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II Open-Government-Vorgehensmodell

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III Ausblick

III Ausblick

Das „Open Government Implementation Model“ stellt ein generisches Vorgehensmodell für die Umsetzung von Open-Government-Initiativen dar und wurde als Open-GovernmentReifegradmodell weiterentwickelt (siehe Abbildung 2). 4 Es beinhaltet Vorschläge für eine schrittweise Implementierung von Open Government und enthält Indikatoren für die Erfolgsmessung der einzelnen Schritte. Im Folgenden wird das Modell vorgestellt, auf die Gegebenheiten und Bedürfnisse im deutschsprachigen Raum angepasst und inhaltlich erweitert.

Abbildung 2: Open Government Vorgehensmodell

Quelle: KDZ, 2016, eigene Darstellung nach Lee/Kwak 2012.

Phase 0 – Ausgangszustand und Rahmenbedingungen: noch wenig bis kein Open Government bzw. keine Planung von Initiativen. Rahmenbedingungen können allerdings jetzt schon gestaltet werden. Phase 1 – Datentransparenz: öffnet Daten der Verwaltung, insbesondere im Sinne von Open Government Data (OGD). Phase 2 – Offene Partizipation: öffnet Politik und Verwaltung für Ideen und Wissen externer Stakeholder 5 . Phase 3 – Offene Kollaboration: verbessert die Zusammenarbeit zwischen Politik und Verwaltung mit externen Stakeholdern. Ermöglicht die Nutzung von Kollaborationstools zur Erzielung spezifischer Outputs. Die „Co-Produktion“ kann dabei unterschiedlich intensiv gestaltet werden, wobei auch das gemeinsame Erledigen von Aufgaben bis hin zur Aufgabenübertragung und ehrenamtliche Tätigkeiten umfasst sind. Phase 4 – Umfassende Mitwirkung: kontinuierliche Mitwirkung externer Stakeholder wird in den Phasen des Politikzyklus laufend berücksichtig. Durch „Mit-Entwickeln“, „MitBeauftragen“, „Mit-Umsetzen“ und „Mit-Bewerten“ wird Public Value erzeugt.

4 Lee/Kwak: Open Government Implmentation Model, 201 1 bzw. Lee; Kwak: An Open Government Maturity Model for social media-based public engagement, 2012. 5 Zum Verständnis des Begriffs „Stakeholder“ siehe Phase 1: „Stakeholder-Screening: Was wollen die Stakeholder?“

Die Phasen stellen eine logische Abfolge dar. Diese Abfolge bedeutet nicht, dass man nicht auch den Einstieg über andere Phasen beginnen kann, was durch die Pfeile links angedeutet wird. 6 Es sollte allerdings beachtet werden, dass die einzelnen Phasen die Grundlage für die jeweils nächste Phase darstellen und dass zum Erreichen der Phase 4, die als Zielebene angesehen werden kann, das Durchlaufen aller anderen Phasen eine Voraussetzung ist. Auch in Anbetracht der begrenzten Ressourcen für die Implementierung ist ein schrittweises Vorgehen angebracht.

Exkurs: Zu den Begriffen Partizipation und Kollaboration

Der sehr allgemeine und häufig in unterschiedlichen Zusammenhängen gebrauchte Begriff der Kollaboration bedeutet im Zusammenhang mit Open Government insbesondere die Erzielung von Ergebnissen und Wirkungen in Zusammenarbeit mit Personengruppen außerhalb der zuständigen Behörde. Häufig in diesem Zusammenhang gebrauchte Begriffe sind auch „Open Innovation“ und „Citizensourcing“ („Crowdsourcing“ im öffentlichen Sektor). 7 Noveck führt aus, dass es nicht (nur) um eine deliberative Demokratie geht, die einen allgemeinen Diskurs über alle politischen Themen ermöglicht (Öffentlichkeitsbeteiligung), sondern um eine „kollaborative Demokratie“, die es erlaubt, (Teil)Problemlösungen durch kollaborative Prozesse mit ExpertInnen der Zivilgesellschaft zu bearbeiten, um so zu besseren Ergebnissen und Entscheidungen zu kommen. 8

Es gibt verschiedene Abgrenzungsversuche zwischen den häufig nicht genau definierten Begriffen Partizipation und Kollaboration: Lucke (2015) argumentiert entlang des sechsstufigen Politikzyklus (siehe Abbildung 3): Partizipation reicht demnach von der Problemdefinition bis zur Entscheidungsfindung; Kollaboration findet bei Implementierung, Monitoring und Evaluation statt. 9

Abbildung 3: Abgrenzung von Partizipation 2.0 im sechsstufigen Politikzyklus

Quelle: Lucke: Open Government Collaboration, 2015.

6 Einige deutsche Städte haben beispielsweise eine längere Tradition der BürgerInnenbeteiligung und sind bei Open Government Data noch nicht so weit, in Österreich ist es eher umgekehrt. 7 www.citizensourcing.de [Download: 2016-07-15]. 8 Noveck: Wiki Government, 2009. 9 Lucke: Open Government Collaboration, 2012.

Lee/Kwak (2012) argumentieren technologisch: während bei der Partizipation „expressive soziale Medien“ eingesetzt werden, die vorwiegend dazu dienen, Menschen miteinander in Beziehung zu setzen und deren Ideen auszudrücken, werden bei der Zusammenarbeit „kollaborative soziale Medien“ eingesetzt, die es den Menschen ermöglichen, in interaktiven und sozialen Prozessen zusammenzuarbeiten, um gemeinsame Ziele zu erreichen und einen gemeinsamen Output zu erzielen. Treverton (2016) kritisiert überhaupt die Verwendung des Begriffs sozialer Medien für Kollaborationstools: „nicht alle Kollaborationstools sind soziale Medien und nicht alle sozialen Medien sind Kollaborationstools“. 10

10 Treverton: New Tools for Collaboration, 2016.

0 Phase 0 - Ausgangssituation und Rahmenbedingungen

Ob nun bereits Initiativen durch Politik und Verwaltung ergriffen worden sind, die explizit als Open Government bezeichnet werden, oder ob die Öffnung von Regierungs- und Verwaltungshandeln einfach als zeitgemäßes Public Management verstanden wird, können in der aktuellen Ausgangssituation bereits erste Maßnahmen vorbereitet und Rahmenbedingungen gestaltet werden, um sich auf Open Government vorzubereiten.

Abbildung 4: Maßnahmen in Phase 0

Quelle: KDZ, 2016, eigene Darstellung.

0.1 Maßnahme: Change Management vorbereiten

In der Ausgangssituation kann sich die Organisation bereits mit Change Management auseinandersetzen, da der Einstieg in Open Government mit umfangreichen Veränderungen des Politik- und Verwaltungshandelns einhergeht. Insbesondere geht es darum, den benötigten Kulturwandel hin zu mehr Offenheit herbeizuführen. Es kann z. B. begonnen werden, ein "Team der Willigen" zu formen, das erste interne Genehmigungen einholt und politische oder administrative Entschlüsse erwirkt. Wichtig ist auch zu erkennen, dass der ständige Wandel ein normaler Prozess ist, nicht eine einmalige Aktion.

In dieser Phase ist es auch hilfreich, sich über positive Effekte ebenso im Klaren zu sein, wie über mögliche Barrieren und Einwände. 11

0.2 Maßnahme: Kompetenzen stärken

Durch die rasante Entwicklung unserer Gesellschaft ist es nötig, bei allen gesellschaftlichen Akteuren die aktuell benötigten Kompetenzen zu erhöhen. 12 Vor allem auch Verwaltungsbedienstete und PolitikerInnen müssen den Umgang mit veröffentlichten Daten

11 Siehe z. B. „Einwände gegen die Veröffentlichung von Open Data und bewährte Antworten darauf“ www.open3.at/projekte/einwaende-gegendie-veroeffentlichung-von-open-data-und-bewaehrte-antworten-darauf [Download: 2016-07-15] bzw. Janssen/Charalabidis/Zuiderwijk, 2012. 12 Siehe dazu auch vertiefend: OECD: Skills Outlook, 2013.

lernen, die Weiternutzung und Interpretationen verstehen sowie Partizipation und Kollaboration nutzen können. Entsprechende Schulungsmaßnahmen und Fortbildungsprogramme können konzipiert werden.

Als vorbereitende Maßnahme können wichtiger werdende Kernkompetenzen gestärkt werden. Dazu zählen:  Resilienz 13 als Fähigkeit einer Organisation auch in Übergangsphasen, die unklar, unsicher und verwirrend sind, lebendig, selbstbestimmt und wirkmächtig zu agieren.  Informations- und Kommunikationskompetenz 14 im Sinne einer Informationskompetenz (Text), Medienkompetenz (Gefäß), und ICT-Kompetenz (Werkzeuge) als Fähigkeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Umgang mit den neuen Technologien. In diesem Zusammenhang spielt auch „Data Literacy“ eine Rolle, also die Fähigkeit, sinnvolle Informationen aus Daten gewinnen zu können. Durch die zunehmende Verfügbarkeit offener Daten erlangen Fähigkeiten, die man im Umgang mit diesen Daten benötigt eine neue Bedeutung. Es geht dabei aber nicht nur um Kompetenzen aus Mathematik, Statistik und IT, sondern auch um „the desire and ability to constructively engage in society through and about data”, also um die Bereitschaft und Fähigkeit, sich konstruktiv in gesellschaftliche Fragen mit und durch Daten einzubringen. 15  Kooperationskompetenz, die benötigt wird um Partizipation und Kollaboration erfolgreich zu planen und umzusetzen. Zu den drei grundlegenden Erfordernissen einer erfolgreichen Kooperation zählt Rathje (2009) die Differenzbewältigung (= das Akzeptieren der Andersartigkeit des Partners), das Beziehungsmanagement sowie die Prozessgestaltung. 16  Empowerment als Sammelkategorie für all jene Arbeitsansätze in der psychosozialen Arbeit, die die Menschen zur Entdeckung ihrer eigenen Stärken ermutigen und ihnen Hilfestellungen bei der Aneignung von Selbstbestimmung und Lebensautonomie vermitteln. Im Zusammenhang mit Open Government wird insbesondere auf die Förderung der Selbstkompetenz der BürgerInnen Wert gelegt, die bei neuen Formen des bürgerschaftlichen Engangements (Ehrenamts) wichtig sind. 17

0.3 Maßnahme: Social-Media-Guidelines erstellen

Soziale Medien begegnen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung sowie Politikerinnen und Politikern tagtäglich. Es ist daher wichtig, Social-Media-Guidelines zu entwickeln, die die Rahmenbedingungen für die Nutzung sozialer Medien festlegen und den Bediensteten Hilfestellung bieten. Bereits veröffentlichte Guidelines (siehe unten) können als Beispiel für eigene Richtlinien dienen.

Schulz (2012) beschreibt Maßnahmen zur Erstellung von Social-Media-Guidelines 18 . Mergel, et al. (2013) schlagen folgende Bestandteile eines Social-Media-Leitfadens vor (siehe Tabelle 1). 19

13 Välikangas. The Resilient Organization, 2010. 14 Stöcklin: Informations- und Kommunikationskompetenz, 2012. 15 Data-Pop Alliance: Beyond Data Literacy, 2015. 16 Rathje: Kooperationskompetenz, 2008. 17 Herringer: Stichwort Empowerment, 2011. 18 Schulz: Social Media Guidelines, 2012. 19 Mergel, et al.: Praxishandbuch Soziale Medien in der öffentlichen Verwaltung, 2013.

Tabelle 1: Bestandteile eines Social-Media-Leitfadens

Nr. Grundsatz

1 Sie sind verantwortlich. Medien ist.

2 Sie sind im Internet nicht nur als

Privatperson, Sie werden auch als Verwaltungsmitarbeiter wahrgenommen.

3 Achten Sie auf Ihren Ruf – und den Ihres Dienstgebers. 4 Zeigen Sie Fingerspitzengefühl bei politischen und wirtschaftlichen „Freundschaften“.

5 Schreiben und zeigen Sie nichts, von dem Sie nicht wollen, dass es über Sie verbreitet wird. Sie verwenden.

6 Das Netz vergisst nicht.

7 Schützen Sie Ihre Privatsphäre, die Ihrer Familie, Freunde und

Kollegen. 8 Eigentum bleibt Eigentum – auch im Netz.

9 Beachten Sie Ihre

Verschwiegenheitspflicht und das

Erläuterung

Sie sind persönlich für Inhalte verantwortlich, die Sie online veröffentlichen, unabhängig davon, ob dies in einem Weblog, sozialen Netzwerk oder jedweder anderen Form nutzergenerierter

Gestalten Sie Ihre Beiträge nach eigenem Ermessen. Verdeutlichen Sie, wo notwendig, dass hier ausschließlich Ihre persönlichen Ansichten und Gedanken veröffentlicht werden, und dass Sie nicht als Repräsentant Ihrer Behörde schreiben. Diese sollten Sie im Besonderen bei der Nutzung von Businessnetzwerken berücksichtigen (XING, LinkedIN, …). Auch ein allgemeiner Hinweis im Profil kann sinnvoll sein. Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitskollegen sollen nicht in öffentlichen Medien ausgetragen werden.

Private Blogs, Wikis, virtuelle Welten, soziale Netzwerke und ähnliches sollten nicht zur Diskussion organisationsbezogener Inhalte verwendet werden. Auch die Kommunikation zwischen Arbeitskollegen sollte nicht in sozialen Netzwerken erfolgen. Nutzen Sie dafür die behördeninternen Kommunikationsmöglichkeiten. Machen Sie sich bewusst, wer Zugang zu Ihren sozialen Medien und Netzwerken (Internetforen, Mailinglisten, Weblogs, Podcasting, Wikis, Social Communities, etc.) hat und berücksichtigen Sie, dass elektronische Inhalte ohne hohen Aufwand auf anderen Plattformen weitergegeben werden können. Beachten Sie diese bei der Wahl der persönlichen Informationen, die Sie preisgeben möchten und bei der Wahl der Sprache, die Amtsgeheimnis.

Machen Sie sich bewusst, dass alles, was Sie publizieren, für lange Zeit öffentlich zugänglich sein wird und eine vollständige Löschung nicht gewährleistet werden kann. Holen Sie sich die Erlaubnis, Fotos oder Gespräche von anderen zu veröffentlichen. Veröffentlichen Sie niemals vertrauliche Informationen. Bedenken Sie außerdem, wie einfach und schnell vertrauliche Informationen verbreitet werden können.

Respektieren Sie Urheberrechte. Im Falle einer Referenz erstellen Sie, wenn möglich, einen Link zur Quelle bzw. versuchen Sie Inhalte zu verwenden, die unter einer Creative-Commons-Lizenz angeboten werden. Generell ist es ratsam, keine rein dienstlichen Angelegenheiten über Ihr privates Profil abzuhandeln – somit sind Sie auf der sicheren Seite. Wenn Sie sich doch dafür entscheiden, beachten Sie Ihre Verschwiegenheitspflicht und das Amtsgeheimnis.

10 Die IT-Nutzungsbedingungen

Ihrer Behörden gelten auch für

Social-Media-Anwendungen.

Quelle: Mergel, et al, 2013. Beachten Sie die bestehenden Regelungen zur Nutzung der ITInfrastruktur, welche sowohl die private als auch die dienstliche Internetnutzung berücksichtigt.

0.4 Maßnahme: Sperren beseitigen

Insbesondere in größeren Behörden sind auch im Jahr 2016 noch Internetsperren an den Standardarbeitsplätzen vorzufinden. Zunächst ist es daher wichtig, Sperren sozialer Medien zu beseitigen. Eine ernst gemeinte Open-Government-Strategie kann nicht gestaltet werden, wenn die eigenen Bediensteten von der Rezeption der Maßnahmen in sozialen Medien ausgesperrt werden. Darüber hinaus sprechen zahlreiche weitere Gründe gegen eine Sperrung sozialer Medien:  Eine Sperre drückt Misstrauen gegenüber den eigenen Bediensteten aus.  Eine Sperre ist technisch wirkungslos. Es gibt technische Möglichkeiten eine Sperre zu umgehen (z. B. http://proxy.org).  Eine Sperre am Arbeitsplatz-PC sperrt nicht den Zugang über ein (privates) Smartphone.  Eine Sperre am Arbeitsplatz verhindert nicht die Nutzung über privates Equipment außerhalb der Räumlichkeiten/Dienstzeiten zu dienstlichen Zwecken.  Ein Bandbreiten- oder Sicherheitsproblem ist technisch nicht begründbar.  Wenn Bedienstete in der Dienstzeit aus Langeweile soziale Medien nutzen, liegt ein organisatorisches Problem vor. Trotz Sperren können die Bediensteten sich auch anders die Zeit vertreiben, z. B. mit (Online)Zeitung, Online-Shopping, Online-Spielen etc.  Soziale Medien können produktiv eingesetzt werden (siehe Phase 3 bzw. Wissensmanagement 2.0); mit Sperren erschwert man die produktive Nutzung.

0.5 Maßnahme: Rechtliche Rahmenbedingungen schaffen

Anders als in den USA und Großbritannien gibt es in einigen europäischen Ländern noch keine umfassenden Informationsfreiheitsgesetze, sondern es herrscht z. B. in Österreich Amtsverschwiegenheit als Grundsatz vor. In den letzten Jahren gibt es aber immer mehr Initiativen, Informationsfreiheitsgesetze zu verabschieden, z. B. in Österreich, in Hamburg, Bremen und in Rheinland-Pfalz.

Auch wenn erste Initiativen wie die Umsetzung eines OGD-Portals auch ohne Vorhandensein eines Informationsfreiheitsgesetzes möglich sind, so ist es für die Realisierung der vollen Potentiale von Open Government erforderlich, Informationsfreiheit als Grundsatz zu etablieren.

Von der Frage „Amtsverschwiegenheit versus Informationsfreiheit“ zu unterscheiden sind die so genannten Informationsweiterverwendungsgesetze. Diese Regeln die nationalen Umsetzungen der europäischen PSI-Richtlinie, die den Abbau von Barrieren beim Zugang zu Informationen des öffentlichen Sektors zum Ziel hat (siehe Phase 1).

0.6 Maßnahme: Einrichten eines Open-Government-Kompetenzzentrums

Für die Umsetzung von Open Government bedarf es zunächst einer Zuständigkeit. In Anbetracht begrenzter Ressourcen im öffentlichen Sektor ist die Gründung von neuen Abteilungen nicht anzuraten. Darüber hinaus ist ein interdisziplinärer Zugang erforderlich. Empfehlenswert ist daher, eine „virtuellen Organisationseinheit“ einzurichten: das Open-Government-Kompetenzzentrum.

Bei sehr kleinen Verwaltungen kann das Kompetenzzentrum auch aus wenigen Personen bestehen. Bei großen Organisationen ist auf eine ausgewogene Mischung zu achten. Insbesondere kommen Personen aus folgenden beispielhaften Organisationseinheiten in Frage: 20  Verwaltungsführung, Top-Management  Verwaltungsinnovation, Verwaltungsmodernisierung  IKT, E-Government, EDV  Öffentlichkeitsarbeit, Social Media  Recht, Datenschutz  ev. auch wichtige datenintensive Fachabteilungen z. B: GIS, Umwelt, Statistik etc.

Zusammenspiel Politik und Verwaltung

Sollte die Open-Government-Initiative nicht ohnehin von der Politik beschlossen bzw. beauftragt worden sein, so ist eine rechtzeitige Information an die politischen Gremien über die geplanten Aktivitäten wesentlich.

Auch während der Laufzeit der Initiative ist es wichtig, regelmäßigen Informationsaustausch zwischen den politisch Verantwortlichen (GemeinderätIn, StadträtIn, BürgermeisterIn) und dem Open-Government-Kompetenzzentrum herzustellen.

Funktionen

Über einen demokratischen Bottom-up-Zugang werden sowohl MitarbeiterInnen der Verwaltung als auch die Öffentlichkeit möglichst rasch und früh einbezogen. Das OG-Kompetenzzentrum hat zwei wesentliche Funktionen:  Das Kompetenzzentrum fungiert als internes Steuerungsgremium zu Open Government. Diese Lenkungsgruppe koordiniert die OG-Aktivitäten, wie z. B. das interne Datenmonitoring und bietet den MitarbeiterInnen auch spezielle Leistungen, z. B. Trainings im Umgang mit sozialen Medien oder in Fragen von Datenformaten etc. an.  Das Kompetenzzentrum fungiert als externe Ansprechstelle zu Open Government und steht für Fragen zu bereits veröffentlichten Datensätzen, laufenden Partizipations- oder Kollaborationsprojekten, sowie für Vorschläge für zukünftig zu veröffentlichende Daten oder durchzuführende Projekte zur Verfügung. Die eingelangten Vorschläge werden im Kompetenzzentrum bewertet und diskutiert, es erfolgt ein Feedback an die Stakeholder nach den Prinzipien Gleichbehandlung, Fairness und Verantwortung.

Maßnahmen

Das OG-Kompetenzzentrum führt beispielsweise folgende operative Maßnahmen durch:  Im Rahmen des Kompetenzzentrums werden Pilotprojekte initiiert, die über die reine Freigabe von Daten hinausgehen. Hierbei werden verschiedene Stakeholder miteinbezogen.  Es werden Wettbewerbe zur Nutzung der Daten durchgeführt.  Es werden Befragungen von Stakeholdern durchgeführt.

20 In größeren Verwaltungen ist die Themenbreite möglicherweise zu groß, um diese in einer Gruppe bearbeiten zu können, hier kann es zielführend sein, ein Open Data Kompetenzzentrum einzurichten und für die Themen Partizipation/Kollaboration andere Zuständigkeiten zu definieren.

 Es werden OGD-Plattformtreffen mit der Verwaltung oder auch Barcamps durchgeführt. Dabei werden Stakeholdergruppen zum Diskurs mit der Verwaltung über freizugebende Datensätze und deren Anwendungsmöglichkeiten eingeladen.  Es werden Governance-Strukturen für die Datenfreigabe entwickelt: Es müssen interne Prozesse definiert werden, wie bei der Datenfreigabe vorzugehen ist, welche Kriterien für das interne Datenmonitoring anzuwenden sind und wie das Vorgehensmodell bei der Datenfreigabe definiert ist.  Das Kompetenzzentrum begleitet den kulturellen Wandel: Der benötigte Kulturwandel innerhalb der Verwaltung lässt sich nicht verordnen, der Prozess muss langsam und behutsam vorbereitet und begleitet werden. Erfolgreiche Maßnahmen können als BestPractice-Beispiele bekannt gemacht werden, die Führungsebene muss daran arbeiten, die Verwaltung offener, transparenter und kollaborativer zu machen. Im Rahmen eines internen Ideenwettbewerbs (Vorschlagswesen) können neue Ideen der MitarbeiterInnen prämiert werden.  Schulungsmaßnahmen: Angebote zur Aus- und Weiterbildung (siehe unten)  Das Kompetenzzentrum kanalisiert die Social-Media-Nutzung und das Monitoring von Kollaborations-Tools.  Das Kompetenzzentrum legt Kennzahlen zur Erfolgsmessung fest und überwacht deren Erreichung: Wird man zunächst eher Kennzahlen verwenden, die Prozessoutput messen, so sollte man im Laufe der Zeit Wert auf outcomeorientierte Kennzahlen legen. Kennzahlen können z. B: sein: - Öffentliches Bewusstsein der Open-Government-Initiativen und -Services - Öffentliche Wahrnehmung der Offenheit der Verwaltung - Zufriedenheit der Öffentlichkeit mit Interaktionen mit der Verwaltung - Kulturelle Veränderungen in Organisationseinheiten der Verwaltung in Richtung Offenheit - Anzahl der veröffentlichten Datensets - Anzahl der Downloads der Daten - Anzahl der BesucherInnen des Datenportals - Prozentanteil der wiederkehrenden BesucherInnen - Anzahl der Kommunikationskanäle - Zeit, die BesucherInnen auf dem Datenportal verbringen - Datengenauigkeit und Datenkonsistenz - Datenaktualität - Häufigkeit der Daten-Updates - Reduktion der Anfragen nach Freigabe von Daten  Das Kompetenzzentrum entwickelt eine Community of Practice: der Umgang mit offenen Daten ist nicht nur für die Verwaltung, sondern auch für Politik und Öffentlichkeit neu. Daher bietet es sich an, Erfahrungsaustausch zu organisieren. In Österreich ist z. B. die „Cooperation OGD Austria“ gegründet worden.  Das Kompetenzzentrum überprüft die Einhaltung der OGD-Prinzipien.

Schulungsmaßnahmen

Um mit Open Government eine breite Wirkung zu erreichen, werden entsprechende Angebote zur Aus- und Weiterbildung benötigt. Derzeit werden die Open-Government-Projekte auf Basis von Best Practices und Wissensnetzwerken abgewickelt. Das Wissen um Open Government ist derzeit auf wenige Stellen in Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft beschränkt. Um das

Thema professionell und zielgerichtet in den diversen Verwaltungsstellen und der Wirtschaft wahrnehmen zu können, ist ein entsprechendes Bildungsangebot zu positionieren. 21

Mögliche Themen für Schulungsmaßnahmen sind Open-Government-Grundlagen, rechtliche, technische und organisatorische Aspekte, wie die neue Rollen in der Organisation (siehe Kapitel 1.7 „Maßnahme: Data Governance“), Datenjournalismus, Statistik und Datenvisualisierung sowie generell die Frage modernen Verwaltungsmanagements mit Open Government.

0.7 Beispiele und weiterführende Informationen

Change Management - Anwendungshilfe zu Veränderungsprozessen in der öffentlichen Verwaltung: www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/2013/praxisleitfaden_projekt management.html Social-Media-Leitfäden der BLSG in Österreich: http://reference.egovernment.gv.at/Veroeffentlichte-Informationen.983.0.html Leitfaden „Social Media in der Hamburgischen Verwaltung“: www.hamburg.de/contentblob/3320624/data/social-media-in-der-hamburgischenverwaltung.pdf Tipps für den Umgang mit Social Media der Stadt Hamburg: www.hamburg.de/contentblob/3580670/data/guideline-social-media.pdf Bitkom Leitfaden Social Media: www.bitkom.org/Bitkom/Publikationen/Leitfaden-SocialMedia.html Gesetzesentwurf zu Informationsfreiheit in Österreich: www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/AUA/AUA_00001/index.shtml Forum Informationsfreiheit Österreich: www.informationsfreiheit.at Hamburgisches Transparenzgesetz: www.hamburg.de/transparenzgesetz Informationsfreiheit Bremen: www.informationsfreiheit.bremen.de Transparenzgesetz Rheinland-Pfalz: https://transparenzgesetz.rlp.de ePSI Platform: www.epsiplatform.eu Share-PSI Best Practices: www.w3.org/2013/share-psi/bp/

21 Beispiele: http://schoolofdata.org bzw. www.schoolofdata.at [Download: 2016-07-15].

1 Phase 1 – Datentransparenz

Transparenz über Daten und Informationen des öffentlichen Sektors ist eine wesentliche Voraussetzung für Partizipation und Kollaboration. In dieser Phase kommen Aspekte von Open Government Data (OGD), Public Sector Information (PSI) und Datenaufbereitungen und Visualisierungen zusammen.

Folgende Aspekte von Datentransparenz sollten beachtet werden:

Open Government Data (OGD)

Als OGD werden jene Datenbestände des öffentlichen Sektors bezeichnet, die von Staat und Verwaltung im Interesse der Allgemeinheit zur freien Nutzung, zur Weiterverbreitung und zur freien Weiterverwendung zugänglich gemacht werden. 22 OGD basiert in der Regel auf einer proaktiven und freiwilligen Initiative. Die Datenbestände werden auf einem Datenportal veröffentlicht. Neben Daten können auch Dokumente umfasst werden: „Open Government Documents“ 23 .

Public Sector Information (PSI):

Die EU-Mitgliedsstaaten waren bis 17. Juli 2015 verpflichtet, die Richtlinie über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors 24 in nationales Recht umzusetzen, was zumeist in Form von Informationsweiterverwendungsgesetzen erfolgt ist. Grundsätzlich werden die öffentlichen Stellen nicht verpflichtet, die Weiterverwendung ihrer Dokumente zu gestatten. Die Richtlinie regelt nur die Rahmenbedingungen, unter denen die Weiterverwendung zu geschehen hat. Die Richtlinie fordert aber auch „Bestandslisten der wichtigsten Dokumente mit zugehörigen Metadaten, die, soweit möglich und sinnvoll, online verfügbar sind und in einem maschinenlesbaren Format vorliegen, sowie Internet-Portale, die mit den Bestandslisten verknüpft sind“. Die Daten und Dokumente in OGD-Portalen sind daher bereits im Sinne der PSIRichtlinie zugänglich, allerdings müssen zumindest Metadaten auch von anderen Dokumenten veröffentlicht werden (die Dokumente selbst nicht unbedingt).

Im Zuge dessen ist auch die Auskunftspflicht zu erwähnen, also die reaktive Informationsherausgabe, im Gegensatz zur aktiven Veröffentlichung von Information. In den USA gab es seit Mitte des Vorjahres einen Pilot, mit dem das Konzept "release to one, release to all" getestet wurde. Wenn eine Person via Informationsfreiheitsanfrage Informationen und Daten erhält, werden diese Informationen der Allgemeinheit zugänglich gemacht. 25 Anfragen sind auch ein guter Indikator dafür, dass es Interesse an bestimmten Informationen gibt. Oft beziehen sich solche Anfragen auch auf Informationen, die als Teil eines größeren Datensatzes veröffentlicht werden können (z. B. Informationen zur Verwendung öffentlicher Mittel). Ein Verweis auf so einen Datensatz im OGD-Portal vereinfacht auch die Beantwortung von Anfragen nach Auskunftspflichtgesetzen bzw. kann zu einer Verringerung solcher Anfragen führen.

22 Lucke/Geiger: Open Government Data. 2010. 23 Cooperation OGD Österreich: Rahmenbedingungen für Open Government Documents, 2014. 24 Siehe http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32013L0037 [Download: 2016-07-15]. 25 Siehe https://sunlightfoundation.com/blog/2015/07/13/pilot-program-will-publicize-all-foia-responses-at-select-federal-agencies/ bzw. www.justice.gov/opa/blog/proactive-disclosure-pilot-launches [Download: 2016-07-15].

Datenaufbereitungen und -visualisierungen

Unabhängig von der Art und Weise der Verfügbarkeit der zugrundeliegenden Daten können mittels Dashboards oder Visualisierungen Aufbereitungen von Daten erstellt werden. Nicht immer ist es sinnvoll, dass sich der öffentliche Sektor komplett auf die Funktion des Datenbereitstellers zurückzieht. Um seiner Interpretationsaufgabe nachzukommen, können daher auch öffentliche Stellen Dashboards oder Visualisierungen umsetzen. Oft werden auch Datenportale um Funktionen erweitert, um die veröffentlichten Datensätze auch gleich zu visualisieren.

Die beiden wichtigsten Aufgaben in der Phase 1 sind:  Identifikation von Datenbeständen mit hohem potentiellem Wert bzw. potentiellem Impact  Erhöhung und Sicherstellung der Datenqualität: Genauigkeit, Konsistenz und Aktualität Für beide Aufgaben eignet sich die zentrale Maßnahme des internen Datenmonitorings.

Abbildung 5: Maßnahmen in Phase 1

Quelle: KDZ, 2016, eigene Darstellung.

1.1 Maßnahme: Erstellen eines Datenkatalogs 26

In einem ersten internen Prozess sollten Datenbestände identifiziert werden, die auf einem Datenportal veröffentlicht werden können.

Es ist in dieser Phase nicht anzuraten, möglichst viele, sondern die wichtigsten Datenbestände zu veröffentlichen. Dabei sollte gemäß dem Pareto-Prinzip danach getrachtet werden, die Top20%-Datenbestände zu identifizieren, die bei der Öffentlichkeit den größten Nutzen stiften. 27 Weiterführend wäre es aber wichtig, einen Datenkatalog aller verfügbaren, nicht nur aller zu

26 Siehe auch www.w3.org/2013/share-psi/bp/odpp/ [2016-07-15] 27 Gemäß dem Pareto-Prinzip können 80% der Ergebnisse mit einem Aufwand von 20% erreicht werden. Siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Paretoprinzip [Download: 2016-07-15].

veröffentlichenden Daten zu erstellen. 28 Um möglichst rasch zu Ergebnissen zu kommen, ist es empfehlenswert, folgende Fragestellungen zu durchlaufen:

Abbildung 6: Datenkatalog erstellen

Quelle: KDZ, 2016, eigene Darstellung.

Selbst-Screening: Was haben wir selbst bereits veröffentlicht?

Als einfachster Ansatzpunkt gilt die Frage, welche Daten die Behörde bereits selbst veröffentlicht hat 29 . Häufig gibt es bereits veröffentlichte Dokumente, die noch nicht den Anforderungen eines Open-Data-Portals genügen, aber grundsätzlich bereits veröffentlicht worden sind. Die Kriterien für das interne Datenmonitoring (siehe Kapitel 1.2) geben Hinweise auf zu klärende Punkte. Beispielsweise müssen im PDF-Format veröffentlichte Gemeinderatsprotokolle in Textdokumente, oder veröffentlichte Rechnungsabschlüsse in das CSV-Format überführt werden.

Fremd-Screening: Was haben andere bereits veröffentlicht?

Da es mittlerweile national und international zahlreiche Beispiele für veröffentlichte Daten gibt, lohnt sich ein Blick in die OGD-Portale anderer Verwaltungen, um Art und Umfang von Daten kennen zu lernen, die dort bereits veröffentlicht worden sind. Ansatzpunkte dafür geben die bereits umgesetzten Datenportale (siehe Kapitel 1.8):

Die in verschiedenen Standards festgelegten Kategorien, denen Datensätze zugeordnet werden sollen, geben einen ersten Ansatzpunkt (siehe Abbildung 7). Die Open Data Charter der G8 enthält ebenfalls eine Tabelle mit Beispieldatensätzen der jeweiligen Kategorien. 30

28 Siehe z. B. www.w3.org/2013/share-psi/bp/pomd/ bzw. http://ogdcockpit.bonn.de [2016-07-15] 29 Siehe z. B. www.w3.org/2013/share-psi/bp/iwyap/ und Kurzbericht zur Datensatzerhebung / Datenmonitoring der Stadt Freiburg: https://freiburg.morerubin1.de/show_anlagen.php?_typ_432=vorl&_doc_n1=20150610102016.pdf&_vorl_nr=3153110100009&_nid_nr=&_nk_nr=315&x=4&y=12 [Download: 2016-07-15] 30 Siehe www.gov.uk/government/publications/open-data-charter/g8-open-data-charter-and-technical-annex [Download: 2016-07-15].

Abbildung 7: Kategorien von Daten in OGD-Portalen

Quelle: OGD-Cockpit: http://ogdcockpit.eu/index.php?title=Attribut:Kategorie [Download 2016-07-15].

Stakeholder-Screening: Was wollen die Stakeholder?

Man kann zwischen folgenden Zielgruppen unterscheiden 31 :  BürgerInnen als Akteure in Privatheit und Familie  Wirtschaft als Akteure des Marktes  Politik und Verwaltung als Akteure öffentlicher Stellen des Staates  Zivilgesellschaft als Akteure des öffentlichen Bereichs Als Querschnittsgruppen gelten die folgenden Akteure:  Medien als Garanten des öffentlichen Raums sowie als Kontrolleure des staatlichen und wirtschaftlichen Bereichs  Wissenschaft als Triebfeder gesellschaftlichen Fortschritts durch Wissensproduktion und Hochschulausbildung  Akteure des Bildungssystems als Versorger der Mitglieder einer Gesellschaft mit Bildung

Für den dritten Schritt ist es nötig, bereits Ergebnisse des Selbst- und Fremd-Screenings vorliegen zu haben. Umfrage und Veranstaltungen bieten sich als Methoden an, um die Stakeholder-Interessen kennen zu lernen. Für die Diskussion mit Politik und Verwaltung bieten sich Besprechungen mit den politisch Verantwortlichen und den jeweiligen Fachabteilungen an. Bei manchen Stakeholdern muss unter Umständen das Thema Open Government erst grundsätzlich aufbereitet und Ziele, Maßnahmen und Beispiele diskutiert werden. Der Diskurs mit der Politik hat insbesondere zum Ziel, Schwerpunkte für zu veröffentlichende Datensätze zu identifizieren (Schwerpunktsetzung aus politischer Sicht). Der Diskurs mit den Fachabteilungen hat neben der Schwerpunktsetzung aus fachlicher Sicht auch die Funktion, mögliche konkrete Datensätze zu identifizieren.

31 Klessmann et al: Open Government Data Deutschland, 2012.

Auch im Stakeholder-Screening ist es hilfreich, auf bereits durchgeführte Ergebnisse zurückzugreifen, z. B.  Open3.at: „Kategorien von Daten, um die es geht.“ 32  Umfrageergebnisse, z. B. - ADEQUATe (Analytics & Data Enrichment to improve the QUAliTy of Open Data): www.adequate.at - Open Data Aktionsplan: www.open-data-aktionsplan.de  Bestimmung von geeigneten verfügbaren Datenbeständen 33  Kriterien von Indices, die auf eine Messung vorhandener OGD-Angebote abzielen (siehe Kapitel 1.8).

Vorbild können auch Veröffentlichungsbestimmungen aus den Transparenzgesetzen von Hamburg und Bremen sein:  Veröffentlichung von Beschaffungen und Vergaben (Daten und Dokumente)  Details zu den Finanzen der Gemeinde sowie durch die Gemeinde kontrollierte Unternehmen, Vereinen, Stiftungen etc.  Subventions- und Zuwendungsvergaben  Privatisierungen bzw. Verkäufe von Gemeindeeigentum  in öffentlicher Sitzung gefasste Beschlüsse nebst den zugehörigen Protokollen und Anlagen  Haushalts-, Stellen-, Bewirtschaftungs-, Organisations-, Geschäftsverteilungs- und Aktenpläne  Richtlinien, Fachanweisungen und Verwaltungsvorschriften  Dienstanweisungen  amtliche Statistiken und Tätigkeitsberichte  Gutachten und Studien, soweit sie von Behörden in Auftrag gegeben wurden, in die Entscheidung der Behörde einfließen oder ihrer Vorbereitung dienen  öffentliche Pläne, insbesondere Bauleit- und Landschaftspläne.

PSI-Anfrage

Anfragen gemäß PSI/Informationsweiterverwendungsgesetz können Anfragen zu Datensätzen enthalten. Durch die Aufnahme von angefragten bzw. auch beauskunfteten Daten in den Datenkatalog können zukünftige Anfragen gleichartig beantwortet werden. Folgende fünf thematische Datenkategorien sind in der PSI-Richtlinie als diejenigen eingestuft worden, denen Vorrang bei der Bereitstellung eingeräumt werden sollte:  Geodaten  Umweltdaten  Verkehrsdaten  Statistikdaten  Unternehmensdaten Wichtig wäre hier auch eine Einbeziehung von Anfragen nach dem Auskunftspflichtgesetz (u.a. auch via FragDenStaat 34 ) bzw. informelle Anfragen von JournalistInnen und BürgerInnen. Solche

32 www.open3.at/grundlagen/um-welche-daten-geht-es [Download: 2016-07-15]. 33 Lucke; Geiger: Open Government Data, 2010. 34 www.fragdenstaat.de bzw. www.fragdenstaat.at [Download: 2016-07-15].

Anfragen können ein besseres Bild davon vermitteln, welche Informationen und Daten nachgefragt werden und deren aktive Veröffentlichung einen großen Mehrwert bringen würde.

Tipps zur Erstellung eines Datenkatalogs

Die Schritte A-D ergeben Hinweise auf einen möglichen Datenkatalog. Die Hinweise können sehr konkret bis auf Datensatzebene (z. B: bei Schritt B) oder noch recht abstrakt als Schwerpunktsetzung (z. B. bei Schritt C – „Daten aus dem Umweltbereich“) sein. Um die ersten Datenfreigaben nicht unnötig zu verzögern, können aus den ersten Schritten bereits genügend Informationen gewonnen worden sein, um erste Daten freizugeben. Es bietet sich für die Freigaben an, ein stufenweises Vorgehen zu verwenden: zunächst ein OGD-Portal eröffnen und initial mit zumindest fünf bis zehn Datensätzen befüllen. Die nächsten Datenfreigaben können intern geplant, mit den Stakeholdern besprochen und auch extern kommuniziert werden. Die Stadt Wien hat mit Ende Juni 2016 bereits die Phase 23 der Datenfreigaben erreicht. 35

Spätestens nach den ersten leichter umzusetzenden Phasen bietet sich für das Erstellen eines umfassenderen Datenkatalogs folgende Vorgehensweise an:  Erfassung durch die Fachabteilungen: das Know-how über die im Rahmen der Leistungserbringung benötigten bzw. erstellten Daten ist in den Fachabteilungen vorhanden. Sofern ein Produkt- und Leistungskatalog der Verwaltung vorliegt, kann dieser als Ausgangspunkt herangezogen werden. Falls nicht, müsste man der Aufbauorganisation der Verwaltung folgen.  Formulare durchsehen: zusätzlich kann es hilfreich sein, in einem Verfahren benötigte Antragsformulare durchzusehen. Die dort abgefragten Daten geben sehr konkrete Hinweise auf Datensätze.  IT-Systeme durchsehen: die konkrete Ausgestaltung von Datensätzen liefern letztlich die datenverarbeitenden IT-Systeme (Datenbanken, Applikationen, Fachanwendungen, Register), in denen Daten zur Bearbeitung erfasst werden.

Bei der Suche nach Daten für den Datenkatalog können unter anderem folgende Unterscheidungsmerkmale hilfreich sein, um einen umfassenden Blick auf mögliche Datenquellen zu haben:

„Perspektiven“ auf Daten 36

Ergebnisse und Wirkungen (z. B. Anzahl der Kinder in Kindergärten) Strukturen und Prozesse (z. B. Anzahl der Kindergartenplätze, Zahl der Anmeldungen) Finanzen und Wirtschaftlichkeit (z. B. Kosten für die Kindergärten) MitarbeiterInnen/Lernen, Innovation (z. B. Zufriedenheit der KindergartenpädagogInnen) BürgerInnen-/KundInnenenorientierung (z. B: Zufriedenheit der BürgerInnen mit der Kinderbetreuung)

Art der Daten

Strukturdaten/Geodaten (z. B. Standorte inklusive weiterer Informationen wie Öffnungszeiten)

35 https://open.wien.gv.at/site/kalender/ [Download: 2016-07-15]. 36 In Anlehnung an relevante Mess- und Steuerungsdimensionen in der öffentlichen Verwaltung siehe Biwald: Ganzheitliche Steuerung in der öffentlichen Verwaltung, 2005.

Finanz/Budgetdaten: Voranschlag/Rechnungsabschluss, Förderungen Formulardaten/Inputdaten z. B. Daten aus den Anmeldungen Leistungsdaten/Outputdaten: Zahl der Anmeldungen, Zahl der Bescheide Mess- und Erhebungsdaten: z. B. aus KundInnen- bzw. MitarbeiterInnenbefragungen Inhaltsdaten/Statistikdaten: Alter, Geschlecht, Wohnort, Staatsbürgerschaft, Muttersprache.

Für nur wenige Daten wird eine Veröffentlichung völlig unproblematisch sein. Vielmehr gilt es, die zu veröffentlichenden Daten anhand von Kriterien zu bewerten. Die Schritte A-D zur Erstellung eines Datenkatalogs dienen hauptsächlich der Ideenfindung, sie können nicht garantieren, dass die Freigabe dieser Daten sinnvoll ist. Um intern steuerungsrelevante Informationen zu erhalten, muss daher ein internes Datenmonitoring durchgeführt werden.

Formulare und Verträge können auch entsprechend angepasst werden, um wo nötig Rechte zur Veröffentlichung von Dokumenten und Daten zu erhalten, die bisher noch nicht vorliegen. So stimmen Förderwerber in der Stadt Salzburg in den Richtlinien für die Förderungen einer Veröffentlichung im Falle einer Gewährung der Förderung explizit zu. Ähnliches ist auch in der öffentlichen Beschaffung denkbar: in einigen Ländern treten Verträge mit öffentlichen Stellen erst in Kraft, wenn sie im Internet veröffentlicht worden sind.

1.2 Maßnahme: Durchführen des internen Datenmonitorings

Für die Erhöhung der Datentransparenz wird ein internes Datenmonitoring aufgesetzt, das (weitere) interne Datenbestände identifiziert. Für die Erhebung des Datenkatalogs sind im ersten Schritt folgende interne Strukturdaten sinnvoll:

Bezeichnung des Datensatzes

Produktnummer und Produktbezeichnung (sofern ein Produkt- und Leistungskatalog vorhanden ist) Datenliefernde Stelle (Organisationseinheit) Primärquelle der Daten: ja/nein Datenverantwortliche Person: Name/Kontakt Gewünschtes Veröffentlichungsdatum

Die Dienststellen/Abteilungen bewerten interne Datenbestände bezüglich folgender Kriterien und melden Datensätze, die als Open Government Data veröffentlicht werden sollen, an das Kompetenzzentrum. Die Summe der vergebenen Punkte hilft bei der Reihung der zuerst zu bearbeitenden/veröffentlichenden Datensätze: 37

37 Bezüglich Datenqualität siehe auch www.w3.org/2013/share-psi/bp/eqa/ [Download:2016-07-15].

Tabelle 2: Kriterien für das interne Datenmonitoring

Kriterium

Geheimhaltung/ rechtliche Hindernisse Erläuterung

Unterliegen die Daten Geheimhaltungspflichten oder sonstigen rechtlichen Beschränkungen bzw. handelt es sich um infrastrukturkritische Daten?

Richtlinien, Verwaltungskultur) 5: keine Einschränkungen (§8 DSG)

Person- oder Unternehmensbezug

Handelt es sich um personenbezogene Daten bzw. lassen sich Rückschlüsse auf Personen oder Unternehmen daraus ableiten?

Nutzungsrecht

Besitzt die Verwaltung das alleinige Nutzungsrecht der Daten? 5: Der Nutzen ist sehr hoch 2: Der Aufwand ist hoch 4: Der Aufwand ist gering 5: Der Aufwand ist sehr gering

Nutzen

Aufwand

Wie hoch wird der Nutzen für alle Zielgruppen eingeschätzt?

Wie hoch ist der Aufwand für die Veröffentlichung?

Inhaltliche Datenqualität

Technische Verfügbarkeit

Synergie

Wie hoch wird die Datenqualität eingeschätzt? (Vollständigkeit, zeitliche Nähe, Genauigkeit, Fehlerhaftigkeit,…)

Verfügbare Datenformate und Datenquellen, offene Standards: OGD-Formate, Erweitertes 5-Sterne-Modell (siehe Kapitel Werden Daten/Dienste bereits anderweitig von der Verwaltung angeboten?

Quelle: KDZ, 2016, eigene Darstellung.

Bewertung (Punkte 0-5)

0: Geheimhaltungspflicht gegeben 1: Einschränkungen vorhanden, kaum änderbar (z. B: EU

Vorgaben) 2: Einschränkungen vorhanden, änderbar (z. B:

Landesgesetzgebung oder Gemeinderat mit 2/3 Mehrheit) 3: Einschränkungen vorhanden, leicht änderbar (z. B:

Landesgesetzgebung oder Gemeinderat mit einfacher Mehrheit) 4: Einschränkungen vorhanden, sehr leicht änderbar (z. B: interne

0: Personenbezogene Daten 1: Nicht anonymisierbare Daten, fehlende Zustimmung kaum einholbar 2. Nicht anonymisierbare Daten, fehlende Zustimmung einholbar 3: Zustimmung zur Veröffentlichung vorhanden (z. B. Förderdaten) 4: Anonymisierbare Daten 5: Kein Rückschluss auf Personen oder Unternehmen ableitbar, bzw. keine Verletzung schutzwürdiger Geheimhaltungsinteressen 0: Fehlendes Nutzungsrecht: Veröffentlichung ist nicht möglich 1: Lizenzkosten fallen an, Genehmigungen sind einzuholen 2: Lizenzkosten fallen an, Genehmigungen sind vorhanden 3: Keine Lizenzkosten, aber Genehmigungen sind einzuholen 4: Keine Lizenzkosten, Genehmigungen vorhanden 5: Alleiniges Nutzungsrecht sichergestellt 1: Der Nutzen ist sehr gering 2: Der Nutzen ist gering 3: Der Nutzen ist durchschnittlich 4: Der Nutzen ist hoch

0. Aufwand nicht vertretbar 1: Der Aufwand ist sehr hoch 3: Der Aufwand ist durchschnittlich OGD-Formate“, Tabelle 4)

0: Datenqualität nicht vertretbar 1: Die Datenqualität ist sehr gering 2: Die Datenqualität ist gering 3: Die Datenqualität ist durchschnittlich 4: Die Datenqualität ist hoch 5: Die Datenqualität ist sehr hoch 1: Daten sind elektronisch verfügbar 2: Daten sind in maschinenlesbarem Format verfügbar 3: Daten sind in OGD-Formaten verfügbar 4: Daten sind mit URI / als RDF verfügbar 5: Daten sind als Linked Data verfügbar

1: Freiwillig bereits publiziert 2: Freiwillig zu publizieren 3: Aufgrund einer veränderbaren Verpflichtung zu publizieren 4: Aufgrund einer Verpflichtung (Gesetz, EU-Vorschrift oder Vertrag) bereits publiziert (z. B: INSPIRE, Umweltinformationsrichtlinie 2003/4/EG,…) 5: Aufgrund einer schwer änderbaren Verpflichtung (Gesetz, EU

Vorschrift oder Vertrag) zu publizieren (z. B: INSPIRE,

Umweltinformationsrichtlinie 2003/4/EG,…)

Sollten einzelne Kriterien mit 0 bewertet werden (rot gekennzeichnet), so sind das Ausschließungsgründe für eine Veröffentlichung. Kriterien, bei denen 0 nicht vorkommt, können zwar ebenso wenige Punkte erhalten, dies stellt allerdings keinen Ausschließungsgrund dar. Falls im ersten Schritt aufgrund einer zu geringen Bewertung von einer Veröffentlichung abgesehen wird, müssen Maßnahmen zur Erhöhung der Datenqualität getroffen werden. Im Anschluss kann eine erneute Bewertung durchgeführt werden.

Die fehlende Gewichtung der Kriterien impliziert einen gleichen Stellenwert jedes Kriteriums. Dies ist eine vereinfachende Annahme, die allerdings für das interne Datenmonitoring ausreicht. Es handelt sich um eine Einschätzung eines Datensatzes, die dabei helfen soll, Datensätze zu identifizieren, die sich (vorrangig) für eine Veröffentlichung eignen. Es ist allerdings auch einfach, je nach Präferenz den Kriterien unterschiedliche Gewichtungen zu verleihen.

Bei der Einschätzung zum Kriterium „Person- oder Unternehmensbezug“ hilft auch das datenschutzrechtliche Prüfschema (siehe Abbildung 8):

Abbildung 8: Datenschutzrechtliches Prüfschema

Quelle: Klassifikation von Informationen für PSI-Umsetzung, S. 9 38

38 Siehe http://reference.e-government.gv.at/fileadmin/_migrated/content_uploads/psi-klassifikation_1-0-0_20150622.pdf [Download: 2016-07-15].

1.3 Maßnahme: Erhöhung der Datenqualität

Die Verwaltung hat bei niedrig bewerteten Kriterien in vielen Fällen die Möglichkeit, Rahmenbedingungen zu ändern, um zumindest mittelfristig eine Veröffentlichung anzustreben. So könnte (und sollte) wo immer möglich ein Recht auf Weiterverwendung und Veröffentlichung von Informationen und Dokumenten bei Vergabe von Aufträgen an Externe sichergestellt werden. Ist die Datenqualität schlecht, können verbesserte Methoden der Datensammlung und Datenverarbeitung eingeführt werden, um die Qualität zu steigern. Auch kann eine Veröffentlichung von Daten durchaus auch dabei helfen, deren Qualität weiter zu verbessern. Wichtig ist hier, stets Rückkanäle zu etablieren, damit User einfach Kontakt mit den für einen Datensatz Zuständigen aufnehmen können 39 . Darüber hinaus beschäftigt sich eine SubArbeitsgruppe der Cooperation OGD Österreich mit Fragestellungen zur Datenqualität 40 und Ausarbeitungen dazu sind im Rahmen des Projektes ADEQUATe verfügbar 41 .

Zehn Prinzipien von Open Government Data

Acht OGD-Prinzipien wurden in den USA bereits Ende 2007 von Open GovernmentFürsprecherInnen formuliert, von der Sunlight Foundation erweitert und zehn Prinzipien herausgearbeitet. 42 Das KDZ und die Stadt Wien haben diese Prinzipien an die österreichischen Rahmenbedingungen angepasst.

Bei der Veröffentlichung von offenen Daten sind folgende OGD-Prinzipien grundsätzlich einzuhalten. Sollte die Einhaltung einzelner Prinzipien nicht möglich sein, so ist dies zu begründen und dem Open-Government-Kompetenzzentrum zur Genehmigung der Ausnahme vorzulegen.

Tabelle 3: Zehn Prinzipien von Open Government Data

Prinzip

1. Vollständigkeit und Datenschutz

Erläuterung

Von der Verwaltung veröffentlichte Datensätze sind so vollständig wie möglich, sie bilden den ganzen Umfang dessen ab, was zu einem bestimmten Thema dokumentiert ist. Metadaten, die die Rohdaten beschreiben und erklären, werden zusammen mit Formeln und Erklärungen zur Berechnung der Daten ebenfalls mitgeliefert. Dies wird den BenutzerInnen erlauben, die Ausrichtung der verfügbaren Information zu verstehen und jedes Datenelement mit dem größtmöglichen Detailreichtum zu untersuchen.

Personenbezogene Daten sind von der Veröffentlichung

grundsätzlich ausgenommen. Sofern die Gefahr besteht, dass durch die veröffentlichten Informationen Rückschlüsse auf Individuen gezogen werden könnten, ist vor der Veröffentlichung das OGD-Steuerungsgremium zu informieren, das über die Freigabe entscheidet.

Erfüllt? (ja bzw. Begründung)

39 Bezüglich Rückkanäle siehe auch www.w3.org/2013/share-psi/bp/ef/ [Download: 2016-07-15] 40 www.data.gv.at/wp-content/uploads/2012/03/Mission-Statement-AG-Qualitaetssicherung-OpenData-Portale.pdf [Download: 2016-07-15]. 41 Ausarbeitungen bezüglich Datenqualität des ADEQUATe-Projekts: www.adequate.at/publications-open-material/ [Download: 2016-07-15]. 42 OpenGovData.org, 2007. 8 Principles of Open Government Data: https://opengovdata.org. Sunlight Foundation: Ten Principles for Opening Up

Government Information: http://sunlightfoundation.com/policy/documents/ten-open-data-principles [Download: 2016-07-15].

Prinzip

2. Primärquellen

Die Daten werden von der Verwaltung an ihrem Ursprung gesammelt und veröffentlicht. Dies geschieht mit dem höchstmöglichen Feinheitsgrad, nicht in aggregierten oder sonst wie modifizierten Formaten.

Erfüllt? (ja bzw. Begründung)

3. Zeitliche Nähe

4. Leichter Zugang

5. Maschinenlesbarkeit

6. Diskriminierungsfreiheit

7. Die Verwendung offener Standards

8. Lizenzierung

9. Dauerhaftigkeit

10. Nutzungskosten

Erläuterung

Von der Verwaltung veröffentlichte Datensätze stehen der Öffentlichkeit innerhalb eines angemessenen Zeitraums möglichst aktuell zur Verfügung. Sie werden veröffentlicht, sobald sie erhoben und zusammengestellt wurden. Daten, die in Echtzeit vorliegen, werden über eine Programmierschnittstelle (API) veröffentlicht.

Von der Verwaltung veröffentlichte Datensätze sind möglichst einfach und barrierefrei zugänglich. Physischen Hürden (z. B. die Notwendigkeit, persönlich ein bestimmtes Büro aufzusuchen oder die Anforderung, bestimmte Abläufe zu erfüllen) sowie technische Hürden (z. B. Zugang zu Daten nur über ausgefüllte Eingabemasken oder Systeme, die browserorientierte Technologien wie etwa Flash, Javascript, Cookies oder Java Applets erfordern) werden vermieden. Daten werden in etablierten Dateiformaten abgespeichert, die leicht maschinenlesbar sind, sodass eine automatisierte strukturierte Verarbeitung möglich ist. Die Nutzung unterschiedlicher Dateiformate ist empfehlenswert. Wenn andere Faktoren den Einsatz schwer maschinenlesbarer Formate erfordern, sollten die Daten zusätzlich in maschinenfreundlichen Formaten verfügbar sein. Dateien sollen von einer Dokumentation begleitet werden, die sich auf das Format bezieht und darauf, wie es in Bezug auf die Daten verwendet werden kann. Jede Person kann zu jeder Zeit auf die Daten zugreifen, ohne sich identifizieren oder eine Rechtfertigung für ihr Handeln abgeben zu müssen. Anmerkung: Hier wird nicht „Barrierefreiheit“ subsumiert. Die Formate, in denen die Verwaltung Daten veröffentlicht, sind möglichst offene Standards, über die keine juristische Person die alleinige Kontrolle hat (siehe „OGD-Formate“). Hierbei orientiert sich die Verwaltung an Standards, die durch Gremien, wie das World Wide Web Consortium (W3C) entwickelt wurden, bzw. an Konventionen der österreichischen BLSG bzw. Empfehlungen der SAGA 43 in Deutschland.

Die Verwaltung veröffentlicht offene Verwaltungsdaten unter der Lizenz: Creative Commons Namensnennung 3.0 Österreich (CC BY 3.0). http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/at/deed.de. Von der Verwaltung veröffentlichte Informationen sind umfassend mit Metadaten dokumentiert und über lange Zeit hinweg zu finden. Einmal online gestellte Informationen werden mit angemessener Versionskontrolle versehen und dauerhaft archiviert.

Durch die Festlegung der Verwendung der Lizenz: Creative Commons Namensnennung 3.0 Österreich (CC BY 3.0) ist die Erhebung von Nutzungskosten derzeit nicht vorgesehen. Quelle: KDZ, 2016, eigene Darstellung.

43 Standards und Architekturen für E-Government-Anwendungen: www.cio.bund.de/Web/DE/Architekturen-und-Standards/SAGA/saga_node.html [Download: 2016-07-15].

OGD-Formate

OGD-Formate sollten grundsätzlich offene Formate sein. Das bedeutet, dass publizierte Spezifikation existieren und die Formate ohne rechtliche Einschränkungen genutzt werden können. Die Entwicklung offener Formate steht üblicherweise unter der Aufsicht eines nichtproprietären Gremiums. Einen Überblick über typische offene Formate, die sich für OGD eignen, bietet die Version 2 des Open-Government-Vorgehensmodells bzw. der österreichische OGD Metadatenstandard 44 . Es sollten stets auch einfache Formate wie CSV-Dateien angeboten werden, die von Interessierten ohne Programmieraufwand direkt maschinell verarbeitet werden können.

Erweitertes 5-Sterne-Modell

Der Begründer des WWW und Direktor des W3C-Konsortiums Tim Berners Lee hat für Open Government Data ein sogenanntes 5-Sterne-Modell entwickelt, welches zum Ziel hat, eine Linked-Government-Data-Infrastruktur auf Basis von offenen W3C-Standards namens Linked Open Data anzubieten. 45 Als Ergänzung zum Modell wird mitunter bereits ein sechster Stern für die Beschreibung der Daten mit Metadaten genannt 46 , allerdings ist dies auch bereits möglich, bevor der vierte Stern erreicht ist. Daher folgen wir dem Vorschlag des Data Market Blog für eine Ergänzung um 3,5-Sterne: 47

Tabelle 4: Erweitertes 5-Sterne-Modell

Erweitertes 5-Sterne-Modell

1 Stern: Daten im Web mit offener Lizenz (Format egal) 2 Sterne: Daten in strukturiertem Format (z.B. Excel) 3 Sterne: Daten in strukturiertem, offenem Format (z.B. CSV statt Excel) 3,5 Sterne: konsistente Formate, dokumentierte Metadaten, maschinenlesbare Verzeichnisse 4 Sterne: Verwendung eindeutiger URLs zum Verlinken von Datensätzen 5 Sterne: Verlinkung der eigenen Daten mit anderen Daten Quelle: KDZ, 2016, in Anlehnung an Gislason. Eigene Darstellung.

Datenstandards

Qualitativ hochwertige Statistiken können letztlich nur auf einer adäquaten Methodik basieren. Dies erfordert den Einsatz geeigneter Instrumente und Verfahren sowie eine entsprechende stringente Definitionslogik. Bereits bei Freigabe der Rohdaten muss darauf geachtet werden, entsprechende Normen und Standards in den Datensätzen zu verwenden. Dies ist eine Angelegenheit der Data Governance (siehe Kapitel 1.7).

44 Vorgehensmodell, V2: www.kdz.eu/de/file/11397/download, OGD Metadaten: http://reference.e-government.gv.at/OGD-Metadaten-2- 3.3269.0.html [Download: 2016-07-15]. 45 Kaltenböck; Thurner: Open Government Data Weißbuch, 2011: https://issuu.com/semwebcomp/docs/ogd_weissbuch_201 1_web [Download: 2016-07-15]. 46 Siehe z. B. Voss; Schönert: Open Government Data für Kommunen, 2012. 47 Berners-Lee http://5stardata.info/de/ [Download: 2016-07-15] Im Data Market Blog (Gislason, 2012) wurde eine Erweiterung um 3,5-Sterne vorgeschlagen siehe http://blog.datamarket.com/2012/05/25/tim-berners-lees-missing-star-2 [Download: 2016-07-15].

Tabelle 5: Datenstandards

Richtlinie Beschreibung

1. Bezeichnung der Datensätze Die Orientierung an den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen, internationalen Normen und Standards, Leitlinien und Best-PracticeLösungen wird empfohlen. Bei der Bezeichnung der Datensätze ist darauf zu achten, dass die territoriale (lokale) Eindeutigkeit sicher gestellt (nach IATA: VIE, SZG;) und mit inhaltlichen Themenschwerpunkten gekoppelt ist (max. drei Themenfelder). Siehe www.nationsonline.org/oneworld/IATA_Codes/airport_code_v.htm 2. Spalten der CSV-Tabellen Die Spalten der CSV-Tabellen sind dahingehend zu normieren, dass – wo möglich – dreistellige Buchstabenkombinationen aus den entsprechenden englischen Fachbegriffen (age group => age_grp; population men => pop_men etc.) abgeleitet werden. Siehe: www.demopaedia.org Bei Staatsangehörigkeit, Geburtsland oder Migrationshintergrund an die „ISO 3166-1 alpha-3-code“-Normierung (z.B. POP_DEU) richten. Siehe: https://en.wikipedia.org/wiki/ISO_3166-1_alpha-3 3. Territoriale Zuordnung Auch hier gilt eine normierte, international abgestimmte Vorgehensweise (z.B. NUTS2, NUTS3, LAU1, LAU2) 48 . Die territoriale ID-Kennzeichnung richtet sich nach den offiziell getroffenen internationalen Festlegungen, die direkt für geographische Informationssysteme oder für den Import in Datenbanken herangezogen werden können. Bei manchen Kategorien bedarf es noch einer akkordierten Abstimmung und eines aktiven Begutachtungsprozesses und indirekten Qualitätssicherung mit externen EntwicklerInnen. Thematische Kategorien sind letztlich inhaltlich abzustimmen (fünfjährige Altersgruppen, breite Altersgruppen).

Die Ebenen der Strukturierung der territorialen Zuordnung und der Merkmale sind festzulegen und bei allen Datensätzen zu berücksichtigen, z.B. : Paket 1: Land – Alter – Geschlecht Paket 2: Bezirk – Geschlecht Paket 3: Zählbezirk – Geschlecht Paket 4: Prognosegebiet – Geschlecht Quelle: Stadt Wien, 2016.

1.4 Maßnahme: Erstellen eines Phasenplans

Empfehlenswert sind die Planung von quartalsweisen Phasen für die Datenveröffentlichung und die Bekanntgabe der Daten für die spätestmögliche Meldung bzw. Lieferung von neuen Datensätzen. Bis zum Einreichschluss soll die Meldung über einen neuen Datensatz an das Open-Government-Kompetenzzentrum erfolgen. Empfehlung: ca. ein Monat vor Veröffentlichung. Bis zum Redaktionsschluss sollen alle relevanten Daten inkl. der Metadaten und eine Beschreibung als Prosainformation für das Marketing auf einer Website in der Web-Redaktion einlangen, Empfehlung: ca. zwei Wochen vor Veröffentlichung.

48 Siehe www.statistik.at/web_de/klassifikationen/regionale_gliederungen/nuts_einheiten/index.html [Download: 2016-07-15].

Tabelle 6: Muster eines Phasenplanes

Phase 1 Phase 2 Phase 3 Phase 4

Einreichschluss 01.03.2016 31.05.2016 02.09.2016 15.11.2016 Redaktionsschluss 15.03.2016 14.06.2016 13.09.2016 29.11.2016 Veröffentlichung 29.03.2016 28.06.2016 27.09.2016 1 3.12.2016

Quelle: Stadt Wien, 2016.

Abbildung 9: Beispiel für einen Datenkatalog inkl. Bewertung und Phasenplanung

Quelle: Stadt Wien, 2012.

1.5 Maßnahme: Erfassen der Metadaten

Möglichst frühzeitig sollte auf die Berücksichtigung von fachspezifischen Metadaten bzw. der Metadaten-Konvention für Open-Government-Data-Portale geachtet werden.

Metadaten-Standards

Einen Überblick über Metadaten-Standards bietet die Cooperation OGD Austria mit der Gegenüberstellung der OGD Metadaten Österreich, Deutschland und Schweiz. 49 Der

49 Cooperation OGD Österreich: Gegenüberstellung der OGD Metadaten Österreich, Deutschland und Schweiz, 2015.

österreichische Metadatenstandard wurde maschinenlesbar unter http://ogdcockpit.eu/index.php?title=Kategorie:Metadaten umgesetzt, der deutsche teilweise unter http://krzn.ogdcockpit.eu/Metadaten. Weitere Informationen zum deutschen Metadatenstandard sind hier zu finden: www.govdata.de/standardisierung

Mittlerweile gibt es mit DCAT-AP einen europäischen Standard für Metadaten in Datenportalen: https://joinup.ec.europa.eu/asset/dcat_application_profile. Darüber hinaus ist das Open Metadata Handbook sowie der W3C Working Draft interessant. 50

In Analogie zum Reifegrad des erweiterten 5-Sterne-Modells schlägt ISA ein Reifegradmodell für das Metadatenmanagement vor 51 :

Tabelle 7: Reifegradmodell für Metadatenmanagement

Reifegrad Beschreibung

Stufe 1 – ignorierte Metadaten Es sind keine Metadaten vorhanden. Stufe 2 – verstreute/versperrte Metadaten

Stufe 3 – offene Metadaten für Menschen Metadaten sind teilweise beschrieben, allerdings nicht an einer strukturierten Stelle abrufbar und frei verwendbar.

Metadaten sind dokumentiert und verwendbar, allerdings nicht in wiederverwendbaren Formaten, z. B. PDF-Dokumenten

Stufe 4 – offene, wiederverwendbare Metadaten

Metadaten werden zentral verwaltet und als offene Metadaten in maschinenlesbaren Formaten und/oder über eine API verfügbar gemacht. Stufe 5 – linked open Metadata Linked Metadata werden verwendet (siehe https://joinup.ec.europa.eu/asset/page/practice_aids/linked-metadata) und mit einem Metadata-Management-System verwaltet. Quelle: ISA, 2012. Eigene Darstellung KDZ, 2012.

Es wird ein möglichst hoher Reifegrad im Metadatenmanagement angestrebt (siehe Tabelle 7).

1.6 Maßnahme: Aufsetzen eines Datenportals

Das Open-Government-Data-Portal ist die zentrale Ansprechstelle für offene Daten. Die Metadaten über die veröffentlichten Datensets können zusätzlich in anderen Datenportalen verfügbar gemacht werden, die eigentlichen Daten können je nach Größe der Verwaltung in eigenen Datenportalen gehalten werden. 52

Für die Einrichtung von Datenportalen gibt es (je nach Größe und Möglichkeiten der Organisation) folgende Möglichkeiten:  Vollständiges eigenes Datenportal. Hier bietet es sich an, die international verwendete und von der Cooperation OGD Österreich empfohlene Open-Source-Lösung CKAN 53 auf

50 http://en.wikibooks.org/wiki/Open_Metadata_Handbook [Download: 2016-07-15], W3C: Publishing Open Government Data, 2009. 51 ISA: Towards Open Government Metadata, 2012. 52 Siehe auch www.w3.org/2013/share-psi/bp/portal/ [Download: 2016-07-15]. 53 http://ckan.org bzw. als Alternativen DCAN www.drupal.org/project/dkan, Apache Marmotta http://marmotta.apache.org, Semantic MediaWiki www.semantic-mediawiki.org oder auch kommerzielle Systeme wie www.socrata.com, www.opendatasoft.com https://datapress.com/ [Download: 2016-07-15].

einem eigenen Server einzusetzen. Mit CKAN kann sowohl ein eigener Metadatenkatalog als auch die Datenhaltung durchgeführt werden. Gemeinschaftliches Datenportal. Es gibt unterschiedliche Betreibermodelle für Datenportallösungen, von privaten Unternehmen über Anbieter aus dem öffentlichen Umfeld, wie etwa kommunale Rechenzentren oder Verwaltungskooperationen. In Österreich betreibt das Bundesrechenzentrum mit data.gv.at das Datenportal für Österreichische Verwaltungen, das die Nutzung inklusive eigenem Datenauftritt über eine Cloud-Lösung ermöglicht. Datenportal auf der eigenen Website, separater Metadatenkatalog. Vor allem kleinere Organisationen können Daten auf der eigenen Website zum Download anbieten (z. B: CSV-Files). Die Metadaten können in das österreichische Datenportal eingepflegt werden, das zum Zugriff auf die Daten dann auf die URLs der jeweiligen Datensätze auf der eigenen Website verweist oder alternativ können auch die Daten auf data.gv.at gespeichert und auf dem eigenen Datenauftritt (=individualisierbare Subseiten von data.gv.at) zugänglich gemacht werden. Das Fehlen einer geeigneten DatenportalLösung kann eher als Übergangslösung angesehen werden. In der Regel werden die eigenen Websites nicht die Anforderungen an moderne Datenportale erfüllen können (siehe unten „Eigenschaften eines Datenportals“).

In einigen Verwaltungen existieren bereits auch Portallösungen, die um Funktionen eines offenen Datenportals erweitert werden können. 54

Eigenschaften eines Datenportals

Eine CSC-Studie listet folgende Kriterien für die Nutzerorientierung von Datenportalen: FAQ, Hilfeseiten, Metadaten, Nutzerfeedback für die Website, Nutzerfeedback für die Daten, Integration zu Social-Media-Angeboten, RSS, Forum, Apps (Nutzer können eigene Apps auf die Plattform hochladen) 55 . Folgende Eigenschaften eines Open-Government-Data-Portals können genannt werden: Auffindbarkeit, Standardschnittstellen, quellenübergreifende Standardformate, Verknüpfbarkeit und Widgets. 56

1.7 Maßnahme: Data Governance etablieren

Im Public Management hat bisher ein fokussierter Blick auf die Datenhaltungen des öffentlichen Sektors gefehlt. 57 Durch den Trend zur Freigabe von Daten in Open-Government-Data-Portalen zeigt sich eine Steuerungslücke. Das Vorgehensmodell ist ein Beitrag dazu, diese Lücke zu schließen.

Das Erstellen von Datenkatalogen, das Durchführen von Bewertungen im Rahmen des internen Datenmonitorings und die Planung und Durchführung von Freigabezyklen in der ersten Phase von Open Government stellt einen Beitrag zu Datenmanagement und Data Governance als neue Disziplin im Public Management dar, die sich auch im privatwirtschaftlichen Bereich erst in den letzten Jahren etabliert hat. Wesentliches Unterscheidungsmerkmal zu den

54 Siehe z. B. www.duva.de oder www.statcube.at [Download: 2016-07-15]. 55 CSC: Unbekannte Gewässer, 2011, S. 24. 56 Blumauer: Open Government Data publizieren, 2011. Noch ausführlicher widmen sich der Frage der Gestaltung von OGD-Portalen Klessmann et al: Open Government Data Deutschland, 2012. 57 Zum Verhältnis von Open Government und Public Management siehe auch Krabina, 2010 und 2011.

privatwirtschaftlichen Bestrebungen ist der Aspekt von Open Data – also der offenen und (meist) kostenlosen Freigabe dieser Daten. Dieser Aspekt spielt in der Privatwirtschaft im Datenmanagement (noch) eine untergeordnete Rolle, da die Daten dort in der Regel eine der wichtigsten zu schützenden Ressourcen darstellen. Hier kann der öffentliche Sektor eine Vorreiterrolle einnehmen. Denn die Freigabe von Daten als Quelle der Wertschöpfung durch Unternehmen ist eine ebenso neue Disziplin. 58 Seit 2014 existiert ein erstes Datenportal für Nichtregierungsdaten: www.opendataportal.at (siehe auch Kapitel 1.1 „Open Business Data“).

Data Governance bildet die Grundlage für ein unternehmensweit abgestimmtes Datenmanagement und macht die effiziente Nutzung vertrauenswürdiger Daten erst möglich. Regeln, Organisation, Prozesse, Datenarchitektur und Technik bilden die Grundlage zur Erreichung der „Data Governance“-Ziele. Hauptfunktionen dafür sind Daten- und Informationsmanagement, Metadatenmanagement, Content Management und auch Datenschutzrichtlinien. Mit Data Governance können Daten und Prozesse innerhalb der Organisation besser koordiniert und eine Erhöhung der Skalierbarkeit der IT-Landschaft durch klare Regeln geschaffen werden. Eine Optimierung der Datenverwaltungskosten sowie eine Steigerung der Effizienz durch Nutzung von Synergieeffekten ist das zentrale Ziel von Data Governance. 59

Abbildung 10: Data Governance Rollenmodell

Quelle: Lebhart, et al.: Data Governance, 2013.

58 Mehr dazu siehe Tapscott: Wikinomics, 2007 und Government 2.0, 2009. 59 Siehe Lebhart, et al.: Data Governance, 2013.

Evaluierung und Weiterentwicklung

Für die Absicherung der Nachhaltigkeit der Open-Government-Data-Initiative ist es nötig, Indikatoren zur Erfolgsmessung der Initiative zu entwickeln und diese laufend zu überwachen. 60 Spätestens nach der ersten Veröffentlichung von Daten sollten Vorkehrungen dafür getroffen werden, dass die Aktualisierung des Datenkatalogs, die Bewertung von Datensätzen und der Veröffentlichungsprozess in die Standard-Prozesse der Verwaltung integriert werden:

IT-Systeme: IT-Systeme (z. B: Fachanwendungen) können so erweitert werden, dass Daten automatisiert bzw. teilautomatisiert auf dem OGD-Portal publiziert werden können, um den manuellen Aufwand der Veröffentlichung zu reduzieren. Ein Beispiel für einen offenen Standard, den Ratsinformationssysteme unterstützen sollten, ist OParl. 61 Projekte: Bei neuen Projekten sollte die Frage des Datenmanagements gleich berücksichtigt werden. (Welche Daten fallen im Projekt an?) Prozesse: Neben Prozessen für die Veröffentlichung der Daten sind auch Prozesse für die Rückmeldungen zu Datensätzen zu implementieren (Beschwerde- bzw. Anliegenmanagement).

Eine Fraunhofer-Studie spricht folgende Handlungsempfehlungen für die Bereitstellung offener Daten aus, die im Rahmen der Weiterentwicklung des eigenen Open-Data-Angebots hilfreich sein können: 62  Etablierung einer Qualitätskultur für offene Daten  Verbesserung der Qualität der beschreibenden Metadaten  Unterstützung der öffentlichen Verwaltung durch Open Data Publisher Werkzeuge  Abbau von Medienbrüchen in der öffentlichen Verwaltung  Open Data Beauftragte in der öffentlichen Verwaltung etablieren  Veröffentlichung von Echtzeitdaten und Sensordaten als Open Data ausbauen  Einbeziehung privater und offener Daten jenseits von Open Government Data

Das OGD Stage Model bietet einen guten Anhaltspunkt für die Weiterentwicklung: 63  Aggregation von Verwaltungsdaten: diese Stufe ist erreicht, sobald erste Daten einer Behörde verfügbar gemacht worden sind  Integration von Verwaltungsdaten: hier geht es um die Frage, welche Stelle wo Daten in welcher Qualität veröffentlicht. Ein zentrales Datenportal wie data.gv.at bietet zwar einen zentralen Veröffentlichungspunkt, es sollte aber in der nächsten Stufe eine Koordination darüber stattfinden, welche Verwaltungsebene welche Daten veröffentlicht. Ein wichtiger Aspekt dabei ist auch die Nutzung von Daten anderer öffentlicher Stellen.  Integration von Verwaltungsdaten mit Nicht-Verwaltungsdaten: hierbei kann auf die Kapitel zu Linked (Open) Data und Open Business Data verwiesen werden.  Integration von Verwaltungsdaten mit Nicht-Verwaltungsdaten und Daten aus sozialen Medien / smarten Daten: Im diesem Schritt sehen die Autoren die Integration von Verwaltungsdaten mit Daten sozialer Medien (z. b. Facebook oder Twitter) vor, man

60 Das Open-Government-Implementation Model von Lee/Kwak, 2011 liefert Vorschläge für Indikatoren in den jeweiligen Phasen. Siehe auch

Höchtl, et. al: Evaluation der Umsetzung der OGD-Strategie der Stadt Wien, 2012. 61 https://oparl.org/ [Download: 2016-07-15]. 62 Eckert/Flügge/Gauch: Open Data Analytics as a Service, 2014 bzw. weiterführend auch www.w3.org/2013/share-psi/bp/hm/ [Download: 2016- 07-15] 63 Kalampokis/Tambouris/Tarabanis: Open Government Data Stage Model, 2011.

kann allerdings auch auf ganz neue Datenquellen aus den Themen Smart City/Smart Governance verweisen (siehe Kapitel III „Ausblick“).

Abbildung 11: Open Government Data Stage Model

Quelle: Kalampokis/Tambouris/Tarabanis: Open Government Data Stage Model, 2011.

Exkurs: IT-Unterstützung in Phase 1

In der Phase 1 stehen zwar wie erwähnt Softwarelösungen für den Betrieb von OGD-Portalen zur Verfügung, für die Phase vor der Veröffentlichung von Daten (Vorbereitungsphase) gibt es derzeit aber noch keine maßgeschneiderte Unterstützung. In den aktuellen Projekten wurden folgende Komponenten intern eingesetzt:  Tabellenkalkulationsprogramme, (z. B. Microsoft Excel oder LibreOffice Calc) die zur Zusammenstellung des Datenkatalogs und zum Durchführen des internen Datenmonitorings dienen können. Beispiele dafür sind unter www.kdz.or.at/de/opengovernment-vorgehensmodell abrufbar.  Content-Management-Systeme, (z. B. Drupal oder Wordpress), die häufig in den Verwaltungen für die Gestaltung der Verwaltungshomepages verwendet werden.  Datenbanken, die die verteilte Pflege eines Datenkatalogs ermöglichen und für den Anwendungsfall konfiguriert werden müssen.  Collaboration-Tools (z. B. Semantic MediaWiki), die Datenbankfunktionen bieten, jedoch den Schwerpunkt auf einer einfachen, standortunabhängigen und kollaborativen Erfassung und Pflege des internen Datenkatalogs bieten. Ein Beispiel dafür ist das OGD Cockpit: www.ogdcockpit.eu

Mit einem Datencockpit kann die Erfassung, Bewertung und Pflege von Datenbeständen erleichtert werden. In einem Kooperationsprojekt der Städte Bonn, Köln und Linz wurde das OGD-Cockpit entwickelt, das in der Stadt Bonn auch bereits unter http://ogdcockpit.bonn.de in den Regelbetrieb übernommen wurde.

Abbildung 12: OGD Cockpit

Quelle: www.ogdcockpit.eu [Download: 2016-07-15]

Das Land Brandenburg entwickelt diese Idee als Prototyp für alle Kommunen des Landes.

Abbildung 13: OGD-Cockpit des Landes Brandenburg

Quelle: KDZ, 2016.

1.8 Beispiele und weiterführende Informationen

Beispiele Beispiele für bestehende Datenportale

- Österreich: https://data.gv.at - Deutschland: www.govdata.de - Schweiz: https://opendata.swiss - Datenportal der EU: https://open-data.europa.eu - Europäisches Datenportal: www.europeandataportal.eu (harvestet europäische

Datenportale) - International: www.datacatalogs.org und http://thedatahub.org - USA: http://data.gov, UK: http://data.gov.uk

Beispiele für Indizes

- Open Data Monitor: http://opendatamonitor.eu - Open Data Barometer: http://opendatabarometer.org - Global Open Data Index: http://index.okfn.org/ bzw. http://index.okfn.org/place/ - Digitaler Offenheitsindex: www.do-index.org - Open Data Index: http://webfoundation.org/2012/09/introducing-the-open-data-index/ - OECD OUR Data Index: http://dx.doi.org/10.1787/gov_glance-2015-70-en

Beispiele für Datenaufbereitungen und -visualisierungen von öffentlichen Stellen

- Offenerhaushalt.at: www.offenerhaushalt.at - Bundeshaushalt Deutschland: www.bundeshaushalt-info.de - Basemap.at: www.basemap.at - Stadtregionen.at: www.stadtregionen.at - Destatis.de „Interaktiv und anschaulich“: www.destatis.de/DE/Service/InteraktivAnschaulich/InteraktivAnschaulich.html

Weiterführende Informationen

Open Data Goldbook for Data Managers and Data Holders: www.europeandataportal.eu/en/providing-data/goldbook Open Government Data Weißbuch (Österreich): https://issuu.com/semwebcomp/docs/ogd_weissbuch_201 1_web Dokumente der Cooperation OGD Austria unter http://reference.egovernment.gv.at/Open-Government-Data.2771.0.html Studie „Open Government Data Deutschland“: www.bmi.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2012/mitMarginalspalte/07/openg overnment.html Berlins Open Data Strategie: www.berlin.de/projektzukunft/ikt-wirtschaft/egovernment/berlins-open-data-strategie/ Studie Open Data Köln: www.fokus.fraunhofer.de/download/Open_Data_Koeln Open Government Data Studie Deutschland: www.open-data-studie.de Open Data. The Benefits. Das volkswirtschaftliche Potential für Deutschland: www.kas.de/wf/de/33.44906/ Open Government Data Studie Schweiz: http://opendata.ch/2012/07/05/ogd-studieschweiz-verfugbar-download/

Open Data in Kommunen: Positionspapier von DStGB, KGSt und Vitako 5/2014: www.vitako.de/Publikationen/Documents/Positionspapier%20Open%20Data%20Vitako_ KGSt_DStGB.pdf Open Data. Die wichtigsten Fakten zu offenen Daten www.kas.de/wf/de/33.44530/ und Open Data aus internationaler Perspektive: www.kas.de/wf/de/33.45742/ Bundeszentrale für politische Bildung: www.bpb.de/gesellschaft/medien/opendata/ Open Data Charter der G8: www.gov.uk/government/publications/open-data-charter/g8- open-data-charter-and-technical-annex Vision eines Daten-Ökosystems im Raum D-A-CH-LI: www.data.gv.at/wpcontent/uploads/2015/05/OGD-D-A-CH-LI-Daten-Oekosystem-VISION-1.pdf Open Data Research Network: www.opendataresearch.org Open Government Data Maturity Model: https://razor.occams.info/pubdocs/ogdmatmodel.html Open Data Impact: http://odimpact.org/static/files/open-data-impact-key-findings.pdf OECD: www.oecd.org/gov/digital-government/open-government-data.htm European Public Sector Information Platform: http://epsiplatform.eu PSI-Richtlinie in Österreich: http://reference.e-government.gv.at/ProjektabschlussUPSIR-Umset.3334.0.html Data Governance: DAMA-DMBOK2 Framework: www.dama.org bzw. https://technicspub.com/dmbok/

2 Phase 2 – Offene Partizipation

Offene Partizipation besteht aus der Nutzung sozialer Medien in verschiedenen Einsatzfeldern, insbesondere auch in Verbindung mit klassischen BürgerInnenbeteiligungsprojekten. Unter sozialen Medien versteht man Blogs und Mikroblogs (z. B. Twitter), Kollektivprojekte (z. B. Wikipedia), soziale Netzwerke (z. B. Facebook), Content Communities (z. B. YouTube), virtuelle soziale Welten (z. B. Second Life) und virtuelle Spielewelten (z. B. World of Warcraft). 64

Abbildung 14: Maßnahmen in Phase 2

Quelle: KDZ, 2016, eigene Darstellung.

2.1 Maßnahme: Social-Media-Strategie erstellen und umsetzen

Mergel, et. al (2013) unterscheiden folgende Dimensionen einer Social-Media-Strategie 65 :  Richtlinien (siehe auch Kapitel 0.3)  Organisationsmodelle (siehe Tabelle 8)  Einsatzfelder (siehe die folgenden Maßnahmen)  Taktiken (für den praktischen Einsatz von sozialen Medien)

64 Krabina: Soziale Medien, 2012. 65 Mergel, et. al: Praxishandbuch soziale Medien in der öffentlichen Verwaltung, 2013.

Tabelle 8: Organisationsmodelle für soziale Medien

Beschreibung

Vorteile

Organisch

Individuelle Anstrengungen entstehen unabhängig voneinander.

Bedürfnisse aller Abteilungen werden befriedigt.

Nachteile

Inkonsistent und höchstwahrscheinlich ohne offizielle Ressourcenausstattung

Zentralisiert

Eine Person oder Gruppe treibt die Einführung voran und setzt die Richtung fest.

Einführung kann schnell vorangetrieben werden, wenige Mitarbeiter notwendig.

Langsame Ausbreitung in der Organisation, ohne authentische Gemeinschaft, die hinter den Ideen steht.

Kooperativ

Eine Gruppe stellt Best Practices auf und führt die neuen Praktiken überall ein.

Best Practices verteilen sich schneller und gleichmäßig.

Konkurriert um limitierte Budgets und Aufmerksamkeit, Top-ManagementUnterstützung notwendig.

Personalausstattung

Vor allem von einzelnen Vorreitern, die als Experten angesehen werden Ein Vorreiter, der auch das gesamte Team zusammenhält. Abteilungsähnliche Koordination.

Geeignet für

Beispiele 66

Neue Anwender mit wenigen Mitarbeitern und limitierten Ressourcen Stark zentralisiert Verteilt operierende Organisationen

Stadt Wien, Stadt Hamburg Stadt Salzburg, Stadtpolizei Zürich Österreichisches Außenministerium, Bundeskriminalamt

Quelle: KDZ, 2016, erweitert nach Mergel, et al., 2013.

Als Leitfaden zur Erstellung einer Social-Media-Strategie kann das Vorgehensmodell der Freien und Hansestadt Hamburg dienen.

Abbildung 15: Vorgehensmodell für die Social-Media-Strategie

Quelle: Hamburg, 2012.

66 Dokumentation zu den Beispielen siehe Prorok/Krabina: Offene Stadt, 2012.

2.2 Maßnahme: Soziale Medien in Öffentlichkeitsarbeit und BürgerInnenservice nutzen

Soziale Medien werden bereits intensiv in der Kommunikation von Politik und Verwaltung genutzt. PR-Abteilungen und die Fachabteilungen für BürgerInnenservice bzw. BürgerInneninformation sind daher ein logischer Startpunkt für die Nutzung sozialer Medien. Auf dem Weg zur Gestaltung offener Partizipation können entweder in der Nutzung sozialer Medien in der Öffentlichkeitsarbeit erste Erfahrungen gesammelt werden bzw. auf bereits gemachte Erfahrungen zurückgegriffen werden. Dabei muss beachtet werden, dass die Öffentlichkeitsarbeit von Politik und Verwaltung mit der allgemeinen politischen Kommunikation in sozialen Medien verschwimmt. 67

2.3 Maßnahme: Soziale Medien im fachlichen Diskurs nutzen

Im Unterschied zur allgemeinen Organisationskommunikation, die den Öffentlichkeitsabteilungen bzw. der Organisationsleitung obliegen und der BürgerInneninformation, die häufig in BürgerInnenserviceeinrichtungen gebündelt sind, versteht Schulz (2012) unter fachlichem Diskurs die Kommunikation mit einer interessierten Fachöffentlichkeit über Fragestellungen, die der Aufgabenbeschreibung und Zuständigkeit des einzelnen Verwaltungsmitarbeiters zugeordnet werden können. 68

Im fachlichen Diskurs können einzelne, motivierte Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter ermutigt werden, soziale Medien für Ihren Aufgabenbereich einzusetzen. Darüber hinaus ist es empfehlenswert, einzelne Fachprojekte durch soziale Medien zu unterstützen. So können wertvolle Erfahrungen in den Fachabteilungen gesammelt werden. Hierzu zählt auch die Partizipation beim Aufbau eines Open Data Ökosystems. 69

2.4 Maßnahme: Interne Nutzung von sozialen Medien

Interne Kommunikation und neue Formen des Wissensmanagements profitieren von Mechanismen, die soziale Medien bieten. Die Stadt Wien betrieb seit März 2011 mit „wien.team“ 70 eine Art internes Facebook auf dem sich rund 16.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer vernetzen und in 66 Gruppen (davon 17 öffentliche und 14 teilöffentliche) diskutieren können.

67 Siehe dazu weiterführend Prorok/Krabina: Offene Stadt, 2012. 68 Schulz: Social-Media-Guidelines, 2012. 69 Siehe die Ausführungen zu den Aufgaben des Open-Government-Kompetenzzentrums in Kapitel 0.6 und weiterführend www.w3.org/2013/share-psi/bp/eode/, www.w3.org/2013/share-psi/bp/su/ und www.w3.org/2013/share-psi/bp/odbm/ [Download: 2016-07-15]. 70 Kostner/ Rederer/Rumpl: Soziale Medien in der Stadt Wien, 2012.

Abbildung 16: wien.team: internes soziales Netzwerk der Stadt Wien

Quelle: Kostner/Rederer/Rumpl, 2012.

Abbildung 17: Beispiele für Gruppen in wien.team

Quelle: Stadt Wien, 2016.

Im April 2016 erfolgte im Rahmen der Konzeption des Intranet 2.0 die Überführung in ein „kollaboratives Intranet“, das unter anderem folgende Funktionalitäten bietet:  Profil  Gruppen und Netzwerke (Vernetzungen)  Chat  Activity Stream  Gruppenkalender / Persönlicher Kalender  Personen- und Volltextsuche  Kommentare/Rating für Beiträge  Integrierte Wikis, BlogsResponsives Design

Abbildung 18: Das kollaborative Intranet der Stadt Wien

Quelle: Stadt Wien, 2016.

Stieglitz/Meske (2012) haben in einer Befragung bei Social-Media-Verantwortlichen der DAX-30- Unternehmen zum Thema interne Nutzung von Social Media ein Lifecycle-Modell herausgearbeitet. 71

71 Stieglitz/Meske, 2012.

Abbildung 19: Social-Media-Lifecycle

Quelle: Stieglitz/Meske, 2012.

Für die erfolgreiche Umsetzung empfehlen Sie:  Entscheidungs- und Designphase: Social-Media-Projekte benötigen eine klare Zielsetzung. Das Management hat die Aufgabe, den erwünschten Mehrwert durch die interne Nutzung von sozialen Medien klar zu definieren. Die Projekte sollten stets die eigene Unternehmenskultur und die existierenden Prozessabläufe berücksichtigen und langfristig angelegt sein.  Einführungs- und Betriebsphase: Die gezielte Nutzung der Vorbildfunktion der Geschäftsleitung erhöht die Erfolgschancen des Projekts. Anreizsysteme können gerade in der Anfangsphase kritisch sein.  Analyse- und Bewertungsphase: Der Erfolg von Social Media lässt sich nur bedingt monetär bewerten und ist selten mit entsprechenden Projekten anderer Unternehmen vergleichbar. Das Fehlen klarer Zielvorstellungen erschwert die nachträgliche Bewertung.

2.5 Maßnahme: Partizipationsprojekte umsetzen

Partizipation ist kein neues Thema, vielmehr erfordern die technischen Möglichkeiten sowie die Dynamik sozialer Netzwerke grundlegende neue Betrachtungsweisen. Die Unterteilung in informative, konsultative und kooperative Öffentlichkeitsbeteiligung entstammt den Standards der Öffentlichkeitsbeteiligung in Österreich: 72

72 Lebensministerium: Standards der Öffentlichkeitsbeteiligung, 2011.

Abbildung 20: Informative, konsultative, kooperative Partizipationsprojekte

Quelle: Lebensministerium, 2011

Der Leitfaden zur Online-Konsultation der Bertelsmann-Stiftung enthält ein Phasenmodell und zeigt die einzelnen Schritte für die Vorbereitung, Umsetzung und Auswertung und benennt einige der zentralen Fragen, die sich im Laufe eines Beteiligungsprozesses ergeben können. 73

Abbildung 21: Leitfaden Online-Konsultation

Quelle: Koop, 2010

73 Koop: Leitfaden Online-Konsultation, 2010.

Gemäß dem Leitfaden "Praxisbuch Partizipation - Gemeinsam die Stadt entwickeln" 74 entscheiden zwei Faktoren maßgeblich über den Erfolg der Beteiligung: die Haltung zur Partizipation und die Technik bei der Beteiligung:  Dialog auf gleicher Augenhöhe  Perspektivenwechsel  Respektieren und ernst nehmen  „Die großen Fünf“: ehrlich, verlässlich, transparent, nachvollziehbar ... und mit einer Prise Leichtigkeit

Der Prozessplaner aus dem Leitfaden hilft, einen Beteiligungsprozess zu konzipieren. Im Beteiligungskonzept werden alle Punkte zusammengefasst, die beim Konzipieren des Prozesses festgelegt wurden:  den Gestaltungsspielraum und die Fixpunkte,  die Ziele,  den Rahmen und die Einflussfaktoren,  die Zielgruppen,  die Einflussmöglichkeiten,  das Prozessdesign mit den gewählten Beteiligungsmethoden,  die Rollen und Aufgabenteilung,  sowie den Nutzen, den der Beteiligungsprozess der Öffentlichkeit, der Verwaltung und der Politik bringen soll.

Wege zu wirksamer Partizipation

Die E-Partizipationstreppe bietet die Möglichkeit, bei der Konzeption von neuen Partizipationsmöglichkeiten aus strategischer Sicht (von oben nach unten) die nötigen Fragestellungen zu entwickeln oder aus operativer Sicht die „Treppe“ hochzugehen, z. B. im Zuge eines aktuellen Partizipationsprojekts oder der Evaluierung eines Projekts. 75

Abbildung 22: E-Partizipationstreppe

Quelle: Krabina, 2016.

74 Arbter: Praxisbuch Partizipation, 2013. 75 Krabina: The E-Participation Ladder, 2016.

Tabelle 9: Fragestellungen auf den Stufen zu wirksamer Partizipation

Stufe

Unkenntnis

Gleichgültigkeit

passive Partizipation

implizite Partizipation

aktive Partizipation

geplante Partizipation

effektive Partizipation

wirksame Partizipation Beschreibung Interventionspunkt Fragestellungen

TeilnehmerIn (TN) kennt die Partizipationsmöglichkeit nicht +Information

TN ist das Thema gleichgültig +wichtig nehmen +Meinung/Inhalt

TN hätte etwas beizutragen, setzt aber keine Aktion

TN setzt eine Aktion, aber ev. unbewusst +Aktion

+Bewusstsein/ Verbindung  Wie kann die fehlende Information den unterschiedlichen Zielgruppen zugänglich gemacht werden? `  Welche Zielgruppen sollten involviert werden?  Wo informieren sich diese Zielgruppen normalerweise?

 Wie können wir die erreichen, denen das Thema wichtig ist?  Wie können wir sicherstellen, dass die

Menschen das Thema wichtig nehmen?  Welche zusätzlichen Informationen sind nötig, um sich eine Meinung bilden zu können?  Welche Art von Inhalten könnten sie einbringen, die für unsere Ziele wichtig sind?  Wie können die Menschen motiviert werden, eine Handlung zu setzen?  Ist unser Angebot einfach genug zu verwenden?  Wie können wir die Menschen überzeugen, dass

Partizipation sich auszahlt?  Wie können wir die Möglichkeiten, die sie zum

Handeln haben, mit einem Ziel der Partizipation verbinden?  Wir können wir das System designen/nutzen, damit implizite Partizipation ermöglicht wird?

TN setzt eine bewusste Aktion über ein Interface seiner/ihrer Wahl +dediziertes Interface  Wie können wir sicherstellen, dass die TN unser dediziertes Interface verwenden bzw. das verwendete kennen?  Wie können wir das System einfach genug gestalten?

TN setzt eine Aktion im dedizierten Interface +Ziel/Agenda  Wie kommunizieren wir die Ziele der

Partizipation am besten?  Über welchen Zeitraum werden die TN bereit sein, dem Prozess zu folgen?  Welchen Zeitraum brauchen wir, um ausreichend Partizipation sicherstellen zu können?  Welche Phasen brauchen wir, was passiert wann?

Ziel/Agenda des Prozesses vorhanden und TN bekannt +Implementierung

 Wie können wir sicherstellen, dass die Ergebnisse verwertet und verwendet werden?  Wie können wir bereits zu Beginn kommunizieren, was mögliche Ergebnisse des Prozesses sein werden?  Wie können wir kommunizieren, was getan wurde und was sich nach der Partizipationsphase verändert hat? Ergebnisse der Partizipation werden umgesetzt und führen zu besseren öffentlichen Leistungen, verbesserten Programmen oder Projekten bzw. einer erfolgreichen und nachhaltigen Initiative. Quelle: Krabina, 2016.

Neben der E-Partizipationstreppe sollten auch die verschiedenen Typen von Internetnutzern unterschieden werden. Li/Bernoff (2009) gliedern in verschiedene, mehr oder weniger stark abgegrenzte Nutzertypen: 76  Schöpfer (Creators), die initiativ Inhalte erstellen und veröffentlichen;  Kritiker (Critics), die reaktiv und partizipativ Inhalte erstellen und veröffentlichen;  Sammler (Collectors), die Inhalte abonnieren, bewerten und strukturieren;  Mitglieder (Joiners), die Mitglied in online Social Networks sind;  Zuschauer (Spectators), die die Inhalte des Web 2.0 lediglich konsumieren, ohne aktiv etwas beizutragen und  Inaktive (Inactives), also Internetnutzer, die nicht am Social Web bzw. Web 2.0 teilnehmen.

Es ist daher naheliegend, für diese unterschiedlichen Nutzertypen auch in Social-Media oder Partizipationsprojekten unterschiedliche Angebote zu machen. Ullrich (2011) enthält eine Zusammenstellung über weitere Nutzertypologien. 77

Abbildung 23: Social-Media-Nutzertypen

Quelle: Ullrich, 2010.

76 Li/Bernoff: Groundswell, 2009. 77 Ullrich: Internet Nutzertypologien im Überblick, 2011. Siehe auch America’s Interested Bystander: https://civic.mit.edu/blog/erhardt/americasinterested-bystander-new-research-from-google-on-civic-duty [Download: 2016-07-15].

Partizipation und Open Government Data

Im Zuge der Implementierung eines OGD-Portals bietet es sich bereits an, die Stakeholder umfassend zu informieren und zu konsultieren. Beispiele dafür sind:  Durchführen von bzw. Teilnehmen an Community-Meetings für Feedback zu gewünschten bzw. bereits freigegebenen Datensätzen,  Durchführen von Umfragen und Wettbewerben,  Publikation von entstandenen Apps und Anwendungen auf dem OGD-Portal,  Diskussion über Daten (und daraus gewonnenen Informationen) sowie daraus entstandenen Anwendungen in sozialen Netzwerken.

Dies wurde bereits in Phase 1 – im Zuge der Vorbereitungen für die ersten Datenveröffentlichungen – erwähnt und muss nach Veröffentlichung fortgesetzt werden, um Feedback zu den veröffentlichten Daten und deren Bedeutung einholen zu können. Auch sollten Themen Gegenstand von Partizipation werden, die auf Basis von veröffentlichtem Datenmaterial diskutiert werden können. Bekanntestes Beispiel dafür sind bisher die BürgerInnenhaushalte: neben der Freigabe der Budgetdaten in OGD-Portalen ist es naheliegend, als nächsten Schritt die Öffentlichkeit über Teile der frei verwendbaren Haushaltsmittel mitbestimmen und entscheiden zu lassen. Häufig fehlt in der Praxis diese Verknüpfung der Phasen 1 und 2. Auch aus Sicht der Phase 2 kann es aus Überlegungen zu Beteiligungsprojekten Hinweise geben, welche Daten zuvor veröffentlicht werden müssten, um den Zielgruppen der Partizipation die benötigten Informationen zur Verfügung zu stellen. Als erfolgversprechend kann sich die Errichtung eines Open Data Ökosystems erweisen, welches Beteiligung umfasst und darüber hinausgehend eine enge Kooperation zwischen Verwaltung, BürgerInnen und Wirtschaft mit dem Ziel der nachhaltigen Etablierung von Open Data und der Schaffung von Wirtschaftswachstum verfolgt. 78

2.6 Evaluieren und Lernen

Aus all diesen Maßnahmen können wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden, die zur Weiterentwicklung der Social-Media-Strategie und zu mehr und erfolgreicheren Partizipationsprojekten führen. Die Erkenntnisse dienen aber nicht nur dazu, für die nächsten Projekte zu lernen, sondern sie führen zu tiefgreifenden Veränderungen in den Organisationen. Die Art und Weise und die Geschwindigkeit der neuen Kommunikationsformen verändert zahlreiche Prozesse, wie z. B. das Beschwerdemanagement, das BürgerInnenservice und die BürgerInnenbeteiligung.

Für die Erfolgsmessung von Partizipation schlagen May/Leo/Taudes (2015) den ENI-Index vor (Effective Number of Issues), der in einer einzigen Zahl die Effizienz von EPartizipationsprojekten misst. 79 Zu dessen Errechnung wird die Anzahl der Beiträge benötigt, die während eines Partizipationsprozesses entstanden sind und die Anzahl, wie oft diese Beiträge

78 Siehe dazu die Vision eines Daten-Ökosystems im Raum D-A-CH-LI www.data.gv.at/wp-content/uploads/2015/05/OGD-D-A-CH-LI-Daten

Oekosystem-VISION-1.pdf [Download: 2016-07-15]. 79 May/Leo/Taudes: Evaluation of E-Participation Efficiency, 2015.

genannt worden sind (die Frequenz). Eine Anleitung dazu ist bei May (2013) zu finden. 80 Auch Lee/Kwak nennen mögliche Kennzahlen zur Erfolgsmessung. 81

2.7 Beispiele und weiterführende Informationen

Beispiele:

Wien Gestalten – Datenbank zu Partizipationsprojekten in Wien: www.wiengestalten.at Informationen zu BürgerInnenhaushalten inklusive Beispielen: www.buergerhaushalt.de Digitale Agenda Wien: www.digitaleagenda.wien Open Innovation Strategie und Digital Roadmap Austria der österreichischen Bundesregierung: www.openinnovation.at und www.digitalroadmap.gv.at Participedia: http://participedia.net ParticipateDB: www.participatedb.com Open Government Gruppe auf Facebook: www.facebook.com/groups/open4gov

Weiterführende Informationen:

Standards der Öffentlichkeitsbeteiligung: www.partizipation.at Praxisbuch Partizipation - Gemeinsam die Stadt entwickeln der Stadt Wien: www.wien.gv.at/stadtentwicklung/partizipation/praxisbuch.html Leitfaden zur Online-Konsultation der Bertelsmann-Stiftung: www.bertelsmannstiftung.de/de/publikationen/publikation/did/leitfaden-online-konsultation Bundeszentrale für Politische Bildung: Handbuch Bürgerbeteiligung - Verfahren und Akteure, Chancen und Grenzen: www.bpb.de/shop/buecher/schriftenreihe/76038/handbuch-buergerbeteiligung Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur: Handbuch für eine gute Bürgerbeteiligung. Planung von Großvorhaben im Verkehrssektor. www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/G/handbuch-buergerbeteiligung.html Kompendium Online-Bürgerbeteiligung: www.bayinnovationsstiftung.de/fileadmin/docs/OBB/Online_Buergerbeteiligung.pdf Web 2.0 in bayerischen Kommunen: www.bay-innovationsstiftung.de/index.php?id=64 Web 2.0 in der Stadt Ulm: www.ulm.de/sixcms/media.php/29/TICC-131230-ulm20- Begleitforschung-V2.pdf Bundesarbeitsgemeinschaft Politische Bildung (BAG) www.politischebildung.de/buergerbeteiligung_demokratie.html Digitales Bürgerschaftliches Engagement: www.oeffentlicheit.de/publikationen?doc=14464 Digitale Teilhabe: www.oeffentliche-it.de/publikationen?doc=14566 Kommunale Jugendbeteiligung in der digitalen Gesellschaft: www.dkjs.de/fileadmin/ Redaktion/Dokumente/programme/Leitfaden_Jugendbeteiligung.pdf Wegweiser Bürgergesellschaft: www.buergergesellschaft.de OECD-Informationen zu „Public Engagement“ unter www.oecd.org/gov/publicengagement International Budget Partnership: www.internationalbudget.org

80 May: Practicioner’s Guide, 2013. 81 Lee/Kwak: Open Government Implementation Model, 2011 bzw. Lee/Kwak: An Open Government Maturity Model for social media-based public engagement, 2012.

3 Phase 3 – Offene Kollaboration

Offene Kollaboration besteht aus dem Einsetzen von Kollaborationstools zur Zusammenarbeit über Organisationsgrenzen hinweg und insbesondere die CoProduktion von Verwaltungsleistungen mit Externen. 82 Hierbei wird es zunehmend wichtiger, das Wissen der richtigen Kooperationspartner in Kollaborationsprojekten zu nutzen.

Abbildung 24: Maßnahmen in Phase 3

Quelle: KDZ, 2016, eigene Darstellung.

3.1 Maßnahme: Kollaborationstools monitoren

Die neuen Formen der Zusammenarbeit werden insbesondere durch spezielle Tools erst ermöglicht. Es ist daher essentiell, dass in den öffentlichen Verwaltungen ein laufendes Monitoring von Tools etabliert wird. Ähnlich der Fragestellung in Phase 2: „Welche Daten haben wir? Welche können wir veröffentlichen?“ werden in dieser Phase nun die Fragen relevant: „Welche Tools gibt es? Welche können wir einsetzen?“

82 Weiterführendes zur Abgrenzung der Begriffe Partizipation und Kollaboration siehe Seite 8: „Exkurs: Zu den Begriffen Partizipation und

Kollaboration“.

Abbildung 25: Kollaborationstools

Quelle: Treverton, 2016. 83

Bei der unüberschaubaren Fülle von verfügbaren Tools und der Geschwindigkeit des Auftretens neuer Tools ist es insbesondere für kleinere Verwaltungen nicht möglich, dieses Monitoring alleine zu betreiben. Hilfreich können hier Internetportale wie z. B. „TosiT – Toolbox for Open Societal Innovation“ sein. In TosiT werden Werkzeuge, Formate, Methoden und Dienste strukturiert gesammelt und bewertet, die offene Innovation befördern können.

Abbildung 26: TosiT - Toolbox for Open Societal Innovation

Quelle: www.tosit.org

83 Treverton: New Tools for Collaboration, 2016.

Zusätzlich zum Überblick, welche Tools verfügbar sind und für welche Zwecke diese bereits eingesetzt worden sind, müssen weitere Fragestellungen geklärt werden, um die Frage zu beantworten, ob ein Tool eingesetzt werden kann oder nicht.

Abbildung 27: Entscheidungsbaum zur Nutzung von Kollaborationstools

Quelle: KDZ, 2016, eigene Darstellung.

Sofern nicht bereits eine interne Richtlinie zur Nutzung von Kollaborationstools bzw. CloudServices existiert, können die Leitfragen aus dem Entscheidungsbaum auch als Musterfragen zur Entwicklung einer eigenen Policy dienen.

Weitere Fragen ergeben sich insbesondere durch die Nutzung von externen Tools. Im CloudComputing-Positionspapier werden als Risiken insbesondere angeführt: 84  Datenschutz: interne Daten werden von einem externen Dienstleister verwendet oder weitergegeben.  Vertraulichkeit: nicht autorisierte Personen greifen auf interne Informationen zu  Integrität: unbemerkte Manipulation von Daten.  Verfügbarkeit: das Service/Tool steht nicht mehr zur Verfügung  Authentizität: die Echtheit der Daten kann nicht sichergestellt werden  Angriffe: Serviceattacken, Sabotageversuche oder Erpressungsversuche  Abhängigkeit: von einem bestimmten Provider oder Anbieter

84 Siehe http://reference.e-government.gv.at/fileadmin/user_upload/TOP-03.10_20120228_Cloud_Computing_Positionspapier_1.0.1_FINAL.pdf [Download: 2016-07-15].

3.2 Maßnahme: Kollaborationspartner finden

Wie Noveck (2015) ausführlich darlegt, geht es bei der Kollaboration weniger darum, mit BürgerInnen generell in Interaktion zu treten (Partizipation), sondern für Kollaborationsprojekte die richtigen Partner bzw. das richtige Know-how zu finden.

Eine wichtige Aufgabe ist daher, neben den möglichen Kollaborationstools auch mögliche Kooperationspartner zu finden. Quellen dafür können z. B. sein:

Interne soziale Medien der Verwaltung (wien.team) bzw. interne Yellow Pages 85 Business-Netzwerke (LinkedIn und Xing) Inhaltlich spezialisierte soziale Netzwerke (Slideshare, Academia, Github…) Thematisch auf den öffentlichen Sektor spezialisierte Netzwerke (www.govloop.com, www.networkofinnovators.org) TeilnehmerInnen - an Veranstaltungen wie Konferenzen, oder Community-Events und von Wettbewerben (z. B. OGD-Plattformtreffen, App-Awards) - an Partizipations-Projekten - an Kollaborations-Projekten Netzwerke - von Ehrenamtlichen ( www.stadtmenschen.wien, www.wien.gv.at/gesellschaft/ehrenamt/freiwillig/ www.freiwilligenweb.at , Team

Österreich: http://oe3.orf.at/teamoesterreich) - andere Communities of Practice Multiplikatoren wie Bildungseinrichtungen (Universitäten), NGOs (z. B. Open Knowledge)

3.3 Maßnahme: Kollaborationsprojekte umsetzen

Kollaborationsprojekte können mit unterschiedlicher Intensität der Co-Produktion umgesetzt werden, also mit unterschiedlichem Ausmaß, wie sehr die Behörde den Prozess noch steuert und kontrolliert. Neben diesem „Wie“ der Kollaboration stellt sich auch die Frage nach dem „Was“ der Kollaboration, also danach, welches Ergebnis man sich aus dem Projekt erwartet.

Je nach Intensität der Einbindung von Externen können folgende Arten von Projekten unterschieden werden (das „Wie“ der Kollaboration): 86

85 Im Wissensmanagement wird häufig als Maßnahme die Erstellung von Kompetenzdatenbanken vorgeschlagen, in der nach verfügbaren

Kompetenzen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesucht werden kann. 86 Linders: We-Government, 2011 schlägt mit dem Blick auf Citizen Coproduction A-D vor, wir erweitern der Vollständigkeit halber noch um die offene Verwaltungskooperation (E).

roduktion niedrig hoch Intensität der Co-P Tabelle 10: Typen von Kollaborationsprojekten

sind für Beteiligung von BürgerInnen Verwaltung ist hauptsächlich für die BürgerInnen beeinflussen die Richtung gleichberechtigt die Verantwortung. Beide Seiten bringen ihre besonderen Fähigkeiten mit, um gemeinsam Probleme zu lösen und Public Value zu

Typ

Government to Government, G2G

Citizen to Government, C2G

Government with Citizen, G+C sich zu organisieren. Die Verwaltung ist Einfluss ausspielen, um höheren Public

Government to Citizen, G2C

Citizen to Citizen,

Beschreibung

Verwaltungskooperationen 87 , die offen bzw. VertreterInnen zivilgesellschaftlicher Organisationen. Die Verwaltungen gestalten aktiv den Prozess, BürgerInnen sind z. B. in Form von Beiräten involviert.

BürgerInnen helfen als Co-Produzenten mit, öffentliche Aufgaben zu erfüllen. Die Aktivität verantwortlich, aber die und die Ergebnisse und helfen mitunter auch täglich bei der Ausführung. Verwaltung und BürgerInnen teilen generieren.

Die Verwaltung hilft den BürgerInnen, nicht für die Aktivitäten verantwortlich, kann aber ihre Möglichkeiten und ihren C2C

Value zu erzeugen.

BürgerInnen helfen sich selbst und einander. Die Verwaltung spielt keine aktive Rolle in täglichen Aktivitäten, kann aber unterstützende Rahmenbedingungen zur Verfügung stellen.

Quelle: KDZ, 2016, eigene Darstellung nach Linders, 2011.

Beispiele

 Cooperation OGD Austria: www.data.gv.at/infos/cooperation-ogdoesterreich  Open Government Partnership: www.opengovpartnership.org  Joinup.eu: https://joinup.ec.europa.eu/

 Geobasiertes Beschwerdemanagement: http://schau.auf.linz.at oder https://maerker.brandenburg.de  Wien Geschichte Wiki: www.wien.gv.at/wiki

 Open Data Portal: www.opendataportal.at

 GovCamp: www.barcamp.at/Gov_camp_Vienna_2015  School of Data: www.schoolofdata.at  Freiwillig für Wien: www.wien.gv.at/gesellschaft/ehrenamt/freiwillig

 Coworking Spaces/Hackerspaces.  Freies Netz: www.funkfeuer.at  Frag den Staat: https://fragdenstaat.at  Open Street Map: www.openstreetmap.org  Ushahidi: www.ushahidi.com  Train of Hope: www.trainofhope.at

Noveck (2015) führt fünf Arten von Crowdsourcing an: (das „Was“ der Kollaboration) 88  Ideen: „Crowdsourcing ideas“  Meinungen: „Crowdsourcing of opinions“  Finanzierung: „Crowdsourcing of funds (Crowdfunding)”  Aufgaben: “Crowdsourcing tasks (microtasking)“  Datensammlung: „Crowdsourced data gathering“

Ähnlich teilen Lucke/ Große (2014) ein in 89  Daten (z. B. Open Data)

87 Siehe z. B. www.verwaltungskooperation.at [Download: 2016-07-15]. 88 Noveck: Smart Citizens, Smarter State, 2015, S. 1 68ff. 89 Lucke/Große: Open Government Collaboration, 2014.

Information (z. B. Open Educational Resources) Wissen (Wissenskombination, Wissensanwendung mit einem gemeinsamen oder einem ähnlichen Endprodukt) Kapital (Crowdfunding) Güter (Shareconomy)

Treverton (2016) spricht folgende Empfehlungen aus: 90  Machen Sie den Zugang zu Kollaborationstools einfacher  Schichten Sie IT-Investments zugunsten von geteilten Plattformen um  Unternehmen Sie pragmatische Schritte, um die Nutzung von Tools zu erhöhen  Signalisieren Sie die Wichtigkeit von Kollaboration vom Top-Management aus

3.4 Beispiele und weiterführende Informationen

Beispiele

Beispiele siehe Tabelle 10 Citizensourcing: www.citizensourcing.de TosiT - Toolbox for Open Societal Innovation: www.tosit.org Smarter State: www.thegovlab.org/smarterstate.html

Weiterführende Informationen

Open Government Collaboration - Offene Formen der Zusammenarbeit beim Regieren und Verwalten www.zu.de/deutsch/lehrstuehle/ticc/JvL-121025- OpenGovernmentCollaboration-V1.pdf New Tools for Collaboration: http://csis.org/publication/new-tools-collaboration Engaging Citizens in Co-Creation in Public Services: www.businessofgovernment.org/report/engaging-citizens-co-creation-public-services Federal Crowdsourcing and Citizen Science Toolkit: https://crowdsourcingtoolkit.sites.usa.gov/howto/

90 Treverton: New Tools for Collaboration, 2016. Siehe auch weiterführend www.w3.org/2013/share-psi/bp/ec/ [Download: 2016-07-15].

4 Phase 4 – Umfassende Mitwirkung

In der Zielphase ist Open Government nachhaltig umgesetzt. Durch die Schaffung von Transparenz, die Ermöglichung von Partizipation und die Nutzung von Kollaboration in allen Phasen des Politikzyklus wird Public Value geschaffen.

Abbildung 28: Maßnahmen in Phase 4

Quelle: KDZ, 2016, eigene Darstellung.

4.1 Maßnahme: Phasen vernetzen, evaluieren und lernen

Da die Phasen des Vorgehensmodells in der Praxis häufig parallel begonnen werden, ist es umso wichtiger, die Aspekte der einzelnen Phasen zu vernetzen. Offene Daten (Phase 1) können in Beteiligungsprozessen (Phase 2) Grundlagen für politische Prozesse liefern. In Kollaborationsprojekten (Phase 3) können Daten entstehen, die einerseits wieder in das Datenportal gestellt werden (Phase 1) als auch Grundlage für weitere Beteiligungsverfahren (Phase 2) sein können.

Metriken zur Erfolgsmessung sind im Modell von Lee/Kwak (2012) bereits enthalten. Diese können auf die eigenen Bedürfnisse angepasst werden. Wichtig ist es, aus den vorigen Phasen zu lernen und die Erkenntnisse in die Organisation zu tragen, um Feedback-Schleifen zu ermöglichen. Hierzu ist verstärktes Wissensmanagement hilfreich. Die Erkenntnisse aus dem Datenmonitoring (Phase 1) können etwa dazu führen, dass Kriterien in Förderrichtlinien oder Ausschreibungstexten hinsichtlich einer späteren Datennutzung angepasst werden. Bei der flexiblen Nutzung von Kollaborationstools können IT-Beschaffungsrichtlinien überarbeitet werden und Hinweise aus Beteiligungsprojekten können Anregungen für die weitere Erhöhung von Transparenz und Offenheit bieten. 91

91 Siehe dazu ausführlicher die Version 2 des Vorgehensmodells bzw. Transparency: Opening Government, 2011.

Spätestens in Phase 4 ist es nötig, weitere, bisher möglicherweise noch nicht erfolgte Schritte zur Erhöhung von Offenheit zu setzen. Hier lohnt – auch bedingt durch kulturelle und historisch gewachsene Unterschiede – jedenfalls der Blick auf internationale Beispiele.

Ziel der Maßnahme ist die Erhöhung der Qualität der Maßnahmen in den bisherigen Phasen sowie eine integrative und vernetzte Sicht auf die vielfältigen Aspekte aller Phasen.

4.2 Maßnahme: Zugänge zu Mitwirkung vereinfachen

Die bisher häufig in Einzelprojekten entstandenen Lösungen müssen bezüglich ihrer Usability, insbesondere auch auf mobilen Endgeräten, verbessert werden. Der Zugang sollte möglichst niederschwellig und einfach möglich sein. Aus den ersten Praxiserfahrungen der Stadt Wien können folgende Bestandteile von bzw. Anforderungen an Partizipations- und Kollaborationsplattformen definiert werden: Single Sign-On: Registrierung und Authentifizierung der AnwenderInnen am Portal mit verschiedenen Möglichkeiten (Username und Passwort, Facebook, OpenID, HandySignatur bzw. Europäische Standards wie STORK eID,…) Nutzungsmöglichkeit durch mobile Devices und Barrierefreiheit Einbindung von Social Media Kollaboratives Erstellen von Inhalten

4.3 Maßnahme: Nachhaltigkeit und Public Value sicherstellen

Open Government hat die Realisierung von umfassender Mitwirkung von Stakeholdern zum Ziel (Phase 4), um Legitimität und Vertrauen zu stärken und Public Value zu generieren. Erreicht wird dies durch Transparenz (Phase 1), Partizipation (Phase 2) und Kollaboration (Phase 3). Auch die Governance-Diskussion der letzten Jahre hat diesen Aspekt betont 92 . Der Hinweis auf den Policy-Cycle (siehe Phase 4) zeigt, dass in der Zielphase von Open Government die unterschiedlichen Betrachtungen zusammenkommen: Der Policy-Cycle zeigt insbesondere, wo (also in welchen Phasen des Policy-Prozesses) Mitwirkung mitgedacht und umgesetzt werden soll, das Open-Government-Vorgehensmodell zeigt wie (durch welche Maßnahmen) Mitwirkung erreicht werden kann. Durch das stufenweise Vorgehen ist auch sichtbar, wie Transparenz, Partizipation und Kollaboration aufeinander aufbauen und einander bedingen.

92 Siehe dazu ausführlich Bauer; Dearing: Public Mangement und Governance, 2011.

Abbildung 29: Offener Staat

Quelle: KDZ, 2016, eigene Darstellung nach Banner (1998), Hilgers (2012), Prorok/Krabina (2012).

Es geht darum, die unterschiedlichen Anspruchsgruppen (insbesondere die BürgerInnen) in den Prozess der Politikgestaltung mit einzubeziehen und mitwirken zu lassen. Im 4-Phasen-Modell effektiver BürgerInnenmitwirkung von Governance International werden die Phasen MitEntwickeln, Mit-Beauftragen, Mit-Umsetzen und Mit-Bewerten beschrieben. 93 Auch Müllers „offene Staatskunst“ möchte Verwaltungsprozesse im Sinne von Open Government strategisch umstrukturieren und orientiert sich dabei ebenfalls an den vier Phasen des „PolicyZyklus“ (Initiierung, Formulierung, Implementierung und Evaluation). 94 Offenheit und Transparenz können in allen Phasen des Policy-Cycles strategisch als Instrumente eingesetzt werden. 95

Public Value

Unter Public Value versteht man gemeinhin den „gesellschaftlichen Mehrwert“ bzw. auch den „Wert für die Öffentlichkeit“. Das hierzulande hohe Wohlstandsniveau führt oft dazu, die materiellen Grundlagen als gegeben und selbstverständlich zu sehen, wodurch in der Regel der Public Value Beitrag von Institutionen, Organisationen und Unternehmen unterbewertet bzw. auch gar nicht gesehen wird. Vor dem Hintergrund eines zunehmend schwindenden Vertrauens in die Wirtschaft und die öffentliche Hand, wird es allerdings immer schwieriger den Public Value darzustellen. Institutionen und Organisationen schaffen immer auch einen gesellschaftlichen Nutzen. Angemessen anerkannt wird dieser in der Regel aber weder in der Strategie der jeweiligen Organisation noch in der öffentlichen Wahrnehmung. 96

93 Bovaird; Löffler; Downe: Public Services, 2009. 94 Müller: Staatskunst, 2010 und 2012. Näheres zum Policy-Cycle siehe Jann/Wegrich, 2003. 95 weitere Ausführungen dazu in Klessmann et. al, 201 2. 96 Siehe Biwald, et al.: Der Public Value des Wiener Gemeindebaus, 2014.

Public-Value-Management heißt folglich, im Dialog und über Formen der öffentlichen Willensbildung gemeinsame Präferenzen und Bedürfnisse zu ermitteln und darauf aufbauend neue Impulse für die Entwicklung von akzeptierten Gemeinwohlwerten zu setzen. 97

Zusammenfassend wirft der Public Value Begriff also die Frage nach dem Einfluss von Organisationen für die Gesellschaft und deren Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt auf. Organisationen sind mehr denn je gefordert, sich und ihr Handeln auch gesellschaftlich zu legitimieren. Gründe dafür sind nicht nur der globale Wettbewerb und erhöhte Transparenz, sondern auch die sogenannte Generation Y mit ihren veränderten Ansprüchen und neue Geschäftsmodelle der Zusammenarbeit zwischen den Sektoren.

Open-Government-Initiativen müssen sich letztlich ebenfalls daraufhin untersuchen lassen, ob Public Value erzeugt worden ist. In der Bestimmung des Public Value werden zumindest drei Dimensionen unterschieden:

der politische Nutzen (übergeordnete Ziele) der Nutzen für die Stakeholder – Stakeholder Value (direkte Wirkungen) der Nutzen für das Umfeld und die Gesellschaft (indirekte Wirkungen) oder Public Value in sozialer, ökonomischer, ökologischer, räumlicher und gesellschaftlicher Wirkungsdimension.

Die Integration von Open Government mit dem Public-Value-Ansatz ist ein neueres Forschungsfeld, einen Beitrag dazu liefert das „Open Government Portfolio Public Value Assessment Tool“. 98

4.4 Weiterführende Informationen

A Manager’s Guide to Evaluating Citizen Participation: www.businessofgovernment.org/report/manager%E2%80%99s-guide-evaluating-citizenparticipation Evaluating Digital Citizen Engagement. A Practical Guide: https://openknowledge.worldbank.org/handle/10986/23752 Government Information Sharing: A Planning Toolkit: www.ctg.albany.edu/publications/guides/infosharing_toolkit Open Government Partnership: www.opengovpartnership.org Open Government Research Exchange: www.ogrx.org

97 Siehe Meynhardt: Public Value, 2008. 98 Siehe www.ctg.albany.edu/publications/online/pvat [Download: 2016-07-15].

4.5 Open-Government-Vorgehensmodell – Gesamtsicht der Maßnahmen

Abbildung 30: OGD-Vorgehensmodell: Gesamtsicht

Quelle: KDZ, 2016, eigene Darstellung.

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