KATHPRESS-Extradienst Nr.1, 9. Jänner 2016
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Nr. 1 Sa., 9. Jänner 2016
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Pastoraltagung 2016 über "Pluralität in Gesellschaft und Kirche"
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Traditionsreiche Bildungsveranstaltung von 7. bis 9. Jänner 2016 im Bildungszentrum SalzburgSt.Virgil
Bischof Schwarz: "Auch Jesus musste Vielfalt erst lernen"
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Start zur Pastoraltagung 2016 über "Pluralität in Gesellschaft und Kirche" in Salzburg-St.Virgil Kärntner Bischof erinnert an Jesu Begegnung mit Heidin als Anstoß, sich Fremdem gegenüber zu öffnen - Innsbrucker Theologe Guggenberger: kulturelle Zugehörigkeit heute zunehmend Mittel der Abgrenzung
Gewalttexte in der Bibel erfordern "Widerspruch, nicht Anpassung"
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Religionswissenschaftlerin Bechmann bei Pastoraltagung in Salzburg: Bibel macht "Schwerter zu Pflugscharen" und umgekehrt - Theologin Keul: Kirche kann in Gesellschaft "Wagnis der Verletzlichkeit einbringen" - Islamische Theologin Abuzahra: "Fremdmarkierung" verhindert Integration
Theologe: Unter Papst Franziskus "neue katholische Streitkultur"
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Innsbrucker Theologe Bauer bei Pastoraltagung in Salzburg: "Katholisch sein bedeutet Aushalten von Pluralität" - "Pastoralinnovator" Plank: Fokus auch auf "Fernstehende" richten - Auch Markenentwickler Hirschmugl fordert mehr Bemühen um "Aufmerksamkeit der Kundschaft"
Neue Website über Formen kirchlicher Glaubensunterweisung Website www.katechese.at des Österreichischen Pastoralinstituts bietet ab sofort umfassenden Überblick zum Thema Katechese
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Pastoraltagung 2016 über "Pluralität in Gesellschaft und Kirche" Traditionsreiche Bildungsveranstaltung von 7. bis 9. Jänner 2016 im Bildungszentrum Salzburg-St.Virgil Salzburg, 30.12.2015 (KAP) "Leben ist Vielfalt. Pluralität in Gesellschaft und Kirche" - dieses breit gestellte Thema wird die Teilnehmer der Österreichischen Pastoraltagung von 7. bis 9. Jänner 2016 in Salzburg beschäftigen. Das veranstaltende Österreichische Pastoralinstitut (ÖPI) hält dazu in der Ausschreibung fest, die Vielfalt dieser Welt sei "von Gott wohl-gewollt". In diesem Sinn verstehe sich die Kirche - besonders in ihrem pastoralen Engagement - als "vielfältiges Zeichen und Werkzeug einer Einheit der Menschen, zu der wir als Kinder des einen Gottes berufen sind". Die traditionsreiche Bildungsveranstaltung im Bildungszentrum Salzburg-St. Virgil richtet sich an kirchliche Mitarbeiter in Seelsorge und Schuldienst. Mehrere hundert Interessierte diesseits und jenseits der Grenzen Österreichs, darunter zahlreiche Bischöfe, nehmen alljährlich daran teil. Was es bedeutet, "im Uneindeutigen zu leben", beleuchtet im Eröffnungsreferat am Donnerstag, 7. Jänner, Wilhelm Guggenberger vom Institut für Systematische Theologie der Uni Innsbruck. Wie sich kulturelle Identität in einer pluralen Gesellschaft aus der Sicht einer gläubigen Muslimin darstellt, zeigt Amani Abuzahra, Dozentin für Philosophie und Interkulturelle Pädagogik in Wien sowie an der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Krems, in ihrem Vortrag am selben Tag auf.
Das Thema aus biblischer Sicht betrachtet Ulrike Bechmann, Professorin für Religionswissenschaft an der Universität Graz, am zweiten Tag; der Frage "Wieviel Heterogenität verträgt braucht - liebt die Kirche?" stellt sich anschließend aus systematisch-theologischer Sicht die Leiterin der Arbeitsstelle für Frauenseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz, Hildegund Keul. Weitere Vorträge halten Franz Hirschmugl vom Grazer Institut für Markenentwicklung ("Was Kirche von Marke lernen kann"), die Feldkircher Integrationsexpertin Eva Grabherr ("Pluralität - kein 'Schonprogramm'") und abschließend Christian Bauer vom Institut für Praktische Theologie der Uni Innsbruck ("Inspirationen für den pastoralen Umgang mit Pluralität"). Spannung verspricht ein am 7. Jänner geplantes Podiumsgespräch mit Vertretern der Katholischen, Evangelischen und Muslimischen Jugend sowie von "Hashomer Hatzair", einer sozialistisch-zionistischen Jugendorganisation, als Unterhaltungsprogramm ist am selben Tag der "1. Österreichische Pastorale PluralitätsKompetenz-Quiz" vorgesehen. Die Arbeit in Kleingruppen und liturgische Feiern - u.a. mit dem für das ÖPI zuständigen Referatsbischof Alois Schwarz (GurkKlagenfurt) sowie mit Militärbischof Werner Freistetter - ergänzen das Programm der Pastoraltagung.
Bischof Schwarz: "Auch Jesus musste Vielfalt erst lernen" Kärntner Bischof erinnert an Jesu Begegnung mit Heidin als Anstoß, sich Fremdem zu öffnen Theologe Guggenberger: kulturelle Zugehörigkeit heute zunehmend Mittel der Abgrenzung Salzburg, 07.01.2016 (KAP) Auch Jesus musste Vielfalt erst aushalten lernen: Der Kärntner Bischof Alois Schwarz erinnerte zum Auftakt der diesjährigen Pastoraltagung an die Begegnung Jesu mit der als Heidin geltenden Syrophönizierin, die für den menschgewordenen Sohn Gottes zum Anstoß geworden sei, sich über die Grenzen
des erwählten Volkes Israel hinaus auch "Fremden" gegenüber zu öffnen und ihren Zugang zum Heil anzuerkennen. Gott bestärke darin, "Vielfalt auszuhalten", sagte Schwarz am Donnerstag beim Eröffnungsgottesdienst der traditionsreichen Bildungsveranstaltung von 7. bis 9. Jänner 2016 im kirchlichen Bildungszentrum
KATHPRESS-Extradienst Nr.1, 9. Jänner 2016 Salzburg-St.Virgil. Tagungsthema ist diesmal "Pluralität in Gesellschaft und Kirche". Alois Schwarz, in der Bischofskonferenz für das veranstaltende Österreichische Pastoralinstitut (ÖPI) zuständig, untermauerte den genannten "Lernprozess" Jesu mit biblischen Berichten über wundersame Brotvermehrungen: Die Evangelien nach Matthäus und Markus erzählen von zwei Brotwundern. Das erste Mal reichen fünf Brote und zwei Fische zur Speisung von fünftausend Menschen, und es bleiben zwölf Körbe übrig, das zweite Mal ist die Rede von sieben übriggebliebenen Körben. In den zwölf eine Analogie zu den zwölf Stämmen Israels - ist nach den Worten des Bischofs "Jesu eigene Tradition abgebildet". Die Siebenzahl dagegen stehe für mehr - nämlich für die sieben Völker der biblischen Lebenswelt. Jesus habe somit durch die Syrophönizierin, deren Heilungsbitte er zunächst brüsk zurückwies und dann doch von ihrer Beharrlichkeit beeindruckt war, gelernt, "für alle dazusein" und "Vielfalt zuzulassen", wie Schwarz sagte. Die Pastoraltagung richtet sich an kirchliche Mitarbeiter in Seelsorge und Schuldienst. Rund 300 Interessierte diesseits und jenseits der Grenzen Österreichs, darunter mehrere Bischöfe, nehmen alljährlich daran teil. Balthasar Sieberer von der Pastoralkommission Österreichs begrüßte eingangs neben Schwarz den Salzburger Erzbischof Franz Lackner, Militärbischof Werner Freistetter, die Altbischöfe Maximilian Aichern (Linz) und Paul Iby (Eisenstadt), weiters Peter Schipka, Generalsekretär der Österreichischen Bischofskonferenz, die Präsidenten der Laienorganisationen Katholische Aktion und Laienrat, Gerda Schaffelhofer und Theodor Quendler, sowie die Generalsekretäre der Frauen- und Männerorden, Sr. Cordis Feuerstein und P. Franz Helm. Was es bedeutet, heute "im Uneindeutigen zu leben" und mit der kulturprägend ge-
3 wordenen Pluralität zurechtzukommen, beleuchtete im Eröffnungsreferat Wilhelm Guggenberger vom Institut für Systematische Theologie der Uni Innsbruck. Um diese Aufgabe positiv bewältigen zu können, sei eine gelungene Orientierung und Identitätsfindung der einzelnen Mitglieder der Gesellschaft Voraussetzung. Religiöse Traditionen könnten dazu einen großen Beitrag leisten, sofern sie selbst pluralitätsoffen sind, betonte Guggenberger. Katholischerseits sei hier durch das Zweite Vatikanische Konzil "die Pluralitätsfähigkeit der eigenen Tradition entdeckt" worden. Konfliktpotenzial ergebe sich freilich daraus, dass für nichtreligiöse Menschen der Glaube an Gott gesellschaftlich möglichst wenig oder kaum in Erscheinung treten soll, für religiöse Menschen jedoch alle Lebensbereiche durchdringt. Der Innsbrucker Universitätslehrer für Christliche Gesellschaftslehre wies auch auf das Phänomen hin, dass in Zeiten von Unübersichtlichkeit, Orientierungslosigkeit und Ungewissheit kulturelle Zugehörigkeit zunehmend als Mittel der Abgrenzung an Bedeutung gewinnt. Das führe etwa dazu, dass sonst wenig kirchenaffine Menschen ihrer Sehnsucht nach kultureller Identität dadurch Ausdruck verleihen, dass sie - etwa gegenüber Minaretten - auf ein Monopol christlicher Kirchtürme pochen. Oder dass Mädchen, deren muslimische Mütter nie ein Kopftuch trugen, dieses plötzlich als Zugehörigkeitssymbol für sich entdecken. Es gelte Persönlichkeitsentwicklung bestmöglich zu fördern, so Guggenberger: "Alles, was Individuen Selbststand verleiht, ohne an sich ausgrenzend zu sein, trägt dazu bei, dass plurale Gesellschaften in Frieden und wechselseitiger Bereicherung unterschiedlicher Lebensstile, Kulturen und Religionen leben können."
Gewalttexte in der Bibel erfordern "Widerspruch, nicht Anpassung" Religionswissenschaftlerin Bechmann: Bibel macht "Schwerter zu Pflugscharen" und umgekehrt - Theologin Keul: Kirche kann in Gesellschaft "Wagnis der Verletzlichkeit einbringen" Islamische Theologin Abuzahra: "Fremdmarkierung" verhindert Integration Salzburg, 08.01.2016 (KAP) Die Bibel soll man "nicht wörtlich nehmen, sondern ernst": Das bedeutet nach den Worten der Grazer Religionswissenschaftlerin Ulrike Bechmann, Gewalttex-
te, die sowohl im Alten als auch im Neuen Testament vorkommen, differenziert zu betrachten. Es sei zu beachten, in welcher Lebenssituation ein Bibeltext zu einem spricht und in welcher
KATHPRESS-Extradienst Nr.1, 9. Jänner 2016 Absicht er gelesen wird. Und Erzählungen wie das Einstürzen der Mauern von Jericho und das darauf folgende Abschlachten von Mensch und Vieh erforderten "Widerspruch, nicht Anpassung", sagte Bechmann am Freitag bei der Pastoraltagung in Salzburg-St. Virgil. Wenn man frage, ob für Bibeltexte "anything goes" gilt, müsse die ehrliche Antwort "ja" lauten. Immer wieder sei Gewalt mit der Bibel legitimiert worden, bis in die 1980er Jahre hätte z.B. die United Reform Church die Apartheid in Südafrika damit legitimiert, dass die Buren das "auserwählte Volk" seien, erinnerte Bechmann. Wichtig sei hier der Widerspruch anderer christlicher Kirchen gewesen, die Rassismus als unvereinbar mit dem inhaltlichen Kern des Christentums bezeichneten. Das dürfe freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Bibel nicht nur "Schwerter zu Pflugscharen" mache, wie es der Prophet Micha formuliert habe, sondern dass - um "die Schwachen stark zu machen" - der Prophet Joel zum genauen Gegenteil auffordere. Gewalttexte aus der Bibel zu eliminieren sei zwar versucht worden, aber realitätsfern, gab die Theologin zu bedenken. Gewalt und Ausgrenzung seien nun mal menschliche Realität. Gewalttexte forderten zum genauen Hinterfragen auf ("Ist das wirklich Gottes Wille?") und seien auch als Abschreckung vor den Folgen von Gewalt lesbar, so Bechmann. Sie wies darauf hin, dass die Bibel, die ja letztlich eine ganze Bibliothek sei, nicht umsonst mit Texten beginne und auch ende, die für eine "Entgrenzung des Heils" stünden: Laut Genesis sind ausnahmslos alle Menschen von Gott geschaffen und sein Abbild; und in der Geheimen Offenbarung sei die Rede vom neuen Jerusalem als Heimstatt für alle Völker. Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65) habe statt des vormaligen Exklusivismus in "Nostra Aetate" eine neue kirchliche Identität im Verhältnis zum Judentum und anderen Religionen festgelegt, sagte Bechmann weiter. Es habe sich dabei genau jenes Wortes aus dem Johannesevangelium bedient, das immer wieder ab- und ausgrenzend gegenüber Nichtchristen verwendet worden war: Jesus als "der Weg, die Wahrheit und das Leben". Ihn gelte es zu verkünden, aber ohne zu verkennen, dass auch andere Religionen "einen Strahl jener Wahrheit erkennen lassen, die alle Menschen erleuchtet."
4 Weg von der "Hochsicherheitstrakt"-Kirche Das Konzil als Wendepunkt hin zu einer Öffnung würdigte auch die Leiterin der Arbeitsstelle für Frauenseelsorge in der Deutschen Bischofskonferenz, Hildegund Keul. In Abkehr vom Beginn des 20. Jahrhunderte, als die katholische Kirche Antimodernismus-Eide einforderte und das Bild eines "Hochsicherheitstraktes" abgegeben habe, sei vom Konzil "Heterogenität gewagt" worden. In der Menschwerdung Jesu habe Gott verdeutlicht, so die Argumentationslinie des Konzils, dass er "eine Schwäche für die Menschen" habe, so verschieden sie auch sind. Dies bedeute, dass auch der Glaube "aus den Feldern der Gewissheit in Ungewissheit geführt wird, aus einer Position unhinterfragter Stärke in 'GlaubensSchwachheit', aus der Utopie der Unverwundbarkeit ins Wagnis der Verletzlichkeit". Dem in Christus verletzlich gewordenen Gott zu folgen erfordert laut Keul, in den Umbrüchen der Gegenwart human zu leben. Dafür sei neben Selbstschutz eben auch Verletzlichkeit vonnöten. Von der Kirche erwartet die Theologin beides: "eine Schwäche für den eigenen Glauben" wie auch eine Schwäche für die heutigen Menschen mit ihren Stärken und Schwächen, Leidenschaften und Charismen. Auf jüngste Vorgänge in Deutschland bezogen bedeute dies eine klare Absage an "Pegida"-Versammlungen, auf denen als "Abwehr gegen den Islam" Weihnachtslieder gesungen wurden. Diese "Herodes-Strategie", andere zu verwunden, um nicht selbst verwundet zu werden, stehe im krassen Widerspruch zu den Weihnachtsgeschichten der Bibel, wies Keul hin. Josef habe sich dem biblischen Zeugnis zufolge in große Gefahr begeben, als er mit Maria und dem Jesuskind vor den Kindermördern nach Ägypten floh und damit gefährdetes Leben schützte. "Ängste werden politisch instrumentalisiert" Wie sich kulturelle Identität in einer pluralen Gesellschaft aus der Sicht einer gläubigen Muslimin darstellt, zeigte Amani Abuzahra, Dozentin für Philosophie und Interkulturelle Pädagogik in Wien sowie an der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Krems, in ihrem Vortrag am selben Tag auf. Die Landkarte Europas und auch Österreichs habe sich nicht zuletzt durch die Flüchtlingsbewegung auf kultureller, ethnischer, sprachlicher und auch religiöser Ebene verän-
KATHPRESS-Extradienst Nr.1, 9. Jänner 2016 dert, damit verbundene Ängste würden politisch instrumentalisiert. Ein Vorfall wie die Übergriffe zu Silvester in Köln dürften aber nicht Anlass für Hetze sein, sondern sollten nach Ansicht Abuzahras eher die alle angehende Frage aufwerfen, wie Sicherheit im öffentlichen Raum generell zu gewährleisten ist. Dieses Thema gehe alle an, so die Wiener Dozentin; immerhin gebe es auch Attacken gegen Mitglieder der Black Community oder gegen Frauen mit Kopftuch. Es sei bedauerlich, dass in Identitätsfragen das Trennende meist vor das Verbindende gestellt werde, sagte Abuzahra. Sie erlebe das selbst als Muslima, die ein Kopftuch trage; obwohl aus Amstetten gebürtig und in Gmunden zur Schule gegangen, treffe sie immer wieder auf Staunen über ihr perfektes Deutsch und die Frage, woher sie denn "eigentlich" komme. Die
5 "Fremdmarkierung" verlange, dass sie auch noch ihre familiären Wurzeln in Palästina erwähnt, erzählte Abuzahra. Gerade Jugendliche "mit Migrationshintergrund", die in zweiter oder dritter Generation immer noch als fremd gelten, würden dann häufig resignieren und selbst ihr "Anderssein" betonen. Ohne "Ambiguitätstoleranz" - also das Aushalten von Unterschieden - ist laut der muslimischen Wissenschaftlerin und Buchautorin kein gutes Zusammenleben möglich. Abuzahra betonte zugleich, Wissen darum, wer man ist oder wofür man steht, schützt vor Verunsicherung durch Unterschiede. Sie plädierte für ein gesellschaftliches Klima, in der Zukunft "zum gemeinsamen" Projekt gemacht wird und alle ihre Talente und Fähigkeiten ungeachtet von Herkunft oder Religion darin einbringen können.
Theologe: Unter Papst Franziskus "neue katholische Streitkultur" Innsbrucker Theologe Bauer bei Pastoraltagung in Salzburg: "Katholisch sein bedeutet Aushalten von Pluralität" - "Pastoralinnovator" Plank: Fokus auch auf "Fernstehende" richten - Auch Markenentwickler Hirschmugl fordert mehr Bemühen um "Aufmerksamkeit der Kundschaft" Salzburg, 09.01.2016 (KAP) Anders als bei seinen beiden Vorgängern treten unter Papst Franziskus innerkirchliche Differenzen stärker zutage, es entwickelt sich zugleich eine "neue katholische Streitkultur". Das betonte Christian Bauer vom Institut für Praktische Theologie der Universität Innsbruck am Samstag zum Abschluss der diesjährigen österreichischen Pastoraltagung unter dem Thema "Pluralität in Gesellschaft und Kirche" im Salzburger Bildungshaus St. Virgil. Der Papst habe dies etwa bei der Weltbischofssynode zu Ehe und Familie im vergangenen Herbst selbst gefördert, als er die Synodalen dazu aufforderte, über durchaus kontroverse Themen "mit Freimut zu sprechen" und andere Standpunkte "mit Demut zu hören". Und in seiner Schlussansprache habe Franziskus in realistischer Einschätzung angemerkt, manches der besprochenen Themen sei für den einen Bischof "normal", für den anderen aber "ein Skandal". "Katholisch" - also weltumspannend sein bedeute per se das Aushalten von Pluralität, so Bauer. In seinem Vortrag über "Inspirationen für den pastoralen Umgang mit Pluralität" erinnerte der Theologe daran, dass der Kirche "Plu-
ralität im eigenen Haus" gleichsam eingeschrieben sei: Von den Anfängen des Christentums an sei "Sammlung", für die Petrus steht, neben "Sendung", die Paulus vorlebte, gestanden; in der Bibel gebe es nicht einen, sondern zwei Schöpfungsberichte; beim II. Vatikanum seien mit "Lumen Gentium" und "Gaudium et Spes" quasi zwei Kirchenverfassungen verabschiedet worden. Nicht zufällig habe Papst Johannes XXIII. das Konzil mit dem alten Leitwort eröffnet: "Im Notwendigen Einheit, im Zweifel Freiheit, in allem Liebe." Bauer legte dem Auditorium Haltungen ans Herz, die Neues als Frucht von Differenz entstehen lassen. Es gelte sich im Sinn von Michel Foucault auf Erfahrungen einzulassen, aus denen man "verändert hervorgeht", ohne Konfliktscheu, stattdessen bereit, sich selbst nicht auf festgelegte Schablonen der Wahrnehmung zu beschränken. Der barmherzige Samariter der Bibel sei Vorbild darin, sich von Begegnungen mit dem Anderen im Alltag unterbrechen zu lassen. Dies ist nach den Worten Bauers auch Voraussetzung dafür, sich für die Begegnung mit Gott als dem "ganz Anderen" offenzuhalten.
KATHPRESS-Extradienst Nr.1, 9. Jänner 2016 Freilich könne es damit auch zu Kontakt mit anderen Zeitgenossen kommen, deren Anderssein "weh tut". Auf das derzeit so polarisierte Feld der Politik gemünzt sagte der Pastoraltheologe, es komme vor, dass manche Gruppen die Freiheit des demokratischen Rechtsstaates benutzen, um dessen Freiheit zu bekämpfen. Bauer zeigte sich demgegenüber aber optimistisch: Eine offene Gesellschaft, die ihre grundlegenden Werte nicht aufgibt, sei "durch nichts zu besiegen - auch nicht durch Terror". "Konvivenz" und "Pastoralinnovation" Impulse durch Walter Krieger, den Generalsekretär des Österreichischen Pastoralinstituts, und Georg Plank, Gründer von "Pastoralinnovation", füllten am Samstag die Lücke durch die krankheitsbedingte Vortragsabsage der Feldkircher Integrationsexpertin Eva Grabherr. Krieger griff auf den Begriff der "Konvivenz" aus der Pastoraltagung des Jahres 2013 zurück, um für miteinander geteiltes Leben und Lernen zu werben. Auf Basis wechselseitiger Anerkennung werde "Differenzfreude" erfahrbar. Plank bedauerte, dass viele Pfarrgemeinden auf Außenstehende unfreundlich wirkten und wenig "Willkommenskultur" entwickelten. Er verwies auf von ihm besuchte Pfarren in den USA, wo ein selbstverständlicher Fokus auch auf "unchurched and dechurched people" - auf "Fernstehende" - liege, die vor Gottesdiensten einfühlsam begrüßt würden. Auch vermeintlich Banales wie ausreichende Parkmöglichkeiten oder saubere Toiletten seien wichtig, um Kirchenbesuchern das Gefühl zu geben, willkommen zu sein. Innovation sei oft nichts anderes als das Verbessern des ohnehin Vorhandenen oder eine "Variation von Tradition", betonte Plank. Kirche braucht mehr Marken-Strategie Um aus der "Komfortzone" herauszukommen, würden der katholischen Kirche Anleihen aus der im Wirtschaftsleben gebräuchlichen Marken-Strategie gut tun. Der Grazer Markenentwickler Franz Hirschmugl empfahl den Teilnehmern der Pastoraltagung die Ausrichtung auf eine zentrale, unverwechselbare Botschaft mit Wiedererkennungswert, die in allen Angeboten
6 und Veranstaltungen zum Ausdruck kommen solle: "Wie kommt mehr Liebe in die Welt?", könnte laut Hirschmugl so eine Leitfrage sein. Statt dem Reden bzw. Kreisen um sich selbst sollten Kirchenvertreter damit die "Aufmerksamkeit der Kundschaft" erregen. Der frühere Journalist, der u.a auch für die Caritas (Kampagne "Gemeinsam Wunder wirken") und für Ordensgemeinschaften arbeitete, riet vor allem zu zeitgemäßen Angeboten zum Thema Spiritualität. Dieses Feld sei längst nicht mehr nur mit Religiosität verknüpft und dürfe nicht "den anderen" überlassen werden. Die Kirche habe eine 2.000-jährige Tradition mit viel Feuer, in der sich aber auch viel "Asche" angesammelt habe, rief Hirschmugl zur Abkehr von überalteten Ritualen und Symbolen auf. Auch sprachlich bedarf es seiner Ansicht nach einiger Neuerungen, denn wer sage heute zum Beispiel noch "Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach"? Als großen Hemmschuh bezeichnete der Marken-Experte auch die "Ausgrenzung" von Frauen, die innerhalb der Kirche wenig zu reden hätten. Jesus sei radikal gewesen und würde heute wohl exkommuniziert werden, mutmaßte Hirschmugl. Dies müssten seine Nachfolger kaum befürchten, sie könnten sich durchaus etwas von dieser Radikalität abschauen, wenn es um notwendige Veränderungen geht. Hirschmugl berief sich in seiner Ermutigung auf niemand Geringeren als Papst Franziskus: "Bei Jesus bleiben bedeutet aufbrechen, aus sich selbst herausgehen und nicht im müden Gewohnheitsglauben verharren". An der dreitägigen Pastoraltagung, alljährlich veranstaltet vom Österreichischen Pastoralinstitut (ÖPI), nahmen rund 300 kirchliche Mitarbeiter in Seelsorge und Schuldienst diesseits und jenseits der Grenzen Österreichs teil, darunter einige Bischöfe. Die Arbeit in Kleingruppen und liturgische Feiern - u.a. mit dem für das ÖPI zuständigen Referatsbischof Alois Schwarz (Gurk-Klagenfurt) sowie mit Militärbischof Werner Freistetter - ergänzten die Vorträge. Das Thema der Pastoraltagung im kommenden Jahr: "Jesus Christus, Retter der Welt". Info: www.pastoral.at
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Neue Website über Formen kirchlicher Glaubensunterweisung Website www.katechese.at des Österreichischen Pastoralinstituts bietet ab sofort umfassenden Überblick zum Thema Katechese Wien, 22.10.2015 (KAP) Über Formen und Inhalte kirchlicher Glaubensunterweisung (Katechese) informiert eine neue Website des Österreichischen Pastoralinstituts (ÖPI). www.katechese.at möchte den Usern einen "umfassenden Überblick zum Thema Katechese" bieten und dabei alle Lebensbereiche berücksichtigen, in denen - "situationsbezogen und altersgemäß" Glaubensfragen gestellt werden, wie es auf der Website heißt. Glaube sei ein "dynamischer Prozess", der "immer wieder durch katechetische Impulse begleitet" werden müsse. Breiten Raum nimmt die Sakramentenkatechese ein, also die Vorbereitung auf den Empfang der Sakramente - allen voran die Taufe. Die Website informiert über mögliche Inhalte solcher Katechumenate und präsentiert erprobte Modelle und Ansätze in Form von ausführlichen
Linksammlungen und Textbeispielen. Weitere Rubriken behandeln u.a. Formen von Liturgiekatechese, Bibelkatechese, Familien-, Kinderund Sozialkatechese sowie den Religionsunterricht. Über die europäische Vernetzung der in der katechetischen Arbeit Verantwortlichen informiert schließlich die Rubrik "EuroCat". In der Rubrik "Interessantes" bietet die Website Fundstücke aus dem Web sowie Informationen zu aktuellen Veranstaltungen wie etwa zur "Österreichischen Pastoraltagung". Technisch realisiert wurde die Website im Rahmen des Gesamtsystems von www.katholisch.at, dem Webportal der Katholischen Kirche in Österreich. Infos: www.katechese.at
IMPRESSUM: Medieninhaber (Verleger) Herausgeber, Hersteller: Institut "Katholische Presseagentur" Chefredakteur & Geschäftsführer: Paul Wuthe Redaktion: Andreas Gutenbrunner, Henning Klingen, Robert Mitscha-Eibl, Franz Morawitz, Georg Pulling, Johannes Pernsteiner, Jennifer Mostögl Alle: A-1011 Wien, Singerstraße 7/6/2 (Postfach 551) Tel: +43 (0)1 512 52 83 | Fax: +43 (0)1 512 18 86 E-Mail an die Redaktion: redaktion@kathpress.at E-Mail an die Verwaltung: buero@kathpress.at Internet: www.kathpress.at Bankverbindung: Schelhammer&Schattera Kto.Nr. 10.2343 | BLZ 19190 IBAN AT22 1919 0000 0010 2343/ BIC:BSSWATWW DVR: 0029874(039)