Grundlagen zur Resilienz im Finanzausgleich Beitrag zur Impulskonferenz “Krisensicherer Finanzausgleich” kdz – TU Wien 9. Juni 2021 Johann Bröthaler, Michael Getzner Forschungsbereich Finanzwissenschaft und Infrastrukturpolitik Institut für Raumplanung, Technische Universität Wien
Struktur der Präsentation
▪ Resilienz – Begriff und Bedeutung ▪ Resilienzmessung: Reaktionsfunktionen ▪ Resilienz im Finanzausgleich
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Resilienz: ein ökonomisch-ökonometrisches Verständnis (& ein normatives Konzept)
▪ Ökologie (Ökosysteme, -funktionen und -prozesse) als Ursprung der Resilienz (Holling, 1973)
• Resilience is „the capacity of a system to absorb disturbance and
reorganize while undergoing change so as to still retain essentially the same function, structure, identity, and feedbacks“ (Walker et al., 2004, S. 4) • Krisenfestigkeit, Anpassungsfähigkeit, Wandelbarkeit
▪ Finanzwissenschaft, Ökonomik, Ökonometrie/Statistik
• Reaktion der öffentlichen Finanzen und der Budgetpolitik (z.B.
Einnahmen, Ausgaben, Saldo, Schulden) auf einen exogenen (oder endogenen) Schock • Empirisches Konzept: Schätzung einer Reaktionsfunktion oder Modellierung der Reaktion der öffentlichen Finanzen
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Resilienz: ein ökonomisch-ökonometrisches Verständnis (& ein normatives Konzept)
▪ Resilienz der öffentlichen Finanzen auf einen Schock (=auf eine Krise) Beispiel:
Wie reagieren die Ausgaben der Gemeinden auf einen Schock? St = f (BIPt, GemGrößet, Schuldent, Sozio-Ökont, UrbanRuralt, St-1 …) → Resilienz ist (bzw. kann definiert werden als) die Geschwindigkeit und
das Ausmaß, in welchen eine bestimmte Variable öffentlicher Finanzen (z.B. Ausgaben) nach einem Schock wieder zu ihrem ursprünglichen Wert (Mittelwert) zurückkehrt → Deficit Spending & Nachhaltigkeit der öffentlichen Schuldenpolitik → Sicherstellung der kommunalen Aufgabenerfüllung, d.h. der Ausgaben für die Daseinsvorsorge
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Aber: Resilienz ist (auch) ein normatives Konzept
▪ Normative Festlegungen
• Ist der Zustand vor einem Schock (einer Krise) auch jener, der in oder nach
einer Krise hergestellt werden soll (d.h., zu dem das System zurückkehren soll)? • Welche Zeitspanne für die Anpassung ist akzeptabel? • Wann sollen politische Entscheidungsträger*innen und Planer*innen eingreifen? • Sind automatische Stabilisatoren ausreichend für die Bewältigung von Schocks, oder braucht es diskretionäre Eingriffe?
▪ Arten von Schocks • • • •
Ursprung: Exogene / endogene Schocks Ursache: Markt/Konjunktur, Umwelt, Gesellschaft Betroffenheit: symmetrische / asymmetrische Schocks… Dauer: kurzfristige (Schocks) / langfristige (Krisen) Herausforderungen: Klimakrise, Pandemien, Biodiversitätsverlust, Naturkatastrophen
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Verschiedene Dimensionen von Resilienz
▪ Dimensionen der Resilienz des öffentlichen Sektors (inspiriert durch das Resilienz-Konzept von Davoudi, 2013)
• Robustheit, Ausdauer und Nachhaltigkeit - Kann der öffentliche Sektor seine Aufgaben bei einem Schock (in einer Krise) erfüllen?
• Anpassungsfähigkeit und Flexibilität - Wie flexibel ist der Gesetzgeber, wie flexibel ist die Verwaltung?
• Wandlungsfähigkeit und Innovativität - Kann der öffentliche Sektor neue Lösungen ausarbeiten, um öffentliche Güter und Dienstleistungen für die Bürger*innen bereitzustellen?
• Vorbereitung und Lernfähigkeit - Hat der öffentliche Sektor eine entsprechende Lernfähigkeit, um auf zukünftige Krisen vorbereitet zu sein?
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Resilienz des Finanzausgleichs Institutionelle Resilienz Resilienz öffentlicher Institutionen auf Bundes-, Landes-, Gemeindeebene zur Ebenen Krisenbewältigung: des Staates Informationen, Koordinierung, Instrumente, Prozesse
Verteilung der Aufgaben und Kompetenzen im föderalen Staat Resilienz staatlicher Aufgaben (z.B. Gesundheit, Bildung, Kultur, Infrastrukturen): Qualität und Funktionsfähigkeit
Öffentliche Aufgaben
Politische Resilienz Zunahme der Resilienz durch Föderalismus-, Strukturund Verwaltungsreformen
Fiskalischer Föderalismus und Finanzausgleich
Reaktion politischer Entscheidungsträger*innen durch Wirtschaftspolitik: politische Debatten und Entscheidungen
Fiskalpolitik
Politiken betreffend Wirtschaftsförderung, Regionalentwicklung (räuml. Ungleichheiten), Mobilität, Standorte
Nachhaltigkeit der Staatsschulden, Staatsausgaben, Beschäftigung und Wirtschaftsstruktur: Effizienz und Verteilung
Wirkungen Räumliche (urbane & rurale) Planung, Infrastrukturplanung, Zielorientierung betreffend zukünftige Krisen (z.B. Klimakrise)
Funktionale Resilienz
Räumliche Resilienz
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Verbesserung der finanziellen Resilienz der Gemeinden: Verantwortliche Ebenen Resilienz-Ebene Ausgewählte Elemente der Rahmenbedingungen
Beispiele für Wirkungsrichtungen und Instrumente
Gemeindeebene
- Haushaltsrecht - Regulierungen betr. Investitionen und Schuldenaufnahme - Supervision & Auditing
- Fiskalische Effizienz langfristiger Entwicklung (Bedeutung der Planung) - Fiskalische Autonomie
Länderebene
- Kooperation - Regionale Governance - Intragovernmentale Transfer
- Finanzierung von Redundanz (Vorsichtsprinzip) - Regionalfonds
Bundesebene
- Finanzausgleich - Fiskalregeln (EU) - Ausnahmen im Bedarfsfall (AT/EU)
- Hierarchische Verantwortlichkeiten - Zentrales Schuldenmanagement - Paradigmenwechsel in Krisenzeiten
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