Dein Wurzelwerk

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2018

B E W U S S T • R E G I O N A L • N A C H H A LT I G

GRÜNER LEBEN Heimatblick - das Magazin, mit dem sich das Leben bewusst und nachhaltig gestalten lässt. Und das in der Heimat.

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LEBEN

WIRTSCHAFT

HANDELN

Nadine Schubert aus Neuschleichach verrät, wie es sich ohne Plastik leben lässt.

Abwärme wird im nördlichsten Zipfel Frankens zum Anbau tropischer Früchte genutzt.

Werden Sie selbst aktiv egal ob beim Kochen oder beim Plogging


JULI

2018

WANN FÜHLEN SIE SICH GUT? Corinna Igler (32 Jahre), Leitende Redakteurin

W

enn Sie Sport getrieben oder in der Therme entspannt haben? Nadine Schuberth fühlt sich seit fünf Jahren gut. Seitdem sie ohne Plastik lebt. Sich gut fühlen, obwohl einem etwas fehlt? Das liegt vielleicht daran, dass Nadine Schuberth nichts fehlt. Oder auch daran, dass sie weiß, dass sie seitdem ein Stück die Welt verbessert. Genau wie Alina und Theres Gerischer, die in Bamberg den Unverpackt-Laden eröffnet haben. Sie können nicht nur selbst in Second-hand- oder Fair-Trade-Klamotten und ohne Plastikverpackungen leben, vielmehr erleichtern sie mit ihrem Laden auch allen anderen ein nachhaltiges Leben.Das bezieht sich aber nicht nur auf die Ernährung, sondern auch auf die Mode, wie Michael Spitzbarth aus Helmbrechts unter Beweis stellt. Der Designer macht mit seinem Label Bleed Kleidung aus Kork, Bio-Baumwolle und alten Fischernetzen und beweist mit seiner Sportswear, dass nachhaltig auch modisch sein kann. Und selbst gut gehende Industriebetriebe machen sich Gedanken, wie sie ihren Beitrag

zum Umweltschutz leisten können. In Kleintettau, dem nördlichsten Zipfel Frankens, wird die Abwärme einer energieintensiven Glashütte genutzt, um Südfrüchte zu züchten. Die Zeiten, in denen der Großteil der Bevölkerung den Kopf über diejenigen, die gegen die Massenschlachtung von Hühnern protestierten, geschüttelt haben, sind längst vorbei. In den Supermarkt-Regalen finden die Eierschachteln, die damit werben, dass die Bruderküken nicht getötet werden, reißenden Absatz. Bioläden sprießen regelrecht aus dem Boden. Doch wer wirklich nachhaltig leben und sich gut fühlen will, weil er ein Stück weit dazu beiträgt, dass unsere Welt besser wird, der darf nicht einfach blindlings drauf los kaufen, wo Bio oder Fair Trade drauf steht. Derjenige sollte hinterfragen und sich informieren. Und genau das wollen wir mit dem Heimatblick leichter machen. Wir wollen Ihnen das nachhaltige Leben erleichtern, Ihnen Tipps und Anregungen geben, wie es sich mit gutem Gewissen leben lässt – und zwar direkt vor und auch hinter ihrer Haustür. Hier in Franken.


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Inhalt

8 LEBEN 3 Ohne Plastik Nadine Schubert aus Oberaurach hat Plastik aus ihrem Alltag verbannt. In ihren Vorträgen und Büchern gibt sie Tipps für ein plastikfreies Leben. 8 Unverpackt Alina und Theres Gerischer haben in Bamberg einen Unverpackt-Laden eröffnet und schaffen damit eine Möglichkeit, Lebensmittel ohne Plastikverpackung einzukaufen. 10 Öko aber modisch Michael Spitzbarth aus Helmbrechts macht Sportswear. Sein Label Bleed steht für ökologisch, fair und nachhaltig – aber modern. Zum Beispiel finden sich in den Regalen Bikinis aus Fischernetzen. ihm kann man sehen, ob alle Buchstaben da sind und wie sie aussehen. Manchmal benutzt man Worte wie Hamburgefonts, Rafgenduks oder Handgloves, um Schriften zu testen.

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12 WIRTSCHAFT 12 Heinz Glas Die energieintensive Glashütte im nördlichsten Zipfel Frankens nutzt ihre Abwärme: Damit wird ein Tropenhaus beheizt, so dass dort Südfrüchte wachsen.

HANDELN 14 Selbstgemacht Badekugeln müssen nicht aus dem Drogeriemarkt sein. Mit wenigen Mitteln sind sie selbstgemacht. 15 Gekocht Kochen, was gerade in der Region wächst. Wie wäre es mal mit Curry mit Spinat? 12 Aktiv Joggen und dabei Müll sammeln? Das ist Plogging, der neueste Trend aus Schweden. Doch es gibt in Franken noch mehr interessante Möglichkeiten.


LEBEN

ÖKOTANTE

sieht anders aus Nadine Schubert lebt ohne Plastik. Das heißt aber nicht, dass sie mit Latzhose und Schlappen durch die Gegend rennt. Nein, vielmehr ist sie eine attraktive Frau, die zeigt, dass sich Umweltbewusstsein ganz einfach in den Alltag integrieren lässt, ohne dafür seinen Stil über Bord werfen zu müssen. Nur in einer Sache kann sie als Frau auf Plastik nicht verzichten. Text Corinna Igler • Fotos Lea Schreiber

Frau Schubert, Sie leben ohne Plastik. Wie kam das? Das war 2013. Ich war gerade mit meinem zweiten Kind schwanger und hab‘ im Fernsehen eine Reportage gesehen, wie Plastikmüll die Umwelt verschmutzt und auch der Gesundheit schadet. Ich hab‘ mir gedacht, das will ich meinen Kindern nicht antun. Dann hab‘ ich drauf geschaut, wie viel Plastikmüll bei uns im Haushalt anfällt, hauptsächlich durch Verpackung von Lebensmitteln und Kosmetika. Und dann hab‘ ich beschlossen, das muss auch anders gehen. Und wie ging es von heute auf morgen anders? Vor allem bei den Lebensmitteln war es mir wichtig, nichts zu kaufen, was in Plastik verpackt ist. Ich möchte nicht, dass wir Plastik in den Mund nehmen. Also hab‘ ich geschaut, was ich bekomme, was nicht in Plastik verpackt ist. Milch und Joghurt zum Beispiel gibt es auch in Glasflaschen. Und alles, wofür ich keinen Ersatz gefunden habe, gab es nicht mehr. Chips zum

Beispiel oder Gummibärchen, Müsli oder Kloßteig. Nudeln beispielsweise gibt es auch im Karton, genau wie Reis. Obst und Gemüse kaufe ich lose. Und wenn ich nur eine eingeschweißte Gurke gefunden habe, dann gab es halt mal keinen Gurkensalat. Da ist keiner dran gestorben. Was hat denn Ihr Mann zu diesem Vorhaben gesagt? Der fand’s gut. Seitdem kauft er Getränke – das war schon immer seine Aufgabe im Haushalt – in Glas- statt in Plastikflaschen. Er nimmt das auch wirklich selbst ernst. Er schenkt mir beispielsweise gerne schöne Wäsche. Zu Weihnachten hab‘ ich ein Nachthemd bekommen, musste es aber wegen der Größe umtauschen. Dann hat die Verkäuferin mich angesprochen, sie konnte sich noch an meinen Mann erinnern, weil er wohl gefragt hat, ob es auch was Schönes aus Baumwolle beziehungsweise ohne Kunstfaser gibt. Und letztlich hat er eines aus Seide gekauft.

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Gerade mit Kindern stelle ich mir das schwierig vor, ihnen von heute auf morgen zu sagen, dass sie etwas, das sie gerne mögen, plötzlich nicht mehr bekommen… Ja, es war schon schwer, meinem Sohn erklären zu müssen, dass ich ihm keine Cornflakes mehr kaufen kann. Am Anfang hab‘ ich sie dann ab und zu noch gekauft, als Kompromiss sozusagen. Dann hab‘ ich aber irgendwann angefangen, Knuspermüsli selbst zu machen. Und das schmeckt ihm jetzt noch viel besser. Sie sind eine gut aussehende, modische Frau. Was machen Sie denn, wenn Sie tolle Klamotten sehen, die aber aus Kunstfaser sind, oder mit Kosmetik? Oder Shampoo beispielsweise ist ja immer in Plastiktuben abgefüllt. Mein ganzes Konsumverhalten hat sich verändert. Ich brauch‘ nicht mehr so viel. Gerade bei Klamotten ist es schwer, etwas ohne Kunstfaser zu finden, aber ich hab‘ ja auch noch so viel, ich brauch‘ nichts Neues. Kosmetik


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LEBEN

mach‘ ich mir selbst. Wimperntusche zum Beispiel. Und meine Haare wasche ich mit Haarseife. Nur mit Seife? Muss man das Haar denn nicht mit Shampoo waschen, damit es nicht fettig wird, oder braucht mal eine Kur zur Pflege? Ich hab‘ meine Haare einfach entwöhnt. Am Anfang sollte man auf hartes Shampoo umsteigen, dann geht das schon. Das dauert ein bisschen, bis sich die Haare entwöhnt haben, aber dann geht das wunderbar. In Bamberg hab‘ ich einen tollen Seifenladen, „Seife und mehr“, entdeckt und dort kaufe ich meine ganze Seife – auch die fürs Haar. Haben Sie denn mit Vorurteilen zu kämpfen? Gerne wird man ja als Öko-Tante abgestempelt, wenn man einfach nur versucht, bewusster zu leben. Nein. Das liegt aber wahrscheinlich auch daran, dass ich nicht das bin, was man sich unter einer Öko-Tante vorstellt. Ich bin eine moderne Mama und zeige, dass man sich nicht verbiegen muss, nur weil man bewusster lebt. Deswegen spricht das, was ich tue, wahrscheinlich auch so viele an. Apropos, was Sie tun: Sie haben einen Blog, die Spiegel-Bestseller „Besser leben ohne Plastik“ und „Noch besser leben ohne Plastik“ geschrieben. Wie kam es denn dazu? Am Anfang war es sehr mühsam, ohne Plastik zu leben. Klar, kann man beim Einkaufen auf Verpackungen verzichten. Aber was ist mit so Dingen wie Putzmittel? Ich hab also in Foren geschaut und angefangen, mich einzulesen. Aber man musste sich alles mühsam zusammensuchen. Deswegen hab‘ ich im November 2013 begonnen zu bloggen. Und ich habe gemerkt, es gibt ganz viele Leute, die Lösungen suchen. Allein im letzten Jahr hatte ich eine Million

ob das Leben mit oder ohne Plastik teurer ist. Aber ich konsumiere dadurch bewusster, ich kaufe wirklich nur noch das, was ich brauche und laufe nicht mehr, wie früher, durch die Supermarktregale und schmeiße einfach mal was hinein, was ich probieren will. Dadurch spare ich natürlich schon. Und vor allem spare ich Müll.

Klicks auf meinem Blog und 300.000 Besucher. Das ist für mich eine Bestätigung, dass die Leute schon gerne ohne Plastik leben wollen, aber einfach eine Anleitung brauchen. Und dann hab‘ ich, zusammen mit meiner Co-Autorin, ein Buch geschrieben, und angefangen, Vorträge zu halten. Mittlerweile bin ich deutschlandweit unterwegs, um zu zeigen, wie man ohne Plastik leben kann. Ich schocke die Zuhörer am Anfang immer erst mit Bildern, was Plastik aus uns und unserer Umwelt macht – zum Beispiel wissen die meisten gar nicht, dass Kaugummi zu 80 Prozent aus Plastik besteht und worauf sie herum kauen - und dann gebe ich eben Tipps, wie es auch anders geht. Sie sparen jetzt viel Plastik, haben sicherlich weniger Müll als früher. Aber ist so ein Leben nicht auch zeitaufwändiger – gerade, wenn Sie Putzmittel, Waschmittel etc. selber machen? Anfangs war es etwas zeitaufwändiger, ja. Aber, wenn man es mal gewohnt ist, überhaupt nicht. Ich wette, die Zahncreme selber zu machen, dauert nicht so lange wie, wenn du im Drogeriemarkt an der Kasse anstehst. Ist es denn finanziell überhaupt günstiger, ohne Plastik zu leben? Wenn ja, wissen Sie, wie viel Geld Sie sparen? Das kann man eigentlich nicht sagen,

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Wo lebt es sich denn leichter ohne Plastik – in der Stadt oder auf dem Land? Auf dem Land kann ich natürlich nicht einfach in einen Unverpacktladen gehen, wie sie in Städten jetzt immer öfter aufkommen. Dafür hat man auf dem Land oft Platz, um selbst etwas anzubauen. Das geht in der Stadt wiederum nicht. Und hier auf dem Land habe ich Sachen erfahren, von denen ich vorher gar nicht wusste, dass es sie gibt. Ich kann mir nicht nur beim Blumenhändler im Nachbarort eine Obst- und Gemüsekiste bestellen, ich krieg beim Bäcker um die Ecke auch Kaffeebohnen unverpackt. Durch so eine Umstellung kommt man ins Gespräch und irgendwann hab‘ ich beim Bäcker mal erzählt, dass ich schauen muss, wo ich meinen Kaffee unverpackt herbekomme, dann meinte die Besitzerin, dass sie eine eigene Röstung hat. Das wusste ich vorher beispielsweise gar nicht. Gibt es denn etwas im Alltag, bei dem Sie um Plastik nicht herum kommen? Ja, bei Tampons beispielsweise. Es gibt zwar Alternativen, die Menstruationstasse beispielsweise. Die ist zwar auch aus Plastik, kann man aber immer wieder verwenden, wenn man sie ausspült und auskocht. Allerdings ist das nichts für mich. Und für meine Putzmittel hab‘ ich auch noch Plastik-Sprühflaschen beispielsweise. Das ist einfach praktisch. Und das Wichtigste ist ja, dass ich sie nicht wegschmeiße, sondern immer wieder verwende.


LEBEN

Tipps

Wimperntusche selbstgemacht 3 EL Mandeln mit kochendem Wasser übergießen und Schale abrubbeln. Mandeln hacken und in einer Pfanne ohne Fett verbrennen, bis sie richtig schwarz sind. Die schwarzen Mandeln im Mörser zu einem feinen Brei zermahlen. Man merkt, dass Mandeln Fette enthalten, denn diese Masse ist schon sehr breiig. 1 halben TL Vaseline zugeben und gut mischen. Zum Schluss 1 TL Speisestärke untermischen und im Mörser nochmals gut mischen. In ein kleines Schraubglas oder die leere Mascara-Hülse füllen.

Waschmittel selbstgemacht

Zahncreme selbstgemacht

50 Gramm Olivenölseife in einen Eimer raspeln und mit 4 Liter heißem Wasser übergießen, 8 EL Waschsoda dazu und alles mit einem Schneebesen verrühren.

2 EL Kokosöl erwärmen, 1 TL Schlämmkreide (Calciumcarbonat) dazu und 20 – 30 Tropfen Pfefferminzöl für den Geschmack dazu geben.

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Echt und unverpackt Alina und Theres Gerischer haben in Bamberg einen Unverpackt-Laden eröffnet. Wir wollten von den beiden wissen, wie sie auf diese Idee gekommen sind und haben uns mit ihnen zu einem Plausch bei Wasser und Kaffee mit veganer Hafermilch getroffen. Text Friederike Stark • Fotos Barbara Herbst

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ie haben es geschafft. Die Schwestern Alina und Theres Gerischer haben 44.599 Euro über Crowdfunding sammeln können, um einen Unverpackt-Laden in Bamberg eröffnen zu können. 30.000 Euro war ihr Ziel. Dass es nun fast 15.000 Euro mehr sind, lässt die beiden noch mehr strahlen als sonst. Wobei – eigentlich waren sie von Anfang an davon überzeugt, dass sie ihr Ziel erreichen, dass sie genügend Menschen für ihre Idee begeistern können. Warum? Weil sie beide vom Scheitel

bis zur Sohle positive Menschen sind. Alina, die ältere der beiden, ist 22 Jahre alt und weiß für dieses zarte Alter schon ziemlich genau, was sie will und wie sie leben möchte. Theres ist 19 Jahre alt und orientiert sich an ihrer zielstrebigen Schwester und sagt mit Bewunderung, Alina wisse einfach so viel. Beide haben eine Ausbildung als Flechtwerkgestalterin in Lichtenfels abgeschlossen. Ein Beruf, der wenig Zukunftsaussichte bietet. Doch das war beiden egal. Denn Geld ist nicht das, wonach die beiden streben.

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Die beiden haben auf der einen Seite klare Ziele für sich und ihre Art zu leben vor Augen. Auf der anderen Seite machen sie, worauf sie gerade Lust haben. Ob sich das gegenseitig ausschließt? Nicht für die beiden Schwestern. Denn, wenn sie auf eine Sache Lust haben, ziehen sie die sehr konsequent durch. So ist es mit ihrer Ernährung, mit ihrem Konsumverhalten und mit dem großen Projekt „Unverpackt Bamberg“. Alina lebt seit vier Jahren vegan.


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Theres ist gerade in der „Umstellungsphase“, wie es die Schwestern nennen. Das heißt, Theres bemüht sich nach Kräften, vegan zu leben. Klappt es aber mal nicht, geißelt sie sich nicht, sondern macht am nächsten Tag einfach wieder weiter. Denn beide wollen Veganismus als sinnvolle Ernährungsform erlernen, so dass es ihnen an nichts fehlt. „Wir sind schließlich keine Puddingveganer“, sagt Alina. Damit meint sie, dass sie nicht einem Trend folgen will, sondern sich ernsthaft mit der veganen Lebensweise auseinandergesetzt hat. Alina erzählt, sie habe schon in der Pubertät viel über Ernährung gelesen, sich irgendwann für ein fleischfreies Leben und später für Veganismus entschieden. Dass Theres ihr nun folgt, liegt nicht an Alinas Missionarsverhalten, denn Alina will niemanden überzeugen. Vielmehr hat Theres, die mit Alina zusammen wohnt, sich vom leckeren Essen ihrer Schwester überzeugen lassen. Denn für beide ist es ein Trugschluss, zu glauben, vegane Ernährung wäre langweilig. „Ich glaube, viele Allesesser ernähren sich einseitiger, weil sie immer nur die

„Ich glaube, viele Allesesser ernähren sich einseitiger, weil sie immer nur die gleichen fertigen Produkte essen“

gleichen fertigen Produkte essen“, sagt Theres. Doch sie leben nicht nur vegan, sie achten auch auf ein nachhaltiges Konsumverhalten. Beide kaufen fast ausschließlich in Second-hand-Läden. Gönnen sie sich doch mal ein neues Teil, dann nur Fair-Trade-Kleidung. Selbstverständlich machen sie viele

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Alltagsprodukte wie Zahnpaste und Waschmittel selbst. Sie kaufen nur in ausgewählte Läden ein. Lidl, Aldi und sogar Ikea haben beide noch nie von innen gesehen. Dass ihr Lebensstil nicht für jeden etwas ist, ist ihnen klar. Doch mit ihrem Unverpackt-Laden wollen sie jedem zeigen, dass es gar nicht schwer ist, zumindest in manchen Lebensbereichen nachhaltig zu leben. Dass zumindest jeder auf Verpackungsmaterialien beim Einkauf weitestgehen verzichten kann. Die Finanzierung ihres Unverpackt-Ladens ist dank der Crowdfunding-Aktion und einem Bankdarlehen gesichert. Die Inneneinrichtung konnten die Schwestern, so wie es ihnen zusagt, gebraucht übernehmen von einem Unverpackt-Laden aus Recklinghausen, der es nicht geschafft hat. Der Business-Plan kam bei der Bank gut an. Und das Konzept aus Laden, Käsetheke und kleinem Café überzeugt die Bamberger.


LEBEN

Wo MĂźll

zum Bikini wird Vegan ist alles. Vegan ist Trend. Vegan ist der Lifestyle. Und vegan sind auch die Lederjacken von Michael Spitzbarth aus Helmbrechts. Mit seinem Label Bleed will er den Planeten vor dem Ausbluten bewahren. Zumindest so gut er es kann. Das gelingt nicht nur mit veganen Lederjacken oder Sweatern aus Bio-Baumwolle, sondern auch mit Bikinis aus Fischernetzen. Text Corinna Igler • Fotos Lea Schreiber

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M

ichael Spitzbarth grinst bis über beide Ohren. Er öffnet eine kleine, schmale Schachtel und holt daraus einen blauen Bikini hervor. Und ein Stück Netz. Fischernetz. Daraus ist der Bikini nämlich hergestellt. Alte Fischernetze, die herrenlos im Meer umhertreiben und in denen sich oft Tiere verfangen, werden zusammen mit Resten aus der Teppichindustrie geschmolzen und zu einem Granulat verarbeitet. Daraus entsteht das sogenannte Econyl-Garn und daraus wiederum der Stoff für die Bademode. Der nachhaltige Bikini aus recycelten Fischernetzen war der Verkaufsschlager des Sommers in Michaels Modeladen in Helmbrechts. Unter dem Label Bleed macht er seit fast zehn Jahren Mode. Ökologisch. Fair. Nachhaltig. Das ist das, was die Klamotten von Bleed so besonders macht. „Ich hab‘ Textildesign in Münchberg studiert und im Alpenraum in der Modeindustrie gearbeitet. Ich hab‘ gesehen, dass die Modeproduktion dirty und billig ist. Da ist nix mit ökologisch. Das war für mich als Sportler, der gern in der Natur unterwegs ist, furchtbar. Ich hatte dann einen Designauftrag für ein Biotextilunternehmen und habe mich gefragt, warum so eigentlich keiner im Sportswear-bereich arbeitet.“ Also hat Michael das selbst in die Hand genommen und erste Designs für nachhaltige Sportswear gemacht. Produziert wird in Portugal, Polen und Kroatien. Dort überzeugt sich Michael durch mehrmalige Besuche im Jahr höchstpersönlich davon, dass die Klamotten seines Labels ökologisch und fair produziert werden. verwendet werden dafür ausschließlich natürliche Materialien wie Bio-Baumwolle, Kork, Leinen oder eben alte Fischernetze. Als Michael vor zehn Jahren mit den ersten Mustern in die einzelnen Sportgeschäfte losgezogen ist, „hat man mich angeschaut, als käme ich von einem anderen Planeten. Man hat mich

als Spinner abgetan“, erinnert er sich. Mittlerweile habe eine Trendwende stattgefunden. Was zunächst im Essens- und Kosmetikbereich Trend wurde, ist es nun auch in der Mode: Biologische und ökologische Herstellung. Seine erste Kollektion umfasste damals 20 Teile, heute gibt es von Bleed jährlich zwei Kollektionen mit jeweils 100 Teilen. Zuerst zeichnet er

„Wenn ich in der Natur unterwegs bin, will ich sie auch schützen“ die Entwürfe von Hand, anschließend werden sie am Computer digitalisiert und schließlich umgesetzt. Er ist dabei für die Herrenkollektion zuständig, Lena Grimm für die Damenkollektion. Mit den Freelancern besteht das Bleed-Team mittlerweile aus zehn Leuten. Inspirieren lässt sich Michael bei 11

seinen Designs von der Natur. Dem leidenschaftlichen Outdoor-Sportler ist dabei ein langlebiges Design wichtig. Nachhaltig eben. „Wenn ich in der Natur unterwegs bin, will ich sie auch schützen“, sagt er. So manche Idee entsteht aber auch mal aus einer Bierlaune heraus. Die der veganen Lederjacken beispielsweise. Michael holt eine schwarze Jacke hervor. 2Das ist Kork, schwarz eingefärbt“, erklärt er. Damals ging es darum, dass vegan so im Trend ist. „Wir haben gerätselt, wie man eine Lederjacke vegan herstellen könnte.“ Hat funktioniert: herausgekommen ist die aus Kork. Dank der Trendwende, den sozialen Medien, dem Sporttourismus im Fichtelgebirge und nicht zuletzt seinem Gespür dafür, wie man aus biologischen und ökologischen Materialien oder eben auch aus Müll gut aussehende, funktionsfähige und nachhaltige Mode machen kann, ist aus Michael, dem „Spinner“, ein gefragter Designer fair und umweltbewusst hergestellter Klamotten geworden.


WIRT SCH A FT

Südfrüchte aus

Nordbayern Ein Tropenhaus im nördlichsten Zipfel Bayerns. Das soll nachhaltig sein? Wenn die Wärme aus der benachbarten Glashütte kommt, auf jeden Fall. Text Veronika Schadeck • Ort Kleintettau

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ntstanden ist diese Idee 2004 – und zwar beim Stammtisch; 2011 war Baubeginn. Und seit 2013 wachsen in Kleintettau im Kreis Kronach Bananen, Kiwis, Mangos, Papayas, Avocados und Co. Doch nicht nur das: Auch Fische in Bio-Qualität werden gezüchtet. Wie? Das Tropenhaus wird komplett mit der Abwärme der benachbarten Glashütte von „Heinz Glas“ beheizt. Und im Sommer wird mit der Abwärme auch das Wasser für tropische Speisefische erhitzt. Diese schwimmen in gesammeltem Regenwasser. Und das nährstoffreiche Abwasser dient wiederum als Dünger für die Südfrüchte. 350 Tonnen CO2 sollen durch dieses Projekt jährlich eingespart werden. Weiterhin entfallen durch den Anbau subtropischer und tropischer Früchte sowie die Züchtung von Speisefischen lange Transportwege. Kooperationspartner für die Forschungsarbeiten ist die Universität Bayreuth. Der damalige Ministerpräsi-

dent Horst Seehofer nannte das „deutschlandweit einmalige“ Projekt in Kleintettau nicht nur genial, vielmehr bezeichnete er Klein-Eden als „Paradies auf Erden“ und würdigte das Unternehmertum von Carl-August Heinz: „Sie waren in Sachen Energiewende Ihrer Zeit voraus.“ Schließlich soll das Tropenhaus auch Demonstrationsobjekt für andere Betriebe mit ähnlichem „Sie waren in Sachen AbwärmeaufEnergiewende Ihrer kommen wie bei Heinz-Glas Zeit voraus.“ sein und zeigen, wie Abwärme sinnvoll genutzt werden kann. Damit auch Touristen einen Eindruck vom Tropenhaus bekommen können, entstand außerdem ein Besucherhaus. Das Projekt wird gemeinschaftlich von Landkreis, Gemeinden, Unternehmen und Unterstützern der Region getragen. Die rund fünf Millionen Euro Investitionskosten wurden zu 90 Prozent durch Fördermittel finanziert. 12


gewonnen werden, sollen in Schulen in naturwissenschaftlichen Leistungskursen kommuniziert werden. Arbeitsplätze Mit dem Bau des Tropenhauses wurden auch neue Arbeitsplätze in den Bereichen Anbau, Produktion und Forschung geschaffen.

Daten und Fakten über „Klein Eden“ Demonstration „Klein Eden“ dient als Demonstrationsobjekt für die Industrie und die Betriebe der Region mit ähnlichem Abwärmeaufkommen wie Heinz-Glas. Abwärme soll sinnvoll genutzt, statt ungenutzt an die Umwelt abgegeben werden. Allein die in der Rennsteig-Region zur Verfügung stehende industrielle Abwärme würde aktuellen Berechnungen zufolge für eine Anbaufläche unter Glas von rund 75 000 Quadratmetern ausreichen. Ziele Man geht von einer CO2-Einsparung von circa 350 Tonnen pro Jahr aus. Weiterhin entfallen durch den

Anbau subtropischer und tropischer Früchte sowie die Züchtung von Speisefischen lange Transportwege. Umweltforschung Der ökologisch-botanische Garten der Universität Bayreuth ist ein Kooperationspartner. Ziel ist die Optimierung des Anbaus tropischer Nutzpflanzen. Erforscht werden soll, welche Nutzpflanzen sich für den Anbau unter Glas eignen und wie es sich darüber hinaus mit den Nährstoffen verhält. Umweltbildung Das Projekt soll ökologische Kreisläufe und nachhaltige Wirtschaft für Erwachsene, Jugendliche und Kinder erlebbar machen. Die Erkenntnisse, die mit der Uni Bayreuth 13

Finanzierung Das Projekt wird gemeinschaftlich von Landkreis, Gemeinden, Unternehmen und Unterstützern der Region getragen. Die rund fünf Millionen Euro Investitionskosten wurden zu 90 Prozent durch Fördermittel des EU-Programms „Ziel 3 – Freistaat Bayern/Tschechische Republik (drei Millionen Euro), den allgemeinen Umweltfonds (500 000 Euro) sowie der Oberfrankenstiftung finanziert. Kooperationspartner Rennsteigregion im Frankenwald, Landkreis Kronach, Kommunen Steinbach am Wald, Tettau, Ludwigsstadt, Teuschnitz, Heinz-Glas, Universität Bayreuth, Sklenik Hranice/Tschechien, Schottische Hochlandrinder-Zucht Frankenwald GmbH, Chocolate GmbH & Co.


H A NDELN

Herz-Badekugeln Zutaten • Herz Silikonform • 130 g Natron • 120 g Zitronensäure • 60 g Speisestärke • 3 EL Kokosöl • 10 Tropfen Ätherisches Öl deiner Wahl, Lebensmittelfarbe nach Belieben. Optional: getrockneter Lavendel

Selbstgemacht

of • 1. Schritt

• 3. Schritt An-

Zunächst Natron, Zitronensäure und Speisestärke in einer Schüssel vermengen. Danach das Kokosöl kurz erwärmen und anschließend mit den trockenen Zutaten vermengen.

schließend die Badekugelmasse in die Silikonform füllen und mindestens acht Stunden im Kühlschrank hart werden lassen.

• 4.Schritt Zum

• 2. Schritt Jetzt die

Schluss die Badeherzen vorsichtig aus der Form nehmen.

Lebensmittelfarbe, den Lavendel und das Ätherische Öl hinzufügen. Die Masse nun so lange verrühren, bis ein nasser Sand entsteht.

Wir wünschen viel Spaß beim Baden oder Verschenken!

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H A NDELN

Curry mit Spinat und Kichererbsen

Rezept Idee

Zutaten: • 500 g Blattspinat • 1 kleine Dose Kichererbsen • 1 Zwiebel • 1 Knoblauchzehe • 1 Stück frischer Ingwer (3 cm) • 2 EL Pflanzenöl • 1 EL Currypulver • 100 ml Gemüsebrühe • 100 ml Sahne • Salz, Pfeffer

Zubereitung: Den Spinat waschen und mit dem Messer grob zerteilen, Kichererbsen in ein Sieb gießen, kalt abspülen und abtropfen lassen. Zwiebel, Hof Knoblauch und Ingwer schälen, fein hacken und in einem Topf im Öl zwei Minuten bei mittlerer Hitze anbraten. Kulmbach Kichererbsen und Currypulver hinzufügen und eine Minute unter Rühren mitbraten. Mit Bayreuth der Gemüsebrühe ablöschen und 5 Minuten bei geschlossenem Deckel köcheln lassen. Zum Schluss die Sahne angießen, den Spinat dazugeben und untermischen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Dazu passt Duft- oder Basmatireis.

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H A NDELN

Ve ra n s t a l t u n g s ü b e r s i c h t

PLOGGING IN COBURG

An der Figur arbeiten und dabei der Natur etwas Gutes tun? Das geht beim Plogging, dem neuesten Trend aus Schweden. Joggen und dabei Müll sammeln – das ist Plogging. Die Mitglieder des Coburger Vereins RunningBros laufen regelmäßig mit Müllsäcken und Einweghandschuhen bewaffnet los und sammeln den Müll auf, den andere aus dem Fenster schmeißen. Das nächste Plogging in Coburg findet statt am 30. Juni.

KRÄUTERWANDERUNG

V O R S I C H T, ERDARBEITEN!

Auf einer Wanderung zwischen Tourismushaus und dem Gasthof Goldener Anker in Steinwiesen werden die am Ortsrand wachsenden Wildkräuter vorgestellt und gesammelt. Im Anker-Biergarten wird die Kräuterernte dann gemeinsam angeschaut und gemeinsam wird eine Wildkräuterlasagne gekocht.

Regenwürmer, ihre Arbeit und ihre „Mitarbeiter“ sind im Garten äußerst wichtig. Bei aufmerksamer Gartenerdarbeit oder bewusstem Ausbreiten von ein paar Handvoll Gartenerde auf einem weißen Tuch kann man gut ihr Gewimmel beobachten. Dafür baut die Kindergruppe des Bund Naturschutz Kronach ein „Regenwurmarium“. Wer sich eine solch besondere Tierbeobachtungsstation einrichten möchte, bringt bitte ein größeres Glas ohne Etikett mit. Wer sich dazu noch ein Regenwurmborstenkratzhörrohr anfertigen mag, benötigt eine leere Rolle Küchenpapier. Infos und Anmeldung bei Bund Naturschutz Kindergruppe oder Stadtoase Susanne Meier (Tel. 09261/9652569 oder Handy 0160 /99789231)

Wann: 16. Juni, 10 Uhr Wo: Tourismushaus Steinwiesen

Wann: 30. Juni, 11 Uhr Wo: Treffpunkt ist in Dör-

fles-Esbach, Parkplatz von Intersport Wohlleben

Wann: 21. Juni, 16 Uhr Wo: Gemüsegarten der BN-Kin-

dergruppe in der Limmerstraße, Ecke Mangstraße.

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H A NDELN

MARKT DER MÖGLICHKEITEN

E N E R G I E A U TA R K E S HAUS

Der Bamberger Markt der Möglichkeiten soll Freiwillige und Gemeinnützige zusammenbringen, ein Ort der Begegnung sein und Informationen vermitteln. Ziel ist es, Engagement zu fördern. Projekte, die sich aus früheren Märkten bereits ergeben haben, waren beispielsweise das Anlegen von Sinnespfaden für Grundschulen oder der Bau von Holzspielgeräten für Seniorenspielplätze.

Solar- und Photovoltaikanlagen sind für die meisten keine Fremdwörter mehr. Doch wie kann man komplett energieautark leben? In Franken gibt es schon einige energieautarke Häuser. In seinem Vortrag erklärt Energieexperte Heinrich Lauack, wie dies funktioniert und welche Fördermittel dafür abrufbar sind.

Wann: 1. Juli, 10-17 Uhr Wo: Maxplatz Bamberg

BLICK INS MÜLLHEIZKRAFTWERK UND DIE KLÄRANLAGE

Die Stadt Bamberg gewährt Einblick in das Müllheizkraftwerk und die Kläranlage. Was genau mit unserem Müll passiert und wie die Abläufe in einer Kläranlage sind, das können Interessierte am Tag der Umwelt der Stadt Bamberg erfahren.

Wann: 7. Juli, 18.30 Uhr Wo: Stadthalle Kulmbach

Wann: 8. Juli, 10 und 12 Uhr Wo: Müllheizkraftwerk , Waage

MHKW, Rheinstr. 6 Wann: 8. Juli, 11.30 sowie 13.30 Uhr Wo: Eingang Kläranlage, Rheinstr. 4

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Diese Veranstaltungen sind von uns frei erfunden


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