Informationsbrief Dezember 2014

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Aus dem Inhalt

Neues aus Kirche und Welt Aus Lehre und Verkündigung Geistliches Wort Psalm 116,15.17 Chaosmächte und die Lehre vom »gerechten Krieg« Christentum und Islam Betrachtungen auf dem Weg zum Reformationsjubiläum 2017: Reformation gegen Deformation in der Kirche Heinrich von Zütphen – Zum 490. Todestag des Märtyrers Religiöse Hingabe und r­ eformatorischer Glaube Aus Kirche und Gesellschaft Aus der Bekenntnisbewegung

ISSN 1618-8306

Dezember 2014 Nr.  289

Bekenntnisbewegung »Kein anderes Evangelium«


kurz+bündig Personen

Inhalt kurz+bündig Neues aus Kirche und Welt

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Aus Lehre und Verkündigung 5 Der Tod seiner Heiligen wiegt schwer vor dem Herrn Dir will ich Dank opfern und des Herrn Namen anrufen Psalm 116,15.17 6 Gibt es einen »gerechten Krieg«? Chaosmächte und die Lehre vom »gerechten Krieg« 9 Christentum und Islam Gegenüberstellung der theologischen Grundaussagen von Christentum und Islam in einzelnen Abschnitten Teil 3 von 9

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Betrachtungen auf dem Weg zum Reformationsjubiläum 2017: Reformation gegen Deformation in der Kirche 18 Heinrich von Zütphen Zum 490. Todestag des Märtyrers 20 Religiöse Hingabe und ­reformatorischer Glaube 24 »Gottes Erwählen im Alten und Neuen Testament« Bibelfreizeit im März 2015 26 Aus Kirche und Gesellschaft 27 Aus der Bekenntnisbewegung 29

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Gerhard Rau 80

Im September konnte der Heidelberger Professor für Praktische Theologie und Kirchensoziologie, Gerhard Rau, sein 80. Lebensjahr vollenden. Von 1974 bis 1999 lehrte er in Heidelberg; davor war er drei Jahre lang Leiter der Planungsund Organisationsabteilung im evangelischen Oberkirchenrat in Karlsruhe. Zusammen mit einigen anderen Professoren wandte er sich vor drei Jahren entschieden gegen das Zusammenleben homosexueller Lebensgemeinschaften im Pfarrhaus. Rau ist auch Vorsitzender der Heidelberger Stadtmission, die unter anderem ein Krankenhaus betreibt und mit einigen hundert Angestellten eine der größten Stadtmissionen in Deutschland ist.

Kirche weltweit CVJM: neuer WeltbundPräsident

Bei der Weltratstagung in Estes Park (US-Bundesstaat Colorado) mit 1300 Delegierten (43 aus Deutschland) aus 83 Nationen, wurde der Brite Peter Posner zum neuen Präsidenten des Weltbundes gewählt und löste den US-Amerikaner Ken Kolloton (Albany) ab. Die 35-jähige Dorothee Pfrommer (Kassel), die für vier Jahre in

den Vorstand des CVJMWeltbundes (über 45 Millionen Mitglieder) gewählt wurde, will sich für die Stärkung des christlichen Profils des Weltbundes einsetzen.

Bibel Wechsel bei »Wycliff Deutschland«

Als neue Geschäftsführerin von »Wycliff Deutschland« (Burbach bei Siegen) wurde die Sprachwissenschaftlerin Susanne Krüger (41) eingeführt. Sie folgt auf Angelika Marsch (60), die nach 14-jähriger Amtszeit nicht mehr zur Verfügung stand. Während der Amtszeit von Angelika Marsch wurden Bibeln und Neue Testamente in 18 Sprachen fertig übersetzt. In 1919 Sprachen werde noch eine Übersetzung benötigt. In Deutschland soll bis 2020 die Zahl der Mitarbeiter von derzeit 147 auf 200 gesteigert werden. Mehr als 6000 Wycliff-Mitarbeiter aus 70 Ländern sind mit 1530 Bibelübersetzungsprojekten beschäftigt.

Hotelkette entfernt Bibeln aus Zimmern

Die Bibel ist keineswegs auch in Europa überall gern gesehen. Bei einer britischen Hotelkette gehört sie offenbar zu verbotenen Büchern. Die britische Hotelkette Travelodge hat mit der Begründung, Großbritannien sei multikulturell geworden, Bibeln aus den Hotelzim-

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mern verbannt. Kundenbeschwerden über die Bibel habe es nicht gegeben. Ein Sprecher der anglikanischen »Kirche von England« bezeichnete den Vorgang als tragisch. Travelodge ist die erste Hotelkette in England, die Bibeln entfernt; andere Hotelketten wollen Bibeln auf den Zimmern belassen.

Ökumene Kurienkardinal erteilt »Ökumene jetzt« deutliche Absage

Der Leiter der Glaubenskongregation in Rom, der deutsche Erzbischof Gerhard Ludwig Müller (früher Regensburg), hat deutsche Spitzenpolitiker kritisiert. Mit Aufrufen wie »Ökumene jetzt« würden sie so tun, als sei die Kirche eine politische Partei. Aber über den von Gott geoffenbarten Glauben könne man nicht wie über Parteiprogramme abstimmen.

Ökumene der Religionen Humanitäre Partnerschaft

Lutherischer Weltbund (LWB) und Islamic Relief Worldwide gehen aufeinander zu, zumindest und zunächst im humanitären Bereich. Sie wollen humanitär zusammenarbeiten. Es ist die erste christlich-muslimische Kooperation bei der Opferhilfe. Die gemeinsamen Werte der Würde, der Gerechtigkeit und des Mitgefühls sollten die zu-

künftige Partnerschaft prägen, erklärte der Direktor des LWBWeltdienstes, Eberhard Hitzler, nach der Unterzeichnung des Abkommens.

kurz+bündig

Personen +++ Kirchen +++ Glauben +++ »Modernes Leben«

Dalai Lama ohne Nachfolger?

Der Dalai Lama soll entschieden haben, dass er keinen Nachfolger haben will. Die »Institution Dalai Lama« werde nicht mehr benötigt. Zusammen mit seinem Verzicht auf alle politischen Ämter und Führungsansprüche vor zwei Jahren kann das als Vorgang von großer Tragweite für das Verhältnis von Religionen und Staat weltweit angesehen werden.

Neuer Erzbischof für Russlands Lutheraner Dietrich Brauer

Die in St. Petersburg tagende Generalsynode hat den 31 Jahre alten Moskauer Bischof Dietrich Brauer zum geistlichen Oberhaupt der 19 000 lutherischen Christen (vor der Oktoberrevolution 1917 gab es 1,5 Millionen Lutheraner in Russland) in mehr als 200 Gemeinden gewählt. Der Erzbischof hat vor allem repräsentative Aufgaben. Bereits im 16. Jahrhundert entstanden die ersten lutherischen Gemeinden in Russland als Gründungen deutscher Einwanderer und Gastarbeiter. In der Sowjetzeit wurde die Kirche verfolgt, 1938 aufgelöst, ihre Gebäude enteignet, Pastoren hingerichtet und verbannt; 1992 wieder neu gegründet.


kurz+bündig Christenverfolgung Christen spüren auch in Deutschland den Hass von Islamisten

Mit den Flüchtlingen kommen auch die Konflikte ihrer Herkunftsländer nach Deutschland. Denn mit den asylsuchenden Christen aus der arabischen Welt, die dort verfolgt sind, finden auch Extremisten den Weg zu uns – manchmal sogar in die gleiche Asylunterkunft. Dort sind viele Christen den Attacken radikaler Moslems ausgesetzt.

Islam Salafisten unterwandern deutsche Schulen

Radikale Islamisten gewinnen Einfluss in den Schulen. Immer mehr Lehrer beobachten, was ein Hamburger Schulleiter »konfrontative Religionsausübung« nennt. Es werden demnach salafistische »Gebetstreffen« organisiert und Mitschüler drangsaliert, die sich scheuen, dabei mitzumachen. Selbst Mädchen werden demnach bedrängt, die ihr Haar nicht mit einem Kopftuch verhüllen. Bundespolitiker klagen, auch in anderen euro­ päischen Staaten gewönnen fundamentalistische islamische Gruppen Einfluss an Schulen.

Bremen: Muslime im Rundfunkrat

Der Islam dringt in Gremien und Verwaltungen weiter vor. Und Bremen erweist sich als Vorreiter dafür. Denn im Rundfunkrat in Bremen ist 4

erstmals und bis jetzt bundesweit auch einzig, ein Moslem vertreten: der Sozialpädagoge Mustafa Yavuz. Die Novellierung des Radio-BremenGesetzes ermöglichte dies. Zur Begründung wird angegeben, der rot-grüne Senat trage damit der Bedeutung der Muslime Rechnung, die etwa acht Prozent der rund 650 000 Einwohner Bremens ausmachen. Ob Rundfunkräte anderer Bundesländer nachziehen werden um nicht abseits zu stehen, bleibt abzuwarten.

Ethik Mehrheit der Deutschen für Sterbehilfe

Die Mehrheit der Deutschen soll nach einer als repräsentativ ausgegebenen Emnid-Umfrage dafür sein, dass Mediziner sterbewillige Schwerstkranke auf deren Wunsch hin töten dürfen. 58 Prozent der Befragten halten demnach aktive Sterbehilfe durch einen Arzt für einen Gnadenakt.

USA: Unternehmer muss nicht für Abtreibungspille in Staatsvertrag einzahlen

Zwar gibt die neue USKrankenversicherung die »Pille danach«, die abtreibende Wirkung hat, gratis ab, doch David Green, der Gründer

von »Hobby Lobby«, einer Geschenk-Artikel-Kette, hat sich, wie sich jetzt herausstellte, erfolgreich geweigert, für seine 28 000 Mitarbeiter in Obamas Staatsversicherung einzuzahlen; denn nach einem bald fünfjährigen Rechtsstreit gab das höchste US-Gericht, wenn auch mit einer denkbar knappen Mehrheit von fünf zu vier Stimmen, Green recht – auf Grund der Religionsfreiheit. Baden-Württemberg: Kein Erfolg für Petition gegen grün-roten Bildungsplan

Jetzt wurde über die Petition mit 192 000 Unterzeichnern vom Petitionsausschuss des Landtages in BadenWürttemberg entschieden. Das Ergebnis war kaum anders zu erwarten, da sich Ideologen nicht beeindrucken lassen: Der Petition zum »Bildungsplan 2015« kann nicht abgeholfen werden. Wie die Vorsitzende des Gremiums, die GrünenAbgeordnete Beate Böhlen (Baden-Baden) mitteilte, erfolge der Beschluss mit den Stimmen der Mehrheit. Begründet wurde die Entscheidung laut Böhlen damit, dass die Landesregierung an ihrem Ziel festhält, das Thema »Akzeptanz sexueller Vielfalt« in den neuen Bildungsplänen zu verankern. »Deshalb hat der Petent mit seinem Anliegen keinen Erfolg«, erklärte die Ausschussvorsitzende.

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Aus Lehre und Verkündigung mm Der Glaube ist nicht allein dieses, dass ich wisse die Historien, wie Christus geboren und gelitten, sondern der Glaube ist die Gewissheit und das Vertrauen im Herzen, da ich die Zusage Gottes für gewiss und wahr halte, durch welche mir angeboten wird Vergebung, Gnade und alles Heil durch Christus. Philipp Melanchthon

mm Die Heilige Schrift muss gelesen werden mit hoher und ehrerbietiger Achtung vor ihr, mit der festen Überzeugung, dass sie das wahre Wort Gottes ist, und dass er allein uns befähigen kann, sie zu verstehen, mit dem Wunsch, den in ihr offenbarten Willen Gottes zu erkennen, ihm zu glauben und ihm zu gehorchen, ferner mit Fleiß und Aufmerksamkeit auf ihren Inhalt und Zweck zu achten, mit Nachdenken, Nutzanwendung, Selbstverleugnung und Gebet. Westminster Katechismus, Frage 157

mm Das Gebet ist der himmlische Hafen, in dem wir uns vor den Stürmen des Lebens bergen. Charles Spurgeon, 1834–1892

mm Es ist ganz charakteristisch, dass in Epochen der Blüte der Kirche die Enderwartung sich wiederbelebt, denken wir an Luther, denken wir an den Pietismus. Wenn man unsere Zeit an ihrer Zukunftserwartung misst, kann das Urteil nur negativ ausfallen. Kurt Aland

mm Wenn wir nicht unsere Stimme erheben, wenn die Religionsfreiheit bedroht ist und Christen verfolgt werden, dann beteiligen wir uns am Bösen. Wenn amerikanische Christen angesichts ungeheurer Verfolgung den Mund halten, wie wir es getan haben, dann werden wir vor Gott schuldig.

mm Es besteht kein Zweifel daran, dass die meisten Probleme in unseren Kirchen, Gemeinden und auch in der Welt dadurch entstehen, dass wir uns immer mehr von der Autorität der Heiligen Schrift entfernen. Gottes Wort wird durch menschliche Philosophie ersetzt. Die Meinung von so genannten »Gelehrten« erhält mehr Bedeutung als die göttliche Offenbarung. […] Die Bibel wird mehr und mehr zu einem Buch unter vielen anderen Büchern. Sie gilt als nicht mehr zeitgemäß, ihr Inhalt als zu intolerant. […] Und das Ergebnis davon ist, dass man Gottes Botschaft kein Gehör mehr schenkt und jegliches Interesse an ihr verloren hat. […] Setze ich mein Vertrauen auf das, was ich in der Bibel lese? Formt sie mein Denken und mein Leben? Oder lasse ich mich vom gegenwärtigen Zeitgeist und der Meinung der Masse beeinflussen? Es ist unvermeidlich, dass wir entweder das eine oder das andere tun. […] Die Welt mag noch so sehr von Fortschritt und Entwicklung sprechen, in Wahrheit bewegen wir uns im Kreis, wenn Gottes Wort uns nicht die Richtung weist. Denn entweder ist Gott unsere Autorität oder wir werden sie an einer anderen Stelle suchen, die uns ganz sicher nicht helfen kann. Martyn Lloyd-Jones

Eric Metaxas

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Der Tod seiner Heiligen wiegt schwer vor dem Herrn Dir will ich Dank opfern und des Herrn Namen anrufen. Psalm 116,15.17 Spruch zum Tag des Erzmärtyrers Stephanus, dem 2. Weihnachtstag WaLter rominger

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n die so freudevolle, bei so manchem zeitgenossen oft beschauliche und rührselige Weihnachtszeit in der auch weltlicher und religiöser Kitsch keine untergeordnete rolle spielen, dringt unüberhörbar der ton herein, der in aller Deutlichkeit zeigt, was das Leben eines Christen, wenn dieser denn mit ernst Christ sein will, ausmacht. nicht zufällig, sondern mit bedacht hat denn auch die Kirche Jesu Christi den tag des erzmärtyrers stephanus, um seines märtyrertodes und zeugnisses zu gedenken, in diese weihnachtliche freudenzeit gelegt. Denn nicht oberflächliche freude, die dann doch nicht trägt, wenn es darauf ankommt, sondern in und

Walter Rominger Die anschrift des autors finden sie auf seite 30

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durch bedrängnis gereifte freude, »freude in allem Leide« (Cyriakus schneegaß, evangelisches Gesangbuch 398,1) und deshalb auch große Dankbarkeit Jesus gegenüber, stehen dem Christen wohl an. Daher:

Des Christen Leben ist nicht beschaulich und beseligend, … … sondern das des Christuszeugen (märtyrers) und bedrängten, und damit unter Umständen ein Leben auf des messers schneide. Kaum war die erste Gemeinde durch das Wirken des Heiligen Geistes an Pfingsten entstanden (apostelgeschichte 2) und erlebte ein starkes Wachstum, so wie wir uns dies so manches mal wünschen und deshalb leicht in der Versuchung stehen, dem auch mit unlauteren mitteln nachhelfen zu wollen, da gab es bereits erste unschöne Konflikte. zunächst sollten sich die apostel, um nicht überfordert zu sein (apostelgeschichte 6,2f.), allein dem Dienst am Wort widmen (apostelgeschichte 6,4). Um aber den karitativen Dienst nicht zu vernachlässigen – die Kirche Jesu Christi hat von anfang an eine diakoniDezember 2014

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sche Seite zur Unterstützung des allein das Heil schaffenden Wortes – sollten sieben Armenpfleger den Aposteln zur Seite gestellt werden. Die Wahl dieser (Apostelgeschichte 6,1–7) war eine weise Entscheidung. Kann die Einsetzung der Armenpfleger auch als die Geburtsstunde der Diakonie betrachtet werden, so scheint sich deren Betätigung indes nicht auf wortlosen Dienst der helfenden Tat beschränkt zu haben, sondern schloss wohl auch den Dienst am Wort mit ein, weil die helfende Tat der Erklärung bedarf, um nicht ambivalent zu bleiben. Auch wenn von fünf der sieben Armenpfleger1 lediglich der Name bekannt ist (Apostelgeschichte 6,5), so doch von Stephanus mehr, der die übrigen allem Anschein nach übertroffen hat, der »voll Gnade und Kraft Wunder und große Zeichen unter dem Volk tat« (Apostelgeschichte 6,8). Aber das wurde nicht von allen gern gesehen. Das erweckte bald Neider. Doch weil diese keine berechtigten Vorwürfe gegen ihn erheben konnten (Apostelgeschichte 6,9f.), griffen sie zum infamen Mittel, falsche Zeugen gegen ihn aufzubieten, die ihn der Gotteslästerung bezichtigten, so dass er vor den Hohen Rat gezerrt wurde (Apostelgeschichte 6,11–15). Kirche und Synagoge waren in dieser frühen Zeit der Gemeinde Jesu organisatorisch noch nicht getrennt und die Jerusalemer Christen konnten deshalb noch als Sonderform des Judentums angesehen werden, wiewohl sie das nicht mehr waren. Jedenfalls musste sich Stephanus vor dem Hohen Rat verantworten. Seine »Verteidigungsrede« geriet zur Anklage der eigenen Volksgenossen und zum Zeugnis von Jesus, dem Messias (Apostelgeschichte 7). Der Heilige Geist hatte ihn die richtigen Worte gelehrt, und »eingegeben«, was er sagen sollte (Lukas 12,12). Das Wort Gottes wirkt. Es bleibt nicht ohne Folgen. Es wirkt Annahme oder Ablehnung, Hinwendung oder Verstockung. Erfolg ist auf keinen Fall garantiert. Der Misserfolg ist da eher der Normalfall. Größerer Misserfolg als ihn Stephanus hatte, ist kaum denkbar. Im Hohen Rat, dieser jüdischen Religionsbehörde, fielen sie ihm nicht zu, sondern über ihn her. Sie stießen ihn wegen seiner anklagenden Rede (Apostelgeschichte 7,1–53) und seines geistgewirkten Messias-Bekenntnisses, er sehe Jesus, den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen, zur Stadt hinaus und steinigten ihn (Apostelgeschichte 7,54–58); und der Zeuge Christi betete im Sterben für seine Mörder: »Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an« (Apostelgeschichte 7,60), gleich wie auch Jesus am Kreuz für seine Feinde gebetet hatte: »Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun!« (Lukas 23,34) Informationsbrief 289

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Am Beispiel des Stephanus zeigt sich, dass das Leben des ernsthaften Christen, das ja auch immer das des Zeugen ist, nicht beschaulich und beseligend ist. Es führt viel eher, wie an Stephanus überdeutlich wird, in Bedrängnis, ja, es kann gar den Tod mit sich bringen. Seit jenem ersten Märtyrer zieht sich denn auch eine breite Spur des Leidens durch die Geschichte der Kirche Jesu Christi. Aufs Ganze gesehen hat die Existenz als Christ schon Millionen das irdische Leben gekostet. Ihre größte Breite, darauf hat bereits der Kirchenhistoriker Kurt Dietrich Schmidt vor etlichen Jahrzehnten hingewiesen, erreichte die Spur im vergangenen Jahrhundert; und das gegenwärtige 21. erweckt zumindest bis jetzt nicht den Anschein, als ändere sich da etwas grundlegend. Doch bereits anhand des Wortes Gottes Alten und Neuen Testaments lässt sich eine wahre Leidenstheologie aufzeigen.2 Nicht von ungefähr hat denn auch Martin Luther das Leiden als eines der Kennzeichen des Christenlebens und der Kirche Jesu Christi angesehen. An ihnen bildet sich die Leidensgeschichte ihres Herrn ab. Es trifft eben zu, was der schwäbische Dekan Karl Friedrich Harttmann (1743–1815) am Ende des 18. Jahrhunderts dichtete: »Unter Leiden prägt der Meister …« (1782, Evangelisches Kirchengesangbuch 3015,2; im Evangelischen Gesangbuch ist dieses Lied, das schon als das »Hohelied des Leidens« bezeichnet wurde und manchen Christen in schweren Stunden Trost gegeben hat, bezeichnenderweise nicht mehr enthalten). Teufel und Welt wollen die Gemeinde Jesu nicht ertragen, die immer ein Fremdkörper in dieser Welt sein wird, solange sie Kirche Jesu Christi bleibt. Weh ihr, wenn sie das nicht mehr sein will und dann zur reinen Gesellschaftskirche verkommt. Aber es darf auch nicht verwundern, dass eine Kirche, die vom Wohlstand beherrscht wird und damit verweltlicht ist, all den Anläufen von Teufel und Welt nicht standhält, diesen ausweicht und es geradezu anstrebt, mit der Gesellschaft konform zu gehen. Christen der westlichen Hemisphäre sind leidensscheu geworden; die materiell guten Jahre taten nicht in allem gut. In diesen lauert die Verführung, die, auch das zeigt die Geschichte der Christenheit, für die Gemeinde Jesu sich als gefährlicher erweist als deren Verfolgung. Verführung, die auf unterschiedliche Art und Weise erfolgen kann, bringt oft Abfall vom Glauben, Verfolgung häufig Reinigung, Scheidung der Spreu vom Weizen und Stärkung. Indes, einer großen Anzahl von Glaubensbrüdern und -schwestern in der weiten Welt, vermehrt im islamischen Machtbereich, ergeht 7


es denn auch gänzlich anders als den Wohlstandschristen. Sie machen Erfahrungen wie die frühen Christen und führen nicht selten ein Leben auf des Messers Schneide. Und doch erleben sie jene tiefe Wahrheit, die sich ebenfalls durch all die Jahrhunderte der Geschichte der Kirche Jesu Christi zieht, die der Kirchenvater und frühchristliche theologische Schriftsteller Tertullian (um 160 bis nach 220) in die präg­ nanten Worte fasste: »Das Blut der Märtyrer ist der Same der Kirche.« Denn dieses Zeugnis ist eben oft das deutlichste und wirkungsvollste. Die Kirche Jesu Christ ging und geht in der Verfolgung nicht unter; denn ihr gilt die Verheißung Jesu: »Die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen« (Matthäus 16,18). Der Tod des Stephanus brachte sie schließlich ja auch nicht an ihr Ende; sie breitete sich sogar weiter aus. Die Apostelgeschichte zeigt uns dies und verschweigt nicht, wie sie auch weiterhin immer wieder die angefochtene Gemeinde ist. Für Christen scheint auch in unseren Breiten die Luft dünner zu werden. Der gegenwärtige »Kulturkampf«, von dem wir durchaus sprechen können, der sich etwa an Erscheinungen wie der des Gender-Mainstreaming festmachen lässt, vermag sich eventuell rasch in unbändigen Hass auf die, die mit Ernst Christen sein wollen, auszuwirken. Verachtung und Ausgrenzung mögen ihnen begegnen, später auch offene Feindschaft. Die Zeit der Indifferenz kann und wird nicht ewig dauern. Darüber sollten sich überzeugte Christen im Klaren sein und sich darauf einstellen, eingedenk der Einsicht, Nachfolge führt nicht zum Erfolg, sondern in die Verfolgung (Reinhard Slenczka). Da können sie rasch in Situationen kommen, dass sie um Jesu willen »vor Statthalter und Könige« geführt werden (Matthäus 10,18) – vergleichbar vormals Stephanus und »über die Hoffnung, die in« ihnen »ist«, »Rechenschaft« (1.Petrus 3,15) zu geben haben. Noch scheinen christliche Märtyrer räumlich weit weg zu sein von unseren Breiten, aber zeitlich kann das, dass auch hier Christen um des Zeugnisses von Jesus und dann um seinetwillen körperliche Drangsale bis hin zum Tod zu erleiden haben, recht nahe sein. Dabei ist in unserer Gesellschaft zudem der Ausdruck »Märtyrer« eher negativ durch die islamischen Selbstmordattentäter besetzt, welche den Märtyrer vollständig diskreditieren, ja pervertieren und zunichte machen. Diese werden zu Selbstmördern, um andere mit sich in den Tod zu reißen. Der Märtyrer um Christi willen ist genau das Gegenteil dessen. Er sucht nicht selbstmächtig sein gewaltsames Martyrium. Er lässt sein Leben als Zeuge Jesu, nicht um anderen zu schaden, 8

sondern um diesen zu helfen durch das Zeugnis von Jesus, dem Heiland der Welt: Auch bei ihnen soll es zum seligmachenden Glauben kommen. Es mag also, davor sollte jeder, der mit Ernst Christ sein will, gerade in der stimmungsvollen Weihnachtszeit die Augen nicht verschließen, auch bei ihm zum Äußersten kommen.

Und dennoch herrschen bei ihm Dank und »Freude in allem Leide« Aber bereits der Psalmbeter kündigt für sich so ganz persönlich den Umschwung an: »Dir will ich Dank opfern und des Herrn Namen anrufen« (Psalm 116,17). Offensichtlich hat ihn der Herr aus Todesgefahr errettet. Dieser Umschwung von der Klage zu Lob und Dank ist auch aus den Negro-Spirituals vor allem des 19. Jahrhunderts bekannt. Der Psalmbeter entging offenbar noch dem Tode: Gott rettete ihn noch einmal. Bei Stephanus war es anders. Er entging nicht dem Tode. Doch er »sah die Herrlichkeit Gottes und Jesus stehen zur Rechten Gottes« und »den Himmel offen« (Apostelgeschichte 7,55f.). Er fiel letztlich nicht in die Hände der Feinde, sondern in die offene Hand Gottes und wird »ihm [Jesus] gleich sein« und »ihn sehen, wie er ist« (1.Johannes 3,2). Jesus hat also mit einem jeden, der in seiner Nachfolge steht, seinen je besonderen Plan und jeder deshalb seinen eigenen Weg zu gehen. Nicht eines jeden seiner Zeugen (Märtyrer) irdischer Weg endet gleich; unter Umständen kann es ein gewaltsames irdisches Ende sein. Doch das Ende wird für einen jeden derer, die in der Nachfolge stehen und mit Ernst Christen sind, das gleiche sein: Sie werden »bei dem Herrn sein allezeit« (1.Thessalonicher 4,17) und »ihn sehen, wie er ist« (1.Johannes 3,2). Darauf kommt es an. »Das Schönste kommt noch« (Buchtitel von Fritz Rienecker), und in Anbetracht dessen herrschen bei Jüngern Jesu zu allen Zeiten trotz aller Bedrängnis Dank und »Freude in allem Leide« (Cyriakus Schneegaß, Evangelisches Gesangbuch 398,1) vor und nehW men sie ihren Zeugendienst wahr.

1) Philippus taucht in Apostelgeschichte 8,5 und 8,26–40 auf: Der Kämmerer aus Äthiopien. 2) Glenn M. Penner, Im Schatten des Kreuzes. Verfolgung und Christusnachfolge – eine biblische Theologie, Witten 2011, SCM R. Brockhaus, 432 Seiten. Glenn M. Penner verstarb bereits Anfang 2010 nach langer Krankheit mit erst 48 Jahren. Siehe Buchbesprechung im Informationsbrief Nr. 268, Oktober 2011, S. 26. Dezember 2014

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Gibt es einen »gerechten Krieg«? Chaosmächte und die Lehre vom »gerechten Krieg« rainer maYer

Zur Situation nach dem ende des ost-West-Gegensatzes mit der gegenseitigen atomaren bedrohung im »kalten Krieg« erwachte international die Hoffnung auf eine friedlichere zeit. nun aber müssen wir erkennen, dass die Welt keineswegs friedlicher wurde. Das Gegenteil trat ein. staaten zerfielen. es entstanden neu regionale »heiße« Kriege. Diese wirken sich jedoch nicht nur begrenzt aus. Weltweite Verwerfungen entstehen. In europa zeigte sich dies zunächst im Kosovo-Konflikt. Im nahen osten hat sich die situation äußerst zugespitzt. es begann im Irak mit dem sturz von saddam Hussein durch das eingreifen der Usa. seither verfällt das Land mehr und mehr ins Chaos. Vollends seit beginn des »arabischen frühlings«, vielfach vom Westen begrüßt, nehmen in diesen Ländern die militärischen Konflikte zu. In Libyen toben stammeskämpfe. In syrien erheben sich verschiedene Gruppen gegen die assad-regierung. sie bekämpfen sich aber auch gegenseitig, meist im namen des Islam. nun taucht die Is auf, der so genannte »Islamische staat«. Diese Gruppe eroberte bereits Gebiete, die von der mitte syriens bis weit in den Irak reichen. neben anderen minderheiten sind insbesondere die Christen zwischen die mühlsteine der konkurrierenden islamischen Gruppen geraten. sie werden blutig verfolgt. Die Kurden fordern ein eigenes autonomes Gebiet, möglichst einen eigenen staat. Israel, die einzige Demokratie im nahen osten, liegt im Konflikt mit der die Palästinensergebiete beherrschenden Hamas, die ihre eigene bevölkerung in Geiselhaft nimmt und als lebende

Rainer Mayer Die anschrift des autors finden sie auf seite 30 InformatIonsbrIef 289

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Der Gedanke eines gerechten Krieges geht auf Cicero und Livius zurück. schutzschilde missbraucht. auch in europa entstand in der ost-Ukraine ein neuer Krisenherd. angesichts dieser Weltlage ist nun in Politik und Kirchen ein streit über Waffenlieferungen in Krisengebiete und die anwendung von Waffengewalt entbrannt. Die eine seite lehnt beides ab, die andere ist überzeugt, dass es christliche Pflicht ist, schutzverantwortung wahrzunehmen, wenn schwerste menschenrechtsverletzungen geschehen und ganze Volksgruppen in ihrer existenz bedroht sind. Gibt die Lehre vom »gerechten Krieg« dazu eine orientierungshilfe?

Die Lehre vom »gerechten Krieg« Der Gedanke eines gerechten Krieges geht auf römische tradition (Cicero und Livius) zurück. In anlehnung an diese entwickelte die mittelalterliche theologie, vermittelt über die Kirchenväter ambrosius (um 339–397) und augustinus (354–430), folgende merkmale für einen »gerechten Krieg«: Gerecht ist nur ein Verteidigungskrieg, d. h. schweres moralisches Unrecht muss auf der Gegenseite vorliegen. friedliche Verständigungsversuche haben den Kämpfen vorauszugehen. Der Krieg muss durch eine dazu autorisierte macht (»obrigkeit«) erklärt werden. ziel darf nicht rache oder dergleichen sein, sondern allein die absicht, einen gerechten frieden zu stiften. Denn Gerechtigkeit und frieden gehören zusammen gemäß Psalm 85,11: »… dass Güte und treue einander begegnen, Gerechtigkeit und friede sich küssen«. 9


Das Kriterium für einen gerechten Krieg, dass ein nach dem Krieg zu erwartendes Wohl größer sein muss als das Übel, das den Krieg auslöste, ist nicht mehr anwendbar. Angesichts eines Atomschlages mit Massenvernichtung der Bevölkerung und Unbewohnbarkeit ganzer Landstriche durch radioaktive Verseuchung wäre nämlich das Inferno, also das Übel, das dadurch angerichtet wird, viel größer als das Übel, das ursprünglich beseitigt werden sollte.

In der Art der Kriegsführung ist eine Verhältnismäßigkeit der Mittel zu beachten. Eine Verletzung unbeteiligter Dritter ist möglichst zu vermeiden; und vor allem darf das Maß der Strafe das der Schuld nicht überschreiten. Schließlich wäre zu beachten, dass das nach dem Krieg zu erwartende Wohl das den Krieg veranlassende Übel übersteigen muss (Güterabwägung). Das Ziel dieser Lehre ist klar. Es geht darum, den Krieg einzugrenzen und aggressive Willkür zu vermeiden. Somit ist ein Angriffskrieg, insbesondere ein Expansionskrieg, ebenso wenig ethisch verantwortbar wie die Blutrache innerhalb von Sippschaften und Stammesverbänden. Die klassischen Grundsätze für einen »gerechten Krieg« wurden neuzeitlich ergänzt und konkretisiert durch die Bestimmungen der Genfer Konvention vor allem über die Behandlung von Verwundeten und Kriegsgefangenen (seit 1929) und über den Schutz der Zivilbevölkerung (seit 1949). Krieg ist demnach stets eine Notlösung angesichts von rechtswidriger Gewalt, die in ein Gemeinwesen einbricht. Dass es das Böse in Form aggressiver Gewalt gibt, wird dabei realistisch vorausgesetzt. Ein Wort aus Schillers Schauspiel »Wilhelm Tell« lautet: »Es kann der 10

Frömmste nicht im Frieden bleiben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.« Zugleich wird deutlich, dass es viele Voraussetzungen für einen »gerechten Krieg« gibt. Die wichtigste ist die eines intakten Staates bzw. einer legitimierten Ordnungsmacht. Eine klare Rechtsordnung wird vorausgesetzt, nach der Recht und Unrecht erkannt und benannt werden. Beim Recht sollen sowohl die Belange der Einzelnen als auch die der Gemeinschaft zur Geltung kommen. Es geht um die Möglichkeit, dort, wo Recht und Ordnung gewaltsam angegriffen werden, Gegengewalt zu ihrem Schutz einsetzen zu können. Das ist Aufgabe zunächst der Polizei, im Notfall des Militärs. Im Augsburger Bekenntnis von 1530 (CA XVI) heißt es, dass es zum »weltlichen Regiment« u. a. gehört, »iure bellare« (»rechtmäßigerweise Krieg zu führen«). Das Gewaltmonopol gehört jedenfalls der öffentlichen Hand. Es darf nicht privatisiert werden (vgl. Römer 13).

Chaosmächte und Gewalt Wegen dieser Voraussetzungen gibt die Lehre vom »gerechten Krieg« keine Patentlösung an die Hand, die bei allen gewaltträchtigen Dezember 2014

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Konflikten anwendbar ist. Die Absicht der Lehre ist, die Kriegsfurie einzugrenzen, sie so weit als möglich zu »domestizieren«. Denn Krieg, in dem ja Tötungsgewalt entfesselt ist, setzt Chaosmächte frei. Unfassbare Verbrechen wie die der Shoah oder auch »nur« Flächenbombardierung von Zivilbevölkerung sind allein im Krieg denkbar. In Hinsicht der Eingrenzung von Tötungsgewalt und Unrecht gibt die Lehre vom »gerechten Krieg« zwar beachtliche Hinweise; sie ist allerdings, um es noch einmal zu betonen, nicht situationsunabhängig brauchbar. So wurde schon in der Zeit des Ost-West-Gegensatzes mit gegenseitiger atomarer Bedrohung darauf hingewiesen, dass die Bedingungen für einen »gerechten Krieg« nicht mehr ausreichen. Denn das vierte der genannten Kriterien, dass ein nach dem Krieg zu erwartendes Wohl größer sein muss als das Übel, das den Krieg auslöste, ist nicht mehr anwendbar. Angesichts eines Atomschlages mit Massenvernichtung der Bevölkerung und Unbewohnbarkeit ganzer Landstriche durch radioaktive Verseuchung wäre nämlich das Inferno, also das Übel, das dadurch angerichtet wird, viel größer als das Übel, das ursprünglich beseitigt werden sollte. Deshalb wurde von kirchlicher Seite versucht, die Lehre vom »gerechten Krieg« durch die vom »gerechten Frieden« zu ersetzen. Auf dieser Linie liegt der Aufruf der 6. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen von 1983 in Vancouver, wo es u. a. heißt, es solle geprüft werden, »ob die Zeit reif ist für ein allgemeines christliches Friedenskonzil«. In Fortsetzung dieses Impulses ist durch Carl Friedrich von Weizsäcker beim 21. Deutschen Evangelischen Kirchentrag 1985 in Düsseldorf ein Aufruf an die Kirchen der Welt ergangen, ein Konzil des Friedens einzuberufen. Darin heißt es: »Der Friede ist heute Bedingung des Überlebens der Menschheit. Er ist nicht gesichert. Auf einem ökumenischen Konzil, das um des Friedens willen berufen wird, müssen die christlichen Kirchen in gemeinsamer Verantwortung ein Wort sagen, das die Menschheit nicht überhören kann.« Wegen der interkonfessionellen Problematik des Konzilsbegriffs sprach man dann seit 1986 von einem »konziliaren Prozess« mit dem Ziel einer »Weltversammlung für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung«. Bei all diesen gut gemeinten Impulsen und Aktionen muss jedoch nach den weltanschaulichen und theologischen Grundlagen gefragt werden. Seit der Epoche der Aufklärung hat sich im Abendland eine optimistische Weltsicht eingebürgert, die das Böse in der Welt und die bis in den Kosmos reichenden Chaosmächte Informationsbrief 289

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unterschätzt. Das Böse ist nach jener Ansicht nur ein Mangel an Gutem. Die Menschen gelten von Natur aus als gut. Sie geraten angeblich bloß durch falsche Erziehung, die Gesellschaft und ungerechte Verhältnisse in Konflikte bis hin zum Krieg. Der ewige Friede gilt als von Menschen guten Willens machbar. So schrieb etwa der Journalist Franz Alt in seinem Büchlein »Frieden ist möglich. Die Politik der Bergpredigt« (1983): »Alles hängt von uns ab«. Es gibt demnach einen herstellbaren universalen Weltfrieden, wenn sich alle Gutmenschen zusammenschließen und entsprechend handeln. Diese Weltanschauung, die auch in die Kirchen eingedrungen ist, ist jedoch utopisch und wegen ihres illusorischen Charakters sogar gefährlich, weil Menschen, die unter Kriegen, Gewalt und Verfolgung leiden, durch derartige »Friedfertigkeit« ihrem Schicksal hilflos ausgeliefert werden können. Juristisch heißt das »unterlassene Hilfeleistung«. Die biblische Weltsicht unterscheidet sich davon grundsätzlich. In der Schöpfungsgeschichte erfahren wir gleich zu Beginn, dass der Urzustand des Kosmos chaotisch ist (»tohu wa bohu«). Aber der Schöpfer greift ein. Durch sein Allmachtswort schafft er die Räume Himmel und Erde, Tag und Nacht, Meer und Land (1.Mose 1,4–10), die er jeweils spezifisch ausstattet (1.Mose 1,11–19), belebt (1.Mose 1,20– 28) und ordnet (1.Mose 1,28b-30; dazu Vers 17). Bei der Sintflut brachen die Chaosmächte der Urflut dann noch einmal in die Welt ein. Doch im Noahbund garantiert Gott fortan den Bestand der Naturordnungen (1.Mose 8,22; 9,8–17). Der Mensch selbst bleibt jedoch seit dem Sündenfall der Versuchung durch die zerstörenden Chaosmächte ausgesetzt. Weil dem so ist, sind Macht und Gewalt nicht stets an sich etwas Böses, sondern es gibt zerstörende und bewahrende Mächte, es gibt Chaosgewalt und das Chaos abwehrende Gewalt wie z. B. das Gewaltmonopol des Rechtsstaates. In dieser Weise zu schützen und zu bewahren ist erste Aufgabe des Staates, nicht der Kirche. Darin ist die Obrigkeit »Gottes Dienerin« (Römer 13,4). In der Kirche regiert Gott durch Wort und Sakrament, im Staat durch Gesetz und »Schwert« (vgl. Luthers Zwei-Regimenten-Lehre). Als weiser Schöpfer gebraucht Gott die Amtsgewalt, um gegen das Chaos auch im politisch-öffentlichen Bereich ein gewisses Maß an Ordnung zu schaffen – selbst wenn ihn eine gegebene Amtsgewalt nicht anerkennt und selbst, wenn sie viele Fehler macht. Die Alternative ist das anarchistische Chaos, wie wir es gegenwärtig in vielen Ländern, insbesondere des Nahen Ostens, erle11


ben. Die Leidtragenden sind dabei stets die Armen und Schwachen, die ausgebeutet, verfolgt, ja ermordet werden. Deshalb ist eine auch nur relativ gerechte Ordnung immer noch besser als das bloße Chaos, denn »Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern des Friedens« (1.Korinther 14,33).

deren Kriegshandlung unterschiedlich bleiben. Vor allem sollten sich kirchliche Amtsinhaber bei politischen Stellungnahmen zurückhalten und nicht das Amt der Verkündigung mit dem Amt des Staates verwechseln. Zwei Haltungen sollten unter Christen auf jeden Fall ausgeschlossen sein: Einerseits das fatalistische Hinnehmen des Krieges als eines endzeitlichen Verhängnisses und andererseits die GlorifiBiblische Weisung mm Vor allem unterscheidet zierung des Krieges als eines Die Bibel bietet keine sich die Bibel im Blick auf Befreiungsvorganges zur Her»Lehre« vom Krieg, auch anführung eines Weltfriedensnicht vom »gerechten Krieg«. Krieg und Frieden darin reiches. Ein Christ muss seine Nach dem Jakobusbrief sind von der säkularisierten, im Teilnahme an einem Waffendie Gelüste und Leidenschaf- Grunde naiven neuzeitlichen gang in jedem Fall vor seinem ten der Menschen die tiefeGewissen prüfen und vor Gott re Ursache der Kämpfe und Sicht, dass sie nicht meint, verantworten. Kirchlicherseits Kriege (Jakobus 4,1ff.). Vor durch einige Aktionen guten kann Waffendienst nur mit allem unterscheidet sich die dem Ziel der Erhaltung oder Willens und gelungenes Bibel im Blick auf Krieg und Wiederherstellung der lebensFrieden darin von der säkula- Krisenmanagement sei der notwendigen Rechtsordnung risierten, im Grunde naiven Weltfriede machbar. Die vertreten werden. neuzeitlichen Sicht, dass sie Die Tiefendimension ernicht meint, durch einige Ak- menschliche Schuldverstri- schließt sich nur in geistlicher tionen guten Willens und ge- ckung und die Zwiespältig- Sicht. In Konfliktsituationen lungenes Krisenmanagement keit der Welt sind zu groß, können verantwortlich Hansei der Weltfriede machbar. delnde schuldig werden, wie Die menschliche Schuldver- als dass sich immer klare auch immer sie sich entscheistrickung und die Zwiespäl- Lösungen ergeben könnten. den. Christen wissen daher, tigkeit der Welt sind zu groß, dass sie auf Vergebung angeals dass sich immer klare Lösungen ergeben wiesen sind. Zuletzt bleiben das »Beten und könnten. Die Forderung Carl Friedrich von Tun des Gerechten unter den Menschen«, wie Weizsäckers nach »Abschaffung des Krieges Dietrich Bonhoeffer gesagt hat. »Denn unser als politischer Institution« setzt intakte Staaten Kampf geht nicht gegen Fleisch und Blut, sonmit handlungsfähigen Regierungen voraus. Die dern gegen die Gewalten, gegen die Mächte, Zeichen unserer Zeit weisen jedoch in Richtung gegen die Beherrscher dieser Welt der FinsterChaotisierung, Zerfall von Staaten bei mehr nis …« (Epheser 6,12). Dieser Kampf hat mit und mehr bürgerkriegsähnlichen Zuständen ei- dem Kommen Jesu Christi einen Gipfelpunkt nerseits und gleichzeitig diktatorischen Tenden- erreicht und spielt sich auf geistlicher Ebene ab zen andererseits. In diesen Fällen können staat- (vgl. Markus 3,24–27; Lukas 11,18). Den beliche Institutionen ihre ordnende Aufgabe nicht waffneten Widerstand gegen die römische Bemehr wahrnehmen. satzungsmacht hat Jesus abgelehnt, aber wie JeNach biblisch orientierter Theologie gibt sus die widergöttlichen Geistesmächte bekämpft es also keinen »gerechten Krieg«, aber ebenso und besiegt hat (Lukas 10,18; Kolosser 2,15; wenig einen »gerechten Pazifismus«. Die Na- Epheser 1,20–23), so stehen auch die Christen ivität eines prinzipiellen Pazifismus ist dem le- in solchem Kampf. Der ewige Friede ist jedoch bendigen Glauben ebenso fremd wie die andere menschlich nicht herstellbar. Er ist eine endzeitNaivität, Frieden und Gerechtigkeit auf Erden liche Gabe Gottes. »Die Mächte der Dämonen durch Kriegshandlungen herstellen zu können. werden nicht durch Organisationen gebrochen, Bezüglich der Weltgeschichte weiß das Neue sondern durch Gebet und Fasten«, sagte BonTestament nichts von einer fortschreitenden hoeffer in seiner berühmten Friedensrede 1934 Entwicklung zum Guten. Vielmehr kennzeich- auf der Insel Fanø angesichts des kommenden nen Kriege und Kriegsgeschrei die »Wehen« der Weltkrieges. Bei allem zeitlichen Kampf ist daEndzeit (Markus 13,7ff.; Offenbarung 6,1ff.), her denen, die sich zu Jesus Christus halten, der bis Gott durch Jesus Christus sein endzeitliches endzeitliche gerechte Friede verheißen (Römer Friedensreich aufrichtet. Darum werden die 8,37ff.) – als Geschenk, nicht als durch eigene W Meinungen von Christen zu der einen oder an- Kraft errungener Sieg. 12

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Christentum und Islam Gegenüberstellung der theologischen Grundaussagen von Christentum und Islam in einzelnen Abschnitten –– Teil 3 von 9 Hanns Leiner gelehrten« (Markus 1,22). Zu seinem vollmächtigen Tun ist er entweder wirklich von Gott leEs gibt natürlich nicht zwei Götter, aber un- gitimiert, oder er ist ein sich Gottes Autorität ser Gottesglaube ist doch – trotz ein paar Ähn­ anmaßender Gotteslästerer: »›Mein Sohn, dir lichkeiten – grundlegend verschieden. sind deine Sünden vergeben.‹ Es saßen aber ei­ nige Schriftgelehrte und dachten in ihren Herzen: Wie redet er so? Er lästert Gott! Wer Christliches Gottesverständnis kann Sünden vergeben als Gott allein?« (MarEs geht bei unserem Gottesglauben nicht in kus 2,5–7) Mit aller Selbstverständlichkeit stellt erster Linie um Gottes Herrschaft und Herr- Jesus seine Autorität über die des Mose und der lichkeit, sondern um seine Gemeinschaft mit Tora: »Ihr habt gehört, dass zu den Alten geuns und die unsere mit ihm. Wenn auch Je­sus sagt ist: Du sollst nicht töten! … Ich aber sage die Nähe der Königsherrschaft euch …« (Matthäus 5,21f., AnGottes verkündigt hat, so ist es mm Es geht bei unserem tithesen der Bergpredigt). Sein doch die Herrschaft des barm- Gottesglauben nicht in Auftreten löst daher bei den herzigen Vaters und nicht die Menschen, Anhängern und des strengen Weltenrichters, die erster Linie um Gottes Gegnern, Stau­ nen und Anerer damit meint. schütterung, EntHerrschaft und Herrlich- kennung, Er­ Von Jesus her wird der gan- keit, sondern um seine setzen oder auch Ärgernis aus. ze christliche Glaube entworfen »… als Jesus sei­ ne Rede vollund geprägt, also besonders Gemeinschaft mit uns endet hatte, entsetzte sich das auch das christliche Gottes- und die unsere mit ihm. Volk über seine Rede« (Matthäverständnis. Dabei wiederholt us 7,28f.). Oder es heißt nach Jesus nicht nur das, was vom Alten Testament einem Wunder: »So et­was haben wir noch nie her bekannt und allgemeines jüdisches Erbe ist: gese­hen« (Markus 2,12). Das wie­derholt sich: Gott als Schöpfer, Welten­herrscher, Gesetzge- »Alle wunderten sich, dass solche Worte aus seiber und Richter; vielmehr bezeugt er Gott als nem Munde ka­men …« (Lukas 4,22). »So dass seinen barmherzigen Vater. Denn Jesus war und sie sich entsetzten und fragten: Woher hat dieser ist weit mehr als ein Pro­phet und Gesetzespre- solche Weisheit und sol­che Taten?« (Matthäus diger. Er hat von Gott nicht nur gepredigt, son- 13,54) dern er hat ihn in seinem Leben und Wirken Man fing also an, über ihn zu rätseln und vergegenwärtigt und ver­körpert. zu fragen: Wer ist das? Woher hat er das, woAllen, die ihm begegnet sind, ist das aufge- her nimmt er sich solche Vollmacht? Diese Fragangen: »Er predigt [und handelt] gewaltig, gen provozierte Jesus durch sein Verhalten und mit Vollmacht und nicht [nur] wie die Schrift- durch seine Predigt. Die Antwort darauf lieferte er nicht gleich selbst, die mussten die Menschen selbst finden (Man nennt das »indirekte Christologie«). Sie taten das, indem sie ihm viele verschiedene Hoheitstitel und Würdenamen gaben, zunächst aus der jüdischen Tradition, später auch aus den heidnischen Vorstellungen (Ferdinand Hahn, Die Hoheitstitel Jesu). Im Einzelnen sind diese Titel sehr unterschiedlich, aber eines ist doch klar: Um Jesus Hanns Leiner waltete ein Geheimnis, er war etwas Besonderes, einer, der auffiel und eigentlich in kein Schema Die Anschrift des Autors finden Sie auf Seite 30 passte, vielmehr alle Kategorien sprengte, weil

Gottesverständnis oder -erkenntnis

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er in einzigartiger Weise mit Gott verbunden (Hebräer 1,3). Er schlägt die Brücke zwischen war. Das findet seinen Ausdruck darin, dass er Gott und uns; er verbindet uns mit Gott; er Gott sehr vertraulich »mein himmlischer Vater« versöhnt uns mit ihm; er hilft uns dazu, dass (Matthäus 10,32 u. ö.) nannte und das seinen wir Gott vertrauen und lieben können. In ihm Jüngern so erklärte: »Alles ist mir übergeben berühren sich Himmel und Erde in einmaliger von meinem Vater; und niemand kennt den Weise. Er ist für uns Menschen der Weg und Sohn, als nur der Vater; und niemand kennt den Zugang zu Gott, die Erscheinung Gottes in Vater als nur der Sohn und wem es der Sohn der Welt, die Vermittlung des Getrennten, die offenbaren will« (Matthäus 11,27). Offenbarung des Verborgenen. Denn in Jesus Daraus entstanden die christliche Erkenntnis lebt Gott, darum darf er sagen: »Ich und der Vaund das christliche Bekenntnis, ter sind eins« (Johannes 10,30) dass Jesus mehr ist als ein Pro- mm Ganz vereinfacht und: »Wer mich sieht, der sieht phet, mehr als ein Schriftgelehr- ausgedrückt darf man den Vater« (Johannes 14,9). Das ter, vielmehr der Sohn Gottes war heißt: Wenn wir wissen wollen, und ist. Wir Christen glauben als Christ sagen: So wer und wie Gott wirklich ist, also, dass Gott in Jesus die Sehn- wie Jesus, so ist und und wie wir mit ihn dran sind, sucht der Menschen nach seiner dann müssen wir auf Jesus schauhandelt Gott. Gott endgültigen Selbstoffenbarung en und hören. Das ist an ihn geerfüllt hat, dass er in ihm aus sei- bekommt ein geradezu bunden. ner Verborgenheit herausgetre- menschliches Wesen Von Jesus her wird daher das ten ist und sich selbst in der Welt christliche Gottesverständnis auf ein für alle Mal gezeigt hat: »Das und Gesicht durch ihn. charakteristische Weise geprägt. Wort ward Fleisch [Mensch] und Dabei überwiegen Ganz vereinfacht ausgedrückt wohnte unter uns und wir sahen die Züge der Freund­ darf man als Christ sagen: So wie seine Herrlichkeit, eine HerrJesus, so ist und handelt Gott. lichkeit als des eingeborenen lichkeit, Liebe und Gott bekommt ein geradezu Sohnes vom Vater, voller Gnade Barmherzigkeit Gottes menschliches Wesen und Gesicht und Wahrheit« (Johannes 1,14). die der Strenge und durch ihn. Dabei überwiegen die Jesus ist der Mensch gewordene Züge der Freund­ lichkeit, LieGott. In ihm hat uns Gott sein Gerechtigkeit. be und Barmherzigkeit Gottes Wesen offenbart. In ihm haben die der Strenge und Gerechtigsich Gottes Transzendenz (Jenseitigkeit) und keit. Das ist nicht völlig neu in der Bibel. JeImmanenz (Diesseitigkeit) miteinander verbun- sus knüpft hier an Aussagen des Alten Bundes den. Bei ihm trifft zu: »Niemand [anderer] hat an und bestätigt sie: Gott sucht von An­ fang Gott je gesehen; der eingeborene Sohn, der in an sogar den schuldig gewordenen Men­schen: des Vaters Schoß ist, der hat ihn uns verkündet« »Adam, wo bist du?« (1.Mose 3,9). Er schließt (Johannes 1,18). mit ihm sei­nen Bund (1.Mose 15,18 u. ö.). Er In Jesus Christus sind Gottheit und Mensch- schützt und segnet ihn (1.Mose 12,3) und liebt heit in einmaliger Weise miteinander verbun- ihn (Hosea 2,21; 11,1) und hält ihm die Treue. den. Er bringt uns den fernen Gott nahe. Er ist Er vergibt sogar dem irrenden Menschen seine also genau der Mittler zwischen Gott und uns, Schuld. Darum heißt es von ihm schon im Alten den wir brauchen, um Gott zu finden und ihm Testament wiederholt: »Barmherzig und gnädig nahe zu kommen. In ihm geschieht das Wunder ist der Herr, ge­duldig und von großer Güte« der Inkarnation (Verleiblichung) Gottes, auf das (Psalm 103,8). wir unbedingt angewiesen sind, um mit Gott in Dieser Zug wird bei Jesus noch dahingehend Verbindung zu kommen. Darum ist die Rede verstärkt, dass man sogar von einem »Herundavon, dass Jesus Gottes Sohn ist, für unser terkommen« Gottes sprechen kann, von seiner Gottesverständnis unerlässlich. Im Menschen Kondeszendenz, von einer Selbstentäuße­ rung Jesus kommt uns Gott ganz nah, in ihm geht und einem »Gewaltver­zicht« Gottes. Dafür ist uns Gott erst richtig auf. Das hat seinen Nieder- der ganze Lebensweg Jesu ein einzi­ges, großes schlag im ganzen Neuen Testament gefunden. Zeugnis: »Er entäußerte sich selbst und nahm Im Angesicht Jesu Christi erkennen wir Gott. Knechtsgestalt an … erniedrigte sich selbst und Es kommt zur »Erkenntnis der Herrlichkeit ward gehor­sam bis zum Tode, ja zum Tode am Gottes im Angesicht Jesu Christi« (2. Korinther Kreuz« (Philipper 2,7f.). Darin liegt das Einma4,6). »Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Got- lige und Revolutionäre im christlichen Gottestes« (Kolosser 1,15). »Er ist der Abglanz seiner begriff, dass es hier gewagt wird, Gottes Wesen Herrlichkeit und das Ebenbild seines Wesens« als Liebe zu beschreiben: »Gott ist die Liebe …« 14

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(1.Johannes 4,16) und die­se seine Liebesfähig- Islamisches Gottesverständnis keit mit seiner Leidensfä­higkeit in Verbindung Gerade diese Kondeszendenz (dieses Herzu bringen: »Gottes Sein ist im Leiden, und das Leiden ist in Gottes Sein selbst, weil Gott Liebe absteigen) Gottes ins Menschliche durch Jesus ist« (Jürgen Molt­mann, Der gekreuzigte Gott, wird im Islam aus­drücklich und wiederholt bestritten und als Beleidigung Allahs hingestellt. S. 214). So hat das schon Martin Luther in seinem Ihr wird entge­gengehalten die einsame, trans­ persönlichsten Lied besungen: »Da jammert zendente Einzigkeit Allahs: »Es gibt keinen Gott in Ewigkeit mein Elend übermaßen; er Gott außer Al­lah …« Isa ist nicht sein Sohn, dacht an sein Barmherzigkeit und wollt mir hel- und Allah nicht sein Vater (und schon gar nicht unserer). fen lassen; er wandt zu mir das Für das Gottesverständnis des Vaterherz, es war bei ihm fürwahr Islam kennzeichnend und entkein Scherz, er ließ’s sein Bestes scheidend ist also seine Einzigkosten. Er sprach zu seinem liekeit. So ergeht die Aufforderung ben Sohn: ›Die Zeit ist hier zu an Mohammed: »Sprich: Er ist erbarmen; fahr hin mein’s Herder eine Gott, der ewi­ge Gott, er zens werte Kron und sei das Heil zeugt nicht und wird nicht gedem Ar­ men …‹ Der Sohn dem zeugt, und keiner ist ihm gleich« Vater g’horsam ward, er kam zu (Sure 112,1–4). Genau das hebt mir auf Erden von einer Jungauch das islamische Glaubensbefrau rein und zart; er wollt mein kenntnis hervor: »Es gibt keinen Bruder werden. … Er sprach zu Gott außer Allah …« Fast wörtmir: ›Halt dich an mich, es soll dir lich stimmt damit eine andere jetzt gelingen, ich geb mich selber Sure überein: »Er ist Allah, auganz für dich, da will ich für dich ßer dem es keinen Gott gibt …« ringen; denn ich bin dein und du (Sure 59,23f.). bist mein, und wo ich bleib, da Damit greift der Islam bestäsollst du sein, uns soll der Feind Wir sehen als Chri­sten Gott tigend das jüdische Urbekenntnicht scheiden. Vergießen wird als den Vater Jesu Christi nis auf, das »Sch’ma Jisrael …«: er mir mein Blut, dazu das Le- und unseren Vater. Das ben rauben, das leid ich alles dir raubt ihm nichts von seiner »Höre, Israel, Jahwe ist unser zugut, das halt mit festem Glau- Größe, Erhabenheit, Macht, Gott, ein einiger [oder einziger] Jahwe« (5.Mose 6,4). Das ben … da bist du selig worden‹« Heiligkeit und Herrlichschreibt auch das 1. Gebot zwin(Evangelisches Gesangbuch 341, keit, aber es verbindet das gend vor: »Du sollst nicht analles mit der Liebe Got­tes, 4–8). dere Götter haben neben mir!« So sind für uns Gott und Jesus so wie es Gerhard Terstee(5.Mose 5,7) Christus untrennbar miteinan- gen singt: »Ich bete an die Daraus ergibt sich für Judender verbunden. Darum hängt für Macht der Liebe, die sich in tum und Islam mit innerer Notuns und un­ser Heil alles an Jesus Jesus of­fenbart«. wendigkeit Gottes Überlegenheit Christus. Das macht die Lebendigkeit und Menschenfreundlich­keit des christ- über alles, seine uneingeschränkte Macht und lichen Gottesbildes aus. Jesus verkündigt uns Herrschaft. Darin sieht darum der Islam die weund verbürgt uns, dass Gott von dem gleichen sentliche Eigenschaft Allahs: in seiner Allmacht. Erbarmen erfüllt ist wie der Vater im Gleichnis Das findet seinen Ausdruck auch in dem häufig vom verlorenen Sohn: »Als er [der heimkehren- wiederholten Gebetsruf und Bekenntnis: »Allade Sohn] noch weit entfernt war, sah ihn sein huakbar!« (Allah ist größer, nämlich größer und Vater, und es jam­merte ihn; er lief und fiel ihm mächtiger als alles andere.) Das zeigt sich vor allem in seinem Wirken als um den Hals und küsste ihn« (Lukas 15,20). Wir sehen als Chri­sten Gott als den Vater Schöpfer. Hier waltet er völlig souverän: »Und Jesu Christi und unseren Vater. Das raubt ihm er ist’s, der da schuf, Himmel und Erde in nichts von seiner Größe, Erhabenheit, Macht, Wahrheit, und an dem Tage, da er spricht: ›Sei!‹ Heiligkeit und Herrlichkeit, aber es verbindet so ist’s« (Sure 6,72). Allah besitzt die absolute das alles mit der Liebe Got­tes, so wie es Ger- Macht, zu tun, was er will. Er herrscht darum als hard Tersteegen singt: »Ich bete an die Macht unumschränkter Herr und Herrscher über die der Liebe, die sich in Jesus of­fenbart«. Denn es ganze Welt und alle Menschen. Er teilt den Menschen seinen Willen mit und ist die »Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, lässt sie durch seine Boten (Propheten) vor Ununserem Herrn« (Römer 8,39). Informationsbrief 289

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Im Koran finden sich aber viele Namen für Allah, aus denen man vielleicht etwas über sein Wesen erkennen kann. Die islamische Tradition hat 99 so genannte herrliche oder schönste Namen zusammengestellt. Doch das ist fast des Guten zu viel, denn man verliert dabei leicht den Überblick und vor allem sind es ganz unterschiedliche, ja gegensätzliche Eigenschaften, die darin von Allah ausgesagt werden. gehorsam warnen und zum Gehorsam aufrufen und auffordern. er wird dann am ende der tage als »Herrscher am tage des Gerichts« entscheiden und gerecht und unbestechlich feststellen (lassen), ob jeder einzelne mensch seinen Willen genügend erfüllt hat, um ihm eingang ins Paradies zu gewähren, wenn dies nicht gar schon von ewigkeit her vorherbestimmt ist. aber das eigentliche Wesen allahs bleibt in seiner himmlischen ferne und Überlegenheit verborgen für die menschen. Im Koran finden sich aber viele namen für allah, aus denen man vielleicht etwas über sein Wesen erkennen kann. Die islamische tradition hat 99 so genannte herrliche oder schönste namen zusammengestellt. Doch das ist fast des Guten zu viel, denn man verliert dabei leicht den Überblick und vor allem sind es ganz unterschiedliche, ja gegensätzliche eigenschaften, die darin von allah ausgesagt werden. neben seiner immer wieder betonten macht tauchen so positive aussagen auf wie: er ist der treue, der fürsorgliche bewahrer, der freundliche, der sanftmütige, der barmherzige, sogar der Vergebende heißt er. Das wird jedoch dadurch in frage gestellt und zum Problem, dass daneben auch durchaus negative eigenschaften aufgezählt werden: Der erniedrigende, der Demütigende, der eroberer, der tötende, der rächer, der schaden Verursachende, der Verbietende, der Verhinderer, der Listenreiche o. ä. Wie passt das zusammen? Was gilt am ende? Woran kann man sich bei allah halten? auch seine »schönsten namen« geben uns deshalb leider keine klare auskunft über sein Wesen. allah bleibt der ganz andere, der Unerforschliche, der 16

ferne, der unbekannte Gott. »Damit sind wir bei der Kernaussage des Islamtheologen al razali angekommen, der viel über die 99 namen allahs meditiert hatte und dann schrieb, dass sie alles und nichts bedeuten, dass ein name allahs den anderen aufhebt und eine eigenschaft von der anderen überdeckt wird. Kein mensch kann allah begreifen« (abd-al-masih, Wer ist allah im Islam?, s. 23). Dieser zwiespältige eindruck von allah ergibt sich bei genauerem Hinsehen auch sonst: einerseits wird er in der einleitung fast jeder sure als der »barmherzige erbarmer« bezeichnet, andererseits begegnet er einem im Gericht als der genaue und strenge und unerbittliche richter. einerseits ist von seiner rechtleitung für die frommen die rede, andererseits heißt es aber auch: »er lässt irren, wen er will und er leitet recht, wen er will« (sure 16,95). Ja, das wird sogar noch härter ausgedrückt: »Wenn wir [allah] gewollt hätten, dann hätten wir einem jeden seine rechtleitung gegeben. Jedoch soll das Wort von mir wahr werden: Ich werde die Hölle voll machen mit Geistern und mit menschen« (sure 32,13). Das heißt: allah will es so und er will z. b. gerade das nicht, was es von Gott im neuen testament heißt: »Gott will, dass allen menschen geholfen werde und sie zur erkenntnis der Wahrheit kommen«(1.timotheus 2,4). Die einzelnen muslime wissen also nicht, zu welcher Gruppe sie gehören. Keiner weiß, wie er mit allah dran ist, ob seine bemühungen um Gehorsam genügen und ob er also hoffen darf, im Gericht zu bestehen. es steht alles letztlich unter einem großen Vorbehalt, einer für den menschen schrecklichen Ungewissheit, Dezember 2014

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es gilt nur »Wenn Allah will«. mm Was gilt am Ende? Woran kann man sich bei Von Liebe Allahs zu den Menschen ist nur wenig die Rede, ­Allah halten? Auch seine »schönsten Namen« und wenn, dann eher auf ne- geben uns deshalb leider keine klare Auskunft gative Weise: »Allah liebt nicht über sein Wesen. Allah bleibt der ganz Andere, der die Ungerechten« (Sure 3,50 u. ö.). Es bleibt auch ganz offen, ­Unerforschliche, der Ferne, der unbekannte Gott. ob Allah am Schicksal der ein- »Damit sind wir bei der Kernaussage des Islamzelnen Menschen Anteil nimmt theologen Al Razali angekommen, der viel über oder ihm etwas an ihnen liegt. In einem Hadith (einem alten die 99 Namen Allahs meditiert hatte und dann Traditionsspruch) heißt es so- schrieb, dass sie alles und nichts bedeuten, dass gar: »Bei der Schöpfung nahm ein Name Allahs den anderen aufhebt und eine Allah einen Erdenkloß, teilte ihn in zwei Teile, warf den einen in Eigenschaft von der anderen überdeckt wird. Kein die Hölle und sprach: ›Diesen in Mensch kann Allah begreifen.« das ewige Feuer, was kümmert’s mich?‹ Und er warf den anderen in den Himmel Aus all dem Gesagten ergibt sich eindeutig und sprach: ›Diesen ins Paradies, was kümmert’s und klar, in Allah vermögen wir den Vater Jesu mich?‹« (nach Emanuel Kellerhals, Der Islam, Christi nicht wieder zu erkennen, d. h. islamiS. 74) Danach nimmt Allah keinerlei Anteil am sches und christliches Gottesverständnis oder Los seiner Geschöpfe. Er ist von einer erhabe- Gottesglaube sind himmelweit voneinander vernen, aber auch zugleich fürchterlichen Unbetei- schieden. Deswegen sind uns auch gemeinsame ligtheit ihnen gegenüber. Gebete und Gottesdienste unmöglich. Ganz im Unterschied zu dem Bild, das Jesus Das alles sind die einschneidenden und von Gott zeichnet im Gleichnis vom verlore- verhängnis­ vollen Folgen der islamischen Benen Sohn: »Es jammerte [kümmerte] ihn [den streitung der Gotteserkenntnis in Jesus ChrisVater], als er seinen heimkehren­den Sohn sah« tus. Wenn man die entscheidende Offenbarung (Lukas 15,20). Was bedeutet auf diesem Hin- Gottes in Jesus streicht, dann bleibt von der tergrund dann die Aussage von Allah als dem eigentli­chen Gotteserkenntnis so gut wie nichts »barmherzigen Erbarmer«? Um ein »herzliches übrig. Nichts als die Überlegenheit, Unsichtbar­ Erbarmen« (Lukas 1,78), wie es von Gott in keit, Unzugänglichkeit und also Fremdheit Alder Bibel bezeugt wird, kann es sich bei Allah lahs. Er bleibt natürlich immer oben, er steigt nicht handeln. Sein »Erbar­men« hat ja mit sei- nicht herab, er tritt nicht wirk­lich aus sich hernem Wesen nichts zu tun. Er zeigt es, wann und aus, er gibt nichts von sich selbst preis, er kümwem er will, das lässt sich nicht voraussagen, mert sich nicht um die Menschen, er liebt nicht man kann sich darauf nicht verlassen. Dies »Er- wirklich, er schließt keinen Bund mit einem Volk barmen« gleicht al­lenfalls der Geberlaune eines oder einzelnen, er ist darum zu nichts verpflichgroßen Herren. tet, er bindet sich nicht, er hat kein »Herz«. Allah bleibt also für die Menschen unnahbar, Damit rückt Allah im Vergleich mit dem unbekannt und fast unpersönlich, er tritt den christlichen Gott in weite Ferne; er verschließt Beweis für seine Barmherzigkeit eigentlich nie sein Wesen vor uns; er hat keine persönliche an. »Auf jeden Fall gilt, dass die Barmherzigkeit Beziehung zu uns. Allah zieht sich gleichsam Allahs kein brennendes Erbarmen für die … Ver- in den Himmel zurück und wird wieder ganz lorenen ist« (Jörg Baur, Der christli­che Gottes- zu dem, den Luther den »verborgenen Gott« glaube angesichts der Herausforderung durch genannt hat. Ihn kann man nicht verstehen, daden Islam, S. 162). Der Islam macht das Herz- rum eigentlich auch nicht lieben, man muss ihn stück des christlichen Gottesglaubens zunichte: aber fürchten. Das soll man wohl auch. Vor aldie liebe­volle väterliche Zuwendung Gottes, be- lem soll man sich ihm unterwerfen. sonders zu den Verlorenen. Vater dürfen MusMohammed ließ von dem biblischen Gott lime übrigens Allah darum nicht nennen, das nur diesen fernen Allah in seiner unnahbaren wäre viel zu vertraulich und »familiär«. Diesem Distanz zum Menschen übrig, während Jesus übermächtigen, fernen Gott ist der Mensch als der Prediger und Offenbarer des nahen, menSklave ausgeliefert und muss ihm dienen. Dabei schenfreundlichen Gottes war. Damit dürfte will Allah nicht in erster Linie Liebe vom Men- hinreichend deutlich geworden sein, dass es sich schen, sondern Gehorsam und Unterwerfung um zwei völlig verschiedene GottesvorstellunW (Gebets­haltung!). gen handelt. Informationsbrief 289

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Reformation in der Kirche 1517 und 2017

Betrachtungen auf dem Weg zum Reformationsjubiläum 2017 reinHarD sLencZka Reformation ist Umkehr und Erneuerung der Kirche durch den Heiligen Geist »Du heiliges Licht, edler Hort, lass leuchten uns des Lebens Wort und lehr uns Gott recht erkennen, von Herzen Vater ihn nennen. O Herr, behüt vor falscher Lehr, dass wir nicht Meister suchen mehr denn Jesus mit rechtem Glauben und ihm aus ganzer Macht vertrauen. Halleluja, Halleluja.«1 Lutherjubiläen bieten die möglichkeit, dass wir uns in den strahlen eines vergangenen ereignisses sonnen und in unseren ansichten bestätigen lassen. es mag auch sein, dass wir zeigen, wie weit wir uns über Luther kirchlich und theologisch vom mittelalter zur neuzeit entwickelt haben und fortgeschritten sind zu besseren (??) einsichten. Der biblische Grundtext für reformation findet sich in römer 12,3: »Und stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch [lat.: reformamini] durch erneuerung eures sinnes, damit ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene« (römer 12,3). Luther erklärt diesen Grundtext für reformation in seiner Vorlesung über den römerbrief so: »Hier geht es um fortschritt [profectus]; denn er [Paulus] redet zu denen, die schon begonnen haben, Christen zu sein … er meint die erneuerung des Geistes von tag zu tag und mehr und mehr nach jenem Wort 2.Korinther 4,16: ›Der inwendige mensch wird von tag zu tag erneuert.‹ epheser 4,23:

›erneuert euch aber im Geist eures Gemütes.‹ Kolosser 3,10: ›zieht den neuen menschen an, der da erneuert wird.‹«2 reformation ist demnach ein Vorgang von Umkehr und erneuerung, der sich im einzelnen menschen und durch die Kirche in dieser Welt vollzieht. Das ist nicht auf ein ereignis in der Vergangenheit und auch nicht auf die namen von Luther und anderen beschränkt; reformation gehört vielmehr zur Wirkung des Wortes Gottes in der Kirche zu jeder zeit – auch heute unter uns. Umkehr und erneuerung, das ist reformation, wie sie zu allen zeiten in der Kirche nicht nur als erinnerung und forderung nötig ist, sondern das geschieht – damals durch Luther und andere – und ebenso vorher und nachher bis heute, so Gott das will und gibt und wenn er uns die ohren und die augen für das öffnet, was er in seiner Kirche und in der von ihm geschaffenen Welt wirkt. In einer auf das 500. Jubiläum des thesenanschlags am 31. oktober 2017 hinlaufenden reihe von betrachtungen und Informationen wollen wir, ausgehend von Worten des reformators martin Luther, zeigen und bedenken, was die reformation martin Luthers war und was sie angesichts der Deformationen in unserer kirchlichen Gegenwart zu Umkehr und erneuerung bewirken kann. Jede dieser betrachtungen behandelt ein eigenständiges thema; daher kommt es gelegentlich auch zu Überschneidungen und Wiederholungen. 1. Betrachtung

Reformation gegen Deformation in der Kirche

Reinhard Slenczka Die anschrift des autors finden sie auf seite 30

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»Im Namen unseres Herrn Jesu Christi. Amen. Da unser Herr und Meister Jesus Christus spricht: ›Tut Buße usw.‹ (Matthäus 4,17) hat er gewollt, dass das ganze Leben der Gläubigen Buße sei.« so lautet die erste der 95 thesen, die martin Luther am 31. oktober 1517 in der lateinischen Gelehrten- und Kirchensprache an die tür der Dezember 2014

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Wittenberger Schlosskirche anschlug, um zu einer akademischen Disputation aufzufordern. Dabei sollte unter denen, die für die Leitung der Kirche verantwortlich sind, besprochen werden, welche Missbräuche und Irrtümer in die Kirche eingedrungen sind, die beseitigt werden müssen. Es geht also um Deformationen, um Entstellungen in der Kirche. Reformation ist also keineswegs ein Fortschritt, gar ein »Teil der neuzeitlichen Freiheitsgeschichte«3 oder eine Entwicklung vom Mittelalter zur Neuzeit, von bevormundeter Unmündigkeit zu aufgeklärter Mündigkeit und Emanzipation. Reformation bedeutet die Beseitigung von Deformationen in der Kirche – damals wie heute. Alles, was in den Thesen Luthers gesagt und an den kirchlichen Verhältnissen kritisiert wird, geschieht »im Namen unseres Herrn Jesu Christi«. Das ist der Name, von dem die Apostel bei ihrem Verhör vor dem Hohen Rat in Jerusalem bekennen und bezeugen: »Und in keinem andern ist das Heil, auch ist kein andrer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir sollen selig werden« (Apostelgeschichte 4,12). Es mag sein, dass uns der Name unscheinbar und wirkungslos vorkommt, um mit Goethes Faust zu sprechen: »Schall und Rauch«. Doch mit dem Namen Gottes hat es nach dem Wort Gottes eine besondere Bewandtnis, die leicht auch von Christen übersehen oder unterschätzt wird: »Der Name Gottes ist Gott selbst«, so lehrten es die alten Dogmatiker wie auch Luther. Der Name wird von Gott selbst offenbart (z. B. 2.Mose 3,13–15), und damit gibt Gott uns die Möglichkeit, ihn anzureden im Gebet und von ihm zu reden im Bekenntnis. In seinem Namen ist Gott selbst gegenwärtig, und durch den Namen entsteht die Gemeinschaft mit Gott. Luther beschreibt das so: »Die Anrufung des göttlichen Namens, wenn sie im Herzen und aus dem Herzen wahrhaft geschieht, zeigt, dass das Herz und der Name des Herrn eins sind und dass sie miteinander zusammenhängen. Daher ist es unmöglich, dass das Herz nicht teilhat an jenen Kräften, über die der Name Gottes verfügt. Es hängen aber zusammen das Herz und der Name Gottes durch den Glauben. Der Glaube aber geschieht durch das Wort Christi, durch das der Name des Herrn verkündigt wird« (Psalm 22,23; 102,22).4 In einer Auslegung der 1. Bitte des Vaterunsers, »Geheiligt werde dein Name«, erinnert Luther an die Taufe auf den Namen des »Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes«, durch die wir Kinder Gottes sind (Römer 8,14; Galater 4,6): »… denn der Name Gottes, darin Informationsbrief 289

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sie getauft sind, wirkt solches in ihnen, und so sollen sie bitten, dass also der Name Gottes in ihnen wirke und geheiligt werde.«5 Man kann also diese Namen nicht beliebig erfinden oder verändern – männlich und weiblich –, denn in ihnen erschließt sich Gott mit dem, was er ist und was er tut. Daher beginnt auch jeder rechte christliche Gottesdienst nicht mit einer wohlwollend-überheblichen Begrüßung von Publikum durch den Veranstalter, sondern: »Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.« Das ist die Gemeinschaft der auf diesen Namen Getauften (oder die zur Taufe geführt werden). Darin ist Gott gegenwärtig; er handelt in Wort und Sakrament. Genau aus diesem Grund ist es der Herr selbst, der zu uns spricht: »Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen.« Oder, wie es Markus 1,15 heißt: »Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist herbeigekommen. Tut Buße und glaubt an das Evangelium.« In den Bibelsprachen heißt Buße im Hebräischen Umkehr von falschen Wegen, im Griechischen Sinnesänderung, Änderung der Denkrichtung. So und nicht anders vollzieht sich durch die Kirche und in jedem Christen der Fortschritt. Doch wie vollzieht sich unser menschliches Denken? Geht es hier nicht immer um Fortschritt in diesem Sinne: Immer mehr, immer schneller, immer höher, immer besser …? Für die Kirche Jesu Christi jedoch gilt: Wir schreiten nicht fort zu immer höheren Stufen menschlicher Entwicklung in der Geschichte. Es geht vielmehr darum, dass die Kirche in der Wahrheit bleibt und das heißt, dass wir in Christus bleiben und er in uns ist, welcher selbst »Weg, Wahrheit und Leben« ist (Johannes 6,56; 15,4–7 u. a. 14,6). Bedenken wir, dass Jesus Christus nicht eine Erinnerung an Vergangenes, eine Idee oder eine Vorstellung menschlicher Fantasie oder gar theologischer Entwürfe ist. Nein, er lebt, er ist auferstanden, er sitzt zur Rechten Gottes und wird wiederkommen in seiner göttlichen Herrlichkeit, zu richten die Lebenden und die Toten, wie wir das als unseren Glauben bekennen: »Ich glaube, dass Jesus Christus, wahrhaftiger Gott vom Vater in Ewigkeit geboren und auch wahrhaftiger Mensch von der Jungfrau W Maria geboren, sei mein Herr …«6 1) Martin Luther, Evangelisches Gesangbuch 125,2. 2) WA 56, 441ff. 3) Wie das in dem Grundlagentext des Rates der EKD »Rechtfertigung und Freiheit« vom Mai 2014 behauptet wird. 4) Auslegung von Galater 2,16; WA 2, 490 (lat.). 5) WA 2, 87; vgl. WA 52, 300, 9. 6) Kleiner Katechismus, Auslegung des 2. Artikels.

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»Vom Evangelium werde ich nicht schweigen, bis ich den Lauf dieses Lebens vollendet habe« Vor 490 Jahren erlitt Heinrich von Zütphen den Märtyrertod Walter Rominger

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nzwischen sind es mehr als zweieinhalb Jahrzehnte her, seit ich zusammen mit einer ganzen Reihe anderer Teilnehmer einer Tagung – zumeist Theologen – auf dem Friedhof in Heide (Holstein) am Denkmal Heinrich von Zütphens stand, der in der Adventszeit 1524 in dieser holsteinischen Stadt als Märtyrer der Reformation zu Tode gebracht wurde. Ich erinnere mich noch daran, wie alle, die damals auf dem Friedhof in Heide waren, irgendwie betreten aber auch beeindruckt ob des Zeugenmutes des Märtyrers Heinrich von Zütphen wirkten. Er starb als Zeuge Jesu Christi durch gedungene, an sich charakterschwache, betrunkene Mörder – fast meuchlings. Trotz all seiner

Walter Rominger Die Anschrift des Autors finden Sie auf Seite 30

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Heinrich von Zütphen – Ausschnitt aus einem Gemälde in der St. Ansgarii-Kirche in Bremen »Verdienste«, wiewohl gerade dieser Ausdruck bei einem Blutzeugen der Reformation, der, wie sich noch zeigen wird, den frühen Luther und Melanchthon und deren Gnadenlehre genau verstanden hat, schlecht zu passen scheint, ist er heute kaum mehr bekannt – selbst in Theologenkreisen nicht. Das viel benutzte, ausführliche und verdienstvolle Fachlexikon »Die Religion in Geschichte und Gegenwart« (RGG)) enthält keinen – und wäre er auch noch so kurz – Artikel über ihn (zumindest nicht in der 3. Auflage, Tübingen 1957ff.), von anderen Fachlexika und kirchenhistorischen Handbüchern, die mir zu Verfügung stehen, ganz zu schweigen. Einzig in dem meines Erachtens wenig bekannten und genutzten, aber doch so hilfreichen »Reformatorenlexikon« (Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn, Gütersloh 1984) des vormaligen Münsteraner Ordinarius für Historische Theologie, Robert Stupperich (1904–2003), in welchem mehr als dreihundert deutsche und außerdeutsche Reformatoren vorgestellt werden, wird er behandelt (S. 226f.).1 Dezember 2014

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wohl nur ahnen zu können, welch sensationelle, weit über die relativ kleine Stadt Wittenberg mit ihrer noch jungen Universität hinausreichende Kindheit und Jugend, ja selbst die ersten Wirkung von diesen ausgehen sollte. Selbst im Jahre des Erwachsenseins sind rasch abgetan, weit entfernten Dordrecht sorgten Luthers 95 da darüber so gut wie nichts bekannt ist. Das Thesen für Aufsehen, wohl gar für ein zuminGeburtsdatum Heinrich von Zütphens steht dest »kleines Erdbeben«, wie aus dem Bericht nicht fest, nicht einmal das genaue Jahr, ge- Luthers an seinen Ordensoberen Johannes von schweige denn gar Monat oder Tag. Er dürfte Staupitz (1468–1524) hervorgeht. Schließlich etwas jünger als Martin Luther (1483–1546) sorgten die 95 Thesen im Augustiner-Eremitengewesen sein, so dass als Jahr seiOrden ganz allgemein für Wirbel. ner Geburt 1488 angenommen mm Das Verhältnis zu Mitbeteiligt daran waren dessen wird, wobei dies unsicher bleibt. Luther muss enger Prioren von Dordrecht und AntSelbst sein bürgerlicher Name werpen. Zu der Zeit erwiesen sich scheint nicht restlos geklärt; doch gewesen sein, als es jedoch die Gegner als stärker, was wahrscheinlich hieß er Moller dies für gewöhnlich dazu führte, dass Heinrich von oder auch Müller, wiewohl auch Zütphen sein Priorat »räumen« von einem Theodies schon bestritten wurde (vgl. musste. Wikipedia). Was jedoch feststeht, logiestudenten zu So kam Heinrich von Zütphen ist der Ort seiner Herkunft, da er (s)einem Professor ist, 1520 nach Wittenberg und wurde nach diesem auch benannt wird: daselbst (Augen)Zeuge der VerZütphen, eine Stadt in Geldern denn der werdende brennung der Bannandrohungsin den Niederlanden. In seinen Reformator ließ von bulle (welche am 15. Juni 1520 frühen Jahren des Erwachsenen- der Wartburg aus erschienen war) und des kanodaseins wird wenigstens etwas nischen (Kirchen)Rechts durch mehr greifbar. Auffallend daran (1521–1522), seinem Luther vor dem Elstertor an der ist zunächst, dass er, nachdem »Patmos«, Heinrich Elbe. Am 12. Januar 1521 wurde er den Weg ins Kloster gewählt von Zütphen Grüße Heinrich von Zütphen während hatte, nicht den Franziskanern Luther Dekan der Wittenberger oder auch den Brüdern vom ge- entbieten. Fakultät war, zum Baccalaureus meinsamen Leben beitrat, die in biblicus3 promoviert. Dabei zeigseiner Heimatstadt tätig waren; er trat vielmehr te Heinrich von Zütphen, dass er sowohl Luder sächsischen Kongregation der reformierten thers als auch Melanchthons (1497–1560) VorAugustiner-Eremiten bei und erhielt den Klos- lesungen über den Römerbrief verstanden hatte; ternamen Johannes. Und ab da werden die In- er entfaltete denn auch trefflich die Rechtfertigungslehre. Das Verhältnis zu Luther muss enformationen nun dichter. ger gewesen sein, als es dies für gewöhnlich von einem Theologiestudenten zu (s)einem ProfesIn Wittenberg und anderswo –– sor ist, denn der werdende Reformator ließ von Vom Studenten zum Licentiaten der Wartburg aus (1521–1522), seinem »PatIm Jahre 1508 immatrikulierte sich Bruder mos«, Heinrich von Zütphen Grüße entbieten. Heinrich von Zütphen scheint ein gelehriger Johannes/Heinrich von Zütphen in Wittenberg und verbrachte in der heutigen Tags so Schüler gewesen zu sein. Denn wenig nachdem genannten Lutherstadt drei oder vier Jahre.2 er (am 12. Januar 1521) zum Baccalaureus biDem schloss sich ein Aufenthalt in Köln an, da blicus promoviert worden war, wurde er im sich dort ein Augustiner-Kloster des reformier- selben Jahr noch Sententiar4 oder Baccalaureten Zweiges befand. 1514 wurde Heinrich von us formatus (am 11. Oktober 1521) und bald Zütphen Subprior und im Jahr darauf, 1515, danach auch Licentiat (was einer alten Form Prior (lateinisch: Ordensoberer, Stellvertreter des Doktortitels entspricht und heute durch des Abts) in Dordrecht (Niederlande), wo er Dr. theol. ersetzt ist). Von seiner LicentiatenReformen durchführte, damit jedoch auf Wi- prüfung, die er unter Johann Dölschs († 29. derwillen stieß. Juli 1524 in Wittenberg, etwa gleichaltrig mit Am 31. Oktober 1517 hatte Luther seine be- Luther, sein Geburtsdatum ist nicht bekannt) rühmt gewordenen 95 Thesen zum Ablass an Vorsitz ablegte, sind ebenfalls Thesen vorhander Tür der Schlosskirche zu Wittenberg ange- den; in der neuen Thesenreihe beschäftigte er schlagen und damit zunächst zu einem (Gelehr- sich kritisch mit den Privatmessen/Winkelmesten)Disput herausgefordert, ohne dabei auch sen (»contra missam privatam«), in der anderen

So gut wie unbekannt –– Kindheit und Jugend

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Federzeichnung der St. Ansgarii Kirche in ­Bremen um das Jahr 1839 von B. H. Wienberg mit Priestertum und Opfer. Bekannt ist, dass Heinrich von Zütphen bis 1522 in Wittenberg verblieb, nahm er doch am Kapitel der Augustiner-Eremiten im August dieses Jahres teil, bei welchem er über seine Licentiatenthesen vom 11. Oktober 1521 erneut disputierte. Doch dann trat ein Ereignis ein, aufgrund dessen sich Heinrich von Zütphen veranlasst sah, in seine niederländische Heimat zurückzukehren.

Segensreiche Arbeit in Bremen –– Der Reformator Bremens Es waren zum einen Verfolgungen der Evangelischen in den Niederlanden, denen Heinrich von Zütphen zu Hilfe eilen wollte; zum andern wusste er sich nun reif genug, in seiner Heimat für die Reformation einzutreten. Er wollte helfend eintreten, nachdem, erschreckt durch zahlreiche Hinrichtungen, selbst sein Freund und Augustiner-Ordensbruder Jacobus (Jacob) Propst († 1562 in Bremen), zu der Zeit Prior in Antwerpen und später Prediger in Bremen, widerrufen hatte, was er darauf ehrlich bereute. Obwohl Heinrich von Zütphen wissen konnte, was ihn möglicherweise erwartete, scheute er nicht davor zurück, nicht allein im Kloster, 22

sondern auch öffentlich das Evangelium zu predigen. Heinrich von Zütphen erhielt große Zustimmung vom niederländischen Volk. Doch am 2. September 1522 wurde er bei seiner Predigt unter freiem Himmel am Ufer der Schelde verhaftet. Indes, das durch Heinrich von Zütphens Predigten überzeugte Volk befreite diesen aus dem Gefängnis, kurz bevor er nach Brüssel verschleppt werden sollte. So entging Heinrich von Zütphen für diesmal noch knapp dem Scheiterhaufen; im darauf folgenden Jahr 1523 erlitten seine Ordensbrüder van der Essen und Voss den Feuertod und starben in Brüssel als die wohl ersten Märtyrer der Reformation.5 Heinrich von Zütphen erkannte jedoch, dass ein weiteres Verbleiben in Antwerpen für ihn nicht ratsam war. Deshalb wollte er nach Wittenberg zurückkehren. Er wählte dafür aller Wahrscheinlichkeit nach aus Gründen der Sicherheit einen Umweg, machte dabei Station in seiner Heimatstadt Zütphen und kam auch nach Bremen, das sich, obwohl, wie im gesamten Niedersachsen, in der Bevölkerung Sympathien für die Reformation vorhanden waren, dieser bislang dennoch ferngehalten hatte. Die Bremer Bevölkerung wusste um Heinrich von Zütphens Einstellung, weshalb ihn angesehene Männer der Stadt denn auch sofort um eine Predigt gebeten haben. Diese hielt er am Sonntag, 9. November 1522 in der St. Ansgarii-Kapelle, worauf die Bitte an ihn herangetragen wurde, doch für längere Zeit zu bleiben. Es war Luther selbst, der Heinrich von Zütphen auf dessen Bitte hin und in Vertretung von Wenzeslaus Linck (1483–1547), dies genehmigte. Täglich predigte Heinrich von Zütphen mit Genehmigung des Rates der Stadt in der St. Ansgarii-Kapelle. Dem Bremer Erzbischof war es nicht möglich, ihn zu vertreiben und das Werk zu hindern. Heinrich von Zütphen weigerte sich denn auch, der Ladung zum Erzbischöflichen Gericht nach Buxtehude (auf 10. März 1523 angesetzt) nachzukommen. Lediglich seine Thesen vom 11. Oktober 1521 reichte er ein und bemerkte dazu: »Vom Evangelium werde ich nicht schweigen, bis ich den Lauf dieses Lebens vollendet habe«, was für ihn bereits am Ende des folgenden Jahres schreckliche Wirklichkeit werden sollte. Es waren also mit die evangelischen Predigten Heinrich von Zütphens, die Bremen zunächst der lutherischen Reformation zufallen ließen.6 Zumindest legten dessen Predigten den Grund, auf dem dann andere weiterbauen konnten. Heinrich von Zütphen war bestimmt an der Berufung Jacob Propsts aus Antwerpen, der inzwischen aus dem Augustinerorden ausgetreten war und geheiratet hatte, als Prediger an die BreDezember 2014

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mer Stadtkirche Unser-lieben-Frauen beteiligt. Bald darauf beriefen die Bremer auch noch aus Amsterdam Johann Timann (1500–1557) als Prediger an dieselbe Kirche (1524). In diesen glücklichen Berufungen erkannte Heinrich von Zütphen den für ihn günstigen Zeitpunkt (wohl einen Kairos), von Bremen wegzugehen und sich neuer auf ihn harrender Aufgaben zuzuwenden, wozu er einen Ruf erhalten hatte.

Das frühe irdische Ende in Heide (Holstein) –– oder: »Das Blut der Märtyrer ist der Same der Kirche« (Tertullian) Es war der Kirchherr Boye aus Meldorf, der Heinrich von Zütphen wahrscheinlich von Wittenberg her kannte, der ihn rief, damit er auch denen in Dithmarschen das Evangelium predige. Im Oktober 1524, also recht spät, hatte Heinrich von Zütphen das Ordensgewand abgelegt. Ende November ging er von Bremen weg. Eine lange Wirkungszeit war Heinrich von Zütphen in Dithmarschen jedoch nicht beschieden. Als früh Vollendeter sollte er aus seinem irdischen Dasein abberufen werden. Zwar hatte Heinrich von Zütphen wie dies bereits in Bremen der Fall war, bei seinen Predigten in Meldorf viele Zuhörer, aber der dortige Dominikaner-Prior Tomborch wollte Heinrich von Zütphens Verkündigung unter allen Umständen verhindern. Die (weltliche) Obrigkeit ließ sich aber nicht von ihm gewinnen. Doch jedes Mittel dafür, die Predigt Heinrich von Zütphens auszuschalten, schien ihm recht. In einer Nachtund Nebelaktion wollte er Heinrich von Zütphen »aus dem Verkehr ziehen« – durch dessen Tod auf dem Scheiterhaufen. Machte auch die (rechtmäßige weltliche) Obrigkeit dabei nicht mit, so war es ihm dann doch möglich, so etwas wie gedungene »Killer« zu finden. Diese angeheuerten, wohl charakterschwachen und losen Leute wurden betrunken gemacht und führten dann diesen »teuflischen« Plan aus. Sie überfielen in der Nacht vom 9. auf 10. November 1524 die Pfarrei und misshandelten den Kirchherrn Boye. Heinrich von Zütphen jedoch trieben sie, angebunden mit seinen Händen an einem Pferd, nach Heide. Daselbst erlitt er ungeheure Misshandlungen und wurde fast zu Tode geprügelt. Bei Tag warfen sie ihn ins Feuer. Doch der Leichnam verbrannte anscheinend nicht, weshalb dieses angestiftete, lose Volk dem entseelten Leib am darauffolgenden Tag Kopf, Hände und Füße abhackten und diesen dann unter Absingen von Spottliedern vergruben. Informationsbrief 289

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Nachwirkungen So erreichte den verheißungsvollen Prediger des Evangeliums und Zeugen Jesu Christi ein jähes und frühes Ende. Mit 36 Jahren vollendete Heinrich von Zütphen seinen irdischen Lebenslauf; doch sein Name ist im Himmel angeschrieben. Er hatte, wie er es selbst prägnant formuliert hatte, »vom Evangelium … nicht« geschwiegen, »bis« er »den Lauf dieses Lebens vollendet« hatte. Und so ist das Blutzeugnis nicht allein das deutlichste, sondern so manches Mal auch das wirkungsvollste und bestätigt sich die tiefe Einsicht des Kirchenvaters und theologischen Schriftstellers Tertullian (um 160 bis etwa 220): »Das Blut der Märtyrer ist der Same der Kirche.« Jacob Propst berichtete Luther vom gewaltsamen Ende des Märtyrers Heinrich von Zütphen und bat ihn anlässlich dieses, den Anhängern der Reformation in Bremen einen Trostbrief zu schreiben. Daraufhin verfasste Luther die Schrift »Historie von Heinrich von Zütphens Märtyrtode«, welche wohl mehr als ein Trostbrief war, da er darin auch dessen Wirken und Märtyrertod würdigte. Diese Schrift Luthers wurde viel beachtet, erschien in mehreren Nachdrucken sowie als plattdeutsche Übersetzung. Sie half dem Durchbruch und der Festigung der Reformation in Bremen. Auch in Dithmarschen hielt die Reformation bald darauf Einzug. Johannes Lang (etwa 1487–1548), der Reformator Erfurts und vormalige Klosterbruder Heinrich von Zütphens verfasste ebenfalls einen Bericht über dessen Martyrium, der zwei Mal gedruckt wurde. Auch später wurde immer wieder das Leben und Leiden Heinrich von Zütphens beschrieben. Und seit dem 19. Jahrhundert steht an der Stelle, an der er sein Martyrium erlitt, ein Denkmal. Die evangelische Kirche tut gut da­ ran, diesen Märtyrer der Reformation nicht zu W vergessen. 1) Das Internetlexikon Wikipedia hat den Artikel von Robert Stupperich inhaltlich fast unverändert übernommen und geht von daher nicht darüber hinaus. Der andere Artikel, allem Anschein nach ein recht alter, enthält auch keine wesentlich zusätzlichen Informationen. 2) Luther lehrte ab 1512 in Wittenberg biblische Theologie, in den Jahren davor für kurze Zeit Philosophie. 3) Baccalaureus: mittelalterlicher Titel für Kandidaten, die zum Halten von Vorlesungen berechtigt waren. 4) Sentenz (lat.) Ausspruch, Denkspruch; in der Scholastik (Gesamtbezeichnung für die mittelalterliche abendländische Theologie vom 9.–14. Jahrhundert) waren »Sentenzbücher« Gesamtdarstellungen der Theologie. 5) Vgl. Informationsbrief Nr. 285, Juni 2014, S. 21f. 6) Später wurde Bremen mehr reformiert geprägt; etwa durch die Pfarrer Joachim Neander (1650–1680), der 1670 für den reformierten Pietismus gewonnen wurde und weit mehr durch dessen »Lehrer« Theodor Undereyck/Untereyck (1635–1693), Pfarrer an der Martinikirche.

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Religiöse Hingabe und ­reformatorischer Glaube Markus Sigloch

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slam heißt Hingabe, Unterwerfung. Das ist eigentlich auch in christlichen Kirchen und Gemeinden eine erstrebenswerte Haltung, sein Leben Gott zu weihen, sich seinem Willen hinzugeben. Das christliche Mönchtum und auch der Pietismus haben darin ein wesentliches Merkmal christlichen Glaubens bewahrt, dass wir Menschen – wie Luther im Kleinen Katechismus schrieb – unserem Schöpfer und Erhalter »zu danken und zu loben und dafür zu dienen und gehorsam zu sein schuldig sind«. In seiner gemäßigten Form will der Islam nichts anderes, als seinem Gott dienen und ihm gehorchen. Nun aber nimmt diese Hingabe an Allah im Islam inzwischen Formen an, die die schlimmsten Zustände zu Kreuzfahrerzeiten heraufbeschwören. Menschen werden im Namen Allahs geköpft, vergewaltigt, zwangsverheiratet und in den Selbstmord getrieben. Was ist das für ein Gott – so mag der aufgeklärte Mensch sich fragen – der die schlimmsten Banditen und Gauner in seine Dienste nehmen muss, um sein Ziel, die Herrschaft über alle Menschen und den gesamten Erdkreis, zu erreichen? Ein solcher Gott kann doch wohl nicht Gott sein, da er selbst nicht imstande ist, seine Sache voranzutreiben, sondern auf die Hilfe von Verbrechern angewiesen ist. Und doch steckt hinter diesen grausamen und barbarischen Auswüchsen menschlicher Allah-Gläubigkeit der extreme, ja fast verzweifelte Versuch, sich bei Gott als besonders hingebungsvoller Mensch zu empfehlen. Das kennen wir doch, zumindest wir Protestanten!

Markus Sigloch Die Anschrift des Autors finden Sie auf Seite 30

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Martin Luther wollte in seiner Mönchszelle vor 500 Jahren nichts anderes als Gott gefallen. In akribischer Selbstbeobachtung versuchte er, es Gott recht zu machen und sich ihm völlig und vorbehaltlos hinzugeben. Gottes Gebote waren ihm Befehl, und er hätte auch sein Leben für Gottes Sache hingegeben, wenn man ihm damit das Paradies versprochen hätte, wie es früher einmal bei Kreuzfahrern geschehen war und heute bei Dschihadisten geschieht. Für die Sache Gottes sein Leben zu lassen, ist wohl die höchste Form der Hingabe, und diese Doktrin ist auch die tiefste Motivation der heutigen Selbstmordattentäter, die sich mit Sündenvergebung und direktem Einzug ins Paradies belohnt sehen wollen. Was ist an dieser höchsten Form der Hingabe falsch? Wer sich hier mit liberalen Floskeln herausredet, wer Gottes Willen als doch nicht so streng und unerbittlich definiert, und wer gar – gegen jede Form – religiöser Hingabe das Wort redet, hat die Reformation nicht verstanden. Steht nicht geschrieben, dass man Gott lieben soll »mit ganzem Herzen, ganzer Seele und ganzem Gemüt«? (5.Mose 6,5) War nicht auch Abraham bereit, seinen Sohn zu opfern? (1.Mose 22) Hat Jesus nicht auch das jüdische Glaubensbekenntnis als höchstes Gebot bezeichnet und bestärkend wiederholt? (Matthäus 22,37) Die Hingabe des Menschen an Gott ist also nichts, das man abschätzig vernachlässigen oder als überholt bezeichnen könnte. Es ist und bleibt vielmehr so, wie auch dem Kleinen Katechismus Luthers zu entnehmen ist, dass wir unserem Schöpfer alles zu verdanken haben, unser ganzes Leben und alles, was dazugehört. Also sind und bleiben wir ihm das schuldig, und Gott wird jeden Menschen danach fragen, was er aus dem Leben gemacht hat, das er ihm einst gegeben hat. Ja, er fordert das Menschenleben mit Zins und Zinseszins zurück, wie uns Jesus im Gleichnis von den anvertrauten Pfunden lehrt (Lukas 19,11–27), so dass jedermann sich Gottes Zorn zuzieht, der ihm den Gehorsam schuldig bleibt. Martin Luther hatte nun in seiner Klosterzeit in sehr feiner und sensibler, ja nahezu skrupuDezember 2014

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lösen Selbstbeobachtung erkannt, dass er das, was er Gott schuldig ist, durch keine noch so intensive Hingabe zurückerstatten kann. Immer noch bleiben ein kleiner Vorbehalt, eine kleine Sünde, eine kleine Gehorsamsverweigerung zurück. Immer noch birgt sein Herz das kleine Geheimnis der Eigensucht, des bösen Gedankens, des säumigen guten Werks oder der mangelnden Konzentration bei den nächtlichen Stundengebeten. Man kann den Seelenzustand Luthers nicht verstehen, wenn man von der heutigen Vorstellung eines coolen und verständnisvollen Gottes ausgeht, der zu keinem Zorn fähig und zu keiner Bestrafung bereit ist. Die heutige Vorstellung von Gott ist eher dem Verhalten vieler Väter ihren Kindern gegenüber geschuldet, die sich nicht um deren Werdegang und Erziehung kümmern, bei Unartigkeiten, Frechheiten bis hin zu kriminellen Aktionen ihrer Zöglinge nichts anderes wissen, als kumpelhaftes Verständnis und die Erhöhung des Taschengelds. Nein, aus einem solchen Vaterbild, aus dem viele Kinder heute auch ihr Gottesbild beziehen, entspringt keine Gottesfurcht. So liegt auch die Gottesfurcht eines Martin Luther heute nicht im Trend, weder aus kirchlicher noch gesellschaftlicher Sicht. Im Gegenteil: Es werden unglaubliche Anstrengungen unternommen, einen verständnisvollen, überhaupt nichts fordernden Gott zu vermitteln, der selbst bei den schlimmsten Vergehen der Menschen immer noch ein Auge schmunzelnd zudrückt. Nach 500 Jahren Reformation ist der religiöse Nährboden in Europa derart verseucht, dass keine Frucht der Gottesfurcht mehr wachsen, geschweige denn ein Verständnis für die Seelennöte Luthers im Kloster noch irgendwie verständlich gemacht werden kann. Eingedenk des Thesenanschlags Luthers vor 500 Jahren steht der heutige Zeitgenosse vor Wittenbergs Schlosstüre wie die Kuh vor einem frisch gestrichenen Scheunentor und kaut unverdrossen und gedankenlos vor sich hin. Martin Luther hätte sein Leben dafür gegeben, mit Gott Frieden zu bekommen, ähnlich heutigen Dschihadisten. Dass es im Augustinerkloster eine solche Option nicht gegeben hat, verdankt er gänzlich und allein den Statuten dieses Ordens, die sich der christlichen Lehre verpflichtet sahen und so etwas nicht vorsahen. Man kann nur froh sein, dass Luther nicht zur Zeit der Kreuzritter gelebt hat oder sich heute in salafistischen Kreisen bewegt. Luther wusste: »Ich kann nicht zurückgeben, was ich Gott schulde. Ich kann ihm nur ein sündiges Leben anbieten, wo er mir doch ein reines und unbeflecktes Leben geschenkt hat. Ich kann nicht Informationsbrief 289

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annähernd so leben, wie Jesus von Nazareth, von dem Gott gesagt hat: ›An ihm habe ich Wohlgefallen‹ (Matthäus 3,17; 17,5). Ach hätte Gott doch auch an mir Wohlgefallen! Was kann ich tun, um ihm zu gefallen? Mein Leben geben? Alles was ich bin und habe? Mit weniger lässt sich der richtende und strafende Gott doch nicht abspeisen!« In diesem schrecklichen Seelenzustand nahm Luther sich vor, seinen Studenten den Römerbrief auszulegen. Er stieß auf Römer 1,17 und lernte, was der rechte Glauben sei: ein seligmachendes Lehrstück! Es ist heute den Muslimen wie auf den Leib geschneidert. Freilich, Gott fordert den ganzen Menschen, den ganzen Gehorsam, die vollkommene Hingabe, wie auch Jesus in der Bergpredigt sagte: »Werdet vollkommen, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist« (Matthäus 5,48). Kein Prophet Israels hatte jemals Vollkommenheit gefordert. Jesus tat es in höchster Zuspitzung. Und nun lernte Luther die Gerechtigkeit kennen, die aus dem Glauben kommt. Weil kein Mensch vor Gott gerecht sein kann, hat Gott beschlossen, sich die Schuld der Menschen anders bezahlen zu lassen als durch ihren Gehorsam. Er ließ die Schuld von seinem Sohn am Kreuz bezahlen. Wer nun zu Jesus gehört und an ihn glaubt, dessen Schuld ist bezahlt. Auf was es ankommt, ist, dieser Botschaft zu glauben. Wer an die Vergebung nicht glaubt, der strampelt sich weiterhin ab, versucht durch gute Werke die Schulden zusammenzukratzen, die er bei Gott hat. Alternativ kann er sich auch von Gott und dem Glauben völlig abwenden nach dem Motto: »Lasst uns essen und trinken, denn morgen sind wir tot« (Jesaja 22,13; 1.Korinther 15,32). Diese beiden Wege scheinen sich unversöhnlich gegenüberzustehen; auf der einen Seite der religiöse Mensch, der durch gute Werke Gott gefallen will, auf der anderen Seite der Atheist oder Agnostiker, der beschlossen hat, keinerlei Mühe mehr für seine Schuldentilgung zu verwenden. Beide Wege sind Irrwege. Daher stellt sich heute nicht die öffentlich propagierte Alternative »westlich liberaler Materialismus« oder »radikaler Islam«, sondern »Gerechtigkeit aus Werken« oder »Gerechtigkeit aus Glauben«. Die reformatorisch-biblische Erkenntnis Luthers erweist sich auch heute als höchst aktuell. Gott gefallen kann nur, wer zu Jesus gehört und an ihn glaubt. Allein dieser Glaube gefällt Gott. Allein diese Hingabe lässt er gelten, wie auch Jesus sagte: »Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr W nichts tun« (Johannes15,5). 25


»Gottes Erwählen im Alten und Neuen Testament« Einladung zur Bibelfreizeit der Bekenntnisbewegung »Kein anderes Evangelium« mit Pfarrer Hansfrieder Hellenschmidt vom 21. bis 28. März 2015 im Christlichen Gästehaus Bergfrieden in Oberstdorf (Allgäu) Mit Gottes Erwählen des einen Mannes aus Ur in Chaldäa hat die Geschichte Gottes zum Heil der Völker begonnen. Sie ist Ausdruck seines Liebeswillens und gilt Israel und den Völkern in gleicher Weise. Schon die prophetische Verkündigung im Alten Testament lehrt uns, Gott als den Herrn aller Völker zu erkennen. Menschen aus allen Völkern sollen Anteil an Gottes Königsherrschaft gewinnen und an ihrem Frieden und ihrer Gerechtigkeit teilhaben. Was mit dem Erwählen Abrahams begonnen hat und in der Geschichte Israels durch viele Brüche und Behinderungen gelaufen ist, kommt mit der Erwählung Jesu Christi dennoch zum Ziel. Denn Christus ist der von Gott erwählte Messias Israels und der Heiland der Welt. Ihn hat Gott gesandt, die Geschichte, die mit Abraham begonnen hat, der Vollendung zuzuführen. Als der Erwählte tritt Jesus durch seine Boten unter die Völker und ruft Menschen unter die Königsherrschaft Gottes. Gerade auch die Weisung, mit der Jesus seine Jünger bis heute in die Welt hinaussendet, macht noch einmal den universalen Charakter des göttlichen Heils offenbar. Denn Gott ist nicht nur der Gott der Juden, sondern auch der Heiden (Römer 3,29). Mit Jesu Werk hat

die Einheit der einen Gemeinde aus Juden und Heiden bereits begonnen (Epheser 2,15), denn der verheißene Segen Abrahams (1.Mose 12,3) ist in der endzeitlichen Gemeinde schon gegenwärtig. Angesichts dieser Tatsache erweist sich jeder ideologische oder religiöse Versuch, selbst das Heil der Welt zu schaffen, als ein Widersprechen gegen Gottes Willen und Plan mit den Völkern und ihren Menschen. Ein solch törichtes Unterfangen in der Kirche, mit der so genannten abrahamitischen Religion Frieden und Gerechtigkeit zu schaffen, wird keinen Bestand haben und ist als ein religiöser Unsinn, der keiner theologischen Betrachtung standhält, abzuweisen. Dem Erwählen Gottes durch Jesus Christus nachzudenken und darüber froh und dankbar zu werden, soll die Freizeit dienen. Im Verlauf der Arbeit wird auch auf den christlichen Antijudaismus und Luthers Stellung zu den Juden seiner Zeit eingegangen. Es ist nötig, da, aus welchen Gründen auch immer, eigentlich nie oder nur sehr verhalten und selten auf Luthers positive Aussagen zum Judentum und sein Ringen mit ihm eingegangen wird.

Die Anmeldungen sind zu richten an: Christliches Gästehaus Bergfrieden Oytalstraße 4, Oberstdorf www.bergfrieden-oberstdorf.de Telefon (08322) 95980

Preise: Die je einzelnen Zimmerpreise können bei der Anmeldung im Gästehaus in Oberstdorf erfragt werden.

Anfragen und Auskunft: Hansfrieder Hellenschmidt Telefon (07158) 69569 Fax (07158) 9157494 E-Mail: hans.hellenschmidt@gmx.de

Weitere Freizeittermine: 18. bis 25. Mai 2016 3. bis 10. Juni 2017

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Aus Kirche und Gesellschaft Traurige Gewissheit

Vor fünf Jahren im Jemen entführte Krankenhausmitarbeiter und ihr Sohn sind tot Jahrelang wurde für sie gebetet und gehofft, sie kämen aus der Hand ihrer Entführer lebendig frei; jetzt ist diese Hoffnung zunichte gemacht worden; denn seit dem 23. September ist gewiss, was befürchtet werden musste: die Eheleute Johannes und Sabine Hentschel samt ihrem kleinen Sohn Simon sind nicht mehr am Leben. Sie wurden, zusammen mit ihren beiden älteren Kindern Lydia und Anna, die heute zehn und acht Jahre alt sind, am 12. Juni 2009 im Jemen bei einem Ausflug, den sie mit einigen anderen zusammen unternahmen, entführt. Eine südkoreanische Lehrerin und zwei Pflegehelferinnen aus Niedersachsen wurden bereits am 15. Juni 2009 ermordet aufgefunden. Von einem britischen Ingenieur fehlt weiterhin jede Spur, aber vermutlich ist auch er tot. Johannes und Sabine Hentschel waren im islamischen Jemen für die niederländische Hilfsorganisation »Worldwide Services« in einem staatlichen Krankenhaus tätig. Wie der sächsische Pfarrer Reinhard Pötschke (Schwager der Opfer) der Öffentlichkeit mitteilte, sei damit für die Angehörigen Gewissheit geworden, was diese seit Jahren befürchteten. Unklar blieben die Hintergründe dieser Tat. Es könnten islamische Terroristen gewesen sein, aber auch »nur« Kriminelle. Weil die Hintergründe unklar seien, habe die Bundesanwaltschaft kein Ermittlungsverfahren eingeleitet, wobei allerdings zu fragen ist, ob dies der alleinige und einzige Grund ist. Weiter sagte Pötschke, die Eltern, zur Zeit ihrer Entführung 36 Jahre alt, seien getötet worden, ihr kleiner Sohn, damals ein Jahr alt, vermutlich an einer Infektion verstorben. Die beiden Töchter wurden am 18. Mai 2010 von einer Spezialeinheit aus Saudi-Arabien gerettet. Wie Pötschke sagte, gehe es den beiden Mädchen, die in der Großfamilie aufwachsen und eine Schule besuchen, gut. Sie hätten bei der Entführung kein Trauma erlitten. »Sie haben von diesen schlimmen Dingen nichts mitbekommen.« Trotz allem zeigte sich Pötschke auch erleichtert: Die traurige Nachricht habe die Angehörigen nicht unerwartet getroffen – auch wenn ein Funken Hoffnung in all den Jahren nie erloschen sei. »Wir sind aber auch froh, jetzt wenigstens an einem Punkt zu sein, an dem wir in die Phase des Trauerns Informationsbrief 289

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und des Abschiednehmens eintreten können.« Die Familie plane eine Trauerfeier; auch ein Gedenkstein oder Ähnliches solle zur Erinnerung errichtet werden. Was nun auch die genauen Hintergründe dieser Bluttat gewesen sind, sie wurde auf jeden Fall von Anhängern des Islam verübt, dazu noch an solchen, die als Helfer in dieses arme Land gekommen sind. Daran zeigt sich, dass der Islam keineswegs eine friedfertige Religion sein kann, wie dies immer wieder behauptet wird, wenn dessen Angehörige zu solchen Taten fähig sind. (Quelle der Nachricht: Südwestpresse vom 24. September 2014, Blick in die Welt, nach dpa/afp/epd; ideaSpektrum 39/2014 vom 24. September 2014, S. 36, Ost)

Ökumeniker Wolfhart Pannenberg †

Einer der bekanntesten evangelischen Vertreter eines umstrittenen lutherisch-katholischen Dialogs, der emeritierte Münchner Theologieprofessor für Systematische Theologie, Wolfhart Pannenberg, ist im September im Alter von 85 Jahren verstorben. Der in Stettin geborene Pannenberg, Schüler des bekannten Heidelberger Systematikers und ebenfalls ökumenisch orientierten Edmund Schlink (1903–1984), lehrte zunächst an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal (1958–1961), anschließend an der Universität Mainz (1961–1967) und dann bis zu seiner Emeritierung 1994 in München. Dort gründete er das Institut für Fundamentaltheologie und Ökumene zur Förderung des Dialogs mit der römisch-katholischen Theologie. Zu seinen Schülern zählen auch römischkatholische Theologen: der für die Ökumene zuständige Kurienkardinal Kurt Koch und dessen Vorgänger, Kardinal Walter Kasper. 15 Jahre lang war Pannenberg (1975–1990) EKD-Delegierter bei der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des Weltkirchenrats. Von den zahlreichen Büchern, die er veröffentlichte, fand insbesondere seine dreibändige »Systematische Theologie« international Beachtung. Öffentlich fiel Pannenberg dadurch auf, dass er 1997 durch die Rückgabe des Bundesverdienstkreuzes Erster Klasse gegen die Verleihung dieses Ordens an »zwei Personen, die die Gleichberechtigung von Homosexuellen und ihren Lebensgemeinschaften in Kirche und Gesellschaft betreiben«, protestierte. Gemeint waren die damalige Studienleiterin am Frauenstudien- und -bildungszentrum der EKD Herta 27


Leistner, und der Gründer des Schwulenverbandes, der evangelische Theologe Eduard Stapel. Pannenberg, um den es allerdings seit Jahren recht ruhig geworden war, gilt dennoch als einer der 25 wichtigsten Theologen in Deutschland. 1995 wurde er vom Freistaat Bayern mit dessen höchster Auszeichnung geehrt, dem Bayerischen Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst. (Quelle der Nachricht: ideaSpektrum 37/2014 vom 10. September 2014, S. 14, Von Personen)

Kein bekennender pietistisch-­ evan­gelikaler Vertreter in Synode

Dafür aber ein bekennender Homosexueller Die badische Landessynode hat nun, nachdem sie ihre Zusammensetzung komplettiert hat, zwar keinen betont pietistisch-evangelikalen Vertreter mehr, dafür aber einen Homosexuellen, der aus seiner Homosexualität kein Geheimnis macht, den Generalintendanten des Badischen Staatstheaters in Karlsruhe, Peter Spuhler. Er wurde in dieses kirchliche Gremium berufen. Vor seinem Weggang aus Heidelberg 2009 hatte Spuhler gegenüber der Heidelberger Studentenzeitung »Ruprecht« gesagt, im Alten Testament zeigten sich »klar homophobe Einstellungen«. Im Gegensatz zu früheren Legislaturperioden ist kein führendes Mitglied der Evangelischen Vereinigung für Bibel und Bekenntnis Baden bzw. Christus-Bewegung Baden mehr vertreten. Von 1978 bis 1996 gehörte der stellvertretende Vorsitzende der theologisch konservativen Gruppierung, der Pforzheimer Unternehmer Kurt Dittes, der Synode an. In der letzten Wahlperiode vertrat der frühere Studienleiter des Friedrich-HaußStudienzentrums, Pfarrer Jürgen Lauer, die pietistisch-evangelikalen Gruppierungen. Dabei ist pietistisch-evangelikale Frömmigkeit in Baden durchaus vertreten und hat der Pietismus Tradition. Neben der Berufung von Peter Spuhler erscheint eine weitere der bislang acht erfolgten Berufungen sonderbar, nämlich die Zuwahl des Karlsruher Sozialarbeiters Rüdiger Heger, nachdem dieser im Bezirk Karlsruhe-Land erfolglos kandidiert hatte. Noch sind weitere vier Berufungen möglich. Ob es noch zur Berufung eines betont theologisch Konservativen kommt, erscheint allerdings fraglich. Die Berufungen bzw. Nichtberufung zeigen deutlich, wer in der badischen Landeskirche vor allem erwünscht ist und wer möglichst nicht. Daran zeigt sich, in welche Richtung die Reise geht. (Quelle der Nachricht: ideaSpektrum 34/35/2014 vom 28. August 2014, S. 30, Südwest)

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Verbindet Evangelikale und ­Katholiken viel? Nachdem sie eine Woche lang Anfang September in Bad Blankenburg intensive Gespräche geführt hatten, erklärten Vertreter des evangelikalen Dachverbandes Weltweite Evangelische Allianz (WEA) und der römisch-katholischen Kirche, Evangelikale und Katholiken verbinde mehr als sie trenne. Dieses Treffen war das fünfte in der Reihe eines 2009 begonnenen Beratungsprozesses. Im kommenden Jahr wollen beide Seiten zum Abschluss eine gemeinsame theologische Erklärung vorlegen, zu der der Direktor für ökumenische Angelegenheiten der WEA, Rolf Hille sagte, darin werde das Gemeinsame des christlichen Glaubens benannt, »ohne Differenzen in Theologie und Frömmigkeitspraxis zu ignorieren«. Die Gespräche werden als wichtige Zeichen der Verbundenheit auf dem Weg zum 500-jährigen Reformationsjubiläum 2017 angesehen. Rolf Hille betonte vor der hochkarätig besetzten Tagungsgruppe, die evangelikale Bewegung sei der römisch-katholischen Kirche aufgrund ihrer konservativen Haltung sehr viel näher als der liberalen evangelischen Volkskirche (EKD). Eine immer säkularer werdende Gesellschaft verlange, dass Christen in zentralen ethischen Fragen mit einer Stimme sprechen. Wie der Beauftragte des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Juan Fernando Gomez sagte, hat mit Papst Franziskus ein neues Kapitel zwischen der römischkatholischen Kirche und den Evangelikalen begonnen, womit der neue Papst vieles verbessert habe. Der römisch-katholische Bischof Rodolfo Valenzuela Nunez sieht in diesem Treffen einen wichtigen ökumenischen Beitrag. Beide Seiten sollten das Reformationsjubiläum 2017 dazu nutzen, die Einheit der Christenheit zu stärken. (Quelle der Nachricht: ideaSpektrum 37/2014 vom 10. September 2014, S. 12)

»Marsch für das Leben« mit Rekordbeteiligung Der zehnte »Marsch für das Leben«, der am 20. September in Berlin am Bundeskanzleramt begann und mit einem ökumenischen Gottesdienst vor dem Berliner Dom endete, war mit über 5000 Teilnehmern so gut besucht wie bislang keiner; doch schlug den Abtreibungs- und Euthanasiegegnern unbändiger Hass Linksextre­ mer entgegen, so dass er nur unter starker Polizeipräsenz durchgeführt werden konnte. Veranstalter der »Lebensschutzdemonstration«, die unter dem Thema stand »Für ein Europa ohne Dezember 2014

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Abtreibung und Euthanasie«, war der Bundesverband Lebensrecht (Zusammenschluss von 13 Organisationen). Zum Protest dagegen hatte neben einer Initiative mit dem Namen »what the fuck« auch ein »Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung« aufgerufen. Von der E-MailAdresse der Landesvorsitzenden der »Linken« in Thüringen, Susanne Hennig-Wellsow, kam auf die Einladung des Bundesverbandes Lebensrecht, am Marsch teilzunehmen: »Ihren antifeministischen, antiemanzipatorischen und konservativen Dreck können Sie gerne behalten! Wir verbitten uns für die Zukunft weitere Mails Ihres Verbandes und hoffen inständig, dass Ihnen das Bündnis gegen den Marsch für das Leben am 20. September ordentlich in die Suppe spuckt.« Hennig-Wellsow erklärte, die Mitteilung stamme nicht von ihr, da dies »bekanntermaßen« nicht »ihr Sprachgebrauch« sei; der Kritik am »Marsch für das Leben« und

dessen Zielen schließe sie sich jedoch an. Auch der Fraktionsvorsitzende der »Linken«, Bodo Ramelow, zeigte sich inhaltlich mit der Auslassung einig und erklärte, er habe der Erklärung Hennig-Wellsows »nichts hinzuzufügen«. Die EKD zeigte sich in der Beurteilung der Veranstaltung uneins. Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg distanzierte sich, verurteilte aber Gewalt gegen Lebensschützer; der Vorsitzende des Rates der EKD, Nikolaus Schneider, sandte kein Grußwort; was hingegen Bischof Frank Otfried July (Württemberg) und auch Bischof Hans-Jürgen Abromeit (Mecklenburg-Vorpommern/Nordkirche) taten. Am selben Wochenende war ein »Marsch für Jesus« in Wiens Innenstadt, an dem 12 000 Menschen teilnahmen. (Quellen der Nachricht: ideaSpektrum 39/2014 vom 24. September 2014, S. 3.6.7.10.36; Preußische Allgemeine Zeitung Nr. 39/2014 vom 27. September 2014; Junge Freiheit Nr. 40/2014 vom 26. September 2014)

Aus der Bekenntnisbewegung »Die Botschaft der Endzeitreden Jesu angesichts der Weltlage h ­ eute« (Matthäus 24 und 25) Herbstfreizeit mit Pfarrer Hansfrieder Hellenschmidt vom 8. bis 15. September 2014 im Christlichen Begegnungszentrum Aichenbach bei Schorndorf 38 Teilnehmer, zum Teil alte Bekannte von früheren Bibelfreizeiten, haben sich zu dieser Freizeit eingefunden, um gemeinsam auf Gottes Wort zu hören und Wegweisung und Trost angesichts der bedrängenden Weltlage zu bekommen. Die Fragen der Jünger, die sie Jesus stellten, nachdem er dem Tempel den Rücken gekehrt und sein Gerichts- und Zerstörungsurteil über den Tempel gesprochen hat, sind uns allen, wenn auch im Rahmen anderer Zeitläufte, gegenwärtig: »Herr, sage uns, wann wird das geschehen? Und welches wird das Zeichen sein deiner Zukunft und des Endes der Welt?« (Matthäus 24,3) Wenn wir von den Gräueltaten in den verschiedenen Kriegsgebieten der Welt und vor allem im Vorderen Orient hören, von Verfolgungen, von Hungersnöten, von Erdbeben und Vulkanausbrüchen, dann möchten wir schnell glauben, dass das Ende der Welt nahe ist. Da ist Informationsbrief 289

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es wichtig, genau auf Gottes Wort zu hören. Die endzeitlichen Zeichen, von denen wir in Gottes Wort hören, sind den Gläubigen schon immer in allen Katastrophen seit den Zeiten Jesu bis heute gegenwärtig. Doch gilt auch für uns heute Jesu Antwort: »Aber es ist noch nicht das Ende da« (Matthäus 24,6). Jesus in den Evangelien, und später die Apostel in ihren Briefen warnen sehr eindringlich vor »den Irrlehren in der Endzeit«, die Jesusnachfolger zu allen Zeiten verführen wollen. Diese »Verführung« geschieht durchs Wort. In der Versuchungsgeschichte Jesu verwendet der Satan auch »das Wort« (Matthäus 4,6f.). Darum müssen wir wachsam sein. Glaube umfasst das Hören und das Gehorchen, das Tun des Wortes Gottes. Wer gehorsam ist, der lebt aus der Schrift. Wir sollen darum Fragen, die die Bibel nicht beantwortet, abwartend stehenlassen und nicht anfangen zu spekulieren. Das hat in der Vergangenheit zu vielen Irrwegen und Irrlehren geführt und in der Gegenwart ist es auch nicht anders. Eindeutige Aussage der Schrift ist, dass mit Jesus Christus, seinem Tod und seiner Auferstehung die Endzeit angebrochen ist, in der wir jetzt leben und deren Endpunkt nur »der Vater weiß« (Matthäus 13,32). Darum sollen wir »wachsam sein« und »nicht schläfrig werden« (Matthäus 25,1–13). Es ist traurig, dass die lehrende Kir29


che in dieser Zeit kaum mehr über die Endzeit spricht und die Gemeinde vor Verführung und Irrlehren warnt, wie es unter anderem der Apos­ tel Paulus gegenüber Timotheus tut (2.Timo­ theus 3,1–5). Wir müssen lernen, dass wir eine »endzeitliche Gemeinde« sind, die sich nicht in der Welt niederlassen darf. Wir haben keine bessere Zukunft, aber wir haben eine Hoffnung, die weit über die erfahrbare Welt hinausgeht, weil sie in Jesus Christus gegründet ist, dem wiederkommenden Herrn. Darum sind wir auch aufgefordert »zu handeln«, bis Jesus Christus wiederkommt. Wir werden verglichen mit »dem treuen und klugen Knecht, den der Herr über sein Gesinde gesetzt hat, dass er ihnen zur rechten Zeit Speise gebe« (Matthäus 24,45f.). Wir sollen als erstes das Evangelium, das Wort, verkündigen, die rechte Speise geben, aber dann auch »gehorsam« den Willen Gottes tun. Wir hören am Ende der Bergpredigt (Matthäus 7,23–27) und im Endgericht (Matthäus 25,31–46), dass auch das »Tun« gefordert wird, wobei das Gewicht nicht auf die »Fähigkeit dieses oder jenes zu tun« gelegt wird, sondern auf die »Treue, mit der wir etwas tun« (Lukas 12,42–48 und 1.Korinther 4,2). Wir sollen »das Wort« sagen und darauf vertrauen, dass es seine Hörer findet und sein Werkt tut. Wir selbst müssen wachen und uns recht bereiten und entscheiden, wem wir im Stimmengewirr dieser Zeit unser Gehör schenken, wem wir nachfolgen wollen. Das »Nein« der klugen Jungfrauen (Matthäus 25,9) ist eine ernste Warnung an uns. Man kann am Ende, im Endgericht, nicht mehr für den anderen einstehen. Jeder muss selbst vor dem Richterstuhl Christi offenbar werden. Da wird es beides geben: Erschrecken und Freude. Der christliche Glaube war von Anbeginn von der Gewissheit durchdrungen, dass in der Auferstehung Jesu – zunächst verborgen – ein neues Zeitalter bereits

begonnen hat, dessen Vollendung in »einen neuen Himmel und eine neue Erde mündet« (Offenbarung 21,1), und trotz der gegenteiligen Erfahrung einer von Zerstörung, Tod und Unmenschlichkeit gekennzeichneten Menschheitsgeschichte zuversichtlich erwartet werden darf. »Wir warten dein, o Gottes Sohn, und lieben dein Erscheinen. Wir wissen dich auf deinem Thron und nennen uns die Deinen. Wer an dich glaubt, erhebt sein Haupt und siehet dir entgegen; du kommt uns ja zum Segen« (Phi­ lipp Friedrich Hiller, Evangelisches Gesangbuch 152,1). Das Singen mit der Klavierbegleitung von Herrn Bickelbach Junior, das Wandern in der schönen Umgebung des Freizeitheimes, ein Missionsvortrag aus Tanzania, die Ausflüge zu den Klöstern in Lorch und Neresheim, sowie das teilweise schöne Wetter und die gute Bewirtung, das alles trug zum Gelingen der BibelfreiReinhard Friedrich zeit bei.

Pastor August Spreen mit 96 heimgegangen In Mannheim, wo August Spreen bei seinem Sohn die letzten Lebensjahre verbrachte, ist er, ein Mann der Bekenntnisbewegung »Kein anderes Evangelium« der ersten Stunde, im 97. Lebensjahr verstorben. Der am 1. Januar 1918 geborene August Spreen wirkte als Pastor vor allem in Ostwestfalen. 1952 kam er in den Vorstand der pietistischen Bünder Konferenz. Darin und in der »Arbeitsgemeinschaft Bekennende Gemeinde«, die 1978 gegründet worden war, hatte er den Vorsitz bis 1996 inne. Eine historisch-kritische Bibelauslegung lehnte er ab. Sorge bereitete ihm die Ausbreitung von Sekten und noch mehr die des Islam. (Quelle der Nachricht: ideaSpektrum 40/2014 vom 1. Oktober 2014, S. 33, West)

Mitarbeiter an diesem Heft: Pastor Reinhard Friedrich Pillauer Straße 18 23843 Bad Oldesloe Studiendirektor Pfarrer Hanns Leiner Mittenwalder Straße 34 86163 Augsburg Telefon (0821) 63731 E-Mail: Hanns.Leiner@arcor.de

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Professor Dr. Dr. Rainer Mayer Malachitweg 3 70619 Stuttgart Telefon (0711) 442260 Fax (0711) 413098 E-Mail: dr.r.mayer@web.de

Pfarrer Markus Sigloch Marbacher Straße 23 71563 Affalterbach Telefon (07144) 37014 Fax (07144) 881084 E-Mail: markussigloch@web.de

Walter Rominger Mehlbaumstraße 148 72458 Albstadt Telefon und Fax (07431) 74485 E-Mail: w.rominger@t-online.de

Professor Dr. Reinhard Slenczka, D. D. Spardorfer Straße 47 91054 Erlangen Telefon und Fax (09131) 24139 E-Mail:Grslenczka@aol.com

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Weitere Exemplare des Informationsbriefes für Juli 2013, Heft 279 und für Juli 2014, Heft 286 sowie das Traktat »Falsche Propheten sind unter uns« können –– auch in größerer Stückzahl –– bei der Geschäftsstellte bestellt werden. Geschäftsführender Ausschuss Stellvertretender Vorsitzender Pfarrer Johannes Frey Ofener Weg 3 28816 Stuhr Telefon (04 21) 5 22 89 10 E-Mail: johannes.frey@kabelmail.de Schriftführer Walter Rominger Mehlbaumstraße 148 72458 Albstadt Telefon und Fax (0 74 31) 7 44 85 E-Mail: w.rominger@t-online.de Kassenwart Hans Lauffer Osterstraße 25 70794 Filderstadt Telefon (0 71 58) 48 31 Fax (0 71 58) 94 78 73 E-Mail: hans.lauffer@t-online.de

Weitere Mitglieder des Geschäftsführenden Ausschusses Walter Keim Kiebitzstraße 14 45897 Gelsenkirchen Telefon (02 09) 15 55 98 22 Fax (02 09) 15 55 98 24 E-Mail: Walter@Keim.de Gabriele Reimer Beurhausstraße 31 44137 Dortmund Telefon (02 31) 5 84 46 96 Fax (02 31) 5 89 36 37 E-Mail: Gabriele.Reimer@gmx.de

Bekenntnisbewegung »Kein anderes Evangelium« e. V. Geschäftsstelle: Walter Rominger Mehlbaumstraße 148 72458 Albstadt Telefon und Fax (07431) 74485 E-Mail: w.rominger@t-online.de www.keinanderesevangelium.de

Martin Schunn Hölderlinstraße 9 75334 Straubenhardt Telefon (0 70 82) 2 02 75 E-Mail: m.schunn@kvst-nb.de

Mit Fragen bezüglich der Spendenbescheinigungen wenden Sie sich bitte an unseren ­Kassenwart Hans Lauffer. Sie erreichen ihn telefonisch unter (0 71 58) 48 31, per Fax 94 78 73 oder per E-Mail hans.lauffer@t-online.de. Bankkonten Volksbank Filder e. G., (BLZ 611 616 96) Konto-Nr. 65 500 016 IBAN DE34 6116 1696 0065 5000 16 BIC (SWIFT)-Code: GENO DE S1 NHB Postgirokonto Schweiz: Postgiroamt Bern Nr. 30-195 56-2 IBAN CH21 0900 0000 3001 9556 2 BIC POFICHBEXXX

Nachsendeanträge bei der Post kommen bei der Bekenntnisbewegung nicht als Adressänderung an. Deshalb auch bei Umzügen die Adressänderung durch untenstehenden Abschnitt an die Geschäftsstelle weitergeben. Für Neubestellung, Adressänderung und Abbestellung ausschneiden und einsenden an: Bekenntnisbewegung »Kein anderes Evangelium« Geschäftsstelle: Mehlbaumstraße 148, 72458 Albstadt

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Unglaub und Torheit brüsten sich frecher jetzt als je; darum musst du uns rüsten mit Waffen aus der Höh. Du musst uns Kraft verleihen, Geduld und Glaubenstreu und musst uns ganz befreien von aller Menschenscheu. Es gilt ein frei Geständnis in dieser unsrer Zeit, ein offenes Bekenntnis bei allem Widerstreit, trotz aller Feinde Toben, trotz allem Heidentum zu preisen und zu loben das Evangelium. Philipp Spitta (Evangelisches Gesangbuch Nr. 136, Strophen 3 und 4)


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