Informationsbrief Dezember 2013

Page 1

E 11299

Aus dem Inhalt

Neues aus Kirche und Welt Aus Lehre und Verkündigung Der Wort-Sohn Die Bedeutung bekennender Christen Buchbesprechung: Zivilreligion von Karl Richard Ziegert Was ist die Ehe wert? Zur Tauffrage Der »islamisierte« Abraham nach dem Koran Aus Kirche und Gesellschaft

ISSN 1618-8306

Dezember 2013 Nr.  282

Bekenntnisbewegung »Kein anderes Evangelium«


kurz+bündig Personen

USA: Frau an der Spitze der lutherischen Kirche

Erstmals steht eine Frau an der Spitze der EvangelischLutherischen Kirche in Amerika (ELCA, rund vier Millionen Mitglieder). Elisabeth Eaton (58) wurde in Pittsburgh zur Leitenden Bischöfin gewählt. Im fünften Wahlgang erhielt sie 600 Stimmen; 287 entfielen auf ihren Gegenkandidaten, den bisherigen Leitenden Bischof Mark Hanson (66), der eine dritte Amtszeit angestrebt hatte. Sie vertritt die Zulassung schwuler und lesbischer Geistlicher, die in eingetragener Partnerschaft leben, will jedoch auch andere Meinungen dazu gelten lassen.

Horst W. Beck wurde 80

Der württembergische Pfarrer und Naturwissenschaftler Horst W. Beck (Baiersbronn bei Freudenstadt im Schwarzwald) konnte am 1. September seinen 80. Geburtstag begehen. Der gebürtige Stuttgarter, der 1964 als Ingenieur und 1973 als Theologe promoviert wurde, wurde durch seine Forschungen im Grenzbereich von Theologie, Technik und Naturwissenschaft bekannt. Sein Anliegen ist, aufzuzeigen, dass sich der christliche

2

Glaube an einen Schöpfergott mit den Naturwissenschaften vereinbaren lässt. Beck war Gründungsmitglied sowohl der Karl-Heim-Gesellschaft als auch der Studiengemeinschaft »Wort und Wissen«. Er lehrte am Pastoralkolleg in Freudenstadt und an den Universitäten Basel, Stuttgart-Hohenheim, Karlsruhe und Löwen (Belgien). Vorsitzender des Gemeindehilfsbundes Joachim Cochlovius wurde 70

Bereits im Spätsommer konnte Pfarrer Dr. Joachim Cochlovius (Walsrode in der Lüneburger Heide), der Leiter des Gemeindehilfsbundes, seinen 70. Geburtstag begehen. Cochlovius wuchs in der DDR auf und studierte Theologie und Philosophie in Berlin, Münster und Erlangen, wo er auch promoviert wurde. Von 1979 bis 1996 war er Studienleiter am Geistlichen Rüstzent­ rum Krelingen. Seither leitet er den Gemeindehilfsbund mit mehr als 650 Mitgliedern und Freunden zur biblischen Orientierung und zum Beistand von Christen, die unter dem Pluralismus der Kirche leiden.

Neuer Generalsekretär ­Gnadaus heißt Frank Spatz

Künftiger Generalsekretär des Gnaudauer Verbandes wird im kommenden Sommer Frank Spatz (45, Gießen), der bisherige Geschäftsführer der

Buchhandelskette ALPHA. Er folgt Theo Schneider (64) nach, der seit 35 Jahren leitende Aufgaben im landeskirchlichen Pietismus wahrnimmt. Spatz, der sich bei der Wahl knapp gegen seinen Mitbewerber Daniel Hahn (Puschendorf in Mittelfranken) vom Christlichen Jugendbund in Bayern durchsetzen konnte, hat eine kaufmännische und ein theologische Ausbildung.

Bibel Gesamte Bibel in 484 Sprachen übersetzt

Die komplette Bibel mit Altem und Neuem Testament liegt jetzt in 484 Sprachen vor. Zusätzlich ist das Neue Testament in 1257 Sprachen übersetzt und sind einzelne Schriften der Bibel in 810 Sprachen verfügbar. Damit liegt nun in 2551 Sprachen mindestens ein Buch der Bibel vor. Sprachforscher gehen von weltweit mehr als 6500 Sprachen aus. Zurzeit arbeiten die Bibelgesellschaften an rund 460 Übersetzungs­ projekten.

Kirche in Deutschland Nordkirche: Bald Pfarrermangel?

Droht der evangelischen Kirche im Norden Deutschlands bald ein Pastorenmangel? Offensichtlich: denn Pensionierungen nehmen zu und der Nachwuchs für den

Dezember 2013

Informationsbrief 282


Pastorenberuf fällt nicht so hoch aus. Derzeit gibt es in der Nordkirche 1700 evangelische Theologen, die sich rund 2300 Stellen in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern teilen. Aber auch anderen Landeskirchen machen Nachwuchsprobleme zu schaffen.

Ablenkungsmanöver? Ergänzung für EKD-Papier

Versucht die Spitze der EKD wegen des umstrittenen Familienpapiers abzulenken, zu beruhigen und den Fall auszusitzen? Nach der Ankündigung des Ratsvorsitzenden der EKD, Nikolaus Schneider, der eine Ergänzung der »Orientierungshilfe« zur Familienpolitik in Aussicht gestellt hat, kann leicht dieser Eindruck entstehen. Außerdem sei ein Symposion zur Kommentierung und Einordnung des Papiers geplant.

Kirche weltweit Naher Osten: Christliches Erbe in Gefahr

Der maronitische Patriarch Kardinal Bechara Rai befürchtet angesichts der Entwicklung im Nahen Osten den Untergang des christliche Erbes der Region. Zugleich erhob

er Vorwürfe gegenüber dem Westen: Gegenwärtig sei im Nahen Osten »ein Projekt der Zerstörung der arabischen Welt aus wirtschaftlichen Interessen zu sehen und der Wille, so oft wie möglich interkonfessionelle Konflikte zwischen Schiiten und Sunniten anzuzetteln«.

kurz+bündig

Personen +++ Kirchen +++ Glauben +++ »Modernes Leben«

Ägypten: Christen hinter Mauern

Die koptische Kirche will um ihre Kathedrale in der ägyptischen Stadt Alexandrien und um alle kirchlichen Gebäude in einem Kairoer Stadtteil Mauern bauen, die die Gebäude schützen sollen. Während der Unruhen im vergangenen Sommer seien mehr als 40 Kirchen, 100 Häuser und 150 von Christen betriebene Läden von Moslems angegriffen worden.

Herzlichen Glückwunsch Billy Graham 95

Einer der weltweit bekanntesten Evangelisten, der US-Amerikaner Billy Graham, konnte am 7. November seinen 95. Geburtstag begehen. Graham, der seit Jahren an Parkinson leidet, hat weltweit vor Millionen Zuhörern gepredigt. Die moderne evangelikale Missions- und Evangelisationsbewegung wurde von Graham entscheidend beeinflusst. Sein langjähriger musikalischer Begleiter, George Beverly Shea (Gesang, bedeutender Gospel-Interpret) kann am 1. Februar 2014 bereits seinen 105. Geburtstag begehen.


kurz+bündig Freikirchen in Österreich staatlich anerkannt

Ein Zusammenschluss von fünf Freikirchen in Österreich (mit zusammen 19 000 Mitgliedern in 160 Gemeinden; 0,2 Prozent der Gesamtbevölkerung) hat volle staatliche Anerkennung erhalten. Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur, Claudia Schmied (SPÖ) unterzeichnete eine entsprechende Verordnung. Die Österreichische Evangelische Allianz begrüßte diese Entscheidung.

IKBG hat Mitglieder aus zehn Staaten

Die Internationale Konferenz Bekennender Gemeinschaften (IKBG) wächst: Als neues Mitglied wurde die Arbeitsgemeinschaft bekennender Christen in Österreich (ABCÖ) aufgenommen. Damit hat die IKBG jetzt evangelikale Gemeinschaften in zehn Staaten: neben Deutschland und Österreich in der Schweiz, den Niederlanden, Dänemark, Schweden, Norwegen, Lettland, den USA und Südafrika. Die 1997 gegründete ABCÖ mit Sitz in Schladming war als Reaktion auf einen – wie es heißt – »unerträglichen Pluralismus« in der Evangelischen Kirche gegründet worden. Vorsitzender ist Magister ­Rudolf Jindrich (Rutzemoos). 4

Katholische Kirche

Erzbischof Zollitsch tritt 2014 ab

Der Freiburger Erzbischof und Vorsitzende der (katholischen) Deutschen Bischofskonferenz Robert Zollitsch (75) wird bis zum kommenden Jahr in beiden Ämtern verbleiben. Im März wird ein regulärer Nachfolger für das Amt des Vorsitzenden gewählt werden. Papst Franziskus hat Zollitsch zum Apostolischen Administrator der Erzdiözese (nach Köln die zweitgrößte der 27 katholischen Diözesen in Deutschland) ernannt; d. h. jetzt kann nach einem Nachfolger gesucht werden. Georg Gänswein, langjähriger Privatsekretär von Papst Benedikt XVI., hat Spekulationen als möglicher Nachfolger eine Absage erteilt.

Gesellschaft In Berlin Demonstration gegen neues russisches ­Homosexuellengesetz

Mit dem im Juni in Kraft getretenen »Gesetz gegen ­homosexuelle Propaganda« habe sich Russland einmal mehr von demokratischen

Grundwerten entfernt, so die Meinung von Demons­t­ ranten in Berlin. 4000 pro­ testierten gegen das neue Homosexuellengesetz und forderten von der Bundesregierung und den Sponsoren der Olympischen Spiele 2014 im russischen Sotschi deutliche Worte gegenüber der russischen Regierung. Bedrückend: 179  100 Ehen geschieden

37 Prozent der im vergangenen Jahr geschlossenen Ehen in Deutschland werden vor der Silberhochzeit geschieden. Die durchschnittliche Dauer der 2012 beendeten 179 100 Ehen betrug 14 Jahre und sieben Monate. Insgesamt waren im vergangenen Jahr 143 000 minderjährige Kinder von der Scheidung betroffen.

Islam Islam in Deutschland gewalttätig gegenüber Frauen

Nach Aussagen des Bundesvorsitzenden der Polizeige­ werkschaft (GdP), Oliver Malchow, werden jährlich zehn bis zwölf so genannte Ehrenmorde in Deutschland verfolgt. Genaue Zahlen habe man nicht. Auch sei die Dunkelziffer bei Zwangsehen muslimischer Frauen sehr hoch. Der Druck der Familien sei so stark, dass betroffene Frauen zu einer Aussage bei der Polizei oder vor Gericht nicht mehr bereit seien. Wer aus der Zwangsehe zu fliehen versuche, dürfe auf keinen Fall von der Familie gefunden werden.

Dezember 2013

Informationsbrief 282


Aus Lehre und Verkündigung mm Wenn unser Meister und Herr Jesus Christus spricht: m »Tut Buße!« so will er, dass die Menschen sich nach seiner Lehre formen sollen; er formt aber die Lehre nicht nach den Menschen, wie man jetzt tut, dem veränderten Zeitgeist gemäß. Claus Harms (These 1 der 95 Thesen zum Reformationsjubiläum 1817)

mm Hört das Gewissen auf, ein Diener des göttlichen Gerichts über die Sünde zu sein, so wird es in seinem Gericht Gott nicht einmal als Diener sein lassen. Der Begriff von göttlichen Strafen verschwindet ganz. Claus Harms (These 18 der 95 Thesen zum Reformationsjubiläum 1817)

mm Gewiss, der Gekreuzigte ist von Gott durch den machtvollen Akt der Auferstehung bestätigt worden. Aber selbst über dieser Glorie liegt noch etwas von dem Geheimnis der Niedrigkeit Christi. Pilatus, Kaiphas und Herodes haben nichts von dem Anbruch der neuen Schöpfung zu sehen bekommen. Nur die kleine Schar der Jünger, die bereit war, ihr Leben für den Fürsten des Lebens aufs Spiel zu setzen, wurde gewürdigt, die Siegerherrlichkeit des Kyrios Christos zu schauen. Adolf Köberle (Als Christ denken, S. 14)

mm Alles, was Gott durch sein Wort tut, sind Kampfhandlungen gegen den Satan, sowohl das, was Gott mit der »linken Hand« tut, wie auch das, was er mit der »rechten Hand« tut. Gustav Wingren

Informationsbrief 282

mm Das Leben ist nicht ein Frommsein, sondern ein Frommwerden, nicht eine Gesundheit, sondern ein Gesundwerden, nicht Sein, sondern Werden, nicht eine Ruhe, sondern eine Übung: Wir sind’s noch nicht, wir werden’s aber. Es ist noch nicht getan oder geschehen, es ist aber im Gang und im Schwang. Es ist nicht das Ende, es ist aber ein Weg. Es glüht und glänzt noch nicht alles. Es reinigt sich aber alles. Martin Luther

Dezember 2013

5


Der Wort-Sohn Hansfrieder Hellenschmidt

Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit. Johannes 1,14 In gelungener Meisterschaft hat hier der Evangelist Johannes das Weihnachtsevangelium in einem Satz zusammengefasst. Nur weniger Worte hat es bedurft, um ein Urdatum im Verlauf der Heilsgeschichte Gottes auf Erden auszusagen: »Das Wort ward Fleisch.« Wir hören hier eine Nachricht, die die Worte, die sie aussprechen, kaum zu tragen im Stande sind, geschweige denn, sie einsichtig und verstehbar zu machen. Wollten wir uns dennoch anheischig machen, den Einbruch der Ewigkeit in die Zeit – um nichts anderes handelt es sich hier – mit dem Vermögen unseres Verstandes zu fassen und zu erklären, kämen wir über ein Lallen nicht hinaus. Nur als kindlich Staunende können wir diese Nachricht aufnehmen und sie dann wiederum nur stammelnd weitersagen. Mit dem Zeugnis des Johannes, das von einer neuen Setzung Gottes im Fortgang der Heilsgeschichte spricht, bricht sich eine Botschaft Bahn, in der es um Rettung geht. Am dunklen Ort, wo der geschlagene Mensch sein Leben fristet, geschieht eine Wende, wie sie zuvor keiner zu schaffen in der Lage war. Das Wort im Fleisch ist die Wende und bringt die Wende. Ein neuer Anfang ist gesetzt. Er gilt den Mühseligen und Beladenen. Darum soll diese weihnachtliche Botschaft an allen Orten und durch alle Zeiten gepredigt werden und überall zu hören sein: dort, wo wir unsere schwersten Niederlagen erleiden; dort, wo wir mit unseren Neigungen, Wünschen und Begierden einen so hilflosen Kampf führen; dort, wo Krieg und Terror

Hansfrieder Hellenschmidt Die Anschrift des Autors finden Sie auf Seite 30

6

toben und Menschen in Niedertracht Menschen ausnützen, missbrauchen, quälen, foltern, töten und vergasen. Dorthinein ist das Wort gekommen. Es hat unser Fleisch angenommen, um am Ort, wo Satan sein Hauptquartier aufgeschlagen hat, nämlich in unseren Herzen, den Tempel Gottes zu errichten. Nicht wenige widersprechen der Weihnachtsbotschaft. Ein Wort? Inmitten dem Wirrwarr und Durcheinander inflationärer Worte und leerer Reden wiederum nur ein Wort? Haben denn Worte je viel geholfen? Haben sie das brennende Verlangen der Begierde gelöscht? Das Rasen des Gewalttätigen aufgehalten? Was soll das Wort? Alles Reden hat wenig oder nichts genützt. Die vergeblichen Rededuelle in den Familien, vor Gerichten, am Arbeitsplatz und in der Politik, liefern beredte Beispiele dafür. Denen, die dem Weihnachtsevangelium widersprechen, ist da­ rum das Zeugnis vom Kommen des Wortes, das heilt, aufrichtet, zurechtbringt und weiterführt, ein Märchen, eine Legende, eine blasse Idee. Die Predigt von der Fleischwerdung des Wortes ist ihnen nicht mehr als ein Mythos, der in einer Zeit handfester Interessen und Machenschaften nichts sagt und den Hilflosen leer lässt. Mögen sie widersprechen. Wir haben es hier weder mit Lyrik noch mit einem Mythos alter Zeiten zu tun. Dieses eine ganz andere Wort als das Wort im Fleisch, das anders ist, als eben Worte Worte sind, ist weder eine Erfindung noch eine Geheimlehre. Die Botschaft: »Und das Wort ward Fleisch«, lässt uns vielmehr wissen, dass das ins Fleisch gekommene Wort eben nicht eine Idee ist, sondern eine Person – keine Sprechblase, die platzt, sobald sie an die Wirklichkeit stößt. Und die Person heißt: Jesus Christus. Er ist das Urwort Gottes, das schon vor Grundlegung der Welt in der Einheit mit dem Vater war, gleichen Wesens wie er. Darum nennt ihn das neutestamentliche Zeugnis auch Gott (Johannes 1,18; 20,28; Römer 9,5; Hebräer 1,8). Gott im Fleisch? Gott ein Mensch wie wir Menschen Menschen sind? Der Verstand spricht dagegen. Er wehrt sich. Wer kann und mag das verstehen: zwei Personen und doch nur ein Gott? Wir müssen uns in Demut bescheiden. Uns ist es nicht gegeben, dieses göttliche Geheimnis zu denken und Gott in der EntäußeDezember 2013

Informationsbrief 282


rung als das eine Wort im Fleisch zu begreifen, lischen Verstand, der Gott widerspricht, und gar zu erklären. Generationen haben sich daran auch von der spekulativen Vernunft, die sich abgearbeitet, das Unbegreifliche zu begreifen. in metaphysischen Ideen verliert, freigehalten. Unser Geist ist mit dem, was er zu leisten ver- Unbeschwert schaut er auf das weihnachtlimag, zu klein. Er kann das ewige Geheimnis che Geschehen und dem ihm innewohnenden Gott-Vater und Gott-Sohn in der Einheit glei- Geheimnis. Ohne Schnörkel und unbefangen chen Wesens, das uns in absoluter Transzendenz bekennt er: »Ich glaube, dass Jesus Christus, gegenübersteht, nicht fassen. Der mathematisch wahrhaftiger Gott vom Vater in Ewigkeit gegebildete Verstand, der Großartiges in unserer boren und auch wahrhaftiger Mensch von der Welt geschaffen hat, vermag in den göttlichen Jungfrau Maria geboren, sei mein Herr.« Mit diesem Bekennen Dingen ebenso wenig auszurichten wie auch die mm In der weihnachtlichen steht der Reformator in der Einheit mit der frühen vermeintlich weitergrei- ­Botschaft: »Und das Wort ward Christenheit. Auch sie hat fende Vernunft. nicht erklärt, sondern ihr In der weihnachtlichen Fleisch«, geht es auch gar nicht Botschaft: »Und das Wort um Verstehen und Begreifen, Bekenntnis in die Worward Fleisch«, geht es auch gefasst: »Wir glauben sondern um das Ja des Glaubens, te gar nicht um Verstehen an den einen Gott, den und Begreifen, sondern das in Demut alle Widerrede und Vater, den Allmächtigen, um das Ja des Glaubens, alles Vernünfteln einstellt und der alles geschaffen hat, das in Demut alle WiderHimmel und Erde, die rede und alles Vernünfteln sich ganz der Botschaft überlässt sichtbare und die unsichteinstellt und sich ganz der und sich ihr öffnet. bare Welt. Und an den eiBotschaft überlässt und nen Herrn Jesus Christus, sich ihr öffnet. Das war der Weg Marias, der Gottes eingeborenen Sohn, aus dem Vater geMutter Jesu. Sie war bereit, Magd des Herrn zu boren vor aller Zeit: Gott von Gott, Licht vom sein und seinem ewigen Ratschluss zu dienen, Licht, wahrer Gott vom wahren Gott, gezeugt, wiewohl auch sie stockte und nicht verstehen nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater; konnte, wie das Unmögliche möglich werden durch ihn ist alles geschaffen. Für uns Menschen soll. Ihr bestürztes Staunen: »Wie soll das zuge- und zu unserem Heil ist er vom Himmel gehen, da ich doch von keinem Mann weiß?« (Lu- kommen, hat Fleisch angenommen durch den kas 1,34) hat sie aber in gehorsamer Hingabe Heiligen Geist von der Jungfrau Maria und ist an den Willen Gottes: »Siehe, ich bin des Herrn Mensch geworden« (Nicaenum-ConstantinoMagd; mir geschehe, wie du gesagt hast« (Lukas politanum, 381 n. Chr.). 1,38) zur Ruhe gebracht – ohne zu begreifen Der ewige Sohn ist das Wort, durch das Gott und zu verstehen, wie sich die Fleischwerdung in der Schöpfung sein »Es werde!« gesprochen des ewigen Wortes in ihr vollziehen wird. Hier hat. Als Wort des Vaters ist er der Schöpfungsist nicht die Einsicht in das »Wie« göttlichen mittler. Auf ihn schaut der Evangelist Johannes, Handelns von Bedeutung, sondern das »Dass«, wenn er schreibt: »Im Anfang war das Wort, dass Gott handelt und den Erlöser ins Fleisch und das Wort war bei Gott, und Gott war das sendet, uns aus der Knechtschaft der Sünde, des Wort. Dasselbe war im Anfang bei Gott. Alle Todes und des Teufels zu befreien. Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne In der Christenheit ist viel über das Wie der dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist« Fleischwerdung des ewigen Sohnes nachge- (Johannes 1,1). dacht worden. Aber keiner hat es je vermocht, Durch den Sohn hat Gott geschaffen und das göttliche Geheimnis: Vater und Sohn in der das, »was nicht ist, [gerufen] dass es sei« (Römer Einheit gleichen Wesens, ein Gott und doch 4,17). Die ganze Schöpfung ist Wort-Schöpzwei Personen, einzusehen und gültig zu erklä- fung und voller Geist und Leben. Durch das ren. Darum bescheidet sich z. B. Martin Luther Wort ins Dasein und Wesen gestellt, ist alles was und unternimmt es nicht, das aufzuklären, was ist, wortgestaltig und geisthaltig und kann allein uns jetzt noch verborgen ist. Er lässt Gott Gott durch das stete Ergehen des göttlichen Wortes sein und hält es mit Paulus, der an die Korin- (Hebräer 1) erhalten werden, »denn in ihm«, ther schreibt: »Wir zerstören … Gedanken und der das Wort des Vaters ist, »ist alles geschaffen, alles Hohe, das sich erhebt gegen die Erkennt- was im Himmel und auf Erden ist, das Sichtbanis Gottes, und nehmen gefangen alles Denken re und das Unsichtbare, es seien Throne oder in den Gehorsam gegen Christus« (2.Korinther Herrschaften oder Mächte oder Gewalten; es ist 10,5). Damit hat sich Luther von dem rebel- alles durch ihn und zu ihm geschaffen« (KolosInformationsbrief 282

Dezember 2013

7


ser 1,16). Darum kann die gesamte Schöpfung und mit ihr der Mensch nur durch den erneuert und gerettet werden, durch den das göttliche »Es werde« ergangen ist. Und nun wird uns in dieser weihnachtlichen Botschaft verkündigt und gesagt, dass der WortSohn dazu ins Fleisch gekommen ist, damit wir aus der Gefangenschaft Satans befreit werden, dass er uns das Wort, das uns aus der Knechtschaft Satans befreit, zuruft: »Dir sind deine Sünden vergeben« (Matthäus 9,5). Mit seinem Kommen greift Gott selbst in unser Leben ein. Uns soll geholfen werden. Das Brennen sündiger Leidenschaften soll gelöscht werden. Wie am Schöpfungsmorgen ergeht noch einmal das göttliche »Es werde!« Wo es ergeht, strömt neues Leben ein und wird als Ursache der neuen Kreatur in der Wirklichkeit der Wiedergeburt erfahren. Das ist der Segen des Sohnes, der uns als der Wort-Sohn das göttliche »Es werde!« zurückgebracht hat. Mit der Sündenvergebung nimmt in der alten Kreatur die neue Schöpfung ihren Anfang. So ist der Schöpfungsmittler im Himmel zum Heilsmittler auf Erden geworden. Die Evangelien und die Apostelgeschichte zeigen vielfältig und beredt, wie durch Sündenvergebung und Austreibung dämonischer Mächte Kräfte der Ewigkeit entbunden und Neues geschaffen worden ist. In großer Dankbarkeit berichtet auch der Evangelist Markus davon: »Und sie kamen ans andere Ufer des Sees in die Gegend der Gerasener. Und als er aus dem Boot trat, lief ihm alsbald von den Gräbern her ein Mensch entgegen mit einem unreinen Geist, … er war oft mit Fesseln und Ketten gebunden … und niemand konnte ihn bändigen … Als er aber Jesus sah … lief er hinzu und … schrie laut: Was willst du von mir, Jesus, du Sohn Gottes, des Allerhöchsten? Ich beschwöre dich …: Quäle mich nicht! Denn er hatte zu ihm gesagt [dem unreinen Geist]: Fahre aus! … und … die Leute gingen hinaus, um zu sehen, was geschehen war, und kamen zu Jesus und sahen den Besessenen, wie er dasaß, bekleidet und vernünftig, den, der die Legion unreiner Geister gehabt hatte.« Bis heute erweist sich das Wort Jesu Christi als die Macht des Himmels hier auf Erden. Mit seinem Kommen ins Fleisch hat die neue Schöpfung ihren Anfang genommen. Jesu Leiden, Sterben und Auferstehen hat die Macht des Himmels frei gesetzt, dass ihre verwandelnden Kräfte einströmen und Zeichen des neuen Himmels und der neuen Erde, die kommen werden, zur Erscheinung bringen. Geschieht dieses, ist der Sünde, dem Tod und dem Teufel die Herrschaft über das Haus unseres Leibes und unse8

rer Seele genommen. Nun ist Jesus der Herr. Wo er ist, kann Satan sich nicht halten. So oft und wann auch immer Jesus sein Wort gegen die sündige Macht, die uns von Gott losreißt, ergehen lässt: »Fahre aus!«, kommt es zur Reinigung unseres Hauses, das dann zum Tempel des Heiligen Geistes geworden ist (1.Korinther 6,19). Sind Leib und Seele zum Tempel des Heiligen Geistes geworden, ist der Zustrom des lebendigen Wortes wieder da. Neues ist geworden (2.Korinther 5,17). Der ins Fleische Gekommene selbst ist das Neue. Durch seine Einwohnung hat in uns das Christusleben begonnen. Der Apostels Paulus fasst es in die Worte: »Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir. Denn was ich jetzt lebe im Fleisch, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt hat und sich selbst für mich dahingegeben« (Galater 2,20). Der Christus-in-uns ist selbst das lebendige »Unterpfand« für die neue Kreatur. Sie hat begonnen und durch sie werden wir in der Auferstehung in vollkommener Gestalt geist- und wortgestaltige Menschen sein. Um dieses Zieles willen ist der ewige Sohn ins Fleisch gekommen. Als das Wort des Vaters ist er in die Welt eingetreten und uns Menschen erschienen. Mit Vollmacht, die nur ihm eigen ist, hat er Sünden vergeben, Kranke geheilt und Tote auferweckt. Zu ihnen gehören der blinde Bartimäus bei Jericho (Markus 10), der Kranke am Teich Betesda, der 38 Jahre lang krank war (Johannes 5), Lazarus (Johannes 11) und der Jüngling zu Nain (Lukas 7), wie auch die Ehebrecherin (Johannes 8) und der Schächer am Kreuz (Lukas 23). Das alles hat der Evangelist Johannes gemeint, wenn er im Eingang seines Evangeliums bezeugt: »Wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.« Diese Botschaft: »Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns«, ist uns aber nicht nur zur Lehre, geschweige denn zur gefälligen Information über göttliche Dinge gegeben, die irgendwann einmal geschehen sind. Diese weihnachtliche Botschaft ist eine Einladung. Wir sollen uns dem Sohn, der das Urwort des Vaters voller Geist und Leben ist öffnen, damit sich die Fleischwerdung auch in uns vollziehe und der Christus-in-uns uns gegenwärtig werde. Ist das geschehen, kommt es zur wahren und rechten Weihnachtsfreude und wir werden dann nicht mehr über das »Wie« der Fleischwerdung räsonieren, sondern für das im »Dass« offenbar geworden Heil danken und Christus, unseren Erlöser, anbeten. W Dezember 2013

Informationsbrief 282


Die Bedeutung bekennender Christen für den ­demokratischen Staat und die Freiheit in ­Gesellschaft, Politik und Kirche Rainer Mayer In der Bergpredigt (Matthäus 5,13f.) spricht Jesus seinen Jüngern zu: »Ihr seid das Salz der Erde ...« »Ihr seid das Licht der Welt ...«

Vorbemerkung Kann man das so pauschal sagen, dass die Demokratie in Europa und Deutschland ohne bekennende Christen gefährdet ist? Können nicht auch Nichtchristen nach Recht und Moral leben? Sollen nicht Staat und Kirche getrennt sein? Um diese berechtigten Fragen zu beantworten, gilt es, auf die Wurzeln der freiheitlichrechtlichen Demokratie, wie wir sie in Europa kennen und schätzen, einzugehen. Man könnte weiterhin fragen: Wieso müssen es bekennende Christen sein, reichen nicht auch die abendländischen Traditionen und »Werte« aus? Dazu ist vorauszuschicken, dass Traditionen in der Tat wichtig sind und ein Stück weit tragen. Aber sie »verholzen« und sterben schließlich ab, wenn sie nicht immer wieder wie mit einer »Frischzellenkur« von innen heraus erneuert werden. Dieses Absterben der einstmals tragenden Überlieferungen und politisch-ethischen Säulen unseres Gemeinwesens ist es ja gerade, was wir derzeit in unserem Land und darüber hinaus vielfach in Europa beobachten.

Rainer Mayer Die Anschrift des Autors finden Sie auf Seite 30 Informationsbrief 282

Dezember 2013

Die Gewaltenteilung ist ein grundlegendes Element der modernen demokratischen Staatsverfassung. Sie geht zurück auf Montesquieu, den französischen Schriftsteller, Philosophen und Staatstheoretiker.

Demokratie Zunächst zu den demokratischen Traditionen: Das aus dem Griechischen stammende Wort »Demokratie« bedeutet wörtlich »Volksmacht« oder »Volksherrschaft«. Nicht ein Einzelner herrscht (das wäre Tyrannei), auch nicht eine Gruppe von Privilegierten (das wäre Oli­ garchie), sondern das ganze Volk bestimmt den politischen Weg. Die moderne Lebenssituation einer freien und offenen Gesellschaft mit mündigen Bürgern spricht zweifellos für die Demokratie als beste Staatsform. Allerdings kann Demokratie auch missbraucht werden. Das geschieht insbesondere dann, wenn Mehrheiten überstimmte Minderheiten unterdrücken. Ein Missbrauch wäre auch die Pöbelherrschaft, die sich ohne Gesetz und Regel mit Gewalt durchsetzt (Ochlokratie/Anarchismus). Also braucht Demokratie Regeln und bedeutet nicht bloß, dass die Mehrheit das Sagen hat. Ein grundlegendes Element der modernen demokratischen Staatsverfassung bildet deshalb die Gewaltenteilung. Sie wurde, auf älteren Überlegungen aufbauend, von Montesquieu in seinem Werk »De l’ésprit des lois« (1748) formuliert: Die Staatsgewalt sondert sich nach ihren Hauptfunktionen in Gesetzgebung (Legislative), Regierung mit Verwaltung (Exekutive) und Rechtspflege (Judikative). Die Gewaltenteilung richtet sich gegen den Absolutismus und dient der demokratischen Kontrolle der Macht (Rechtsstaat). Wichtig ist, dass die Regierung auf Zeit gewählt wird und sich der Wiederwahl 9


(bzw. Abwahl) stellt und dass die Judikative Staat hat die Aufgabe, Leben zu schützen, Recht zwar ans Gesetz gebunden, aber von direkten zu wahren und Frieden und Freiheit zu fördern. politischen Eingriffen unabhängig bleibt. Er bestimmt über die äußeren Ordnungen. In der modernen Gesellschaft sind neue Er darf jedoch nicht zum WeltanschauungsProb­leme durch die Massenmedien entstanden, staat pervertieren und über innere Gesinnung die als »vierte Gewalt« eine Macht ausüben, die und Religion der Einzelnen verfügen wollen. nicht demokratisch kontrolliert und legitimiert Die biblisch begründete Menschenwürde alist, so dass Meinungen durch lerdings ist Staat und Geeinseitige Informationen kasellschaft unhinterfragbar nalisiert und beeinflusst und vorgegeben. Sie darf nicht im Sinne »politischer Kordurch Bedingungen – wie rektheit« gleichgeschaltet z. B. Reflektionsvermögen, werden. Andererseits soll Schmerzempfindlichkeit, die »Presse« frei sein und Zukunftsfähigkeit – eingebleiben. Zugleich ist sie ihschränkt werden, wie es in rerseits vielfachen ökonomider utilitaristischen Ethik schen Einflüssen ausgeliefert. (z. B. bei Peter Singer) geDemokratie ist daher kein schieht und sich derzeit Selbstläufer, der, einmal einzunehmend gesellschaftlich geführt, ungefährdet Bestand verbreitet (vgl. Abtreibung hätte, sondern sie muss durch und Euthanasiediskussion). gemeinschaftsorientier ten »Erst das Christentum Bürgersinn, der mit Bildung hat die Unterscheidung von und freiheitlicher Gesinnung Immanuel Kant Staat und Kirche hervorgeHand in Hand geht, stets erbracht«, betont der Kirneuert und lebendig erhalten chenrechtler Axel Freiherr werden. Und damit sind wir mm Die abendländische von Campenhausen (Artikel beim christlichen Glauben. »Staat«, in: Evangelisches Aufklärung war an VerLexikon für Theologie und Gemeinde). Die Bedeutung Der christliche Glaube nunft und Werte gebundieser religionsgeschichtlich den und hat nichts mit der Der entwickelten Demounbestreitbaren Erkenntnis kratie liegt ein Menschenbild verbreiteten Pseudo-Aufwird in Deutschland bei der zugrunde, das sich im Zuge klärung zu tun, die lediggegenwärtigen gesellschaftder abendländischen Geistes- lich zum Inhalt hat, dass lichen Situation im Zusamgeschichte entfaltete und seit menhang der Diskussion um der Aufklärung politisch zum jeder tun und lassen kann, Multikulturalität, Religionen Durchbruch kam. Meilenstei- was ihm gerade beliebt. und Demokratie zu wenig ne auf diesem Weg sind das beachtet. Da der moderne auf christlichem Freiheitsverständnis beruhen- demokratische Staat kein »christlicher Staat« ist de Grundsatzbekenntnis aus der Unabhängig- und auch aus christlich-theologischen Gründen keitserklärung der 13 Gründerstaaten der USA nicht sein soll (vgl. Luthers Zwei-Regimentenvom 4. Juli 1776 (»dass alle Menschen gleich Lehre), ergibt sich in einer zunehmend plurageschaffen sind«) und der Gedanke der Volks- listischen und multireligiösen Gesellschaft die souveränität (Rousseau). Frage, ob die freiheitliche Demokratie Bestand Die Begründung der Menschenrechte und haben kann, wenn solche Weltanschauungen Menschenwürde geht auf das biblische Men- und Religionen vermehrt Einfluss gewinnen, schenverständnis von der Gottebenbildlichkeit die eine Unterscheidung von religiöser und pojedes Menschen (gemäß 1.Mose 1,27) zurück litischer Ordnung ablehnen. Da der demokratiund ist die fundamentale Voraussetzung für die sche Staat seinerseits kein Weltanschauungsstaat Verwirklichung von Demokratie, wie umge- sein soll und sein will, entsteht ein Problem, das kehrt die vornehmste Aufgabe des demokrati- der frühere Verfassungsrichter Ernst-Wolfgang schen Staates darin besteht, Menschenrechte Böckenförde auf die Formel gebracht hat: »Der und Menschenwürde zu wahren und zu schüt- freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Vozen (vgl. Grundgesetz Art. 1 Abs. 1.2). Men- raussetzungen, die er selbst nicht garantieren schenwürde und Menschenrechte schließen kann. Das ist das große Wagnis, das er, um der Gewissensfreiheit und Religionsfreiheit ein. Der Freiheit willen, eingegangen ist« (»Böckenför10

Dezember 2013

Informationsbrief 282


de-Diktum«, in: Staat, Gesellschaft, Freiheit, S. demokratischen Staat selbst, der offensichtlich 60). Freiheit in diesem Sinn bedeutet also nicht nicht mehr um seine eigenen Grundlagen weiß Libertinismus. Gemeint ist nicht die Beliebig- und sich auf diese Weise blindlings sein eigenes keit, die heute als »Buntheit« schöngeredet Grab schaufelt. Man tappt in die »Denkfalle wird. Die abendländische Aufklärung war an Religionsbegriff«. Zwar soll Religionsfreiheit Vernunft und Werte gebunden und hat nichts herrschen, aber die Religionen sind nicht einmit der verbreiteten Pseudo-Aufklärung zu fach alle gleich, sondern höchst unterschiedlich. tun, die lediglich zum Inhalt Und Kirche sollte etwas anderes hat, dass jeder tun und lassen mm Unter Ausnutzung und sein als ein Verein zur Pflege rekann, was ihm gerade beliebt. Berufung auf die grundligiöser Riten. Als einzige Norm bleibt dann Auch in Theologie und Kirnur, den Anderen, der für gesetzlich garantierte che wurde weitgehend vergessich dieselbe Beliebigkeit in Religionsfreiheit kann die sen, dass man zwar das ChristenAnspruch nimmt, nicht da- Religionsfreiheit durch tum als historische Erscheinung bei zu behindern. Dass dies unter »Religionen« verrechnen auf Dauer nicht möglich ist, solche Religionssysteme kann, dass aber entschiedener wird nicht wahrgenommen. auch bei uns unterwanGlaube an Jesus Christus und Religiosität nicht auf eine EbeDer selbstverständliche Gedert, ausgehöhlt und letzt- ne gehören, geschweige denn nuss von Freiheit, der auf einem Rest von abendlän- lich abgeschafft werden. dasselbe sind. Diesen Eindruck disch-christlichen Humantra- Diese Gefahr wird derzeit hat man jedoch, wenn man die ditionen beruht, scheint das vielfachen kirchlichen BemüBewusstsein für die Gefähr- in den westlichen demohungen und Hilfen zur rechtlidung eben dieser Freiheit zu kratischen Staaten nicht chen Etablierung außerchristlidesensibilisieren. Die Decke erkannt. cher Religionen im Land sieht. Man denke z. B. an das große unserer Zivilisation ist bereits sehr dünn geworden! kirchliche Engagement für die Einrichtung In Europa gibt es zwar aktuelle Erfahrungen orthodoxer islamischer Lehrstühle an Univermit dem Missbrauch staatlicher Macht in der sitäten und für bekennenden islamischen ReliForm, dass der Staat in den Bereich der Religion gionsunterricht in Schulen. Statt aufklärender übergreift und damit zum Weltanschauungsstaat Islamkunde wird eine Richtung gefördert, die pervertiert (vgl. NS-Diktatur; sozialistisch-kom- die Gottessohnschaft Jesu Christi entschieden munistische Staaten). Aber es gibt in der west- bekämpft und somit den christlichen Glauben lichen Welt mit ihrer jüdisch-christlichen kultu- im Zentrum angreift. Selbstverständlich gilt rellen Tradition (vgl. auch »Pilgerväter«, die ab Religionsfreiheit. Aber dazu beizutragen, dass 1620 die Demokratie in den USA stifteten) seit christusfeindliche Lehren staatlich-institutiodem Ende der weltlichen Herrschaft geistlicher nell etabliert werden, ist ein schlimmer Irrweg. Fürsten aufgrund der Reformation kaum Erfah- Wenn man meint, eigene kirchliche Vorteile z. rung mit Religionen, die ihrerseits in staatliche B. für den Religionsunterricht dabei herausBelange übergreifen und politische Herrschaft schlagen zu können, sollte man lieber darauf errichten, weil sie die Unterscheidung von Reli- verzichten. Wie der demokratische Staat, der gionsgemeinschaft und politischer Ordnung ab- seine Wurzeln nicht mehr kennt und sich so sein lehnen, wie es heutzutage in islamischen Staaten eigenes Grab schaufelt, wird auch die Kirche, weltweit geschieht. Unter Ausnutzung und Be- die ihren Auftrag der klaren Christusverkündirufung auf die grundgesetzlich garantierte Re- gung im religiösen Allerlei untergehen lässt, zu ligionsfreiheit kann die Religionsfreiheit durch ihrem eigenen Totengräber. solche Religionssysteme auch bei uns unterwandert, ausgehöhlt und letztlich abgeschafft Ausblick werden. Diese Gefahr wird derzeit in den westLeidvoll musste der Westen in neuerer Zeit lichen demokratischen Staaten nicht erkannt, ja es wird demokratiefremden oder gar demo- mehrfach erfahren, dass man freiheitliche Dekratiefeindlichen Bewegungen Raum gegeben mokratie nicht in Kontexte übertragen und und sogar Förderung gewährt, wenn diese ihre exportieren kann, die auf ganz anderen kultuAuffassung »religiös« begründen. Die Erosion rellen Traditionen beruhen. Wo man Diktatuder geistigen Grundlagen der Demokratie wird ren beseitigte, entstanden nicht demokratische auf diese Weise nicht aufgehalten, sondern so- Strukturen, sondern Chaos, vermehrte Gewalt gar beschleunigt. Und das geschieht durch den und Verfolgung von – insbesondere christlichen Informationsbrief 282

Dezember 2013

11


Missverstandene Säkularisierung – eine große Gefahr für die Demokratie in Deutschland und Europa. In die geplante europäische Verfassung wurde nicht einmal ein Bezug auf einen allgemeinden Gottesbegriff aufgenommen. – Minderheiten. Deshalb hat der freiheitlichdemokratische Staat zwar Religionsfreiheit zu gewähren, aber er selbst kann nicht zu allen Religionen die gleiche Distanz wahren (»Äquidistanz«), will er nicht seine eigene künftige Freiheit aufs Spiel setzen. Der Grund liegt darin, dass der biblischchristliche Glaube im Unterschied zu anderen Religionen eine »Entscheidungsreligion« ist. Kein Mensch wird als Christ geboren, sondern jeder Einzelne ist zu einer persönlichen Entscheidung aufgerufen. Deshalb weist der freie demokratische Staat neben den bereits genannten Grundlagen »eine Nähe zum christlichen Menschenbild« auf (vgl. die Denkschrift der EKD: Evangelische Kirche und freiheitliche Demokratie. Der Staat des Grundgesetzes als Angebot und Aufgabe, 1985). Die Freiheit des Glaubens zu verkünden und zu bezeugen ist daher der beste Dienst, den die christliche Gemeinde dem demokratischen Staat leisten kann. Und umgekehrt verliert der Staat, der die Verkündigung des Evangeliums behindert, seinen treuesten Diener und Garanten, nämlich die fürbittende und für das Ganze eintretende Christengemeinde. Deshalb ist die missverstandene Säkularisierung, die fälschlicherweise abendländische Aufklärung und christlichen Glauben als Gegensatz auffasst und die aufgrund dieses Irrtums dem Christentum gleichgültig gegenübersteht oder es sogar bekämpft, eine große Gefahr für den zukünftigen Bestand der Demokratie in Deutschland und darüber hinaus in Europa. Ein Warnzeichen war, dass nicht einmal ein Bezug auf einen allgemeinen Gottesbegriff (der ja, weil 12

er unkonkret ist, noch gar nicht viel besagt) in die geplante europäische Verfassung aufgenommen werden sollte. Jedenfalls wäre mit einem Gottesbezug in der Verfassung mindestens dies ausgedrückt, dass die politische Macht um ihre Selbstbegrenzung weiß und sich vor totalitären Ansprüchen hüten will. Deutlicher noch wäre ein Hinweis auf die jüdisch-christlichen Grundlagen der europäischen Kultur in der Verfassung gewesen. Der Versuch, die Zukunft Europas allein auf ökonomische Basis zu gründen, wird nicht von dauerhaftem Erfolg sein, wie es u. a. die Euro-Krise bereits zeigt. Zum Schluss sei auf Dietrich Bonhoeffer verwiesen. Seine Situationsanalyse ist nach wie vor gültig und hoch aktuell. In der »Ethik« schrieb er: »Das Abendland ist dabei, die Annahme seines geschichtlichen Erbes als solches zu verweigern. Das Abendland ist christusfeindlich« (Werke, Bd. 6, S. 123). »Vor dem letzten Sturz in den Abgrund kann nur zweierlei bewahren: Das Wunder einer neuen Glaubenserweckung und die Macht, die die Bibel als ›den Aufhaltenden‹, katechoon (2.Thessalonicher 2,7) bezeichnet ...« (S. 122). »Die Kirche wird durch ihren Glauben an Christus, d. h. durch die Beugung unter die Gestalt Christi, gerechtfertigt und erneuert. Das Abendland als geschichtliche politische Gestalt kann nur indirekt durch den Glauben der Kirche ›gerechtfertigt und erneuert‹ werden« (S. 133f.). »Dabei erweist sich die Kirche um so wirksamer, je zentraler ihre Botschaft ist, und ihr Leiden ist dem Geist der Zerstörung unendlich viel gefährlicher als die ihr etwa noch verbliebene politische Macht« (S. 124). Darum sind entschiedene Christen »Salz der Erde« und »Licht der Welt«. Das gilt insbesondere für Europa, wo man die politischen Freiheitsfrüchte des christlichen Glaubens gerne genießt und von ihnen zehrt, aber nicht bedenkt, dass die Früchte zu Ende gehen, wenn sie nicht nachwachsen. Das gilt erst recht, wenn man die Wurzeln des Baumes, der solche Früchte trägt, bewusst abschneidet (siehe Europäischer Verfassungsentwurf). Es geht um ein eindeutiges Bekenntnis und um klare Entscheidungen. Alles andere ist nicht nur Verrat am Glauben, sondern auch ein schlechter Dienst am demokratischen Staat. Christen haben die Aufgabe, wachsam zu sein, den Ideologien des Zeitgeistes zu widerstehen und sich in Gebet und Tat für das politische Gemeinwesen einzusetzen. Die verbleibende Zeit ist Zeit zur Umkehr, Gnadenzeit, damit noch viele Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen (vgl. 1.Timotheus 2,4). W Dezember 2013

Informationsbrief 282


Buchbesprechung

Karl Richard Ziegert

Zivilreligion Der protestantische Verrat an Luther Wie sie in Deutschland entstanden ist und wie sie herrscht Reinhard Slenczka

I

nhalt und Bedeutung dieser umfangreichen Untersuchung zu den Ursachen für unsere heutigen kirchlichen Verhältnisse sind am besten in den eigenen Worten des Autors zusammengefasst: »Die gesellschaftliche Grundlage der Bundesrepublik ist als jene der Zivilreligion der deutschen Schuld zu identifizieren, die strukturell schon in den zivilreligiösen Antrieben der Weimarer Republik und davor vorhanden ist. Diese Zivilreligion hat damals wie in den USA, England und Frankreich auch in Deutschland totalitäre Tendenzen zum politischen Erfolg gebracht und wird diese Entwicklung auf ein totalitäres Klima hin dann auch in der Bundesrepublik kaum vermeiden können … Es sind rein politische Interessen, die eine ›Umformung der Kirche zur Propagandaorganisation einer christlich-politischen Ideologie‹ betreiben …« (402f.).

Reinhard Slenczka Die Anschrift des Autors finden Sie auf Seite 30 Informationsbrief 282

Dezember 2013

Erschienen im Olzog Verlag München 2013 475 Seiten, ISBN 978-3789283512

Diese These ist erschreckend scharf formuliert, doch ausführlich begründet. Daher wird dieses Buch, sofern es gelesen und nicht von vornherein in der bei uns herrschenden gesellschaftspolitischen Polarisierung in eine rechte Ecke abgeschoben wird, nicht nur wichtige Anregungen zu Streitgesprächen, sondern hoffentlich auch zu Einsicht und Umkehr geben. In dieser Absicht soll im Folgenden nicht der Inhalt referiert, sondern auf einige Entscheidungspunkte hingewiesen werden. 1. Es sind vermutlich nicht wenige unter den Lesern des »Informationsbriefes«, denen die Politisierung unserer Evangelischen Kirche in Deutschland Sorge bereitet und die darunter leiden, wenn aktuelle gesellschaftspolitische Forderungen fortlaufend in kirchenamtliche Erklärungen und Entscheidungen aufgenommen werden, durch die nicht nur innerhalb der Kirchengemeinschaft, sondern auch im Verhältnis zu anderen Kirchen Trennungen aufbrechen. Die dadurch entstehenden Gegensätze sind scharf und schmerzlich. Sie führen im praktischen Leben zu Konflikten, zu Verdrängungen, ja auch zu Entlassungen, Exkommunikationen und direkten Lehrverurteilungen. Davon können der Verfasser dieses Buches ebenso wie der Rezensent ein Lied singen. Die bestehende Übereinstimmung in den Grundlagen von Schrift und Bekenntnis, der »magnus 13


consensus«, wie er in den kirchlichen Grundord- der Kirche anvertraut ist. Der Gegenbegriff von nungen verbindlich festgelegt ist, wird laufend Zivilreligion ist daher auch »geistliche Religion« gebrochen, und damit fällt die Kirchengemein- bzw. »biblische Theologie«. Das Evangelium ist schaft in unversöhnliche gesellschaftspolitische die frohe Botschaft von der Rettung aus dem Richtungen auseinander. An die Gericht durch den Glauben an Stelle der Wertungen von wahr Jesus Christus, der in seinem Leiund falsch, von heilsam und den und Sterben und durch seine schädlich treten gesellschaftspoAuferstehung die Verderbenslitische Wertungen wie »rechts« mächte von Sünde, Teufel und und »links«, »progressiv« und Tod überwunden hat. Durch das Evangelium wird die von Gott vor »konservativ«, »zeitgemäß« und Erschaffung der Welt erwählte »überholt« u. a. m. Schar (Epheser 1,4) aus der Welt 2. Der Begriff »Zivilreligion«, der zwar aus den USA in Umherausgerufen und durch Chrislauf gekommen ist, nicht jedoch tus durch das Gericht hindurch dort seinen Ursprung hat, bein das ewige Leben geführt. Auf zieht sich auf die Funktion von diese Weise vollzieht sich durch Religion für die Gestaltung und die Kirche wie auch in ihr eine Ordnung menschlichen ZusamScheidung, die freilich nur dem menlebens. Andere Begriffe für mm »Der Versuch, den Glauben, der vom Wort Gottes diese Funktion sind etwa der Himmel auf Erden zu und durch die Sakramente von Begriff »politische Theologie«, der Taufe und Abendmahl getragen schon in der Antike verwendet verwirklichen, produwird, erkennbar und wirksam ist. wird zur Bezeichnung der Funk- zierte stets die Hölle«, 3. Was nun im Buchtitel als tion von Religion für die Rechts»protestantischer Verrat an Luso der Philosoph Karl begründung, für die öffentliche ther« deklariert wird, ist der VorOrdnung und Meinungsbildung. Popper. Was theolowurf, dass im Protestantismus Sehr wichtig für diesen Bereich gisch als Schwärmerei diese wesentliche Unterscheiist aber der »politische Brauch dung zwischen der schützenden des Gesetzes« »usus politicus/ci- zu bezeichnen ist, und strafenden Funktion des Gevilis legis«. Dabei geht es um bleibt eine ständige setzes und der rettenden Funktion des Evangeliums und damit die Wirkung von Gottes Gesetz Versuchung für die für die Erhaltung der Welt nach auch die Unterscheidung der dem Sündenfall als Schutz gegen christliche Gemeinde. göttlichen Ordnungen von Kirdie Sünde und das Böse, das im che und Staat aufgehoben wird. Menschen und über den Menschen herrscht. Dazu wird als Motto Luther zitiert: »Die FühDiese Aufgabe hat z. B. die Obrigkeit als Diene- rung des Staates muss nicht heilig sein, auch seine rin Gottes zum Schutz der Guten und zur Strafe Regierung braucht keine christliche zu sein. Es geder Bösen (Römer 13,1–7). Gottes Gesetz ist nügt völlig, dass im Staat die Vernunft herrscht.« der Maßstab auch für sein Endgericht über LeDas Buch von Ziegert ist eine umfangreiche bende und Tote, also über alle Menschen und Analyse und Dokumentation, in welcher Weise die ganze Welt. Nach Gottes Willen und nach nach 1945, jedoch in Ansätzen schon im 19. rechter christlicher Lehre kann das, was unter Jahrhundert und vor 1945, die Zivilreligion sich dem Begriff »Zivilreligion« verstanden wird, in der Evangelischen Kirche Deutschlands und nur präventiv, vorbeugend, der Erhaltung und über sie hinaus in der deutschen Politik verbreiOrdnung menschlichen Zusammenlebens die- tet hat und inzwischen beherrschend, also »totanen; es kann jedoch niemals produktiv zu einer litär« geworden ist. Ein für diese Entwicklung Verwirklichung des Reiches Gottes und einer entscheidendes Dokument ist für den Verfasser Wiederherstellung des Paradieses auf Erden die »Stuttgarter Schulderklärung«, genauer: führen. »Der Versuch, den Himmel auf Erden »Erklärung des Rates der Evangelischen Kirche zu verwirklichen, produzierte stets die Hölle«, so in Deutschland gegenüber Vertretern des Ökuder Philosoph Karl Popper. Was theologisch als menischen Rates der Kirchen« vom 18. Oktober Schwärmerei zu bezeichnen ist, bleibt eine stän- 1945. dige Versuchung für die christliche Gemeinde. Ob diese Erklärung als Ursache oder als FolVon dem Bereich des schützenden und stra- ge der geschilderten Entwicklung anzusehen ist, fenden Gesetzes zu unterscheiden ist der Be- dürfte meines Erachtens eine offene Frage sein. reich des Evangeliums, dessen Verkündigung Unbestreitbar, doch weithin vergessen ist, dass 14

Dezember 2013

Informationsbrief 282


sich nach 1945 die Wege in der Bekennenden sches Handeln bewältigt und vermieden werden Kirche radikal getrennt haben. Auf der einen kann oder ob das durch den Ruf zur Umkehr Seite sahen Theologen wie Edmund Schlink1, und zum Glauben an das Evangelium geschieht. Das umfangreiche Buch von Ziegert, das für Peter Brunner und Walter Künneth den »großen Abfall« von Gott und seinem Wort in Theolo- die Veröffentlichung sogar noch erheblich gegie und Kirche dort, wo krekürzt werden musste, zeigt atürliche Größen und Mäch- mm Das umfangreiche Buch nun detailliert und mit einte wie Blut, Boden, Rasse, von Ziegert, das für die drucksvollen Belegen, wie politische Interessen aus Volk, Forderungen der Zeit ­ eröffentlichung sogar noch verschiedenen Richtungen und Ruf der Stunde u. a. m. V eine beherrschende norma- erheblich gekürzt werden Theologie und Kirche bei uns bestimmen, wenn nicht tive Bedeutung gewonnen musste, zeigt nun detailliert sogar beherrschen. Es war haben. Dies macht Christen Walter Künneth, der wilde anfällig für die Faszination und mit eindrucksvollen Empörung mit dem Hinpolitischer Heilslehren. An- ­Belegen, wie politische Inte­ weis auslöste, »dass dieselbe gesichts des Strafgerichtes Geistigkeit des NationalsoziGottes war daher zur Um- ressen aus verschiedenen Richtungen Theologie und Kir- alismus unter anderem Nakehr zu rufen. Dem stand gegenüber das che bei uns bestimmen, wenn men auch heute noch weithin die Seele der Menschen knech»Darmstädter Wort des Brutet«.3 derrates der Evangelischen nicht sogar beherrschen. So trifft das Buch zielgeKirche in Deutschland zum politischen Weg unseres Volkes« vom 8. August nau in unsere heutige Situation. Es wird daher 1947, das leider nicht erwähnt wird.2 Träger auch auf der einen Seite wilde Empörung, auf dieses von Anfang an sehr umstrittenen Doku- der anderen Seite dankbare Bestätigung auslöments waren u. a. Martin Niemöller, Karl Barth, sen. Gut wäre es jedoch, wenn es zu Einsicht Hans Joachim Iwand, Ernst Wolf, während an- und Umkehr in Kirche und Theologie führdere sich zurückzogen. In diesem Dokument te und damit unter die Wirkung des Wortes wird die Schuld von Kirche und Theologie in Gottes in Gesetz und Evangelium sowie in die politischen Fehlern konservativer Kirchlich- Unterscheidung, jedoch nicht Trennung von keit erblickt, und es wird ein progressives po- Gottes Wirken durch sein Gesetz im Reich der litisches Engagement der Kirche gefordert mit vergehenden Welt und durch das Evangelium entsprechendem Einsatz für vorzugsweise so- zur Rettung aus der Welt in der Vorbereitung zialistische Bewegungen und Aktionen (was auf das Kommen des Reiches Gottes in Jesus man heute lieber verschweigt). Es ist die Rede Christus. Das Buch ist eine Provokation, indem von »Irrwegen«, die darin gesehen werden, dass es eine Entwicklung und einen Zustand beman das »Recht auf Revolution« verneint und schreibt, wo jedoch weitere vertiefte theologidie Mahnungen des »ökonomischen Materialis- sche und geistliche Einsicht nötig ist, will man mus und der marxistischen Lehre« nicht beachtet nicht in bloßer aus Enttäuschung erwachsener hat. An diesem Text zerbrach die Gemeinschaft kirchenpolitischer Opposition verharren. W der Bekennenden Kirche. Dass diese Tendenz sich beherrschend durchgesetzt hat, ist nicht zu bestreiten, auch wenn die Ursachen vergessen 1) Um E. Schlink zu zitieren: Ursache des Nationalsozialismus und sind. dafür, dass er auch in der Kirche mit den Deutschen Christen In der Fülle des Materials, das hier nicht eineinen beherrschenden Einfluss gewinnen konnte, lag an einer mal annähernd dargestellt werden kann und Glaubensschwäche bzw. einem Irrglauben: »Als jene verhängnisvolle Weltanschauung an sie herantrat, haben es viele einfach über das im Einzelnen auch zu diskutieren wäre, nicht gemerkt, dass jenes Reden von dem Allmächtigen und geht es in der Sache um zwei Probleme: Das eine seiner Vorsehung nichts zu tun hatte mit dem lebendigen Gott, ist die ständig von neuem bedrängende Frage dem Vater Jesu Christi, sondern sich gegen diesen wandte.« »Christus war ihnen eben keine Wirklichkeit mehr inmitten nach der Bewältigung von Schuld vergangener seiner Gemeinde, sondern er war ihnen schon längst zu einer Generationen, das andere ist die Frage nach der bloßen Idee geworden.« Er weist auch darauf hin, wie die Theologischen Fakultäten zerfallen und wie der Religionsunterricht Vermeidung neuer Schuld und der Herstellung »in den Schulen weithin beseitigt und des biblischen Inhalts einer gerechten Gesellschaft, und zwar vor alberaubt« wurde. Der Ertrag des Kirchenkampfs, Gütersloh lem durch die Durchsetzung von so genannten 1946/47, S. 8.9.5. 2) Wie der Verfasser mitteilt, ist der entsprechende Abschnitt, was Menschen- und Freiheitsrechten. sehr zu bedauern ist, den Kürzungen des Manuskripts zum Genau an diesen Problemen scheiden sich Opfer gefallen. Gerade deshalb wird hier darauf hingewiesen. die Geister in der Frage, ob Schuld durch politi- 3) W. Künneth, Der große Abfall, Hamburg 1947. Informationsbrief 282

Dezember 2013

15


Was ist die Ehe wert? Eine biblische Orientierung als Antwort auf die »Orientierungshilfe« der EKD »Zwischen Autonomie und Angewiesenheit« Joachim Cochlovius Die im Juni 2013 erschienene Familienschrift der EKD fordert dazu auf, »Familie neu zu denken und die neue Vielfalt von privaten Lebensformen unvoreingenommen anzuerkennen und zu unterstützen«. Diese Aufforderung wird von der Verfasser-Kommission »als eine normative Orientierung« verstanden, d. h. als neue Norm und Aufgabe evangelischer Ethik. Zur Begründung heißt es: »Die traditionellen Leitbilder halten den neuen Herausforderungen in Wirtschaft und Gesellschaft sowie den vielfältigen Erwartungen an Familien nicht mehr stand.« Die Ehe ist also nach Meinung der Verfasser den Anforderungen der modernen Gesellschaft letztlich nicht mehr gewachsen. Demzufolge wird am christlichen Ehebild massive Kritik geübt. WW Die in der Bibel bezeugte Einsetzung der Ehe durch Gott wird bestritten. »Ein normatives Verständnis der Ehe als ›göttliche Stiftung‹ und eine Herleitung der traditionellen Geschlechterrollen aus der Schöpfungsordnung« wird wegen »der historischen Bedingtheit des familiären Zusammenlebens« in den biblischen Erzählungen abgelehnt.1 WW Die biblische Zuordnung von Mann und Frau in der Ehe wird als zeitbedingt und überholt zurückgewiesen. Das Hilfesein der Frau und das Hauptsein des Mannes werden problematisiert. Den biblischen Texten wird unterstellt, dass sie eine »Geschlechter-Hie­ rarchie« und eine »Dominanz des Mannes« in Kirche und Theologie etabliert hätten.2 WW Die Ehe ist in der Familienschrift nur noch eine Lebensform unter vielen anderen, ein zwischenmenschlicher, jederzeit auflösbarer Vertrag, durch den man sich gegenseitige Hilfe zusichert. »Die evangelische Kirche

Joachim Cochlovius Die Anschrift des Autors finden Sie auf Seite 30

16

würdigt die Ehe als besondere Stütze und Hilfe, die sich auf Verlässlichkeit, wechselseitige Anerkennung und Liebe gründet.« Das Versprechen lebenslanger Treue wird dabei als Zumutung empfunden.3 Angesichts dieser eheabwertenden Auffassungen entsteht die Frage, was eigentlich die Ehe gegenüber anderen Lebensformen von Mann und Frau auszeichnet und worin ihr spezifischer Wert liegt. Diese Broschüre gibt Antwort.

Eine göttliche Stiftung und Wohltat Als Gott am Anfang Mann und Frau erschuf und einander zuführte, hat er die Ehe als lebenslange Gemeinschaft von Mann und Frau eingesetzt (1.Mose 2,4b–25). Indem er beide mit Fruchtbarkeit segnete, gab er ihnen die Fähigkeit, Nachkommen zu zeugen und zu erziehen (1.Mose 1,28). Jesus hat die göttliche Stiftung der Ehe bestätigt. In einem Streitgespräch mit den Pharisäern stellte er fest: »Der am Anfang den Menschen geschaffen hat, schuf sie als Mann und Frau« (Matthäus 19,4). Auch der Epheserbrief bekräftigt die göttliche Stiftung der Ehe. In Epheser 5,31 wird 1.Mose 2,24 zitiert, wo die eheliche Verbindung von Mann und Frau auf Gottes Willen zurückgeführt wird. Nach Epheser 5,32 ist am ehelichen Einssein von Mann und Frau die geistliche Einheit von Christus mit seiner Gemeinde ablesbar. Es gibt also keinen Zweifel, dass die Bibel Alten und Neuen Testaments ein »normatives Verständnis der Ehe als göttliche Stiftung« hat. Wer das nicht sieht, ist blind vor der Realität. WW Im Großen Katechismus rühmt Luther den Ehestand als den »allgemeinsten, edelsten Stand, der durch den ganzen Christenstand, ja durch alle Welt geht und reicht«. Gott hat ihn »als einen göttlichen, seligen Stand« eingesetzt und »vor allen Ständen aufs Reichlichste gesegnet«. »Darum habe ich immerdar gelehrt, dass man diesen Stand nicht verachte noch gering schätze, wie die blinde Welt und unsere falschen Geistlichen tun, sondern ihn nach Gottes Wort ansehe, mit dem er geschmückt und geheiligt ist, so Dezember 2013

Informationsbrief 282


dass er nicht nur anderen Ständen gleichgesetzt ist, sondern vor und über sie alle geht, es seien Kaiser, Fürsten, Bischöfe und wer sie wollen.«4 Wenn wir nach der Wohltat der Ehe fragen, müssen wir die Grundbedürfnisse der menschlichen Seele kennen. Jeder Mensch braucht Grunderfahrungen von Heimat, Treue und Geborgenheit, denn er lebt in einer Welt, die ihm keine dauerhafte Heimat, keine absolute Treue und keine letzte Geborgenheit in den Nöten seines Lebens bietet. Um ihm diese Erfahrungen zu geben, hat Gott in seiner Fürsorge und Weisheit zwei Gemeinschaftsformen gestiftet, die Ehe und die christliche Gemeinde. Durch die Ehe segnet er die ganze Menschheit, den Segen der Gemeinde erfahren diejenigen, die kraft Taufe und Glauben zu Christus gehören. Natürlich können Ehe und Gemeinde keine vollkommene Heimat, Treue und Geborgenheit vermitteln, denn sie werden von fehlbaren Menschen gestaltet, aber sie können trotzdem einen Vorgeschmack auf die himmlische Herrlichkeit geben, wo die Erlösten die vollkommene Treue und Geborgenheit Gottes empfangen. Deswegen kann man Ehe und Gemeinde als göttliche Stiftungen nicht hoch genug schätzen. Dabei sollte klar sein, dass nur die öffentlich auf Lebenszeit geschlossene Ehe von Mann und Frau diese Grunderfahrungen vermitteln kann. Nur wenn sich beide verbindlich und d. h. öffentlich die lebenslange Treue zusprechen und ihr Versprechen mit Gottes Hilfe einlösen, wird die Ehe zur Wohltat und schenkt Heimat und Geborgenheit. Ebenso sollte klar sein, dass der Segen Gottes für die Ehe eben nur der Ehe von Mann und Frau gilt und nicht den immer üblicher werdenden anderen sexuellen Lebensformen, zu denen sich Menschen zusammenschließen. Es gehört zu den grundlegenden theologischen Fehlern der EKD-Familienschrift, dass sie »die neue Vielfalt von privaten Lebensformen« der Ehe gleichstellt, sie kirchlich legitimiert und dadurch den Eindruck vermittelt, dass auch sie in gleicher Weise unter Gottes Segen stehen.5 Es wird nicht mehr unterschieden zwischen Lebensformen, die Gott eingesetzt hat und die damit unter seinem Segen stehen und solchen, zu denen sich Menschen eigenmächtig zusammenschließen. Ulrich Eibach stellt dazu fest, dass es nach dieser »Legitimationsethik« überhaupt keine Lebensform mehr gibt, »die man als Missachtung des Gebotes Gottes, als Sünde bezeichnen kann und darf. Ethik wird so immer mehr zur Legitimation des faktisch gelebten Lebens, zur Bestätigung menschlicher Wünsche.«6 Informationsbrief 282

Dezember 2013

Wenn wir nach der Wohltat der Ehe fragen, müssen wir die Grundbedürfnisse der menschlichen Seele kennen. Jeder Mensch braucht Grunderfahrungen von Heimat, Treue und Geborgenheit. Die Folge dieser kirchlichen Gleichstellung aller Lebensformen hat Gerhard Müller gezeigt: »Wir kehren zurück in die hellenistische, vorchristliche Zeit. Auch damals lebten die Menschen vielfältig. Es war die jüdisch-christliche Lehre, die den Hedonismus zurückdrängte, den Wunsch, sich das Leben so angenehm wie möglich zu machen.«7 Wir können festhalten: Die Ehe ist von Gott gestiftet und steht unter seinem Segen. Andere Formen des sexuellen Umgangs und Zusammenlebens werden in der Bibel zurückgewiesen bzw. unter Strafe gestellt (1.Korinther 6,9; Galater 5,21; Kolosser 3,5f.).

Die Zuordnung von Mann und Frau –– ein geniales Konzept Gottes Mit großer Anmaßung (»Heute wissen wir …«) zieht die EKD-Familienschrift gegen die von Gott verfügte unterschiedliche Bestimmung von Mann und Frau zu Felde. In den biblischen Schöpfungsberichten spiegele sich eine »Geschlechter-Hierarchie«, in einigen biblischen Texten würde sich »die Dominanz des Mannes« abbilden, das »Schöpfungsgeschehen« sei »vom Mann her gedacht«, die Frau werde »als ›Gefährtin‹ des Mannes« verstanden, die bib­lischen Erzählungen würden u. a. von »einem überholten Rollenverständnis« zeugen.8 Diese Klischee-Urteile sind sämtlich falsch. Was sagen die biblischen Texte wirklich zur göttlichen Bestimmung von Mann und Frau? Dem Ehemann wird die Aufgabe übertragen, für seine Frau Verantwortung, Schutz und Fürsorge zu übernehmen. Die Bibel verwendet da17


für den Begriff »Haupt«. Was er bedeutet, wird aus 1.Korinther 11,3 deutlich, wo vom Hauptsein Gottes für Christus die Rede ist. Als Haupt Christi gibt Gott alles, was er ist und hat, seinem geliebten Sohn. Was das heißt, steht sehr schön und anschaulich in Hebräer 1,1–5. Gott überträgt ihm sein ganzes Erbe, er erschafft durch ihn die ganze Welt, er gibt ihm vollen Anteil an seinem göttlichen Charakter, er verleiht ihm die Kraft, den gesamten Kosmos in der Existenz zu halten, er reinigt durch ihn die Menschheit von den Sünden, und er bestätigt seinem Sohn seine Vaterschaft immer wieder aufs Neue. Das ist also das göttliche Hauptsein. Keine Spur von Dirigismus, von Beherrschen und bestimmender Dominanz. Vielmehr sehen wir bedingungslose Liebe, die alles für den anderen gibt. An diesem liebevollen Hauptsein Gottes für Christus soll der Mann Maß nehmen und sein eigenes »Haupt sein« ausrichten. Dabei wird er (und seine Frau!) allerdings bald merken, dass er damit restlos überfordert ist, weswegen ihm Epheser 5,25 den Rat gibt, bei Christus hingebungsvolle Liebe zu lernen. Der liebende und verantwortungsfähige Mann ist eine Wohltat für seine Frau und Familie. Wir merken: Gott hat sein Ehekonzept auf Christus hin entworfen, denn nur durch Christus kann der Mann sein Hauptsein in Liebe verwirklichen. Ohne die Liebe Christi verfällt er schnell der Versuchung, seine Frau und Kinder beherrschen zu wollen. Der Ehefrau wird die Aufgabe übertragen, ihrem Mann zur Seite zu stehen (wie sie ja auch aus seiner »Seite« entnommen ist, 1.Mose 2,21f.). Sie soll ihm durch Ermutigung und Ermahnung helfen, ein verantwortungsfähiger Mann zu werden. Aufgrund ihrer Berufung zur Schwangerschaft verfügt sie – selbst wenn sie niemals Mutter wird – über eine besondere soziale Kompetenz, die sie dazu in die Lage versetzt.9 Die Bibel verwendet an dieser Stelle den herausgehobenen und sonst fast nur auf Gott bezogenen Begriff der Hilfe bzw. des Helfers (1.Mose 2,18). Wenn wir das »Hilfe sein« der Ehefrau ernstnehmen, ergibt sich daraus logischerweise die Hilfsbedürftigkeit des Mannes. Manche Männer hören das nicht gern. Aber wenn man sich vergegenwärtigt, dass Gott die Frau aus dem Mann heraus geformt hat (was übrigens im Zeitalter der Molekularbiologie keineswegs eine absurde Vorstellung ist) und dass ihm nun ein Stück seines Wesens fehlt, dann versteht man das Angewiesensein des Mannes auf die Frau besser. Das Hilfesein der Ehefrau ist keine Degradierung für sie, sondern eine unerhörte Aufwertung. Sie besitzt damit den Schlüssel zur Seele 18

und zum Charakter ihres Mannes, sie ist in der Lage, ihm zu helfen, ein wirklicher Mann nach dem Bild Gottes zu werden. Viele Frauen haben leider ihre entsprechenden Bemühungen resigniert aufgegeben. Sie haben vergessen, Gott um Weisheit zu bitten (vgl. Jakobus 1,5). Wir merken also auch im Blick auf die Frau, dass Gott seine Zuordnung der beiden Geschlechter auf Christus hin entworfen hat. Nur mit Christi Hilfe kann Gottes Konzept vom Mannsein und Frausein verwirklicht werden. Ohne Christus verfällt die Frau schnell in Resignation, oder sie versucht, ihren Mann zu dominieren, oder sie geht eigene Wege, um sich zu »verwirklichen«. Gottes Konzept findet in unserer Zeit nicht viele offene Ohren. Darüber sollte sich niemand wundern. Wer den postmodernen Traum der Autonomie des Individuums träumt, fühlt sich durch diese Zuordnung der Geschlechter schnell fremdbestimmt. Dietrich Bonhoeffer hat das vorhergesehen. »Es sind ungesunde Zeiten und Verhältnisse, in denen die Frau ihren Ehrgeiz darin sucht, zu sein wie der Mann, und der Mann in der Frau nur das Spielzeug seiner Herrschsucht und Freiheit erblickt. Es ist der Beginn der Auflösung und des Zerfalls aller menschlichen Lebensordnungen, wenn das Dienen der Frau als Zurücksetzung, ja als Kränkung ihrer Ehre, und die ausschließliche Liebe des Mannes zu seiner Frau als Schwäche oder gar als Dummheit angesehen wird.«10 Wer hingegen das Hauptsein des Mannes und das Hilfesein der Frau als göttliche Verheißung und als lohnende Lernaufgabe begreift, der hat den Schlüssel zu einem gelassenen und frohmachenden Miteinander der Geschlechter gefunden.

Ein Leben lang –– mit Gottes Hilfe Nach Auffassung der EKD-Familienschrift gründet sich die Ehe »auf Verlässlichkeit, wechselseitige Anerkennung und Liebe«.11 Ähnlich heißt es schon im Pfarrdienstgesetz der EKD von 2010, dass kirchliche Amtsträger »in ihrer Lebensführung im familiären Zusammenleben und in ihrer Ehe« an »Verbindlichkeit, Verlässlichkeit und gegenseitige Verantwortung« gebunden sind.12 Wir haben hier eine rein anthropologische Ehebegründung vor uns. Menschen »suchen nach verlässlichen Partnerinnen und Partnern«, Menschen sollen »einander zu verlässlichen Bündnispartnern und zum Segen werden«, der Mensch ist derjenige, durch den die Ehe »gestaltet werden muss«. Dezember 2013

Informationsbrief 282


Aber: welch eine Verkennung der menschlichen Kräfte und Möglichkeiten! Welch eine Verkennung der Macht der Sünde! Als ob der Mensch aus eigener Kraft ein Leben lang eheliche Treue und Liebe aufbringen könnte! Bei solch einem Ansatz sind Enttäuschung und Verzweiflung schon vorprogrammiert. Mit Wolfhart Pannenberg muss man einer solchen Begründung der Ehe »auf die Liebesgemeinschaft der Partner« deutlich widersprechen. »Im christlichen Verständnis ist die Ehe gerade nicht auf die gegenseitige Zuwendung der Partner und auf ihr Gefühl der Zusammengehörigkeit gebaut, obwohl der Entschluss zur Ehe davon ausgehen mag. Die Dauerhaftigkeit der christlichen Ehe gründet darin, dass sie vor Gott geschlossen wird. In ihr erneuert sich da­ rum die liebende Zuwendung der Partner immer wieder aus der vergebenden Liebe Christi. Dadurch wird es möglich, der Unvollkommenheit des Partners ebenso wie dem Bewusstsein der eigenen Unvollkommenheit standzuhalten und aus der Erfahrung gegenseitigen Verstehens und gegenseitiger Vergebung ein vertieftes Bewusstsein der Verbundenheit zu gewinnen.«13 Es gibt in einer der schönsten Ehegeschichten der Bibel, wie Isaak seine Frau Rebekka bekam, eine kurze Bemerkung, die diese Einsicht auf den Punkt bringt: »… sie wurde seine Frau, und er gewann sie lieb« (1.Mose 24,67). Nicht die Liebe trägt die Ehe, sondern die Ehe die Liebe. Nicht wir sind es, die eine eheliche Verbindung »verlässlich« machen, sondern Gott. Wie äußert sich die EKD-Familienschrift zum notvollen Thema Ehescheidung? Anstatt Ehepaaren in einer Ehekrise seelsorgerlich Mut zu ihrer Überwindung zu machen und einen Neuanfang der Ehe durch Beichte und Vergebung zu eröffnen, spricht sie unter merkwürdiger Bezugnahme auf Galater 3,26–28 von der »Freiheit, die Schicksalhaftigkeit familiärer und sozialer Bindungen aufzulösen, den eigenen Lebensentwurf zu gestalten, der eigenen Berufung zu folgen und sich aus eigener Entscheidung in neue Bindungen zu stellen«. 14 Die reformatorische »Freiheit eines Christenmenschen« wird hier zur Freiheit, den eigenen Lebensentwurf notfalls auf Kosten anderer durchzusetzen. Wenn man meint, die eigene Ehe könnte der persönlichen Lebensplanung im Weg stehen, dann kann man sie nach dieser Definition von Freiheit durchaus wieder verlassen. Krasser kann man christliche Freiheit nicht verkennen. Die Bibel geht an das Thema Scheidung ganz anders heran. Sehen wir uns einmal die Bemühungen Gottes an, mit denen er versucht, die Informationsbrief 282

Dezember 2013

Ehe ein Leben lang zu schützen und zu gewährleisten. In 1.Mose 2,24 heißt es wörtlich, dass Gott Mann und Frau in der Ehe aneinander »anklebt«. Er kennt die zentrifugalen Kräfte, die an der Ehe rütteln nur zu gut. Aber weil er in seiner Weisheit und Liebe den Eheleuten ihr ganzes Leben lang Heimat, Treue und Geborgenheit vermitteln möchte, fügt er sie ganz fest zusammen, körperlich, seelisch, geistlich. Mit dem Gebot: »Du sollst nicht ehebrechen«, stellt er sich schützend vor die Ehe, wehrt Angreifer ab und bedroht sie mit dem Ausschluss aus dem Reich Gottes (1.Korinther 6,9). Jesus sagt klipp und klar, dass die Ehe eine lebenslange Stiftung und Wohltat Gottes ist und nicht geschieden werden soll. »Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden« (Matthäus 19,6).15 Paulus verbietet den Christen genauso eindeutig die Scheidung ihrer Ehe (1.Korinther 7,10f.). Doch das allerstärkste Bollwerk gegen jegliche Eheresignation hat Jesus in seinen Ich-binWorten aufgerichtet. »Ich bin der Weg« (Johannes 14,6) – dieses Wort fegt alle Enttäuschung, Resignation und Verzweiflung hinweg. Wenn Jesus Christus der Weg ist, dann hat er auch einen Weg aus jeder Ehekrise. Der Weg mag verschüttet sein, Geröll aus vielen Jahren mag darauf liegen. Aber der Weg ist vorhanden. Es gilt dann, die Geröllmassen wegzuräumen, allein, zu zweit, durch Vergebung, mit Hilfe eines Seelsorgers. »Gott ruft dem, was nicht ist, dass es sei« (Römer 4,17). Wo keine Liebe, keine Hoffnung und kein Glaube mehr da sind, dort kann Neues entstehen, denn Gott ist ein schöpferischer Gott.

Fazit Die Ehe ist eine gute Schöpfungsordnung Gottes. Gott hat sie gestiftet als großartigen Lebens- und Kommunikationsraum für das Miteinander der beiden Geschlechter. Er hat sie beschenkt mit der Weitergabe des menschlichen Lebens. Mann und Frau haben unterschiedliche Stärken und Schwächen und können sich hervorragend ergänzen. Aber Gottes Vorgaben für den Ehemann und die Ehefrau können aus eigener Kraft nicht erfüllt werden. Geduld, Barmherzigkeit, Hoffnung, Weisheit, Vergebungskraft, die Liebe Gottes, das hat niemand in ausreichendem Maß in sich. Insofern treibt die Ehe ins Gebet und zu Christus. Er ist der Weg, er kennt für jede Ehe gangbare Wege. 19


Mit Gottes Hilfe wird die Ehe haltbar. Ehescheidungen müssen nicht sein. Kranke Beziehungen können heil werden. Die Freude anei­ nander kann wiederkehren. Die Ehe hat alle bisherigen Angriffe überstanden. Sie wird Bestand haben, bis Jesus wiederkommt. Wir Christen sollten den Dreieinigen Gott immer wieder loben und ihm danken für die Wohltat der Ehe. Und wir sollten unsere Stimme erheben gegen alle Versuche, sie zu verändern und zu zerstören.16 W Die Broschüre »Was ist die Ehe wert?« kann in der Geschäftsstelle des Gemeindehilfsbundes, Mühlenstraße 42, 29664 Walsrode, info@gemeindehilfsbund.de, Telefon (05161) 911330, Telefax 911332 gegen eine Spende bestellt werden. 1) Zwischen Autonomie und Angewiesenheit. Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken. Eine Orientierungshilfe des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Gütersloh 2013, S. 54 und 58. 2) a. a. O. S. 56 und 58. 3) a. a. O. S. 143 und 56. Dass die Ehe nur ein Vertrag sei, wurde erst durch Immanuel Kant (»Metaphysik der Sitten«) zur allgemeinen Auffassung. 4) Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche, 2. Aufl. Göttingen 1955, S. 612f. Wenn Luther in seinem Traubüchlein von 1529 die Hochzeit und den Ehestand ein

»weltlich Geschäft« nennt, will er sagen, dass Gott die Ehe für alle Menschen, Christen und Nichtchristen, gestiftet hat und demzufolge die Trauungszeremonien und Ehegesetze Sache des Staates sind. Dass nach Luther die Ehe von Gott eingesetzt ist, geht auch aus dem folgenden Zitat aus seinem Genesiskommentar von 1536 hervor: »Eine legitime Verbindung von Mann und Frau beruht nämlich auf göttlicher Anordnung und ist eine göttliche Institution« (WA Bd. 45, S. 100). 5) Zwischen Autonomie und Angewiesenheit S. 141 und 143. 6) U. Eibach, Ethische Normativität des Faktischen? Kritische Stellungnahme zur Orientierungshilfe der EKD; www.gemeindenetzwerk.org/?p=9733 7) G. Müller, Postmoderner Rat. Der breite Weg der ­Evangelischen Kirche in Deutschland; www.gemeindenetzwerk.org/?p=9796 8) Zwischen Autonomie und Angewiesenheit S. 56–59. 9) Helmut Burkhardt spricht von der »generell mehr an persönlichen Beziehungen interessierten Frau« (Ethik, Bd. II/2, Gießen 2008, S. 49); Doris Bischof-Köhler stellt als besondere Kompetenzen der Frau heraus die »Pflege persönlicher Beziehungen, die Anteilnahme am Schicksal anderer, das Eingehen auf das seelische Wohl« (Von Natur aus anders. Die Psychologie der Geschlechtsunterschiede, 4. Aufl. Stuttgart 2011, S. 350); John Gray kennzeichnet die Frauen als »eher beziehungsbewusst« (Männer sind anders, Frauen auch, 37. Aufl. München 1998, S. 34). 10) D. Bonhoeffer, Traupredigt aus der Zelle (1943); www.gemeindenetzwerk.org/?p=9736 11) Zwischen Autonomie und Angewiesenheit S. 143; 65; 7; 63. 12) PfDG.EKD § 39. 13) W. Pannenberg, Anthropologie in theologischer Perspektive, Göttingen 1983, S. 430f. 14) Zwischen Autonomie und Angewiesenheit S. 61. 15) Die Ausnahmeklausel in Matthäus 5,32 und 19,9 bezieht sich wahrscheinlich auf die im Alten Testament strikt verbotene Ehe unter Blutsverwandten, wie sie z. B. König Herodes Antipas zur Zeit Jesu führte. 16) Zum Gesamtthema Ehe vgl. auch Joachim Cochlovius, Lieben und Helfen. Ein Eheseminar, 6. Aufl. 2010; Der Bund fürs Leben, zehnteiliges Ehe-Seminar auf 3 DVD mit J. Cochlovius. Beides erhältlich in der Geschäftsstelle des Gemeindehilfsbundes.

Zur Tauffrage Rolf Müller Es gibt keine geschlossene Tauflehre in der Bibel. Deshalb gibt es in der Kirchengeschichte keine einheitliche Meinung zu diesem Thema. Man kann die Frage nach der Taufe nicht dadurch beantworten, dass man einige Bibelstellen anführt. Wir müssen vom Schriftganzen ausgehen. Was ist die Heilsbotschaft der Bibel?

Rolf Müller Die Anschrift des Autors finden Sie auf Seite 30

20

Es ist immer die Frage, ob eine Lehre dem Evangelium entspricht oder ob sie das Evangelium verdunkelt und entwertet. In der biblischen Heilsbotschaft steht nur ein einziger Name: Jesus Christus. Er ist das volle Heil. Wer mit ihm verbunden ist, ist gerettet, hat Frieden mit Gott. Außer Christus ist nichts heilsnotwendig. Durch ihn allein werden wir Kinder Gottes (1.Korinther 1,30; Römer 10,4; Apostelgeschichte 4,12). Ebenso eindeutig ist in der Schrift die Tatsache: Es gibt nur einen einzigen Weg, um an dem Heil in Jesus Christus persönlich teilzuhaben, nämlich den Glauben an Jesus Christus. Das ist durch die ganze Schrift belegt (Römer 1,16; Römer 3,22.26.30; Römer 5,1; 1.Korinther 1,21; Galater 2,16; 3,11; 5,6; Epheser 2,8 und viele weitere Stellen). Christus ist in seiner Person das volle Heil und der Glaube an ihn Dezember 2013

Informationsbrief 282


ist der einzige Weg, an diesem Heil Anteil zu haben. Von nichts anderem darf so gesprochen werden, als wäre es das Heil. Bei der Taufe ist das nicht so eindeutig. Es geht um die Streitpunkte Kindertaufe, Glaubenstaufe, Wiedertaufe? Taufe als vorlaufende Gnade Gottes oder als Bekenntnis des Menschen? Kommt es auf die Menge des Wassers an? Es gibt in der Schrift weder ein Gebot für noch ein Gebot gegen die Kindertaufe. Unbiblisch ist die in vielen Kirchen befürwortete »Taufwiedergeburtslehre«, bei der man behauptet, dass man durch die Taufe Christ wird. Das ist Irrlehre und trifft weder auf die Kindertaufe noch auf die Erwachsenentaufe zu.1 Es gibt in der Bibel kein Verbot der Kindertaufe. Jesus Christus hat von den kleinen Kindern gesagt, sie seien die größten im Himmelreich. Er stellte einmal ein Kind in die Mitte und sagte: »Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, könnt ihr nicht ins Reich Gottes kommen.« In Israel wurden die Knaben ins Volk Gottes aufgenommen, indem sie acht Tage nach der Geburt beschnitten wurden (Lukas 2,21). Auch wenn man das nicht unbedingt auf die Taufe übertragen kann, zeigt es, dass Gott seine vorlaufende Gnade auch den Kindern zuwendet (Römer 9,10–13). Es zählt nicht das Verdienst der Werke, sondern die Gnade des Berufers. Wenn gläubige Eltern ihr Kind unserem Herrn in der Taufe zu eigen geben, bekennen sie sich für das Kind zu Christus und sprechen aus, dass es ihm gehören soll. Aber erst, wenn das Kind einmal selbst sich im Glauben zu Jesus bekennt, ist es Glied seiner Gemeinde. Es gibt in der Schrift auch kein Gebot zur Glaubenstaufe. Die meistens aus der Apostelgeschichte angeführten Bibelstellen sind keine Gebote, sondern sind der damaligen Missionssituation geschuldet. Es wird in der Apostelgeschichte deshalb immer von Glaubenstaufen berichtet. Die damalige Lage wird beschrieben. Es handelt sich um die Anfangszeit der Gemeinde Jesu. Nicht alles, was in der Apostelgeschichte berichtet wird, kann zu 100 Prozent auf heute übertragen werden. Es kamen bei der Verkündigung des Evangeliums Menschen zum Glauben an Jesus. Logisch, dass die Apostel die Menschen nicht zuerst tauften und ihnen danach die frohe Botschaft brachten. Heißt das, die Glaubenstaufe ist die einzige biblische Taufe und ein Gebot Gottes? Nicht unbedingt. Denn dann müsste man auch viele andere Begebenheiten in der Apostelgeschichte als für heute verbindlich erklären. Man müsste in den Gemeinden PriInformationsbrief 282

Dezember 2013

vateigentum verwerfen und Gütergemeinschaft praktizieren (Apostelgeschichte 2,44; 4,32). Es müssten in den Gemeinden regelmäßig Zeichen und Wunder geschehen (Apostelgeschichte 5,3–12; 12,7–9; 16,25f.; 19,11). Das alles sind keine Gebote Gottes und auch keine Anweisungen an uns heute, sondern Berichte und Schilderungen von den Taten der Apostel, die am Anfang des Gemeindezeitalters geschahen. Auch die bei der Taufe verwendete Wassermenge ist nicht entscheidend, es gibt dafür keine bindenden Vorschriften oder Gebote. Es gibt lediglich Berichte über verschiedene Taufen. »Wasser machts freilich nicht« (Luther). Nicht die Taufe rettet uns, sondern die neue Geburt durch Christus, die mit dem Empfang des Heiligen Geistes einhergeht. Der Heilige Geist zieht uns zu Christus und zu den Brüdern. Der Heilige Geist kommt zu uns im Wort der Schrift, wir sind seine Zeugen. Ein Getaufter, der nicht im Glauben an Jesus Christus steht, hat keinen Anteil am Heil. Ein Getaufter, in dem die Lebenswirkungen des Heiligen Geistes nicht vorhanden sind, ist kein Wiedergeborener, einerlei, ob er als Kind oder als Erwachsener getauft wurde. Das letzte Wort über uns hat der Herr Jesus Christus allein. Er weiß, wer im Glauben ihm wirklich verbunden ist und auf ihn hört (Johannes 5,25; 10,27). Es hat Gott nicht gefallen, in 2000 Jahren seiner Gemeinde eine einheitliche Lehrbildung über die Taufe zu geben. Darum sollten wir in dieser Frage in Demut auf diejenigen hören, die sich redlich um Klarheit über die Taufe bemüht haben. Wir werden in dieser Frage keine Übereinstimmung herbeiführen können, wo sie Gott bisher in der Geschichte versagt hat. Offenbar legt er nicht diesen Wert darauf, den wir manchmal darauf legen. Es wäre schon viel gewonnen, wenn diese Frage ihres Schwergewichts beraubt würde und wenn sie keinen Platz mehr im Zentrum der Botschaft erhalten würde. Der Feind freut sich, wenn wir über diese Sache uns zerstreiten und er unter Brüdern Zertrennung bewirken kann. Ist die Taufe ein Werk Gottes oder ein Werk des Menschen? Ist sie vorlaufende Gnade oder Bekenntnis des Menschen? Soll man die Kindertaufe verachten und für ungültig erklären und sich noch einmal taufen lassen? Wenn ja, bin ich dann ein besserer Christ als die anderen? Bin ich dann bei Gott aufgrund meiner Taufe besser angesehen? Soll 21


ich mich wegen dieser Fragen von den Brüdern und Schwestern trennen und eine Spaltung in Kauf nehmen oder ist noch eine Verständigung möglich? Befinde ich mich noch auf biblischem Boden, wenn ich zum Beispiel die Bitte des Herrn Jesus Christus in Johannes 17 berücksichtige? Was ist Gott wohlgefällig? Es wäre ein großer Gewinn und ich wünschte mir, dass wir unsere Begrenzung in dieser Sache eingestehen würden. Ich wünschte mir, dass wir nicht in Rechthaberei verharren würden und uns von dem Bruder durch die Andersartigkeit der Auslegung und Auffassung nicht trennen ließen. Nicht die Taufe rettet uns. Die Rettung der Menschen ist vor 2000 Jahren durch das Opfer Jesu am Kreuz von Golgatha in diese Welt ge-

kommen. Gott macht sein Heil nicht abhängig von der Mitwirkung des Menschen. Wenn wir das recht bedenken, dann wird auch der Streit um die richtige Reihenfolge der Dinge um die Taufe gegenstandslos. W

1) Der Autor hat hiermit die heute gängige Taufpraxis im Blick, bei der praktisch unterschiedslos jeder getauft wird und nicht darauf geachtet wird, ob von einer Erziehung im christlichen Glauben und einem Leben aus der Taufe ausgegangen werden kann. Das konnte zu neutestamentlicher Zeit vorausgesetzt werden. Somit kann für diese Zeit auch davon gesprochen werden, mit der Taufe sei man Christ geworden, ein Herrschaftswechsel habe stattgefunden. Die Taufe markierte eine deutliche Zäsur: Es gab ein Davor und ein Danach; das Danach war ein bewusstes Leben mit Christus. Deshalb kann für diese Zeit von der »Taufwiedergeburt« gesprochen werden. In dieser Eindeutigkeit ist dies heute nicht mehr gegeben. Deshalb ist der Ausdruck »Taufwiedergeburt« mehr als missverständlich und sollte auf ihn verzichtet werden.

Der »islamisierte« Abraham nach dem Koran Eberhard Troeger Vorbemerkung Abraham spielt im Islam eine große Rolle als vorjüdischer Gottgläubiger und Gesandter Allahs. Der Koran spricht sehr oft von ihm. Auf religiöse Harmonie bedachte Christen meinen, dass Abraham für Juden, Christen und Muslime eine einigende Rolle spielen könnte. Die entscheidende Frage heißt jedoch, ob der »muslimische Abraham« mit dem in der Bibel bezeugten Abraham identisch ist, oder ob der Koran von einem »anderen Abraham« redet.

Die Herkunft der koranischen ­Aussagen über Abraham Nach muslimischer Überzeugung erhielt Muhammad seine Informationen über Abraham durch Eingebungen des Engels Gabriel. Gläubi-

Eberhard Troeger Die Anschrift des Autors finden Sie auf Seite 30

22

ge Muslime sind deshalb der Überzeugung, dass die koranische Abraham-Geschichte wahr ist und die biblischen Texte verfälscht sein müssen, wenn sie dem koranischen Text widersprechen. Wenn wir die koranischen Aussagen über Abraham mit den Aussagen der jüdischen Lehrtradition (dem Talmud) vergleichen, fallen manche Parallelen auf. Deshalb kommen Religionshistoriker zu dem Ergebnis, dass der Verkündiger des Koran sein Wissen von Abraham zum großen Teil auf mündlichem Wege von den Juden seiner Umwelt erhalten haben muss. Er hat diese Informationen allerdings in seinem Sinne umgedeutet, indem er Abraham zum Gewährsmann für seine eigene Verkündigung machte. Er verstand Abraham als einen Boten Allahs – wie sich selbst. Die Predigt Abrahams nach dem Koran ist im Grunde die Predigt Muhammads. Auch in der jüdischen Literatur erscheint Abraham als Prediger des Eingottglaubens. Mu­hammad nahm diesen Gedanken auf, aber er verkannte die Tiefe und Dramatik der biblischen Abraham-Geschichte. Abraham erscheint bei ihm vor allem als Kämpfer für den Eingottglauben und gegen den Götzendienst – als Muslim, Prophet und Gesandter Allahs. Dabei ist zu vermuten, dass sich das Abraham-Bild des koDezember 2013

Informationsbrief 282


ranischen Verkündigers Schritt für Schritt entwickelte. Anfangs war ihm Abraham als Zeuge des Schöpfergottes wichtig. Im Zuge der Auseinandersetzungen mit seinen heidnischen und jüdischen Gegnern wurde Abraham für ihn zum Kämpfer für Allah und damit zum vorbildlichen Muslim. Obwohl der Verkündiger des Islam kein klares Geschichtsbild hatte, war ihm bewusst, dass Abraham vor Jesus und vor Mose gelebt hatte und dennoch ein vollkommener Gottgläubiger war. Muhammad schloss daraus, dass er selbst nicht Jude oder Christ werden müsse, um ein guter Gottgläubiger zu sein. In Sure 3,67 heißt es deshalb: »Abraham war weder Jude noch Christ. Er war vielmehr ein − (Gott) ergebener H . anı f, und kein Heide.« Da die Juden und Christen in der Umgebung Muhammads seine Verkündigung ablehnten, erklärte er den Islam zur wahren »Religion Abrahams« sowie Judentum und Christentum zu verdorbenen Formen dieser Religion. Um das zu beweisen, ließ er Abraham in Mekka auftreten, wofür es weder biblische noch profangeschichtliche Anhaltspunkte gibt.

Das Leben Abrahams nach dem Koran Der Koran kennt keine zusammenhängende Geschichte Abrahams, sondern nimmt in insgesamt 25 Suren auf ihn Bezug. Dabei ist zu beachten, dass sich der Koran als – durch einen Engel vermittelte – Anrede Allahs an Muhammad versteht. Allah erinnerte Muhammad gewissermaßen an Abraham und seine Treue zum Eingottglauben in einer heidnischen Umwelt und stellte ihn damit als großes Vorbild hin. Die Sippe Abrahams Muhammad konnte die Abraham-Geschichte geschichtlich nicht einordnen. Vage spricht der Koran von den »Leuten Abrahams« (21,52) oder vom heidnischen »Volk Abrahams«, das sich beim Götzendienst auf seine Vorfahren berief (21,53). Abrahams Verkündigung von dem einen Gott stieß auf heftigen Widerstand, aber Allah rettete Abraham »in das Land, das wir für die Menschen in aller Welt gesegnet haben« (21,71). Es ist unklar, ob Muhammad unter diesem »gesegneten Land« das biblische Land Kanaan oder Mekka verstand. Auf jeden Fall war der »koranische Abraham« – ähnlich wie später Muhammad – am Ende erfolgreich. Er konnte seine Sippe für den Allah-Glauben gewinnen, denn nach 3,33 war die »Sippe Abrahams« von Allah erwählt worden. Informationsbrief 282

Dezember 2013

Abraham als Gottgläubiger Der Koran schildert Abraham als einen guten Muslim. Er bekannte sich zu Allah als dem »Herrn der Menschen in aller Welt« (37,87), hielt sich vom Götzendienst fern, betete a­llein zu Allah und vertraute auf seinen Beistand (19, 48). Denn Allah hatte ihm seine Herrschaft gezeigt, und Abraham hatte sich überzeugen lassen (6,75). Dies geschah durch eine Beobachtung der Gestirne. Ein vergehender Stern kann nicht Allah sein (6,76). Ebenso lehnte Abraham den Mond als seinen Herrn ab und bat Allah um »Rechtleitung« (6,77). In gleicher Weise verhielt sich Abraham im Blick auf die Sonne (6,78). Er wandte sich dem Schöpfer zu und erwies sich damit als »Gottgläubiger« (H . anı−f) und nicht als Heide (6,79). Er bekannte sich vor den Heiden als von Allah »geleitet« (6,80), weil er ihm Sicherheit gibt (6,81). Nach 2,258 bekannte sich Abraham im Streit mit einem anmaßenden Heiden zu Allah, der lebendig macht, sterben lässt und die Sonne aufgehen lässt. Er bat Allah um einen Beweis dafür, dass er Tote lebendig machen kann. Daraufhin machte Allah vier von Abraham geschlachtete und in Stücken verteilte Vögel wieder lebendig (2,260). Abrahams Nachkommenschaft Im Koran spielt die biblische Dramatik der Verheißung von Nachkommenschaft und ihre Erfüllung keine Rolle. Etliche Verse nehmen vage darauf Bezug, dass Allah dem Abraham Nachkommen ankündigte. Diese »Erzählfetzen« erscheinen beliebig kombiniert. Inhaltlich wird die Macht Allahs betont. Der Sohn Abrahams von der Nebenfrau Hagar, Ismael, erscheint als frommer Muslim, Prophet und Gesandter Allahs (38,48; 21,85f.; 19,54; 6,86; 4,163; 3,84; 2,133). Dass Ismael im Vorgriff auf Gottes Wunder und deshalb im Unglauben gezeugt wurde (1.Mose 16; vgl. Galater 4,24–28), weiß der Koran nicht. Abraham lobte Allah lediglich dafür, dass er ihm im hohen Alter noch »den Ismael und den Isaak geschenkt hat« (14,39). Erst in der späten und judenfeindlichen 2. Sure wird Ismael zum Gewährsmann des arabischen Islam emporgehoben (s. u.). In 51,24–37 finden sich Bezüge auf 1.Mose 18. Allah erinnert Muhammad an die »Geschichte von den ehrenvoll aufgenommenen Gästen Abrahams« (24), die von Abraham bewirtet wurden (26f.), obwohl er Angst vor ihnen hatte (25.28). Sie kündigten Abraham »einen klugen Jungen« an (28). Abrahams Frau schrie auf und wies auf ihre Unfruchtbarkeit hin (29), aber die Boten bestätigten die Wahrheit der Ankündigung (30). 23


Ähnliche Bezüge finden sich in 15,51–55 und 11,69–73. Nach 11,71 lachte Abrahams Frau bei der Ankündigung eines Sohnes, der hier Isaak genannt wird. 11,73 betont, dass Allah nichts Merkwürdiges tut, vielmehr Abraham und die »Leute des Hauses« – damit könnte die Kaaba gemeint sein – segnet.

(104f.). Abraham hatte die Prüfung bestanden (106), und Allah löste den Sohn »mit einem gewaltigen Schlachtopfer« aus (107). Es fällt auf, dass in Vers 112 ein Nachtrag erfolgt, der auf Vers 101 Bezug nimmt und dem Abraham jetzt überraschend »Isaak« verkündigen lässt. Dafür könnte es zwei Erklärungen geben: EntDas Strafgericht über weder nahm Muhammad die »Leute Lots« einen jüdischen Einwand Der Koran nimmt vage auf und sagte, dass Isaak auf den Untergang von der zu opfernde Sohn geSodom und Gomorra sowesen sei, oder er wollte wie auf Lot Bezug (51,31– nachträglich Isaak als den 37; 29,31–35; 15,58–77; zweiten Sohn Abrahams 11,74–83). Die Gottesbovon dem ersten (Ismael) – ten waren zu einem sündi- Nach dem Koran griff Allah in den nicht mit Namen Genanngen Volk gesandt worden Opfergang ein und sagte Abraham, dass ten – abheben. In diesem (51,32), um das Gericht er durch seine Bereitschaft den Traum Sinne wird im Islam geüber »die Einwohner dieser bereits wahr gemacht habe und Allah ihm lehrt, dass Ismael der zu Stadt« (29,31) anzukündi- seine Frömmigkeit vergelte. Demnach hät- opfernde Sohn gewesen gen. Abraham setzte sich te Abraham die Prüfung bestanden, und sei, und in diesem Sinne zugunsten der »Leute von Allah löste den Sohn »mit einem gewaltierscheint in Vers 113b eine Lot« ein und gab die »Hoff- gen Schlachtopfer« aus. kritische Bemerkung über nung auf die Barmherzigdie Juden als die Nachkeit seines Herrn« (15,56) kommen Abrahams und nicht auf. Obwohl Abraham mild, empfindsam Isaaks, unter denen es fromme und frevelhafte und bußfertig war (11,75), war seine Fürsprache Menschen gibt. Auf jeden Fall dürften die Ververgeblich (11,76). Nur Lots Familie wurde – se 112f. eine Auseinandersetzung mit jüdischen bis auf seine Frau – gerettet (15,59f.). Gesprächspartnern Muhammads widerspiegeln und damit auch ein Licht auf die komplizierte Abrahams Opfergang Entstehungsgeschichte der koranischen Texte In 37,99–113 nimmt der Koran umrisshaft werfen. auf die Bereitschaft Abrahams Bezug, seinen Sohn zu opfern. Abraham hatte Allah um einen Abraham als Gesandter Allahs »rechtschaffenen« Erben gebeten (100). Da­ raufhin verkündigte Allah ihm die Geburt eines Sein Kampf gegen den Götzendienst »braven« Jungen (101). Weder wird die Geburt Das wichtigste Thema ist im Koran die Ausberichtet noch ein Name des Sohnes genannt. einandersetzung Abrahams mit dem GötzenAls er »so weit war«, dass er mit seinem Vater dienst. Es erscheint in vielen Variationen. Ein »den Lauf machen« konnte – eventuell eine An- typischer Text ist Sure 21,51–71. Er besagt, dass spielung an den zur Wallfahrt gehörenden Lauf Allah Abraham zum wahren Gottesglauben gezwischen As-Safa− und Al-Marwa in Mekka –, er- führt habe (51), weshalb er die Götzenbilder seiöffnete Abraham seinem Sohn, dass er im Traum nes Vaters und seiner Sippe kritisierte (52). Die gesehen habe, dass er ihn »schlachten werde«. Der Beschuldigten verteidigten sich mit dem HinSohn solle sich dazu äußern. Indem er den Sohn weis auf die Tradition, aber Abraham hielt ihnen über sein Vorhaben aufklärte und ihn fragte, ihren Irrtum vor (53f.). ob er bereit sei, nahm Abraham die Spannung Daraufhin unterstellten sie Abraham Unaufaus der Erzählung heraus. Der Sohn erwies sich richtigkeit (55), aber dieser bekannte sich zu als Allah ergebener Muslim (102). Daraufhin Allah, dem Schöpfer (56), und kündigte an, die ergab sich auch Abraham in Allahs Willen und toten Götzen zu überlisten (57). Er zerschlug setzte zur Schlachtung an (103). Doch Allah die Götzenbilder bis auf eins (58). Man verdächgriff ein und sagte Abraham, dass er durch sei- tigte einen jungen Mann (!) namens Abraham ne Bereitschaft den Traum bereits wahr gemacht des Frevels und stellte ihn zur Rede (59–62). habe und Allah ihm seine Frömmigkeit vergelte Abraham gebrauchte eine Lüge, um die toten 24

Dezember 2013

Informationsbrief 282


Götzen zu verspotten, und verursachte dadurch einen Streit unter den Götzendienern (63f.). Wieder verkündigte Abraham den Glauben an den einen Gott und erklärte Götzendienst für Dummheit (66f.). Daraufhin wollten seine Gegner ihn verbrennen, aber Allah kühlte das Feuer ab und rettete Abraham. Die Gegner wurden dagegen vernichtet (68–70). Verschiedene Verse thematisieren die Ausei­ nandersetzung Abrahams mit seinem Vater Azar. Abraham kritisierte seinen Götzendienst (6,74) und rief ihn auf, ihm auf »einen ebenen Weg« zu folgen (19,43). Er mahnte ihn, nicht Satan zu dienen (19,44) und warnte ihn vor der Strafe Allahs sowie vor der Freundschaft mit Satan (19,45). Umgekehrt mahnte Azar seinen Sohn, die Götter nicht zu verschmähen, drohte ihm mit Steinigung und wollte ihn nicht mehr sehen (19,46). Azar war deshalb ein Feind Allahs (9,114), und Abraham hätte deshalb Allah nicht um Vergebung für ihn bitten dürfen. Das hatte er angekündigt (19,47) und auch getan (26,86), um seinen Vater vom Irrtum wegzuführen. Die unterschiedlichen Aussagen des Koran zur Fürbitte für irrende Angehörige sind auffällig. Abraham argumentierte in seiner Predigt, dass Götzen Gebete nicht erhören (26,72) und weder nützen noch schaden können (26,73). Deshalb ermahnte er »seine Leute«, Allah zu dienen, weil Götzendienst Lüge ist und Götzen im Gegensatz zu Allah keinen »Lebensunterhalt« geben können (29,16). Die Götzendiener seien zwar jetzt untereinander Freunde, aber am Tag der Auferstehung werden sie sich streiten und verfluchen (29,25). Sie kommen in die Hölle, wo ihnen niemand hilft. Abraham als Diener Allahs Viele Koranstellen sagen, dass Abraham sich als Muslim bekannte (z. B. 2,131), der ­seine Söhne ermahnte, ebenfalls Muslime zu sein (2,132). Bezeichnend ist die Aufzählung in 26,77ff.: Abraham glaubte an den »Herrn der Menschen in aller Welt« (77), d. h. an Allah, der ihn geschaffen hat und »recht leitet« (78), ihm zu essen und zu trinken gibt (79), von Krankheit heilt (80) sowie sterben lässt und auferwecken wird (81). Abraham hoffte, dass Allah ihm am Tag der Auferstehung seine Sünden vergeben wird (82), bat Allah um Urteilskraft und Aufnahme unter die Rechtschaffenen (83) und um einen »guten Ruf unter den späteren« Menschen (84). Er erbat sich von Allah, »Erbe des Gartens der Wonne« (des Paradieses) zu sein (85), bat um Gnade am Tag der Auferstehung (87) und erkannte, dass am Tag des Gerichtes weder Vermögen noch Informationsbrief 282

Dezember 2013

Söhne etwas nützen (88), sondern nur ein »gesundes Herz« (89). Nach dem Koran war Abraham ein »einsichtiger Diener« Allahs (38,45), der die Menschen an die jenseitige »Behausung« erinnerte (38,46) und deshalb im Jenseits zu »den Auserwählten und Frommen« gehört (38,47). Sein Bekenntnis zu Allah hatte unter seiner Nachkommenschaft Bestand (43,28). Abraham leitete die Seinen nach Allahs Befehl, tat gute Werke, verrichtete das (rituelle) Gebet und entrichtete die Armenabgabe (21,73). Nach 60,4 war er ein »schönes Beispiel« für die Muslime, weil er und die Seinen sich vom Götzendienst ihrer Landsleute lossagten. Dadurch kam es allerdings zu »Feindschaft und Hass« zwischen ihnen »für alle Zeiten«, sofern sie sich nicht bekehren. Abraham diente Allah in einem solchen Maße, sodass Allah als der »Gott Abrahams« bezeichnet werden konnte (2,133). Da Abraham vor Mose und Jesus lebte, betont der Koran polemisch, dass er weder Jude noch Christ war (2,140). Deshalb sei ein Streit über Abraham überflüssig; Thora und Evangelium seien erst nach ihm offenbart worden (3,65). Abraham sei wahrhaftig »Prophet« gewesen und »in der Schrift« (welcher?) angekündigt worden (19,41). Der Islam als die »Religion Abrahams« In der Auseinandersetzung mit Juden und Christen behauptete Muhammad nach Sure 2,135, dass die Glaubensgemeinschaft (arabisch milla) Abrahams die wahre Religion sei, weil er − ein Gottgläubiger (arabisch H . anı f) und kein Heide war. Folglich müssen die Araber nicht Juden oder Christen werden, sondern Muslime, die der Glaubensgemeinschaft Abrahams folgen (3,95). Denn die Religion Abrahams ist die »bessere Religion« (arabisch dı−n) (4,125). Demnach entstand der Islam nicht durch Muhammad, sondern war bereits die dem Abraham »anbefohlene« Religion (42,13). Nach 22,78 verkündigte Muhammad den Arabern, dass die Religionsgemeinschaft »eures Vaters Abraham« eine nicht bedrückende Religion sei. Nur Toren würden die milla Abrahams, des von Allah Auserwählten, verschmähen (2,130). Abraham als Offenbarungsempfänger und »Schriftprophet« Abraham hatte einen »höheren Rang« als seine Zeitgenossen (6,83). In verschiedenen Zusammenhängen sagt der Koran, dass Abraham ein prophetischer Gesandter für seine Sippe war (9,70) und göttliche Offenbarungen erhielt (2,136), die als »Blätter von Abraham« sogar 25


schriftlich festgehalten wurden (87,19). Genau wie später Muhammad sollte Abraham als Gesandter Allahs nur die göttliche Botschaft ausrichten, auch wenn sie von den Zeitgenossen »für Lüge erklärt« wurde (29,18); denn Allah nahm auch von dem Propheten Abraham »eine feste Verpflichtung« entgegen (33,7). Deshalb ist er ein »Imam« (Vorbild, Vorbeter) für die Menschen (2,124). Abraham mit Ismael in Mekka Nach dem Koran war Abraham der Begründer des Allah-Kultus an der Kaaba in Mekka. Eine Zusammenfassung findet sich in der späten Sure 2. Nach Vers 125 war »das Haus« (d. h. die Kaaba) eine Stätte der Einkehr für die Menschen, ein Ort der Sicherheit und als Gebetsstätte ein »Platz Abrahams« – ein Haus, das Abraham und Ismael für die Wallfahrer reinigen sollten. Abraham bat Allah um Segen für die Muslime Mekkas (Vers 126), nachdem Abraham und Ismael »die Mauern des Hauses« errichtet hatten (Vers 127). Abraham bat Allah, dass er und Ismael sowie ihre Nachkommen als gute Muslime leben und ihnen ihre wa-arinaa manasikanaa (Wallfahrt, Fasten, rituelles Gebet) gezeigt werden (Vers 128). Nach Vers 129 bat Abraham Allah sogar um einen »Gesandten aus ihren eigenen Reihen«, womit wahrscheinlich Muhammad gemeint ist. Damit verknüpfte Muhammad Abraham mit sich selbst. Bereits frühere Texte zeigen Abraham als Beter an der Kaaba. Er bat Allah, Mekka sicher zu machen und ihn sowie seine Söhne vor dem Götzendienst zu bewahren (14,35). Nach 14,37 siedelten die Nachfahren von Abraham im unfruchtbaren Tal (Mekka) bei »deinem geheiligten Haus« (der Kaaba) und baten Allah um Gunst bei den Einwohnern.

Konsequenzen Muhammad und der Islam haben Abraham gewissermaßen »den Juden weggenommen« und ihn den Muslimen als ihren großen Ahnherrn zugeeignet, denn nach Sure 3,68 stehen die Muslime und Muhammad Abraham am nächsten. Im Grunde deutete Muhammad damit die ganze göttliche Heilsgeschichte, wie sie die Heilige Schrift Alten und Neuen Testamentes bezeugt, in seinem Sinne um, indem er sich selbst zum Zielpunkt dieser Heilsgeschichte machte. Darin sehe ich das eigentlich Dämonische hinter Muhammad und dem Koran. Leider scheinen viele Christen im Westen diese Täuschung nicht zu erkennen bzw. um der religiösen Harmonie willen zu verdrängen. Mit Hilfe der Abraham-Projektion machte Muhammad die biblische Heilsgeschichte von Abraham bis Jesus im Grunde bedeutungslos. Während in der Bibel die Linie des göttlichen Heils von Abraham über Isaak, Jakob und Mose zu Jesus Christus hin verläuft, machte Muhammad Ismael an Stelle von Isaak zum wahren Erben des Glaubens Abrahams. Deshalb kann Abraham keine gemeinsame Plattform für den Gottesglauben von Juden, Christen und Muslimen sein. Die Islamisierung Abrahams ist vielmehr eine Abkehr von dem in der Bibel bezeugten Gott Israels und Vaters Jesu Christi. Der biblische Abraham war kein Kämpfer für den Monotheismus, sondern erlebte Gott als eine lebendige Wirklichkeit. Er erfuhr, dass Gott seine Versprechen wahr macht und trotz menschlichen Versagens an ihnen festhält. Die mit Abraham begonnene Geschichte des Heils ist die Geschichte des treuen Bundesgottes, die ihr Ziel im Neuen Bund in Jesus Christus erreicht. W

Aus Kirche und Gesellschaft Den Stummen eine Stimme geben Gedanken zum 9. Marsch für das Leben am 21. September 2013 in Berlin Heuer, am 21. September, dem Vortag zur Bundestagswahl, trafen sich in Berlin mehr als 4500 Lebensschützer zum 9. Marsch für das Leben, der wie auch in den vorausgegangenen Jahren vom Bundesverband Lebensrecht e. V. (Berlin) veranstaltet wurde; das bedeutete eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um etwa 1500. Damit sollte den Stummen eine Stimme 26

gegeben werden und deren »stummer Schrei« (Titel eines Anti-Abreibungsfilmes) stellvertretend artikuliert werden. Die Teilnehmer wollten »Ehrfrucht vor dem Leben« (Albert Schweitzer) zum Ausdruck bringen. Diese neunte Auflage hatte denn auch in mindestens einer Hinsicht eine Premiere, wenn auch eine negative. Denn wenige Tage zuvor hatte das Domkapitel, dessen Vorsitz die frühere FDP-Bundesministerin und EKD-Synodale, Irmgard Schwaetzer innehat, den Lebensrechtlern gewissermaßen den Stuhl vor die Tür gesetzt, indem diesen geDezember 2013

Informationsbrief 282


Am 21. September trafen sich in Berlin mehr als 4500 Menschen zum 9. Marsch für das Leben.

genüber erklärt wurde, der (evangelische) Dom stünde diesen für deren ökumenischen Schlussgottesdienst nicht zur Verfügung. Dass die falsche Lehre die wahre nicht erträgt, das bestätigte sich hier wieder einmal. Es mutet doch schon grotesk an, dass gerade Teile der Kirche, deren Anliegen der Schutz des Lebens von dessen Beginn bis zu dessen Ende sein müsste, hier denen, die sich dafür einsetzen, in den Rücken fällt mit der absonderlichen Begründung, das Thema sei so sehr sensibel. Die Gemeindeleitung des Berliner Domes sehe es »als höchst problematisch« an, »die ausgesprochen sensiblen und komplexen Themen menschlicher Existenz, die in der Erwägung für oder gegen einen Schwangerschaftsabbruch oder gegen die Anwendung der Präimplantationsdiagnostik angesprochen sind, zum Gegenstand einer Aktion mit dem Namen ›Marsch für das Leben‹ zu machen«, wurde zur Begründung mitgeteilt (zitiert nach ideaSpektrum 38/2013, S. 6). Zudem, Berlins evangelischer Bischof Markus Dröge hatte sich mit dem Marsch für das Leben in einem Grußwort solidarisch erklärt. Kann dieses Vorkommnis bereits als Hinweis darauf betrachtet werden, dass überzeugten und bekennenden Christen vielleicht früher als geahnt das Heimatrecht in ihrer angestammten Kirche verwehrt wird und ihnen der Stuhl vor die Tür gesetzt wird? Auf den Berliner Dom versuchte man deshalb auszuweichen, weil in diesem Jahr die (katholische) St.-Hedwigs-Kathedrale, in der ansonsten der Abschlussgottesdienst stattfand, bereits belegt war und diese Veranstalter mit ihrer Anfrage die schnelleren waren. Geradezu prophetisch, wenn auch in einem übertragenen Sinne, liest sich der Beginn der Predigtperikope (Johannes 9,35– 41) für den darauffolgenden Sonntag (17. nach Trinitatis): »Es kam vor Jesus, dass sie ihn [den Blindgeborenen, den Jesus geheilt hatte] ausgeInformationsbrief 282

Dezember 2013

stoßen hatten.« Und: die Polizei schützte, bestimmt mit mehreren Hundertschaften, die ganze, einige Stunden dauernde Veranstaltung vor Randalierern, dass diese sich nicht in den Schweigemarsch hineindrängen konnten, um diesen zu stören. Nur vom Rande konnten sie ihre dummen, der untersten Schublade entnommenen, teils blasphemisch wirkenden »Schlachtgesänge« anstimmen wie etwa: »Hätt’ Maria abgetrieben, wär’t ihr uns erspart geblieben.« Selbst im von »rot« dominiert regierten Berlin schützt die Polizei Lebensschützer, während die Kirche ihre eigenen Leute »im Regen stehen lässt«. Aber in mir keimte bereits im Vorfeld die Frage auf, die ich nicht verschweigen möchte: Könnte sich dies nicht auch einmal ganz rasch ändern und das Demonstrationsrecht – übrigens bis jetzt ein Grundrecht – nur noch für die einen und deren Anliegen gelten, nicht jedoch für die anderen, die politisch ungewollte Themen angehen, wozu die beim Marsch für das Leben angesprochenen leicht gehören könnten? All denen, die sich zum Marsch für das Leben eingefunden hatten – und ich war erstaunt und erfreut darüber, wie viele junge Menschen dies waren – wurde immer wieder gesagt, sich ja nicht provozieren zu lassen, um den Störenfrieden nicht den Gefallen zu tun, das was sie erreichen wollen, auch zu liefern. Die Teilnehmer hielten sich daran, und so verlief die mehrstündige Veranstaltung denn auch friedlich von Anfang bis Ende. Ich sehe darin durchaus das Wirken des dreieinigen Gottes. Der Marsch für das Leben begann um 13 Uhr mit einer gut einstündigen Veranstaltung direkt vor dem Kanzleramt. Freilich, da zeigte sich niemand; dieses Treffen wurde ganz einfach ignoriert wie in den Jahren zuvor auch. Keine der im Bundestag vertretenen Parteien hat sich denn auch den Lebensschutz auf die Fahnen geschrieben; die Christdemokraten für das Leben (CdL) sind eine leider nur wenig beachtete Gruppe in den Unionsparteien. Durch das Programm, das immer wieder von eigenen Musikbeiträgen einer zahlenmäßig kleinen Band unterbrochen wurde, führte der (katholische) Publizist und Lebensrechtler Martin Lohmann (56), der erst wenig zuvor aus der CDU ausgetreten war, weil er den dort herrschenden richtungslosen Pragmatis27


mus nicht länger mitmachen wollte. Lohmann betonte, jeder Mensch sei lebens- und liebenswürdig und stellte dankbar fest, die Lebensbewegung, die dem Schöpfer diene, wachse. Eine Reihe von Persönlichkeiten gab auf der Bühne Kurzvoten ab, die sämtliche sehr persönlich und zeugnishaft waren und diese kamen teils von Betroffenen, also von solchen, die selbst eine Abtreibung zu verarbeiten hatten und diese, so ihr übereinstimmendes Zeugnis, es erst mit Jesu Hilfe »schafften«, dieses traumatische Erlebnis zu überwinden; auf sich allein gestellt war ihnen dies nicht möglich. Erst als sie vor Jesus ihre Schuld bekannt hatten und ihn um Vergebung baten, da trat Heilung bei ihnen ein und wurden sie nicht länger durch Alpträume, ja sogar Todessehnsüchte, von ihrer Vergangenheit eingeholt. Auf die Gefährdung für Embryonen durch die Präimplantationsdiagnostik wurde hingewiesen, wobei der Europäische Gerichtshof entschieden habe, das Leben beginne mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle. Somit müsste der Embryo eigentlich geschützt sein. Ein Kinderarzt der Universität Erlangen machte auf die Gefährdung von Ungeborenen, bei denen ein Down-Syndrom vermutet werde, aufmerksam; kaum ein solches Kind werde noch geboren, weil die weitaus meisten abgetrieben werden. Wie sehr widerspricht gängig gewordene Praxis dem dann anschließenden Zeugnis einer jungen Frau, die davon betroffen ist. Sie berichtete, wie sie eine Regelschule besuchte, sich musikalisch betätigt, in der Kirchengemeinde mit der Vorbereitung von Familiengottesdiensten befasst ist, eine ganze Reihe von Freundinnen hat und inzwischen als Sekretärin an der Kinderklinik Erlangen arbeitet, also ein ganz normales Leben führen kann. Bestimmt nahmen ihr alle Teilnehmer das Zeugnis ab, das Leben sei schön, auch mit Down-Syndrom und sie sei froh, auf der Welt zu sein, da sie dies in einer ihrer eigenen Überzeugung sagte. Eine Hebamme aus Uelzen, selbst Mutter von fünf Kindern, zeigte sich vom menschlichen Leben ganz fasziniert und verwies auf die Wichtigkeit eines positiven, lebensbejahenden Umfeldes der Schwangeren. Jedes Leben sei lebenswert. Ein Mitarbeiter des Weißen Kreuzes berichtete von einer Amerikanerin, die ihre einst positive Einstellung zur Abtreibung gerade dann geändert habe, als sie erstmals selbst bei einer Abtreibung dabei war: von da an wurde sie zu einer glühenden Lebensrechtlerin. Die Ansicht, Abtreibung sei ein Menschenrecht, wie dies teilweise gesehen und angestrebt wird, bezeichnete er als irrig. Martin Lohmann machte deutlich, dass der Mensch nicht nur aus dem Körper besteht, 28

sondern auch aus Seele und Geist, weshalb die Aussage: Mein Körper gehört mir, schon nicht zutreffend sein könne. Er wünsche sich Politiker, die Mut für das Leben haben; ein wahrlich frommer und unterstützenswerter Wunsch. Der Veranstaltung beim Kanzleramt schloss sich ein etwa eineinhalb Stunden dauernder Schweigemarsch über mehrere Kilometer durch die Innenstadt an. Bei diesem trugen viele der gut 4500 »Mitmarschierer« weiße Holzkreuze und Transparente mit kritischen Aufschriften zu Abtreibung, Euthanasie und Prä­ implantationsdiagnostik; aber sie sollten auch Mut zum Leben machen. Die den Schweigemarsch begleitenden Störer, die jedoch weit weniger waren, hielten Polizisten, wie schon erwähnt, von den Lebensschützern fern und schützten diese vor dem Mob, der immer wieder dieselben dumm-dreisten bis blasphemischen »Schlachtgesänge« skandierte und auch mit Kondomen warf. Den Polizisten gegenüber ist für ihren Einsatz während der Veranstaltung viel Dank zum Ausdruck zu bringen. In alledem erkenne ich, dass » wir nicht [nur] mit Fleisch und Blut zu kämpfen haben, sondern [auch] mit Mächtigen und Gewaltigen, mit den Herren der Welt, die in dieser Welt herrschen …« (Epheser 6,12), Jesus aber auch zu schützen vermag. Beim ökumenischen Schlussgottesdienst, der notgedrungen vor dem Berliner Dom im »Lustgarten« durchgeführt wurde, hielt der Ökonom, Ökologe und Theologe Michael Kotsch (HornBad Marienberg), Dozent an der Bibelschule Brake (Lemgo) die Predigt. Grundlegend dafür war das vielfältige helfende Handeln Jesu nach Matthäus 14 (Speisung der 5000, Stillung des Sturms auf dem See Genezareth, Heilung von Kranken). All das habe mit Leid zu tun. So seien aber auch Abtreibungen mit Leid verbunden. Spätere Genrationen könnten evt. fragen: Warum habt ihr bei der Abtreibungsfrage so gehandelt? Er sprach auch davon, Unrecht, wie dies bei Abtreibungen geschehe, werde durch Verdrängen nicht kleiner. Die Störer hätten nicht zu sagen vermocht, weshalb man töten solle. Sie, die lautstark nach Abtreibungen riefen, konnten dies freilich nicht. Michael Kotsch rief dazu auf, für die Opfer und gegen die Abtreibungspraxis zu beten, sowie dafür, Gott möge Klarheit schenken und Wunden heilen. Den Segen zum Abschluss sprachen der Bischof der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK), Hans-Jörg Voigt (Hannover) und Pater Engelbert. Bischof Voigt hatte auch ein Grußwort der Veranstaltung übermittelt, an deren gesamten Verlauf er teilnahm. Selbst Papst Franziskus hatte Grüße durch seinen ApostoDezember 2013

Informationsbrief 282


lischen Nuntius übermitteln lassen. Außer den bereits Genannten (den Bischöfen Dröge und Voigt) hatten neun katholische Bischöfe Grußworte übermittelt, darunter der Vorsitzende der (katholischen) Bischofskonferenz Erzbischof Robert Zollitsch (Freiburg), Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki (Berlin) sowie der Präses des Bundes Freier evangelischer Gemeinden (FeG), Ansgar Hörsting. Schade war nur, dass diese Grußworte nicht, wenigstens in Auszügen, verlesen worden sind. Zu hoffen bleibt nach dieser wie mir scheint gesegneten Veranstaltung, dass diese nicht (von wenigen Ausnahmen abgesehen) in den Medien einfach totgeschwiegen wird, zumal sie allein schon aufgrund ihrer Größe, Erwähnung finden müsste – und zwar in jeglicher Hinsicht eine ihr angemessene; sodann, dass sie Nachdenklichkeit auslösen könnte, zumindest bei einigen, auch bei Entscheidungsträgern – mit der großen Masse zu rechnen wäre illusorisch; und schließlich drittens, dass der Marsch für das Leben am 20. September 2014 noch mehr Christenmenschen nach Berlin zur Teilnahme zieht. Walter Rominger

Mobilmachung? »Die Evangelisten gehen nur ins Erzgebirge und kommen nicht ins Leipziger Land.« Dieser Satz wurde schon mehrfach aus dem Mund des dortigen Superintendenten vernommen. Zum Leipziger Land gehört auch Wurzen. Dort steht zurzeit für zwei Wochen unser Evangelisationszelt und es kommen gleich mehrere Evangelisten. Aus der Schreibstube dieses Superintendenten war im Vorfelde zu vernehmen, die kirchlichen Jugendreferenten des Leipziger Landes seien in Sorge, »dass sich Zerrüttung, Spaltung und seelischer Druck anstelle von aufblühender Gemeindearbeit ausbreiten könnten«. Für die Jugendlichen, die sich in Zelt-Veranstaltungen verirrt haben, stehen die Jugendpädagogen für Gespräche bereit, um Irritationen auszuräumen. Der Jugendpfarrer wird zur Beobachtung in die Zeltevangelisation geschickt. Der vereinbarte Auftritt des Musikevangelisten Frank Döhler im Religionsunterricht an einer Schule der Region wurde urplötzlich abgesagt, obwohl Döhler landeskirchlicher Diakon ist und den Abschluss als Religionspädagoge hat. Sicher bin ich mir nicht, ob man diese Vorgänge Heuchelei oder Mobilmachung nennt. Klar ist mir eins: Je wichtiger eine Sache für das Reich Gottes ist, umso mehr gibt es Widerstand. Deshalb ist das Gebet der ersten Christenheit: »Herr, sieh an ihr Drohen und gib deinen Knechten, mit allem Freimut zu Informationsbrief 282

Dezember 2013

reden dein Wort …« (Apostelgeschichte 4,29) hochaktuell. Die eigentliche und sinnvollste Mobilmachung ist Beten und Predigen. Vielen Dank allen Betern, die für unsere Termine – auch bei Gegenwind – die Hände falten. Lutz Scheuffler (Quelle: info Evangelisationsteam 4/2013, S. 6)

Erzbischof Zollitsch: Reformationsjubiläum 2017 ist kein Jubeljahr Die römisch-katholische Kirche will das Reformationsjubiläum 2017 nicht als Jubeljahr begehen. Die Reformation sei ja der Grund für die tragische Spaltung des westlichen Christentums gewesen, sagte Erzbischof Robert Zollitsch (Freiburg), der Vorsitzende der (katholischen) Deutschen Bischofskonferenz bei einem Vortrag in Karlsruhe. Trotzdem wolle sich die römischkatholische Kirche »konstruktiv und kreativ« mit der Reformation und ihren Folgen ausei­ nandersetzen. Ein Gedenken an die Reformation sollte nicht nur die anderen Konfessionen mit in den Blick nehmen, sondern auch »ihre eigene Schuldgeschichte, die eine Trennungsund Entfremdungsgeschichte mit unsäglichen« Folgen darstelle. Gerade wenn man die Reformation als gesamteuropäisches Ereignis begreife, sei für katholische Christen »eine Erinnerung an diese Ereignisse als Jubeljahr nicht möglich, wohl aber als Aufgabe einer tiefgehenden Versöhnung«. Das Anliegen der Reformation müsse heute zweifellos neu zur Sprache kommen, »indem es unter den gegenwärtigen Bedingungen die drängenden Fragen der Reformation nach Gott und Jesus Christus für die Menschen heute neu erschließt«, sagte Zollitsch. (Quelle der Nachricht: Rundmail aus Bretten vom 13. September 2013, nach epd)

Pfarrer Hermann Traub † Der Vorsitzende der »Christus Bewegung Baden« Pfarrer i. R. Hermann Traub (Kraichtal bei Karlsruhe) wurde am 2. November mitten aus seinem Dienst für seinen Herrn völlig überraschend in die Ewigkeit abgerufen. Hermann Traub (69) wurde während einer Rüstzeit für Kirchenälteste in Bad Herrenalb morgens tot in seinem Zimmer gefunden, nachdem er nicht zur Bibelarbeit erschienen war. Seit 2006 29


war Hermann Traub ehrenamtlicher Vorsitzender der »Christus Bewegung« in Baden (damals noch »Evangelische Vereinigung für Bibel und Bekenntnis in Baden«). Von 1981 bis 1993 amtierte er als Generalsekretär des CVJM-Baden. Danach war er Leiter des CVJM-Ostwerks (Berlin) und Mitbegründer des dortigen CVJMMissio-Centers. Von 2001 bis 2007 wirkte der missionarisch Engagierte als Gemeindepfarrer in Singen bei Pforzheim. Bekannt war der aus der Nähe von Heilbronn stammende Traub auch als Buchautor, Evangelist und Referent bei Freizeiten und Schiffsreisen. Traub, der ehrenamtlich in vielen Ämtern und Aufgaben tätig war, war ein leidenschaftlicher Kämpfer für das biblische Evangelium. Er lebte einen sehr aktiven Ruhestand. Sonntags stand er als gern gehörter Prediger auf badischen Kirchenkanzeln, nachmittags und abends legte er meist noch in den Gemeinschaftsstunden des Liebenzeller Gemeinschaftsverbandes die Bibel aus. Traub schrieb für Andachtsbücher und für die tägliche Bibellese und verfasste Taschenbücher zur verbindlichen Nachfolge. Trotz aller Skepsis war er mit der badischen Landeskirche verbunden und rang in ihr um die klare Ausrichtung an der Bibel und den reformatorischen Bekenntnissen. Zu Fehlentwicklungen konnte er nicht schweigen und erhob unerschrocken seine Stimme für die biblische Wahrheit – ohne Rücksicht auf persönliche Nachteile und Schwierigkeiten. Er gehörte zum Pfarrerinnen- und Pfarrer-Gebetsbund (PGB) in Baden, war Mitglied im Trägerkreis des Evangeliums-Rundfunks sowie in der Redaktion und im Trägerkreis der badischen Zeitschrift »hoffen + handeln«, sowie immer wieder Autor bei idea. Er forderte »seine Kirche« immer wieder dazu auf, sich auf den biblischen Grundauftrag zu konzentrieren: Predigt, Evangelisation und Aufbau geistlicher Gemeinschaft. Im Juni die-

ses Jahres initiierte er mit 34 Pfarrkollegen eine so genannte »Unteröwisheimer Erklärung«, die zu einer grundlegenden geistlichen Erneuerung der badischen Landeskirche aufrief. Die Kirchenleitung habe sich »gründlich von allen Positionen entfernt«, die dem Pietismus wichtig seien, wozu insbesondere das uneingeschränkte Vertrauen in das Wort Gottes gehöre. Unerwartet starkes Echo bekam auch sein Aufruf, den an Jesus glaubenden (messianischen) Juden die Türen in der Kirche zu öffnen. (Quelle der Nachricht: Nachruf auf Hermann Traub von Martin Kugele vom 2. November 2013)

Walter Wassermann † Im Alter von 87 Jahren ist der Islam-Experte Walter Wassermann in Winterbach bei Stuttgart verstorben. Er war CVJM-Sekretär, Missionar in arabischen Ländern und Autor von etwa 50 Büchern. Seine Schriften wurden in über 40 Sprachen übersetzt. Als Leiter des Schriftenmissionszentrums der evangelischen Karmelmission in Schorndorf bei Stuttgart beantwortete er mit seinem Team von 1977 bis zum Ruhestand 1996 fast eine Million Briefe von Muslimen. Nach seiner Pensionierung zog es den gebürtigen Blaubeurener zunächst in seine Wahlheimat Libanon, wo er bereits von 1955 bis 1976 als Direktor des Waisenhauses der SchnellerSchule, Gemeindegründer und Leiter einer Schriftenmission tätig war. 2006 kehrte er in seine schwäbische Heimat zurück, um sein wissenschaftliches Werk zu vollenden. Er hat auch im Informationsbrief der Bekenntnisbewegung »Kein anderes Evangelium« publiziert. Seine vier Söhne engagieren sich ebenfalls in der Mission unter Muslimen. (Quelle der Nachricht: Rundmail aus Bretten vom 27. September 2013)

Mitarbeiter an diesem Heft: Pfarrer Dr. Joachim Cochlovius Mühlenstraße 42 29664 Walsrode Telefon (05161) 911330 Fax (05161) 911332 E-Mail: info@gemeindehilfsbund.de

Professor Dr. Dr. Rainer Mayer Malachitweg 3 70619 Stuttgart Telefon (0711) 442260 Fax (0711) 413098 E-Mail: dr.r.mayer@web.de

Pfarrer Hansfrieder Hellenschmidt Rötlenstraße 26 70794 Filderstadt Telefon (07158) 69569 Fax (07158) 9157495 E-Mail: hans.hellenschmidt@gmx.de

Rolf Müller Jägerhof 1 08112 Wilkau-Haßlau E-Mail: rolfm.hasslau@freenet.de

30

Walter Rominger Mehlbaumstraße 148 72458 Albstadt Telefon und Fax (07431) 74485 E-Mail: w.rominger@t-online.de

Professor Dr. Reinhard Slenczka, D. D. Spardorfer Straße 47 91054 Erlangen Telefon und Fax (09131) 24139 E-Mail: Grslenczka@aol.com Pfarrer Eberhard Troeger Elsterweg 1 51674 Wiehl Telefon (02262) 751793 Fax (02262) 751795 E-Mail: troeger-wiehl@t-online.de

Dezember 2013

Informationsbrief 282


Geschäftsführender Ausschuss Vorsitzender der Bekenntnisbewegung »Kein anderes Evangelium« e. V. Pfarrer Hansfrieder Hellenschmidt Rötlenstraße 26 70794 Filderstadt Telefon (07158) 6 95 69 Fax (0 71 58) 9 15 74 95 E-Mail: hans.hellenschmidt@gmx.de Stellvertretender Vorsitzender Hans Lauffer Osterstraße 25 70794 Filderstadt Telefon (0 71 58) 48 31 Fax (0 71 58) 94 78 73 E-Mail: hans.lauffer@t-online.de Schriftführer Walter Rominger Mehlbaumstraße 148 72458 Albstadt Telefon und Fax (0 74 31) 7 44 85 E-Mail: w.rominger@t-online.de Kassenwart Gabriele Reimer Beurhausstraße 31 44137 Dortmund Telefon (0231) 5 84 46 96 Handy (0177) 2 99 77 76 Fax (0231) 5 89 36 37 E-Mail: Gabriele.Reimer@gmx.de

Weitere Exemplare des Informationsbriefes für Juli 2013, Heft 279 sowie des Traktats »Falsche Propheten sind unter uns« können bei der Geschäftsstelle bestellt werden. Weitere Mitglieder des Geschäftsführenden Ausschusses Pfarrer Johannes Frey Ofener Straße 3 28816 Stuhr Telefon (04 21) 5 22 89 10 E-Mail: johannes.frey@nord-com.net Gottfried Meskemper Voltastraße 26 28357 Bremen Telefon (04 21) 25 60 40 Fax (04 21) 2 05 34 56 E-Mail: Gottfried.meskemper@t-online.de

Mit Fragen bezüglich der Spendenbescheinigungen wenden Sie sich bitte an unseren ­Kassenwart Gabriele Reimer. Sie erreichen sie telefonisch unter (02 31) 5 84 46 96 am besten samstags. Ansonsten sprechen Sie bitte auf den Anrufbeantworter der angege­benen Rufnummer. Bankkonten Volksbank Filder e. G., (BLZ 611 616 96) Konto-Nr. 65 500 016 IBAN DE34 6116 1696 0065 5000 16 BIC (SWIFT)-Code: GENO DE S1 NHB Postgirokonto Schweiz: Postgiroamt Bern Nr. 30-195 56-2 IBAN CH21 0900 0000 3001 9556 2 BIC POFICHBEXXX

Bekenntnisbewegung »Kein anderes Evangelium« e. V. Geschäftsstelle: Walter Rominger Mehlbaumstraße 148 72458 Albstadt Telefon und Fax (07431) 74485 E-Mail: w.rominger@t-online.de www.keinanderesevangelium.de

Impressum: Herausgeber und Verlag: Bekenntnisbewegung »Kein anderes Evangelium« e. V. – zweimonatlich, kostenlos – Redaktion: Pfarrer Hansfrieder Hellenschmidt Satz und Layout: Grafisches Atelier Arnold, Dettingen an der Erms Druck: BasseDruck, Hagen ISSN 1618-8306 Fotos/Abb. auf Seite: 2: ELCA News Service; myhopewithbillygraham.org; 5, 9: Wikipedia, Public Domain 13: Olzog Verlag München 14: LSE Library 17: MEV 29: ERF Medien restliche privat.

Nachsendeanträge bei der Post kommen bei der Bekenntnisbewegung nicht als Adressänderung an. Deshalb auch bei Umzügen die Adressänderung durch untenstehenden Abschnitt an die Geschäftsstelle weitergeben.

Für Neubestellung, Adressänderung und Abbestellung ausschneiden und einsenden an: Bekenntnisbewegung »Kein anderes Evangelium« Geschäftsstelle: Mehlbaumstraße 148, 72458 Albstadt

q Neubestellung q Adressänderung q Abbestellung

(Zutreffendes bitte ankreuzen)

4

Adresse: ………………………………………………………………………………………………………………………… Name

Vorname

…………………………………….………………………………………………………………………………….. Straße/Haus-Nr.

PLZ

Ort

Neue Adresse (nur bei Adressänderung): ………………………………………………………………………………………………………………………… Name

Vorname

………………………………….…………………………………………………………………………………….. Straße/Haus-Nr.

Informationsbrief 282

PLZ

Dezember 2013

Ort

31


Postvertriebsstück

E 11299

Informationsbrief BasseDruck GmbH Leimstraße 54–58 58135 Hagen Entgelt bezahlt 7/ 2013 DPAG

Zwei Säulen tragen die Welt, obwohl sie gegen beide anstürmt: Gottes Ordnungen und Gebot und der Christen Gebet. Martin Luther


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.