Finanzausgleich: Fact-Sheets

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FACT SHEETS ZUM FINANZAUSGLEICH

Die Elemente des Finanzausgleichs 12.4.2016

Ansprechpartnerinnen und -partner zum Finanzausgleich: Dr.in Karoline Mitterer Mag. Peter Biwald Mag.a Anita Haindl

KDZ Zentrum für Verwaltungsforschung Guglgasse 13 · A-1110 Wien T: +43 1 892 34 92-0 · F: -20 institut@kdz.or.at · www.kdz.or.at


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Inhaltsverzeichnis I

Grundbegriffe ........................................................................................................................ 5

II

Der Finanzausgleich im Überblick ...................................................................................... 6

III

IV

V

1

Stufen des Finanzausgleichs im engeren Sinn ............................................................ 7

2

Schritt 1: Oberverteilung ............................................................................................... 9

3

Schritt 2: Länderweise Unterverteilung der Ländermittel ........................................... 10

4

Schritt 2: Länderweise Unterverteilung der Gemeindemittel...................................... 11

5

Schritt 3: Gemeindeweise Unterverteilung der Gemeindemittel ................................ 12

6

Schritt 3: Gemeindeweise Unterverteilung nach Gemeindegröße ............................. 13

7

Schritt 4: Transfers des Bundes ................................................................................. 14

8

Schritt 5: Transfers zwischen Ländern und Gemeinden ............................................ 15

9

Schritt 6: Eigene Abgaben .......................................................................................... 16

Sekundärer und tertiärer Finanzausgleich ...................................................................... 17 1

Transfers an die Länder reduzieren Ertragsanteile um ein Drittel ............................. 17

2

Transfers stellen den Finanzausgleich auf den Kopf ................................................. 18

3

Bundesländer belasten die Gemeinden unterschiedlich ............................................ 19

4

Transfers steigen stärker als Ertragsanteile ............................................................... 20

Reformoptionen zum Finanzausgleich ............................................................................ 21 1

Reformbedarfe im Finanzausgleichssystem .............................................................. 21

2

Kritikpunkte am aktuellen Finanzausgleichsgesetz.................................................... 22

3

Wichtige Reformoptionen ........................................................................................... 23

4

Grundsätzliche Zielsetzungen .................................................................................... 24

5

Aufgabenorientierter Finanzausgleich ........................................................................ 25

6

Transferentflechtung und Erhöhung der Transparenz ............................................... 26

7

Reform der eigenen Steuern ...................................................................................... 27

8

Reform Ressourcenausgleich .................................................................................... 28

9

Reformmodell Gemeinde-Finanzausgleich ................................................................ 29

Glossar ................................................................................................................................ 31


GRUNDBEGRIFFE

I

Grundbegriffe

Finanzausgleich im weiteren bzw. im engeren Sinn Unter Finanzausgleich im weiteren Sinn wird die Zuordnung der öffentlichen Aufgaben, Ausgaben und Einnahmen zu den Gebietskörperschaften verstanden. Der Finanzausgleich im engeren Sinn nimmt die Aufgabenverteilung als gegeben an und stellt über die Regelung der Einnahmenverteilung – inklusive Ausgleichsmaßnahmen – die Finanzierung der Aufgaben der Gebietskörperschaften sicher. Der primäre, sekundäre und tertiäre Finanzausgleich werden dabei dem Finanzausgleich im engeren Sinn zugeordnet. Primärer Finanzausgleich Der primäre Finanzausgleich umfasst die Verteilung der Abgabenhoheit (Welche Gebietskörperschaftsebene darf welche Abgaben einheben?) und die Verteilung der Ertragshoheit (Beteiligung am Aufkommen an gemeinschaftlichen Abgaben) auf die Gebietskörperschaften. Der primäre Finanzausgleich ist im Finanzausgleichsgesetz geregelt. Er regelt die Grundlage der gemeindeeigenen Steuern und umfasst die Festlegung der gemeinschaftlichen Bundesabgaben und der Ertragsanteile auf die verschiedenen Gebietskörperschaften. Sekundärer und tertiärer Finanzausgleich Der sekundäre Finanzausgleich bezeichnet das System der Transferzahlungen zwischen den Gebietskörperschaften, welche die Abgabenteilung ergänzen – soweit diese im jeweiligen Finanzausgleichsgesetz geregelt sind. Hiermit ist auf der einen Seite im Speziellen die Landesumlage (spezielle Transferzahlung von den Gemeinden zu den Ländern) gemeint. Auf der anderen Seite erfolgt im Rahmen des sekundären Finanzausgleichs die Vergabe der GemeindeBedarfszuweisungen (Gemeindemittel, welche den Ländern zur Ausschüttung an die Gemeinden übergeben werden) sowie der diversen Finanzzuweisungen des Bundes (§ 20 ff. FAG 2008). Der tertiäre Finanzausgleich umfasst alle übrigen intragovernmentalen (d.h. Transfers zwischen öffentlichen Rechtsträgern) Transfers nach sonstigen Bundes- und Landesgesetzen. Hierunter fallen hauptsächlich die Transferleistungen von den Gemeinden an die Länder (v.a. Krankenanstalten- und Sozialhilfeumlage) oder Fördermittel von den Ländern an die Gemeinden (z.B. Personalkostenzuschuss im Bereich der Kindergärten). Grauer Finanzausgleich Wenn eine Gebietskörperschaftsebene Regelungen erlässt, die bei einer anderen Gebietskörperschaftsebene finanzielle Be- oder Entlastungen ohne einer entsprechenden finanziellen Abgeltung erwirken, wird dies als Grauer Finanzausgleich bezeichnet. So werden Aufgaben bzw. Ausgaben an die Gemeinden und Städte ohne finanzielle Abgeltung übertragen (z.B. Notwendigkeit eines Energieausweises, Umsatzsteuerpflicht bei Gemeindekooperationen) oder das Leistungsangebot der Gemeinden per Landesgesetz erweitert (z.B. Gratis-Kindergärten für 5-Jährige).

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DER FINANZAUSGLEICH IM ÜBERBLICK

II

Der Finanzausgleich im Überblick

Im Rahmen des Finanzausgleichs werden die Steuereinnahmen auf Bund, Länder und Gemeinden verteilt. Der Großteil der Steuern (Gemeinschaftliche Bundesabgaben – wie z. B. Lohnsteuer, Mehrwertsteuer) wird im Rahmen der Ertragsanteilsverteilung zugeordnet. Ergänzende Elemente sind das Transfersystem sowie die eigenen Abgaben (z. B. Kommunalsteuer und Gebühren). Erst die Summe dieser drei Elemente ergibt den endgültigen Abgabenertrag der drei Gebietskörperschaftsebenen.

Abbildung 1: Der Finanzausgleich

Quelle: KDZ: eigene Berechnungen und Darstellung 2016 auf Basis BMF: Sonderauswertungen zum FAG 2014; Statistik Austria: Gemeindefinanzdaten 2014.

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DER FINANZAUSGLEICH IM ÜBERBLICK

1

Stufen des Finanzausgleichs im engeren Sinn

Der Finanzausgleich basiert auf den drei Elementen Ertragsanteile, Transfers und eigene Abgaben. Gemeinsam bestimmen sie die Finanzmittelausstattung aus dem Finanzausgleich. Ertragsanteile: 

Schritt 1: Oberverteilung: Vertikale Verteilung der gemeinschaftlichen Bundesabgaben auf die drei Gebietskörperschaftsebenen (Bund, Länder, Gemeinden). Schritt 2: Länderweise Unterverteilung: Horizontale Verteilung auf die einzelnen Länder bzw. auf die Summe der Gemeinden in einem Bundesland (Bildung der Ländertöpfe). Schritt 3: Gemeindeweise Unterverteilung: Horizontale Verteilung auf die einzelnen Gemeinden eines Bundeslandes.

Transfers:  

Schritt 4: Transfers des Bundes: Zuteilung von Finanzzuweisungen und Zuschüssen des Bundes auf Länder und Gemeinden. Schritt 5: Transfers Länder und Gemeinden: Umlagen von den Gemeinden an die Länder sowie Förderungen von den Ländern an die Gemeinden.

Eigene Abgaben: 

Schritt 6: Eigene Abgaben: Eigene Steuern sowie Gebühren.

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird unter Finanzausgleich nur die Verteilung der Ertragsanteile zu den Gebietskörperschaften verstanden. Verhältnis zwischen den Gebietskörperschaften Im Rahmen der Ertragsanteilsverteilung (Schritt 1-3) werden die gemeinschaftlichen Bundesabgaben auf die Gebietskörperschaften verteilt. Hierbei sind zahlreiche Vorwegabzüge zu beachten, wodurch sich ein ursprüngliches Verhältnis von 12,2 Prozent Gemeinden, 20,2 Prozent Länder, 63,9 Prozent Bund ergibt. Durch die vielfältigen Transfers vom Bund sowie zwischen Ländern und Gemeinden (Schritt 4+5) verändert sich das Verhältnis auf 9,2 Prozent Gemeinden, 35,6 Prozent Länder und 54,2 Prozent Bund. Ergänzend müssen auch eigene Abgaben berücksichtigt werden (Schritt 6), welche insbesondere bei den Gemeinden und beim Bund hinzukommen. Schlussendlich ergibt sich ein Verteilungsverhältnis von 15,2 Prozent Gemeinden, 30,3 Prozent Länder und 53,7 Prozent Bund.

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DER FINANZAUSGLEICH IM ĂœBERBLICK

Abbildung 2: Die Elemente des Finanzausgleichs, 2014

Quelle: KDZ: eigene Berechnungen und Darstellung 2016 auf Basis BMF: Sonderauswertungen zum FAG 2014; Statistik Austria: Gemeindefinanzdaten 2014.

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DER FINANZAUSGLEICH IM ÜBERBLICK

2

Schritt 1: Oberverteilung

Im Rahmen der Oberverteilung werden die gemeinschaftlichen Bundesabgaben auf die drei Gebietskörperschaftsebenen aufgeteilt. Das Mittelaufkommen belief sich im Jahr 2014 auf 77,35 Mrd. Euro. Von dieser Summe erfolgten Vorwegabzüge in der Höhe von 2,8 Mrd. Euro. Danach erfolgte die Verteilung auf die drei Gebietskörperschaftsebenen. Der aktuelle allgemeine Verteilungsschlüssel liegt bei 67,417% Bund, 20,700% Länder und 11,883% Gemeinden. Abbildung 3: Oberverteilung, 2014

Quelle: KDZ: eigene Berechnungen und Darstellung 2016 auf Basis BMF: Sonderauswertungen zum FAG 2014.

Die wichtigsten Vorwegabzüge vor der Oberverteilung: 

Familienlastenausgleichsfonds: Seit 1977. Abschöpfung eines Mehraufkommens an Lohn- und veranlagter Einkommensteuer aufgrund des Wegfalls des Kinderabsetzbetrages und der Übertragung dessen in den Familienlastenausgleichsfonds. Gesundheits- und Sozialbereich: Seit 1997. Durch den Wegfall des Vorsteuerabzugs im Gesundheits- und Sozialbereich sind Beihilfen bei diesen Einrichtungen notwendig geworden. Diese werden mit einem Vorwegabzug in der Höhe des erhöhten Umsatzsteueraufkommens finanziert. Seit 2014 besteht (gemäß 1. Stabilitätsgesetz 2012) eine Beihilfenkürzung von vier Prozent, wodurch eine Kostenverschiebung auf Landes- und Gemeindeebene besteht. Gesundheitsförderung, -aufklärung und -information: Seit 1997: Durch die beschränkte umsatzsteuerfreie Einfuhr von Tabakwaren auf 25 Stück, entstanden Mehreinnahmen im Bereich der Umsatzsteuer, welche hier abgeschöpft werden. Kraftfahrzeugsteuer: Seit 1996. Aufgrund der EU-bedingten Herabsetzung der Straßenbenützungsabgabe wurde die Kraftfahrzeugsteuer für LKW ab 12 Tonnen angehoben. Diese Mehreinnahmen werden vom Bund abgeschöpft. Ausgleichsfonds Krankenversicherung: 2005 erfolgte eine Anhebung der Tabaksteuer. Die Mehreinnahmen daraus wurden mit dem FAG 2008 für den Ausgleichsfonds für die Krankenanstaltenfinanzierung zur Verfügung gestellt. Pflegefonds: Dieser Vorwegabzug dient seit 2011 der Finanzierung des Pflegefonds.

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DER FINANZAUSGLEICH IM ÜBERBLICK

3

Schritt 2: Länderweise Unterverteilung der Ländermittel

Die Unterverteilung der Ländermittel erfolgt nach folgenden Kriterien:  Volkszahl: Hier erfolgt die Verteilung der Mittel pro Kopf.  Fixschlüssel: Einheitlicher Schlüssel, welcher das Verhältnis zwischen den errechneten länderweisen Einnahmen und den fiktiven länderweisen Einnahmen berücksichtigt.  Wohnbauförderung: Verteilung nach der Volkszahl.  Anteil an der Umsatzsteuer: 0,949% des Aufkommens an der Umsatzsteuer werden nach einem eigenen Fixschlüssel verteilt und für die Krankenanstaltenfinanzierung verwendet;  Ausgleich für die Abschaffung der Selbstträgerschaft: Verteilung im Verhältnis der länderweisen Auswirkungen.  Spielbankabgabe und Erbschafts- und Schenkungsteuer nach örtlichem Aufkommen.  Werbeabgabe nach einem Fixschlüssel. Landespflegegeld: Aufgrund der Übernahme des Landespflegegeldes durch den Bund erfolgt eine Kürzung der Ertragsanteile der Länder. Abbildung 4: Länderweise Unterverteilung der Ländermittel, 2014

Quelle: KDZ: eigene Berechnungen und Darstellung 2016 auf Basis BMF: Sonderauswertungen zum FAG 2014.

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DER FINANZAUSGLEICH IM ÜBERBLICK

4

Schritt 2: Länderweise Unterverteilung der Gemeindemittel

Nach der Oberverteilung werden für die Gemeinden neun Gemeinde-Ländertöpfe gebildet. Zuvor erfolgen Vorwegabzüge für den EU-Beitrag, die Krankenanstalten (Zweckzuschuss an die Länder) und die Siedlungswasserwirtschaft. Bei der Zuteilung der Mittel ist der Abgestufte Bevölkerungsschlüssel das wichtigste Kriterium. Schließlich werden die GemeindeBedarfszuweisungsmittel abgezogen. Abbildung 5: Länderweise Unterverteilung der Gemeindemittel, 2014

Quelle: KDZ: eigene Berechnungen und Darstellung 2016 auf Basis BMF: Sonderauswertungen zum FAG 2014. Anmerkung: Das Landespflegegeld wird vor dem Verteilungsvorgang fiktiv hinzugezählt und später bei der gemeindeweisen Unterverteilung bei jeder einzelnen Gemeinde abgezogen.

Verteilungsschritte der Unterverteilung: Abgestufter Bevölkerungsschlüssel: Mit der Gemeindegröße steigende Pro-KopfBeträge;  Fixschlüssel: Historisch bedingtes fixes Verhältnis zwischen den Bundesländern;  Volkszahl: Pro Kopf;  Örtliches Aufkommen: Bei Grunderwerbsteuer, Bodenwertabgabe und Spielbankabgabe;  Werbe- und Getränkesteuer sowie Selbstträgerschaft: Ergänzende historisch bedingte Fixschlüssel zwischen den Bundesländern. Gemeinde-Bedarfszuweisungen: 

 

Abzug bei den Gemeindemitteln und Weitergabe an die Bundesländer; Zweck: Aufrechterhalten oder Wiederherstellen des Gleichgewichtes kommunaler Haushalte, zur Deckung außergewöhnlicher Erfordernisse und zum Ausgleich von Härten.

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DER FINANZAUSGLEICH IM ÜBERBLICK

5

Schritt 3: Gemeindeweise Unterverteilung der Gemeindemittel

Die gemeindeweise Unterverteilung erfolgt innerhalb eines Bundeslandes nach diesen Kriterien: 

Abgestufter Bevölkerungsschlüssel (§ 9 Abs. 11 FAG): Basiert auf Regelungen aus dem Jahr 1920. Mit steigender Gemeindegröße steigen auch die Pro-KopfBeträge. Aktuelle Stufen: bis 10.000 EW – 1 41/67, 10.001-20.000 EW – 1 2/3, 20.001-50.000 EW – 2, über 50.000 EW 2 1/3. Im Zeitverlauf wurden die kleineren Gemeinden gegenüber den großen Städten besser gestellt. Ersatz für Steuerentgänge u. Spielbankabgabe (§ 11 Abs. 2 Z 2 u. 3, § 9 Abs. 8 FAG): - Getränkesteuerausgleich: Seit 2001. Aktuelle Verteilung nach historischem Aufkommen, pro Kopf, Nächtigungsstatistik und abgestufter Bevölkerungsschlüssel; - Werbeabgabe: Seit 2000. Verteilung zu 40% pro Kopf, zu 60% nach historischem Aufkommen; - Spielbankabgabe: teilweise Verteilung nach örtlichem Aufkommen. Ressourcenausgleich/Finanzbedarf-Finanzkraft-Ausgleich (§ 11 Abs. 2 Z 1 FAG): Teilweiser Ausgleich des Unterschiedsbetrages zwischen eigener Finanzkraft und der durchschnittlichen Finanzkraft im Bundesland und der EW-Klasse. Nur 113 Gemeinden erhielten 2012 keine Mittel. Ausgleiche für strukturelle Änderungen im FAG (§ 11 Abs. 5 und 6. FAG): Die Ausgleichs-Vorausanteile gemäß § 11 Abs. 5 u. 6 sollen Verluste der Städte durch die Abflachung des ABS abmildern. Die Verteilung erfolgt anhand fixer ProKopf-Beträge je nach Bundesland und EW-Klasse. Ausgleich Selbstträgerschaft (§ 11 Abs. 8 FAG): Dieser Ausgleich soll die Mehrausgaben der Städte aufgrund der Abschaffung der Selbstträgerschaft ausgleichen. Landespflegegeld (§ 11 Abs. 2 Z 8 FAG): Das Landespflegegeld stellt einen Abzug bei den Gemeinde-Ertragsanteilen dar und soll die Minderausgaben durch den Wegfall der Umlagen für das Landespflegegeld abschöpfen.

Abbildung 6: Verteilung der Ertragsanteile, 2013 0% 4%

insgesamt 7,852 Mrd. Euro inkl. Landespflegegeld insgesamt 7,724 Mrd. Euro abzügl. Landespflegegeld

3%

7%

Abgestufter Bevölkerungsschlüssel

Ersatz für Steuerentgänge und Spielbankabgabe Finanzkraft-Finanzbedarf-Ausgleich (Ressourcenausgleich) Ausgleiche für ABS-Änderungen im FAG (Vorausanteile § 11 Abs. 5 und 6 FAG) 86%

Ausgleich Selbstträgerschaft

Quelle: BMF: Sonderauswertungen zu den Finanzflüssen im Finanzausgleichsgesetz für das Finanzjahr 2013; KDZ: eigene Berechnungen 2014. Anmerkung: Ersatz für Steuerentgänge = Getränkesteuerausgleich und Werbesteuerausgleich.

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DER FINANZAUSGLEICH IM ÜBERBLICK

6

Schritt 3: Gemeindeweise Unterverteilung nach Gemeindegröße

Die gemäß Finanzausgleichsgesetz verteilten Finanzmittel kommen den Städten über 10.000 Einwohnerinnen und Einwohnern verstärkt zugute. Dies ist einerseits auf den abgestuften Bevölkerungsschlüssel, andererseits auf Vorausanteile zurückzuführen. Die Vorausanteile wurden notwendig, um zumindest die Nachteile der Städte durch die Abflachung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels der letzten Finanzausgleichsverhandlungen abzufedern. Doch auch Kleinstgemeinden profitieren aufgrund der zahlreichen Maßnahmen zur Finanzkraftstärkung (Finanzbedarf-Finanzkraft-Ausgleich, Finanzzuweisungen des Bundes).

Euro pro Kopf

Abbildung 7: Ertragsanteile (exkl. Gemeinde-Bedarfszuweisungen) und teilweise Finanzzuweisungen/Zuschüsse des Bundes nach EW-Klassen pro Kopf (ohne Wien), 2013 1.200

1.000

800

600

400

200

0

-200 unter 500 EW

501 bis 1.000 EW

1.001 bis 2.500 2.501 bis 5.000 5.001 bis 10.000 EW EW EW

10.001 bis 20.000 EW

20.001 bis 50.000 EW

50.001 bis 500.000 EW

ABS

Ersatz für Steuerentgänge und Spielbankabgabe

Finanzkraft-Finanzbedarf-Ausgleich (Ressourcenausgleich)

Ausgleiche für strukturelle Änderungen im FAG (§ 11 Abs. 5 bis 8)

Landespflegegeld

Finanzzuweisungen (exkl. § 21 Abs. 9 und 10)

Quelle: BMF: Sonderauswertungen zu den Finanzflüssen im Finanzausgleichsgesetz für das Finanzjahr 2013; KDZ: eigene Berechnungen 2014. Anmerkung: ABS = Abgestufter Bevölkerungsschlüssel, EW = Einwohnerinnen und Einwohner. Ersatz für Steuerentgänge = Getränkesteuerausgleich und Werbesteuerausgleich; Ausgleich für strukturelle Änderungen im FAG = Ausgleichs-Vorausanteile sowie Selbstträgerschaft. Eine Zuordnung der Gemeinde-Bedarfszuweisungsmittel sowie der Finanzzuweisungen gemäß § 21 Abs. 9 und 10 FAG nach EW-Klassen ist aufgrund der intransparenten Datenlage nicht möglich.

Info: Die Darstellung enthält nicht alle Finanzmittelflüsse. Ein Teil der Mittel (Finanzzuweisungen für Gemeindekooperationen und -fusionen sowie weitere Finanzzuweisungen zur Stärkung der Finanzkraft) wird nach landesspezifischen Regeln ausgeschüttet, die Daten stehen jedoch der Öffentlichkeit nicht zur Verfügung. Es ist davon auszugehen, dass diese Mittel verstärkt kleineren und mittleren Gemeinden zugute kommen. So ist die bei den Gemeinden verbuchte Summe der Transfereinnahmen (inkl. Bedarfszuweisungsmitteln und Landes- sowie Bundesförderungen) bei den Gemeinden bis 500 EW pro Kopf dreimal so hoch wie bei den Städten über 50.000 EW.1 1

Siehe hierzu die Studie Mitterer et al.: Aufgabenerfordernisse und Gemeinde-Finanzausgleich, 2014, S. 46 f.

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DER FINANZAUSGLEICH IM ÜBERBLICK

7

Schritt 4: Transfers des Bundes

Im Finanzausgleichsgesetz ebenfalls vereinbart sind mehrere Finanzzuweisungen und Zuschüsse des Bundes an die Länder und Gemeinden. Dies betrifft: 

 

Länder Zweckzuschüsse und Finanzzuweisungen: 1,3 Mrd. Euro für z.B. Krankenanstaltenfinanzierung, Pflegefonds, Kinderbetreuung, schulische Tagesbetreuung; Länder Kostentragung: 6,7 Mrd. Euro v.a. für LandeslehrerInnen und das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz; Gemeinden Zweckzuschüsse und Finanzzuweisungen: 258 Mio. Euro v.a. für Finanzkraftstärkung und ÖPNV.

Die Finanzzuweisungen und Zuschüsse des Bundes sind betragsmäßig gedeckelt und werden nur teilweise jährlich valorisiert. Abbildung 8: Transfers des Bundes an Länder und Gemeinden, 2014

Quelle: BMF: Die wichtigsten Transfers des Bundes an die Länder und Gemeinden 2014; KDZ: eigene Berechnungen 2016.

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DER FINANZAUSGLEICH IM ÜBERBLICK

8

Schritt 5: Transfers zwischen Ländern und Gemeinden

Es bestehen sowohl Transfers von den Gemeinden an die Länder (v.a. Umlagen) als auch Transfers von den Ländern an die Gemeinden (v.a. Gemeinde-Bedarfszuweisungen, Landesförderungen). Insgesamt erhalten die Länder um 1,42 Mrd. Euro mehr von den Gemeinden als sie den Gemeinden überweisen. Abbildung 9: Transfers zwischen Ländern und Gemeinden

Quelle: KDZ: eigene Berechnungen und Darstellung 2016 auf Basis BMF: Sonderauswertungen zum FAG 2014; Statistik Austria: Gemeindefinanzdaten 2014.

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DER FINANZAUSGLEICH IM ÜBERBLICK

9

Schritt 6: Eigene Abgaben

Neben den gemeinschaftlichen Abgaben verbleiben einzelne Steuern sowie Gebühren bei den Gebietskörperschaften. Auf Bundesebene betrifft dies vor allem die Dienstgeberbeiträge für den Familienlastenausgleichsfonds. Auf Gemeindeebene sind die Kommunalsteuer, die Grundsteuer und die Gebühren die wesentlichsten Einnahmequellen. Bei den Ländern fallen im Vergleich nur sehr geringe eigene Abgaben an. Abbildung 10: Eigene Steuern und Gebühren

Quelle: KDZ: eigene Berechnungen und Darstellung 2016 auf Basis Statistik Austria: Gebarungsübersichten 2014.

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SEKUNDÄRER UND TERTIÄRER FINANZAUSGLEICH

III Sekundärer und tertiärer Finanzausgleich 1

Transfers an die Länder reduzieren Ertragsanteile um ein Drittel

Das Transfersystem zwischen Ländern und Gemeinden zeigt folgende Transferströme:  2014 erhielten die Gemeinden (ohne Wien) aus dem primären Finanzausgleich 6.819 Mio. Euro an Ertragsanteilen.  Davon gingen 866 Mio. Euro als Vorwegabzug (GemeindeBedarfszuweisungsmittel) an die Länder (1), 5.953 Mio. Euro gingen direkt an die Gemeinden (2).  Die Gemeinden erhielten von den Ländern 715 Mio. Euro an laufenden Transferzahlungen, v.a. Haushaltsausgleich und Ko-Finanzierungen (z.B. Kinderbetreuung, Schulen) (3).  In einem nächsten Schritt (4) gingen 3.088 Mio. Euro v.a. als Umlagen (Krankenanstalten-, Sozialhilfe- und Landesumlage) an die Länder (in einzelnen Bundesländern auch an Sozialhilfeverbände bzw. Landesfonds).  Schließlich wurden Kapitaltransfers (Einmalige Finanzzuweisungen und Zuschüsse, v.a. Investitionszuschüsse) in Höhe von 958 Mio. Euro an die Gemeinden überwiesen (5).  Ein wesentlicher Teil der Transfers von den Ländern an die Gemeinden wird aus den Gemeinde-Bedarfszuweisungen gedeckt (866 Mio. Euro ohne Wien). Dies sind eigentliche Gemeindemittel, welche im Rahmen des Finanzausgleichs über die Länder an die Gemeinden für Haushaltsausgleich (laufende Transfers) oder für Projektfinanzierungen (Kapiteltransfers) ausgeschüttet werden. Tatsächlich fließen daher nicht 1.673 Mio. Euro (3+5) von den Ländern an die Gemeinden, sondern nur 807 Mio. Euro (3+5-1).  Damit ergibt sich ein negativer laufender Transfersaldo für die Gemeinden von 2.282 Mio. Euro (4-3-5+1).

gemäß FAG (Oberverteilung)

6.819 Mio. Euro

1

Transfers an die Länder

2

3.088 Mio. Euro

5.953 Mio. Euro

4

GemeindeBedarfszuweisungsmittel

866 Mio. Euro

v.a. Sozialhilfe-, Krankenanstaltenund Landesumlage

Länder laufende Transfers an Gemeinden 3

Gemeinden 5

715 Mio. Euro z.B. Haushaltsausgleich, Co-Finanzierungen

Kapitaltransfers an Gemeinden 958 Mio. Euro

Transfersaldo: -1.416 Mio. Euro

Gemeindeertragsanteile

Transfersaldo ohne Bedarfszuweisungen: -2.282 Mio. Euro

Abbildung 11: Gemeindeertragsanteile und Transferbeziehungen zwischen Gemeinden und Ländern – ohne Wien, 2014

Quelle: KDZ: eigene Berechnung 2016 auf Basis Statistik Austria: Gemeindefinanzdaten 2014.

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SEKUNDÄRER UND TERTIÄRER FINANZAUSGLEICH

2

Transfers stellen den Finanzausgleich auf den Kopf

Durch die einzelnen Verteilungsschritte des Finanzausgleichs kommt es zu einer klaren Verschiebung zu den kleinen Gemeinden. Während die Finanzkraft, die sich aus eigenen Steuern und Ertragsanteilen zusammensetzt, noch mit der Gemeindegröße steigt, kommt es mit der geringeren Umlagenbelastung bei kleineren (und finanzschwächeren) Gemeinden zu einer Entlastung. Durch die vielfältigen Förderströme von den Ländern an die Gemeinden (weitere Transfers z.B. Investitionszuschüsse, Haushaltsausgleich, Ko-Finanzierungen im Kinderbetreuungsbereich) kommt es zu einer starken Besserstellung der Kleinstgemeinden. Die ursprünglich vom Gesetzgeber im Finanzausgleich gewünschte Mittelverteilung (mehr Mittel bei größeren Gemeinden, da hier auch das Aufgabenniveau höher ist) wird durch die Transferbeziehungen zwischen Ländern und Gemeinden zumindest teilweise aufgehoben. Dies führt dazu, dass beispielsweise Gemeinden zwischen 501 bis 1.000 EW pro Kopf ähnlich viele Mittel aus dem Finanzausgleich erhalten wie Städte zwischen 20.001 bis 50.000 EW. Auf unterschiedliche Aufgaben und Ausgabenerfordernisse wird dabei nicht Rücksicht genommen. Abbildung 12: Finanzkraft vor und nach Transfers der Gemeinden pro Kopf, 2014 2.100

0 bis 500 EW

Ø Nettoeinnahmen in Euro pro Kopf

1.800

501 bis 1.000 EW 1.500

1.001 bis 2.500 EW 1.200 2.501 bis 5.000 EW 900

5.001 bis 10.000 EW

600

10.001 bis 20.000 EW

20.001 bis 50.000 EW 300 50.001 bis 500.000 EW

0 Finanzkraft (FK)

1

FK zzgl. lfd. Transfereinnahmen

2

FK zzgl. lfd. Transfersaldo FK zzgl. lfd. Transfersaldo und Kapitaltransfersaldo

3

4

Quelle: KDZ: eigene Berechnung 2016 auf Basis Statistik Austria: Gemeindefinanzdaten 2014. Anmerkung Berechung Pro-Kopf-Werte: Summe Transfersaldo der Gemeinden im Bundesland bezogen auf die Gesamtbevölkerung im Bundesland.

Info:

   

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Eigene Steuern: Ausstattung mit eigenen Steuern (insbesondere Grundsteuer, Kommunalsteuer). Finanzkraft: Summe an eigenen Steuern und Ertragsanteilen. Finanzkraft abzüglich Umlagen: Reduzierung der Finanzkraft um die Landesumlage sowie die Sozialhilfe- und Krankenanstaltenumlage. Finanzkraft abzgl. Umlagen zzgl. weitere Transfers: Bereinigung der Finanzkraft um sämtliche Transfers (daher abzüglich aller Transferausgaben sowie zuzüglich aller Transfereinnahmen zwischen Gemeinden und Ländern bzw. Bund).


SEKUNDÄRER UND TERTIÄRER FINANZAUSGLEICH

3

Bundesländer belasten die Gemeinden unterschiedlich

Die Transferverflechtungen zwischen Ländern und Gemeinden sind je nach Bundesland sehr unterschiedlich ausgestaltet. Einerseits sind die wichtigsten Umlagen (Landes-, Sozialhilfe- und Krankenanstaltenumlage) in den Bundesländern meist unterschiedlich geregelt (sowohl hinsichtlich Höhe als auch in Bezug auf die Berechnungsgrundlage), andererseits bestehen zahlreiche Förderungen (laufende Transfereinnahmen, Bedarfszuweisungen und andere einmalige Kapitaltransfers). Insbesondere bei den Umlagen bestehen sehr große Bundeslandunterschiede. Im Jahr 2014 zahlten die oberösterreichischen Gemeinden 555 Euro pro Kopf, die Belastung der burgenländischen sowie der steirischen Gemeinden war mit rund 253 bzw. 294 Euro pro Kopf nur halb so hoch. Während die Krankenanstaltenumlage im Burgenland 22 Euro pro Kopf betrug, lag sie in Oberösterreich bei 207 Euro pro Kopf, in Niederösterreich sogar bei 236 Euro pro Kopf. In der Steiermark wird gänzlich auf die Einhebung einer Krankenanstaltenumlage verzichtet. In Niederösterreich gibt es keine Landesumlage, sodass die Umlagenbelastung der niederösterreichischen Gemeinden im Mittelfeld liegt. Abbildung 13: Umlagenbelastung der Gemeinden nach Bundesland und Umlagenart 2014

0

Euro pro Kopf

-100

-200

-166

-168 -231

-181

-161 -220

-226

-276

-22 -65

-300

-117 -149

-74

-181

-236 -185

-90 -207

-400

-83

-78 -87

-500

-72

-600 Bgld

Ktn

Sozialhilfeumlage

Sbg

Krankenanstaltenumlage

Stmk

Tir

Vbg

Landesumlage

Quelle: KDZ: eigene Berechnung 2016 auf Basis Statistik Austria: Gemeindefinanzdaten 2014. Anmerkung Berechung Pro-Kopf-Werte: Summe Transfersaldo der Gemeinden im Bundesland bezogen auf die Gesamtbevölkerung im Bundesland.

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SEKUNDÄRER UND TERTIÄRER FINANZAUSGLEICH

4

Transfers steigen stärker als Ertragsanteile

Im vergangenen Zeitraum ist eine starke Transferdynamik zu verzeichnen. Insbesondere die Umlagen von den Gemeinden an die Bundesländer sind sehr stark angestiegen (Landesumlage, Krankenanstaltenumlage, Sozialhilfeumlage). So hat sich der negative Transfersaldo der Gemeinden (Transfereinnahmen – wie Bedarfszuweisungen und laufende Kostenzuschüsse – abzüglich Transferausgaben – v.a. Umlagen) binnen zehn Jahren mehr als verdoppelt. Gleichzeitig stiegen die Ertragsanteile jedoch nur um 42 Prozent. Wurden 2005 nur 16 Prozent der Ertragsanteile als Nettotransfers an die Länder gezahlt, waren es 2014 bereits 24 Prozent. Damit ist fast die Hälfte des Anstiegs der Ertragsanteile der Gemeinden in den letzten zehn Jahren über höhere Transfers an die Länder geflossen. Dadurch wird der finanzielle Spielraum der Gemeinden durch die Länder deutlich eingeschränkt. Abbildung 14: Entwicklung des Transfersaldos und der Ertragsanteile 2005 bis 2014

10.000

250

8.000

6.000

5.332

5.514

5.751

5.953

1.528

1.484

1.535

1.564

1.672

-2.655

-2.781

-2.802

-2.898

-3.088

2010

2011

2012

2013

2014

4.822

4.000

150

4.192 2.000

Index: 2005 = 100

in Mio. Euro

200

100

1.252 0 -1.913

-2.000

-4.000

0 2005

Transfereinnahmen

Transferausgaben

Ertragsanteile

Index Nettotransfers

Quelle: KDZ: eigene Berechnung 2016 auf Basis Statistik Austria: Gemeindefinanzdaten 2005 bis 2014.

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50

Index Ertragsanteile


REFORMOPTIONEN ZUM FINANZAUSGLEICH

IV Reformoptionen zum Finanzausgleich 1

Reformbedarfe im Finanzausgleichssystem

Eine Zusammenfassung der Ergebnisse jener Studien, die 2010 vom BMF beauftragt wurden, verdeutlicht, welche Reformbedarfe es im Finanzausgleichssystem aus Sicht der Expertinnen und Experten gibt: 

2

„Bereinigung der Kompetenz- und Aufgabenverteilung: Reform der praktisch unverändert gebliebenen Kompetenzverteilung aufgrund des technischen und wirtschaftlichen Wandels, aber auch aus Sicht der vielfältigen internationalen Verflechtungen und Verpflichtungen. Verstärkte Konnexität der Aufgaben-, Ausgaben und Einnahmenverantwortung: Zusammenführung der Aufgaben- und Ausgabenverantwortung mit der Finanzierungsverantwortung auf jeder Ebene des Staatsaufbaus. Verstärkte Abgabenautonomie: Stärkung der Abgabenautonomie der subnationalen Gebietskörperschaften und damit einhergehend Verminderung des Steuerverbunds. Zielorientierung des Finanzausgleichs: Flexibilisierung des Finanzausgleichs im Hinblick auf operationale, zeitlich limitierte Festlegung politisch-strategischer Ziele im Finanzausgleich (z.B. Klimaschutz und nachhaltige Raumentwicklung). Reduktion der Transfers: Stärkung der Verantwortlichkeit der fiskalpolitischen EntscheidungsträgerInnen und erhöhte Transparenz durch radikale Vereinfachung und Entflechtung der Transfers. Trennung von allokativen und distributiven Zielen und Wirkungen: Herstellung von Transparenz und Wirkungssicherheit durch klare Trennung allokativer und distributiver Ziele bei der Mittelverteilung im Steuerverbund und Transfersystem. Zusammengefasster Finanzkraftausgleich: Schaffung eines einzigen klar nachvollziehbaren Transfers zum teilweisen Ausgleich von Finanzkraftunterschieden zwischen Ländern bzw. zwischen Gemeinden. Aufgabenorientierter Lastenausgleich: Lastenausgleich für Aufgaben mit räumlichen ´Spill-overs´ oder sonstige Lasten durch spezifische sozioökonomische oder geographische Rahmenbedingungen. Wettbewerb zwischen Regionen und Gemeinden: Angemessener Wettbewerb durch verstärkte dezentrale Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung und erhöhte Transparenz der Standortvor- und -nachteile. Gemeindestruktur und -kooperation: Verstärkte Nutzung von Skalen- und Verbundvorteilen durch angemessene Förderung.“ 2

Siehe Bröthaler et al.: Reformoptionen und Reformstrategien. 2010, S. 3 f.

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REFORMOPTIONEN ZUM FINANZAUSGLEICH

2

Kritikpunkte am aktuellen Finanzausgleichsgesetz

Wesentliche Kritikpunkte am aktuellen Finanzausgleichsgesetz (FAG) sind: 

 

 

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Das FAG ist nicht geeignet, differenziert auf unterschiedliche Rahmenbedingungen und Herausforderungen der Gemeinden zu reagieren. Ein entsprechender Lastenausgleich im Sinne eines aufgabenorientierten Finanzausgleichs fehlt. Es besteht kein ausgewogenes Verhältnis zwischen Ressourcen- und Lastenausgleich. Vielmehr dominiert der Ressourcenausgleich, während kaum ein Lastenausgleich erfolgt. Vor allem im Umlagenbereich werden Lasten- und Ressourcenausgleich vermischt, wodurch eine Abgrenzung nicht mehr möglich ist. Die Verteilungswirkungen der einzelnen Elemente des FAG sind intransparent. Die einzelnen Elemente sind nicht aufeinander abgestimmt. Es ist keine Zielsetzung hinsichtlich der gewünschten Mittelausstattung erkennbar. Vielmehr ist das FAG eine Sammlung an unterschiedlichen Elementen, welche versuchen, vergangene Zustände zu prolongieren. Regionale Wirkungen von zentralörtlichen Aufgaben werden nicht ausreichend berücksichtigt und abgegolten. Die zusätzliche Mittelausstattung durch den sekundären und tertiären Finanzausgleich wird im FAG selbst nicht berücksichtigt. So findet dort ein Ressourcenausgleich (je nach Bundesland in sehr unterschiedlichem Ausmaß) statt, wodurch die Verteilungswirkungen des primären Finanzausgleichs ausgeglichen oder sogar überkompensiert werden.


REFORMOPTIONEN ZUM FINANZAUSGLEICH

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Wichtige Reformoptionen

Die wichtigsten Reformoptionen zum Finanzausgleich im Überblick: Aufgabenreform Noch vor einer Reform des Finanzausgleichs wäre eine Aufgabenreform sinnvoll. Diese umfasst die Bereinigung von Mehrfachkompetenzen sowie eine Zusammenführung von Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung. Als Ausgangspunkt für einen neuen Finanzausgleich wäre eine klare Zuordnung der Aufgaben zu den einzelnen Gebietskörperschaftsebenen sowie gegebenenfalls auch eine Aufgabenbereinigung eine wichtige Grundvoraussetzung. Klären der grundsätzlichen gewünschten Verteilungswirkungen Vor der Reform des Finanzausgleichs sollte Klarheit über die gewünschten Verteilungswirkungen bestehen: 

In welchem Ausmaß müssen Dienstleistungen und Infrastruktur in der Fläche zur Verfügung stehen? Welche Qualitätsstandards sind – auch unter räumlichen Überlegungen – zu gewährleisten? Soll der oftmals kritisch gesehene Grundsatz der gleichwertigen Lebensbedingungen weiter verfolgt werden? Welche Ausstattung brauchen zentrale Orte? Welche Leistungen im freien Ermessen müssen zentrale Orte anbieten? Welche Grundversorgung für die gesamte Region ist von den zentralen Orten sicherzustellen?

Aufgabenorientierter Finanzausgleich Eine verstärkt aufgabenorientierte Verteilung der Mittel schafft die Möglichkeit, dass unterschiedliche Lasten der Gemeinden besser ausgeglichen werden können. Nach einem KDZModell bedarf es demnach – neben der Berücksichtigung einer Basisausstattung für alle Gemeinden – auch einer verstärkten aufgabenorientierten Verteilung, um sozio-demografische sowie geografisch-topografische Rahmenbedingungen auf der einen Seite und zentralörtliche Aufgaben auf der anderen Seite abzudecken. Stärkung der eigenen Steuern Die Bedeutung der eigenen Steuern ist im Zeitverlauf deutlich zurückgegangen. Eine Anhebung würde jedoch eine Stärkung der Gemeindeautonomie bewirken. Dies bedeutet auf der einen Seite eine Reform der Grundsteuer, welche längst ausständig ist. Im Mittelpunkt dieser Reform steht dabei ein Ersatz des heutigen Einheitswertsystems. Auf der anderen Seite bedarf es einer Reform der Kommunalsteuer; so beispielsweise die Streichung zahlreicher Ausnahmetatbestände, um ein Mehraufkommen für die Gemeinden zu erreichen. Transferentflechtung und -reduzierung Zwischen Gemeinden und Ländern besteht ein hohes Transfervolumen, welches nur teilweise transparent ist und hohe Kosten verursacht. Auch werden die finanziellen Spielräume durch die starke Transferdynamik im Umlagenbereich stark eingeschränkt. Hier bedarf es daher einer Reduzierung des Transfervolumens und einer Erhöhung der Transparenz bei den verbleibenden Transfers. Eine Reduzierung des Transfervolumens könnte beispielsweise durch einen Abtausch der Umlagen gegen Ertragsanteile oder Gemeinde-Bedarfszuweisungsmittel erfolgen.

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REFORMOPTIONEN ZUM FINANZAUSGLEICH

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Grundsätzliche Zielsetzungen

Bevor über eine konkrete Reform des Finanzausgleichs diskutiert wird, sollte in einem ersten Schritt Klarheit über die Reformrichtung bestehen. Hierzu bedarf es eines breiteren Verständnisses des Finanzausgleichsbegriffs. Der Finanzausgleich ist daher „mehr“ als das Finanzausgleichsgesetz. Vielmehr geht es auch um einen Einbezug der Transferverflechtungen zwischen Ländern und Gemeinden, aber auch grundlegend um die Frage der Kompetenz- und Aufgabenverteilung auf die Gebietskörperschaften. Von Expertinnen und Experten3 empfohlene Zielsetzungen wären beispielsweise eine verstärkte Zielorientierung, eine Steigerung der Effizienz, die Zusammenführung von Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmenverantwortung, das Herstellen von Transparenz und das Stärken der subnationalen Abgabenautonomie. Des Weiteren bedarf es einer politischen Grundsatzdiskussion zu Aufgabennotwendigkeiten im städtischen und ländlichen Raum. Bevor darüber diskutiert werden kann, wie die Mittel auf die einzelnen Gemeinden zu verteilen sind, muss geklärt werden, welche Leistungen mit den riesigen Mitteln geschaffen und welche Leistungen für die künftige Entwicklung unabdingbar erscheinen und daher finanziert werden sollen. Fragestellungen in diesem Zusammenhang:     

In welchem Ausmaß müssen Dienstleistungen und Infrastruktur in der Fläche zur Verfügung stehen? Liegt hier die Zukunft auch in der Stärkung dezentraler Zentren? Welche Qualitätsstandards sind – auch unter räumlichen Überlegungen – zu gewährleisten? Soll der oftmals kritisch gesehene Grundsatz der gleichwertigen Lebensbedingungen weiter verfolgt werden? Welche Ausstattung brauchen zentrale Orte? Welche Leistungen im freien Ermessen müssen zentrale Orte anbieten? Welche Grundversorgung für die gesamte Region ist von den zentralen Orten sicherzustellen?

Lösungen in Bezug auf den Finanzausgleich können auch auf räumliche Aspekte Bezug nehmen. So gilt es beispielsweise verstärkt in Regionen zu denken, da die vorhandenen Gemeindegrenzen mit den tatsächlichen Gegebenheiten nicht mithalten. Dies trifft auf der einen Seite den städtischen Bereich, wo es einer engen Kooperation oder Zusammenlegung zwischen Zentralort und den umliegenden Gemeinden bedarf. Auf der anderen Seite gilt es auch den ländlichen Raum differenziert zu betrachten und entsprechende regionale Konzepte zu berücksichtigen.4

3 4

Siehe Bröthaler et.al.: Reformoptionen und Reformstrategien, 2011, S. 36. Vgl. Mitterer: Finanzausgleich und raumpolitische Entwicklungen, 2013, S. 120.

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Aufgabenorientierter Finanzausgleich

Eine aufgabenorientierte Mittelverteilung berücksichtigt die unterschiedlichen Rahmenbedingungen der Gemeinden und die damit verbundenen Aufgabenlasten. Im derzeitigen Finanzausgleichsgesetz findet dies in nur sehr geringem Ausmaß statt. Das KDZ hat einen Vorschlag zu einer stärker aufgabenorientierten Verteilung der Ertragsanteile erarbeitet. Berücksichtigt werden dabei insbesondere sozio-demografische (z.B. hoher Anteil an Kindern, hohe Arbeitslosenzahlen, hoher Anteil an Personen mit Migrationshintergrund) und geografisch-topografische Lasten (z.B. besonders hohe oder niedrige Siedlungsdichte, Seehöhe) sowie Lasten der zentralörtlichen Funktion (z.B. öffentlicher Verkehr, Bildungseinrichtungen, Kultur- und Sporteinrichtungen, Bezirksverwaltungsaufgaben bei Statutarstädten). Das KDZ schlägt ein Konzept des aufgabenorientierten Finanzausgleichs nach der Töpfen vor. Ein Großteil der Finanzmittel wird über die Töpfe 1 und 2 mit einem Anteil von je 40 Prozent verteilt. Der Topf 3 wird mit 20 Prozent angesetzt.  Topf 1 – Basisaufgaben: Dieser Topf stellt eine Basisfinanzierung und damit einen Großteil der grundsätzlichen finanziellen Ausstattung einer Gemeinde sicher. Aus dem Topf 1 wird ein Pauschalbetrag pro Kopf auf die Gemeinden verteilt.  Topf 2 – sozio-ökonomische und geografische-topografische Faktoren: Auch dieser Topf trägt zur Basisfinanzierung bei, die spezifische Höhe orientiert sich jedoch an den jeweiligen Lasten. Hierbei werden verschiedene Indikatoren verwendet wie Kinderbetreuungs- und Integrationslasten, die Soziallasten, die Bevölkerungsentwicklung sowie die geografisch-topografischen Lasten. Konkret: Jene Gemeinden erhalten mehr Mittel, welche beispielsweise eine überdurchschnittliche Kinderbetreuungsquote oder einen erhöhten Anteil an Personen mit Migrationshintergrund aufweisen.  Topf 3 – zentralörtliche Funktion: Mittel aus diesem Topf kommen nur jenen Gemeinden zugute, welche auch zentralörtliche Funktionen erbringen. Abbildung 15: Verteilung der Ertragsanteile auf die drei Töpfe

Topf 1 - Basisaufgaben (pro Kopf)

20% 40%

40%

Topf 2 - sozio-demografisch und geografischtopografische Aufgabenlasten (nach Indikatoren) Topf 3 - Lasten aus der zentralörtlichen Funktion (in Abhängigkeit der Funktion)

Quelle: Bauer u. Mitterer: Kriterien für einen aufgabenorientierten Gemeinde-Finanzausgleich, 2009, S. 45.

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REFORMOPTIONEN ZUM FINANZAUSGLEICH

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Transferentflechtung und Erhöhung der Transparenz

Die Entflechtung des komplexen Transfersystems, insbesondere des tertiären Finanzausgleichs zwischen dem jeweiligen Land und den Gemeinden, ist eine wichtige finanzpolitische Forderung. Kompetenzbereinigung: In einem ersten Schritt ist eine Kompetenzbereinigung zwischen Ländern und Gemeinden notwendig, insbesondere durch Zuordnen von heute in gemischter Trägerschaft wahrgenommener Aufgaben auf eine einzige Ebene (z.B. Sozialhilfe und Krankenanstalten beim Land, Kinderbetreuung bei den Gemeinden). Transferabtausch: Wichtige weitere Maßnahme zur Transferentflechtung ist der Abtausch von Transfers. Zu nennen ist hier insbesondere der Abtausch von Umlagen gegen GemeindeErtragsanteile, um eine einnahmenneutrale Lösung für die Länder zu erreichen. Im Zuge von Kompetenzbereinigungen könnten jedoch auch zahlreiche weitere Förderungen von den Ländern an die Gemeinden entfallen (z.B. Wegfall der Ko-Finanzierungs-Regelungen im Kinderbetreuungsbereich). Gemeinsame Verhandlung von primärem, sekundärem und tertiärem Finanzausgleich: Ein wesentliches Problem der Gemeinden ist, dass das Finanzausgleichsgesetz und die verschiedenen bundesländerinternen Finanzausgleiche nicht gemeinsam verhandelt werden. Dementsprechend bestehen nur bei den Ertragsanteilen bundesweit einheitliche Regelungen und Zielsetzungen. Diese Regelungen werden durch die bundesländerinternen Finanzausgleiche (v.a. Umlagen, Fördersystem) sehr stark verändert und es entstehen je nach Bundesland sehr unterschiedliche Regelungen. Diese Unterschiede sind jedoch fachlich oft nicht argumentierbar, sondern stellen das Ergebnis von politischen Schwerpunkten in den Bundesländern dar. So bestehen bei den Bundesländern im Bereich der Sozialhilfeumlage nicht nur unterschiedliche Beteiligungsanteile an den Gesamtausgaben der Sozialhilfe, sondern es gibt teilweise auch verschiedene Verteilungskriterien. Auch die Verteilung der Gemeinde-Bedarfszuweisungen erfolgt in vielen Bundesländern nicht nach transparenten und nachvollziehbaren Kriterien. Die Mitsprachemöglichkeiten der Gemeinden sind bei der Ausgestaltung des sekundären und tertiären Finanzausgleichs insgesamt als gering einzuschätzen, wodurch die Gemeindeautonomie eingeschränkt wird. Ein Einbeziehen der grundsätzlichen Zielsetzungen und Rahmenbedingungen zu den bundesländerinternen Finanzausgleichen in die Finanzausgleichsverhandlungen wäre daher notwendig. Transparenzsteigerung bei Gemeinde-Bedarfszuweisungen: Hier handelt es sich um ursprüngliche Gemeindemittel, welche von den Ländern an die Gemeinden verteilt werden. Die Verteilung erfolgt in vielen Bundesländern nicht nach transparenten und nachvollziehbaren Kriterien. Insbesondere bei den Gemeinde-Bedarfszuweisungen wäre ein starkes Mitspracherecht der Gemeinden vorstellbar, wie dies beispielsweise durch einen Beirat, in welchem Vertreterinnen und Vertreter von Ländern, Städtebund und Gemeindebund vertreten sind, möglich wäre. Dieser Beirat könnte die Zielsetzungen und grundsätzlichen Rahmenbedingungen der Mittelvergabe festlegen. Jedenfalls wird ein Mitspracherecht der Gemeindeebene bei der Formulierung der Vergabekriterien der Gemeinde-Bedarfszuweisungen in den jeweiligen Bundesländern empfohlen. Auch ist eine ausreichende Transparenz über die Vergabekriterien sowie die Mittelverwendung zu gewährleisten.

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REFORMOPTIONEN ZUM FINANZAUSGLEICH

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Reform der eigenen Steuern

Die wichtigsten eigenen Steuern sind die Kommunalsteuer und die Grundsteuer. Die Entwicklung der gesamten Gemeindeabgaben (+32 Prozent von 2003 bis 2012) verläuft moderat. Insbesondere die Grundsteuer wuchs mit 26 Prozent deutlich unterdurchschnittlich, das kommt real einem Rückgang gleich. Abbildung 16: Entwicklung des Aufkommens der Gemeindeabgaben 2004 bis 2013 3.200 2.800 179

2.400 in Mio. Euro

182 2.000

243

1.600

431

246 491

208 252 505

218 252

514

219 248 525

233

sonstige Gemeindeabgaben

250 541

Fremdenverkehrsabgaben, Orts- und Kurtaxen Interessentenbeiträge

1.200 800

1.424

1.711

1.750

1.855

1.947

2.021

400

Grundsteuer

Kommunalsteuer

0 2004

2009

2010

2011

2012

2013

Quelle: Statistik Austria: Gemeindefinanzgebarung 2004 bis 2013; KDZ: eigene Berechnungen 2014. Anmerkung: "Sonstige Gemeindeabgaben" umfassen die Abgaben von Anzeigen in Zeitungen, Getränkesteuer, Lustbarkeitsabgaben, Abgaben für das Halten von Tieren, Abgaben von Ankündigungen, Abgaben für den Gebrauch von öffentlichem Grund, Verwaltungsabgaben und sonstige Gemeindeabgaben.

Bei der Grundsteuer zeigt sich ein deutlicher Reformbedarf. Der Einheitswert ist zuletzt in den 1980er-Jahren angehoben worden, die Steuer ist nicht der Inflationsrate angepasst worden. Hinzu kommen zahlreiche Befreiungstatbestände, welche die Einnahmen der Gemeinden weiter reduzieren. Alleine durch Streichen der länderspezifischen Befreiungen könnte das Grundsteueraufkommen um geschätzt 15 Prozent erhöht werden. Längst überfällig ist auch eine neue Hauptfeststellung der Einheitswerte. Da den Finanzämtern Personal fehlt, bleibt eine Feststellung seit Jahrzehnten liegen. Vor diesem Hintergrund – und auch in Zusammenhang mit der Diskussion über eine stärkere Vermögensbesteuerung – wird eine Reform der Grundsteuer gefordert. Ein KDZ-Modell sieht vor, dass der Bund das Staatsgebiet in zwanzig Zonen einteilt. Das Finanzministerium könnte als Grundlage dafür die Kaufpreissammlung der Finanzämter nutzen; alle fünf Jahre soll die Einteilung per Verordnung überprüft beziehungsweise modifiziert werden. Alle Katastralgemeinden würden (abhängig von den Grundstückspreisen) einer Zonenart zugeordnet. Dann würden per Gesetz für jede Zonenart und Grundstückskategorie Steuermesszahlen in Euro pro Quadratmeter festgelegt. Das KDZ-Modell differenziert die Steuermesszahlen pro Zonenart und innerhalb einer Zonenart nach acht Hauptgruppen und zehn Untergruppen entsprechend den Benützungsarten. Die bundesweit festgelegten Messzahlen wären „Mindeststeuersätze“, auf die zusätzlich ein gemeindespezifischer Hebesatz angewendet werden kann. Das würde die finanzielle Autonomie der Kommunen stärken, denn bei dessen Ausgestaltung könnte jede Gemeinde ihre besonderen Verhältnisse berücksichtigen.

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REFORMOPTIONEN ZUM FINANZAUSGLEICH

8

Reform Ressourcenausgleich

Ein Ressourcenausgleich fokussiert auf den Ausgleich der unterschiedlichen finanziellen Ausstattung der Gemeinden. Dabei kann nicht nur die Finanzkraft besonders finanzschwacher Gemeinden angehoben werden, sondern auch die Finanzkraft besonders finanzstarker Gemeinden reduziert werden – in Abhängigkeit der EW-Klasse. Dadurch wird eine Umverteilung zwischen den Gemeinden erreicht. Dies hätte zur Folge, dass eine hohe Finanzkraft im Rahmen des sekundären und tertiären Finanzausgleichs nicht mehr abgeschöpft werden müsste. Konkret bedeutet dies, dass dann die Umlagenbemessung pro Kopf (und nicht in Abhängigkeit der Finanzkraft) erfolgen könnte. Ideal wäre dabei, einen neuen Ressourcenausgleich im Finanzausgleich zu installieren und im Gegenzug die vielfältigen Instrumente mit finanzkraftstärkender Wirkung aufzulösen. Hierbei wären folgende Schritte denkbar: 

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Umbau der bestehenden finanzkraftstärkenden Instrumente im Finanzausgleichsgesetz (v.a. Finanzbedarf-Finanzkraft-Ausgleich, Gemeindekopfquotenausgleich) zu einem tatsächlichen Ressourcenausgleich. Dies bedeutet einerseits eine Anhebung der Finanzkraft auf beispielsweise 80 Prozent des Durchschnitts in der jeweiligen EinwohnerInnen-Klasse, andererseits eine Abschöpfung von besonders hohen Pro-Kopf-Werten in der jeweiligen EinwohnerInnen-Klasse. Hierdurch würden beispielsweise strukturschwache Gemeinden gegenüber der jetzigen Regelung profitieren, hingegen kleine Gemeinden mit sehr hohen Kommunalsteuereinnahmen verlieren. Bemessung der Umlagenhöhe pro Kopf statt nach Finanzkraft. Durch die Abschöpfung einer deutlich überdurchschnittlichen Finanzkraft über einen Ressourcenausgleich ist eine Finanzkraftabschöpfung über die Umlagen nicht mehr notwendig.


REFORMOPTIONEN ZUM FINANZAUSGLEICH

9

Reformmodell Gemeinde-Finanzausgleich

Das KDZ hat ein Reformmodell zum Gemeinde-Finanzausgleich erstellt. Das Modell sieht eine Basisfinanzierung – daher eine grundsätzliche finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden vor. Mit dem Lastenausgleich soll auf verschiedene besondere Aufgabenbedarfe aufgrund unterschiedlicher externer Rahmenbedingungen (z.B. sozio-demografische oder geografischtopografische Rahmenbedingungen, zentralörtliche Funktion) reagiert werden. Der Ressourcenausgleich soll einerseits die Finanzkraft besonders finanzschwacher Gemeinden stärken, andererseits aber auch finanzkräftige Gemeinden teilweise abschöpfen. Erster Schritt ist eine gemeinsame und transparente Zielsetzung. Sinnvoll ist hier eine Balance von Effizienz-, Wachstums- und Gleichheitszielen. Auch bedarf es eines Gleichgewichts zwischen Ressourcen- und Lastenausgleich. Ergänzend gilt es, weitere Zielsetzungen zu diskutieren, wie beispielsweise regionale Wettbewerbsfähigkeit zu schaffen oder Potenziale zur Kooperation zwischen den Gebietskörperschaften auszuschöpfen. Anknüpfend an die generellen Zielsetzungen bedarf es zeitlich limitierter wirtschafts-, finanz-, sozial-, umwelt- und gesellschaftspolitischer Ziele, je nach politischer Priorität. Abbildung 17: Elemente eines reformierten Gemeinde-Finanzausgleichs

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2014.

Im Rahmen von bundesweiten Regelungen – vorwiegend über das Finanzausgleichsgesetz – gilt es eine Basisfinanzierung (z.B. Pauschalbetrag pro Kopf) über die Ertragsanteile sicherzustellen. Gleichzeitig sollte ein ausreichender Lastenausgleich im Sinne eines

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REFORMOPTIONEN ZUM FINANZAUSGLEICH

aufgabenorientierten Finanzausgleichs entwickelt werden. Ergänzend bedarf es auch einer zielsicheren Ausgestaltung des Ressourcenausgleichs. Damit soll nicht nur die Finanzkraft besonders finanzschwacher Gemeinden angehoben, sondern auch die Finanzkraft besonders finanzstarker Gemeinden – in Abhängigkeit der EinwohnerInnenklasse – teilweise abgeschöpft werden. So wird eine vertretbare horizontale Umverteilung zwischen den Gemeinden erreicht. Dieser horizontale Ausgleich zwischen den Gemeinden soll den bisherigen FinanzbedarfFinanzkraft-Ausgleich sowie den Gemeindekopfquotenausgleich des Finanzausgleichsgesetzes ersetzen. Auch eine Finanzkraftabschöpfung über die Umlagen durch das jeweilige Bundesland kann dann entfallen. Eine weitere wesentliche Veränderung gegenüber dem jetzigen Finanzausgleichssystem ist eine verstärkt gesamthafte Betrachtung des Finanzausgleichs. Das KDZ empfiehlt, den Rahmen für die grundsätzlichen Zielsetzungen und Elemente der bundesländerinternen Finanzausgleiche auch innerhalb des Finanzausgleichsgesetzes festzulegen. Damit kann sichergestellt werden, dass die einzelnen Finanzausgleichspartner kooperativ agieren und die einzelnen Elemente des Finanzausgleichs nicht gegeneinander wirken. Beispiele für Regelungsbereiche sind die grundsätzliche Zielsetzung, die klare Trennung von Ressourcen- und Lastenausgleich, die gewünschte Mittelausstattung, die Ausgestaltung der Umlagensysteme und die Vergabekriterien von Gemeinde-Bedarfszuweisungen. Ergänzend dazu muss eine Reform der länderinternen Finanzausgleiche einhergehen. Hier bedarf es einerseits eines weitgehenden Streichens der Umlagen. Dies wäre durch einen Abtausch gegen Gemeinde-Bedarfszuweisungsmittel oder Gemeinde-Ertragsanteile möglich und würde die derzeitige stark ressourcenausgleichende Wirkung reduzieren. Andererseits bedarf es einer Reform der Fördervergabe. So kann das Fördervolumen reduziert werden und bei der Fördervergabe kann verstärkt auf transparente und temporäre Zielsetzungen geachtet werden. Eine verstärkte aufgabenorientierte Mittelvergabe ist hier sinnvoll. Auch gilt es, verstärkt Anreizwirkungen oder das Erfüllen von Effizienz- und Wachstumszielen voranzutreiben (basierend auf bundesweit einheitlichen Vorgaben). Auch eine verstärkte Kooperation zwischen den Gemeinden sowie ein verstärkt regionales Denken sind Ansatzpunkte, um auch eine regionalspezifische Steuerung zu ermöglichen. Bei der Formulierung der Richtlinien und Grundlagen der Fördervergabe ist ein starkes Mitspracherecht der Gemeinden notwendig, da es sich um ursprüngliche Gemeindemittel handelt.

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GLOSSAR

V

Glossar

Abgestufter Bevölkerungsschlüssel: Wichtigster Verteilungsschlüssel bei der GemeindeErtragsanteilsverteilung. Dabei wird eine abgestufte Bevölkerungszahl einer Gemeinde gebildet, indem die EinwohnerInnen-Zahl mit einer Zahl – dem Vervielfacher – multipliziert wird. Im Zeitverlauf kam es zu einer Abflachung der Stufen. Aufgabenorientierter Finanzausgleich: Berücksichtigung von sozio-demografischen und geografisch-topografischen Indikatoren sowie der zentralörtlichen Funktionen bei der Finanzausstattung. Eigene Steuern: Insbesondere Grundsteuer und Kommunalsteuer. Ertragsanteile: Anteil der Gemeinden an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben (z.B. Umsatzsteuer, Lohnsteuer). Finanzkraft: Es bestehen mehrere Definitionen. Meist wird darunter die Summe an eigenen Steuern und Ertragsanteilen verstanden. Im Finanzausgleichsgesetz selbst bestehen mehrere Finanzkraftdefinitionen. Gebühren: Wichtige Einnahmequelle der Gemeinden. Fallen für BürgerInnen v.a. in den Bereichen Wasserversorgung, Abwasserentsorgung sowie Müllbeseitigung an und sind oft vom Verbrauch abhängig. Gemeinde-Bedarfszuweisungsmittel: Vorwegabzug bei den Gemeinde-Ertragsanteilen zugunsten der Länder. Die Mittel werden über Transfers wieder an die Gemeinden ausgeschüttet (v.a. Haushaltsausgleich, Invesititonszuschüsse). Getränkesteuerausgleich: Nach Entfall der Getränkesteuer als gemeindeeigene Steuer werden die Mindereinnahmen der Gemeinden hiermit abgegolten. Grundsteuer: Zweite wichtige gemeindeeigene Steuer. Ist von dem/der GrundbesitzerIn zu bezahlen und von der Grundstücksbewertung abhängig. Kapitaltransfers: Einmalige Finanzzuweisungen und Zuschüsse, v.a. Investitionszuschüsse. Kommunalsteuer: Wichtigste gemeindeeigene Steuer. Ist von dem/der ArbeitgeberIn zu bezahlen und ist abhängig von der Lohnhöhe. Lastenausgleich: Berücksichtigen unterschiedlicher Rahmenbedingungen der einzelnen Gemeinden, wie insbesondere sozio-demografische sowie geografisch-topografische Entwicklungen sowie zentralörtliche Funktionen. Laufende Transfers: Laufende Finanzzuweisungen bzw. Förderungen, v.a. Haushaltsausgleich und Ko-Finanzierungen (z.B. Kinderbetreuung, Schulen). Oberverteilung: Vertikale Verteilung der Ertragsanteile auf Bund, Länder und Gemeinden im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes. Ressourcenausgleich: Fokussiert auf den Ausgleich der unterschiedlichen finanziellen Ausstattung der Gemeinden. Möchte die Finanzkraft der Gemeinden einander annähern. Transfers: Generelle Bezeichnung für finanzielle Ströme zwischen Gebietskörperschaften. Umlagen: Gemeinden leisten einen Finanzierungsbeitrag bei eigentlichen Landesaufgaben: insbesondere Landesumlage, Sozialhilfeumlage, Krankenanstaltenumlage. Unterverteilung: Horizontale Verteilung der Ertragsanteile auf die einzelnen Länder und Gemeinden im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes. Zentrale-Orte-Konzept: Zuordnung mehrerer Stufen an Zentralörtlichkeit zu den einzelnen Gemeinden. Zentralörtliche Funktion: Aufgaben, welche nicht nur der eigenen Gemeindebevölkerung, sondern der Bevölkerung einer ganzen Region zugute kommen.

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