RAHMENORDNUNG EINLEITUNG
Einleitung Seit mehr als zehn Jahren ist es unser aufrechtes Bemühen, die Wunden, die von Klerikern und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Pastoral und in kirchlichen Einrichtungen durch Gewalt und Missbrauch geschlagen worden sind, wahrzunehmen und entschlossen aufzuarbeiten. Über Jahrzehnte hat man sich diesen Klagen verschlossen; wir wollen diese leidvollen Erfahrungen nicht mehr übersehen und überhören. Dazu dient diese Rahmenordnung „Die Wahrheit wird euch frei machen“. Sie wollte ab Juni 2010 allen Betroffenen das erforderliche Gehör und einen Weg der Aufarbeitung durch unabhängige Stellen nach einem klaren Konzept erstellen und möglich machen. Dieser rasch erstellte Verfahrensweg – aus der Erkenntnis der Notwendigkeit, sehr schnell handeln zu sollen – erfuhr mit den praktischen Erfahrungen einiger Jahre Tätigkeit eine erste Überarbeitung, um aufzugreifen und weiterzuentwickeln, was an Kritikpunkten aufgezeigt wurde. Auch Entwicklungen außerhalb des Einflussbereichs der Kirche wirkten sich aus, z. B. die Einführung des Heimopferrentengesetzes 2017. Nach zehn Jahren zeigte sich die grundsätzliche Stärke des Regelwerks und seiner Grundsätze ebenso wie die Notwendigkeit weiterer Adaptierungen. Mit praktischen Erfahrungen aus den beteiligten Gremien und Rückmeldungen der Betroffenen wurden nun weitere Anpassungen angeregt und beschlossen, die zur Erstellung der dritten Fassung der Rahmenordnung führten. Die Aufarbeitung vergangenen Unrechts in einer ehrlichen Gewissensprüfung bleibt unsere Aufgabe und die Schärfung der Achtsamkeit für die schmerzliche Problematik unser Ziel. So ist seit einigen Jahren der wichtige Ansatz der Präventionsarbeit gewachsen, die vor allem durch die Stabsstellen für Präventionsarbeit in den einzelnen Diözesen geleistet wird. Es bleibt unser aller Aufgabe, mit dem klaren Blick auf den Umgang mit den uns anvertrauten Menschen, vor allem den besonders Schutzbedürftigen, die Wahrnehmung und Verpflichtung auf einen guten und wertschätzenden Umgang miteinander einzumahnen und einzufordern. Dies muss ein Grundprinzip unseres christlichen Handelns sein. Alle Maßnahmen zum Schutz von Kindern, Jugendlichen und besonders schutzbedürftigen Erwachsenen werden weit über den kirchlichen Einflussbereich hinauswirken und dienen dem Zweck, unentschuldbares Leid nicht nur aufzuarbeiten, wenn es passierte, sondern möglichst zu verhindern. Dabei sehen wir auch den Vorwurf von geistlichem Missbrauch, der seit einiger Zeit gelegentlich vorgebracht wird; auch dieses Thema wird im Blickfeld bleiben müssen. Wir sind uns einig, dass es in der Aufarbeitung kein Vertuschen, keine leeren Entschuldi gungen und kein Wegsehen mehr gibt, die Aufarbeitung erfolgt konsequent. Für uns gilt auch künftig das Wort von Papst Franziskus: „Es ist ein schmerzhafter Prozess, aber auch ein Trost, bei der Aufarbeitung helfen zu können …“ (Papst Franziskus auf dem Rückflug von Dublin, August 2018). Danke allen, die sich an dieser Aufgabe beteiligen! So übergebe ich die 3. Fassung der Rahmenordnung in der Hoffnung, gemeinsam einen weiteren guten Schritt der Aufarbeitung und vor allem der Prävention fortsetzen zu können! Erzbischof Dr. Franz Lackner OFM Vorsitzender der Bischofskonferenz
Salzburg – Wien, im Juni 2021 3