Vom Auftrag zur Idee bis zum fertigen Konzept – Konzeption, Gestaltung und prototypische Umsetzung einer Anwendung zur Unterstützung des kreativen Arbeitsprozesses
Bachelorarbeit im Studiengang Informationsdesign an der Hochschule der Medien Stuttgart Bearbeitungszeitraum: 18.11.2013 – 17.02.2014 Erstprüfer: Zweitprüferin: Katharina Clasen Timo Göbel
Prof. Dr. Frank Thissen Daniela Vey
Danksagung Für Eure ständige Unterstützung möchten wir uns bei Euch bedanken: Prof. Dr. Frank Thissen, Daniela Vey, Hildegard Clasen, Peter Rettich, Gertraude Göbel, Rolf Göbel, Silja Kummer, Michael Clasen, Matthias Clasen, Ursula Clasen, Stephan Gross
Für die Teilnahme am Interview und die wertvollen Informationen möchten wir uns außerdem bedanken bei: Susanne Wacker, Pia Bardesono, Tobias Mikl, Daniela Vey, Sarah Gilgien, Pascal Bremmer, Stephan Gross, Michael Clasen, Amira Kummer
Eidesstattliche Versicherung Hiermit versicheren wir, Katharina Clasen und Timo Göbel, an Eides Statt, dass wir die vorliegende Bachelorarbeit mit dem Titel: „Vom Auftrag zur Idee bis zum fertigen Konzept – Konzeption, Gestaltung und prototypische Umsetzung einer Anwendung zur Unterstützung des kreativen Arbeitsprozesses“ selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst und keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt haben. Die Stellen der Arbeit, die dem Wortlaut oder dem Sinn nach anderen Werken entnommen wurden, sind in jedem Fall unter Angabe der Quelle kenntlich gemacht. Die Arbeit ist noch nicht veröffentlicht oder in anderer Form als Prüfungsleistung vorgelegt worden. Wir haben die Bedeutung der eidesstattlichen Versicherung und die prüfungsrechtlichen Folgen (§26 Abs. 2 Bachelor-6-SPO, § 23 Abs. 2 Bachelor-7SPO bzw. § 19 Abs. 2 Master-SPO der HdM) sowie die strafrechtlichen Folgen (gem. § 156 StGB) einer unrichtigen oder unvollständigen eidesstattlichen Versicherung zur Kenntnis genommen.
Katharina Helga Maria Clasen (22665)
Timo Johannes Göbel (22731)
Zusammenfassung Ausgangsbasis der Arbeit ist der Wunsch, Designern ihren kreativen Arbeitsprozess mit Hilfe einer Anwendung zu erleichtern. Jedoch war zu Beginn noch nicht klar, wie diese Anwendung aussehen wird. Um dies herauszufinden musste erörtert werden, wie Designer arbeiten und wo es in ihrem kreativen Arbeitsprozess Schwachstellen gibt. Dafür wurden Experteninterviews durchgeführt. Zuerst musste jedoch das Thema Kreativität betrachtet werden, um eine Informationsgrundlage für die Interviews zu schaffen. Die Erkenntnisse daraus und die Ergebnisse aus den Interviews bildeten die Grundlage für die Konzeption. Hierfür wurde der Scenario-Based Design Prozess in einer an die Anforderungen angepassten Form eingesetzt. So entstanden Konzept und Design für eine Anwendung zum Festhalten von Ideen und Inspirationsquellen. Nachdem sowohl das Konzept als auch das Layout der App vorgestellt und präsentiert wurden, endet das letzte Kapitel mit dem Vorstellen der gewählten Prototyping Methode. Mit Hilfe von HTML, CSS und JavaScript wurde ein Prototyp erstellt, der den Prozess “Idee hinzufügen“ auf dem iPhone erfahrbar macht. Dieser Prototyp ist der Abschluss der Arbeit. Zugleich bietet er aber die Möglichkeit an die Arbeit anzuknüpfen, da er mit Nutzern getestet und das Konzept somit evaluiert werden kann.
Stichworte Kreativität, Ideen festhalten, Experteninterviews, User Experience Design, Usability, Scenario-Based Design, Application Design, Prototyping
Abstract This Bachelor Thesis is built upon the wish to enhance the creative process of designers by means of an application. At the beginning the direction of this application wasn‘t yet elaborated. The target group first had to be interviewed in order to get to know them, their creative workprocess and its weaknesses. Therefore, Expert interviews were conducted. But first, creativity had to be analysed in order to build an information basis for the interviews. The compiled knowledge about creativity and the results of the interviews result in the application concept. For this purpose the authors used the Scenario-Based Design process in an adjusted form. That is how a concept and design for an application that helps designers to keep track of their ideas was built. After both the concept and the design were presented, the last chapter ends with the presentation of the prototyping method. By means of HTML, CSS and JavaScript a prototype for the process “add an idea“ was made experiencable on the iPhone. This Prototype defines the end of the Thesis. But it also provides the possibility to build on the results by testing and evaluating it with users.
Keywords Creativity, keeping track of ideas, Expert interviews, User Experience Design, Usability, Scenario-Based Design, Application Design, Prototyping
Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung
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2. Kreativität
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2.1 Was ist Kreativität? 13 2.1.1 Innovation 15 2.1.2 Was fördert Kreativität?
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2.1.3 Was verhindert Kreativität
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2.2 Kreativitätsprozesse 19 2.2.1 Design Thinking 20 2.2.2 Das Edison Prinzip 24 2.2.3 Vergleich verschiedener Prozesse
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2.3 Kreativitätstechniken 28 2.3.1 Beispiele 29 2.3.2 Gemeinsamkeiten/ Quintessenz 30 2.4 Benchmark 30 2.4.1 Ideen finden
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2.4.2 Ideen festhalten 31 2.4.3 Ideen visualisieren 34 2.4.4 Kollaboration 34 3. Befragung
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3.1 Sozialwissenschaftliche Forschung
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3.1.1 Methodologie empirischer Sozialforschung
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3.1.2 Aufbau empirischer Forschungsprozesse
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3.1.3 Auswahl der Erklärungsstrategie
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3.2 Erhebungsmethoden 43 3.2.1 Gliederung von Erhebungsmethoden
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3.2.2 Klassifizierung der Befragungsverfahren
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3.2.3 Methodenauswahl: Das Experteninterview
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3.3 Auswertungsmethoden 47 3.3.1 Gliederung von Auswertungsmethoden
47
3.3.2 Methodenauswahl: Die freie Interpretation
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3.4 Datenerhebung mit Hilfe des Experteninterviews
50
3.4.1 Die Forschungsfrage 51 3.4.2 Theoretische Vorüberlegungen 51 3.4.3 Der Interviewleitfaden 52
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3.4.4 Die Interview-Fragen 54 3.4.5 Der Experte 57 3.4.6 Die Befragung 61 3.5 Auswertung der Experteninterviews
61
3.5.1 Prozess 64 3.5.2 Kreativität 66 3.5.3 Inspiration und Ideenfindung
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3.5.4 Ideen festhalten 71 3.5.5 Problemauswahl 74 4. Konzept 76 4.1 Scenario-Based Design 76 4.1.1 Usability und User Experience
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4.1.2 Die Methode 79 4.1.3 Der Aufbau 82 4.2 Problem Scenarios 86 4.2.1 Personas 86 3.2.2 Stakeholder-Diagramm 91 4.2.3 Artefakte 91 4.2.4 Hierarchical Task Analysis
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4.2.5 Themen 95 4.2.6 Problem Scenario 96 4.2.7 Claims Analysis 102 4.3 Activity Design 104 4.3.1 Metaphern 105 4.3.2 Technische LĂśsungen 105 4.3.3 Activity Scenario 106 4.3.4 Claims Analysis 111 4.4 Funktionen von Bulb 114 5. Gestaltung
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5.1 Wireframes 118 5.1.1 Design Space (Gestaltungsvarianten)
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5.1.2 Wireframes der Gestaltungsvariante
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5.2 Visual Design 125 5.2.1 Typografie
125
5.2.2 Farbkonzept 129
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5.2.3 Icons 137 5.3 Screendesign 140 5.3.1 Projekt hinzuf端gen (iPhone)
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5.3.2 Idee hinzuf端gen (iPhone)
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5.3.3 Inspirationsquelle aus Niice speichern (Browser)
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5.3.4 Inspirationsquelle aus Pinterest speichern (iPad)
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5.3.5 Ideen zusammenf端gen (iPhone)
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5.3.6 Idee markieren (iPhone)
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6. Prototyp
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6.1 Warum Prototyping? 154 6.2 Formen des Prototypings 155 6.3 Auswahl einer Prototyping-Methode
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7. Schluss
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Anhang I-VI
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Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Ablauf des Design Thinking Prozesses nach Gürtler und Meyer (2013) 21 Abb 2: Pinterest-App auf dem iPad 32 Abb 3: Day One-App auf dem iPhone 33 Abb 4: Paper-App auf dem iPad 35 Abb. 5: Struktur empirischer sozialwissenschaftlicher Forschungsprozesse nach Gläser und Laudel (2009, S.35) 40 Abb. 6: Klassifizierung von Auswertungsmethoden nach Gläser und Laudel (2009, S.44) 48 Abb. 7: Verschiedene Interviewsituationen: Michael Clasen, Amira Kummer und Pia Bardesono 62 Abb. 8: Verschiedene Interviewsituationen: Stephan Gross, Pascal Bremmer und Daniela Vey 63 Abb. 9: Scenario-Based Design Prozess nach Rosson und Carroll (2002) 83 Abb. 10: Stakeholder-Diagramm: Visualisierung der für das Szenario wichtigen Beziehungen 92 Abb. 11: Wireframes der ersten Variante des Bulb-Startscreens auf dem iPhone 120 Abb. 12: Wireframe der zweiten Variante des Bulb-Startscreens auf dem iPhone 120 Abb. 13: Wireframe der dritten Variante des Bulb-Startscreens auf dem iPhone 120 Abb. 14: Wireframe der vierten Variante des Bulb-Startscreens auf dem iPhone 121 Abb. 16: Farbige Wireframes der fünften und finalen Variante des Bulb Startscreens auf dem iPhone 121 Abb. 15: Wireframe der fünften und finalen Variante des Bulb-Startscreens auf dem iPhone 121 Abb. 17: Wireframes des Vorganges “Idee in Textform hinzufügen“ in der Bulb-App auf dem iPhone 123 Abb. 18: Wireframe des Bulb-Startscreens auf dem iPad
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Abb. 19: Wireframe des Bulb-Startscreens im Browser
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Abb. 20: Auswahl der Source Sans Pro aus den drei verschiedenen Fonts: Lato, PT Sans und Source Sans Pro 128 Abb. 21: Farbpaletten basierend auf Fotografien in “Geliebtes zu Hause“ (IKEA Family, 2007) 130
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Abb. 22: Farbpaletten basierend auf Fotografien in “Impressive“ (Klanten & Hellige, 2011) 131 Abb. 23: Farbpaletten basierend auf Fotografien in “Typography 31“ (Type Directors Club, 2010) 132 Abb. 24: Farbpalette basierend auf einer Fotografie in “Typography 31“ (Type Directors Club, 2010, S.112) 132 Abb. 25: Farbpaletten basierend auf der Fotografie einer Glühbirne von McCarthy (2008) 132 Abb. 26: Variante 1 und Variante 2 der Farbgestaltung im Startscreen von Bulb 134 Abb. 27: Variante 3 und die finale Variante 4 der Farbgestaltung im Startscreen von Bulb 134 Abb. 28: Scribbles der Icons für die vier verschiedenen Ideen Eingabemöglichkeiten 136 Abb. 29: Digitale Entwürfe der Icons für die vier verschiedenen Ideen Eingabemöglichkeiten 136 Abb. 30: Varianten der finalen Icons für die vier verschiedenen Ideen Eingabemöglichkeiten 138 Abb. 31: Finale Icons für die vier verschiedenen Ideen-Eingabemöglichkeiten 139 Abb. 32: App-Icon von Bulb 140 Abb. 33: Bulb-Startscreen auf dem iPhone 141 Abb. 34: Zwei exemplarische iPhone-Screens des Prozesses “Projekt hinzufügen“ in Bulb 143 Abb. 35: Zwei exemplarische iPhone-Screens des Prozesses “Idee hinzufügen“ in Bulb 145 Abb. 36: Interface des Browser Add-Ons von Bulb 147 Abb. 37: Webinterface von Bulb 147 Abb. 38: Notification in der Bulb iPad-App 148 Abb. 39: Notification Pop-Up in der Bulb iPad-App 148 Abb. 40: Zwei exemplarische iPhone-Screens des Prozesses “Ideen zusammenfügen“ in Bulb 150 Abb. 41: Zwei exemplarische iPhone-Screens des Prozesses “Idee markieren“ in Bulb 151 Abb. 42: Visualisierung horizontaler und vertikaler Prototypen nach Nielsen (1994) 156 Abb. 43: Programmieren des Prototyps mit HTML, CSS und JavaScript 158 Abb. 44: Testen des Prototyps auf dem iPhone 159
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Abk端rzungsverzeichnis HTML Hypertext Markup Language: Eine Auszeichnungssprache zur Strukturierung von Website-Elementen CSS
Cascading Style Sheets: Eine deklarative Sprache zum Stylen von Website Elementen
App
Application/ Applikation: Eine digitale Anwendung
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1. EINLEITUNG Kreativplattformen wie Pinterest, Dribbble oder Behance gewinnen mehr und mehr an Popularität. Laut einer Umfrage des Pew Research Centeres schaffte es Pinterest im Jahr 2013 sogar, den Social Media Giganten Twitter, bezogen auf die Nutzerzahlen, einzuholen (Duggan & Smith, 2013). Obwohl Pinterest 2009 ursprünglich als Plattform zum Festhalten von Bildern und Videos jeder Art veröffentlicht wurde, wird der Dienst immer mehr auch als Inspirationsquelle für Kreative eingesetzt. Viele Designer haben diese Anwendungen inzwischen fest in ihren Ideenfindungsprozess eingebunden. Jedoch stellt sich die Frage, ob Tools die ursprünglich nicht für diesen Zweck entwickelt wurden, die Bedürfnisse des Nutzers optimal erfüllen können. Wie muss also eine Anwendung aussehen, die Designer bei dem kreativen Prozess vom Arbeitsauftrag über erste Entwürfe bis hin zum finalen Konzept begleitet und unterstützt? Das Ziel der Bachelorarbeit ist die Beantwortung dieser Frage. Der Weg dorthin startet mit der Auseinandersetzung mit Kreativität. Experteninterviews sollen anschließend die wichtigsten Ansätze für die Anwendung liefern. Mit Hilfe des Scenario-Based Designs werden diese in ein Konzept überführt, die Anwendung gestaltet und zuletzt prototypisch umgesetzt.
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2. KREATIVITÄT Dieses Kapitel leitet den Beginn der Bachelorarbeit ein und ist der erste Schritt auf dem Weg zur Konzeption, Gestaltung und prototypischen Umsetzung der Kreativanwendung. Es widmet sich deswegen einzig dem Thema Kreativität. Es geht darum zu erörtern, was Kreativität ist, welche Kreativitätstechniken und Prozesse es gibt und welche Kreativitätsanwendungen bereits eingesetzt werden. Auf den Ergebnissen bauen alle weiteren Schritte bis zur Fertigstellung des Prototyps auf. Zunächst steht aber die Beantwortung einer Frage im Fokus: Was ist Kreativität?
2.1 Was ist Kreativität? „Kreativität gehört zu unserem Leben. Sie macht einen wesentlichen Teil unseres Menschseins aus – so grundlegend wie Gehen, Sprechen und Denken.“ Loori ( 2006, S.11) weist auf einen wichtigen Aspekt hin: Kreativität ist keine Gabe, die nur wenigen Denkern, Erfindern und Künstlern vorbehalten ist – jeder Mensch ist kreativ. Meyer (2008, S.11) warnt sogar davor, dass die Annahme, nur Genies seien zu kreativen Leistungen befähigt, uns beim Kreativsein blockiert. Boos (2011, S.6) fügt hinzu: „Wichtig ist es, auf die eigene Kreativität zu vertrauen, diese zu trainieren und systematisch zu entwickeln“ Doch was ist Kreativität? Bezieht man sich bei der Beantwortung dieser Frage auf die lateinische Bedeutung des Wortes “creare“ (etwas schöpfen, erzeugen), so ist Kreativität die Fähigkeit, Neues zu entwickeln. Sternberg und Lubart (1999, S.3) greifen diesen Aspekt in ihrer Definition von Kreativität auf, fügen jedoch hinzu, dass die Schöpfung angemessen sein muss. In diesem Zusammenhang meint angemessen nützlich und brauchbar bezogen auf die Anforderungen. Die Definition nach Runco (1994) ähnelt diesem Vorschlag, jedoch versteht Runco unter einer neuartigen Schöpfung vielmehr eine einzigartige und höchst ungewöhnliche Schöpfung. Zusammenfassend kann
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Definitionen von Kreativität
„Kreativität gehört zu unserem Leben. Sie macht einen wesentlichen Teil unseres Menschseins aus – so grundlegend wie Gehen, Sprechen und Denken.“ John Daido Loori, 2004
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also gesagt werden: Kreativität ist die Fähigkeit jedes Menschen, etwas Neues und Einzigartiges zu schaffen, das bezogen auf die Anforderungen nützlich ist. Im Kontext unserer Bachelorarbeit kann also von einem kreativen Arbeitsprozess gesprochen werden, wenn die Designer neue und möglichst einzigartige Ideen bzw. Konzepte entwickeln, die auf die Anforderungen des Arbeitsauftrages eingehen.
2.1.1 Innovation Kreativität ist, wie beschrieben, die Fähigkeit nützliches Neues zu schaffen. Ob es sich dabei um völlige Neuschöpfungen handelt, oder ob Vorhandenes auf eine außergewöhnliche Art und Weise neu kombiniert wurde, spielt dabei, so Scherer und Brügger (2012, S.13), keine Rolle. Oft wird in diesem Zusammenhang auch von Innovation gesprochen. Einige Autoren sind jedoch der Meinung, dass Kreativität und Innovation nicht das Gleiche seien. Scherer und Brügger (2012, S.13) beschreiben Innovation beispielsweise als Ergebnis bzw. Produkt von Kreativität. Kreatives Denken ist ihrer Ansicht nach Input und Innovation Output des Prozesses. Wieder andere, so Wei-
Definitionen von Innovation
denmann (2010, S.12), sind der Ansicht, dass Innovation lediglich eine Verbesserung von etwas Bestehendem ist. Kreativität kreiere dagegen etwas vollkommen Neues. Diese Ansicht steht jedoch mit der bereits erwähnten Definition nach Scherer und Brügger (2012, S.13) im Disput, dass Neues im Sinne der Kreativität auch durch Kombination von Altem erschaffen werden kann. Die Unterscheidung von Kreativität und Innovation ist nicht leicht. Weidenmann (2010, S.13) gibt hier jedoch Entwarnung – seiner Meinung nach ist die klare Abgrenzung dieser beiden Begriffe nicht von enormer Wichtigkeit: „Die Unterscheidung von «kreativ» und «innovativ» ist keine, von der das Wohl der Menschheit abhängt.“ Gürtler und Meyer (2013) setzen sich nicht mit dem Unterschied von Kreativität und Innovation auseinander. Sie gehen aber auf die Voraussetzung von Innovation ein und erklären, dass sie im Schnittpunkt zwischen Wünschbarkeit, Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit liege (Gürtler & Meyer, 2013, S.1013). Die wichtigste Grundvoraussetzung für Innovation ist ihrer Meinung
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Voraussetzungen von Innovation
nach (im Zusammenhang mit dem Design-Thinking Prozess) die Wünschbarkeit. Diese Ansicht kommt dem Grundgedanken der nutzerzentrierten Gestaltung nahe: Der Nutzer steht immer im Fokus der Entwicklung. Bedürfnisse als Basis von Innovationen
Unabhängig davon, ob dieser Grundsatz berücksichtigt wird, stellt man fest, dass fast immer Probleme, Wünsche oder Bedürfnisse (von Nutzern) Innovationen zugrunde liegen. Auch einer der berühmtesten Erfinder aller Zeiten hat sich dieses Prinzip bei der Entwicklung neuer Ideen zu Nutze gemacht: Thomas Edisons erster Schritt war stets das “Erfolgschancen erkennen“ (Meyer, 2008, S.31-33) oder schlicht das “Erkennen“, wie Meyer und Mioskowski (2013, S.15) es nennen. In diesem Schritt geht es darum, Bedürfnisse zu entdecken und zu verstehen: Was braucht die Welt? „Edison machte sich systematisch auf die Suche nach Schwächen bestehender Produkte, Trends, die die Wirtschaft beherrschten und Probleme anderer Menschen.“ (Meyer & Mioskowski, 2013, S.15). In Steve Jobs häufig bewunderten Herangehensweise spiegelt sich Edisons Vorgehen wider: Jobs erkannte Bedürfnisse von Nutzern (oftmals sogar bevor diese selbst davon etwas wussten) und transformierte sie in neuartige Produkte. Ausganspunkt für Innovationen sind also die Wünsche, Bedürfnisse und Probleme der Menschen. Mit Hilfe von kreativen Prozessen können darauf aufbauend Ideen entwickelt werden um letzendlich die Wünsche zu erfüllen, die Bedürfnisse zu stillen und die Probleme zu lösen.
2.1.2 Was fördert Kreativität? Es wurde bereits erklärt was Kreativität ist, wie sie sich von Innovation unterscheiden lässt und was Innovation antreibt. Es stellt sich nun die Frage, wie Kreativität gefördert werden kann und was kreatives Arbeiten begünstigt und erleichtert. Pinks (2008) Hinweise zur Kreativitätsförderung
Verschiedene Autoren streben die Beantwortung dieser Frage an. Pink (2008) gibt einige wichtige Hinweise darauf, wie das Denken im “Konzeptionszeitalter“ verändert werden muss, um weiterhin erfolgreich sein zu können, und spricht dabei von unserer kreativen Zukunft. Er geht auf die Unterschiede der rechten und linken Gehirnhälfte ein: „Die linke Seite arbeitet überwiegend linear, logisch und analytisch, die rechte vornehmlich nichtlinear, intutitiv und holistisch“ (Pink, 2008, S.13). Er bemängelt, dass die linke Gehirnhälfte häufig als die Wichtigere angesehen wurde und erklärt, dass für ein
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gesundes, glückliches und erfolgreiches Leben beide Seiten des Gehirns gleich wichtig sind (Pink, 2008, S.41). Seiner Meinung nach muss aus diesen Gründen das Rechtshirnpotenzial entwickelt und gefördert werden und er erkennt, dass dabei die Beherrschung von sechs verschiedenen Fähigkeiten entscheidend ist: • Design (reine Funktionalität ist nicht mehr ausreichend) • Erzählkunst (nicht nur argumentieren) • Symphonie (als Ergänzung oder Ersatz zur Fokussierung) • Empathie (erweiternd zur Logik) • Spiel (nicht nur Ernst) • Sinn (als Ergänzung zum Anhäufen)
Pink (2008) betrachtet also eine Art Revolution der rechten Gehirnhälfte als Weg in unsere kreative Zukunft und beschreibt damit einen Prozess des Umdenkens. Boos (2011, S.11-15) gibt dagegen konkrete Hinweise auf die Eigenschaften, die Kreativität begünstigen und fasst diese als 11 Grundlagen von Kreativität zusammen:
Booss (2011) Hinweise zur Kreativitätsförderung
• Geistige Beweglichkeit • Aktives Problembewusstsein • Mut • Allgemeinbildung • Fachwissen • Humor • Sicherheit • Freiraum • Körperliche und geistige Fitness • Lebenserfahrung • Selbstvertrauen
Auch Scherer und Brügger (2012, S. 12) geben Tipps für ein kreativeres Leben. Einige ihrer Anweisungen beziehen sich auf die von Boos angesprochene geistige Beweglichkeit. So empfehlen sie beispielsweise, stets die Augen offen zu halten, andere Wege und Strecken auszuprobieren, Gegebenes nicht als unveränderbar anzusehen und ein Bewusstsein für Alternativen zu entwickeln. Auch den Aspekt “mutig sein“ greifen sie auf und regen dazu an, Risikos auf sich zu nehmen. Sie empfehlen zudem, stets nach dem
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Scherers und Brüggers (2012) Hinweise zur Kreativitätsförderung
Postiven zu suchen, immer ein Notizblock bei sich zu tragen und mit Menschen aus anderen Branchen zu sprechen. Ein wichtiger Punkt ist ihrer Meinung nach zudem herauszufinden, wo man am kreativsten ist. Laterales Denken nach de Bono (2010)
De Bono (2010, S.83-85) führt im Zusammenhang mit Kreativität einen neuen Begriff ein: Das laterale Denken. Damit meint de Bono ein flexibles Neudenken. Er setzt laterales Denken zwar nicht mit Kreativität gleich, jedoch könne diese Form des Denkens kreative Einfälle begünstigen. All diese Erkenntnisse und Empfehlungen sind wichtig für die Konzeption der geplanten Anwendung. Faktoren wie die geistige Beweglichkeit könnten dabei eine wichtige Rolle spielen. Zudem sollte berücksichtigt werden, dass bestimmte Orte und Situationen Kreativität begünstigen können. Diese sind unter Umständen sehr individuell. Die Interviews können dabei helfen herauszufinden, welche Aspekte und Ausprägungen für Designer von Bedeutung sind.
2.1.3 Was verhindert Kreativität Sicherheitsdenken und Zeitdruck
Ebenso wie es Faktoren gibt, die Kreativität begünstigen, gibt es auch “Kreativitätskiller“, die kreatives Arbeiten und Denken behindern. Nach Nöllke (2010, S. 41) ist der sicherste Weg beim Verhindern von Kreativität das Vermeiden und nicht Zulassen von Fehlern. Dieses Sicherheitsdenken bildet den Gegenpart zum genannten Mut und zur Risikobereitschaft. Ein weiterer Kreativitätskiller, der sehr bekannt und oftmals schwer zu beeinflussen ist, ist der Zeitdruck. Unter Zeitdruck, so Nöllke (2010, S. 44-45), kann man sich zumeist nicht ausführlich genug mit verschiedenen Alternativen auseinandersetzen und greift deswegen bevorzugt zur “erstbesten Lösung“.
Konkurrenzdruck und Belohnung
Auch ein zu großer Konkurrenzdruck lässt Kreativprozesse im Keim ersticken, weil er, so Nöllke (2010, S. 41-42), dazu führt, dass alle Energie auf den Konkurrenten gerichtet wird und er die Zusammenarbeit und Kommunikation erschwert. Ein weiterer weniger offensichtlicher Kreativitätskiller ist laut Nöllke (2010, S. 43) die Belohnung. Der Grund hierfür ist, dass eine in Aussicht stehende Belohnung vom eigentlichen Ziel der Arbeit ablenkt. Der Fokus liegt so nämlich auf der Prämie und nicht mehr auf der Lösung des Problems.
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Sowohl Selbstzufriedenheit als auch mangelndes Selbstbewusstesein behindern die kreative Leistungsfähigkeit, so Nöllke (2010, S. 41-42) . Dies mag zunächst widersprüchlich erscheinen, jedoch unterscheidet Nöllke zwischen gesundem Selbstbewusstsein und übertriebener Selbstzufriedenheit. Diese führt unter Umständen dazu, mit jedem Ergebnis zufrieden zu sein und verhindert eine selbstkritische Reflexion. Mangelndes Selbstbewusstsein kann zu einem ähnlichen Effekt führen, jedoch aus einem anderen Grund: Aus Angst zu scheitern, werden selbst kleine Risiken nicht eingegangen und Veränderungen möglicherweise nicht gewagt.
Selbstzufriedenheit und mangelndes Selbstbewusstesein
Weitere Kreativitätskiller sind laut Nöllke: Erwartungsdenken, Sprunghaftigkeit, schlechte Rahmenbedingungen, Gleichgültigkeit/ Desinteresse und eine ungünstige Unternehmensstruktur.
weitere Kreativitätskilller
Boos (2011, S. 15-19) zählt ebenfalls verschiedene Eigenschaften und Voraussetzungen auf, die Kreativität verhindern und stören können:
Kreativitätskiller nach Boos (2011)
• Schlafmangel • Angst • Denkverbote • Zeitdruck • Perfektionismus • Aggressivität • Falsche Technik • Mangelnde Umsetzung
Auch Kreativitätskiller können Aufschluss darüber geben, wie Kreativität gefördert werden kann. Sind die Hindernisse bekannt, so ist es eher möglich, diese zu vermeiden oder außer Kraft zu setzen und eine gesunde Umgebung für kreatives Denken zu schaffen.
2.2 Kreativitätsprozesse Die kreative Ideenfindung oder auch das Erarbeiten eines Konzeptes beschreibt zumeist einen Prozess. Ein sehr beliebter und häufig angewendeter Kreativitätsprozess ist der “Design Thinking“ Prozess. Obwohl dieser bereits im Jahre 1991 im Umfeld der Universität Stanford entstanden ist, zählt er im Vergleich zum “Edison Prinzip“ zu den jüngeren Kreativitätsprozessen. Beide Prozesse werden hier vorgestellt. Außerdem wird ein Überblick
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über verschiedene Kreativitätsprozesse gegeben und nach Gemeinsamkeiten sowie Unterschieden gesucht.
2.2.1 Design Thinking Aspekte des Design Thinkings
Beim Design Thinking handelt es sich um einen iterativen Prozess, der sich vom Arbeitsauftrag bis hin zum fertigen Produkt erstreckt (Ambrose & Harris, 2010, S.6). Ziel des Design Thinking ist es, den Vorgang des Ideen-Findens und des Produkt-Evaluierens mit Hilfe von verschiedenen Techniken zu vereinfachen und so Innovationen zu generieren (Gürtler & Meyer, 2013, S.14). Dabei liegt der Fokus stets auf dem Menschen und seinen Bedürfnissen, so Gürtler und Meyer (2013, S.18), weshalb beim Design Thinking von einer nutzerzentrierten Methode gesprochen werden kann. Zudem handelt es sich um einen teamorientierten Ansatz, sodass auch bei der Anwendung und Umsetzung des Prozesses der Mensch als Teil eines kreativen Teams in den Mittelpunkt gestellt wird.
Voraussetzugen von Design Thinking
Wichtige Voraussetzungen sind, neben den bereits genannten Aspekten, flexible Räumlichkeiten, die im Idealfall mobiles Mobiliar, vertikale Fächen und alle benötigten Materialien bieten und eine kreative Teamkultur, die von gegenseitigem Vertrauen, Respekt, Mut zum Scheitern und konstruktivem Feedback geprägt ist (Gürtler & Meyer, 2013, S.20-25). In der Literatur werden verschiedene Prozessabläufe vorgeschlagen, die sich jedoch inhaltlich stark ähneln und den gleichen Kriterien folgen. Im Folgenden wird der Prozess nach Gürtler und Meyer (2013) exemplarisch vorgestellt:
Design Thinking Prozess nach Gürtler und Meyer (2013)
Der Design Thinking Prozess nach Gürtler und Meyer (2013) ist in die folgenden sechs Phasen aufgeteilt (Abb. 1): • Verstehen • Erforschen • Synthese • Ideenfindung • Prototypen • Testen
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3
POINT OF VIEW
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Ideenfindung
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Abb. 1: Ablauf des Design Thinking Prozesses nach Gürtler und Meyer (2013)
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Verstehen
Zu Beginn des Design Thinkings geht es darum, die richtige Fragestellung zu finden, denn nicht jede Frage ist geeignet. Wichtig ist vor allem, dass bei der Formulierung der Frage eine Balance zwischen Offenheit und Fokus gefunden wird (Gürtler & Meyer, 2013, S.26). Die Fragestellung muss genügend kreativen Freiraum für Innovation bieten und sollte keine Lösungen implizieren, darf aber auch nicht zu offen formuliert sein, damit der Fokus nicht verloren geht. Zudem sollte bereits die Frage den Nutzer in den Mittelpunkt stellen (Gürtler & Meyer, 2013, S.35). Zur Phase des Verstehens gehört außerdem, möglichst viele Informationen zum Problemfeld der Fragestellung zu finden und dadurch zum Experten des Themas zu werden. Dies kann, so Gürtler und Meyer (2013, S.39), mit Hilfe von Statistiken, Literatur zum Themengebiet oder durch Befragungen von Experten erreicht werden. Ambrose und Harris (2010, S. 18) schlagen außerdem vor, Feedback aus früheren Projekten zu Rate zu ziehen.
Erforschen
Dadurch wird die 2. Phase eingeleitet, in welcher der Nutzer kennengelernt werden soll. Durch die Untersuchungen in der Phase des Verstehens können die Themen im Nutzerinterview fokussiert werden. Im Zuge der Interviews soll eine Empathie und ein tieferes Verständnis für den Nutzer entwickelt werden (Gürtler & Meyer, 2013, S.40) um darauf aufbauend ein für ihn passendes Produkt hervorzubringen.
Synthese
Die Informationen, welche zu Beginn des Prozesses recherchiert wurden, werden in der Synthese auf die relevanten Inhalte hin reduziert. Gürtler und Meyer (2013, S. 28) schlagen verschiedene Fragen vor, die in dieser Phase hilfreich sein können: „Auf welche Art von Nutzer möchte sich das Team konzentrieren? Welche Bedürfnisse hat gerade dieser? Was hat das Team gelernt, das im weiteren Prozess unbedingt beachtet werden sollte?“ Durch die Konzentration der Informationen in der Synthese wird schließlich ein “Point of View“ (Standpunkt) bzw. ein Design Prinzip geschaffen. „Da sich ein Design-Thinking-Team während der Recherchephase meist in Recherche-Teams aufteilt, sollte zu Beginn dieser Phase immer genügend Zeit für das gegenseitige Erzählen des Gelernten vorhanden sein.“ (Gürtler & Meyer, 2013, S.44). Hierzu kann das Storytelling eingesetzt werden. Im Storytelling berichtet nacheinander jedes Teammitglied von den jeweiligen Beobachtungen und Erkenntnissen und legt dabei besonderen Wert auf die überraschenden und außergewöhnlichen Aspekte. Bei der Wiedergabe von Interviews sollte in der Ich-Form erzählt werden (Gürtler & Meyer, 2013, S.44). Gürtler und Meyer (2013, S.46-49) schlagen weitere Methoden vor, die in dieser Phase unterstützend eingesetzt werden können:
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• 2x2 Matrix • Venn-Diagramm • Storyboard • Persona • Zeitachse • Empathy-Map
Nachdem alle nötigen Informationen recherchiert und zu einem Point of View verdichtet wurden, gilt es nun, Ideen zu entwickeln. Da in dieser Phase entscheidend ist, dass möglichst frei und ungehindert Ideen zugelassen werden, wird häufig mit Brainstormings gearbeitet (Gürtler & Meyer, 2013, S.51). Es geht noch nicht darum Inhalte auszusortieren. Möglichst viele Ansätze sollen zugelassen und gesammelt werden und die Kreativitätstechniken sollten deswegen nach der Offenheit und Ideenvielfalt , die sie produzieren, ausgesucht werden. Gürtler und Meyer (2013, S.53) schlagen folgende grundsätzliche Verhaltensregeln vor:
Ideenfindung
• Ideen nicht bewerten oder diskutieren, sondern weiterentwickeln • Verrückte Ideen gibt es nicht • Immer nur eine Idee (zügig) vorstellen • Ideen wenn möglich visuell beschreiben • Jeder sollte versuchen, Ideen anderer weiterzuentwickeln • Quantität steht über der Qualität
Da im Prototyp nicht alle gefundenen Ideen umgesetzt und getestet werden können, müssen diese nun nach ihrer Qualität gefiltert werden. Gürtler und Meyer (2013, S.54) schlagen verschiedene Ansätze vor, die beim Aussortieren helfen können – darunter zum Beispiel Fragen wie: Welche Idee würde dem Nutzer am meisten helfen und welche der Ideen ist am radikalsten? Welche Idee scheint am meisten Marktpotenzial zu haben? Die so ausgesuchten Ideen sollten anschließend in Form von Prototypen erfahrbar gemacht werden. Je nach Art und Anforderungen der Idee schlagen Gürtler und Meyer (2013, S.55) verschiedene Möglichkeiten vor: „Ob einfache Skizzen, bunte LEGO-Welt oder im wahrsten Sinne des Wortes anfassbare Prototypen aus Pappe, Kleber und buntem Papier – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt und alles kann für einen Prototypen verwendet werden.“ In diesem Zusammenhang schlagen sie auch Rollenspiele vor, vor allem wenn es um innovative Service- oder Dienstleistungsideen geht.
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Prototypen
Testen
Die fertigen Protoytpen werden dann mit den Nutzern getestet und evaluiert. Dabei, so stellen Gürtler und Meyer (2013, S.56-57) fest, führen meist einfachere Prototypen zu ehrlicherem und ausführlicherem Feedback. Die Nutzer scheuen sich nicht so sehr davor, unfertige Arbeit, in die nicht viel Energie gesteckt wurde, zu kritisieren. Da es sich um einen iterativen Prozess handelt, ist hier noch nicht das Ende. Je nachdem welche Ergebnisse erzielt wurden, besteht die Möglichkeit an einer früheren Stelle des Prozesses erneut einzusteigen und Korrekturen vorzunehmen.
2.2.2 Das Edison Prinzip Ein weiterer Prozess, der dafür optimiert ist gezielt Ideen und Innovationen zu generieren, ist das Edison Prinzip. Benannt wurde es nach dem großen Erfinder Thomas Edison. Durch die Analyse seiner Vorgehensweise wurde ein Prinzip erschlossen, das eingesetzt werden kann, um in sechs Schritten neue Konzepte und Produkte zu entwickeln. Edison sind nicht alle Ideen im Schlaf zugeflogen, sondern er hat seine Entdeckungen erarbeitet, indem er ein strukturiertes Vorgehen mit kreativem Denken vereint hat. Erkennen
Der erste von sechs Schritten beruht auf dem Erkennen von Bedürfnissen. Innovationen verbergen sich hinter den ungelösten Problemen, die Menschen haben, so Meyer und Mioskowski (2013, S. 20). Edison hat genau diese Probleme erkannt: „Thomas Edison machte sich systematisch auf die Suche nach Chancen: Schwächen bestehender Produkte, Trends, die die Wirtschaft beherrschen. Und Probleme anderer Menschen. Das gab ihm die Möglichkeit, kreativ zu werden.“ (Meyer, 2008, S.44). Edisons Prinzip lehrt uns also, dass neue Ideen nicht plötzlich aus dem Nichts entstehen. Sie können durchaus mit einer guten Beobachtungsgabe erarbeitet werden.
Definieren
Im zweiten Schritt wird das Problem hinterfragt. In dieser Phase sollen konkrete Fragestellungen formuliert werden. Meyer und Mioskowski (2013, S.46) erklären, dass dabei jedoch nicht auf einer Frageformulierung verharrt werden darf: Formuliert man Fragestellungen um, so besteht die Möglichkeit, dass die neuen Fragestellungen schon Lösungen beinhalten, oder zumindest Wege aufzeigen, die in eine solche Richtung führen (Meyer & Mioskowski, 2013, S.46) . Meyer (2008, S.61) empfiehlt zudem, die “Denkautobahn“ zu verlassen, sich also gezielt von eingefahrenen Routinen zu lösen und alternative Wege zu gehen. Das Ziel dieses Schrittes ist es also, einen Wechsel der Perspektive zu erreichen, der so zu neuen Ideen führt.
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„Thomas Edison machte sich systematisch auf die Suche nach Chancen: Schwächen bestehender Produkte, Trends, die die Wirtschaft beherrschen. Und Probleme anderer Menschen. Das gab ihm die Möglichkeit, kreativ zu werden.“ Meyer, 2008
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Inspirieren
Der nächste Schritt ist der wichtigste des Edison Prinzips: Um Ideen für eine Lösung der erarbeiteten Fragestellung zu entwickeln, ließ sich Thomas Edison inspirieren. Meyer (2008, S.74) rät deshalb, nun gezielt Inspiration zu suchen. Edison nutzte diese Erkenntnis immer wieder. Er fand Inspiration in Reisen und Gesprächen, aber auch in anderen Erfindungen, an denen er zeitgleich arbeitete. Meyer (2008, S.77) schlägt vor, überall in der Welt nach Inspirationsquellen zu suchen. Außerdem erkennt er, dass dabei ein gelegentliches “Verzetteln“ hilfreich sein kann. Findet man an einem Ende nicht mehr weiter, soll man umdrehen und einen neuen Weg gehen.
Sammeln und neu kombinieren
Als nächstes geht es darum, Ideen zu generieren und diese zu sammeln. Meyer (2008, S.89) schlägt vor, die bis jetzt erarbeiteten Teile immer wieder neu zusammenzusetzten um so immer mehr neue Ideen zu generieren. Sehr wichtig sei es in diesem Stadium, die Ideen noch nicht zu bewerten. Es darf nicht auf Skeptiker und Bedenkenträger gehört werden, so Meyer und Mioskowski (2013, S.72). Auch schlechte Ideen sollen aufgeschrieben werden. Diese nutzen vor allem dazu, abschätzen zu können, wo die Grenze des Machbaren liegt.
Ordnen und optimieren
Der fünfte Schritt ist laut Meyer und Mioskowski (2013, S.92) der anstrengenste. Hier kann es sehr schnell zu Frust kommen. Nun werden die Ideen in Konzepte umgewandelt. Diese Konzepte gelte es ständig zu hinterfragen und zu optimieren. Meyer (2008, S.103) warnt davor, keine Alternative zu entwickeln, denn erst wenn alle Variationen ausgearbeitet sind, kann überblickt werden, welcher Weg der Richtige ist. In diesem Schritt geht es auch darum, sich um die kleinsten Details zu kümmern. Wenn diese perfekt sind, kann das ganze Konzept funktionieren.
Nutzen
Mit viel Geduld erreicht man abschließend den sechsten Schritt, in dem versucht wird, den größten Nutzen aus dem Konzept zu ziehen. Jetzt gilt es laut Meyer (2008, S.117), Begeisterung für die Idee zu entwickeln. Edison wusste es wie kein Zweiter, begeistert für seine Erfindungen zu werben. Außerdem konnte er auch den wichtigen Schritt zwischen einer tollen Erfindung und einer revolutionären Innovation machen. Es muss dafür gesorgt sein, dass die neue Erfindung nicht nur gewollt wird, sondern auch benutzt werden kann. Es muss an das komplette System gedacht werden. So sind also oft weitere Innovationen von Nöten um die eigentliche Idee erfolgreich zu machen (Meyer & Mioskowski, 2013, S.106).
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Dieser aus sechs Schritten bestehende Prozess kann eingesetzt werden, um systematisch neue Ideen zu entwickeln. Jedoch können auch einzelne Aspekte des Prozesses für sich beim kreativen Arbeiten eingesetzt werden. So hat das Edison Prinzip mit vielen anderen Kreativitätstechniken und Kreativprozessen gemeinsam, dass es dazu anregt, eingefahrene Denkstrukturen zu durchbrechen. Um kreativ zu sein und Neues zu erdenken ist es unumgänglich laufend die Perspektive zu wechseln, sodass Probleme entdeckt, in kleinste Teilchen zerlegt und wieder neu zusammengesetzt werden. Thomas Edison hat dies sein ganzes Leben lang verinnerlicht und ist dadurch mit seinen Innovationen zum Vorbild von kreativen Ideenfindungsprozessen geworden.
2.2.3 Vergleich verschiedener Prozesse Edison hat es uns vorgemacht: Kreatives Ideenentwickeln kann in einem realtiv einfachen Prozess verpackt und erlernt werden. Neben dem Edison Prinzip und dem Design Thinking gibt es eine Vielzahl weiterer Prozesse, die einem bestimmten Ablaufmodell folgen und kreatives Denken erleichtern sollen. Nöllke (2010) schlägt beispielsweise vor, ausgehend von der Zielformulierung, über eine Orientierungsphase Ideen zu entwickeln und diese anschließend auszuarbeiten und umzusetzen.
Prozess nach Nöllke (2010)
Die Vorgehensweise nach Weidenmann (2010) ähnelt diesem Prozess stark. Auch er geht davon aus, dass zunächst das Ziel geklärt werden muss. Anschließend folgen die Etappen Ideen finden, bewerten und auswählen und zuletzt das Umsetzen der Ideen.
Prozess nach Weidenmann (2010)
Auch Pricken (2010, S.15) bevorzugt diese Reihenfolge und stellt einen nahezu identischen Kreativprozess vor, den er in vier Schritte unterteilt:
Prozess nach Pricken (2010)
• Briefing und Zielformulierung • Ideenfindung • Ideenentwicklung und Auswahl • Umsetzung
Scherer und Brügger (2007) definieren dagegen einen umfangreicheren Prozess, der sich in insgesamt vier Phasen gliedern lässt: • Definieren • Öffnen
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Prozess nach Scherer und Brügger (2007)
• Identifizieren • Transformieren
Diese Phasen unterteilen sie wiederum in die 12 Schritte Analysieren, Formulieren, Aktivieren, Produzieren, Differenzieren, Auswählen, Bearbeiten, Bewerten, Dokumentieren, Priorisieren und Umsetzen und schlagen zu jeder Phase verschiedene unterstützende Techniken vor. Gemeinsamkeiten
Alle vorgestellten Prozesse, inklusive des Design Thinkings und des Edison Prinzips, ähneln einander sehr stark. Zu Beginn geht es stets darum, das Ziel zu verstehen und eine mögliche Fragestellung beziehungsweise Problemformulierung zu finden. Viele Prozesse beziehen hier den Nutzer und das Kennenlernen seiner Probleme und Bedürfnisse mit ein. Vor allem im Design Thinking und dem Kreativprozess nach Edison spielt der Nutzer eine übergeordnete Rolle. Darauf kann eine Phase der Recherche folgen, was vor allem im Design Thinking Einsatz findet. In etwa der Mitte aller Prozesse geht es um die Ideenfindung und das große Thema Inspiration. Die Prozesse unterschieden sich hier zumeist nur in den angewandten Techniken. Die möglichst offen generierten Ideen werden dann gefiltert, weiter entwickelt und zuletzt in ein Produkt oder Prototyp transformiert. Daran schließt sich in einigen Prozessen eine „Testphase“ an. Im Design Thinking wird zudem ein iteratives Vorgehen explizit empfohlen (Ambrose & Harris, 2010, S.12 oder Gürtler & Meyer, 2013, S.31). Die Ähnlichkeit aller vorgestellten Prozesse lässt darauf schließen, dass es eine Art ideales Vorgehen beim kreativen Arbeiten gibt. Aus diesem Grund wird bei der Konzeption der geplanten Anwendung berücksichtigt, dass sie den Arbeitsprozess nicht stört, sich gut in diesen eingliedert und möglicherweise einige Elemente aufgreift.
2.3 Kreativitätstechniken Nahzu alle der genannten Prozesse beinhalten in verschiedenen Phasen Techniken, die bei der Erledigung der kreativen Arbeit unterstützend eingesetzt werden. In diesem Kapitel geht es nun darum einige (für diese Arbeit) wichtige Techniken beispielhaft vorzustellen und die relevanten Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten.
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2.3.1 Beispiele Die Morphologische Matrix, in der Literatur oft auch als Morphologischer Kasten bezeichnet, dient laut Pricken (2010, S.228) dazu, Sachverhalte, wie zum Beispiel Auftragsstellungen systematisch zu analysieren, um diese besser überblicken zu können. Dazu wird der Auftrag in kleine Teile zerlegt und diese in einer Matrix aufgelistet. Durch die Kombination der verschiedenen Elemente werden neue Lösungen entwickelt. Nöllke (2010, S.101) schlägt vor, die Morphologische Matrix in Fällen einzusetzen, bei denen ein geordnetes und logisches Vorgehen vonnöten ist. Solch ein Fall wäre zum Beispiel die Weiterentwicklung oder Verbesserung eines Produkts, bei der es wichtig ist, alle relevanten Aspekte zu berücksichtigen.
Morphologische Matrix
Eine zeitaufwändigere und kompliziertere Kreativitätstechnik ist die Synektik. Diese Technik ist zwar nicht für Anfänger geeignet, jedoch können damit auch große Problemstellungen gelöst werden. Nöllke (2012, S.74) schlägt eine Gruppe von vier bis acht Teilnehmern und einen Moderator vor. Ziel der Synektik ist es laut Boos (2011, S.79), antrainierte und angewöhnte Denkstrukturen zu verlassen und neue Perspektiven zu finden.
Synektik
Dabei zählt Boos zehn Schritte auf: 1. Problemanalyse 2. spontane Lösungsvorschläge 3. Neudefinition des Problems 4. Suche nach Analogien 5. Bildung persönlicher Analogien (Identifikation) 6. Bildung symbolischer Analogien (Kontradiktionen) 7. zweite Suche nach direkten Analogien 8. Analyse der direkten Analogien 9. Übertragung auf das Problem (Force-Fit) 10. Entwicklung von Lösungsansätzen
Pricken (2010, S.245) beschreibt eine abgewandelte Variante der klassischen Synektik, die „Visuelle Synektik“. Hierbei beschränkt sich der Teil, in dem die Teilnehmer Analogien finden müssen, auf rein visuelle Reize. Es werden Bilder vorgelegt, die das Team stark emotionalisieren sollen. Jeder Einzelne muss danach beschreiben, welche Aspekte der Bilder ihn besonders ansprechen oder berühren. Mit Hilfe dieser Liste von Aussagen werden anschließend Lösungsideen ausgearbeitet. Es wird versucht Begriffe aus der Liste in
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Visuelle Synektik
Beziehung zur Zielformulierung zu bringen. Diese Technik führt vor allem zu überraschenden und unerwarteten Lösungen, so Pricken (2010, S.245). Osborn Checkliste
Eine weitere, weit verbreitete Kreativitätstechnik ist die Osborne Checkliste. Alex Osborne hat in den 1950er-Jahren eine Liste von Begriffen ausgearbeitet, die gezielt Kreativität anregen sollen. Pricken (2010, S.236) beschreibt die Technik als: „[…] hervorragend, wenn Sie auf der Suche nach neuen und ungewöhnlichen Ideen […] sind.“ Nachdem das Ziel präzise formuliert wurde, werden nacheinander die verschiedenen Begriffe auf die Zielformulierung bezogen und wichtige Assoziationen notiert.
2.3.2 Gemeinsamkeiten/ Quintessenz Alle genannten Kreativitätstechniken haben gemeinsam, dass eine klare Zielformulierung bestehen muss, um sie richtig einsetzten zu können. Vor allem für Techniken, die im Team angewendet werden, ist dies von großer Bedeutung. Alle Teammitglieder sollten das gleiche Verständnis vom Ziel haben. Oft ist die Zielformulierung das zentrale Thema während der gesamten Kreativsitzung, stellt Pricken (2010, S.244) fest. Kreativitätstechniken sind dazu da, sogenannte Denkautobahnen zu verlassen und neue Wege zu finden. Werden gewohnte Routinen strikt eingehalten, ist es unwahrscheinlich, dass neue, ungewöhnliche Lösungen entwickelt werden. Deshalb regen alle Techniken freies, losgelöstes Denken an. Runcos (1994) Definition von Kreativität fordert, dass etwas Neuartiges, Einzigartiges und höchst Ungewöhnliches erschaffen wurde. Bezug nehmend darauf ist das gemeinsame Ziel der Kreativitätstechniken neue, ungewöhnliche, überraschende und unerwartete Ideen zu generieren.
2.4 Benchmark Viele der vorgestellten Kreativitätstechniken finden auch in Applikationen Anwendung. Kenntnisse ihres Inhaltes und ihrer Funktion können wichtige Anhaltspunkte für die Konzeption einer vergleichbaren App oder Webanwendung liefern. Auch für die Interviews ist dieses Wissen von Bedeutung: Es geht bei den Fragen unter anderem darum herauszufinden, welche digitalen Hilfsmittel die Teilnehmer beim kreativen Arbeiten einsetzen. Damit die Antworten der Nutzer richtig verstanden werden können ist es wichtig, dass
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im Zusammenhang der sogenannten theoretischen Vorüberlegungen das bereits vorhandene Angebot betrachtet wird.
2.4.1 Ideen finden Einige der Kreativitätsapplikationen beziehen sich auf das Finden von Ideen. Sie bedienen sich dabei verschiedener Kreativitätstechniken und greifen Theorien über kreativitätsfördernde Aspekte auf. Am häufigsten wird in den Apps das Brainstorming angewendet. Beim Brainstorming wird keine Kritik zugelassen, damit Ideen möglichst frei entstehen können (Nöllke, 2010, S.52). Dieses Prinzip ist Grundlage der meisten Apps, darunter zum Beispiel: • Concept Maker • Oflow • Design Methoden Finder • StumbleUpon • iCardSort
Sie konzentrieren sich darauf Ideen anzuregen, indem sie, wie beispielsweise StumbleUpon zufällig visuelle Inspiriationsquellen liefern oder durch den Einsatz von Kreativitätstechniken die Konzeption vereinfachen. Einen weiteren Ansatz liefert die Moodboard Methode. Apps, die sich an dieser Herangehensweise orientieren, ermöglichen es durch ständiges Sammeln von Bildern, Videos oder Zitaten eine Inspirations-Plattform bereitzustellen, auf die bei Bedarf zurückgegriffen werden kann. Alternativ können hier visuelle Ideen für Projekte gespeichert und eine Anmutung festgehalten sowie kommuniziert werden. Zu dieser Kategorie zählen unter anderem: • Ember • Pinterest • Springpad • padlet
2.4.2 Ideen festhalten Die zuletzt genannten Anwendung können, wie bereits erwähnt, auch in einem gewissen Maße zum Festhalten von Ideen eingesetzt werden. Jedoch
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Moodboards als Basis der Applikation
Abb 2: Pinterest-App auf dem iPad
Die Anwendung Pinterest arbeitet mit der Pinnwandmetapher. Der Nutzer hat die Möglichkeit, Bilder und Videos von anderen Webseiten oder aus lokalen Speicherquellen an die eigenen Pinnwände zu pinnen. Die Pinnwände sind in diesem Fall digitale Speicherplätze. Zudem bietet Pinterest die Möglichkeit, Pinnwände anderer Mitglieder zu verfolgen, um so auch in der Anwendung selbst immer wieder neue Bilder finden zu können. Viele Nutzer verwenden Pinterest zur Sammlung von Inspirationsquellen.
Pinterest 32
Abb 3: Day One-App auf dem iPhone
Day One ist ein digitales Tagebuch. Hier können Momente, Erlebnisse und Erinnerungen in Form von Bildern und Texten festgehalten werden. Zusätzlichen ermöglicht die App Informationen wie das Wetter, die Uhrzeit und den Ort zu speichern. Day One bietet dem Nutzer so die Möglichkeit, ganz einfach vergangene Ereignisse nachzuverfolgen – vorausgesetzt, er macht sich die Mühe und speichert diese regelmäßig in sein digitales Tagebuch.
Day One 33
liefern sie dafür nicht das perfekte Umfeld. Zu berücksichtigen gilt es, dass Ideen oft sehr spontan entstehen und relativ flüchtig sind. Sie müssen also möglichst schnell, einfach und zu jedem Zeitpunkt festgehalten werden können. Eine Anwendung, die diese Kriterien besonders gut berücksichtigt, ist das MomentDiary. Mit dieser App können ganz einfach Notizen festgehalten werden, die dann mit einem Zeitstempel versehen und exportiert werden können. Neben MomentDiary gibt es weitere Anwendungen, die zum Festhalten von Ideen entwickelt wurden: • Evernote • GoodNotes • lino • MomentDiary • Day One
2.4.3 Ideen visualisieren Viele Kreativitätsprozesse und Kreativitätstechniken sehen vor, dass Ideen nicht nur schriftlich festgehalten sondern auch visualisiert werden. Spätestens in der Phase des Prototypings wird die Idee in irgendeiner Form erfahrbar gemacht. Wenn es auch beim Prototyping primär darum geht Ideen zu testen, kann das Visualisieren von Ideen bereits zuvor helfen, Ansätze auszusortieren oder eine gefundene Idee auszuarbeiten. Es gibt viele Applikationen, die diesen Schritt unterstützen. Sie unterscheiden sich hauptsächlich in ihrer Komplexität und ihrem Funktionsumfang. Eine App, die sich beispielswweise auf das Scribbeln fokussiert und deswegen sehr einfach und reduziert gehalten wurde, ist Paper by FiftyThree. • Paper by FiftyThree • Brushes • Adobe Ideas • Procreate • Skitch • Penultimate
2.4.4 Kollaboration Einige Prozesse, wie das Design Thinking, setzen Teamarbeit voraus oder empfehlen diese (Gürtler & Meyer, 2013, S.18). Das Ideenentwickeln im Team
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Abb 4: Paper-App auf dem iPad
Paper by FiftyThree eignet sich hervorragend für schnelle Skizzen. Der Funktionsumfang wurde hier bewusst minimal gehalten, um den Nutzer nicht zu überfordern und den Umgang mit der App so einfach wie möglich zu gestalten. Paper besticht durch ein nahezu natürliches Farbmischverhalten und realistisch wirkende Pinselstrukturen. Paper basiert auf der Skizzenbuch-Metapher und kooperiert mit Moleskin. So hat der User die Möglichkeit, sein selbst kreiertes Buch in ein Moleskin drucken zu lassen.
Paper 35
kann sehr effektiv sein, vor allem deswegen, weil unterschiedliche Perspektiven, Erfahrungen und Ansätze in das Projekt einfließen. Jedoch muss das Arbeiten im Team koordiniert werden und das Festhalten, Strukturieren und Auswählen von Ideen benötigt eine besondere Aufmerksamkeit. Verschiedene Anwendungen versuchen diese Schwierigkeiten zu lösen und bieten eine kreative Umgebung zum kollaborativen Arbeiten: • Conceptboard • Basecamp • Freedcamp • SyncSpace • Whiteboard • Trello • Wunderlist
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3. BEFRAGUNG Für die Befragung der Designer, mit dem Ziel sie als Nutzer sowie ihre Bedürfnisse und Wünsche kennen zu lernen, wurden Experteninterviews ausgewählt. Bei Experteninterviews handelt es sich um eine Methode der empirischen Sozialforschung. Neben empirischen Forschungsprozessen existieren in der Sozialforschung auch theoretische Forschungsprozesse. Im ersten Kapitel (3.1 Sozialwissenschaftliche Forschung) werden die Unterschiede dieser beiden Ansätze deutlich gemacht. Es wird weiter auf die Methodologie und den Aufbau empirischer Forschungsprozesse eingegangen, um zuletzt die Auswahl einer Erklärungsstrategie innerhalb der empirischen Sozialforschung zu begründen. Im folgenden Kapitel geht es um Erhebungsmethoden. Hierzu wird zunächst ein Gliederungsvorschlag vorgestellt, anschließend werden verschiedene Befragungsverfahren klassifiziert und das Experteninterview als Erhebungsmethode ausgewählt. Neben den Erhebungsmethoden werden auch Verfahren zur Auswertung vorgestellt und die Entscheidung für eine Auswertungsmethode begründet. Zuletzt geht es um die Befragung der Designer, deren theroetischen Grundlagen und die Auswertung der Ergebnisse.
3.1 Sozialwissenschaftliche Forschung Der Untersuchungsgegenstand sozialwissenschaftlicher Forschung ist das menschliche Handeln. Weber (1972, S.1) definiert den Begriff Soziologie als „[...] eine Wissenschaft, welche soziales Handeln deutend verstehen und dadurch in seinem Ablauf und seinen Wirkungen ursächlich erklären will.“ Unter “Handeln“ versteht Weber hier menschliches Verhalten. „“Soziales“ Handeln aber soll ein solches Handeln heißen, welches seinem von dem oder den Handelnden gemeinten Sinn nach auf das Verhalten anderer bezogen wird und daran in seinem Ablauf orientiert ist.“ (Weber, 1972, S.1)
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Grundlagen der Sozialwissenschaftlichen Forschung
Theoretische Sozialforschung
Wie in vielen anderen Wissenschaftsdisziplinen wird auch in der Sozialforschung zwischen theoretischen und empirischen Forschungsprozessen unterschieden. „Theoretische Sozialforschung will Theorien dadurch weiter entwickeln, dass sie Folgerungen aus ihnen ableitet und sie zu anderen Theorien in Beziehung setzt.“ (Gläser & Laudel, 2009, S.24). Als Beispiel führen sie die Entwicklung einer Systemtheorie der Gesellschaft durch Nikolas Luhmann an: „Seine Theorie entstand am Schreibtisch, nicht aus empirischen Untersuchungen. Wo er sich auf Daten über die soziale Welt bezog, handelte es sich um Forschungsergebnisse anderer, die in theoretisch verarbeiteter Form vorlagen.“
Empirische Sozialforschung
Empirische Sozialforschung dagegen erhebt Daten durch Beobachtung. Nach Gläser und Laudel werden diese Beobachtungen zur Weiterentwicklung von Theorien herangezogen. Auch Mayer (2009, S.16) geht auf die empirischen Wissenschaften ein: „Wissenschaften deren Aussagen aufgrund der Übereinstimmung mit der beobachteten Wirklichkeit Geltung erlangen, werden als Erfahrungswissenschaften bzw. empirische Wissenschaften bezeichnet.“ Bei den durchgeführten Experteninterviews handelt es sich, wie bereits erwähnt, um eine Methode der empirischen Sozialforschung. Im Folgenden wird deshalb der Fokus auf die empirische Sozialforschung gelegt.
3.1.1 Methodologie empirischer Sozialforschung Unterteilung der Methoden empirischer Sozialforschung
Unter Methodologie versteht man die Lehre von den Methoden. Die Methoden der empirischen Sozialforschung können grundsätzlich in quantitative und qualitative Erhebungs- und Auswertungsverfahren unterschieden werden. Allerdings wird diese strenge Unterscheidung in der Literatur häufig in Frage gestellt: „Die Nützlichkeit solcher prinzipiellen Unterscheidungen ist fraglich, denn es handelt sich zwar um das jeweilige Selbstverständnis der beiden Forschungsphilosophien, aber die Forschungspraxis sieht in der Regel weniger gegensätzlich aus.“ (Scholl, 2003, S.25) Auch Gläser und Laudel (2009, S.25) gehen auf diese Unterscheidung ein. Sie geben an, dass sie der Praxis sozialwissenschaftlicher Forschung nicht gerecht werden, da es keine rein quantitativen Methoden gebe, die nicht mit Interpretationen verbunden sind. „Umgekehrt arbeiten qualitative Studien häufig mit Zahlen oder Mengenangaben.“ (Gläser & Laudel, 2009, S.25).
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Sie geben aber zu bedenken, dass die Entgegensetzung dieser beiden Paradigmen einen wichtigen Unterschied zwischen zwei Strategien der Sozialforschung verdeutlicht. Quantitative (oder nomothetisch-deduktive bzw. theorietestende) Forschungsstrategien suchen nach Kausalzusammenhängen und verwenden hierfür standardisierte Datenerhebung und statistische Tests. Gläser und Laudel verwenden für diese Forschungsstrategie auch den Begriff relationsorientierte Strategie. Qualitative (oder induktive bzw. theoriegenerierende) Forschungsstrategien suchen dagegen nach Kausalmechanismen durch detaillierte Analyse eines oder weniger Fälle. Gläser und Laudel bezeichnen sie auch als mechanismenorientierte Strategie.
Quantitative und qualitative Methoden
Beide Forschungsstrategien haben gegensätzliche Vor- und Nachteile, die von Gläser und Laudel (2009, S.26-27) beschrieben werden: „Die relationsorientierte Erklärungsstrategie bietet sichere Aussagen über das statistisch signifikante (nicht zufällige) gleichzeitige Auftreten von Phänomenen in einem wohl bestimmten Geltungsbereich, bedarf aber für die Identifizierung von Kausalzusammenhängen zusätzlicher Informationen und ist bei der Aufklärung von Kausalmechanismen relativ hilflos. Die mechanismenorientierte Erklärungsstrategie bietet einen direkten Zugang zu Kausalmechanismen, ist aber unsicher bei der Abgrenzung von deren Geltungsbereich.“
Vor- und Nachteile
Abhängig davon, welche Erklärungsstrategie gewählt wird, stehen unterschiedliche Methoden zur Verfügung, die jedoch alle zu einem gemeinsamen Ziel führen. Die Unterschiede auf der Ebene der Methoden verschwimmen jedoch, so Gläser und Laudel, da zwar zentrale Methoden gegeben sind, jedoch die jeweils anderen ergänzend eingesetzt werden können.
3.1.2 Aufbau empirischer Forschungsprozesse „Jeder empirische Forschungsprozess beginnt damit, dass eine Forschungsfrage formuliert wird.“ Nach Gläser und Laudel (2009, S.33-35) ist dieser Schritt für den weiteren Verlauf des Forschungsprozesses von großer Bedeutung. Nicht nur deswegen, weil die Qualität der Frage Voraussetzung und somit entscheidend für die Qualität der Antwort ist. Mit der Formulierung der Forschungsfrage wird festgelegt, welche Erklärungsstrategie (Relation/ quantitativ oder Mechanismus/ qualitativ) zur Anwendung kommt.
Formulierung der Forschungsfrage
Die Forschungsfrage wird wiederum von den theoretischen Vorüberlegungen beeinflusst, so Gläser und Laudel: „Die theoretischen Vorüberlegungen
Theoretische Vorüberlegungen
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Formulierung einer Forschungsfrage
1 Entscheidung f체r eine Erkl채rungsstrategie
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Abb. 5: Struktur empirischer sozialwissenschaftlicher Forschungsprozesse nach Gl채ser und Laudel (2009, S.35)
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Vorstudie
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theoretische Vor체berlegungen
haben die Aufgabe, das für die Forschungsfrage relevante und bereits durch andere erarbeitete Wissen zusammenzutragen.“ So kann mit Hilfe der Vorüberlegungen das Problem strukturiert und die Forschungsfrage genauer formuliert werden. Die theoretischen Vorüberlegungen sind eng mit der Wahl einer Erklärungsstrategie verknüpft: „Die Form, in der die theoretischen Vorüberlegungen weiterentwickelt werden, hängt von der gewählten Erklärungsstrategie ab.“ Zusammenfassend lässt sich eine Art Kreisprozess aus Wechselwirkungen zwischen der Formulierung der Forschungsfrage, der Entscheidung für eine Erklärungsstrategie und den theoretischen Vorüberlegungen erkennen (Abb. 5). Jeder einzelne dieser Schritte hängt von den anderen Schritten ab und beeinflusst sie gleichermaßen. Gläser und Laudel (2009, S.34) fügen hinzu, dass die Wahl der Erklärungsstrategie zumeist nicht methodologisch begründet ist: „Wissenschaftler, die bisher die relationsorientierte Erklärungsstrategie angewendet und mit den entsprechenden quantitativen Methoden gearbeitet haben, werden auch in Zukunft ihre Forschungsfragen so formulieren, dass die Anwendung dieser Strategie sinnvoll ist. Umgekehrt werden mit qualitativen Methoden arbeitende Sozialforscher ihre mechanismenorientierte Strategie beibehalten und die Forschungsfrage danach auswählen bzw. einrichten.“ Im Anschluss an diese grundlegenden Überlegungen wird eine Untersuchungsstrategie entwickelt. Hier wird festgelegt, welche Daten erhoben werden und welche Untersuchungsobjekte dazu benötigt werden. Zudem wird in diesem Schritt entschieden, ob eine spezifische Methodologie zum Einsatz kommt, oder verschiedene Erhebungs- und Auswertungsmethoden kombiniert werden, so Gläser und Laudel (2009, S.36).
Entwicklung einer Untersuchungsstrategie
In die beschriebene erste Phase des Forschungsprozesses kann zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Vorstudie integriert werden. Die Stelle bzw. der Zeitpunkt hängt vom Zweck der Vorstudie ab: „Sie kann der Präzisierung der Forschungsfrage, der Unterstützung der theoretischen und strategischen Vorüberlegungen oder der Fall- und Methodenauswahl dienen.“ (Gläser & Laudel, 2009, S.36).
Vorstudie
In den folgenden Schritten werden mit Hilfe der gewählten Methoden Daten erhoben, ausgewertet und interpretiert um letztendlich die Forschungsfrage zu beantworten. Gläser und Laudel geben jedoch zu bedenken, dass in der
Datenerhebung, Datenauswertung und Interpretation
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Anwendung der Methoden weitere zahlreiche Entscheidungen verborgen sein können. In der Realität folge kaum ein Forschungsprozess exakt der beschriebenen Abfolge. In der Praxis wird erworbenes Wissen aus späteren Phasen integriert, um frühere Entscheidungen zu korrigieren und absolvierte Phasen erneut zu durchlaufen.
3.1.3 Auswahl der Erklärungsstrategie Untersuchungsziel
Ziel der hier angestrebten Untersuchung ist herauszufinden, wie Designer aktuell arbeiten und welche Hilfsmittel sie wie und warum im Kreativprozess einsetzen. Es geht also um konkrete Arbeitsprozesse, die zumeist sehr individuell sind, sich aber dennoch in gewissen Bereichen oder Ausprägungen ähneln können. Die Designer sind in diesem Zusammenhang Experten ihrer eigenen Kreativprozesse. Durch die Untersuchungen soll ihr Expertenwissen festgehalten und analysiert werden.
Warum eine relationsorientierte Erklärungsstrategie ausscheidet
Bereits die Tatsache, dass es um den Mechanismus und nicht um Kausalzusammenhänge geht, legt eine mechanismenorientierte Erklärungstrategie nahe. Die Untersuchung mit Hilfe von Experten erfordert eine aufwendige und in die Tiefe gehende Analyse, die somit nur für wenige Fälle gleichzeitig realisierbar ist. Dies spricht gegen eine relationsorientierte Erklärungstrategie. Gläser und Laudel (2009, S. 37) gehen noch weiter: „Schließlich eignen sich standardisierte Vorgehensweisen nicht dafür, das jeweils spezifische Wissen der Experten zu erschließen. Sie würden im Gegenteil gerade das besondere Wissen über „ihren“ Fall abschneiden.“ Wie bereits erwähnt handelt es sich um individuelle kreative Arbeitsprozesse. Nach Gläser und Laudel eignen sich vergleichbar einmalige oder seltene Prozesse nicht für die Analyse mittels quantitativer Methoden: „Quantitfizierungen würden hier auf so kleine Zahlen führen, dass die relationsorientierte Erklärungsstrategie ohnehin nicht anwendbar wäre.“ Auch Cooper (2007, S.50) zieht im Zusammenhang mit nutzerzentrierter Gestaltung qualitative Methoden vor und begründet seine Wahl: „Qualitative research helps us understand the domain, context and constraints of a product in different, more useful ways than quantitative research does. It also helps us identify patterns of behavior among users and potential users of a product much more quickly and easily than would be possible with quantitative approaches.“ Aus den genannten Gründen wurde eine mechanismenorientierte Erklärungsstrategie und somit qualitative Methoden für die Untersuchung des
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kreativen Arbeitsprozesses gewählt. Im folgenden Kapitel werden Erhebungsmethoden der empirischen Sozialforschung zunächst ganz allgemein beschrieben und anschließend auf Interviews und die gewählte Methode “Experteninterviews“ eingegangen.
3.2 Erhebungsmethoden Für die Erhebung von Daten stehen in der sozialwissenschaftlichen Forschung verschiedene Methoden zur Verfügung. Wie sich diese gliedern und einzelne Formen weiter klassifizieren lassen, wird in den folgenden Kapiteln vorgestellt. Zudem soll die Wahl der Erhebungsmethode “Experteninterview“ begründet werden.
3.2.1 Gliederung von Erhebungsmethoden „Soziologische Erhebungsmethoden sind grundsätzlich Beobachtungsmethoden.“ Gläser und Laudel (2009, S.39) räumen aber ein, dass theoretisch zur Untersuchung des sozialen Umfeldes auch Experimente in Frage kommen würden. Jedoch seien sie für die Zwecke der empirischen Sozialforschung ungeeignet. Somit sind auch für die Untersuchung des Kreativprozesses ausschließlich Beobachtungsmethoden von Bedeutung. Diese können nach Gläser und Laudel in Beobachtungsmethoden im engeren Sinne und Befragungen unterteilt werden. Scholl (2003, S.22) gibt die Inhaltsoder Textanalyse als weiteres Glied der Unterteilung sozialwissenschaftlicher Methoden an. Auch Mayer (2009, S.35) schlägt eine Einteilung in Beobachtung, Befragung und Inhaltsanalyse vor.
Soziologische Erhebungsmethoden sind Beobachtungsmethoden
„Beobachtungsmethoden im engeren Sinne sind die, bei denen die ‚Untersuchungsobjekte‘ (Situationen, Prozesse und Individuen) in ihrer natürlichen Umgebung belassen und Daten über sie festgehalten werden.“ Als wichtigste dieser Methoden geben Gläser und Laudel (2009, S.39) die teilnehmende Beobachtung bzw. die ethnografische Methode an.
Beobachtungsmethoden im engeren Sinne
Im Gegensatz dazu werden Daten bei der Befragung aus den Antworten des Kommunikationspartners generiert. Gläser und Laudel (2009, S.39) erklären, dass die Fragen dabei aus der Forschungsfrage abgeleitet werden. „In westlichen Kulturen ist die (wissenschaftliche) Befragung mittlerweile so weit etabliert, dass sie als Sozialtechnik mit ihren Regeln allgemein bekannt und
Befragung
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auch weitgehend akzeptiert ist.“ (Scholl, 2003, S.23). Obwohl die Befragung viele Vorteile aufweist, birgt sie auch eindeutige Gefahren, die möglichst minimiert werden sollten. Grundlage der Befragung ist die (Alltags-) Kommunikation, so Scholl (2003, S.23). In alltäglichen Konversationen steht in der Regel eine möglichst positive Selbstdarstellung im Vordergrund. „Bei der Befragung geht es dagegen um gültige, authentische Informationen des Befragten über sich selbst, über Andere oder über Organisationen, die der Befragte repräsentiert, aber nicht darum, einen möglichst guten Eindruck von sich (oder der eigenen Organisation) beim Interviewer oder bei der Forschungsinstitution zu hinterlassen.“ (Scholl, 2003, S.23). Auch Gläser und Laudel (2009, S.39) gehen auf diese Nachteile ein und geben Missverständnisse auf Seiten des Befragten und der Interviewer als mögliche Fallstricke an.
3.2.2 Klassifizierung der Befragungsverfahren Die Verfahren der Befragung können laut Scholl (2003, S. 31) nach der Art der Kommunikation in die drei Gruppen mündliche, telefonische und schriftliche Befragung gegliedert werden. „Die seit einigen Jahren entwickelte Online-Befragung stellt dabei lediglich eine Variante der schriftlichen Befragung dar, auch wenn sie zunehmend ein eigenes Profil bekommt.“ (Scholl, 2003, S.31). Das persönlich-mündliche Interview
Die mündliche Befragung ist eine persönliche Befragungsform, bei der die Anwesenheit beider Gesprächspartner Vorraussetzung ist. Scholl (2003, S.31) erklärt, dass sie deswegen auch als “face-to-face“ Interview bezeichnet wird. Der Begriff ‚Interview‘ hat sich als Synonym für mündliche Befragung etabliert, so Gläser und Laudel (2009, S.40). Scholl (2003, S.31-32) gliedert die persönlich-mündlichen Interviews in drei Formen: Die Hausinterviews, bei denen der Befragte in seiner Privatwohnung oder am Arbeitsplatz interviewt wird; die Passanteninterviews, die im öffentlichen Raum stattfinden und die Klassenzimmer-Befragungen, bei denen die Befragten in Anwesenheit des Interviewers Fragebögen ausfüllen.
Das telefonisch-fernmündliche Interview
Das telefonisch-fernmündliche Interview findet, wie der Name schon andeutet, über das Telefon statt und ist damit weniger persönlich als die mündliche Befragung.
Die schriftliche Befragung
Im Gegensatz zu den genannten Verfahren, wird bei der schriftlichen Befragung kein Interviewer benötigt, da die Befragten den Fragebogen selbst ausfüllen. Auch hier unterscheidet Scholl (2003, S.31-32) zwischen drei Formen:
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Der postalischen Befragung, der Beilagenbefragung und der netzbasierten oder Online-Befragung. Gläser und Laudel geben neben der Kommunikationsform weitere Merkmale zur Klassifizierung von Interviews an: Den Zweck des Interviews, den Gegenstand der Untersuchung, Art und Anzahl der Interviewpartner und schließlich den Grad der Standardisierung.
weitere Klassifizierungsmerkmale
Nach dem Grad der Standardisierung unterscheiden Gläser und Laudel (2009, S.41-42) zwischen (voll)standardisierten, halbstandardisierten und nichtstandardisierten Interviews. „Standardisierte Interviews werden in der quantitativen Sozialforschung geführt, während die nichtstandardisierten Interviews zu den qualitativen Erhebungsmethoden zählen“. (Gläser & Laudel, 2009, S. 41). Halbstandardisierte Interviews sind dagegen in der Praxis nicht von großer Bedeutung. Die nichtstandardisierten oder auch unstrukturierten bzw. wenig strukturierten oder verstehenden Interviews (Scholl, 2003, S.59) werden nach Gläser und Laudel (2009, S. 42) weiter unterteilt in Leitfadeninterviews, offene Interviews und narrative Interviews.
Klassifizierung nach dem Grad der Standardisierung
Das Experteninterview, welches in den angestrebten Untersuchungen eingesetzt wird, kann nach den vorgeschlagenen Kriterien eingeordnet werden:
Einordnung des Experteninterviews
• Kommunikationsform: persönlich-mündliches Interview • Zweck: Erfassung des Expertenwissens • Gegenstand der Untersuchung: verschiedene mögliche Gegenstände: z.B. Handlungen oder Beobachtungen • Anzahl der Interviewpartner: idealerweise Einzelinterview • Grad der Standardisierung: nicht standardisiertes Interview (ideal: Leitfadeninterview)
3.2.3 Methodenauswahl: Das Experteninterview Es wurde bereits erklärt, aus welchen Gründen eine mechanismenorientierte Erklärungsstrategie zur Untersuchung des kreativen Arbeitsprozesses am besten geeignet ist. Dadurch wurde die Auswahl auf qualitative Methoden eingegrenzt. Es gilt nun, darunter eine Methode auszuwählen. Das Experteninterview hat sich aus diversen Gründen als Methode der Wahl herausgestellt.
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Der Untersuchungsgegenstand von Experteninterviews
Experteninterviews haben das Ziel, das spezifische Wissen der Experten über soziale Kontexte oder Prozesse zugänglich zu machen. Die Experten sind hierbei also nicht Gegenstand der Untersuchung, sondern Zeugen der für die Untersuchung relevanten Prozesse (Gläser & Laudel, 2009, S.12). Auch Bogner und Menz (2009b, S.64) gehen auf das Untersuchungsobjekt der Experteninterviews ein: „Im Vordergrund steht hier das aus der Praxis gewonnene, reflexiv verfügbare und spontan kommunizierbare Handlungsund Erfahrungswissen.“
Begründung der Entscheidung für das Experteinterview
Im Rahmen dieser wissenschaftlichen Arbeit soll der kreative Arbeitsprozess analysiert werden. Themen sind hierbei beispielsweise der Einsatz von Hilfsmitteln und Methoden, wann und wie diese angewendet werden und ob andere Personen in den Prozess involviert sind. Es geht also um das von Bogner und Menz angesprochene Handlungs- und Erfahrungswissen der Designer. Diese spezifischen Kenntnisse sind einzig den Designern eigen. Um Zugriff darauf zu erhalten, bietet sich die Durchführung von Experteninterviews an. Ein weiterer Faktor ist der Detailgrad der Informationen und die zu erwartende Komplexität und Individualität der Abläufe.
Begründung der Entscheidung für ein persönlich-mündliches Interview
Für die Auswahl einer Interviewform war auch entscheidend, dass sie als Basis für die nutzerzentrierte Gestaltung Informationen über den Nutzer bereitstellen soll. Hier sind Informationen auf einer Ebene von Bedeutung, die mit Hilfe von schriftlichen oder telefonischen Befragungen nicht festgehalten werden können. In diesem Zusammenhang sind zum Beispiel Mimik oder Gestik zu nennen, die wichtige Informationen über die innere Auffassung oder Einstellung preisgeben können. Zudem lernt der Interviewer bei entsprechender Wahl des Interviewsettings die Umgebung des Befragten kennen und kann daraus Rückschlüsse auf seine Arbeitsweise ziehen. Der persönliche Kontakt zum Experten ist also von großer Bedeutung und wird durch die Methode Experteninterview (in Form eines persönlich-mündlichen Interviews) gewährleistet.
Vorteil von Experteninterviews
Die Methode weist zudem einen wichtigen Vorteil auf, welcher wegen der Rahmenbedingungen dieser Arbeit besonders zum Tragen kommt: „[…] die Durchführung von Experteninterviews bedeutet, schnell, leicht und sicher gute Interviews zu machen, […].“ Bogner & Menz, 2009a, S.9).
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3.3 Auswertungsmethoden Auch zur Auswertung stehen dem Forschenden verschiedene Methoden zur Verfügung, jedoch ist hier die Klassifizierung nicht so einfach wie bei den vorgestellten Erhebungsmethoden. Doch auch hier gilt, dass die Auswahl auf Basis der Ziele der Untersuchung und der Forschungsfrage stattfinden sollte. Im Folgenden wird ein Gliederungsvorschlag nach Gläser und Laudel (2009, S. 44-46) vorgestellt und die Auswahl eines der Verfahren begründet.
3.3.1 Gliederung von Auswertungsmethoden Wie einleitend angedeutet, ist die Klassifizierung von Auswertungsverfahren nicht eindeutig. „In der Methodenliteratur werden sie meist ohne Systematisierung nebeinandergestellt und unabhängig voneinander beschrieben.“ Als Gründe hierfür geben Gläser und Laudel (2009, S.44) an, dass die Verfahren oft sehr speziell sind und ohne den Bezug zu schon existierenden Methoden entwickelt wurden. Gläser und Laudel schlagen eine Gliederung nach forschungspraktischen Aspekten vor, räumen aber ein, dass auch ihr Vorschlag die methodologischen Probleme nicht lösen kann. Folgende Klassifizierung ergibt sich nach ihrem Vorschlag (Abb. 6):
Vorschlag zur Klassifizierung von Auswertungsmethoden
• Freie Interpretation • Sequenzanalytische Methoden • Kodieren • Qualitative Inhaltsanalyse
Die freie Interpretation ist eine Methode, die, so Gläser und Laudel (2009, S.45), schnell plausible und interessante Ergebnisse liefern kann. Sie fügen aber hinzu, dass es sich dabei streng genommen nicht um eine Auswertungsmethode handelt, da keine Regeln zur methodischen Vorgehensweise existieren. Hopf (1982, S.316) geht zudem auf das Risiko ein, dass Daten durch die selektive Wahrnehmung des Auswertenden verfälscht werden könnten. So wäre es möglich, dass erwünschte oder passende Informationen präsenter sind als unpassende Informationen. Dennoch ist die freie Interpretation in der Forschungspraxis weit verbreitet. „Der Forscher liest die Interviews, interpretiert sie und fasst die seiner Ansicht nach für die Beantwortung der Forschungsfrage wichtigen Interpretationen zusammen.“ (Gläser & Laudel, 2009, S.45).
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Freie Interpretation
ERHEBUNGSMETHODEN Erhebungsmaterial (Ton, Bild)
Freie Interpretation
Sequenz Analyse
Kodieren
Interpretation
ERKLÄRUNG Abb. 6: Klassifizierung von Auswertungsmethoden nach Gläser und Laudel (2009, S.44)
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Qualitative Inhaltsanalyse
Eine weitere Methoden-Gruppe sind nach Gläser und Laudel (2009, S.45) die Sequenzanalytischen Verfahren: „‚Sequenzanalytische‘ Methoden sind Auswertungsmethoden, die thematische und zeitliche Verknüpfungen der in den Texten enthaltenen Aussagen analysieren.“ Als die beiden wichtigsten Methoden geben sie die Narrationsanalyse nach Fritz Schütze und die objektive Hermeneutik von Ulrich Oevermann an.
Sequenzanalytische Methoden
Das Verfahren der “Kodierung“ ist ein relativ weit verbreitetes Verfahren, dass der “grounded theory“ entsprungen ist. Der Prozess nach Anselm Strauss weist drei Phasen auf:
Kodieren
• Offenes Kodieren • Axiales Kodieren • Selektives Kodieren
In der ersten Phase des offenen Kodierens sollen beschreibende oder zusammenfassende Begriffe (Kategorien) für die Inhalte durch “aufbrechen“ des Textes entwickelt werden. Strauss und Corbin (1990, S.63) beschreiben dieses Vorgehen: „taking apart an observation, a sentence, a paragraph, and giving each discrete incident, idea, or event, a name, something that stands for or represents a phenomenon.“ Im Anschluss folgt das “axiale Kodieren“. Nach Strauss und Corbin (1990, S.97) werden in diesem Schritt die Daten neu verknüpft, indem Verbindungen zwischen den Kategorien und Unterkategorien hergestellt werden. Zuletzt werden im Schritt des selektiven Kodierens die zuvor generierten Achsenkategorien neu kategorisiert. Dieser Prozess ähnelt der axialen Kodierung, die Analyse erfolgt nur auf einem abstrakteren Level. Die entstehende Kernkategorie wird prägnant beschrieben, die Theorie ausformuliert und überprüft. Die Qualitative Inhaltsanalyse wird von Gläser und Laudel (2009) genauer beschrieben und ist die Auswertungsmethode, die sie empfehlen. Hier werden Texte mit Hilfe eines Analyserasters auf relevante Informationen hin durchsucht. „Die dem Text entnommenen Informationen werden den Kategorien des Analyserasters zugeordnet und relativ unabhängig vom Text weiterverarbeitet, d.h. umgewandelt, mit anderen Informationen synthetisiert, verworfen usw.“ (Gläser & Laudel, 2009, S.46).
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Qualitative Inhaltsanalyse
3.3.2 Methodenauswahl: Die freie Interpretation Von Gläser und Laudel wurde kritisiert, dass es sich bei der freien Interpretation streng genommen nicht um eine sozialwissenschaftliche Methode handelt, da keine Regeln zur Vorgehensweise vorliegen. Dagegen bieten die drei anderen Prozesse genaue Anleitungen zur Durchführung und Analyse und garantieren dadurch eine zuverlässigere Auswertung. Jedoch liegt der Fokus der geplanten Experteninterviews nicht darauf, möglichst wissenschaftlich exakt soziale Handlungen oder Prozesse zu analysieren, sondern viel mehr darauf, ein Gefühl für den Nutzer und seine Arbeitsweise zu bekommen. Hinzu kommt die Tatsache, dass die Interviewer selbst zur Zielgruppe zählen und somit ebenfalls über das Expertenwissen verfügen. Die in Kapitel 3.3.1 “Gliederung von Auswertungsmethoden“ befürchtete Verfälschung durch die selektive Wahrnehmung spielt somit nur eine untergeordnete Rolle. Auch Hopfs (1982, S.316) Warnung, dass die Interviewer ihr Verständnis der Thematik überschätzen könnten, ist in diesem Fall weniger relevant. Es geht darum, in möglichst kurzer Zeit einen Einblick in die Arbeitsweisen anderer Designer zu erhalten und Anregungen für die Konzeption der Anwendung zu finden. Diese können in dem vorliegenden Szenario stets mit dem Expertenwissen der Autoren abgeglichen werden. Im Fokus stehen also vielmehr Faktoren wie die Zeit oder die Effektivität der Auswertungsmethode und nicht die sozialwissenschaftliche Objektivität. Somit fiel die Entschiedung auf die freie Interpretation, die, wie Gläser und Laudel (2009, S.45) erklären, sehr schnell plausible und interessante Ergebnisse liefern kann.
3.4 Datenerhebung mit Hilfe des Experteninterviews Die Grundlagen zur Sozialwissenschaftlichen Forschung, die Darlegung verschiedener Erhebungs- und Auswertungsverfahren und die Auswahl der Erhebungsmethode “Experteninterview“ wurden bereits vorgestellt. Nun folgt die Durchführung der Experteninterviews, was die Klärung der Vorgehensweise laut Literatur und der daraus folgenden praktischen Umsetzung beinhaltet. Ein wichtiger Faktor, der vor allem auch für die Auswahl der Methode entscheidend war, ist die Definition der Forschungsfrage. Sie steht am Beginn des Erhebungsprozesses und leitet alle folgenden Schritte ein.
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3.4.1 Die Forschungsfrage Eine wichtige Aufgabe bei der Formulierung der Forschungsfrage ist die Entscheidung für eine Erklärungsstrategie. Diese wurde im Kapitel 3.2.3 bereits begründet. Laut Gläser und Laudel (2009, S.62) bildet die Forschungsfrage zudem die Grundlage für die Auswahl der relevanten Informationen. Dieser Teil ist deswegen von großer Bedeutung, weil es nicht möglich und auch nicht sinnvoll ist, einen Bereich vollständig zu beschreiben. Die wichtigste Aufgabe der Forschungsfrage ist die Schließung von Wissenslücken. Dieser Aspekt ist gleichzeitig auch die Voraussetzung dafür, ob es sich bei einer Fragestellung um eine Forschungsfrage handelt (Gläser & Laudel, 2009, S.66). Eine weitere Voraussetzung ist, so Scholl (2003, S.141), dass die Frage nicht direkt und auch nicht durch Messungen beantwortet werden kann, sondern hierfür die Interpretation der Interviewantworten vonnöten ist.
Vorraussetzung für die Qualifikation als Forschungsfrage
Zur Konzeption, Gestaltung und prototypischen Umsetzung einer Anwendung, die den kreativen Arbeitsprozess von Designern unterstützt, müssen verschiedene Daten beschafft werden. Dabei handelt es sich zum größten Teil um Informationen, die den Arbeitsprozess der Designer betreffen. Bei diesem kreativen Arbeitsprozess geht es nicht ausschließlich um regelmäßig wiederkehrende Abläufe, die jedes Mal gleich ausgeführt werden, sondern lediglich um die kreative Arbeit als solches. Die Forschungsfrage lautet also: „Wie entwickeln Designer Konzept- & Designideen und welche kreativen Techniken und Werkzeuge helfen ihnen dabei?“
Die Forschungsfrage der vorliegenden Untersuchung
3.4.2 Theoretische Vorüberlegungen Die theoretischen Vorüberlegung sind ein Teil der vorbereitenden Phase und dienen vor allem dazu, relevantes Wissen zusammenzutragen und die Forschungsfrage genauer zu formulieren. Für den Arbeitsschritt “theoretische Vorüberlegungen“ existieren keine systematischen Regeln oder Beschreibungen, so Gläser und Laudel (2009, S.74). Es handelt sich dabei um einen kreativen Prozess, welcher von jedem Wissenschaftler anders durchgeführt wird. Sie fügen hinzu, dass es nicht wichtig ist, wie die theoretischen Vorüberlegungen angestellt werden, sondern nur entscheidend ist, dass sie angestellt werden. Dennoch schlagen Gläser und Laudel (2009, S.74-93) einen dreistufigen Prozess vor, in welchem zunächst
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Prozess nach Gläser und Laudel (2009)
der Stand der Forschung aufgearbeitet wird, anschließend Hypothesen in Abhängigkeit von Variablen aufgestellt werden und zuletzt Leitfragen formuliert werden. Für die Experteninterviews dieser Bachelorarbeit waren vor allem die Themen Kreativität, Innovation und Ideenfindung von Bedeutung. Das 2. Kapitel widmete sich deswegen vollständig diesen Thematiken. Dadurch sollte der Stand der Forschung, bezogen auf die genannten Inhalte, aufgearbeitet und eine Basis für die Experteninterviews geschaffen werden.
Leitfragen
Folgende Leitfragen ergeben sich aus diesen Untersuchungen: • Prozess: Wie gestaltet sich das Vorgehen vom Briefing bis zum fertigen Konzept? • Kreativität: Wie wird kreativ gearbeitet und welche Techniken und Hilfsmittel werden eingesetzt? • Inspiration: Wie wird Inspiration gefunden? • Ideen: Wie werden neue Ideen entwickelt und festgehalten? • App: Wie muss eine Anwendung aufgebaut sein, damit sie Designer optimal beim kreativen Arbeiten untersützt
3.4.3 Der Interviewleitfaden
Funktion des Interviewleitfadens
Der Interviewleitfaden ist eine Orientierung beim Aufbau des Interviews und bei der Auswahl und Formulierung der Fragen. Im Gegensatz zum standardisierten Fragebogen behält der Interviewer dabei die Entscheidungsfreiheit (Gläser & Laudel, 2009, S.142). Nach Hirzinger (1991, S.92) hat der Leitfaden bei wenigen unstrukturierten Fragen die Funktion einer Gedächtnisstütze und bei vielen logisch angeordneten Fragen die Funktion der Gesprächsstrukturierung.
Die Notiz zu Beginn des Leitfadens
Der Interviewleitfaden sollte stets mit einer Notiz beginnen, in welcher festgehalten wird, was der Interviewer zu Beginn der Befragung sagen muss. Dazu gehört, den Interviewpartner über das Ziel der Untersuchung und über die Rolle des Interviews zu informieren. Bei einer Aufzeichnung des Gesprächs muss zudem eine Einwilligung zur Aufzeichnung und Verwendung der Daten in der vorgesehenen Form eingeholt werden (Gläser & Laudel, 2009, S.144).
Umfang des Leitfadens
Grundsätzlich gilt, dass der Leitfaden nicht zu lang und möglichst übersichtlich sein sollte. Gläser und Laudel (2009, S.144) empfehlen eine Länge von etwa zwei Seiten. Mayer (2009, S.44) weist auf den Grund hin: „Ein zu langer Leitfaden führt auch zu einer unbewältigbaren Fülle von Datenmaterial.“
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In der Literatur findet man zwei verschiedene Strategien bei der Formulierung des Inhaltes: Die Fragen können entweder ausformuliert oder nur als Themenkomplexe angegeben werden. Gläser und Laudel (2009, S.144) plädieren für die erste Stategie (Ausformulierung) und geben folgende Vorteile an:
Strategien bei der Formulierung des Leitfadens
• Vergleichbarkeit der Fragen in verschiedenen Interviews • Sicherheit durch Vorformulierung der Fragen
Sie warnen allerdings davor, dass diese Vorgehensweise dazu verleitet, am Leitfaden “festzukleben“. Friebertshäuser (1997, S.377) geht näher auf dieses Problem ein: „Eine Gefahr eines Leitfadens liegt darin, dass das Interview zu einem Frage- und Antwort-Dialog verkürtzt wird, indem die Fragen des Leitfadens der Reihe nach ‘abgehakt‘ werden, ohne dass dem Befragten Raum für seine (möglicherweise auch zusätzlichen) Themen und die Entfaltung seiner Relevanzstrukturen gelassen wird.“ Mayer (2009, S.43) bevorzugt deswegen die zweite Variante und empfiehlt die Fragen in Form von Themenkomplexen und Nachfrage-Themen schriftlich festzuhalten. Die Auswahl einer der beiden Strategien hängt nicht zuletzt auch von den persönlichen Vorzügen und Vorerfahrungen des Interviewers ab. Die zweite Variante, welche mit Themenkomplexen als Orientierung arbeitet, lässt dem Interviewer größere Freiheiten bei der Formulierung der Fragen. Dadurch kann er leichter auf die Interviewsituation und den Interviewpartner reagieren. Dieser Aspekt ist hier sehr wichtig, da Designer verschiedener Disziplinen und sowohl alleine als auch im Team agierende Designer befragt wurden. Aus diesem Grund mussten individuell angepasste Fragen gestellt werden können. Die erste Methode, welche die Ausformulierung der Fragen voraussetzt, gibt dem Befragenden dagegen eine gewisse Sicherheit und umfangreichere Orientierung im Interview. Dies ist vor allem für unerfahrene Interviewer von Bedeutung. Da für die Autoren beide genannten Vorteile wichtig sind, wurde eine Mischform angestrebt. Die Fragen wurden nicht vollständig ausformuliert, jedoch wurden dennoch mehr Informationen als nur die Themenkomplexe festgehalten. Dadurch sollte die Freiheit bei der Wortwahl gewährleistet sein und dennoch ein Gefühl von Sicherheit erreicht werden. Beim Aufbau des Leitfadens und der Anordnung der Fragen wurden hier die Empfehlungen von Gläser und Laudel (2009, S.146-149) berücksichtigt, weil sie ein sinnvolles Grundgerüst vorgeben.
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Die Auswahl einer Strategie
Anordnung der Fragen im Leitfaden
Sie empfehlen, die Fragen im Leitfaden nach inhaltich zusammengehörenden Themen zu gruppieren. Dies kommt auch der Vorgehensweise nach Mayer (2009, S.45) nahe, bei der Inhalte in Themenkomplexen zusammengefasst werden. Weiter raten Gläser und Laudel die Themen chronologisch, also ausgehend von zurückliegenden Ereignissen, zu ordnen. Sie warnen aber davor, dass es bei dieser chronologischen Wiedergabe einer zusammenhängenden Erzählung zu einer sogenannten “Retrospektiven Rationalisierung“ kommen kann. „Retrospektive Rationalisierung nennt man die Konstruktion von rationalen Beweggründen für früheres Handeln oder von rationalen Erklärungen für frühere Situationen oder Prozesse – Beweggründe bzw. Erklärungen, die zum Zeitpunkt des Geschehens unter Umständen gar keine Rolle gespielt haben.“ (Gläser & Laudel, 2009, S.147). Vermieden oder reduziert werden kann dies, indem zunächst Detailfragen gestellt werden und erst dann eine zusammenhängende Darstellung angestrebt wird.
Regeln zur Konstruktion des Leitfadens
Neben den Empfehlungen zur Anordnung der Fragen im Leitfaden geben Gläser und Laudel (2009, S.147-149) einige Regeln zur Konstruktion des Leitfadens vor: Zu Beginn des Interviews sollte zunächst eine “Anwärmfrage“ gestellt werden, um die Spannung zu nehmen und den Interviewpartner an die Situation und seine Rolle zu gewöhnen. Diese Frage sollte deswegen möglichst leicht zu beantworten sein und einen für den Interviewten angenehmen Gegenstand betreffen. Zu Beginn des Interviews sollte außerdem deutlich gemacht werden, wie gut die Befragenden mit der Thematik vertraut sind. Da der Interviewte so weiß, welches Wissen er voraussetzen kann, erreichen die Antworten eher den erwünschten Detailgrad. So kann z.B. eine Frage gestellt werden, in welcher durch die Formulierung die Aufnahmefähigkeit und das Wissen der Interviewer signalisiert wird. Alternativ kann direkt zu Beginn des Interviews kurz erklärt werden, welchen Wissensstand der Befragte von den Interviewern erwarten kann. Zuletzt empfehlen Gläser und Laudel auch am Ende des Interviews eine angenehme und leichte Frage zu stellen, damit der hinterbleibende Eindruck möglichst positiv ist. Heikle Fragen sollten dennoch möglichst gegen Ende des Interviews gestellt werden.
3.4.4 Die Interview-Fragen Obwohl von der gewählten Methodenmischform eine Ausformulierung der Fragen nicht gefordert wird, müssen spätestens im Interview konkrete Fragen gestellt werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, welche Typen von Fragen es
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gibt und welche Anforderungen grundsätzlich an die Wahl und Formulierung der Fragen gestellt werden.
Die Grundlage für beide Strategien und somit auch für die gewählte Mischform bilden die Forschungsfrage und die Leitfragen, die sich aus den theoretischen Vorüberlegungen abgeleitet haben. Diese sollen im Interview in konkrete Fragestellungen an den Experten transformiert werden. Die Fragen können nach vier verschiedenen Kriterien typisiert werden (Gläser & Laudel, 2009, S.122-129):
Kriterien zur Typisierung der Fragen
• Inhalt der Frage • Gegenstand der Frage • Angestrebte Form der Antwort • Steuerungsfunktion im Interview
Bei der Typisierung nach dem Inhalt der Frage unterscheiden Gläser und Laudel (2009, S.122.124) zwischen Faktfragen und Meinungsfragen. „Experteninterviews sollen das Wissen des Interviewpartners über bestimmte Sachverhalte erheben und bestehen deshalb überwiegend aus Faktfragen“. (Gläser & Laudel, 2009, S.123). Je nach Informationsziel können die Faktfragen wiederum aufgeteilt werden in:
Typisierung nach dem Inhalt der Frage
• Fragen nach Erfahrungen • Wissensfragen • Hintergrundfragen bzw. demographische Fragen
Die Typisierung nach dem Gegenstand bezieht sich darauf, ob der Frage ein hypothetischer, also ein angenommener Sachverhalt zugrunde liegt, oder ob dieser Gegenstand realitätsbezogen ist (Gläser & Laudel, 2009, S.124). Ist der Gegenstand hypothetisch, so werden die Fragen im Konjunktiv gestellt.
Typisierung nach dem Gegenstand der Frage
Je nach Form der angestrebten Antwort lassen sich Fragen in Erzählanregungen und Detailfragen gliedern. „Erzählanregungen sollen längere Beschreibungen oder Erklärungen auslösen, während Detailfragen zu kurzen Antworten führen sollen.“ (Gläser & Laudel, 2009, S.125).
Typisierung nach der Form der angestrebten Antwort
Nach der Steuerungsfunktion im Interview unterscheidet Ullrich (1999, S.437) zwischen:
Typisierung nach der Steuerungsfunktion im Interview
• Einleitungsfragen • Filterfragen
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• Hauptfragen • Nachfragen
Einleitungsfragen leiten ein neues Thema ein, wozu auch der Beginn des Interviews zählt. Eine Einleitungsfrage kann aber auch eine Überleitung von einem Thema zum nächsten sein. Filterfragen eignen sich dafür, schnell die gesuchten Informationen zu erhalten und filtern somit das relevante Wissen heraus. Die Hauptfragen, so Gläser und Laudel (2009, S.128), bilden das Gerüst des Interviews. Nachfragen sind Ergänzungen dazu und sollen weiterführende Informationen liefern. Kriterien für die Formulierung und Auswahl der Fragen
Die genannten Kriterien bilden die Grundlage zur Unterscheidung und Typisierung der Fragen. Für die Formulierung und Auswahl der Fragen gibt es eben-
Die Offenheit der Fragen
Am häufigsten wird in der Literatur betont, dass die Fragen dem Prinzip der Offenheit folgen müssen. So empfehlen Gürtler und Meyer (2013, S.41) bei
falls bestimmte Richtlinien, die berücksichtigt werden sollten.
der Durchführung der Nutzer-Interviews grundsätzlich offene Fragen zu verwenden, die keine indirekten Lösungsvorschläge vorgeben. Auch Gläser und Laudel (2009, S.131) gehen auf dieses Prinzip ein, warnen jedoch davor, dass der Interviewpartner verunsichert sein kann, wenn die Fragen zu offen formuliert sind. Dies kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass die Frage anders interpretiert wird und die Antwort irrelevante Informationen liefert.
Die Neutralität der Fragen
Gläser und Laudel (2009, S.135-140) fordern zudem die Neutralität der Fra-
Die Klarheit der Fragen
Ein weiteres wichtiges Merkmal ist die Klarheit von Fragen. „Generell sollte bei allen Fragen darauf geachtet werden, dass sie klar und unmissverständlich formuliert werden.“ (Gläser & Laudel, 2009, S.140). So sollte z.B. die gramma-
gen. Damit gehen sie auf die Empfehlung von Gürtler und Meyer ein, mit den Fragen keine Lösungsvorschläge vorzugeben. Die Fragen dürfen also nicht so formuliert sein, dass eine bestimmte Antwort impliziert wird.
tikalische Struktur und die Wortwahl bei der Formulierung der Frage bedacht werden. Fragen, die zu offen formuliert sind und dem Interviewpartner einen zu großen Interpretationsspielraum geben, sind, wie bereits erwähnt, zu vermeiden.
Die Einfachheit der Fragen
Der vierte Grundsatz bezieht sich auf die Einfachheit der Fragen. So sollte eine Frage inhaltlich immer auch nur ein Thema betreffen (Gläser & Laudel, 2009, S.141). Mehrere Fragen in einen Satz zu verpacken stellt bei der Formulierung der Antwort eine Barriere dar und ist somit auch nicht zielführend.
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3.4.5 Der Experte
Die Bedeutung des Experteninterviews und der beteiligten Experten wurde bereits dargestellt. Es geht nun darum zu klären, worauf bei der Auswahl der Experten zu achten ist und nach welchen Kriterien hier die Experten gewählt wurden. „Als Experte gilt jemand, der auf einem begrenzten Gebiet über ein klares und abrufbares Wissen verfügt.“ (Mayer, 2009, S.41). Wenn dieses Wissen für die Beantwortung der Forschungsfrage erforderlich ist, die Experten also über die für die Untersuchung relevanten Informationen verfügen, so ist das erste Kriterium bei der Auswahl der Interviewpartner erfüllt (Gläser & Laudel, 2009, S.117). Weitere Kriterien sind nach Gläser und Laudel, ob diese Personen verfügbar sowie in der Lage und bereit sind, präzise Informationen zu geben.
Definition
Der Fokus wurde auf qualitative Interviews gelegt, und Faktoren wie Umfang an unterschiedlichen Interviewpartnern wurden vor allem auch aus zeitlichen Gründen vernachlässigt. Ein wichtiges Ziel war, sowohl Designer aus verschiedenen Disziplinen als auch Designer, die alleine und solche, die in Teams arbeiten, zu befragen, um eventuelle Unterschiede und Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten. Dabei handelte es sich letzendlich um Printdesigner und Webdesigner darunter Freelancer, Angestellte, eine Geschäftsführerin, ein Kind, ein Azubi und ein Student. Die ausgewählten Interviewpartner lassen sich also in drei Gruppen unterteilen:
Auswahl und Gruppierung der Experten
• Der kreative Nachwuchs – vom Kind bis zum Studenten • Die Freelancer – vom Einsteiger bis zum Profi • Die Agentur – vom Junior Art Director bis zur Geschäftsleitung
Innerhalb dieser drei Gruppen sind jeweils sowohl Print- als auch Webdesigner vertreten. Mit dieser Auswahl wird ein großes Zielgruppen-Spektrum abgedeckt, da nahezu jeder Designer-Typ vertreten ist. Die Gruppen wurden mit dem Ziel zusammengestellt, sowohl Angestellte zu befragen, deren Schaffen an festen Strukturen ausgerichtet ist, als auch Freelancer und Studenten/ Kinder, die mehr Freiraum beim kreativen Arbeiten nutzen können. Außerdem wurde darauf geachtet bezüglich der Berufserfahrung ein möglichst breites Spektrum abzudecken. Auf den folgenden Seiten werden diese drei Gruppen präsentiert und die befragten Experten steckbriefartig vorgestellt.
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Die Agentur Susanne Wacker | Geschäftsführung design hoch drei GmbH & Co.KG | Stuttgart Als Geschäftsführerin hat Susanne Überblick über alle Prozesse und kann dadurch die kreativen Arbeitsabläufe und Techniken der gesamten Agentur beschreiben. Susanne Wacker hat an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart Grafikdesign studiert. Bei design hoch drei übernimmt sie hauptsächlich administrative Aufgaben.
Pia Bardesono | Art Director design hoch drei GmbH & Co.KG | Stuttgart In einem klassischen Kommunikationsdesign-Studium lernte Pia ihr Handwerk. Nach ihrem Studium entschied sie sich für eine Festanstellung im i_d buero in Stuttgart. Seit drei Jahren ist sie bei design hoch drei für verschiedene Print-Produkte verantwortlich und begleitet sie von der ersten Idee über das Konzept bis zum Druck.
Tobias Mikl | Art Director Digital/Interactive design hoch drei GmbH & Co.KG | Stuttgart Tobias ist bei design hoch drei der Ansprechpartner für digitale Lösungen – von Websites bis zu interaktiven Messeelementen. Er hat sowohl vier Semester Visuelle Kommunikation als auch vier Semester New Media studiert. Als Digital Native nutzt er diverse digitale Dienste und versucht, immer auf dem neuesten Stand der Entwicklungen zu bleiben.
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Die Freelancer Daniela Vey | Web- und Informationsdesignerin infodesignerin.de| Stuttgart Daniela Vey berät und begleitet Kunden bei der Durchführung von Design- und Social Media Projekten. Sie hält Seminare, und konzipiert und designt Web- sowie Corporate Design-Produkte. Weil ihr Leistungsangebot so umfangreich ist und sie schon seit einigen Jahren als Freelancerin tätig ist, war sie für unsere Interviews von besonderem Interesse.
Sarah Gilgien | Informationsdesign und Papeterie sarahgilgien.de | Stuttgart Nach ihrem Informationsdesign-Studium entschied sich Sarah zunächst für eine Festanstellung. Sie verbrachte drei Jahre bei der Agentur Siegmund und wechselte vor zwei Jahren in die Selbstständigkeit. Als Freelancerin arbeitet sie sowohl eigenständig von zu Hause als auch in kleineren Teams beim Kunden und in verschiedenen Agenturen.
Pascal Bremmer | Freier Texter und Konzepter soup-du-jour.de | Karlsruhe Auch Pascal wählte nach dem Informationsdesign-Studium den Weg der Festanstellung und sammelte hier Erfahrungen in verschiedenen Positionen: Vom Designen über das Programmieren bis hin zur Leitung einer New Media-Abteilung hat Pascal alles ausprobiert. Inzwischen betreut er als selbstständiger Konzepter und Texter den gesamten Designprozess.
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Der Nachwuchs Stephan Gross | Student Staatliche Akademie der Bildenden Künste | Stuttgart An der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart studiert Stephan Kommunikationsdesign. Der Fokus dieses Studiums liegt auf der Konzeption und Gestaltung von PrintMedien. Stephan befindet sich im 3. Semester – er steht also noch am Anfang des Studiums. Dadurch ist seine Arbeitsweise noch nicht allzu fest an fixe Prozessstrukturen gebunden.
Michael Clasen | angehender Student Hochschule für Gestaltung | Pforzheim Michael befindet sich gerade im Übergang von seiner Grafikdesign-Ausbildung in Heilbronn zum Studium der visuellen Kommunikation in Pforzheim. Diese Zeit überbrückt er mit einem Praktikum am Kolping Bildungswerk. Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt in der Gestaltung von Print-Medien und der Vertonung von Beats.
Amira Kummer | Waldorfschülerin Freie Waldorfschule Heidenheim e.V. | Heidenheim Wie viele Kinder in ihrem Alter erfindet Amira gerne Geschichten, bastelt, malt und baut Dinge, die ihrer kindlichen Phantasie entspringen. Auf der Waldorfschule wird ihr kreatives Denken und Arbeiten weiter gefördert. Das Interview sollte erörtern, was ein Kind wie Amira zu ihren kreativen Höchstleistungen bewegt.
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3.4.6 Die Befragung Es wurde entschieden, ein persönliches Interview durchzuführen, da hier auch Informationen, die über das Gesagte hinausgehen, wahrgenommen werden können (Gestik, Mimik). Dies ist natürlich nur unter der Voraussetzung möglich, dass die Interviewpartner sich auf diese Interviewform einlassen. Zudem wurden die Interviews in einer für die Befragten vertrauten Umgebung durchgeführt, um zu gewährleisten, dass sie sich möglichst wohl fühlen, und um ihre authentische Arbeitsumgebung kennenzulernen. Wird das Interview gefilmt, wie es hier der Fall war, so müssen die Technik vorbereitet und die Aufnahmen geplant werden. Dabei muss natürlich auf verschiedene Interviewsettings reagiert werden. Vor und am Anfang des Interviews wird eine “Interviewbeziehung“ aufgebaut, indem Erwartungen an den Interviewpartner formuliert werden und die eigene Expertise dargestellt wird (Gläser & Laudel, 2009, S.172). Dabei ist entscheidend, dass eine Balance zwischen der Präsentation des eigenen Fachwissens und der Anerkennung des Expertenwissens des Interviewpartners gefunden wird. Gläser und Laudel (2009, S.173-177) liefern weitere sieben Regeln, die bei der Durchführung des Interviews beachtet werden sollten: • Zuhören (nicht unterbrechen, Pausen zulassen) und Interesse zeigen (Blickkontakt, Nicken etc.) • Flexibel fragen und auf Aussagen und die Entwicklung des Gespräches reagieren • Nicht Verstandenes klären • Details erfragen • Kurze und eindeutige Nachfragen stellen • Die eigene Kompetenz zeigen • Bewertungen grundsätzlich vermeiden
3.5 Auswertung der Experteninterviews Zur Auswertung der Experteninterviews wurde, wie beschrieben, die freie Interpretation gewählt um möglichst schnell eine Ideen- und Informationsbasis für die Konzeption der Anwendung zu schaffen. Bereits der Interviewleitfaden und somit die Themen des Interviews wurden entsprechend der Leitfragen aus den theoretischen Vorüberlegungen
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Interviewbeziehung
Abb. 7: Verschiedene Interviewsituationen: Michael Clasen, Amira Kummer und Pia Bardesono
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Abb. 8: Verschiedene Interviewsituationen: Stephan Gross, Pascal Bremmer und Daniela Vey
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formuliert. Es ist also naheliegend nun auch die Auswertung des Interviews an den fünf Themen Prozess, Kreativität, Inspiration, Ideen und App zu orientieren. Das Kapitel App konnte bei den Interviews inhaltlich in die anderen Themen integriert werden, weshalb dieses Kapitel bei der Auswertung nicht separat behandelt wird. Die Kapitel Inspiration und Ideen gingen im Interview ebenfalls ineinander über und werden hier deswegen neu aufgeteilt.
3.5.1 Prozess Die Leitfrage zum Thema Prozess lautet: „Wie gestaltet sich das Vorgehen vom Briefing bis zum fertigen Konzept?“ Es sollte also erörtert werden, ob die Teilnehmer einen spezifischen kreativen Arbeitsprozess benutzen und wie dieser aufgebaut ist bzw. wie sie vorgehen, wenn sie keinen fixen Prozess anwenden. Zusammenfassung der beschriebenen Prozesse
Abgesehen von den Befragten der Agentur design hoch drei gab keiner an, einen festen Kreativprozess beim Arbeiten zu verwenden. Dennoch haben fast alle verschiedene eigene Abläufe entwickelt, die je nach Aufgabe und Ausgangssituation durchlaufen werden. Bei der Durchführung und der Schrittwahl entscheiden die Experten aus dem Bauch heraus. Ähnliches gilt auch für die Prozesse von design hoch drei. Susanne Wacker erklärte, dass sich auf Basis von Vorerfahrungen für die unterschiedlichen Projekten jeweils bestimmte Prozesse verfestigt haben. Diese sollen nun schriftlich festgehalten werden.
Offene Prozesse
Michael Clasen gibt an, einen eigenen Kreativprozess zu besitzen, der stets mit einer sehr offenen, unstrukturierten Phase des Erörterns und der Recherche beginnt, und zum Ende hin auf die Problemlösung fokussiert wird. Auch Stephan Gross beginnt jedes Projekt mit einer Recherchephase. Hier informiert er sich einerseits zum Thema allgemein, aber auch bezüglich vorhandener Lösungen. Pascal Bremmer dagegen verzichtet meistens auf diese Recherche und verlässt sich darauf, beim Spazieren mit Musik oder beim Feierabendbier die passende Idee zu bekommen. Entscheidend ist für ihn, in einer Situation zu sein, in welcher nicht das Projekt im Fokus steht und der Kopf frei ist. Vor dieser Phase und nach dem Briefing nimmt er sich deswegen immer bewusst eine Auszeit, um Abstand von der Aufgabe und dem Problem zu bekommen.
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Die beschriebenen Prozesse ähneln einander und den im Kapitel 2.2 vorgestellten Prozessen stark. Am Anfang steht immer eine sehr freie Ideenfindungsphase. Darauf folgt die Auswahl und anschließend die Ausarbeitung der Idee bzw. des Konzeptes. Unterschiede können vor allem in der Umsetzung und Gestaltung einzelner Phasen festgestellt werden.
Vergleich der Prozesse
Bei Teamarbeiten werden Aufgaben nach Themengebiet aufgeteilt und den Mitgliedern entsprechend ihrer Kompetenzen und Interessen zugewiesen. Absprachen werden bevorzugt persönlich vorgenommen. Als Vorteil gibt Susanne beispielsweise die Möglichkeit an, weitere Objekte in das Gespräch einzubeziehen und Details im Design direkt zu zeigen. Für Michael Clasen spielt außerdem die Mimik des Gesprächspartners eine wichtige Rolle. Auch Daniela Vey ist es wichtig, bei Präsentationen die Reaktion des Gegenübers zu sehen. Dennoch gaben alle Designer an, auch alternative Kommunikationsmittel wie Chats, Videokonferenzen, E-Mails mit oder ohne PDFs, Telefonate und Bildschirmsynchronisationen zu verwenden. Zur Organisation und Dokumentation setzen Pascal Bremmer und Daniela Vey Basecamp ein.
Organisation und Kommunikation im Team
Was bedeuten diese Ergebnisse für die Konzeption einer Anwendung zur Unterstützung des kreativen Arbeitsprozesses? Die Experteninterviews zeigten, dass es schwierig wäre, den kompletten Prozess für jeden gleichermaßen effektiv abzudecken. Die meisten Designer haben individuelle Prozesse entwickelt, die von Projekt zu Projekt und je nach Ausgangssituation unterschiedlich aufgebaut sind. Einziges Übereinstimmungsmerkmal aller Prozesse ist, dass sie meist offen beginnen und fokussiert enden. Bei den Interviews wurde außerdem deutlich, dass es für die Experten wichtig ist, spontan und aus dem Bauch heraus zu entscheiden, welche Schritte wie und in welcher Reihenfolge durchgeführt werden. Stephan Gross betonte im Interview mehrmals, dass es für ihn enorm wichtig sei, beim kreativen Arbeiten stets über den benötigten Freiraum zu verfügen. Eine Anwendung, die den kompletten Arbeitsprozess unterstützt, müsste demnach einen großen Funktionumfang und große Anpassbarkeit bieten, um diesen Forderungen nach Freiheit gerecht werden zu können.
Fazit
Aus den genannten Gründen wurde von dem Gedanken Abstand genommen, den gesamten kreativen Arbeitsprozess mit nur einer Anwendung für verschiedene Designer gleichermaßen abdecken zu können.
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3.5.2 Kreativität Wohlbefinden
Das Kapitel Kreativität wurde durch die Frage nach Kreativität fördernden Aspekten eingeleitet. Fast alle Befragten waren sich einig, dass sie sich wohl fühlen müssen, um kreativ arbeiten zu können. Für Sarah Gilgien bedeutet dies vor allem Freude am Projekt zu haben und sich mit ihm identifizieren zu können. Pia fügt hinzu, dass Wohlbefinden nicht mit guter Stimmung gleichzusetzen ist. Sie sagt, dass sie nicht gut gelaunt sein müsse, um kreative Arbeit zu leisten, sondern dass es ihr lediglich gut gehen müsse. Die Freimütigkeit ist laut Pascal Bremmer ein weiterer wichtiger Aspekt.
Freier Kopf und Abstand zum Projekt
Er erklärt, dass er zum Kreativsein einen freien Kopf brauche. Musik hilft ihm abzuschalten weil sie ihn löst. Beim genannten Feierabendbier geht es also nicht um den Alkoholkonsum, sondern um die losgelöste Atmosphäre und den Abstand zum Projekt. Michael Clasen hat diese Pausen zu einem festen Bestandteil seines Kreativitätsprozesses gemacht. Diese füllt er bewusst mit Aktivitäten die nichts mit der Aufgabe zu tun haben. Als Beispiele nennt er die Zubereitung von Kaffee und das Rauchen, räumt aber ein, dass es nicht um speziell diese Aktivitäten, sondern um die Pause an sich gehe. Pia Berdesono vergleicht diesen Zustand mit Langeweile. Sie hat beobachtet, dass sie in langweiligen Situationen, die sie förmlich dazu zwingen abzuschweifen, besonders kreative Einfälle hat. Auch Susanne Wacker, Geschäftsführerin bei design hoch drei, schätzt dieses freie Denken sehr. Deswegen ist Offenheit für sie eine wichtige Teameigenschaft. Ihren Angestellten möchte sie möglichst immer Raum für wilde Ideen gewährleisten. “Bremser“, die Ideen gleich zu Beginn bewerten und aussortieren, empfindet sie als Kreativitätskiller.
Kommunikation und Austausch
Ebenfalls oft genannt wurde der Austausch mit anderen Kreativen. Daniela Vey besucht deswegen möglichst oft Konferenzen und lässt sich von den Vorträgen inspirieren. Jedoch beschränkt sie sich bei der Auswahl nicht nur auf Vorträge zu Design-Themen, da sie auch andere Inhalte als inspirierend empfindet. Auch Michael Clasen, der Kommunikation als kreativen Antrieb betrachtet, beschränkt sich nicht auf Gespräche mit Designern. Er berichtet von einem Bekannten, dessen humorvolle Betrachtung seiner Projekte ihn immer wieder zu neuen Ideen bringe. Dennoch sprachen einige Befragte explizit vom “sich Umgeben mit anderen Kreativen“.
Einsatz klassischer Kreativitätstechniken
Die zweite Hauptfrage zum Thema Kreativität bezog sich auf Kreativitätstechniken. Es fiel auf, dass klassische Kreativitätstechniken in ihrer Reinform nur selten Anwendung finden.
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Daniela Vey Daniela Vey besucht möglichst oft Konferenzen und lässt sich von den Vorträgen inspirieren. Jedoch beschränkt sie sich bei der Auswahl nicht nur auf Vorträge zu Design-Themen, da sie auch andere Inhalte als inspirierend empfindet.
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Design hoch drei verwendet drei Techniken regelmäßig: • Brainstorming • Kartenabfragen • Moods
Pia bevorzugt darunter das Brainstorming, weil es das gedankliche Abschweifen unterstützt und die Teilnehmer sich gegenseitig hochschaukeln. Susanne Wacker schätzt an allen Techniken, dass sie das gemeinsame Ideenentwickeln unterstützen und anregen. Daniela Vey setzt ebenfalls regelmäßig Kreativitätstechniken ein: • Moodboards • Assoziationsketten/ Mindmaps • Brainstorming • Personas • Checklisten/ Fragen
Daniela wählt Techniken vor allem danach aus, wie viel Zeit sie in Anspruch nehmen und ob sie leicht zu erlernen sind, da sie diese meist in Workshops mit ihren Kunden einsetzt. Alle anderen Befragten verwenden keine oder nur sehr selten Kreativitätstechniken. Stephan begründet dies damit, dass die Kreativitätstechniken durch ihren Aufbau eine Struktur vorgeben, in der ihm die Freiheit zum Kreativsein fehle. Fazit
Bei der Frage nach kreativitätsfördernden Aspekten und Kreativitätskillern waren sich die Befragten in bestimmen Punkten einig. Vor allem der persönliche Zustand, ein freier Kopf und Rahmenfaktoren wie Zeit und Stress wurden oft genannt. Dennoch fiel auf, dass sie Schwierigkeiten hatten, ein perfektes kreatives Umfeld zu beschreiben und sich bei ihren Aussagen festzulegen. Michael Clasen sagt sogar, dass es für ihn das perfekte kreative Umfeld nicht gebe. Kreativität hängt seiner Meinung nach unmittelbar mit Variabilität und Veränderung zusammen. Könnte man ein perfektes kreatives Umfeld beschreiben, so Clasen, wäre dieses fix. Dies widerspricht seiner Ansicht nach dem Grundgedanken der Kreativität. Pascal Bremmer merkte im Interview außerdem an, dass Kreativität nicht planbar sei. Er bezeichnete sie als etwas, das passieren und sich schlagartig finden müsse: „Das, was bei Kreativität rauskommt, steht nicht auf einer To-do-Liste.“
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Michael Clasen Michael Clasen sagt, dass es für ihn das perfekte kreative Umfeld nicht gebe. Kreativität hängt seiner Meinung nach unmittelbar mit Variabilität und Veränderung zusammen. Könnte man ein perfektes kreatives Umfeld beschreiben, so Clasen, wäre dieses fix. Dies widerspricht seiner Ansicht nach dem Grundgedanken der Kreativität.
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Es scheint also schwierig zu sein, eine Anwendung zu konzipieren, die genau diesen kreativen Zustand mit großer Sicherheit herbeiführt. Für die Befragten wichtige Faktoren wie das persönliche Wohlbefinden sind durch eine Anwendung nicht beeinflussbar. Kreativitätstechniken sind zwar eine gute Möglichkeit, die Ideenfindung zu unterstützen und werden von Apps wie Concept Maker auch eingesetzt, jedoch ist nach Auswertung der Interviews fraglich, ob solch eine Anwendung von Designern eingesetzt werden würde.
3.5.3 Inspiration und Ideenfindung Visuelle Inspirationquellen
Die wichtigste Inspirationsquelle für die Mehrheit der Befragten sind visuelle Eindrücke. Das können Dinge sein, die nichts mit Design zu tun haben, aber auch Arbeiten anderer Designer. Susanne Wacker gibt zum Besipiel an, dass es für sie enorm wichtig sei viel zu sehen. Dafür geht sie spazieren, besucht Ausstellungen oder schaut sich Architetkur an. Aber auch Bücher, Blogs und Zeitschriften hält sie für wichtige Inspirationsquellen. Sie stellt dabei aber fest, dass analoge Inspirationsmittel in den letzten Jahren mehr und mehr vom Internet abgelöst wurden. Diese Feststellung wird durch die Aussagen einiger befragten Experten bestätigt. Michael Clasen, Daniela Vey, Sarah Gilgien und Stephan Gross nannten alle verschiedene Internetseiten und Blogs, die sie regelmäßig auf der Suche nach einer treffenden Idee aufsuchen. Alle von ihnen räumten aber ein, dass sie dieses Vorgehen zumeist nur anwenden, wenn sie nicht von vornherein eine gute Idee hatten. Michael Clasen erklärt, dass er diese Technik anwendet, wenn die Zeit für Inspiration fehlt und er keine „zündende Idee“ hatte. Damit macht er deutlich, dass er dieses Vorgehen, welches hier als gezielte Inspirationssuche bezeichnet wurde, nicht mit Inspiration gleichsetzt. Dennoch fiel bei den Interviews auf, dass die genannten Designer mit großer Begeisterung von ihren visuellen Inspirationsquellen, den Arbeiten anderer Designer, sprachen. Man spürt dabei ihre Begeisterung für Design und ihr Interesse an Entwicklungen in der Branche. Seiten wie Pinterest, Designspiration, Niice oder Dribbble scheinen für sie eine wichtige Rolle im Designalltag zu spielen. Lediglich Pia Bardesono verzichtet auf diese Art der Inspirationssuche. Tobias Mikl erklärt, dass er teilweise zwar Inspiration in anderen Projekten suche, jedoch diesen Weg als den unedleren betrachte. Dennoch spielen Seiten wie Pinterest eine wichtige Rolle in seinem Alltag als interessierter Designer. Pia Bardesono setzt sich im Designprozess intensiv mit dem
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Thema und dem Kunden auseinander. Lösungen anderer Designer betrachtet sie hauptsächlich nur, um deren Lösungswege für sich auszuschließen. Pascal Bremmer beschreibt ein Vorgehen, das rein informativ ist. Er verbringt täglich zwei bis drei Stunden mit Lesen. Die “Zeit online“ und die “TAZ online“ ließt er dabei einmal komplett durch. Zudem verfügt er über ca. 20 verschiedene Blogs, die er regelmäßig durchgeht. Visuelle Inspirationssuche spielt für ihn deshalb keine wichtige Rolle, weil er sich basierend auf den gewonnenen Informationen ein eigenes Bild macht. Außerdem arbeitet er hauptsächlich als Texter und benötigt dafür weniger bildliche Eindrücke.
Recherche und Allgemeinbildung
Inspiration lässt sich auf Basis der Ergebnisse der Interviews in passive und aktive Inspiration gliedern. Auch wenn sich darüber streiten lässt, ob bei der aktiven Suche noch von Inspiration gesprochen werden kann, zeigten die Interviews, dass fast alle Befragten diese Methode anwenden. Die beschriebenen Vorgehensweisen ähneln einander stark: Fehlt der passende Einfall, so beschaffen sich die Experten Informationen durch Schlagwortsuchen, die Texte oder Bilder liefern, und durch Surfen auf den genannten Inspirationsseiten. Neben dem Betrachten und Lesen werden Informationen häufig auch gespeichert, um später darauf zurückgreifen zu können. Die Inspirationssuche kann also weiter unterteilt werden in akute Inspirationsquellensuche und Speichern von Inspirationsquellen.
Fazit
3.5.4 Ideen festhalten Ideen, so zeigten die Interviews, entstehen oft in Situation, die nicht direkt mit der Bearbeitung einer Aufgabe verbunden sind. Bremmer nannte in diesem Zusammenhang das Feierabendbier, den Spaziergang mit musikalischer Begleitung und den Weihnachtsmarktbesuch. Michael Clasen berichtete von seinen regelmäßigen Pausen, in denen er bewusst Abstand vom Problem nimmt und dennoch, so stellt er fest, empfänglicher für gute Ideen ist. Pia Bardesono schätzt dagegen langweilige Vorträge, die sie zum Abschweifen bringen und als Nebeneffekt tolle Einfälle erzeugen. Alle diese Erfahrungsberichte haben gemeinsam, dass sie spontane, unerwartete Ideen erzeugen. Dennoch handelt es sich laut ihrer Aussagen oft um qualitative Einfälle, die nicht verloren gehen sollen. Deswegen haben die Befragten individuelle Strategien entwickelt, mit deren Hilfe sie ihre Einfälle festhalten:
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Spontane Ideen
Stephan Gross Stephan Gross nutzt zum Notieren Google Keep sowie Stift und Papier und bedient sich dabei allem, was er in die Finger bekommt.
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Stephan Gross nutzt zum Notieren Google Keep sowie Stift und Papier und bedient sich dabei allem, was er in die Finger bekommt. Mit großer Disziplin schafft er es dann auch meistens, diese Notizen in Ordnern zu sammeln. Damit ist er unter unseren Interviewpartnern eher eine Ausnahme. Michael Clasen erzählt von einer vergleichbaren Vorgehensweise. Er hat immer einen Stift dabei und nutzt als Blatt, was immer er finden kann, gerne auch seine eigene Hand. Jedoch kritisiert er dieses Vorgehen selbst. Er produziere im Laufe eines Projektes so viele verschiedene Notizen, dass es ihm bisweilen schwerfalle, den Überblick zu behalten. Zwei der Befragten sind unter anderem deswegen inzwischen vollständig zum digitalen Ideenmanagement übergegangen. Pascal Bremmer, der hauptsächlich als Texter tätig ist, bevorzugt es, Sprachnotizen mit Hilfe von Siri und der iOS Notiz App zu speichern. Als Grund nennt er, dass es ihm so leichter falle, den genauen Wortlaut seiner Idee verbal wiederzugeben. Wenn er tippt, so Bremmer, fange er an zu formulieren. Da er, wie bereits erwähnt, häufig unterwegs beim Musikhören mit iPhone und Headset Ideen hat, ist diese Form der Eingabe direkter und einfacher. Auch Tobias Mikl speichert Ideen ausschließlich mit dem Smartphone. Jedoch begnügt sich dieser mit dem schlichten Eintippen. Daniela Vey nutzt ebenso wie Stephan Gross und Sarah Gilgien eine Mischform aus digitalen und analogen Notizen. Diese Art des Ideenmanagements bringt eine noch größere Zahl an unterschiedlichen Speicherorten mit sich, was für die Experten ein wichtiger Kritikpunkt ist. Um die möglichen Ablageorte auf digitale Speicherplätze zu reduzieren, gingen sie teilweise dazu über, analoge Notizen und Scribbles abzufotografieren.
Methoden zum Festhalten von Ideen
Alle Befragten waren sich einig, dass eine Anwendung, die das Speichern und Organisieren von Ideen vereinfacht und zudem den Content zwischen verschiedenen Geräten synchronisiert, sehr nützlich wäre. Die Experten zählten verschiedene Funktionen auf, die eine vergleichbare Anwendung bereitstellen müsste:
Gewünschte Funktionen einer Applikation zum Festhalten von Ideen
• Die Eingabe muss schnell, einfach und intuitiv sein. • Die Inhalte müssen von überall und auf jedem Gerät erreichbar sein. • Ideen müssen direkt oder nachträglich organisiert werden können. • Verschieden Eingabearten müssen verfügbar sein: Sprache, Text, Foto, Scribbles
Im vorhergehenden Kapitel wurde zwischen spontaner passiver Inspiration und gezielter aktiver Inspirationssuche unterschieden. Beide Arten liefern Ideen oder Ansätze für Konzepte. Weiter wurde unterschieden in die Suche nach Inspiration für die direkte und die spätere Verwendung. Diese
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Fazit
Unterscheidung lässt sich auch auf das Festhalten von Inspiration bzw. Ideen übertragen. Bereits geklärt wurde das Festhalten von spontanen Ideen für die Verwendung in aktuellen Projekten. Die Interviews zeigten aber, dass es für die befragten Designer mindestens genauso wichtig ist, Inspirationsquellen für die spätere Verwendung zu archivieren.
3.5.5 Problemauswahl Kriterien für die Themenauswahl
Die Experteninterviews wurden mit dem Ziel durchgeführt, die Zielgruppe der Anwendung, ihre Vorgehensweisen und Bedürfnisse kennen zu lernen. Diese Erkenntnisse bilden die Grundlage für die Konzeption und Gestaltung der Kreativitäts-Anwendung. Aufgeteilt wurden die Interviews entsprechend der Leitfragen in: Prozess, Kreativität, Inspiration, Ideen und App. Bei der Konzeption der Applikation soll eines dieser Themen oder eine Kombination aus verwandten Themen fokusiert werden. Bei der Auswahl waren folgende Kriterien entscheidend: 1. Ein zu lösendes Problem muss gegeben sein. 2. Das Problem muss sich auf einen elementaren Teil des kreativen Arbeitsprozesses beziehen. 3. Das Problem muss klar abgrenzbar sein. 4. Dieses Problem sollten sich möglichst viele der Befragten teilen. 5. Das Problem muss digital lösbar sein. 6. Die digitale Lösung des Problems muss der analogen überlegen sein und darf keinen Kompromiss darstellen.
Zwei der Themen scheiden nach dieser Definiton aus: Die Vorgehensweisen, die im Kapitel 3.5.1 zum Prozess genannt werden, können die Kriterien 3. und 4. nicht erfüllen. Die kreativitätsfördernden Aspekte, die im Kapitel 3.5.2 beschrieben wurden, erfüllen keines der genannten Kriterien. Die Gründe dafür wurden in den jeweiligen Kapiteln (3.5.1 Prozess und 3.5.2 Kreativität) ausführlich beschrieben. Begründung der Themenauswahl
Abgesehen von der Leitfrage zum Thema App, welche sich auf alle anderen Leitfragen bezieht, bleiben nun noch die Themen Inspiration und Ideen übrig. Diese beiden Themen sind eng miteinander verknüpft. Einige Quellen setzen Inspiration und Idee sogar gleich. Die wichtige Unterscheidung, die in dieser Arbeit vorgenommen wird, ist die zwischen Inspirationsquellen und der daraus resultierenden Idee. Es wurde bereits festgehalten, dass die Inter-
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views eine Gliederung in spontane, unerwartete (passive) Inspiration (z.B. beim Spazieren gehen, unabhängig von der Designaufgabe) und gewollte, gezielte (aktive) Inspirationsquellensuche bzw. Ideensuche zulassen. Das Ziel beider Arten ist die Ideenfindung. Die Interviews zeigten ferner, dass die befragten Designer mögliche Inspirationsquellen für die spätere Verwendung speichern. Inspirationsquellen werden also bewusst gesucht, um entweder für ein konkretes Projekt eine Idee zu finden oder für eine spätere Fragestellung eine Sammlung an ausgewählten Quellen zur Verfügung zu haben. Relevante Themen sind demnach: • Spontane, unerwartete Inspirationquellen und eine resultierende Ideen (analoge, z.B. beim Spazieren gehen oder digitale, z.B. beim Surfen im Internet) • Gezielte Inspirationsquellensuche/ Ideensuche für ein akutes Problem oder eine Fragestellung (analog, z.B. in Büchern oder digital, z.B. auf Behance) • Unspezifische Inspirationsquellensuche zum Speichern der Quellen für die spätere Ideenfindung (analog, z.B. in Büchern oder digital, z.B. auf Pinterest)
Diese drei verschiedenen Formen wurden von fast allen Befragten beschrieben. Zudem handelt es sich hier um Vorgänge, die bereits digital durchgeführt werden, oder um Probleme (das Ideenfesthalten), die digital optimal gelöst werden können. Einige Experten wünschten sich sogar explizit eine Anwendung, welche das Festhalten von Ideen optimiert und sie beschreibten darüber hinaus die gewünschten Funktionen. Aus diesem Grund wurde entschieden, mit der Anwendung auf die genannten Themen (Inspiration/ Inspirationsquellen und Ideen) einzugehen. Dabei wird jedoch lediglich das Ideenfesthalten und das Festhalten von Inspirationsquellen zu einem konkreten Projekt berücksichtigt. Das Finden von Inspirationsquellen soll in der App dagegen nicht unterstützt werden. Viele Designer nannten verschiedene Anwendungen, die sie hierfür bereits effektiv einsetzen. Sie äußerten den Wunsch, diese Anwendungen weiterhin nutzen zu können und diese im Idealfall mit der App zum Festhalten von Ideen zu verknüpfen. Der Fokus wird also auf das Speichern konkreter Ideen im Kontext der Inspirationsquelle gelegt. Das Festhalten möglicher, aber unspezifischer Inspirationsquellen wird nicht berücksichtigt. Durch diese Fokussierung soll sicher gestellt werden, dass die Anwendung den Anforderungen möglichst optimal gerecht wird.
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4. KONZEPT Die theoretischen Vorüberlegungen zum Thema Kreativität und die Nutzerinterviews ermöglichten die Auswahl eines Problembereiches innerhalb des kreativen Arbeitsprozesses. Die Anwendung setzt demnach bei der Inspirationsquellen-Verwaltung und dem Speichern von Ideen an. Um die benötigten Inhalte der Applikation, deren Funktionen und die Auswahl der Endgeräte zu spezifizieren, wird auf Basis der Ergebnisse der ersten beiden Kapitel ein Konzept erstellt.
4.1 Scenario-Based Design Die Konzeption der Anwendung wird am Scenario-Based Design orientiert. Wie der Name schon andeutet, arbeitet das Scenario-Based Design mit Nutzerszenarien. Dadurch wird sichergestellt, dass die Konzeption stets möglichst nahe am Nutzer und seiner Aufgabe erfolgt. Usability und User Experience Aspekte liefern dabei die wichtigsten Grundvoraussetzungen. Im Folgenden werden diese beiden Begriffe definiert und ihre Bedeutung für die Konzeption dargestellt. Im Anschluss wird die Scenario-Based Design Methode vorgestellt und abschließend ihr Ablauf erklärt.
4.1.1 Usability und User Experience Definitionen von Usability und User Experience nach der ISO Norm
Usability und User Expereince werden fälschlicher Weise oft miteinander verwechselt oder gleichgestellt. Usability wird nach der Norm ISO 9241 Teil 11 definiert als „[...] das Ausmaß, in dem ein Produkt durch bestimmte Benutzer in einem bestimmten Nutzungskontext genutzt werden kann, um bestimmte Ziele effektiv, effizient und zufrieden stellend zu erreichen“ (DIN EN ISO 924111, 1998, S.4). Es wird also dann von Usability (nach der offiziellen deutschen Übersetzung auch als Gebrauchstauglichkeit bezeichnet) gesprochen, wenn
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Usability “Usability ist das Ausmaß, in dem ein Produkt durch bestimmte Nutzer in einem bestimmten Nutzungskontext genutzt werden kann, um bestimmte Ziele effektiv, effizient und zufriedenstellend zu erreichen.” DIN EN ISO 9241, 11
User Experience “A person‘s perceptions and responses that result from the use or anticipated use of a product, system or service.” ISO DIS 9241-210
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der Nutzer seine Ziele effektiv, effizient und zufriedenstellend erreichen kann. User Experience wird nach der Norm ISO DIS 9241-210 (2008) dagegen definiert als die Wahrnehmungen und Reaktionen einer Person, die aus der Benutzung oder der erwarteten Benutzung eines Produktes, eines Systems oder einer Dienstleistung hervorgehen. Diese Definition und auch der Begriff User Experience deuten an, dass es dabei um das Erlebnis geht. Das Erlebnis bei der Nutzung kann nur dann positiv sein, wenn Usability, also die effektive, effiziente und zufriedenstellende Benutzbarkeit, gewährleistet ist. Somit ist Usability die Voraussetzung von positiver User Experience. Einordnung von Usability und User Experience nach Hartson und Pyla (2012)
Hartson und Pyla (2012, S.6) betrachten Usability als einen Teilaspekt von User Experience: „Usability is the pragmatic component of user experience, including effectiveness, efficiency, productivity, ease-of-use, learnability, and the pragmatic apects of user satisfaction.“ Insgesamt beschreiben sie User Experience als ein Gefüge aus vier Aspekten: • Usability • Usefulness • Functionality • Emotional Impact
Nach Hartson und Pyla (2012, S.5) ergibt sich daraus folgende Definition: „User experience is the totality of the effect or effects felt by a user as a result of interaction with, and the usage context of, a system, device, or product, including the influence of usability, usefulness, and emotional impact during interaction, and savoring the memory after interaction.“ Interaktion, so erklären sie, ist breit gefächert und beinhaltet Sehen, Anfassen, die Vorstellung vom Produkt und dessen Präsentation vor jeglicher physischer Interaktion. Was bedeutet das für die Anwendung?
Die geplante Anwendung soll mindestens den Usability-Anforderungen gerecht werden, sodass Designer unter Einsatz der App effektiver und effizienter Ideen festhalten und Inspirationsquellen verwalten können. In Kapitel 3.5.4 wurde bereits festgehalten, welche Funktionen die Applikation für das Festhalten von Ideen nach Aussage der befragten Experten bereitstellen muss, damit diese Anforderungen erfüllt werden: • Die Eingabe muss schnell, einfach und intuitiv sein. • Die Inhalte müssen von überall und auf jedem Gerät erreichbar sein. • Ideen müssen direkt oder nachträglich organisiert werden können. • Verschieden Eingabearten müssen verfügbar sein: Sprache, Text, Foto, Scribbles
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Wenn bei der Konzeption und Gestaltung Aspekte der Gebrauchstauglichkeit einbezogen werden sollen, so müssen nach Gould und Lewis (1985, S.300) drei verschiedene grundlegende Prinzipien bedacht werden:
Prinzipien der Gebrauchstauglichkeit nach Gould und Lewis (1985)
• Fokus auf den Nutzer und seine Aufgaben • Empirisches Testen der Prototypen mit dem Nutzer • Iteratives Gestalten
Diese Arbeit beschränkt sich auf die Erfüllung des ersten Punktes und endet mit dem Erstellen von Prototypen. Der beschränkte Zeitraum lässt das Testen der Prototypen und die Iteration auf Basis der Ergebnisse nicht zu. Hierbei handelt es sich um Prozesse, die im Anschluss an die Arbeit durchgeführt werden könnten. Wünschenswert wäre neben der Sicherstellung von Gebrauchstauglichkeit, mit der Applikation ein positives Nutzungserlebnis zu schaffen. Um Usability-Anforderungen gerecht zu werden und damit die Basis für User Experience zu schaffen, müssen der Nutzer, sein Nutzungskontext und seine Ziele berücksichtigt werden. Das Scenario-Based Design ist eine Methode, die genau diese Anforderungen in den Prozess einbezieht.
4.1.2 Die Methode Grundlage der Scenario-Based Design Methode sind, wie der Name vermuten lässt, sogenannte Szenarien. „Scenarios are stories. They are stories about people and their activities.“ (Carroll 1999, S.3051). Es handelt sich also um Nutzungsgeschichten, die möglichst exakt die Handlungen eines Nutzers bzw. mehrerer Nutzer beschreiben. Burmester (2012, S.19) erklärt diese Nutzungsgeschichten genauer: „Sie enthalten die relevanten Aspekte des Nutzungskontextes (beteiligte Personen, Aufgaben, soziale Umgebung etc.) als Abfolge von Handlungen und Ereignissen, die zu einem Ergebnis führen.“ Cooper (1999, S.179-181) definiert Szenarien als ein Werkzeug, das Aufgaben bzw. Arbeitsschritte vereinigt, und zählt drei verschiedene Typen auf: • Daily Use Scenarios • Necessary Use Scenarios • Edge Case Scenarios
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Das Szenario als Grundlage des Scenario-Based Designs
Das Szenario als Werkzeug der benutzerzentrierten Gestaltung
Aber was macht diese Szenarien zu einem nützlichen Werkzeug bei der nutzerzentrierten Gestaltung? Cooper, Reimann und Cronin (2007, S.110) geben verschiedene Hinweise zur Beantwortung dieser Frage: Sie stellen zuallererst fest, dass das Geschichtenerzählen eines der mächtigsten Kreativwerkzeuge ist, und fügen hinzu, dass wir von klein auf daran gewöhnt sind, Geschichten zum Ausloten von Möglichkeiten einzusetzen. Deswegen, so Cooper, Reimann und Cronin weiter, sind Szenarien ein effektiver Weg, um eine besser Zukunft für die Nutzer zu erdenken. „Imagining a story about a person using our product leverages our creativity to a greater power than when we just imagine a better form factor or configuration of screen elements.“ (Cooper, Reimann & Cronin 2007, S.110). Ein weiteres wichtiges Argument für den Einsatz von Geschichten im Design Prozess ist nach Cooper, Reimann und Cronin (2007), dass sie eine effektive Methode zur Kommunikation von Ideen im Team sind. Cooper, Reimann und Cronin (2007) schließen ihr Plädoyer mit der Feststellung, dass Erlebnisse, die um eine Geschichte herum aufgebaut wurden, verständlicher und fesselnder sind.
Der Nutzer als Basis der Szenarien
Die Voraussetzung beziehungsweise die Ausgangsbasis von Szenarien, so Shneiderman und Plaisant (2010, S.135), sind Kenntnisse über die derzeitigen Vorgänge und das aktuelle Verhalten des Nutzers. Nach Shneidermann und Plaisant (2010) können Informationen über ähnliche Systeme sowie Nutzerinterviews dazu beitragen, die genannten Kenntnisse zu liefern. Übertragen auf die vorliegende Arbeit bedeutet dies, dass die durchgeführten Experteninterviews sowie die vorangehenden Untersuchungen zum Thema Kreativität und zu vergleichbaren Anwendungen die Informationsgrundlage für die Szenarien bieten. Auch Cooper, Reimann und Cronin (2007, S.109) setzen qualitatives Wissen über den Nutzer voraus, erklären aber weiter, dass diese Informationen zunächst für die Ausgestaltung einer Persona eingesetzt werden. Cooper (1999, S.180) schließt den Kreis, indem er festhält, dass die Persona und ihre Ziele für die Szenarien unverzichtbar sind und deswegen bekannt sein müssen: „After we know our user personas and their goals, only then can we begin to examine tasks with confidence that they won‘t distort the design process.“
Personas im Scenario-Based Design
Personas scheinen also ebenfalls eine wichtige Rolle für den Scenario-Based Design-Prozess zu spielen. Betrachtet man den Prozess genauer, so stellt man aber fest, dass sie kein fest integrierter Bestandteil sind. Dennoch empfehlen Rosson und Carroll (2002, S.1043) bereits zu Beginn des Prozesses hypothetische Nutzer zu definieren. Sie fügen hinzu, dass es wichtig ist, möglichst reichhaltige, aber dennoch realistische Informationen bereitzu-
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stellen und vergleichen dieses Vorgehen mit dem Persona-Konzept nach Cooper. Aber was sind Peronas? Personas sind fiktive Personen, die einen typischen Nutzer darstellen. Im Design Prozess liefern sie dem Designteam ein umfangreiches Verständnis vom Nutzer, seiner Arbeitsweise, und seinen Wünschen. Cooper, Reimann und Cronin (2007, S.75) vergleichen Personas mit den Modellen in der Naturwissenschaft: Ebenso wie diese Modelle dazu beitragen, komplexe Vorgänge in der Natur besser zu verstehen, helfen Personas, den Nutzer besser zu verstehen. Das Ziel ist dabei, dass sich jedes Teammitglied in die Persona hineinversetzen kann und möglichst alle ein identisches Bild von der fiktiven Persönlichkeit haben. Um dies zu erreichen ist es notwenig, möglichst detaillierte Informationen bereitzustellen. „It is not enough to whip up a couple of user profiles based upon stereotypes and generalizations, nor is it particularly useful to attach a stock photograph to a job title and call it a “persona“.“ (Cooper, Reimann & Cronin, 2007, S.76). Je genauer die Informationen, desto besser können sich die Designer vorstellen, wie der Nutzer denkt, was er tut und fühlt und somit auch welche Funktionen für ihn nützlich und welche überflüssig wären. Dieses Wissen ist im Konzept und Design-Prozess unverzichtbar, was die Persona zu einer solch effektiven Methode macht. Sie kann entweder alleine eingesetzt oder, wie es im Scenario-Based Design der Fall ist, in Kombination mit Szenarien verwendet werden. Die wichtigste Grundtechnik des Scenario-Based Designs, die Szenarien, und die zugrundeliegende Persona-Methode, sind nun bekannt. Dennoch bleiben einige Fragen unbeantwortet: Was ist Scenario-Based Design, wofür wird es eingesetzt und was sind die Stärken der Methode? Es gilt nun auch diese Fragen zu klären. Scenario-Based Design unterstützt den Designer beim Entwickeln eines interaktiven Systems und legt dabei den Fokus des gesamten Design Prozesses auf den Nutzer: „Like other user-centered approaches scenario-based design changes the focus of design work from defining system operations (i.e., functional specification) to describing how people will use a system to accomplish work tasks and other activities.“ (Rosson & Carrol, 2002, S.1032). Im Prozess werden die Informationen über den Nutzer mit Hilfe einer strukturierten Abfolge aus Szenarien in ein Gestaltungs- sowie Interaktionskonzept übertragen. Dies ist ein wichtiger Punkt, denn die Informationen über den Nutzer und seinen Nutzungskontext alleine reichen nicht aus, um ein effektives, effizientes und zufriedenstellendes Interface zu gestalten. Sie
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Warum Scenario-Based Design?
müssen verstanden, interpretiert und in ein Konzept übersetzt werden. Da keine expliziten Anleitungen für diesen Übergang existieren, wie auch Larry E. Wood (1998, S. 3) feststellt, ist die Transformation keinesfalls einfach: „ [...] while there are some excellent sources of information on user interface design, none contains specific descriptions of how a designer transforms the information gathered about users and their work into an effective user interface design.“ Woods Erkenntnis verdeutlicht den Wert des Scenario-Based Designs als eine Methode, die genau diese Schwierigkeiten aufgreift und den Übergang von Information zum Design- und Interaktionskonzept unterstützt. Rosson und Carroll (2002, S.1034-1040) zählen weitere Vorteile auf: • Szenarien ermöglichen einen schnellen Austausch über die Möglichkeiten und Probleme der Benutzung. • Szenarien können sowohl konkret als auch offen sein. • Szenarien regen an und bringen auf vielen Ebenen Fragen auf.
Weil das Scenario-Based Design zudem realtiv schnell und einfach eine auf den Nutzer zugeschnittene Lösung produziert, ist sie im Kontext dieser Bachelorarbeit die Methode der Wahl.
4.1.3 Der Aufbau Die Szenarien des Scenario-Based Designs
Rosson & Carroll (2002, S.1041) schlagen einen Ablauf vor, der den Prozess in drei Phasen gliedert: Die Analysephase, die Designphase und die Prototyping- und Evalutationsphase. Dieser Prozess bringt insgesamt vier verschiedene Szenarien hervor (Abb. 9): • Problem Scenarios (Analysephase) • Activity Scenarios (Designphase) • Information Scenarios (Designphase) • Interaction Scenarios (Designphase)
Die Analysephase
In der Analysephase wird die aktuelle Situation auf Probleme untersucht. Die Ergebnisse werden in Form von Problem Scenarios verarbeitet, wodurch der Abschluss der Analysephase erreicht ist: „This vision motivates a period of intense analysis during which the current situation is examined for problems and opportunities that might be addressed by available technologies. The analysts’ understanding of the current situation is communicated in problem scenarios and claims.“ (Rosson & Carrol, 2002, S.1040). Die
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Abb. 9: Scenario-Based Design Prozess nach Rosson und Carroll (2002)
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Analysegrundlage bilden Feldstudien, Nutzungskontextanalysen and Angaben über derzeitige Vorgänge der Nutzer. In diesem Falle werden die Problem Scenarios durch die Experteninterviews und die Untersuchungen zum Thema Kreativität sowie durch das Benchmarking mit Informationen untermauert. Neben den Problem Scenarios können in dieser Phase weitere Elemente entstehen. Rosson und Carroll (2002, S.1043) zählen verschiedene Techniken auf, die in dieser Phase eingesetzt werden können, um wichtige Themen zu definieren: Stakeholder-Diagramm, Sammlung von Artefakten sowie die Hierarchical Task Analysis. Das Stakeholder-Diagramm, in welchem die Beziehungen aller beteiligten Personen visualisiert werden, sowie die Personas und die gesammelten Themen und Artefakte, werden im Problem Scenario verarbeitet: „A problem scenario is a narrative of current practice that synthesizes actors, themes, relationships, and artifacts discovered in the field work.“ (Rosson & Carroll, 2002, S.1043). In der Hierarchical Task Analysis werden verschiedene Arbeitsschritte untersucht, indem übergeordnete Aufgaben in viele chronolgische Teilaufgaben gegliedert werden. Das letzte Element, welches die Analysephase hervorbringen kann, ist die Claims Analysis. Diese bezieht sich auf die Problem Scenarios und wird deswegen im Anschluss daran durchgeführt. Hier werden positive und negative Auswirkungen verschiedener Aspekte der Problem Scenarios diskutiert: „Problem claims are analyzed by identifying features of the scenario that have notable consequences for the actors’ experience.“ (Rosson & Carroll, 2002, S.1044). Das Activity Design
Die Ergebnisse aus der Analyse der aktuellen Problemsituation fließen unmittelbar in die Activity Scenarios ein, die den Start der Design Phase einleiten (Abb. 9). Im “Activity Design“ geht es darum, eine Vision für das zukünftige Vorgehen zu kreieren, mit dem Ziel, die Probleme unter Einsatz von Technologie zu lösen: „In SBD [Scenario-Based Design], the initial step toward specifying a design solution is made by envisioning how current activities might be enhanced or even completely transformed by available technologies. We deliberately minimize attention to the concrete steps of user interaction at this point, emphasizing the basic goals and motivations of the new activities [...].“ (Rosson & Carroll, 2002, S.1045). Rosson und Carroll (2002, S. 1045) warnen jedoch davor, dass das Festhalten an gewohnten Vorgängen in dieser Phase Innovationen verhindern kann: „A danger in this is that the designers will focus too much on how goals are pursued in the current situation, and on understanding and responding to people’s current expectations about their tasks and about technology.“ Sie rufen dazu auf, stets verschiedene Varianten anzudenken und schlagen deswegen vor, Metaphern und
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mögliche technologische Lösungen auszuarbeiten. Dadurch soll der “Design Space“ (Gestaltungsvarianten) ausgelotet werden. Metaphorisches Denken, so Rosson und Carroll (2002, S.1046) ermöglicht häufig den Zugang zu kreativeren Designkonzepten: „[...] it is often metaphoric thinking that promotes the insights of truly creative design.“ Die Auffächerung des Design Spaces kann dazu führen, dass verschiedene Szenarien entstehen müssen, um verschiedene Varianten betrachten zu können. Auch in dieser Phase kommt zuletzt die Claims Analysis zum Einsatz, die Rosson und Carroll (2002, S.1049) wiefolgt beschreiben: „In SBD we also evaluate scenarios through claims analysis, where the positive and negative implications of design features are considered through “what if” discussions.“ In den Information Scenarios geht es dann darum, nicht nur die Aktivitäten zu beschreiben, sondern auch die wahrnehmbaren Informationen darzustellen: Was sieht der Benutzer? Wie sieht das Interface aus? „We now begin to elaborate the underlying activity with information and interaction details – the user interface.“ (Rosson & Carroll, 2002, S.1050). Wie im Activity Design sollen auch in der Phase des Information Designs verschiedene Gestaltungsvarianten angedacht werden: „As for activity design, we first explore the design space with metaphors and technology options.“ (Rosson & Carroll, 2002, S.1050). Die Metaphern des Information Designs können mit denen des Activity Designs überlappen, jedoch wird hier ein größerer Fokus auf die sichtbaren Informationen gelegt (Rosson & Carroll, 2002, S.1050). Auch hier können verschiedene Szenarien für unterschiedliche Metaphern oder Technologien, die im Design Space angedacht wurden, entstehen. Die Information Scenarios werden dann ebenfalls der Claims Analysis unterzogen. Der Schwerpunkt einer Claims Analysis liegt auf der Diskussion von Pro- und Contra-Argumenten und nicht darauf, eine Variante der anderen vorzuziehen. „As for the earlier design claims, these arguments do not mandate one choice over another, rather they provoke discussion of each alternative’s pros and cons.“ (Rosson & Carroll, 2002, S.1052).
Das Information Design
Im Interaction Design, dem letzen Teil der Designphase, werden die Interaction Scenarios um die ablaufenden Interaktionen mit dem System ergänzt: Was macht der Nutzer? Wie reagiert das System? Auch hier können Meta-
Das Interaction Design
phern eingesetzt werden, um kreative Ideen für mögliche Interaktionen zu generieren (Rosson & Carroll, 2002, S.1052). Zuletzt werden die Interaction Scenarios in der Claims Analysis auf positive und negative Auswirkungen bestimmter Interaktionselemente hin untersucht.
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Das Ergebnis des Scenario Based Design-Prozesses sind Prototypen, die mit dem Nutzer getestet werden können. Diese Tests ermöglichen Iterationsschleifen, in denen gefundene Probleme angegangen werden können. Die Adaption des Scenario-Based Designs
In der vorliegenden Arbeit wird nicht jeder Schritt des Scenario-Based Design-Prozesses exakt wie hier vorgestellt durchgeführt. Vor allem die Phase des Information Designs wird den Anforderungen gemäß angepasst. So werden hier die Szenarien weitestgehend durch Wireframes sowie durch das Visual Design und Screendesign ersetzt. Sie werden hier lediglich zur Visualisierung der Interaktionen mit dem Zielsystem verwendet. Diese Phase wird hier im Kapitel 5 “Gestaltung“ realisiert und beinhaltet Themen, die über die vom Scenario-Based Design vorgesehenen Themen hinausgehen.
4.2 Problem Scenarios In diesem Kapitel soll ein Problem Scenario erarbeitet werden. Damit dieses auf möglichst authentischen Daten basiert, werden die Ergebnisse aus den Experteinterviews, der vorangegangenen Recherche zum Thema Kreativität und der Analyse des bestehenden Angebots herangezogen. Auch die Erfahrungen der Autoren, die selbst zur Zielgruppe zählen, werden in das Szenario einfließen. Zu Beginn werden die wichtigsten Personas erarbeitet. Es folgt ein Stakeholder-Diagramm, eine Sammlung relevanter Artefakte, eine Hierarchical Task Analysis und eine Auflistung wichtiger Themen. Darauf aufbauend wird das Problem Scenario erarbeitet, welches zuletzt durch die Claims Analysis bewertet wird.
4.2.1 Personas Obwohl viele verschiedene Designer aus unterschiedlichen Positionen interviewt wurden, musste für das Scenario-Based Design darunter ein ganz spezifischer Typ ausgewählt werden. An diesem Designer-Typ wird das gesamte Konzept orientiert. Die gewählte Persona
Die Entscheidung fiel auf einen männlichen Freelancer, der mit 26 Jahren am Anfang seiner Karriere steht. Jonas Falk arbeitet primär als Webdesigner, hat aber, vor seinem Interfacedesign-Studium, auch eine klassische Ausbildung zum Mediengestalter absolviert. Er vertritt demnach primär den Typus “Webdesigner“. Die folgenden Kriterien sollen helfen, die Persona Jonas Falk
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besser in das Geflecht aus unterschiedlichen Designer-Typen einzuordnen (eine ausführlichere Beschreibung der Persona folgt): Jonas Falk
Übersicht über die Persona Jonas Falk
• 26 Jahre, ledig • Wohnt in Berlin • Ausbildung: Mediengestalter • Studium: Interfacedesign • Freelancer (FalkDesign) • Schwerpunkt: Webdesign • Technikbegeistert • Lieblingsband: The National • Ausgleich zum Job: spazieren gehen, joggen, Musik hören
Neben Jonas Falk, der die Zielgruppe repräsentiert, ist für die Szenarien eine weitere Personen von Bedeutung – der Chef des Architekturbüros und aktueller Auftraggeber von Jonas Falk: Andreas Böhm
Übersicht über die Persona Andreas Böhm
• 35 Jahre, verheiratet • Wohnt in Potsdam • Arbeitet in Berlin • seit 2 Jahren verheiratet mit Susanne Böhm • hat eine Tochter, Laura Böhm (3 Jahre) • Studium: Architektur • Geschäftsführer des Architekturbüros 90Grad • Spezialisierung auf Smart Homes • Technikinteressiert • Hobbys: reisen, kochen, Fahrrad fahren
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Jonas Falk Alter: 26 Familienstand: ledig Beruf: Freelancer Wohnort: Berlin
Nach seinem Schulabschluss wusste Jonas noch nicht so recht, welche berufliche Richtung er einschlagen sollte. Um nicht einfach drauf los zu studieren, entschied er sich dafür, als solide Grundlage eine Ausbildung zu absolvieren. Da er schon immer viel für Design übrig hatte und zusätzlich durch die Fähigkeit herausstach gut zeichnen zu können, wurde ihm eine Ausbildung zum Mediengestalter nahegelegt. Hier, so sicherte man ihm zu, würde er die Grundlagen des Gestaltungshandwerks lernen und in alle Bereiche des Designs hinein schnuppern können. Jonas fand im seinem Berliner Heimatsviertel eine kleine Werbeagentur, in der er dann auch seine Ausbildung absolvierte. Während der drei Jahren entwickelte sich langsam seine Leidenschaft für die digitalen Medien. Bald wurde ihm klar, dass dies der Bereich ist, auf den er sich nach seinem Abschluss spezialisieren möchte. Nach einiger Recherche und vielen Besuchen bei Studien-Informationstagen wählte er den Studiengang Interfacedesign an der Hochschule Potsdam. Seine Mappe mit einer Mischung aus Zeichnungen und digitalen Arbeiten verschaffte ihm gleich beim ersten Versuch einen Studienplatz. Als angehender Interfacedesigner wuchs stetig Jonas‘ Begeisterung für die neuesten technischen Gadgets. Sein großes Interesse sorgt dafür, dass Jonas stets auf dem aktuellsten Stand der Technik bleibt. Auf seinem iPad besucht er regelmäßig The Verge, Engadget und Co. und twittert täglich über spannende Entwicklungen.
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Um sein Studentenleben finanzieren zu können, begann Jonas freiberuflich Designarbeiten für Kunden zu erledigen. Dies begann mit einigen Aufträgen von Freunden und Bekannten, führte aber durch Empfehlungen schnell zu größeren Kunden. Die freiberufliche Arbeit machte Jonas so viel Spaß, dass er nach seinem Interfacedesign Studium beschloss, hauptberuflich als Freelancer zu arbeiten. Kontakte zu New Media-Agenturen, die er schon während seines Studiums geknüpft hat, haben ihm sehr dabei geholfen den Schritt ins Berufsleben zu machen. Inzwischen arbeitet er schon seit zwei Jahren in dieser Form. Seinen Arbeitsrhythmus teilt er sich gerne nach seiner Tagesform ein. Manchmal ist er morgens produktiver, oft aber schläft er auch aus und arbeitet bis in die Nacht hinein. Zwischendurch versucht er bei Spaziergängen mit Musik in den Ohren den Kopf frei zu bekommen, um zuhause im Büro wieder kreative Höchstleistungen erbringen zu können. Als weiteren Ausgleich zu seinem Job treibt Jonas viel Sport. Dies ist sehr wichtig führ ihn, da er während der Arbeit zum größten Teil am Schreibtisch vor seinem Computer sitzt. Auch während des Joggens lauscht er den Klängen seiner Lieblingsband “The National“, wenn er nicht gerade mit seinem “Jogging-Freund“ Dennis unterwegs ist. Hier findet er immer den richtigen Song – sei es etwas Ruhiges zum Spazieren gehen oder die Up Beat Nummer zum Joggen. Diese Freiheit, sich Ausgleich im Sport, beim Musikhören und Spazieren zu gönnen und die Möglichkeit, seine Arbeit nach seinem Biorythmus zu auszurichten, schätzt Jonas an seiner Freiberuflichkeit am meisten. Zudem hat Jonas großen Gefallen daran gefunden, Projekte von der Konzeption bis zur Umsetzung zu begleiten und nicht hauptsächliche fertige Konzepte umzusetzen wie es in seiner Ausbildung oft der Fall war.
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Andreas Böhm Alter: 35 Familienstand: verheiratet Beruf: Architekt Wohnort: Potsdam
Nachdem Andreas Böhm mit 27 Jahren sein Architekturstudium abschloss, arbeitete er zunächst drei Jahre in einem großen Architekturbüro im Herzen Berlins. Der noch recht unbekannte Bereich der Smart Homes faszinierte ihn bereits zu dieser Zeit sehr. Da er das Gefühl hatte, sich als Architekt im Angestelltenverhältnis nicht weiterentwickeln zu können, beschloss er sein eigenes Büro zu gründen. Hier sah er die Chance sein Interesse an technischen Entwicklungen zu nutzen, um in eine Nische einzusteigen, die immer populärer wurde. Es stellte sich bald heraus, dass Andreas mit den Smart Homes in Berlin einen schnell wachsenden Markt gefunden hatte. Seine umweltfreundlichen, hochtechnologisierten und architektonisch außergewöhnlichen Wohnhäuser verschafften Andreas einen profitablen Kundenstamm. Andreas Böhm hat in den letzten fünf jahren jedoch nicht nur ein Architekturbüro, sondern auch eine kleine Familie gegründet: Mit seiner Frau Susanne Böhm zieht er in Potsdam ihre gemeinsame dreijährige Tochter Laura Böhm groß. Seine freie Zeit, die ihm neben dem Berufs- und Familienleben bleibt, verbringt er am liebsten auf dem E-Bike. Damit erkundigt er so oft es geht die Seenlandschaft rund um Potsdam. Wenn es das Wetter zulässt, so nutzt er das Bike auch gerne für größere Touren. Ein weiteres Hobby, an dem sich auch die Familie immer wieder erfreut, ist das Kochen. Vor allem die italienische Küche hat es ihm angetan. Neben dem Kochen ist auch Reisen schon seit dem Studium ein fester Bestandteil seines Lebens. Andere Länder und Kulturen zu besuchen gibt ihm immer wieder neue Inspiration und Kraft für die Arbeit.
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3.2.2 Stakeholder-Diagramm Im Stakeholder-Diagramm (Abb. 10) werden die Beziehungen der in das Szenario involvierten Personen visualisiert. Dazu zählen die vorgestellten Personas Jonas Falk und Andreas Böhm sowie drei weitere Personen, die im Szenario auftauchen: • Die Nichte, Lea Falk, die Jonas Mittwochs vom Kindergarten abholt • Der beste Freund von Jonas, Nico Rade, den Jonas seit der Ausbildung kennt und der ihn im Szenario zu einer Gartenparty mitnimmt • Jonas Jogging-Freund Dennis Barz
Die Visualisierung ihrer Beziehung hilft, wichtige Schnittstellen bzw. Interaktionspunkte mit anderen Menschen zu berücksichtigen. Obwohl hier nicht vorausgesetzt wird, dass diese Personen später auch in die App eingreifen können, ist es wichtig deren Input zu berücksichtigen.
4.2.3 Artefakte Artefakte können nach Rosson und Carroll (2002, S.1043, zit. nach Rosson & Carroll, 2001) wichtige Informationen über die Nutzer und deren Aktivitäten bereitstellen: „A rich source of requirements are activity artifacts – for instance a club newsletter or calendar, reports or other shared products created by the group. Such artifacts are an excellent source of implicit information about stakeholders’ values and activities.“. Die in den Experteninterviews angesprochenen Artefakte werden hier als Informationsgrundlage herangezogen. Folgende Artefakte wurden in den Interviews im Zusammenhang mit Inspirationsquellen und dem Festhalten von Ideen und Inspirationsquellen zu einem konkreten Projekt genannt: • Smartphone • Notizen App: Tastatureingabe, Spracheingabe • Google Keep: Tastatureingabe • Kamera: Foto • Pinterest: Pinnwand/ Bild • Skizzenbuch/ Notizbuch • Text, Stichwörter • Skizze
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Warum ein Stakeholder-Diagramm?
Andreas Böhm
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Nichte Jonas holt sie mittwochs vom Kindergarten ab
Lea Falk
Abb. 10: Stakeholder-Diagramm: Visualisierung der für das Szenario wichtigen Beziehungen
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l it pe n se en m o h Ku ch ge
Nico Rade
• Stift und Papier • Text, Stichwörter • Skizze • PC/ Mac • Pinterest: Pinnwand/ Bild • lokale Ordner: Bilder • Google • Inspirationsseiten (z.B. Designspiration) • Andere Menschen • Gespräche • Vorträge • Gedächtnis: Erinnerung
4.2.4 Hierarchical Task Analysis Durch die Hierarchical Task Analysis sollen hier verschiedene Möglichkeiten des Speicherns von Ideen und deren Inspirationsquellen dargestellt werden. Die Gliederung der Aufgaben in ihre einzelnen Schritte gibt Aufschluss darüber, wieviele Arbeitsschritte sie enthält und wie aufwendig sie demnach ist. Da in den Interviews mehrmals betont wurde, dass das Festhalten von Ideen aber auch das Speichern von Inspirationsquellen so schnell und einfach wie möglich sein muss, ist diese Information hier von großer Bedeutung. Festhalten einer Idee mit der iOS Notiz-App (Tastatureingabe) 1. Inspirationsquelle wahrnehmen -> Idee 2. Smartphone nehmen 3. Smartphone entsperren 4. Notiz-App suchen 5. Notiz-App öffnen 6. Neu-Button klicken 7. Formulierung der Idee eintippen 8. Fertig-Button klicken
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Festhalten einer Idee mit der iOS Notiz-App und Siri (Spracheingabe) 1. Inspirationsquelle wahrnehmen -> Idee 2. Smartphone nehmen 3. Smartphone entsperren 4. Home-Button gedrückt halten 5. Spracheingabe: „Neue Notiz“ 6. Siris Antwort abwarten 7. Notiz einsprechen
Festhalten einer Inspirationsquelle aus dem Browser in Pinterest (PC/ Mac) 1. Inspirationsquelle wahrnehmen -> Idee 2. Pinterest Browser Extention-Button drücken 3. Bild (Inspirationsquelle) auswählen 4. Pinnwand auswählen 5. Beschreibung eingeben 6. Pin it-Button drücken
Festhalten einer Inspirationsquelle aus dem Browser in Pinterest (iPhone) 1. Inspirationsquelle wahrnehmen -> Idee 2. In Adressfeld klicken 3. Erneuter Klick ins Adressfeld 4. Kopieren-Button klicken 5. Home-Button drücken 6. Pinterest-App suchen 7. Pinterest-App öffnen 8. Plus Button klicken 9. Website-Button klicken 10. In Adressfeld doppelklicken 11. Einfügen-Button klicken 12. Öffnen-Button klicken 13. Pin it-Button klicken 14. Optional Beschreibung eingeben 15. Bild (Inspirationsquelle) auswählen
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Festhalten einer Inspirationsquelle aus Pinterest in Pinterest (iPhone) 1. Inspirationsquelle wahrnehmen -> Idee 2. Finger auf Bild halten und auf Pin-Button fahren 3. Optional Beschreibung eingeben 4. Bild (Inspirationsquelle) auswählen
Festhalten einer Idee mit Stift und Papier (Text) 1. Inspirationsquelle wahrnehmen -> Idee 2. Stift nehmen 3. Papier nehmen 4. Schreiben
Festhalten einer Idee mit Stift und Skizzenbuch (Skizze) 1. Inspirationsquelle wahrnehmen -> Idee 2. Stift nehmen 3. Skizzenbuch nehmen 4. Skizzieren
4.2.5 Themen Werden das Stakeholder-Diagramm, die Artefakte und die Hierarchical Task Analysis im Kontext mit den Zielen und Bedürfnissen der Designer beim Speichern von Ideen und deren Inspirationsquellen betrachtet, so werden einige wichtige Themen deutlich. Burmester (2012, S.23) erklärt, dass diese Themen aus den Aussagen der Interviews resultieren: „Die Menge der Äußerungen der Interviewpartner oder Focus-Group-Teilnehmer und der Eindrücke, die der Interviewer oder Moderator gesammelt hat, wird zu übergreifenden Kategorien, den Themen, zusammengefasst.“ Aus den Experteninterviews, dem Stakeholder-Diagramm, der Artefakte-Sammlung und der Hierarchical Task Analysis ergeben sich die folgende Themen: Festhalten von Ideen und Inspirationsquellen mit dem Ziel... • Die Idee nicht zu vergessen • Die Idee immer und überall dabei zu haben
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• Die Idee (auf Basis der Inspirationsquelle) weiter zu entwickeln • Die Herkunft der Idee (z.B. Bild) nachvollziehen zu können • Den Prozess der Ideenfindung (mit dem Kunden) nachvollziehen zu können • Die Idee möglichst schnell und einfach festzuhalten • Existierende Anwendungen zum Finden von Inspirationsquellen einzubinden
4.2.6 Problem Scenario Seit einigen Monaten beschäftigt Andreas Böhm nun die Tatsache, dass seine alte, selbst erstellte Flash-Website nicht mehr aktuell genug ist, um seiner außergewöhnlichen Arbeit gerecht werden zu können. Da ihn aber ein großes Projekt in Berlin Grunewald nahezu vollkommen einnahm, hat er dieses Thema lange vor sich hergeschoben. Letzten Sonntag, als er mit seinem iPad auf dem Lesesessel sitzend einen Blog zum Thema Architektur durchstöberte, kam ihm das Thema Redesign wieder ins Gedächtnis. Ihm fiel auf, wie gut strukturiert, modern und reduziert das Design des Blogs wirkt und er beschloss, im Impressum nach dem verantwortlichen Designer zu suchen: FalkDesign. Ein Klick und er landete auf der Website des Designers. Nach einigen Minuten Stöbern war er sich sicher: Jonas Falk soll das Redesign für 90Grad übernehmen. Notieren der Projektinformationen im Notizbuch
Zwei Wochen später sind sie im Architekturbüro für das erste Briefing verabredet. Andreas erklärt den aktuellen Stand der Dinge und macht dem Webdesigner klar, dass es sich um eine grundlegende Erneuerung des Designs handelt. Der Architekt informiert Jonas, dass sich 90Grad auf Smart Homes spezialisiert hat. Insgesamt können die Wohnhäuser in mindestens eine der drei Kategorien: technologisch, umweltfreundlich, familiengerecht eingeteilt werden. Er betont, wie wichtig es ihm ist, dass diese Gliederung in der Website aufgegriffen wird. Jonas notiert sich alle Informationen in sein Notizbuch, welches er stets beim ersten Briefing dabei hat. Hier findet er in seinen älteren Projekten eine weitere Frage, die er Kunden regelmäßig stellt: „Wie wollen Sie wirken und wie nicht (ca. fünf beschreibende Adjektive)?“ Gemeinsam sammeln sie die positiven Begriffe: modern, offen, mutig, freundlich, interessiert, aufgeweckt und die negativen Beschreibungen: schnöselig, ignorant, eingesessen, altmodisch. Auch diese Daten übernimmt er in sein Notizbuch. Jonas fühlt sich gut informiert und verabschiedet sich von seinem neuen Kunden mit dem Versprechen, dass er sich bald mit einigen Ideen melden würde.
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Jonas fährt mit der Bahn nach Hause und genießt die entspannte Atmosphäre, die ihm das Abschweifen immer erleichtert. Er schaut aus dem Fenster und beobachtet die vorüberziehende Landschaft. Als sie durch eine Wohnsiedlung fahren, kommt ihm auf einmal sein Projekt wieder in den Sinn: „Die symmetrische Struktur der aneinandergereihten Wohnblocks liefert den perfekten Ansatz für den Aufbau der Website.“ Jonas nimmt schnell sein Handy aus der Tasche und speichert sich diese Idee als Notiz. Da die NotizApp am schnellsten zur Hand war, entschied er sich dafür, den Einfall hier einzutippen. Er überlegt weiter, wie die Website nach diesem Schema aufgeteilt werden könnte und beschließt, den Aufbau zu Hause zu skizzieren, damit sich auch der Kunde ein Bild davon machen kann.
Festhalten der Wohnblock-Idee in der iOS Notiz-App
Eine Woche später, als Jonas gerade das letzte ausstehende Webprojekt fertig gestellt hat, beschließt er nun, an der Website für seinen neuen Kunden zu arbeiten. Er hat Schwierigkeiten einen Anfang zu finden und entscheidet sich deshalb dafür, im Web zum Thema Architektur zu recherchieren. Er erinnert sich, dass der Blog DesignMilk, welchen er zeitweise regelmäßig verfolgte, eine Architektur-Kategorie besitzt. Dort schaut er sich also verschiedene Bilder an, welche ihm in dieser Kategorie angeboten werden. Auf Niice lässt er sich über die Suchanfrage “Architektur“ ebenfalls einige passende Bilder liefern. Ihm fällt auf, dass einfache Formen überwiegen, viel Weiß verwendet wird und Materialien wie Beton, Holz und Glas zum Einsatz kommen. Er erinnert sich an die Bereiche, die der Kunde genannt hat und überlegt, ob man diese über die Materialien bzw. deren Farben gliedern könnte. Schnell greift er nach dem Briefumschlag neben seiner Maus und notiert sich die Idee zusammen mit einigen einfachen Scribbles.
Inspirationsquellensuche auf Niice und Notieren der Idee auf einem Briefumschlag
Beruhigt, einen guten Ansatz gefunden zu haben, wechselt er zu Pinterest, um Inspiration für die digitale Umsetzung zu finden. Er geht seine Webdesign-Pinnwand durch, bleibt bei einem hellen, reduzierten Entwurf stehen und denkt sich: „Das passt doch total gut zu der gewünschten modernen Wirkung und den weißen Gebäuden, die ich mir vorhin angeschaut habe. Das sollte ich mir später beim Layouten nochmal anschauen. Ich hab‘s ja in meiner Pinterest-Pinnwand gespeichert.“
Inspirationsquellensuche in Pinterest ohne das Festhalten der Idee
Abends ist er mit seinem besten Kumpel Nico verabredet. Gemeinsam gehen sie zu einer Gartenparty in Charlottenburg. Die Stimmung ist gut, sie treffen einige alte Bekannte aus der Ausbildung, unterhalten sich, grillen und trinken Bier. Jonas genießt die ungezwungene, lockere Atmosphäre. Eine Stunde später, als er von der Toilette zurückkommt, sieht er, dass auch auf dem Bal-
Fotografieren einer inspirierenden Terasse
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kon einige Bekannte sitzen, mit denen er lange nicht mehr gesprochen hat. Er wird direkt in ein Gespräch verwickelt, sie lachen viel und unterhalten sich über die alten Zeiten. Als die Kumpels wieder runter in den Garten gehen um sich Steaks und Salate zu holen, genießt Jonas kurz die Ruhe und den schönen Ausblick in den Garten. Da fällt ihm die Terasse auf: Große, quadratische Steinplatten, die in gleichmäßigen Abständen aneinander gereiht wurden. Er macht ein Foto und denkt, dass er die Struktur eventuell noch für das Webprojekt mit dem Architekten gebrauchen könnte. Außerdem erinnert er sich, schon etwas in dieser Richtung gefunden zu haben. Er weiß, dass es irgendwas mit dem Aufbau der Site zu tun hatte und es sich auch um solche gleichmäßigen Strukturen handelte. Aber in dem Moment ertönt eine fern bekannte Stimme hinter ihm: „Falki, altes Haus! Wie lang hab ick dir nich mehr jesehn, wa?“ Und so ist der Gedanke verflogen. Idee auf Basis eines Klettergerüstes wird nicht festgehalten
Am nächsten Tag wacht er leicht verkatert auf: „Das war wohl doch ein Bier zu viel gestern...“ denkt er sich, geht ins Bad und macht sich fertig. Heute ist Mittwoch, er muss also in spätestens einer Stunde im Kindergarten sein und seine kleine Nichte Lea abholen. Zwei Kaffees später im Kindergarten angekommen, muss er feststellen, dass er tatsächlich etwas zu früh ist. Die Kinder sind im Garten und toben. Jonas beschließt, die restliche Zeit auf der Bank zu warten und den Kindern zuzuschauen. Er bemerkt das außergewöhnliche Holzklettergerüst und denkt sich: „Da hat sich aber auch ein verkappter Architekt dran ausgelassen.“ Das Gerüst ist total symmetrisch und bildet ein interessantes Gesamtbild. Er muss leicht schmunzeln, weil ihm dieses Gerüst vorher nie aufgefallen ist. „Das muss wohl an meinem neuen Auftrag liegen“, überlegt er und erinnert sich an die Bereiche: technisch, umweltfreundlich und familiengerecht. „Familiengerecht, mhhh, vielleicht könnte man da irgendwie das Klettergerüst verarbeiten, eventuell als Icon für den Familienbereich?“ In dem Moment kommt seine Nichte angerannt und ruft: „Joni, du bist ja schon daaaaaaa! Ich will heute zum McDooooonald‘s, biiiiiitte!“ Wer kann diesen leuchtenden Kinderaugen schon widerstehen? Also gönnen sie sich auf dem Rückweg einen kleinen Umweg und besuchen McDonald‘s zum Mittagessen.
Festhalten der Idee für den Zugang eines Bereiches auf einer Tablettunterlage
Lea steckt sich die letzte Pommes ihres Happy Meals in den Mund und schmatzt ihren Onkel an: „Und jetzt will ich im Bällebad spielen, ok, Joni?“ Jonas setzt gerade zu einer Antwort an, da rennt Lea schon los in Richtung Bällebad: Ohne Probleme schlüpft sie durch die Absperrung, die über ihre Höhe die maximale Größe abmisst und so nur Kindern den Eintritt ermöglicht. Jonas lacht und denkt sich: „Hey, vielleicht kann ich das als Zugang zum
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Familienbereich verwenden!“ Dann kommen ihm jedoch Zweifel: „Aber passt das zum Kunden? Was hat er mir noch mal an beschreibenden Adjektiven mitgegeben?“ Leider hat er sein Notizbuch nicht dabei und kann deswegen nicht nachschauen, welche Begriffe sie zusammengetragen haben. Also scribbelt er seine Überlegungen auf die Unterlage des McDonald‘s-Tabletts, da er kein anderes Papier dabei hat, und denkt sich: „Zu Hause kann ich dann ja überprüfen, ob diese Idee zum Kunden und den genannten Anforderungen passt.“ Den folgenden Tag beginnt Jonas sportlich. Er ist mit seinem Kumpel Dennis zum Joggen verabredet. Dazu fahren sie mit der Bahn in den Park, da sie hier am liebsten Joggen. Dennis macht gerade seinen Master. Er erzählt von einer besonders interessanten Vorlesung im Fach digitale Medien, und behauptet, dass Jonas da auch gut rein gepasst hätte. Jonas erklärt aber, dass er mit seiner Freelancer-Tätigkeit mehr als zufrieden sei, und berichtet von seinem neuen Kunden und den besonders technologischen Wohnhäusern. Da fällt Dennis ein, dass er kürzlich eine interessante Dokumentation über diese Smart Homes gesehen hat, in der gezeigt wurde, wie in diesen Häusern alles vernetzt ist. Das inspiriert Jonas: „Vernetzung, vernetzt, mhh... Da sollte ich was draus machen! Vielleicht auch ein Icon, wie das Klettergerüst-Icon für den Familienbereich. Ein Icon, dass die Vernetzung anzeigt für den Technologie-Bereich. Oder vielleicht könnte ich die Vernetzung auf das gesamte Seitenlayout übertragen, oder sogar auf die gesamte Website – das könnte ihr den gewissen Kick geben!“ Er unterhält sich mit Dennis über diese Ideen und nimmt sich fest vor, zu Hause daran weiter zu arbeiten.
Idee zur Verwendung des “Vernetzung-Ansatzes“ wird nicht festgehalten
Nach einer erfrischenden Dusche macht sich Jonas voller Energie ans Werk: Heute will er seine Ideen zusammentragen und präsentationsfertig machen, damit er morgen seinem Kunden zeigen kann, was er sich bisher überlegt hat. Dazu nimmt er zunächst sein Notizbuch zur Hand, in welchem er die wichtigsten Informationen aus dem Briefing wiederfindet. Er kreist sich die drei Bereiche ein: technologisch, umweltfreundlich, familiengerecht. Er ist sich sicher, dass er hier einige Ideen hatte, um diese verschiedenen Bereiche zu visualisieren. Außerdem fällt ihm ein, dass er sich in den letzten Tagen mehrmals über den Aufbau und die Einteilung Gedanken gemacht hat. Das
Sammeln der Ideen für die Präsentation beim Kunden
Gespräch mit seinem Kumpel am Morgen beim Joggen fällt ihm als erstes ein: „Es ging um Smart Homes und um die Vernetzung. Da hab ich mir doch überlegt, mit einem Icon zu arbeiten, um damit den Technologie-Bereich zu kennzeichnen!“ Schnell greift er nach einem leeren Blatt Papier und schreibt auf: technologisch = Vernetzt-Icon. In dem Moment fällt ihm ein, dass er auch für
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den Familien-Bereich ein Icon gefunden hatte: das Klettergerüst! Er überlegt weiter und denkt: „Für den Umwelt-Bereich könnte man einen Baum als Icon verwenden und für den Technologie-Bereich alternativ auch eine Glühbirne.“ Er notiert sich die neuen Einfälle. Er überlegt, ob er noch andere Ideen hatte, um die verschiedenen Bereich zu kennzeichnen. Er ist sich ziemlich sicher, dass das nicht alle Ideen waren. Er denkt scharf nach, denn er würde wirklich gerne Alternativen vorschlagen können. Da fällt ihm die Terrasse bei der Gartenparty ein. Er denkt sich: „Vielleicht war es das, was mir im Kopf herumgeschwirrt ist. Gut, die Idee hängt nicht direkt mit den Bereichen zusammen, aber vielleicht war es das trotzdem...“ Er notiert sich: Aufteilung der Site in Kacheln (wie Terrasse). Da ihm weiter nichts mehr einfällt, beschließt er noch einmal in seine Pinterest-Pinnwand zu schauen. Immerhin, so ist er sich sicher, hat er hier vor einigen Tagen schon mal etwas Passendes gesehen. Er durchsucht seine Pinnwand und findet einige gute Designs. Jedoch findet er dieses eine perfekte Layout nicht mehr. Er ist sich sicher, dass es ihm sofort ins Auge springen würde, denn es passte tatsächlich exakt. Also begnügt er sich damit, dem Kunden erst einmal Konzeptvorschläge zu machen. Immerhin hatte er ja nun wirklich nicht viel Zeit und dafür ist die Ideenausbeute ja schon sehr akzeptabel. Auf dem Weg zur Präsentation
Am nächsten Morgen, auf dem Weg zu seinem Kunden, entdeckt er auf der Fahrt plötzlich wieder die symmetrisch angeordneten Wohnblocks. Ihm fällt auf, dass er bereits auf seinem Heimweg hier eine tolle Idee für die Website hatte und diese sogar als Notiz im iPhone gespechert hat. Er ärgert sich, dass ihm das gestern zu Hause nicht mehr eingefallen ist und nimmt sich vor, diese Idee möglichst elegant mündlich in seine Präsentation einzubinden. Dennoch hat er kein gutes Gefühl und überlegt sich, dass er bestimmt noch andere Ideen hatte, die ihm gestern nicht eingefallen sind. Immerhin hatte er gestern schon so ein ungutes Gefühl, irgendetwas vergessen zu haben. Dann ärgert er sich wieder darüber, dass er zu dem ganzen Übel auch noch das tolle passende Bild in seiner Pinnwand nicht mehr finden konnte. Er fragt sich, wofür Pinterest überhaupt gut ist, wenn er dann genau das Bild nicht mehr finden kann, das für ihn besonders interssant war. „Jetzt kann ich eh nichts mehr ändern“, denkt Jonas, lehnt sich zurück und versucht die restliche Fahrt nicht mehr darüber nachzudenken.
Präsentation beim Kunden
Die Präsentation beim Kunden läuft ganz gut. Allerdings hat Jonas während der Präsentation ständig das Gefühl, dass er es hätte besser machen können. Der Kunde ist soweit zufrieden, und er interessiert sich dafür, wie Jonas auf die Ideen gekommen ist. Vor allem die Idee mit den Kacheln findet er
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sehr interessant. Jonas erzählt von der Steinterrasse, die ihn zu dieser Idee inspiriert hat. Der Kunde lächelt und freut sich über diese kreative Herangehensweise. Da fällt Jonas ein, dass er ja sogar ein Foto von der Terrasse gemacht hat: „So ein Mist, das hätte ich doch super in die Präsentation einbauen können. Naja, beim nächsten Mal mach ich‘s besser.“ Der Kunde, ganz angetan von Jonas Arbeitsweise, möchte mehr über den Prozess erfahren. Jonas erzählt von dem Klettergerüst im Kindergarten und dem Gespräch mit dem Jogging-Freund – beides Quellen für den Icon-Ansatz. Jonas überlegt sich, dass es schön gewesen wäre, wenn er seine Präsentation am Ideenfindungsprozess ausgerichtet hätte, immerhin könnte er so seine Ideen besser begründen. Wieder ein guter Vorsatz für das nächste Projekt. Sie unterhalten sich weiter über verschiedene gestalterische Möglichkeiten. Dann fällt Jonas plötzlich ein, dass er eine Idee hatte, welche die Holz-, Beton- und Weißtöne der modernen Architektur aufgreifen würde. Wie ärgerlich, dass ihm das nicht vorher eingefallen ist. Dennoch schlägt er die Idee vor, merkt jedoch gleich, dass der Kunde sich nicht ganz vorstellen kann, wie Jonas das verarbeiten will. Jonas sichert ihm zu, dass er Skizzen und die Bilder, die ihn zu dieser Idee inspiriert haben, nachreichen wird. Er hofft, dass er die Bilder wiederfinden kann und denkt aber, dass es seither bestimmt nicht so wahnsinnig viele neue Bilder auf DesignMilk und Niice gab. Auf dem Heimweg lässt er das Meeting noch einmal Revue passieren. Er ist zwar zufrieden mit dem Ausgang, jedoch weiß er, dass er das besser gekonnt hätte. Ihm sind so viele Ideen nachträglich wieder eingefallen – das hätte wirklich nicht sein müssen. Vor allem, so denkt Jonas, handelte es sich teilweise um ähnliche und aufeinander aufbauende Ideen, die man besser gesammelt vorgestellt hätte wie zum Beispiel die Aufteilung der Site orientiert an den Kacheln oder an den Wohnblocks. Und in dem Moment fällt ihm ein, dass er ja auch einen Einfall hatte, um das Leitthema der Smart Homes in der struktur der Website zu realisieren. Er hat doch ewig mit seinem Kumpel Dennis darüber gesprochen, die Vernetzung als Raster und Leitsystem in der Website einzubinden. Vor lauter Icons hat er das wieder verdrängt. „Das ist wirklich doof, das sollte ich irgendwie noch nachreichen. Ich hoffe, das geht jetzt noch.“ Er nimmt sich vor, zukünftig seine Ideen besser zu organisieren und größeren Wert auf diesen Teil des Prozesses zu legen.
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Unzufriedenheit mit der Präsentation
4.2.7 Claims Analysis In der Claims Analysis werden nun verschiedene auffällige Aspekte, Situationen oder Vorgänge des Problem Scenarios untersucht. Dazu werden jeweils mögliche positive und negative Eigenschaften oder Auswirkungen aufgelistet. Informationen aus dem Briefing in Notizbuch notieren ++ Informationen wurden festgehalten und können nicht vergessen werden ++ Weitere Informationen können hinzugefügt werden ++ Es können sowohl Skizzen als auch Texte festgehalten werden ++ Informationen festigen sich durch das Niederschreiben ++ Designer zeigt dem Kunden durch das Niederschreiben sein Interesse ++ Informationen können über Farben oder Titel mit anderen Informationen in Beziehung gebracht werden ++ Das händische Aufschreiben ist natürlich und einfach -- Das händische Aufschreiben dauert lange -- Informationen sind nicht verfügbar, wenn das Notizbuch nicht da ist -- Informationen gehen verloren wenn das Notizbuch verloren geht -- Die Informationen können nicht nachträglich geändert/ überarbeitet werden -- Es können keine digitalen ergänzenden Informationen ( wie Fotos oder Sprachmemos) hinzugefügt werden -- Das Notizbuch ist schwer und braucht viel Platz, daher kann es nicht immer mitgenommen werden -- Das Notieren im Notizbuch dauert lange -- Zeit und Datum des Aufschriebes müssen manuell festgehalten werden
Idee in Notiz-App speichern ++ Idee wurde festgehalten und kann nicht vergessen werden ++ Weitere Ideen (Notizen) können hinzugefügt werden ++ Informationen festigen sich durch das Eintippen ++ Idee ist auf jedem Gerät mit Internetzugang verfügbar (iCloud) ++ Idee kann nicht verloren gehen (iCloud) ++ Idee kann nachträglich geändert/ überarbeitet werden ++ Das Smartphone ist leicht und braucht nicht viel Platz, daher kann es fast immer mitgenommen werden -- Es können keine anderen Elemente wie Bilder oder Scribbles zur Notiz hinzugefügt werden
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-- Das Eintippen ist umständlich -- Das Eintippen dauert lange -- Zeit und Datum des Aufschriebes müssen manuell festgehalten werden -- Idee kann nicht mit anderen Ideen in Beziehung gebracht werden
Inspirationsquelle im Blog (DesignMilk) ++ Visuelle Inspirationsquelle ist bei Design-Arbeiten besonders effektiv ++ Die Inspirationsquellensuche ist einfach und intuitiv ++ Inspirationsquelle ist auf jedem Gerät mit Internetzugang verfügbar ++ Inspirationsquelle kann nicht verloren gehen -- Inspirationsquelle kann nicht einfach wieder gefunden werden -- Inspirationsquelle kann nicht direkt gespeichert werden -- Inspirationsquelle kann nicht mit einer Idee verknüpft werden -- Es können keine weiteren Elemente, wie Texte, Scribbles oder Sprachmemos hinzugefügt werden -- Inspirationsquelle kann nicht mit anderen Inspirationsquellen in Beziehung gebracht werden -- Datum und Uhrzeit des Findens sind nicht mit der Inspirationsquelle verknüpft
Inspirationsquelle in eigener Pinterest Pinnwand ++ Visuelle Inspirationsquelle ist bei Design-Arbeiten besonders effektiv ++ Die Inspirationsquellensuche ist einfach und intuitiv ++ Inspirationsquelle ist auf jedem Gerät mit Internetzugang verfügbar ++ Inspirationsquelle kann nicht verloren gehen ++ Inspirationsquelle kann auf einer seperaten Pinnwand gespeichert werden ++ Eine Beschreibung kann hinzugefügt werden ++ Das Speichern der Inspirationsquelle ist einfach -- Inspirationsquelle kann nicht einfach wieder gefunden werden -- Es können keine weiteren Elemente wie Scribbles oder Sprachmemos hinzugefügt werden -- Inspirationsquelle kann nicht mit anderen Inspirationsquellen in Beziehung gebracht werden -- Datum und Uhrzeit des Findens sind nicht mit der Inspirationsquelle verknüpft
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Idee auf Papier, Briefumschlag, Tablett-Unterlage notieren ++ Informationen wurden festgehalten und können nicht vergessen werden ++ Informationen festigen sich durch das Niederschreiben ++ Es können sowohl Skizzen als auch Texte festgehalten werden ++ Das händische Aufschreiben ist natürlich und einfach -- Das händische Aufschreiben dauert lange -- Es können keine weiteren Informationen hinzugefügt werden, wenn das Blatt nicht groß genug ist -- Informationen sind nicht verfügbar, wenn das Papier nicht da ist -- Informationen gehen verloren wenn das Papier verloren geht -- Die Informationen können nicht nachträglich geändert/ überarbeitet werden -- Es können keine digitalen ergänzenden Informationen ( wie Fotos oder Sprachmemos) hinzugefügt werden -- Zeit und Datum des Aufschriebes müssen manuell festgehalten werden -- Bei mehreren Zetteln verliert man schnell den Überblick
Inspirationsquelle mit der iOS Kamera festhalten ++ Inspirationsquelle wurde festgehalten und kann nicht vergessen werden ++ Weitere Inspirationsquellen können hinzugefügt werden ++ Datum, Zeit und Ort werden automatisch mit dem Foto verknüpft ++ Inspirationsquelle ist jederzeit und überall verfügbar (iCloud) ++ Inspirationsquelle kann nicht verloren gehen (iCloud) ++ Das Smartphone ist leicht und braucht nicht viel Platz, daher kann es fast immer mitgenommen werden ++ Das Fotografieren ist einfach ++ Kamera ist schnell erreichbar -- Es können keine weiteren Elemente, wie Texte, Scribbles oder Sprachmemos hinzugefügt werden -- Inspirationsquelle steht im Fotoalbum alleine und kann nicht mit anderen in Beziehung gebracht werden
4.3 Activity Design Das Ziel des Activity Designs ist es ein Szenario zu erstellen, das die gefundenen Probleme des Problem Scenarios unter Einsatz von Technologien löst und die positiven Aspekte aufgreift und ausbaut. Um dabei nicht an bekann-
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ten Techniken und Vorgehensweisen festzuhalten, empfehlen Rosson und Carroll (2002, S.1046-1047) Metaphern und mögliche technische Lösungen zu sammeln. Dadurch soll der Blick für neue Möglichkeiten geöffnet werden.
4.3.1 Metaphern Metaphern sollen sicherstellen, dass im System eine visuelle Sprache verwendet wird, die der Nutzer auch versteht. So weiß der Nutzer beispielsweise, dass er mit einem Lichtschalter das Licht aus- und einschalten kann – dieses Verhalten muss er nicht erst lernen. Er weiß auch, dass er mit einem Stift Notizen festhalten kann – auch das muss er nicht lernen. So gibt es einige Dinge, die der Nutzer aus dem Alltag bereits kennt und zu verwenden weiß. Werden diese Kenntnise aufgegriffen und im System eingesetzt, bleibt die Einlernzeit in die neuen Vorgänge minimal. Folgende Metaphern könnten im Szenario eingesetzt werden: • Schriftliche Notiz festhalten: Notizbuch, Block, Kugelschreiber, Papier, Post it, Buchstaben/ Text • Skizze festhalten: Skizze, Skizzenbuch, Bleistift • Foto festhalten: Fotoalbum, Foto, Fotograf, Kamera • Video festhalten: Videokamera, Filmklappe, Filmstreifen, Filmrolle, Fernseher, Regie-Stuhl • Ton aufzeichnen: Mikrophon, Rekorder, Mund, Schwingungen, Ohr • Idee: Glühbirne, Kopf, Blitz, Gehirn, Professor • Ideenprozess: Fluss, Kette, Spirale, Trichter, Blaumann (wegen der Arbeit), Zahnrad
4.3.2 Technische Lösungen Hier sollen verschiedene technische Möglichkeiten angedacht werden, die ganz generell für die Problemlösung in Frage kommen würden. Um diese Möglichkeiten zu erörtern, werden hier die im Kapitel 4.2 gefundenen Themen herangezogen. Folgende technische Lösungen sollten in Betracht gezogen werden: • Smartphone (z.B. iPhone): Multitouchdisplay, Kamera, Mikrofon, Siri, Lautsprecher, W-Lan & UMTS, GPS, Motionsensor, Beschleunigungssensor, Helligkeitssensor, Abstandssensor, Gyroskop, Klinken-Anschluss • Tablet (z.B. iPad): Multitouchdisplay, Kamera, Mikrofon, Siri, Lautsprecher, W-Lan
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& UMTS, GPS, Motionsensor, Beschleunigungssensor, Helligkeitssensor, Abstandssensor, Gyroskop, Klinken-Anschluss • Stylus: Bluetooth (z.B. für Handballenerkennung), Kapazitivität • Computer (z.B. Macbook): WLAN, Kamera, Trackpad, Tastatur, USB-Port, SD-Slot, Thunderbolt-Anschluss, Klinken-Anschluss • Sensoren (z.B. Kinect, Leap): Tiefenbildkamera, Videokamera, Mikrofonarray, WLAN • Projektoren • Apple TV • Multitouch-Monitor: Multitouch, Lautsprecher, USB-Port • Multitouch-Tisch: Multitouch, Lautsprecher, USB-Port • Internet-Browser: Add-Ons, Cloud, HTML, CSS, Javascript, WebGL
4.3.3 Activity Scenario Seit einigen Monaten beschäftigt Andreas Böhm nun die Tatsache, dass seine alte, selbst erstellte Flash-Website nicht mehr aktuell genug ist, um seiner außergewöhnlichen Arbeit gerecht werden zu können. Da ihn aber ein großes Projekt in Berlin Grunewald nahezu vollkommen einnahm, hat er dieses Thema lange vor sich hergeschoben. Letzten Sonntag, als er mit seinem iPad auf dem Lesesessel sitzend einen Blog zum Thema Architektur durchstöberte, kam ihm das Thema Redesign wieder ins Gedächtnis. Ihm fiel auf, wie gut strukturiert, modern und reduziert das Design des Blogs wirkt und er beschloss, im Impressum nach dem verantwortlichen Designer zu suchen: FalkDesign. Ein Klick und er landete auf der Website des Designers. Nach einigen Minuten Stöbern war er sich sicher: Jonas Falk soll das Redesign für 90Grad übernehmen. Notieren der Projektinformationen in Bulb
Zwei Wochen später sind sie im Architekturbüro für das erste Briefing verabredet. Andreas erklärt den aktuellen Stand der Dinge und macht dem Webdesigner klar, dass es sich um eine grundlegende Erneuerung des Designs handelt. Der Architekt informiert Jonas, dass sich 90Grad auf Smart Homes spezialisiert hat. Insgesamt können die Wohnhäuser in mindestens eine der drei Kategorien: technologisch, umweltfreundlich, familiengerecht eingeteilt werden. Er betont, wie wichtig es ihm ist, dass diese Gliederung in der Website aufgegriffen wird. Jonas notiert sich alle Informationen in seine Bulb-App. Eine weitere Frage, die er Kunden regelmäßig stellt ist: „Wie wollen Sie wirken und wie nicht (ca. fünf beschreibende Adjektive)?“ Gemeinsam sammeln sie die positiven Begriffe: modern, offen, mutig, freundlich, interessiert, aufge-
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weckt und die negativen Beschreibungen: schnöselig, ignorant, eingesessen, altmodisch. Auch diese Daten übernimmt er in Bulb. Jonas fühlt sich gut informiert und verabschiedet sich von seinem neuen Kunden mit dem Versprechen, dass er sich bald mit einigen Ideen melden würde. Jonas fährt mit der Bahn nach Hause und genießt die entspannte Atmosphäre, die ihm das Abschweifen immer erleichtert. Er schaut aus dem Fenster und beobachtet die vorüberziehende Landschaft. Als sie durch eine Wohnsiedlung fahren, kommt ihm auf einmal sein Projekt wieder in den Sinn: „Die symmetrische Struktur der aneinandergereihten Wohnblocks liefert den perfekten Ansatz für den Aufbau der Website.“ Jonas speichert diese Idee in Bulb ein. Er überlegt weiter, wie die Website nach diesem Schema aufgeteilt werden könnte und fügt seiner Notiz in Bulb eine kleine Skizze hinzu, damit sich auch der Kunde ein Bild davon machen kann.
Festhalten der Wohnblock-Idee in Bulb
Eine Woche später, als Jonas gerade das letzte ausstehende Webprojekt fertig gestellt hat, beschließt er nun, an der Website für seinen neuen Kunden zu arbeiten. Er hat Schwierigkeiten einen Anfang zu finden und entscheidet sich deshalb dafür, im Web zum Thema Architektur zu recherchieren. Er erinnert sich, dass der Blog DesignMilk, welchen er zeitweise regelmäßig verfolgte, eine Architektur-Kategorie besitzt. Dort schaut er sich also verschiedene Bilder an, welche ihm in dieser Kategorie angeboten werden. Auf Niice lässt er sich über die Suchanfrage “Architektur“ ebenfalls einige passende Bilder liefern. Ihm fällt auf, dass einfache Formen überwiegen, viel Weiß verwendet wird und Materialien wie Beton, Holz und Glas zum Einsatz kommen. Er erinnert sich an die Bereiche, die der Kunde genannt hat und überlegt, ob man diese über die Materialien bzw. deren Farben gliedern könnte. Über das Browser-Add-On fügt er die inspirierenden Bilder in seine Bulb-Anwendung ein und ergänzt die Bilder um die Ideenbeschreibung und die entsprechenden Tags.
Festhalten der Inspirationsquelle aus Niice und der Idee in Bulb
Beruhigt, einen guten Ansatz gefunden zu haben, legt er sich mit seinem iPad aufs sein Sofa. Er geht seine Webdesign-Pinnwand in Pinterest durch, bleibt bei einem hellen, reduzierten Entwurf stehen und denkt sich: „Das passt doch total gut zu der gewünschten modernen Wirkung und den weißen Gebäuden, die ich mir vorhin angeschaut habe.“ Er fügt die inspirierenden Bilder inklusiver einer Notiz seiner Bulb-App hinzu.
Festhalten der Inspirationsquelle aus Pinterest und der Idee in Bulb
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Festhalten der inspirierenden Terasse und der Idee in Bulb und Verknüpfung mit dazugehöriger Idee
Abends ist er mit seinem besten Kumpel Nico verabredet. Gemeinsam gehen sie zu einer Gartenparty in Charlottenburg. Die Stimmung ist gut, sie treffen einige alte Bekannte aus der Ausbildung, unterhalten sich, grillen und trinken Bier. Jonas genießt die ungezwungene, lockere Atmosphäre. Eine Stunde später, als er von der Toilette zurückkommt, sieht er, dass auch auf dem Balkon einige Bekannte sitzen, mit denen er lange nicht mehr gesprochen hat. Er wird direkt in ein Gespräch verwickelt, sie lachen viel und unterhalten sich über die alten Zeiten. Als die Kumpels wieder runter in den Garten gehen um sich Steaks und Salate zu holen, genießt Jonas kurz die Ruhe und den schönen Ausblick in den Garten. Da fällt ihm die Terasse auf: Große, quadratische Steinplatten, die in gleichmäßigen Abständen aneinander gereiht wurden. Er nimmt mit der Bulb-App ein Foto auf, weil er denkt, dass er die Struktur evtl. noch für das Webprojekt mit dem Architekten gebrauchen könnte. Außerdem erinnert er sich schon etwas in dieser Richtung gefunden zu haben. Er schaut seine bisherigen Einträge durch. Schnell findet er den gesuchten Eintrag, den zu den Wohnblocks. Er verbindet die beiden Ideen in seiner BulbApp, damit er auch später noch diese Verbindung herstellen kann. In diesem Moment ertönt eine fern bekannte Stimme hinter ihm: „Falki, altes Haus! Wie lang hab ick dir nich mehr jesehn, wa?“
Festhalten (per Spracheingabe) der Idee zum Klettergerüst in Bulb
Am nächsten Tag wacht er leicht verkatert auf: „Das war wohl doch ein Bier zu viel gestern...“ denkt er sich, geht ins Bad und macht sich fertig. Heute ist Mittwoch, er muss also in spätestens einer Stunde im Kindergarten sein und seine kleine Nichte Lea abholen. Zwei Kaffees später im Kindergarten angekommen, muss er feststellen, dass er tatsächlich etwas zu früh ist. Die Kinder sind im Garten und toben. Jonas beschließt, die restliche Zeit auf der Bank zu warten und den Kindern zuzuschauen. Er bemerkt das außergewöhnliche Holzklettergerüst und denkt sich: „Da hat sich aber auch ein verkappter Architekt dran ausgelassen.“ Das Gerüst ist total symmetrisch und bildet ein interessantes Gesamtbild. Er muss leicht schmunzeln, weil ihm dieses Gerüst vorher nie aufgefallen ist. „Das muss wohl an meinem neuen Auftrag liegen“, überlegt er und erinnert sich an die Bereiche: technisch, umweltfreundlich und familiengerecht. „Familiengerecht, mhhh, vielleicht könnte man da irgendwie das Klettergerüst verarbeiten, eventuell als Icon für den Familienbereich? Da er gerade mit dem iPhone Musik hört, speichert er diese Idee schnell über die Kopfhörer in die Bulb-App ein.“ In dem Moment kommt seine Nichte angerannt und ruft: „Joni, du bist ja schon daaaaaaa! Ich will heute zum McDooooonald‘s, biiiiiitte!“ Wer kann diesen leuchtenden
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Kinderaugen schon widerstehen? Also gönnen sie sich auf dem Rückweg einen kleinen Umweg und besuchen McDonald‘s zum Mittagessen. Lea steckt sich die letzte Pommes ihres Happy Meals in den Mund und schmatzt ihren Onkel an: „Und jetzt will ich im Bällebad spielen, ok, Joni?“ Jonas setzt gerade zu einer Antwort an, da rennt Lea schon los in Richtung Bällebad: Ohne Probleme schlüpft sie durch die Absperrung, die über ihre Höhe die maximale Größe abmisst und so nur Kindern den Eintritt ermöglicht. Jonas lacht und denkt sich: „Hey, vielleicht kann ich das als Zugang zum Familienbereich verwenden!“ Dann kommen ihm jedoch Zweifel: „Aber passt das zum Kunden? Was hat er mir noch mal an beschreibenden Adjektiven mitgegeben?“ Er nimmt sein iPhone aus der Tasche und schaut in der BulbApp nach, welche Adjektive sie im Briefing festgehalten haben: modern, offen, mutig, freundlich, interessiert, aufgeweckt. Da er entscheidet, dass dieser Ansatz offen, freundlich, interessiert und aufgeweckt zugleich ist, scribbelt er seine Überlegungen in die App.
Festhalten der Idee für den Zugang eines Bereiches in Bulb
Den folgenden Tag beginnt Jonas sportlich. Er ist mit seinem Kumpel Dennis zum Joggen verabredet. Dazu fahren sie mit der Bahn in den Park, da sie hier am liebsten Joggen. Dennis macht gerade seinen Master. Er erzählt von einer besonders interessanten Vorlesung im Fach digitale Medien, und behauptet, dass Jonas da auch gut reingepasst hätte. Jonas erklärt aber, dass er mit seiner Freelancer-Tätigkeit mehr als zufrieden ist, und berichtet von seinem neuen Kunden und den besonders technologischen Wohnhäusern. Da fällt Dennis ein, dass er kürzlich eine interessante Dokumentation über diese Smart Homes gesehen hat, in der gezeigt wurde wie in diesen Häusern alles vernetzt ist. Das inspiriert Jonas: „Vernetzung, vernetzt, mhh... Da sollte ich was draus machen! Vielleicht auch ein Icon, wie das Klettergerüst-Icon für den Familienbereich. Ein Icon, dass die Vernetzung anzeigt für den Technologie-Bereich. Oder vielleicht könnte ich die Vernetzung auf das gesamte Seitenlayout übertragen, oder sogar auf die gesamte Website – das könnte ihr den gewissen Kick geben!“ Er unterhält sich mit Dennis über diese Ideen und legt für jede jeweils eine Notiz in seiner Bulb-App an. Auf dem iPad, so überlegt sich Jonas, kann er dann ohne Probleme noch Scribbles hinzufügen - die Notiz findet er ja jederzeit in Bulb wieder.
Festhalten der Idee basierend auf dem Schlagwort “Vernetzung“ in Bulb
Nach einer erfrischenden Dusche macht sich Jonas voller Energie ans Werk: Heute will er seine Ideen zusammentragen und präsentationsfertig machen, damit er morgen seinem Kunden zeigen kann, was er sich bisher überlegt hat. Dazu öffnet er die Bulb-Anwendung im Browser und schaut
Zusammentragen aller in Bulb gespeicherten Ideen und Erstellen einer Präsentation
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sich zunächst die Informationen aus dem Briefing an. Er betrachtet die drei Bereiche: technologisch, umweltfreundlich, familiengerecht. Bulb hat diese Adjektive automatisch zu Tags transformiert, die Jonas beim Ideensammeln immer wieder eingesetzt hat. Nun kann er sich durch einen Klick auf das jeweilige Adjektiv die zugehörigen Ideen anzeigen lassen. Um entscheiden zu können, wie er die Präsentation aufbaut, lässt er sich den Ideenprozess chronologisch geordnet anzeigen. Dabei fallen ihm wieder die verschiedenen Situationen, wie zum Beispiel der McDonald‘s-Besuch mit seiner Nichte oder die Gartenparty in Charlottenburg ein. Jonas überlegt, ob er diese Momente in die Präsentation einbauen soll, beschließt aber, sich erst einmal die Inhalte der verschiedenen verwendeten Tags des Projektes anzusehen. Da wären zum einen die Adjektive, die sie im Briefing festgelegt haben. Er sieht, dass “mutig“ noch nicht mit Inhalten gefüllt ist. Ihm ist zwar bewusst, dass das nicht dramatisch ist, aber da er dem Tag “mutig“ zwei seiner Ideen zuordnet würde, holt er dies nach. Außerdem hat er die Tags “Website-Struktur“, “Visualisierung der Bereiche“ und “Seiten-Aufbau“ verwendet. Jonas überlegt sich, dass es sinnvoll wäre, die Präsentation in diese Bereiche zu gliedern. Er nimmt sich vor jedes Mal anzuzeigen, welche der vom Kunden genannten Beschreibungen er mit der jeweiligen Idee oder gestalterischen Lösung repräsentieren möchte. Die Situationen, welche zu den Ideen führten, will er nicht in seine Keynote-Präsentation einbauen. Dennoch beschließt er davon zu berichten und dadurch die Stimmung aufzulockern. Nach knapp einer Stunde ist er fertig mit der gesamten Präsentation. Die Bilder und Scribbles hat er direkt aus Bulb übernommen, die Sprachmemos und Texte leicht angepasst und alle Informationen in die gefundene Struktur gebracht. Mit dem Ergebnis sehr zufrieden setzt sich Jonas vor den Fernseher und gönnt sich eine Folge Sherlock. Präsentation beim Kunden; Zufriedenheit mit dem Ergebnis
Die Präsentation am nächsten Tag läuft sehr gut. Der Kunde ist von den Ideen und der Art wie Jonas arbeitet sehr angetan. Sie finden viele Themen, die sie im Gespräch vertiefen. Jonas übernimmt das gesamte Feedback in seine App und markiert die verschiedenen Ideen mit Hilfe des von Bulb bereitgestellten Bewertungssystems. So stellt er sicher, dass er später nicht an einer gestrichenen Idee weiterarbeitet und den Fokus auf die ausgewählten Konzepte legt. Andreas ist so glücklich über die interessante Präsentation und das tolle Ergebnis, dass er beschließt, Jonas in seinem Bekanntenkreis weiterzuempfehlen.
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4.3.4 Claims Analysis Im Problem Scenario wurden einige Schwierigkeiten aufgedeckt, die im Zusammenhang mit dem Festhalten von Ideen und Inspirationsquellen auftreten können. Die Claims Analysis des Problem Scenarios zeigte aber, dass die derzeitige Arbeitsweise der Persona auch postive Aspekte beinhaltet. Im Activity Scenario wurden diese positiven Aspekte aufgegriffen und die Schwierigkeiten mit Hilfe einer technischen Lösung, der geplanten App Bulb, gelöst. Nun gilt es, die verschiedenen Aspekte des Activity Scenarios in der Claims Analysis zu bewerten. Dabei liegt der Fokus auf der Anwendung Bulb. Projekt-Informationen aus dem Briefing in Bulb (iPhone) eintippen ++ Informationen wurden festgehalten und können nicht vergessen werden ++ Weitere Informationen können hinzugefügt werden ++ Es können andere Elemente wie Skizzen, Fotos und Sprachmemos hinzugefügt werden ++ Informationen festigen sich durch das Eintippen ++ Designer zeigt dem Kunden durch das Eintippen sein Interesse ++ Informationen sind immer verfügbar (iPhone, iPad, Browser) ++ Informationen können nicht verloren gehen, da sie in der Datenbank und den Geräten gespeichert sind ++ Informationen können nachträglich geändert/ überarbeitet werden ++ Das Smartphone ist leicht und braucht nicht viel Platz, daher kann es fast immer mitgenommen werden ++ Zeit und Datum des Aufschriebs werden automatisch abgespeichert ++ Der Ort des Aufschriebs wird automatisch abgespeichert -- Das Eintippen dauert lange -- Das Eintippen ist umständlich
Idee in Bulb (iPhone) eintippen ++ Idee wurde festgehalten und kann nicht vergessen werden ++ Weitere Ideen können hinzugefügt werden ++ Idee festigt sich durch das Eintippen ++ Idee ist immer verfügbar (iPhone, iPad, Browser) ++ Idee kann nicht verloren gehen, da sie in der Datenbank und den Geräten gespeichert ist ++ Idee kann nachträglich geändert/ überarbeitet werden
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++ Das Smartphone ist leicht und braucht nicht viel Platz, daher kann es fast immer mitgenommen werden ++ Es können andere Elemente wie Skizzen, Fotos und Sprachmemos hinzugefügt werden ++ Zeit und Datum des Aufschriebs werden automatisch abgespeichert ++ Der Ort des Aufschriebs wird automatisch abgespeichert ++ Idee kann mit anderen Ideen (über Tags, Reihenfolge..) in Beziehung gebracht werden -- Das Eintippen ist umständlich -- Das Eintippen dauert lange
Idee in Bulb (iPhone) einsprechen ++ Idee wurde festgehalten und kann nicht vergessen werden ++ Weitere Ideen können hinzugefügt werden ++ Idee festigt sich durch das Einsprechen ++ Idee ist immer verfügbar (iPhone, iPad, Browser) ++ Idee kann nicht verloren gehen, da sie in der Datenbank und den Geräten gespeichert ist ++ Idee kann nachträglich geändert/ überarbeitet werden ++ Das Smartphone ist leicht und braucht nicht viel Platz, daher kann es fast immer mitgenommen werden ++ Es können andere Elemente wie Skizzen, Fotos und Texte hinzugefügt werden ++ Zeit und Datum des Aufschriebs werden automatisch abgespeichert ++ Der Ort des Aufschriebs wird automatisch abgespeichert ++ Idee kann mit anderen Ideen (über Tags, Reihenfolge..) in Beziehung gebracht werden ++ Das Einsprechen ist natürlich und einfach ++ das Einsprechen geht schnell
Inspirationsquelle aus Blog (DesignMilk) und Niice in Bulb festhalten ++ Visuelle Inspirationsquelle ist bei Design Arbeiten besonders effektiv ++ Die Inspirationsquellensuche ist einfach und intuitiv ++ Informationen sind immer verfügbar (iPhone, iPad, Browser) ++ Informationen können nicht verloren gehen, da sie in der Datenbank und den Geräten gespeichert sind ++ Inspirationsquelle kann mit einem Klick in Bulb festgehalten werden ++ Inspirationsquelle kann jederzeit einfach wiedergefunden werden
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++ Inspirationsquelle kann mit einer Idee verknüpft werden ++ Es können andere Elemente wie Skizzen, Texte und Sprachmemos hinzugefügt werden ++ Inspirationsquelle (und die zugehörige Idee) kann mit anderen Ideen (über Tags, Reihenfolge..) in Beziehung gebracht werden ++ Zeit und Datum des Aufschriebes werden automatisch abgespeichert
Inspirationsquelle aus Pinterest Pinnwand in Bulb festhalten ++ Visuelle Inspirationsquelle ist bei Design Arbeiten besonders effektiv ++ Die Inspirationsquellensuche ist einfach und intuitiv ++ Informationen sind immer verfügbar (iPhone, iPad, Browser) ++ Informationen können nicht verloren gehen, da sie in der Datenbank und den Geräten gespeichert sind ++ Inspirationsquelle kann mit einem Klick in Bulb festgehalten werden ++ Inspirationsquelle kann jederzeit einfach wiedergefunden werden ++ Inspirationsquelle kann mit einer Idee verknüpft werden ++ Es können andere Elemente wie Skizzen, Texte und Sprachmemos hinzugefügt werden ++ Inspirationsquelle (und die zugehörige Idee) kann mit anderen Ideen (über Tags, Reihenfolge..) in Beziehung gebracht werden ++ Zeit und Datum des Aufschriebs werden automatisch abgespeichert
Inspirationsquelle mit der Kamera in Bulb festhalten ++ Inspirationsquelle wurde festgehalten und kann nicht vergessen werden ++ Weitere Inspirationsquellen können hinzugefügt werden ++ Datum, Zeit und Ort werden automatisch mit dem Foto verknüpft ++ Informationen sind immer verfügbar (iPhone, iPad, Browser) ++ Informationen können nicht verloren gehen, da sie in der Datenbank und den Geräten gespeichert sind ++ Das Smartphone ist leicht und braucht nicht viel Platz, daher kann es fast immer mitgenommen werden ++ Das Fotografieren ist einfach ++ Das Fotografieren geht schnell ++ Es können andere Elemente wie Skizzen, Texte und Sprachmemos hinzugefügt werden ++ Inspirationsquelle kann mit einer Idee verknüpft werden ++ Inspirationsquelle kann mit anderen Ideen in Beziehung gebracht werden
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4.4 Funktionen von Bulb Im Activity Scenario wurden einige Funktionen der Anwendung Bulb gezeigt. In diesem Kapitel, welches den Abschluss des Konzeptes darstellt, sollen alle Funktionen der App zusammengefasst werden. Das Szenario zeigt, wie wichtig es ist, dass der Designer Jonas Falk sowohl mit dem iPhone als auch vom Browser aus auf die Anwendung zugreifen kann. Auch das iPad wird im Konzept als ein wichtiges Zielmedium betrachtet. Durch seine Größe und das Multitouchdisplay eignet es sich hervorragend für schnelle Skizzen. Das im Vergleich zum iPhone größere Display erleichtert außerdem die Betrachtung des gesamten Ideenprozesses. Im Folgenden werden also die Funktionen der Bulb-App für die verschiedenen Endgeräte bzw. Zielmedien iPhone, iPad und Browser vorgestellt. • Idee/ Inspirationsquelle festhalten • Foto (mit der Kamera: iPhone, iPad) • Bild (per E-Mail oder als Link z.B. aus Pinterest oder Browser: vor allem iPhone, iPad) • Bild (über Browser-Add-On: Computer) • Foto/ Bild (aus lokalem Ordner) • Farbpalette (Bild) zusammenstellen • Text • Skizze (iPhone, iPad) • Sprachmemo (über das Mikrofon) • automatische Funktionen • Zeit, Datum beim Hinzufügen von Ideen speichern • Ort beim Hinzufügen von Ideen speichern • Ideen chronologisch ordnen • Projektinformationen (Stichwörter) in Tags umwandeln • Durch Auswahl einer Projektkategorie beim Anlegen des Projektes werden beim Hinzufügen von Ideen in dem Projekt automatisch entsprechende Tags bereitsgestellt • Verbleibende Zeit bis zur Deadline anzeigen lassen (von rechts reinziehen) • Aus allen Bildern im Projekt ein Moodboard nach Tags geordnet generieren lassen (iPhone: Durch Wechsel in Landscape-Modus, iPad & Browser: Über Button) • Überall in der App (iPhone & iPad) ruft das Halten des Fingers auf dem Screen die Ideeneingabe-Buttons auf • Ideen/ Inspirationsquellen dem Bewertungssystem gemäß darstellen
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• Idee/ Inspirationsquelle verwalten • Tags hinzufügen • weiteres Element (Text, Skizze, Foto/ Bild, Sprachmemo) hinzufügen • Idee/ Inspirationsquelle löschen (nur bei Fehleingabe) • Idee/ Inspirationsquelle als ausgewählte Idee/ Inspirationsquelle markieren und mit Kommentar versehen (Swipe über Idee von rechts nach links) • Idee/ Inspirationsquelle als aussortierte Idee/ Inspirationsquelle markieren und mit Kommentar versehen (Swipe über Idee von rechts nach links) • Idee aus einem Projekt in ein anderes Projekt einfügen (Swipe über Idee von links nach rechts) • Projekt verwalten • Neues Projekt hinzufügen (Titel, Kategorie, Stichwörter, Deadline) • (Projekt löschen) • Projekt als beendet markieren • Ideen/ Inspirationsquellen im Projekt chronologisch anordnen (automatisch) • Ideen/ Inspirationsquellen einer bestimmten Kategorie (Text, Skizze, Foto, Sprachmemo) anzeigen lassen • Ideen/ Inspirationsquellen mit einem Tag oder mehreren bestimmten Tags anzeigen lassen • Idee/ Inspirationsquelle suchen (Suchfeld) • Ideen/ Inspirationsquellen auf einer Karte anzeigen lassen • Inspirationsgalerie-Ansicht (Moodboard im Landscape-Modus bzw. durch Klick auf Button) • Ideen/ Inspirationsquellen markieren und als Link per E-Mail/ iMessage/ Facebook versenden (Link führt auf Bulb Website und ermöglicht der Person Feedback zu geben) • Ideen/ Inspirationsquellen markieren und exportieren (um sie in eine Präsentation einzubauen)
Gleich zu Beginn des Arbeitsprozesses mit Bulb treten einige wichtige Funktionen auf: Es geht um das Anlegen eines neuen Projektes. Im Szenario befindet sich der Designer beim Kunden. Hier speichert er alle wichtigen Informationen zum Projekt in Bulb ein. Zwei Funktionen kommen zum Tragen: Zum einen kann Jonas eine Projektkategorie auswählen (z.B. Webprojekt). Dadurch werden automatisch bestimmte vorgefertigte Tags mit dem Projekt verknüpft. Das heißt, wenn Jonas eine neue Idee hinzufügt, und das entsprechende Projekt auswählt, werden ihm automatisch die passenden Tags vorgeschlagen. Neben diesen Tags, die sich aus der Projektkategorie ergeben, findet Jonas hier auch die Projektstichwörter wieder, die er ebenfalls zu Beginn als Projektinformation hinzugefügt hat. So werden automatisch zum
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Funktionen beim Speichern eines Projektes
Projekt passende und gut ausgewählte Stichwörter als Tags bereitsgestellt. Diese Funktionen sind vor allem für Designer interessant, die sich nicht gerne mit dem sorgfältigen Anlegen von Tags beschäftigen. Gestengesteuerte Variante des Ideenhinzufügens
Einige Funktionen von Bulb stehen mit bestimmten Interaktionen in Verbindung (iPhone & iPad): So kann der Nutzer jederzeit und an jeder Stelle in der App durch das Halten seines Fingers auf dem Screen die Ideeneingabe-Buttons hervorrufen. Die verschiedenen Eingabemöglichkeiten öffnen sich rund um den Finger. Der Nutzer muss diesen dann nur in die entsprechende Richtung ziehen und gelangt zur ausgewählten Art des Hinzufügens von Ideen (z.B. Textform). Das ermöglicht es ihm, immer schnell neue Ansätze einzuspeichern, auch wenn er gerade in einem anderen Projekt vorherige Ideen browst. An dieser Stelle kommt eine weitere gestengesteuerte Funktion zum Tragen.
Kopieren einer Idee
Entdeckt der Nutzer beim Browsen eine Idee, die er in ein anderes Projekt einfügen will, so kann er dies ganz einfach tun, indem er mit dem Finger von links nach rechts über die Idee swipt. Es öffnet sich eine Übersicht aller Projekte. Der Nutzer wählt hier das entsprechende Projekt aus, wodurch die Idee automatisch in das Projekt mit neuem Datum und Ort eingefügt wird.
Markieren einer Idee
Ein Swipe über die Idee in die andere Richtung deckt zwei Möglichkeiten der Markierung der Idee (und einen Teilen-Button) auf. Befindet sich der Designer also beispielsweise im Feedback-Gespräch mit dem Kunden und bekommt die Info, dass eine bestimmte Idee nicht weiter verfolgt werden sollte, kann er dies hier markieren. Alternativ hat er die Möglichkeit die Idee als ausgewählt zu markieren. Zusätzlich kann er eine kleine Notiz einspeichern, falls der Kunde wichtige weiterführende Informationen liefert. Das gänzliche Löschen einer Idee ist dagegen nicht vorgesehen. Es geht nicht darum, Ideen zu bewerten – sie sollen jederzeit weiterentwickelt oder in einem anderen Zusammenhang wieder aufgenommen werden können.
Zusammenfügen von Ideen
Eine weitere wichtige Funktion, die über eine Interaktion ermöglicht wird, ist das Zusammenfügen von zwei oder mehreren Ideen. Findet der Nutzer zwei Ideen in seiner Sammlung, die inhaltlich verknüpft sind, aber nicht gemeinsam hinzugefügt wurden, so kann er die eine Idee nehmen und auf die andere ziehen (dazu muss er den Finger auf dem Ideenicon halten, sodass diese Interaktion nicht mit der Interaktion zum Aufrufen der Ideenbuttons verwechselt werden kann). Die Ideen werden automatisch vereint und gemeinsam in der Timeline angezeigt.
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Will der Nutzer die Zeit bis zur Deadline des aktuellen Projektes überprüfen, so kann er sich diese von rechts hereinziehen. Die verbleibende Zeit wird ihm dadurch nur dann angezeigt, wenn er dies explizit wünscht.
Anzeigen der Deadline
Die letzte wichtige Funktion, welche durch eine spezifische Interaktion bereit gestellt wird, ist die Moodboard-Ansicht. Wechselt der Nutzer mit seinem iPhone in den Landscape-Modus, so werdem ihm alle Bilder seiner Ideen-Timeline in einer Art Moodboard angezeigt.
Moodboard Ansicht
Abgesehen von den vorgestellten Funktionen wurde auch eine automatische Präsentationsfunktion angedacht. Der Nutzer hätte so die Möglichkeit gehabt, all seine Ideen und Inspirationsquellen in Bulb automatisch in Präsentationsform zu bringen. Gemeinsam mit dem Kunden hätte er in der Präsentation die Ideen bewerten und aussortieren können. Jedoch wurde von dieser Option abgesehen, da sonst die Gefahr besteht, dass der Nutzer beim Abspeichern seiner Ideen stets darüber nachdenkt, ob sie sich für eine Präsentation eignen und ob die Formulierung schön genug ist. Dieses Aussortieren zu Beginn des Ideenfindungsprozesses ist bekanntermaßen destruktiv und verhindert oftmals spannende Einfälle.
Keine automatische Präsentationsfunktion
Da jedoch in den Interviews deutlich wurde, dass es vielen Designern wichtig ist, an bestimmten Punkten im Design-Prozess Feedback zu bekommen, wurde eine “Teilen-Funktion“ angedacht. Der Nutzer kann so eine oder mehrere Ideen mit einer anderen Person teilen. Diese erhält einen Link zu einer Website, auf der die Idee präsentiert wird und welche die Möglichkeit bietet, Kommentare hinzuzufügen. Diese Kommentare werden dann automatisch in der Bulb App des Designers angezeigt.
Teilen von Ideen
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5. GESTALTUNG Im Scenario-Based Design würde an dieser Stelle das Information Design folgen, mit dem Ziel Information Scenarios darzustellen. Da es in den Information Scenarios primär um die Visualisierung wahrnehmbarer Informationen geht, wird hier auf die Ausformulierung verzichtet und stattdessen mit Wireframes und Screendesigns gearbeitet. Darüber hinaus soll in diesem Kapitel eine Typografie ausgewählt, ein Farbkonzept gefunden und ein Icons entwickelt werden.
5.1 Wireframes Wireframes werden hier angewendet, um verschiedene Möglichkeiten der Informationsdarstellung und -anordnung zu testen. Daraus wird eine Variante ausgewählt und weiterentwickelt. Hartson und Pyla (2012, S.340) beschreiben den Zweck von Wireframes: „They are used to illustrate high-level concepts, approximate visual layout, behavior, and sometimes even look and feel for an interaction design.“ Sie zählen verschiedene Möglichkeiten der Darstellung auf, darunter auch die “Sketchy Wireframes“. Greenberg et al. (2012, S.4) nennen verschiedene Vorteile des Skizzierens allgemein, wie zum Beispiel, dass mit Hilfe von Skizzen die Ideen kreativer und offener angegangen werden. Durch die Möglichkeit Ideen schnell festzuhalten, können zudem Konzepte gefunden und erkundet werden, so Greenberg et al. (2012, S.4). Skizzen, die mit wenig Aufwand erstellt wurden, können leichter verworfen werden. Die Skizze sagt: „I am disposable, so don‘t worry about telling me what you really think, especially since I am not sure about this myself.“ (Buxton, 2007, S.106). Aus diesen verschiedenen Gründen werden die Wireframes hier skizzenartig umgesetzt und anschließend im Visual Design verarbeitet.
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5.1.1 Design Space (Gestaltungsvarianten) Für den Startscreen wurden verschiedene Varianten in Form von skizzierten Wireframes ausgearbeitet. Der Startscreen ist die wichtigste Ansicht der gesamten App. In den Interviews wurde von verschiedenen Designern betont, dass die wichtigste Eigenschaft einer App zum Festhalten von Ideen ihre Schnelligkeit und einfache Handhabung ist. Es geht also darum, möglichst schnell und einfach spontane Ideen auf verschiedene Arten (Text, Sprachmemo, Skizze, Foto) festzuhalten. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, muss der Startscreen so gestaltet werden, dass er beim Einspeichern der Ideen keine Barriere darstellt. Dieser Faktor fällt unterwegs am schwersten ins Gewicht, weshalb er das iPhone am stärksten betrifft. Der Startscreen wird deswegen exemplarisch am iPhone erarbeitet.
Gestaltungsvarianten des iPhone Startscreens
Die erste Variante (Abb. 11) zeigt beim Öffnen der App eine sehr reduzierte Oberfläche. Der Nutzer ließt die Worte “Touch Me“ und weiß dadurch sofort, was er tun soll. Durch die Reduzierung der Information auf diese konkrete Anweisung wird sichergestellt, dass der Nutzer nicht von seinem Vorhaben abgelenkt wird. Berührt er nun die Oberfläche, so poppen die vier verschiedenen Speichermöglichkeiten auf, die er durch Swipe auf das entsprechende Element auslösen kann. Jedoch stellt dieser Vorgang einen unnötigen Zwischenschritt dar. Es wäre bessser, wenn dem Nutzer sofort nach dem Öffnen der App die verschiedenen Eingabemöglichkeiten angeboten würden.
Die erste Variante (Abb. 11)
Um dieses Problem zu lösen wurde eine zweite Variante erarbeitet (Abb.12). Hier sieht der Nutzer nach dem Öffnen lediglich vier große Buttons, die jeweils über ein Icon die vier Möglichkeiten der Eingabe präsentieren. Der Vorteil dieser Variante ist, dass der Fokus ganz klar auf der Eingabe der Idee liegt. Jedoch gibt es weitere Vorgänge, die der Nutzer nach dem Öffnen der App durchführen möchte. Dazu gehört, bereits eingetragene Ideen zu betrachten oder seine Projekte zu öffnen. Diese Version des Startscreens bietet jedoch keine direkte Möglichkeiten auf die genannten Bereiche zuzugreifen.
Die zweite Variante (Abb. 12)
Die dritte Variante (Abb. 13) erlaubt es dem Nutzer vom Startscreen aus sowohl eine Idee (Text, Sprachmemo, Skizze, Foto) einzuspeichern, als auch auf seine gespeicherten Ideen und die verschiedenen Projekte zuzugreifen. Diese beiden genannten Bereiche liegen hier auf einer Ebene. Sowohl die Projekte als auch die Ideen werden erst durch einen Zwischenschritt (Klick auf den Button) erreicht. Jedoch ist es für den Nutzer besonders wichtig, die
Die dritteVariante (Abb. 13)
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Abb. 11: Wireframes der ersten Variante des Bulb-Startscreens auf dem iPhone
Abb. 12: Wireframe der zweiten Variante des Bulb-Startscreens auf dem iPhone
Abb. 13: Wireframe der dritten Variante des Bulb-Startscreens auf dem iPhone
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Abb. 14: Wireframe der vierten Variante des Bulb-Startscreens auf dem iPhone
Abb. 15: Wireframe der f端nften und finalen Variante des Bulb-Startscreens auf dem iPhone
Abb. 16: Farbige Wireframes der f端nften und finalen Variante des Bulb-Startscreens auf dem iPhone
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zuletzt eingetragenen Ideen direkt zu sehen. Es ist gut möglich, dass er mit der neuen Idee an eine vorangegangene anknüpft und deswegen den Eintrag zur alten Idee hinzufügen will, oder dass er sich eine Orientierung im Ideenfindungsprozess verschaffen möchte. Die vierte Variante (Abb. 14)
Aus diesen Gründen wurde die vierte Variante (Abb. 14) gestaltet. Die vier Eingabemöglichkeiten wurden ganz unten platziert, da hier die natürliche Position des Daumens ist. Der Platz darüber wird für die zuletzt eingespeicherten Ideen genutzt. Auf die Projekte greift der Nutzer über den Button oben links in der Leiste zu. Hier erreicht er zudem verschiedene Einstellungen. Das Problem dieser Variante ist, dass die chronologisch geordneten Ideen nach oben hin wachsen. Dies macht im Hinblick auf die Timeline-Metapher wenig Sinn. Zudem ist dieses Verhalten (der Ausgangszustand ist unten und der Nutzer muss nach oben scrollen) unnatürlich und ungewohnt.
Die fünfte und finale Variante (Abb. 15&16)
Alle diese Varianten und das Wissen um ihre Probleme und Kritikpunkte mündeten in der fünften und finalen Form des Startscreens (Abb. 15 & 16). Die Buttons zur Ideeneingabe sind groß genug, um sie mit dem Daumen leicht zu treffen. Nutzer mit sehr kleinen Händen können diese Eingabemöglichkeit zudem nach wie vor über das Halten des Daumens auf dem Bildschirm erreichen. An seine Projekte gelangt der Nutzer über die Menüleiste oben.
5.1.2 Wireframes der Gestaltungsvariante Die gefundene Gestaltungsvariante soll in diesem Kapitel weiter ausgearbeitet werden. Dazu wurde der Vorgang “Idee in Textform hinzufügen“ mit Hilfe von Wireframes visualisiert. Das gewählte Zielmedium ist auch hier das iPhone. Der erste Screen in Abbildung 17 zeigt den schon bekannten Startscreen. Dieser ist der Ausgangszustand der App und des Vorgangs: “Idee in Textform hinzufügen“. Hier klickt der Nutzer auf den mit einem Text-Icon gekennzeichneten Button oben links. Er erreicht direkt die Texteingabe (Screen 2, Abb. 17). Hierbei war es den Autoren besonders wichtig, dass der Nutzer den erwarteten und gewünschten Vorgang sofort durchführen kann. Weitere Informationen zur Idee sollen nicht in diesem Schritt eingegeben werden können, da sie von dem eigentlichen Vorhaben, dem Festhalten der Idee, ablenken könnten. Erst im folgenden Schritt (Screen 3, Abb. 17) kann
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3
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Abb. 17: Wireframes des Vorganges “Idee in Textform hinzufügen“ in der Bulb-App auf dem iPhone
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Abb. 18: Wireframe des Bulb-Startscreens auf dem iPad
Abb. 19: Wireframe des Bulb-Startscreens im Browser
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der Nutzer zusätzliche Informationen zu seiner Idee eingeben. Hier wählt er zunächst das Projekt aus. Die im Projekt angelegten Adjektive (Projektinformationen) sind so automatisch in der Tag-Liste vorhanden und können neben weiteren im Projekt verwendeten Tags ausgewählt werden. Alternativ kann der Nutzer hier neue Tags erstellen. Abgesehen von den Tags hat der Nutzer hier die Möglichkeit einen Titel für seine Idee festzulegen. Der Ort, an dem die Idee eingespeichert wurde, wird automatisch bestimmt. Jedoch kann der Nutzer diesen verändern. Gleiches gilt für Uhrzeit und Datum. Nachdem er alle Einträge bestätigt hat, gelangt er in die Übersicht seiner hinzugefügten Idee (Screen 4, Abb. 17). Diese kann er entweder über den Button oben rechts bearbeiten oder er kann mit Hilfe der inzwischen bekannten Buttons in der unteren Leiste ein neues Ideen-Element hinzufügen. Der Button oben links bringt den Nutzer zur Ideen-Timeline zurück. Damit der Unterschied zwischen dem iPhone-Interface und dem iPad sowie dem Browser-Interface deutlich wird, wurde für diese beiden Zielmedien exemplarisch der Startscreen in Form von Wireframes ausgestaltet. Abbildung 18 zeigt das iPad-Interface und Abbildung 19 das des Browsers.
5.2 Visual Design Nachdem mit den Wireframes der grobe Aufbau der Anwendung auf den verschiedenen Zielmedien visualisiert wurde, geht es in diesem Kapitel nun darum, das Design auszuarbeiten. Dazu gehört eine Typografie auszuwählen, ein Raster für die Anwendung zu finden, ein Farbkonzept zu wählen und Icons zu gestalten.
5.2.1 Typografie Zunächst soll hier eine gut lesbare Typografie gefunden werden. Dieser Faktor ist für die Anwendung besonders wichtig. Die Typografie darf keine Barriere darstellen und der Nutzer darf nicht von einem auffälligen Schriftbild abgelenkt werden. Bis vor einigen Jahren unterschieden sich die Anforderungen an die Schrift, die sich aus der Lesbarkeit am Bildschirm ergaben, grundlegend von denen im Druck. Das war vor allem durch die relativ niedrige Auflösung der Bildschirme bedingt. So wurde hier bisher von kursiven oder serifenbetonten Schriften abgeraten. Zudem wurden vermehrt Schriften mit großer x-Höhe empfohlen, um dadurch die Punzen auch bei niedriger
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Anforderungen an die Lesbarkeit im Web und im Print
Pixelzahl erkennbar zu halten. Diese Unterschiede verschwimmen mit zunehmender Auflösung jedoch immer mehr. Durch die Verbreitung sogenannter “Retina-Displays“ können die Empfehlungen aus dem Print mehr und mehr auch für Web-Typografie angewendet werden. Retina-Diplays sind hochauflösende Bildschirme, deren einzelne Pixel bei üblichem Betrachtungsabstand mit dem bloßen Auge nicht mehr erkannt werden können. Der Wandel der Anforderung an Bildschirm Typografie
Dennoch findet man neben diesen hochauflösenden Displays nach wie vor Bildschirme mit Auflösungen, die einzelne Pixel erkennen lassen. Die Anforderungen an die Schrift haben sich demnach, ebenso wie die Anforderungen an das Screendesign allgemein, stark gewandelt. Die Unterscheidung zwischen Print und Web ist inzwischen nicht mehr so wichtig wie die Unterscheidung verschiedener digitaler Medien.
Responsive Webdesign
Der Aufbau einer Website orientiert sich im “Responsive Webdesign“ bereits sehr effektiv an der Größe des Mediums. So kann sich das Layout mit Hilfe sogenannter “Media Queries“ und relativer Größenangaben an die Breite und Auflösung des verwendeten Bildschirms anpassen. Die starke Fragmentierung der Auflösungen erlaubt hier jedoch keine individuelle Gestaltung. Die Elemente der Website wachsen prozentual mit steigender oder abnehmender Breite. An bestimmten “breakpoints“ (Auflösung oder Bildschirmbreite) verändert sich zusätzlich der Aufbau der Website. Diese Layout-Veränderungen werden mit Hilfe der erwähnten Media Queries realisiert. Marcotte (2010), der als Begründer des Responsive Webdesigns angesehen wird, erklärt dieses Konzept folgendermaßen: „Rather than tailoring disconnected designs to each of an ever-increasing number of web devices, we can treat them as facets of the same experience.“
Responsive Typography
Mit der Typografie versucht man sich an diesem Konzept zu orientieren. Das Stichwort lautet: “Responsive Typography“. Das Ziel dabei ist jedem Endgerät ein ähnliches bis gleiches Schriftbild zu verleihen und die Lesbarkeit dem Leseabstand gemäß zu optimieren, wie auch Reichenstein (2012b) erklärt. So sollte die Schrift auf einem Smartphone kleiner und fetter dargestellt werden (Reichenstein, 2012a), damit die Wortanzahl pro Zeile gleich bleibt und die Schrift ähnlich wirkt. Die optimale Schriftgröße kann also je nach Bildschirm stark variieren und liegt auf einem Smartphone bei etwa 16 px und bei einem Monitor bei bis zu 21 px, so Zilligens (2013). Im Optimalfall passt sich die Typografie automatisch an den Leseabstand und die Auflösung des Gerätes an. Im Web wird dies ebenfalls mit Hilfe der Media Queries erreicht. Schlüsselfaktor ist hier die Auflösung, die auf das verwendete Endgerät schließen
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lässt. Dadurch kann der Abstand des Lesers zum Gerät vorhergesagt werden, welcher unmittelbar die Größe des Textes bestimmt: „The size of your body text doesn’t depend on your personal preference. It depends on reading distance.“ (Reichenstein, 2012b). Diese Vorhersage wird jedoch immer ungenauer, da die Auflösungen der verschiedenen Endgeräte zunehmend ähnlicher werden. Abgesehen von den genannten individuellen Empfehlungen zur Webtypografie gibt es einige grundlegende Regeln, die sowohl für Typografie im Web als auch im Print gelten. Darunter zum Beispiel Regeln für den Zeilenabstand, den Wortabstand und die Laufweite. Lehnert (2013) gibt hier dennoch “Orientierungspunkte“, die sich konkret auf digitale Medien beziehen. Er spricht bewusst von Orientierungspunkten, da es seiner Meinung nach keine Patentlösung zur Lesbarkeit am Bildschirm gibt. Die richtige Lösung hänge von individuellen Gegebenheiten der Schrift ab. Folgende Orientierungspunkte beschreibt Lehnert (2013) für Fließtexte auf Bildschirmen:
Typografische Grundregeln für die Lesbarkeit
• Der optimale Zeilenabstand liegt zwischen 120% und 145% der Schriftgröße • Die optimale Schriftgröße sollte sich zwischen 14 px und 24 px bewegen • Die optimale Zeilen hat eine Länge von 45 bis 90 Buchstaben
Damit wurden einige der wichtigsten Faktoren für die Lesbarkeit eines Textes genannt. Neben diesen Eigenschaften, die der Typograf selbst beeinflussen kann, ist aber auch die Schrift an sich entscheidend. „Der Grad der Lesbarkeit wird durch die Deutlichkeit der einzelnen Buchstaben und deren Entzifferbarkeit (engl.: >legibility<) und durch die Gestaltung der Schrift (engl.: >readability<) bestimmt.“ (Williams & Hildebrandt, 2013, S.61). Deswegen muss die Schrift mit Bedacht ausgewählt werden. Die x-Höhe einer Schrift spielt vor allem bei Bildschirmen mit geringer Auflösung eine große Rolle. Hier sollten bevorzugt Schriften mit großer Mittellänge ausgesucht werden, sodass diese auch bei geringer Schriftgröße gut lesbar bleiben (Forssmann & de Jong, 2002, S.88). Abgesehen davon muss die Schrift eine gute Unterscheidbarkeit ähnlicher Buchstaben ermöglichen. Nach Williams und Hildebrandt (2013, S.63) bedeutet dies, dass die Schrift so konstruiert sein sollte, dass das Auge mühelos Buchstaben unterscheiden und somit alle Wörter erkennen kann.
Über die Lesbarkeit bestimmende Eigenschaften der Schrift
Jedoch entscheidet nicht nur die Lesbarkeit der Schrift über deren Auswahl. Es geht genauso um Zweck und Aussage. Das erkennt auch van Aaken (2013, S.102-103) im Kapitel: “Schriftwahl konkret: Was nimmt man?“ Für die
Weitere Faktoren für die Auswahl einer Schrift
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Bulb Bulb Bulb Bulb
Bulb Bulb
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{
Lato (Black, Bold, Regular, Light und Bold Italic)
Das “g“ ist zu verspielt
nicht ausgewählt
Zu wenige Schriftschnitte
Bulb Bulb Bulb Bulb Lorem ipsum dolor sit amet, cons tur sadipscing elitr, sed diam nonumy eirm
viele Schriftschnitte
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wirkt positiv, freundlich
Source Sans Pro (Black, Bold, Semibold, Regular und Bold Italic)
Abb. 20: Auswahl der Source Sans Pro aus den drei verschiedenen Fonts: Lato, PT Sans und Source Sans Pro
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Bulb-Anwendung ist entscheidend, dass sich die Schrift zurückhält und den Nutzer nicht vom Inhalt und seinem Vorhaben eine Idee einzuspeichern ablenkt. Dennoch sollte die Schrift freundlich, einladend, positiv und motivierend und auf keinen Fall ernst wirken. Der Designer muss in seiner kreativen Stimmung bleiben, das soll auch die Schrift unterstützen. Alle genannten Kriterien reduzierten die Auswahl auf die drei Schriften: Lato, PT Sans und Source Sans Pro (Abb. 20). Darunter wurde die Source Sans Pro ausgewählt. Die Source Sans Pro besteht aus 12 verschiedenen Schriftschnitten. So erlaubt sie einen sehr differenzierten Umgang sowohl innerhalb der Texte in der Anwendung als auch zwischen verschiedenen Endgeräten. Die Lesbarkeit dieser Schrift wird, abgesehen von den bereits genannten Faktoren, durch die größere Oberlänge der Minuskeln im Vergleich zu den Majuskeln verbessert. Ein sehr wichtiger Faktor war auch die Wirkung der Schrift. Die Entscheidung fiel schnelll auf eine serifenlose Schrift, um das Schriftbild möglichst neutral zu halten. Die Source Sans Pro vermittelt darüber hinaus optimal die gewünschten Eigenschaften: freundlich, einladend, positiv, kreativ und motivierend.
Auswahl der Schrift für Bulb
5.2.2 Farbkonzept Da die Anwendung einen kreativen Arbeitsprozess unterstützen soll und sie dennoch den Nutzer nicht vom Festhalten seiner Ideen ablenken darf, ergeben sich auch an die Farbwahl bestimmte Anforderungen. In diesem Kapitel soll deswegen erklärt werden, wie beim Auswählen eines Farbkonzeptes vorgegangen wurde und welche Entscheidungen aus welchen Gründen getroffen wurden. Zunächst einmal ging es darum, Anregungen für mögliche Farbpaletten zu finden. Da es sich, im weitesten Sinne, um eine Kreativitätsanwendung für Designer handelt, wurde hierfür bildfokussierte (Design-)Literatur zu Rate gezogen. Die Suche brachte verschiedene interessante Farbpaletten hervor (Abb. 21-24). Jedoch fehlte hier der inhaltliche Bezug zur Anwendung. Da die Glühbirne bereits Namensgeber der Anwendung ist, wurde entschieden, diese Metapher auch für die Farbwahl zu verwenden. Die Glühbirne steht hier stellvertretend für den “Geistesblitz“ und sie ist zudem ein wohl bekanntes Symbol für Ideen. Also wurde dieser neue Ansatz probiert und verschiedene Glühbirnen-Fotografieren untersucht. Abbildung 25 zeigt ein Ergebnis dieser Betrachtungen. Die sorgfältig pipettierten Farben brachten jedoch
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Farbpaletten
Abb. 21: Farbpaletten basierend auf Fotografien in â&#x20AC;&#x153;Geliebtes zu Hauseâ&#x20AC;&#x153; (IKEA Family, 2007)
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Abb. 22: Farbpaletten basierend auf Fotografien in â&#x20AC;&#x153;Impressiveâ&#x20AC;&#x153; (Klanten & Hellige, 2011)
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Abb. 23: Farbpaletten basierend auf Fotografien in “Typography 31“ (Type Directors Club, 2010)
Abb. 24: Farbpalette basierend auf einer Fotografie in “Typography 31“ (Type Directors Club, 2010, S.112)
Abb. 25: Farbpaletten basierend auf der Fotografie einer Glühbirne von McCarthy (2008)
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nicht das gewünschte Ergebnis. Sie wirkt zu trist und eher deprimierend bzw. demotivierend. Deswegen wurde die Farbbetrachtung anschließend abstrakter gehalten. Eine Glühbirne wird in erster Linie mit Gelb- und Orangetönen in Verbindung gebracht. Stone, Adams und Morioka (2006, S.26-29) erklären die Bedeutung und Wirkung dieser Farben. Gelb stehe für Intellekt, Weisheit, Optimismus, Ausstrahlung, Freude und Idealismus, jedoch auch für Eifersucht, Feigheit, Betrug und Vorsicht. Zwei dieser Eigenschaften, nämlich Optimismus und Freude, entsprechen dem, was die App austrahlen soll. Orange, so Stone, Adams und Morioka (2006, S.26-29), vermittelt die positiven Eigenschaften:
Die Glühbirne und Farbsemantik als Inspirationsquelle für die Farbwahl
• Kreativität • Kräftigung • Einzigartigkeit • Energie • Lebhaftigkeit • Stimulation • Geselligkeit • Gesundheit • Laune • Aktivität
Nahezu alle diese Eigenschaften können mit der gewünschten Wirkung der Anwendung in Verbindung gebracht werden. Kreativität ist offensichtlich eine davon. Aber auch Energie, Lebhaftigkeit, Aktivität, Stimulation und Einzigartigkeit sind wichtige Aspekte der angestrebten Wirkung. Die Farbe kann jedoch auch mit negativen Eigenschaften verbunden werden, so Stone, Adams und Morioka (2006, S.26-29). Diese sind: Grobheit, Modernität (Trendiness) und Lautheit. Jedoch ist Modernität eine Eigenschaft, die für eine Anwendung für Designer nicht unbedingt schlecht ist. In den Interviews wurde öfter erwähnt, dass die Optik der Anwendung eine wichtige Rolle spiele. In diesem Zusammenhang wurde auch vom “modernem Flat Design“ gesprochen. Die Farbe Orange ist also nicht nur aufgrund ihrer positiven Eigenschaften, sondern auch trotz einiger negativer Wirkungen perfekt für die Bulb-App geeignet. Also wurde Orange als Akzentfarbe der App gewählt. Diese muss jedoch auch im Kontext des Interfacedesigns funktionieren. Die Wirkung der Farbe im Layout sowie deren Einsatz und Konzentration wurde deswegen in ersten konkreten Screendesigns getestet (Abb. 26-27). In einem ersten Ansatz
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Testen der gewählten Farbe Orange im Interface; Variante 1 und 2 (Abb. 26)
Abb. 26: Variante 1 und Variante 2 der Farbgestaltung im Startscreen von Bulb
Abb. 27: Variante 3 und die finale Variante 4 der Farbgestaltung im Startscreen von Bulb
134
(Abb. 26, Variante 1 und Variante 2) wurden die wichtigsten Buttons vollständig orange eingefärbt. Es handelt sich um die Buttons, welche zu den verschiedenen Möglichkeiten des Festhaltens von Ideen führen. Die Absicht bei der Konzeption dieser Gestaltungsvarianten war, den Fokus eindeutig auf den orange eingefärbten Bereich zu legen. Jedoch sind die Buttons in diesem Ansatz so leuchtend und auffällig, dass sie den Nutzer abgelenken könnten. Die beiden Varianten in Abbildung 26 zeigen zudem eine unterschiedliche Ausführung der Ideen-Timeline, eine dunkle und eine helle. Die dunkle hält sich sehr zurück und ist relativ unauffällig, jedoch sticht die helle Schrift auf einem selbstleuchtenden Display stark ins Auge. Diese Variante wirkt sehr düster und eher negativ. Die helle Variante wirkt dagegen freundlich und sie passt besser zur Notizbuchmetapher. Darüber hinaus bietet sie ein angenehmeres Lesegefühl und sie hebt die zuletzt eingespeicherten Ideen stärker hervor. In der dritten und vierten Variante wurde ein Ansatz ohne die vollständig orange eingefärbten Buttons getestet (Abb. 27). Hier sind lediglich die Icons bzw. in Variante 3 die Konturen eingefärbt. Der Vorteil dieser beiden Formen ist, dass der Nutzer nach dem Öffnen der App nicht von den orangenen Flächen abgelenkt werden kann. Allerdings sind die orangenen Konturen der dritten Variante ebenfalls sehr auffällig und könnten deswegen einen vergleichbaren Effekt haben. Von allen vorgestellten Varianten bevorzugen die Autoren die vierte. Die wichtigen Buttons oben sind groß genug, dass sie gleich entdeckt werden und leicht gedrückt werden können. Die Akzentfarbe wurde dezent eingesetzt, sodass das Layout ruhig und freundlich wirkt. Die beiden Teile des Startscreens werden über einen hell-dunkel Kontrast voneinander getrennt. Auf den dunklen Buttons wirken die orangenen Icons besonders gut und auf dem hellen Hintergrund ist die Schrift der Ideen-Timeline optimal lesbar.
Variante 3 und 4 (Abb. 27)
Am Beispiel des Startscreens lässt sich das Farbkonzept also folgendermaßen zusammenfassen: Als einzige Farbe wird in der Applikation Orange eingesetzt. Da diese Farbe nicht ablenken darf, wird das Orange sehr dezent und lediglich als Farbakzent Verwendung finden. So sollen beispielsweise wichtige Elemente oder Meldungen orange hervorgehoben werden. Die
Zusammenfassung des Farbkonzeptes
Basis der Anwendung ist jedoch ein Zusammenspiel aus sehr dunklen, ruhigen Grautönen und hellen, warmen Grautönen. Diese bilden einen guten Kontrast zu orange aber kontrastieren auch untereinander. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit über Grauabstufungen bestimmte Bereiche voneinander abzugrenzen.
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Abb. 28: Scribbles der Icons für die vier verschiedenen Ideen-Eingabemöglichkeiten
Abb. 29: Digitale Entwürfe der Icons für die vier verschiedenen Ideen-Eingabemöglichkeiten
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5.2.3 Icons In den ersten Layouts im Kapitel 5.2.2 “Farbkonzept“ kamen bereits einige Icons zum Einsatz. Dabei handelte es sich aber um frei verfügbare und nicht von den Autoren erstellte Icons. Jedoch sollen auch die Icons zur gewünschten Anmutung der App passen und sich in das Design möglichst optimal einfügen. Aus diesem Grund werden in diesem Kapitel verschiedene Icons für die Verwendung in der App sowie ein App-Icon für die Bulb Anwendung gestaltet. Ein wichtiger Aspekt dabei ist, dass die Icons alle die gleiche Anmutung haben. Diese sollte, wie bereits erwähnt, zur gesamten App passen. Eine einheitliche Wirkung kann durch die Vereinheitlichung bestimmter formaler Aspekte der Icons erreicht werden. Auch Abdullah und Hübner (2006, S.38) gehen auf diesen Punkt ein: „Formal elements such as line, surface and colour are used consistently to give a related appearance to the individual symbols.“ Sie zählen konkrete Formelemente auf, die zu einer konsistenten Gestaltung vereinheitlicht werden können und teilen diese in vier Kategorien: „STRUCTURE – the use of dots, lines, shapes and planes; FILL – whether it is empty, fully or partially filled; LINE QUALITY – open, closed or blurred; and finally STYLE – structured, sketchy, firm, fuzzy or fragmented.“
Einheitliche Wirkung der Icons
Abgesehen davon können verschiedene inhaltliche Ebenen für die vier Icons (Text hinzufügen, Skizze hinzufügen, Sprachmemo hinzufügen und Bild hinzufügen) verwendet werden. Abbildung 28 visualisiert zwei verschiedene mögliche Ebenen: Zum einen Metaphern, die sich auf die Eingabe beziehen (Werkzeug-Metapher: Kugelschreiber, Bleistift, Mund, Kamera), als auch Metaphern, welche das Ergebnis repräsentieren (Text, Skizze, Tonaufzeichnung, Bild). Auf Basis dieser Erkenntnisse wurden verschiedene Icons entworfen. Abbildung 29 zeigt eine Übersicht über die ersten Entwürfe basierend auf den Skizzen. Die beiden Varianten unterscheiden sich in ihrer Wirkung grundlegend. Innerhalb jedes Sets ähneln sich die einzelnen Icons jedoch aufgrund der gleichen Formeigenschaften stark. Eine weitere wichtige Anforderung war, dass die Icons den Charakter der App wiederspiegeln. Die Icons in der ersten und zweiten Reihe wirken sehr freundlich und würden somit zur gewünschten App-Wirkung passen. Die vielen Details und unterschiedlichen Strichstärken könnten jedoch ablenkend wirken. Die unteren beiden Reihen dagegen sind sehr einfach. Die einzelnen Icons können aber schwerer
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Gestaltung und Auswahl von Icons für Bulb
Abb. 30: Varianten der finalen Icons fĂźr die vier verschiedenen Ideen-EingabemĂśglichkeiten
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Abb. 31: Finale Icons fĂźr die vier verschiedenen Ideen-EingabemĂśglichkeiten
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identifiziert werden, da sie sich in der Form sehr ähneln. Deswegen wurde ein neuer Ansatz gewählt. Abbildung 30 zeigt eine Übersicht verschiedener Varianten der finalen Icons. In Abbildung 31 wurde die Auswahl zusammengefasst. Auch diese Icons wurden sehr einfach gehalten. Insgesamt kam nur eine Strichstärke zum Einsatz und auf Details wurde gänzlich verzichtet. Alle Ecken sind rund und wurden durch identische Kreise konstruiert. Die starken Rundungen lassen die Icons freundlich und weich wirken. Durch den Verzicht auf Details und unterschiedliche Strichstärken funktionieren sie auch in kleineren Größen. Neben den Icons zur Verwendung in der App wurde auch ein App-Icon gestaltet. Passend zum Namen und zur Metapher der Anwendung wird hier die Glühbirne erneut aufgegriffen (Abb. 32). Weitere für die Bulb-App gestaltete Icons befinden sich auf der beigelegten DVD.
Abb. 32: App-Icon von Bulb
5.3 Screendesign Die Wireframes, welche den Aufbau der App visualisieren, das Farbkonzept und die Icons bilden die Grundlage für das Screendesign. Hier wird nun das Layout der Bulb-Applikation erarbeitet. Um dabei möglichst nahe am Scenario-Based Design zu bleiben, wurden einzelne Prozesse des Szenarios analysiert und die jeweiligen Screens in Photoshop umgesetzt. Obwohl der Scenario-Based Design-Prozess vorsieht, dass im Information Design noch keine Interaktionen beschrieben werden, wird hier bereits auf die verschiedenen Gesten eingegangen. Diese werden dann im Prototyp erfahrbar gemacht. Insgesamt wurden sechs verschiedene Prozesse visualisiert. Davon spielen sich vier auf dem iPhone, einer auf dem iPad und einer im Browser ab: 1. Projekt hinzufügen (iPhone) 2. Idee hinzufügen (iPhone) 3. Inspirationsquelle aus Niice speichern (Browser)
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Große, leicht zu erreichende Buttons für das schnelle Einspeichern spontaner Ideen
Übersicht der letzten Ideen für die Orientierung im Arbeitsprozess
Abb. 33: Bulb-Startscreen auf dem iPhone
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4. Inspirationsquelle aus Pinterest speichern (iPad) 5. Ideen zusammenfügen (iPhone) 6. Idee markieren (iPhone)
In den folgenden Kapiteln wird jeder dieser sechs Prozesse kurz vorgestellt und einzelne Screendesigns präsentiert. Die Screens der gesamten Prozesse sind wiederum auf der beigelegten DVD zu finden.
5.3.1 Projekt hinzufügen (iPhone) Verortung des Prozesses im Szenario
Der Prozess “Projekt hinzufügen“ spielt sich am Anfang des Szenarios ab. Er zeigt die erste Interaktion mit Bulb. Jonas befinden sich gerade im Meeting mit seinem neuen Kunden Andreas Böhm, Geschäftsführer bei 90Grad. Andreas erklärt Jonas, auf welche Bereiche sich das Architekturbüro spezialisiert hat und nennt verschiedene Adjektive, welche die gewünschte Wirkung von 90Grad am besten zusammenfassen. Diese Informationen möchte sich Jonas notieren. Im Problem Scenario wählt er dafür sein Notizbuch. Seit dem Activity Design bedient er sich hierfür der Bulb-App.
Das Menü
Nach dem Öffnen der App sieht er den Startscreen (Abb. 33). Die vier großen Buttons ermöglichen ihm das einfache Einspeichern neuer Ideen. Jonas möchte jedoch ein neues Projekt anlegen und swipt deswegen von links nach rechts über den Bildschirm. Dadurch öffnet sich das Menü (Abb. 34, iPhone links), welches alternativ auch über den Menü-Button oben links erreicht werden kann. Ganz oben befindet sich eine kleine Vorschau des Profils. Durch Klick auf diesen Bereich würde Jonas in sein Profil gelangen, wo er verschiedene Einstellungsmöglichkeiten hat. Im unteren Bereich sind die verschiedenen Projekte aufgelistet. Wählt Jonas hier ein Projekt aus, so zeigt die Timeline ausschließlich die Ideen des gewählten Projektes.
Neues Projekt hinzufügen
Jonas klickt jedoch auf “neues Projekt“ und gelangt so zum gewünschten Dialog (Abb. 34, iPhone rechts). Zunächst gibt er den Titel “90Grad Webdesign“ ein und wählt die Projektart “Webprojekt“. Durch die Auswahl einer Projektart werden dem Projekt (ganz unten im Screen) verschiedene vorgefertigte Tags zugeordnet. Diese werden Jonas künftig beim Einspeichern einer Idee vorgeschlagen, wenn er dort das Projekt mit dem Titel “90Grad Webdesign“ auswählt. Anschließend gibt Jonas einen Ansprechpartner mit E-Mail-Adresse ein. Dieser Teil ist wichtig, damit Jonas später Ideen mit Andreas teilen und Kommentare zum Ansprechpartner zuordnen kann. Daraufhin gibt Jonas die
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Abb. 34: Zwei exemplarische iPhone-Screens des Prozesses “Projekt hinzufügen“ in Bulb
143
Informationen zu 90Grad unter “Projektmerkmale“ ein. Auch dieser Schritt
wirkt sich auf die Tags des Projektes aus: Alle Stichwörter werden automatisch in Tags umgewandelt und dem Projekt zugeordnet. So erscheinen auch diese Projektinformationen, wenn Jonas eine Idee für “90Grad Webdesign“ einspeichert. Der letzte Schritt bezieht sich auf die Deadline des Projekts. Jonas wählt das Datum aus, an dem das Projekt beendet sein soll. Dieses Datum kann er sich nun stets von rechts reinziehen, wenn er sich im Projekt 90Grad Webdesign befindet. Jonas weiß dann immer, wieviel Zeit ihm bis zum Projektende bleibt. Da die Deadline nicht ständig angezeigt wird, besteht nicht die Gefahr, dass Jonas davon abgelenkt oder gestresst wird. Nachdem er alle Projektinformationen eingetragen hat, drückt er auf “fertig“ und gelangt so in die Übersicht seines neu angelegten Projektes.
5.3.2 Idee hinzufügen (iPhone) Verortung des Prozesses im Szenario
Auf dem Heimweg, nach dem Treffen mit seinem Kunden, fallen Jonas die Wohnblocks neben der Strecke auf. Die symmetrische Struktur gefällt ihm und er denkt, dass er diese gut für den Aufbau der Website nutzen könnte. Um diese Idee nicht zu vergessen, speichert er sie in Bulb ein.
Einspeichern einer neuen Idee
Er öffnet die App und gelangt wieder auf den Startscreen (Abb. 33). Hier klickt er auf den großen Button mit dem Text Icon. Nun kann er direkt seine Idee formulieren (Abb. 35, iPhone links). Er klickt auf “weiter“ und speichert alle relevanten Informationen zu seiner Idee ein (Abb. 35, iPhone rechts). Datum und Ort der Idee können zwar geändert werden, wurden aber automatisch vom System gefunden und eingespeichert. Jonas wählt das Projekt “90Grad Webdesign“ aus. Dadurch öffnet sich die Tag-Leiste unten, in der nun alle Tags aus dem Projekt angezeigt werden. Das sind bisher nur die Tags, die sich aus dem Anlegen des Projektes ergaben, da Jonas bisher noch keine Tags selbst hinzugefügt hat. Er wählt die Tags: modern, aufgeweckt und webseitenstruktur und bestätigt seine Eingabe, indem er oben rechts auf “fertig“ drückt.
Die Detail-Ansicht einer Idee
Nun wird ihm die soeben eingespeicherte Idee angezeigt. Im oberen Teil, direkt unter dem Titel der Idee, erkennt Jonas erneut die Timeline. Diese zeigt nun nach rechts und nicht nach unten wie auf dem Startscreen oder in den Projekten. Das liegt daran, weil Jonas nicht in der Übersicht sondern in der Detail-Ansicht ist. Jonas swipt einmal von rechts nach links und gelangt zu der
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Abb. 35: Zwei exemplarische iPhone-Screens des Prozesses “Idee hinzufügen“ in Bulb
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davor eingespeicherten Idee rechts von der aktuellen Idee. Diese schaut er sich kurz an und swipt gleich wieder zurück zur Wohnblock-Idee.
5.3.3 Inspirationsquelle aus Niice speichern (Browser) Verortung des Prozesses im Szenario
Eine Woche später surft Jonas im Internet, um Inspirationsquellen für das neue Projekt zu finden. Auf Niice findet er ein Foto eines Gebäudes mit verschiedenen Materialien. Das Bild regt ihn zu einer neuen Idee für das Webprojekt an, die er in Verbindung mit dem Bild in Bulb einspeichern möchte.
Das Browser Add-On
Dafür klickt er zunächst auf das Bild, wodurch er zur ursprünglichen Website weitergeleitet wird. Anschließend klickt Jonas auf sein Chrome Add-On (Abb. 36, oben rechts im Browser). Er hat hier die Möglichkeit ein Bild oder den Screenshot der Website auszuwählen. Jonas wählt das Bild aus und speichert im nächsten Schritt seine Idee und die wichtigsten Informationen dazu ein (Abb.36). Er wählt außerdem verschiedene passende Tags, die auch hier auf Basis des ausgewählten Projektes vorgeschlagen werden. Nach Klick auf den “fertig“-Button bekommt er die Meldung, dass seine Idee erfolgreich hinzugefügt wurde. Diese kann er sich nun direkt auf Bulb.com anschauen, indem er auf den Button (“Idee auf Bulb.com“) unten rechts klickt.
Die Bulb Webanwendung
Die Bulb-Webanwendung öffnet sich und zeigt ihm die soeben eingespeicherte Idee ganz rechts im Screen (Abb. 37). Links davon befindet sich die Ideen-Timeline des entsprechenden Projekts (90Grad Webdesign) Ganz links findet Jonas das Menü, in dem sein Profil und alle Projekte gelistet sind. Eine neue Idee kann Jonas auf der Site oben rechts in der Leiste hinzufügen. Im Browser wird auf die großen Buttons verzichtet. Zum einen deswegen, weil der Nutzer mit der Maus genauer treffen kann, aber vor allem, weil im Browser das Hinzufügen einer Idee nicht in zwei Schritte geteilt werden muss. Das heißt, der Nutzer klickt auf “neue Idee“ und gelangt direkt zur Eingabe der verschiedenen Informationen (Titel der Idee, Inhalt der Idee, Projekt, Tags...). Hier kann er dann zusätzlich ein Bild oder eine Sprachnotiz hinzufügen. Die Browser Anwendung unterscheidet sich im Aufbau also grundlegend von der iPhone-App. Das liegt natürlich hauptsächlich an der Größe, also dem verfügbaren Platz, aber auch an den unterschiedlichen Interaktionsarten.
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Abb. 36: Interface des Browser Add-Ons von Bulb
Abb. 37: Webinterface von Bulb
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Abb. 38: Notification in der Bulb iPad-App
Abb. 39: Notification Pop-Up in der Bulb iPad-App
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5.3.4 Inspirationsquelle aus Pinterest speichern (iPad) Anschließend speichert Jonas ein inspirierendes Webdesign, das er in seiner Pinterest-Pinnwand gefunden hat, in Bulb ein. In Pinterest hält er seinen Zeigefinger kurz auf das Bild, wodurch sich drei verschiedene Icons öffnen. Er fährt mit dem Finger auf das E-Mail-Icon. Im Dialog wählt er Bulb aus und sendet dadurch das Bild an die App. Er wechselt in die Bulb-Applikation. Ganz oben rechts in der Leiste sieht Jonas eine kleine Notification (Abb. 38). Er öffnet diese. In einem Pop-Up wird er gefragt, ob er weitere Informationen eingeben möchte (Abb. 39). Jonas entscheidet sich dafür, zunächst keine weiteren Informationen einzupeichern und erst auf Pinterst weiterzusuchen.
Einspeichern einer Inspirationsquelle aus Pinterest auf dem iPad
Die iPad App ist ähnlich aufgebaut wie die Browser Anwendung. Jedoch ist das seitliche Menü im iPad nicht direkt zu sehen und muss, wie auf dem iPhone, hineingezogen werden. Da das iPad jedoch mehr Platz als das iPhone bietet, können auch hier gleichzeitig die Ideenübersicht und die Detailansicht einer Idee gezeigt werden. Der Titel der ausgewählten Idee steht oben in der orangenen Leiste, ebenso wie das Datum. Die iPad App ist also eine Mischform aus der iPhone-App und der Browser-Anwendung. Das liegt daran, dass das Format eher dem des Browsers ähnelt, die Interaktionen jedoch näher an denen des iPhones sind.
Die iPad App
5.3.5 Ideen zusammenfügen (iPhone) Dieser Prozess spielt sich auf der Gartenparty des Szenarios ab. Jonas steht auf dem Balkon und fotografiert die Terrasse. Die Struktur gefällt ihm und er erinnert sich an die Struktur der symmetrischen Wohnblocks. Da die beiden Ideen eng miteinander verknüpft sind, will er die soeben eingespeicherte mit der älteren Idee verbinden.
Verortung des Prozesses im Szenario
Er wechselt über das Glühbirnen-Icon oben links direkt in den Startscreen, wo ihm alle eingespeicherten Ideen chronologisch angezeigt werden. Er scrollt ein wenig nach unten, wodurch die großen Buttons kleiner werden und nach oben rutschen. Nun sieht er einen größeren Teil der Timeline und findet auch schnell die gesuchte Idee zu den Wohnblocks (Abb. 40, iPhone links). Er nimmt diese am Timeline-Icon, wodurch sie sich aus der Timeline löst und eine andere Idee nachrutscht (Abb.40, iPhone rechts). Langsam führt er die Idee weiter nach oben und bewegt sie auf das Timeline-Icon der neuen Idee zu. Dadurch wird diese Idee fokussiert und Jonas kann das eine
Ideen zusammenfügen
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Abb. 40: Zwei exemplarische iPhone-Screens des Prozesses “Ideen zusammenfügen“ in Bulb
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Abb. 41: Zwei exemplarische iPhone-Screens des Prozesses “Idee markieren“ in Bulb
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Timeline-Icon auf das andere schieben. Ohne einen weiteren Zwischenschritt werden so die beiden Ideen zusammengefügt. Dabei werden auch die Tags der beiden Ideen vereint.
5.3.6 Idee markieren (iPhone) Verortung des Prozesses im Szenario
Im zweiten Meeting mit dem Kunden stellt Jonas alle seine Ideen vor. Darunter auch der Vorschlag zu einer möglichen Richtung im Webdesign, die er in Pinterest gefunden hat. Andreas gefällt dieser Ansatz, jedoch ist er von den vielen schrägen Linien nicht überzeugt. Jonas möchte sich dieses Feedback gerne notieren, und auch festhalten, dass diese Idee in Frage kommt und weiter gedacht werden kann.
Markieren der Idee
Dazu öffnet er seine Bulb-App und scrollt bis zur Idee “Helles Webdesign“. Er fährt mit dem Finger von rechts nach links über die Idee. Diese gibt drei Buttons frei (Abb. 41, iPhone links). Der Button ganz links ermöglicht es Jonas ,die Idee als abgelehnt zu markieren. Über den Button ganz rechts kann Jonas die Idee mit Freunden oder dem Kunden teilen. Jonas wählt den mittleren Button, wodurch sich ein Pop-Up öffnet und die Idee als ausgewählt markiert wird.
Hinzufügen eines Kommentares
Im Pop-Up kann Jonas einen Kommentar eingeben (Abb. 41, iPhone rechts). Er speichert die Informationen von Andreas zu dieser Idee ab und wählt Andreas als “Verantwortlichen“ für dieses Feedback aus. So weiß Jonas auch später noch, dass diese Richtung auf Basis einer Aussage seines Kundens eingeschlagen wurde, was ihm auch bei der späteren Begründung seines Designs helfen kann. Er bestätigt seine Eingabe. Die Idee zeigt nun ein kleines rundes Icon mit einem abgehakt-Zeichen drin. Dadruch sieht Jonas schnell, dass diese Idee ausgewählt wurde. Klickt er auf das Icon oder geht er in die Detail-Ansicht der Idee, so kann er sich den Kommentar ansehen. Das Markieren der Ideen ist der letzte Prozess, der hier abgebildet wird. Einige Funktionen von Bulb wurden durch die hier vorgestellten Prozesse abgedeckt. Die vielen weiteren Funktionen, welche die Autoren für die Anwendung konzipiert haben, wurden zum größten Teil im Kapitel 4.4 “Funktionen von Bulb“ beschrieben. Somit wurde auch das Information Design des Scenario-Based Design-Prozesses beendet.
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Das Aussehen der Applikation steht nun fest und zudem wurden bereits einige Interaktionen beschrieben. Da diese jedoch durch Layouts nicht erfasst werden kÜnnen, folgt im nächsten Kapitel das Prototyping.
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6. PROTOTYP Im letzten Abschnitt des Scenario-Based Designs werden Prototypen entwickelt und mit dem Nutzer getestet. Daraufhin kann der Prozess an einer bestimmten Stelle erneut aufgenommen werden, um Schwierigkeiten, die beim Testen der Prototypen auftraten, zu beseitigen. In dieser Bachelorarbeit wird zwar ein Prototyp entwickelt, jedoch gestattet der Umfang der Arbeit nicht das Testen der Ergebnisse. Hier besteht also die Möglichkeit, nach der Bachelorarbeit den Prozess zu vervollständigen. In diesem Kapitel wird ein Prototyp auf Basis aller vorangehenden Ergebnisse entwickelt. Dazu wird zunächst erläutert, wofür und warum Prototypen eingesetzt werden, anschließend wird eine Übersicht über verschiedene Formen des Prototypings geliefert und zuletzt wird die ausgewählte Methode kurz vorgestellt. Der Prototyp inklusive einer kurzen Anleitung zur Benutzung befindet sich auf der beigelegten DVD.
6.1 Warum Prototyping? Verschiedene Gründe für das Prototyping
Prototypen werden häufig und gerne im Zusammenhang mit benutzerzentrierter Gestaltung eingesetzt. Das liegt daran, dass sie es dem Designer ermöglichen, erste Entwürfe oder auch fertig ausgestaltete Designs mit dem Nutzer zu testen und zu evaluieren. Prototypen können aber auch eingesetzt werden, um ein Konzept zu kommunizieren. Barth et al. (2013, S. 25) gehen ebenfalls auf die verschiedenen Gründe des Prototypings ein: „Prototyping hilft also, Klarheit in die Gedanken zu bringen, mit Dritten zu kommunizieren und Dritte zu inspirieren. Zudem kann ein Prototyp getestet und mit ihm experimentiert werden – was mit einem geschriebenen Konzept und Visualisierungen nicht möglich ist.“ Hartson und Pyla (2012, S. 418) nennen weitere Vorteile:
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• Prototypen visualisieren das Projekt und helfen Nutzer- und Entwickler-Organisiationen zu überzeugen • Prototypen beziehen den Nutzer früh mit ein • Prototypen vermitteln den Eindruck, dass Veränderungen möglich sind
Das Erstellen von Prototypen ist also aus vielen verschiedenen Gründen sinnvoll. Entscheidet sich ein Designer dafür, Prototypen anzufertigen, so muss er zunächst aus einer Bandbreite an Möglichkeiten wählen.
6.2 Formen des Prototypings Eine wichtige Frage muss sich der Designer stellen, bevor er sich an die Auswahl einer Prototyping-Methode macht: Was soll mit dem Prototyp erreicht werden? Damit hängt auch zusammen, an welcher Stelle im Prozess sich der Designer befindet. Will er zunächst ein grobes Konzept vorstellen, so reicht es aus Papierprototypen auf Wireframe-Basis zu erstellen. Will er jedoch verschiedene Interaktionen mit dem System testen und herausfinden, ob das gewählte Design funktioniert, so muss der Prototyp näher am Endprodukt sein und bereits benutzt werden können. Das Ziel des Prototyps entscheidet also über die Form.
Der Zweck entscheidet über die Form des Prototyps
Hartson und Pyla (2012, S.393) betonen aber, dass alle Formen des Prototypings eine Gemeinsamkeit haben: Sie sind alle weniger als das fertige Endprodukt. Das hängt mit der Grundidee von Prototypen zusammen: „The idea of prototypes is to provide a fast and easily changed early view of the envisioned interaction design.“ (Hartson & Pyla, 2012, S.393). Dennoch schlagen auch sie Kriterien zur Einteilung der Prototyp-Formen vor:
Kriterien zum Einteilen von Prototypen nach Hartson und Pyla (2012)
• Tiefe und Breite der Protoypen • Genauigkeit der Prototypen • Interaktivität der Prototypen
Nach dem Kriterium der Tiefe und Breite eines Prototyps unterscheiden Hartson und Pyla (2012, S. 393-394) zwischen horizontalen und vertikalen Prototypen (Abb. 42): „A horizontal prototype is very broad in the features it incorporates, but offers less depth in its coverage of functionality. A vertical prototype contains as much depth as possible in the current state of progress, but only for a narrow breadth of features.“ Nielsen (1994, S. 95) erklärt die unterschiedlichen Vorteile dieser beiden Arten von Prototypen: Vertikale
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Das Kriterium der Tiefe und Breite
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Abb. 42: Visualisierung horizontaler und vertikaler Prototypen nach Nielsen (1994)
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Anzahl verschiedener Funktionen
Prototypen ermöglichen das realistische Testen einer bestimmten Funktion, wohingegen mit horizontalen Prototypen das ganze System getestet werden kann, jedoch nicht mit der realistischen Funktionalität. Lokale Prototypen, so Hartson und Pyla (2012, S.395), liegen genau im Schnittbereich von horizontalen und vertikalen Prototypen. Sie betreffen lediglich bestimmte, isolierte Interaktionen. Nach der Genauigkeit oder auch Fidelität eines Prototyps unterscheiden Hartson und Pyla (2012, S.396-398) zwischen Low-Fidelity, Medium-Fidelity und High-Fidelity Prototypes. Low-Fidelity Prototypes, so erklären sie, geben keine Details wieder und werden deswegen hauptsächlich dann eingesetzt, wenn noch kein genaues Design feststeht. High-Fidelity Prototypes seien dagegen sehr detailierte Repräsentationen des Designs und können zudem Interaktionsvisualisierungen beinhalten. Sie eignen sich deswegen hervorragend zur Verfeinerung und Evaluation eines Designs (Hartson & Pyla, 2012, S.397).
Das Kriterium der Genauigkeit
Zuletzt unterscheiden Hartson und Pyla (2012) Prototypen nach ihrer Interaktivität. Darunter stellen sie zunächst die „Scripted and ‘Click-Through‘ Prototypes“ (Hartson & Pyla, 2012, S.398) vor. Mit “Scripted Prototypes“ meinen sie mit einer Skriptsprache programmierte, aber einfache (Low- bis Medium-Fidelity) Prototypen. Unter “Click-Through Prototypes“ verstehen sie Medium-Fidelity Prototypen mit einigen aktiven Links oder Buttons, die das Durchklicken durch verschiedene Screens erlauben, jedoch außer diesen keine weiteren Funktionen bieten. Sie fügen hinzu, dass hierzu auch Wireframes verwendet werden können: „Wireframes can be used to make click-through prototypes by adding links that respond in simple ways to clicking, such as moving to the next screen.“ (Hartson & Pyla, 2012, S.398). Sie stellen hier auch vollständig programmierte Prototypen vor, räumen aber ein, dass diese eher selten zum Einsatz kommen. Auch die “Wizard of Oz“-Methode führen Hartson und Pyla (2012, S.399) an. Hierbei reagiert das System nicht selbstständig auf die Eingaben eines Nutzers, sondern eine oder verschiedene Personen liefern, in einem anderen Raum sitzend, die richtige Systemantwort. Zuletzt sprechen Hartson und Pyla (2012, S. 400) noch von physikalischen MockUps. Diese sind dann notwendig, wenn es sich um ein
Das Kriterium der Interaktivität
physikalisches Objekt handelt, und demnach die Visualisierung des Produktes über die Simulation an einem Computerbildschirm hinausgeht.
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Abb. 43: Programmieren des Prototyps mit HTML, CSS und JavaScript
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Abb. 44: Testen des Prototyps auf dem iPhone
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Prototyping Tools für interaktive Prototypen
Zum Erstellen von interaktiven Prototypen können verschiedene Tools eingesetzt werden. Einige davon fallen unter die Click-Through Prototypes. Sie ermöglichen es, bestimmte Bereiche des Interfaces klickbar zu machen und mit Animationen zu reagieren. Die Tools unterscheiden sich in der Komplexität der Interaktion, dem Inputformat (Dateityp) und der Technik bei der Umsetzung. Dazu gehören zum Beispiel: • Keynote • Axure • Flinto • Origami (Plugin für Quartz Composer) • Framer
6.3 Auswahl einer Prototyping-Methode Eingliederung der gewählten Prototyp-Form
Nach den von Hartson und Pyla (2012) vorgegebenen Kriterien kann der Prototyp für die Bulb-App als vertical, high-fidelity, scripted Prototype beschrieben werden. Damit steht fest, welche Prototyp-Form gewählt wurde. Begründet wird die Auswahl durch den Zweck des Prototyps. Es geht darum, einen bestimmen Prozess, nämlich das Ideen-Einspeichern, möglichst genau abzubilden (vertikaler Prototyp), dabei das entwickelte Design zu visualisieren (High-Fidelity Prototype) und die Interaktionen erfahrbar zu machen (Scripted Prototype).
Die Umsetzung mit HTML, CSS und JavaScript
Für die Umsetzung wurden die Skriptsprachen HTML, CSS und JavaScript ausgewählt. Sie ermöglichen eine relativ einfache Umsetzung und stellen dabei die beinahe volle Funktionalität bereit. Obwohl die Anwendung auch auf anderen Endgeräten verfügbar sein soll, wurde entschieden, exemplarisch die iPhone-App im Prototyp zu visualisieren. Das Ideen-Speichern auf dem iPhone findet meist unterwegs und in Eile statt, wodurch sich besondere Anforderungen an die Benutzung der App auf dem iPhone ergeben. Deswegen ist es wichtig, dass die gewählte Prototyp-Methode das Testen auf dem Zielmedium iPhone ermöglicht. Die Umsetzung mit HTML, CSS und JavaScript erfüllt dieses Kriterium. Mit CSS können zudem Designs sehr einfach umgesetzt werden. Da das Layout der App ein wichtiger Teil ist und die befragten Designer großen Wert auf das Aussehen einer solchen Anwendung legen, ist dies ein wichtiger Aspekt, der ebenfalls zur Methodenauswahl beitrug. Der iPhone-Prototyp befindet sich auf der beigelegten DVD und kann zum Testen des Prozesses “Idee hinzufügen“ auf dem iPhone verwendet werden.
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7. SCHLUSS Das Ziel der Bachelorarbeit wurde in sofern erfüllt als eine Anwendung für Designer zur Unterstützung des kreativen Arbeitsprozesses konzipiert, gestaltet und prototypisch umgesetzt wurde. Da hierfür die Ergebnisse aus der Nutzerbefragung und eine nutzerzentrierte Methode eingesetzt wurden, ist zu erwarten, dass dieses Ziel effektiv erreicht wurde. Über die Zufriedenheit der Nutzer mit der App kann jedoch nur dann eine sichere Aussage gemacht werden, wenn sie mit ihnen getestet wird. Aus diesem Grund planen die Autoren weitere Schritte, darunter auch die Evaluation des Prototyps. Abgesehen von dem angestrebten Ziel erfüllte die Arbeit einen weiteren Zweck: Sie zeigte die Effektivität benutzerzentrierter Methoden und bestätigte, dass es oftmals sinnvoll (wenn auch anstrengend) ist, diese Methoden exakt und ausführlich zu durchlaufen. Obwohl an bestimmten Stellen Anpassungen vorgenommmen wurden, erwies sich die genaue Durchführung des Scenario-Based Design Prozesses als äußerst ertragreich. An vielen Stellen zeigten die Szenarien mögliche Probleme auf, die durch die Interviews alleine nicht erkannt wurden. Dennoch war auch dieser Teil der Arbeit sehr erfolgreich. Die Nutzerinterviews gaben Aufschluss über die Arbeitsprozesse der Designer und ermöglichten es den Autoren nutzernahe Personas und prozessorientierte Szenarien zu entwickeln. Ein wichtiges Ergebnis der Arbeit ist mit Sicherheit die auf den Nutzer zugeschnittene Anwendung zum Festhalten von Ideen und Inspirationsquellen. Zwei mindestens genauso wichtige Ergebnisse sind aber die gesammelte Erfahrung bei der Durchführung und die Motivation an die Ergebnisse anzuknüpfen.
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ANHANG Im Anhang der Bachelorarbeit sind die Dokumente der Interviews aufgelistet. Dazu gehören: • Einladung zum Interview • Interview-Leitfaden • Einwilligung zum Interview, zur Aufzeichnung und Verwendung der Daten
Der Arbeit wurde zudem eine DVD beigelegt. Diese dient vor allem dem Zweck der Übermittlung digitaler Daten. Darunter der Prototyp, die Interview-Aufzeichnungen und unterschriebenen Einwilligungen, die Screendesigns von Bulb in chronologischer Reihenfolge und die verschiedenen Skizzen sowie Wireframes, die im Laufe der Bachelorarbeit angefertigt wurden.
I
EINLADUNG Sehr geehrter Herr XY, Sehr geehrte Frau XX, wir freuen uns, dass Sie sich bereit erklärt haben, an unserem Experteninterview teilzunehmen. Mit Ihrer Teilnahme tragen Sie maßgeblich zur benutzerzentrierten Gestaltung und Konzeption unserer Anwendung bei. Gerne besuchen wir Sie für das Interview vor Ort um den Aufwand für Sie so gering wie möglich zu halten und um Ihre authentische kreative Arbeitsumgebung kennenzulernen. Die wichtigsten Informationen für Sie im Überblick: • Das Interview findet im Rahmen unserer Bachelorarbeit an der Hochschule der Medien Stuttgart statt. • Titel der Arbeit: „Vom Auftrag zur Idee bis zum fertigen Konzept - Konzeption, Gestaltung und prototypische Umsetzung einer Anwendung zur Unterstützung des kreativen Arbeitsprozesses“ • Betreuender Professor: Prof. Frank Thissen (thissen@hdm-stuttgart.de) • Themen des Interviews: Kreative Arbeitsprozesse, Kreativität, Inspiration, Ideenfindung (weitere Informationen im angehängten Interviewleitfaden) • Geschätzte Dauer des Interviews: 30 min • Für die Auswertung wird das Interview mit Ton und Bild aufgezeichnet (weitere Informationen in der angehängten Einverständniserklärung)
Wir bedanken uns und freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Ihnen. Es grüßen Sie freundlich Katharina Clasen & Timo Göbel
II
LEITFADEN Notiz (Einleitung) • Ziel der Untersuchung • Aufgabe/ Rolle des Interviews • Expertise der Interviewer (Rolle als Wissenschaftler und Designer) • Einwilligung zur Aufzeichnung -> Auswertungszwecke • Möglichkeit zur Einwilligung zur Veröffentlichung (gerne auch nach Sichtung des Datenmaterials)
Anwärmfrage • Daten zur Person • Stellung/ Position • Aufgaben
Prozess • Kreativitätsprozess erklären (Unterschied zu Kreativitätstechniken herausstellen) • Einleitungsfrage /Filterfrage • Einsatz von fixem/n Prozess/ Prozessen • Hauptfragen: • Wenn ja, Aufbau • Wenn nein, Vorgehen • Nachfragen: • (Teams) Aufteilung von Teamarbeit und Einzelarbeit • (Teams) Organisation einzelner Aufgaben im Team • Einsatz von (digitalen und oder analogen) Tools im Designprozess
Leitfrage: Wie gestaltet sich das Vorgehen vom Briefing bis zum fertigen Konzept?
III
Kreativität • Hauptfragen: • Kreativität fördernde Aspekte • Kreativitätskiller • Nachfragen: • Orte oder Situationen • Perfektes kreatives Umfeld • Rolle von (besonderer) Kleidung, Essen, Trinken... • Allein oder in einer Gruppe • (Teams) Rolle von Teamarbeit • (Freelancer) Schwierigkeit der Arbeit alleine • (Freelancer) Feedback-Quellen & Vorgehen • Hauptfrage: • Anwendung von klassischen Kreativitätstechniken • Nachfragen: • Regelmäßigkeit • Vorlieben/ Bevorzugte Techniken • Techniken die sich als “unpraktikabel“ erwiesen haben • Vorteile und Attraktivität von (einer) Kreativitätstechnik(en)?
Leitfrage: Wie wird kreativ gearbeitet und welche Techniken und Hilfsmittel werden eingesetz?
Inspiration • Hauptfrage: • Quellen der Inspiration (Was inspiriert?) • Filterfrage: • Gezielte Inspirationssuche • Hauptfragen: • Wenn nein, Inspirationsquellen • Wenn ja, Vorgehen • Nachfragen: • Einsatz von Hilfsmitteln • Rolle der Umgebung • (Teams) Rolle der Zusammenarbeit mit Kollegen • (Freelancer) Rolle der Arbeit allein und des Fehlens von Kollegen • (Freelancer) Inspirierende Faktoren der Selbständigkeit
Leitfrage: Wie wird Inspiration gefunden? IV
Ideen • Hauptfrage: • Ideenentwicklung • Nachfrage: • Vorgehen um schnell zu guten Ideen zu kommen • (Teams) Einsatz des Teams bei der Ideenentwicklung • Einsatz von Hilfsmitteln (Moleskin, Stift & Papier, iPad) • Vorschlag für Hilfsmittel bei der Ideenentwicklung • Hauptfrage: • Vorgehen bei spontanen Ideen (unterwegs...) • Nachfragen: • Festhalten von Ideen • Einsatz von Hilfsmitteln (Moleskin, Stift & Papier, iPad) • Vorschlag für Hilfsmittel beim Ideenfesthalten
Leitfrage: Wie werden neue Ideen entwickelt und festgehalten?
App • Hauptfrage: • Einsatz einer App oder Webanwendung • Nachfragen: • Positive und negative Aspekte • Häufigkeit des Einsatzes • Hauptfragen: • Gewünschte Funktionen der Applikation, die den kreativen Prozess unterstützt • Gewünschte Endgeräte • Nachfragen: • (Teams) Gewünschte Funktionen für kreative Teamarbeit • (Freelancer) Gewünschte Funktionen für kreative Freelancer Arbeit
Leitfrage: Wie muss eine Anwendung aufgebaut sein, damit sie Designer optimal beim kreativen Arbeiten untersützt
Abschlussfrage (Möglichkeiten): • Grundsätzliche Ideen zur Unterstützung des kreativen Arbeitsprozesses • Ergänzungen allgemein zum Thema des Interviews
V
EINWILLIGUNG Sehr geehrte/r Teilnehmer/in, vielen Dank für Ihre Bereitschaft, an dem im Rahmen einer Bachelorarbeit an der Hochschule der Medien durchgeführten Experteninterview teilzunehmen. Sie unterstützen damit die benutzerzentrierte Konzeption einer Anwendung zur Unterstützung des kreativen Arbeitsprozesses. Ihre Teilnahme an diesem Interview ist freiwillig. Es steht Ihnen frei, die Teilnahme abzulehnen oder das Interview zu jedem Zeitpunkt abzubrechen. Dadurch entstehen Ihnen keine Nachteile. Ihre Angaben sind für unsere Arbeit äußerst wertvoll und hilfreich. Um eine optimale Auswertung des Interviews zu gewährleisten, ist eine Aufzeichnung Ihrer Sitzung mit Video und Ton notwendig. Wir behandeln alle aufgezeichneten Daten selbstverständlich vertraulich und garantieren, dass wir Ihre personenbezogenen Daten nicht an Dritte weiter geben. Sie haben jederzeit das Recht, Ihre Einwilligung zur Nutzung und Verarbeitung Ihrer personenbezogenen Daten zu widerrufen.
Ich erkläre mich mit der Aufzeichnung von Video- und Tonmaterial und der anonymisierten Verwendung der Daten einverstanden. Ich erkläre mich zudem damit einverstanden, dass Zitate aus den Interviews in nicht anonymisierter Form in der Bachelorarbeit und der im Rahmen der Bachelorarbeit angefertigten Website verwendet werden. Ich erkläre mich zudem damit einverstanden, dass Fotomaterial aus dem Interview in der Bachelorarbeit und der im Rahmen der Bachelorarbeit angefertigten Website verwendet werden. Ich erkläre mich zudem damit einverstanden, dass ein Zusammenschnitt des Interview-Videomaterials in der Bachelorarbeit und auf einer im Rahmen der Bachelorarbeit angefertigten Website veröffentlicht werden.
Ort, Datum
Vorname Name, Unterschrift
VI