zeit rast immer schneller an mir vorbei: Der Stress mit der Familie, die Schule und dann muss ich mich noch heute entscheiden, was ich in zehn Jahren machen will. Die Zeit rast und rast, wird immer schneller und schneller. Es gibt keine Möglichkeit, sie anzuhalten. Gestern war ich noch Omas Liebling. Heute erklärt sie mich für verrückt, weil ich punkig bin, schwarze Kleidung trage und mir die Arme zerschneide. Depressionen und Drogen, das waren angeblich nur Phasen. Und die Zeit heilt alle Wunden. Doch was hilft das, wenn immer neue gerissen werden. Die Zeit rast und rast so sehr, als das alles geheilt werden könnte
outro
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Auf alles eine Antwort haben
A
uf alles eine Antwort haben, keine Geheimnisse mehr, nichts mehr erforschen müssen? Der Mensch dürstet nach Wissen, will sich alles erklären, will verstehen. Was würde mit einem Menschen passieren, der die Macht des Weltwissens hätte? Würde er beim ersten Kontakt zurückschrecken, es empfangen oder sterben? Was würde er damit tun? Gottesgleich der Welt Frieden und Erlösung bringen oder sie mit diabolischer Macht vernichten? Ein paar Einstellungen, ein paar Handgriffe noch. Es ist ein Wagnis, es ist der Versuch, Allmacht zu erlangen. Würde es dem Einzelnen helfen, der Welt? Fertig. Es klingt wie in einem Science-Fiction-Roman: Ein Wissenschaftler arbeitet an einem Gerät, das verbunden mit dem Internet alles Wissen vom ersten Menschen bis heute, von Sokrates bis Einstein, Nero bis Mendelejew, auf einen Punkt bündelt. Tu ich es? Ein IQ, der jede Skala zum Bersten bringt. Ja, ich bin bereit. Mein Kopf, er brennt, pulsiert. Es ist vollbracht, das ultimative Wissen steckt in meinem Kopf. 1836924 + 649738 / 75924 * 3 - 6 / 88642 = 0,0010407 Paff, fällt mir denn nichts Schwereres ein? Hitler begann und führte den Krieg - das war falsch. Einsteins Relativitätstheorie ist unkorrekt. Element 153: Macberium. Außerirdisches Leben unter der Oberfläche des Pluto, Ufos in Area 51. Wissen ist Macht! Diese Menschen irren auf der Erde, bekriegen sich, verstehen sich nicht. Eine Weltrepublik, wäre das erstrebenswert oder die Erlösung auf jeden Fall? Vorbei. Diese, diese Memo Haube ist eine Waffe, zu mächtig. Ich werde sie nicht mehr benutzen, falsch, keiner wird sie je benutzen. Ich werde sie, nein, zerstören werde ich sie nicht. Sie wird eingebunkert, versteckt, für spätere Generationen. Ob sie damit umgehen können? Wer weiß. Doch eines weiß ich: momentan sind die Menschen für solch eine gewaltige Macht nicht bereit“. Martin, 20 Jahre
Ein Amtsmensch
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So ging das den ganzen Tag, das ganze Jahr, sein ganzes Leben. Bis der Amtsschimmel überhand nahm, ihm den Atem raubte, und er sich beim Lesen eines Gesetzbuches daran verschluckte; kopfüber in seine Rotzpfütze fiel und erstickte. Lea, 17 Jahre
Foto: Sven Vollbrecht
ines Tages saß ein Amtsmensch hinter seinem Schreibtisch. Er war so klein, dass nur seine Riesennase über den Tisch reichte. Warzen und Pickel säumten diese Nase. Rotz tropfte auf die Papiere, die vor ihm lagen, so dass er nicht mehr lesen konnte, was darauf stand. Seine Hornbrille hatte so dicke Gläser, dass seine Augen nicht zu erkennen waren. Wahrscheinlich waren sie grau. Sein Bart war schon verschimmelt; grün und weiß. Und ein Spinnennetz ging von seiner Hand an die Decke und wieder zurück. Ein Antragsteller kam herein. Der Amtsmensch stotterte: Paragraph 371, 581a, 30177 und ääh Geld, Geld, Finanzen drittes Gesetzbuch Absatz 7351 ääh, ääh, mhm, die anderen habe ich vergessen - abgelehnt! Der nächste bitte! Oder halt! Erst muss ich noch was Wichtiges erledigen.
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Impressum:
Die Fotografen dieser Ausgabe:
ZEITDRUCK - Magazin von jungen Ein- und Aussteigern besteht seit 1994 und erscheint zwei- bis viermal im Jahr. Die Redaktion besteht aus jungen Menschen zwischen 14 und 21 Jahren, die in ihren Texten ihre persönlichen, oft sehr traurigen Lebensgeschichten verarbeiten. Dabei werden sie von Personen begleitet, die ihnen beim Schreiben ihrer Erlebnisse zur Seite stehen und sie unterstützen (Besonderer Dank an Hannelore Fischer!). Ziel ist hier, sich mit sich selbst und seiner Umwelt auseinanderzusetzen, sich zu reflektieren, Erlebtes zu verarbeiten und dabei neue Chancen und Perspektiven zu erkennen! ZEITDRUCK wurde mit dem Preis „Demokratie leben“ durch die Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth ausgezeichnet. Im Rahmen der Bundesjugendministerkonferenz erhielt ZEITDRUCK den Preis „Beste Praxis in der Jugendhilfe“. Durch die Leserlnnen der Zeitschrift Hörzu wurde ZEITDRUCK mit dem Leserpreis prämiert und durch die Kinder- und Jugendlandesstiftung Berlin erhielt das im ZEITDRUCK- Verlag erschienende Buch: „Wenn das Leben und scheidet“, den Journalistenpreis der Stiftung. So können Sie helfen: Spenden Sie direkt an die gemeinnützige Hilfsorganisation KARUNA e.V. Spendenkonto: 3540607, Bank für Sozialwirtschaft, BLZ: 100 205 00 Oder unterstützen Sie das Projekt mit einer kleinen Anzeige und helfen Sie den Kindern und Jugendlichen ZEITDRUCK weiter zu verbreiten! Anzeigenpreise: 1/1 Seite = 500,00 € / 1/2 Seite = 300,00 € / Eckfeldanzeigen = 250,00 € Häusliche Anschrift: Hadlichstr. 2, 13187 Berlin, Tel.: 030 - 55 48 95 29, Fax: 030 - 55 48 95 27 e-mail: karunaberlin@t-online V.i.s.P.: Jörg Richert u.v.a. Layout: Karsten Schützler, Druck: BAUMGARTEN & GRÜTZMACHER Druckerei Herausgeber: KARUNA Zukunft für Kinder und Jugendliche in Not Int. e. V. (Träger der freien Jugendhilfe, als gemeinnützig anerkannt) Alle Nachdruckrechte bei KARUNA e.V., Veröffentlichungen widerspiegeln nicht immer die Meinung des Herausgebers.
Ricardo Hapke: „Ich bin 25 und fotografiere seit Mitte 2008. Ich war lange auf der Suche nach der richtigen Ausdrucksform und stehe nicht so auf Standard-Fotografie. Mich reizt es eher, den Betrachter herauszufordern, einmal öfter hinzusehen. Ich halte auch nicht viel von Verfälschungen, alle Bilder sind immer fotografiiert und möglichst unbearbeitet, es sei denn, ich lege Fotos übereinander. Ich habe fast zwei Jahre im KARUNA-Projekt „Punks & Dogs“ kreativ gearbeitet! Für diese Zeit bin ich sehr dankbar, weil dort der Prozess der Selbstfindung einsetzte. Ohne den hätte ich womöglich im Traum nicht daran gedacht, zu fotografieren. Bisherige Arbeiten: Mitarbeit an Werbefilmen für jugendliche Schulabgänger (Setfotografie, Redaktionsarbeit, Ideenfindung), Beleuchter, Tonassistenz und Setfotografie beim Fim “Diesseits der Liebe” von Chrys Hamer. Kontakt: ricardo.hapke@googlemail.com / www.bulbfiction.net Sven Vollbrecht: Geboren 1975 und aufgewachsen in Berlin. Momentan arbeitend als Freiberuflicher Fotodesigner und Regisseur. - seit 2000 1.+2. Regieassistent für TV-Produktionen - seit 2006 Projektleiter für Medienprojekte - seit 2006 Regisseur für Musikviedeos und Image-Projekte - seit 2008 Ausbilder für Mediengestalter in Bild und Ton - seit 2008 Fotodesigner. (contact@thevlab.com) Daniel Rosenthal wurde 1973 in Wiesbaden geboren. Nach einem Fotodesign-Diplom-Abschluss an der Lette-SchuleBerlin arbeitete er als Fotoreporter für verschiedene Zeitungen in Deutschland und studierte später Fotojournalismus am London College of Communikation. Im Jahre 2002 veröffentlichte er in Zusammenarbeit mit KARUNA e. V. den Fotoband „Mitten am Rand - Wir Kinder vom Alexanderplatz“. Daniel Rosenthal erhielt im Rahmen der Lead Awards die Auszeichnung für das Foto des Jahres 2008. (www.danielrosenthal.de)
Mein Kind ist weggelaufen… Liebe Eltern, was immer geschehen ist und weshalb Ihr Kind weggelaufen sein mag, ist es unser Anliegen, Ihnen bei der Suche nach ihrem Kind behilflich zu sein. Das Bündnis für Straßenkinder ist ein bundesweites Netzwerk von Anlaufstellen für Kinder und Jugendliche, die durch verschiedenste Träger der freien und öffentlichen Jugendhilfe bei der Kontaktaufnahme behilflich sein werden. Ihr Suchbrief gelangt an unser Koordinationsbüro in Berlin, von wo aus er an alle Straßenkinderprojekte elektronisch weitergeleitet wird. Jede Einrichtung wird ganz unterschiedlich mit dem Suchbrief umgehen, da es unterschiedliche Standards und Haltungen zur Arbeit mit Kindern und mit Ihnen als Eltern gibt. So wird Ihr Brief in Berlin an den Bussen der Straßensozialarbeit ausgehängt, um insbesondere andere Jugendliche bei der Suche einzubeziehen. Andere Projekte wieder geben ihren Straßensozialarbeitern Ihren Brief mit auf den täglichen Weg zu den Treffpunkten der Jugendlichen. Wie auch immer, bei uns gilt: Wir werden Ihr Kind entscheiden lassen, ob es mit Ihnen Kontakt aufnehmen möchte oder nicht. Für diese Haltung bitten wir um Ihr Verständnis! Wir sind die Vertrauenspersonen und „Anwälte“ der Kinder und kennen die Ursachen nicht, die zum Weglaufen geführt haben. Haben Sie Vertrauen in unsere Erfahrungen und in den Prozess, den Sie mit Ihrem Suchbrief auslösen werden. Auf jeden Fall aber werden wir Sie immer darüber informieren, wenn wir etwas von Ihrem Kind in Erfahrung bringen können. Beim Verfassen des Suchbriefes sollten Sie Ihr Kind direkt ansprechen! Bitten Sie es um Verzeihung, wenn sie den Eindruck haben, dass elterliche Fehler zum Weglaufen geführt haben. Wir sind gern beim Vermitteln behilflich. Ein erstes Wiedersehen kann in einer unserer Einrichtungen stattfinden, sofern Ihr Kind das möchte. Denken Sie beim Schreiben an dieses Angebot! Um Ihr Kind, Sie und uns zu schützen, verlangen wir eine Kopie Ihres Personalausweises als ein Fax. Denken Sie bei der Auswahl eines Fotos von Ihrem Kind daran, dass es so aktuell wie nur möglich sein sollte und dass es auch als ein SchwarzWeiß- Ausdruck gut erkennbar bleibt. Sollten Sie Fragen haben oder telefonisch oder persönlich beraten werden, wenden Sie sich vertrauensvoll an uns: 030 - 55 48 95 29. Um mit anderen betroffenen Eltern in Kontakt kommen zu können, bieten wir Ihnen auf einer Website (siehe untenstehende WebAdresse) ein geschütztes Forum. Im Auftrag für das Bündnisses für Straßenkinder in Deutschland Jörg Richert, Mitglied des Sprecherrates
www.mein-kind-ist-weggelaufen.de
Spenden Sie 20 € an die KARUNA-Straßeninderakademie und Sie erhalten als Dankeschön eins von 3 Büchern zum Thema Straßenkinder in Deutschland: Mitten am Rand - Wir Kinder vom Alexanderplatz - Fotografie: Daniel Rosenthal Der Fotograf Daniel Rosenthal begleitete über mehrere Wochen obdachlose Jugendliche in Berlin und legt mit seinen Bildern ein erschütterndes Zeugnis ihrer Lebenssituationen ab. Die Wirklichkeit, die diese jungen Menschen zum Teil noch Kinder - erleben, kann uns nicht gleichgültig lassen Fotoband, 80 Seiten, Hardcover
Herr Alp und die Träume Märchen von Straßenkindern und jungen Ein- und Aussteigern aus Deutschland und der Schweiz 40 Märchen erzählen von gelebten Geschichten - oftmals Schmerzvolles, Berührendes, auch Heiteres, Seltsames, Eigenwilliges. Viele Träume werden geträumt, über Ängste wird gesprochen und über Zukunft nachgedacht. Die Märchen geben dem Leser Zugang zu den Kraftquellen der Jungen und Mädchen, offenbaren deren Kreativität und Ressourcen. Sie erzählen vom Werden, vom Grünen und vom Hoffen auf eine GRAUBALUBUNTE Welt. Stefan Heym schrieb über dieses Buch: „Das obdachlose Kinder Märchen schreiben, ist bemerkenswert und sollte unterstützt werden. Ich begrüsse die Initiative des Verlages, diese Märchen zu veröffentlichen und damit den Kindern zu helfen.“ 144 Seiten, Überformat, Paperback
Lesen Sie außerdem online: Wenn das Leben uns scheidet Eltern von Straßenkindern in Deutschland reden »Mein Kind ein Straßenkind? Niemals! Wir sind eine ganz normale Familie; kein Suff, keine Gewalt. Alles in Ordnung« so hört man. Und doch leben ungefähr 9000 Mädchen und Jungen unter 18 Jahren in Deutschland auf der Straße. Eines Tages gingen sie los. Warum? Link: http://www.karuna-zeitdruck.de/Elternbuch.pdf
Außerdem im Handel erhältlich zum Thema Straßenkinder in Deutschland: StraSSenkid - Roman von Uwe Britten Christian treibt sich nach einem Streit mit seiner Mutter herum und verschwindet in die benachbarte größere Stadt. Eigentlich will er am Abend wieder zurück, doch es kommt anders, ganz anders. Hart landet er „auf der Straße“. Schließlich strandet er in Berlin. Hier stößt er auf allerlei eigenartige Menschen, alle mit einem Bein in der Obdachlosigkeit. „Christian, was willst du denn eigentlich?“, fragt ihn die Sozialarbeiterin Dörte einmal. „Klar, es geht immer weiter, aber wohin soll es denn gehen?“ Aber das weiß Christian auch nicht. 160 Seiten, Taschenbuch, 8 € (50 Cent gehen ans Bündnis für Straßenkinder) ISBN 978-3-928062-21-3
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ball ß u F r Unse
MEHR SPIELRAUM Informationen zu allen Anlaufstellen des BÜNDNIS FÜR STRASSENKINDER IN DEUTSCHLAND unter www.buendnis-fuer-strassenkinder.de
FÜR KINDER IN NOT
Zeit für Fair Play! In Berlin stehen rund 1800 Kinder im gesellschaftlichen Abseits – ohne ein Zuhause und ohne Raum für sportliche Aktivitäten. Unter dem Motto „Mehr Spielraum für Kinder in Not“ sammelt KARUNA mit Schirmherrin Hannelore Elsner für den Bau einer Turnhalle als soziale Anlaufstelle. Denken Sie sportlich und liefern Sie Ihren wertvollen Beitrag auf das KARUNA-Spendenkonto: 354 06 07, Bankleitzahl 100 205 00. Sie sind am Ball: Mehr Informationen unter www.karunaberlin.de
Eine Initiative der
Spendenkonto 55 bei der Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 100 205 00
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Spenden Sie, damit aus Unglück keine Not wird. www.berliner-helfen.de
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