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€ 1,–
& Gemeinde NR. 4A/WINTER 2002
KLIMA & Bündnis Margot Wallström: „WIR MÜSSEN HANDELN“. Seite 4
Klimawandel: „ES GEHT UM UNSERE ZUKUNFT.“ Seite 8
Europa & Amazonien: GEMEINSAM FÜRS KLIMA. Seite 21
Prämiert:
DIE CLIMATESTAR 2002 GEWINNER. abS. 12
Climate Star 2002:
EIN STAR MIT ZUKUNFT. Erster europäischer Klima-Wettbewerb. Auszeichnung für 19 Städte und Gemeinden.
© UDO REISINGER
Magazin für Gemeinden, Schulen und Umweltinteressierte
INHALT
■ DIE SIEGER-
Ein Stern für Sieger, S. 4.
Klimawandel – Thema der Zukunft, Seite 8.
PROJEKTE DES CLIMATE STAR 2002, ab Seite 12.
Klimabündnispartner in Südamerika – Seite 11.
KLIMA & Bündnis
THESSALONIKI (GR): Energiegewinnung aus Deponiegasen. ... 19
„WIR MÜSSEN HANDELN.“ Interview mit EU-Umweltkommissarin Margot Wallström. .................. 4
■ SPAREN BRINGT ALLEN WAS.
EIN STAR MIT ZUKUNFT. Bilanz des Wettbewerbs. ................ 5
Siegerprojekte im Bereich Verkehr. ................................. 20
„WIR BAUEN AUF DAS KLIMABÜNDNIS“. Ein Weg zu mehr Lebensqualität. ...................................... 6
GRAZ (A): Von der Pfanne in den Tank. ............................ 21
DAS KLIMABÜNDNIS IN NIEDERÖSTERREICH. Bereits 200 Gemeinden beteiligt. ........................................ 6 „… DENN ES GEHT UM UNSERE ZUKUNFT.“ Klimawandel – Kernthema des Jahrhunderts. .................... 8 EINE VISION UMSPANNT DEN GLOBUS. Lokal handeln, global verantworten. .............................. 11
SIEGER & Projekte ■ SAUBERE KRAFT FÜR DAS KLIMA. Siegerprojekte im Bereich Energie. ................................ 12 DOGMA 2000 STÄDTE (DK): Gemeinsam etwas bewegen. .... 13 MODENA (I): Perpetuum Mobile für die Umwelt. ................ 14
LANGENEGG (A): Fifty für alle. .......................................... 21 LINKÖPING (S): Auf das Rad gekommen. .......................... 22
■ FASZINIEREND EINFACH. Siegerprojekte im Bereich ökologisch Bauen. ....................................... 23 HANNOVER (D): Ökologisch Bauen als Großprojekt. ........... 24 OSTFILDERN (D): Eine Stadt der kurzen Wege. ................... 24
■ „DIE URLAUBSQUALITÄT DARF NICHT LEIDEN“. Siegerprojekte im Bereich Tourismus. .............................. 25 WERFENWENG/BAD HOFGASTEIN (A): Auf die sanfte Tour. ..... 26
■ AUF FRUCHTBAREN BODEN. Siegerprojekte im Bereich Umweltpädagogik. ................. 27 NORDERSTEDT (D): Solarpraxis erfahren. ........................... 27
HEIDELBERG (D): Großabnehmer für Ökostrom. ................. 14
HERRENBERG (D): Häusle mit Zukunft. ............................... 28
■ ENERGIE VON OBEN. Siegerprojekte
■ KLIMABEWUSSTSEIN AUF KNOPFDRUCK.
im Bereich Sonnenenergienutzung. ................................ 15
Siegerprojekte im Bereich Bewusstseinsbildung. .............. 29
BARCELONA (E): Auf dem Weg zur Sonne. ........................ 15
GREUSSENHEIM (D): Den Treibhauseffekt stoppen helfen. ..... 29
KIRCHBERG/PIELACH (A): Sonnenkollektor aus wertvollem Abfall. ........................... 16
DIE RICHTIGE ADRESSE ZUM KLIMABÜNDNIS. ........................ 30
ZWISCHENWASSER (A): Bürger kaufen Sonnenkraftwerk. ...... 16
■ NACHSCHUB AUS FELD UND WALD. Siegerprojekte im Bereich Biomasse/Biogas. ........................................ 17 GORNJI GRAD (SLO): Eine saubere Sache. ......................... 18 RYBNIK (PL): Wo die Kohle wächst. ................................. 18
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KRISTIANSTAD (S): Alle sammeln mit. ................................ 19
UMWELT & Gemeinde / Herbst 2002
EURPAWEITES ENGAGEMENT FÜR DEN KLIMASCHUTZ. 103 europäische Gemeinden bewarben sich. ................. 31
IMPRESSUM HERAUSGEBER, VERLEGER & MEDIENINHABER: Amt der NÖ Landesregierung, Abteilung RU3 – Umweltwirtschaft & Raumordnungsförderung, A-3109 St. Pölten, Landhausplatz 1, Haus 16A, Tel.: 02742/9005-15273. REDAKTION: Riki Börner, Roland Goiser, Dr. Angelika Holler, DI Leonore Mader-Hirt, Birgit Morbitzer. LAYOUT & ILLUSTRATION: Peter Fleischhacker. COVERFOTO: Udo Reisinger. FOTONACHWEIS: Archiv U&G, NÖ Landespressedienst, Climate Star-Siegergemeinden. AUFLAGE: 25.000 HERSTELLUNG: NÖ Pressehaus, St. Pölten. VERLAGS- & ERSCHEINUNGSORT: St. Pölten.
Vorwort GUTES KLIMA FÜR NIEDERÖSTERREICH.
Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll
1.000 STERNE AM HORIZONT. Städte und Gemeinden zeigen Wege für den Klimaschutz.
Das Klimabündnis geht jeden Menschen etwas an, niemand kann sich aus der Verantwortung für unsere Erde ausklinken. Das Gute am Klimabündnis ist, tatsächlich kann auch jede/r in jedem Alter und jeder Lebenssituation etwas zum Klimaschutz beitragen, und das jeden Tag. Wenn wir es nicht schaffen, den Klimawandel zu stoppen, werden wir uns dafür eines Tages vor unseren Kindern und Enkelkindern verantworten müssen. Deshalb engagiert sich Niederösterreich so intensiv im Klimabündnis und fördert die mittlerweile mehr als 200 Klimabündnis-Gemeinden. Für uns ist aber auch wesentlich, dass wir im Rahmen des Klimabündnisses international Verantwortung mittragen. Dadurch schützen wir das größte zusammenhängende Biotop der Welt, den Regenwald Amazoniens. Wir unterstützen dort die kleinteilige Bewirtschaftung des riesigen Urwaldes, das nachhaltige Nutzen dieser Naturressourcen durch die angestammte Bevölkerung, den umweltbewussten Umgang mit der reichen Flora und Fauna. Diese Art der kleinräumigen Bewirtschaftung ist auch das Ziel für unser Land NieUmweltlandesrat derösterreich. Wir wollen die WertschöpMag. Wolfgang fung in den Regionen ermöglichen, die heiSobotka mische Produktion unterstützen, wir wollen die Versorgung der Bevölkerung ohne lange Wege sichern und Impulse geben für eine gesunde wirtschaftliche Entwicklung und ein stabiles Sozialgefüge. Klimaschutz funktioniert aber nur, wenn die Menschen in den Städten und Dörfern mit anpacken, wenn sie mit Engagement individuelle Wege für ihre Gemeinde suchen, die Umwelt zu entlasten, wenn sie sich mutig für große Projekte engagieren und neue Ideen entwickeln. Dieses Engagement zeigen viele unserer 200 Klimabündnis-Gemeinden in Niederösterreich und ihre Bewohner. Dieses Engagement zeigen aber auch viele Gemeinden in den Ländern der EU und in den Kandidaten-Ländern. Mit dem Climate Star Wettbewerb werden jene vor den Vorhang geholt, die Vorreiterrollen einnehmen. Ihnen wollen wir mit dem Climate Star gratulieren.
Die Hochwasserkatastrophen des letzten Sommers in Europa führen uns deutlich vor Augen: Der Schutz des Weltklimas ist eine lebenswichtige Zukunftsinvestition! Die verbindlichen Vereinbarungen des Kyoto-Protokolls sind jedoch nur ein erster Schritt. Für eine deutliche Verringerung der Treibhausgase, allen voran des CO2, sind dringend verstärkte Anstrengungen notwendig. Im Klimabündnis verfolgen die europäischen Städte und Gemeinden gemeinsam die lebenswichtigen Aufgaben: den Schutz des Klimas, die nachhaltige Entwicklung und Gerechtigkeit zwischen Nord und Süd. Wir setzen auf die Vielfalt von Lösungsansätzen auf lokaler Ebene und behalten durch die Partnerschaft mit den Indianern des Amazonasgebietes gleichzeitig die globale Dimension des Problems im Blick. Wo steht die kommunale Klimaschutz-Politik nach zehn Jahren Klimabündnis, wie stark ist sie in den über 1.000 beteiligten Städten und Gemeinden verankert und wie effektiv trägt die lokale Ebene zur Verringerung der Treibhausgasemissionen bei? Dies herauszufinden, ist eines der Ziele des CLIMATE STAR, der ersten europaweiten Auszeichnung für lokale Klimaschutzaktivitäten, geschaffen vom Klimabündnis. 19 Projekte wurden von der Fachjury mit einem CLIMATE STAR ausgezeichnet. Angesichts der Dringlichkeit konzertierter Klimaschutz-Aktionen und der zum Teil sehr angespannten Haushaltslage der Städte und Gemeinden halten wir eine stärkere Unterstützung des kommunalen Klimaschutzes von Seiten der Regierungen für dringend erforderlich. Ziel des CLIMATE STAR ist es daher auch, den weiteren Handlungsbedarf zu unterstreichen und zu einem gemeinsamen, abgestimmten Vorgehen auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene aufzurufen. Mein besonderer Dank gilt Umweltlandesrat Mag. Wolfgang Sobotka für seine vorbildhaften Klimaschutz-Initiativen und seinen Beitrag zur erfolgreichen Durchführung der ersten europäischen Klima-Bündnis Auszeichnung.
Landeshauptmann DR. ERWIN PRÖLL, Umweltlandesrat MAG. WOLFGANG SOBOTKA
JOACHIM LORENZ, Klimabündnis/Alianza del Clima e.V., Stv. Vorsitzender
Joachim Lorenz, Klimabündnis/ Alianza del Clima e.V., Stv. Vorsitzender
Herbst 2002 / UMWELT & Gemeinde
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Interview
„WIR MÜSSEN HANDELN“. Die Europäische Union hat eine besondere Verantwortung im Kampf gegen den Klimawandel, sagt die Umwelt-Kommissarin der EU, Margot Wallström (Schweden). Die Erweiterung der EU sieht sie als große Chance für die Umwelt und das Klima. U&G: Wie wichtig ist für die EU der Kampf gegen den Klimawandel? WALLSTRÖM: Der Klimawandel und seine möglichen Folgen bergen große Risken, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen vor allem die weniger entwickelten Länder zu tragen haben. Die Menschen dort sind den klimatischen Veränderungen viel schutzloser ausgeliefert als wir. Künftige Generationen müssen einen hohen Preis dafür zahlen, wenn wir jetzt nicht handeln. Die Überschwemmungskatastrophen des letzten Sommers zeigen, dass der Klimawandel auch wirtschaftliche Risken birgt. Wenn wir jetzt nichts unternehmen, werden wir in Zukunft viel größere und teurere Anstrengungen unternehmen müssen, um gegen dieses Problem anzukämpfen. Der EU kommt hier eine besondere Rolle zu: Die ganze Welt beobachtet genau, ob Europa bei der Umsetzung der Kyoto-Ziele seiner Vorreiterrolle im Umweltschutz gerecht wird. Deshalb ist es sehr wichtig, dass wir unsere Verpflichtungen während
der ersten Umsetzungsperiode des Kyoto-Protokolls und darüber hinaus erfüllen. U&G: Wie schwierig wird es für die EU, diese Rolle auszufüllen? WALLSTRÖM: Ich bin davon überzeugt, Margot Wallström, dass wir die Kosten Umwelt-Kommisfür die Umsetzung sarin der Europäides Kyoto-Protoschen Union kolls niedrig halten und den Klimawandel sogar zu einer Chance für die europäische Wirtschaft machen können. Im ECCP, dem europäischen Programm für den Klimawandel, hat sich die Europäische Kommission verpflichtet, rentable Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgase zu finden. Unser Maßnahmenkatalog belegt, und das ist mir wichtig, dass sich verschiedene Sektoren und
Haushalte die Belastungen teilen werden, die durch die Umsetzung der Kyoto-Ziele auf die Union zukommen. U&G: Die EU wird 2004 zehn neue Mitglieder aufnehmen. Wie wird sich das auf die EU-Umweltpolitik auswirken? WALLSTRÖM: Der Weg war manchmal steinig, aber wir haben in den Verhandlungen über die Umweltkapitel viel erreicht. Die Beitrittsländer müssen alle der rund 270 Umwelt-Gesetze der Europäischen Union übernehmen. Die Umsetzung dieser Regelungen kann sehr kostspielig sein, vor allem in den Ländern, in denen Umweltschutz in der Vergangenheit noch nicht oberste Priorität war. Nach den Schätzungen der Europäischen Kommission werden die zentral- und osteuropäischen Kandidatenländer zwischen 80 und 110 Milliarden Euro investieren müssen, um den Umwelt-Anforderungen der europäischen Union zu entsprechen – dadurch ergeben sich aber auch große Chancen für alle: für die Kandidatenländer, die Union und für die Umwelt. ■
EIN STERN FÜR SIEGER. Kristallglas, mundgeblasen und hochglanzpoliert – so präsentiert sich die Sternen-Skulptur der Sieger des Climate Star Wettbewerbs 2002. WARUM EIN STERN? Gastgeber Umwelt-Landesrat Wolfgang Sobotka sieht im Symbol des Sterns „das leuchtende Zeichen für Orientierung“. Hell und klar sei diese Glasskulptur, ein wunderbares Bild für den Schutz unserer kostbaren Umwelt. Im Zentrum des Glassterns ist die stilisierte Erdkugel zu sehen – das Klimabündnis-Logo. Kurt Zalto von der Firma Glashütte Zalto aus Neu Nagelberg hat die Sterne aus Kristallglas hergestellt und mit Echtsilbermontagen auf Marmorsockeln fixiert. Sein Ziel: „Der Stern soll modern, klar und transparent wirken.“ ■ 4
UMWELT & Gemeinde / Herbst 2002
& Bündnis EIN STAR MIT ZUKUNFT. Gotelind Alber, Geschäftsführerin des Klimabündnis in Frankfurt am Main und „Mutter“ des Climate Star, zieht Bilanz über die erste Verleihung. Größenkategorien: Es beteiligU&G: Für wen ist der Climate ten sich 25 Gemeinden bis Star gedacht? 10.000, 39 bis 100.000 und ALBER: Der Climate Star als erste europaweite Auszeichnung 39 Städte mit über 100.000 Einfür lokale Klimaschutz-Aktivitäwohnern. ten richtet sich an alle Städte, U&G: Wo lag der thematische Gemeinden und Kreise in EuSchwerpunkt der Einsendunropa. Entsprechend breit wurgen? de der erste Aufruf zur TeilnahALBER: Die eingereichten Klimame ab März 2002 gestreut. schutzprojekte umfassten die BeGotelind Alber, GeDas Klimabündnis erhielt dabei reiche Energie, Verkehr, Landschäftsführerin des Unterstützung von Kommunalnutzung und Nord-Süd-ZusamKlimabündnis in verbänden und weiteren Städmenarbeit. BeFrankfurt am Main tenetzwerken wie der Sustainsonders stark able Cities & Towns Camvertreten ist der paign, Energie-Cités, EuroEnergiebereich cities und Union of Baltic Cimit 65 Projekties. Ihnen möchten wir für ihren wichtigen ten, davon können etwa 37 Projekte einBeitrag herzlich danken. deutig dem Bereich Erneuerbare Energien zugeordnet werden. Hier sehen offensichtU&G: Sind Sie zufrieden mit dem Ergeblich vor allem die kleineren Gemeinden nis? ihren Handlungsschwerpunkt: 15 der einALBER: Natürlich. 102 Städte, Gemeinden gereichten Projekte in dieser Kategorie beund Kreise aus 13 Ländern übermittelten fassten sich mit Projekten rund um die Enervollständige Unterlagen. Erfreulich war gie aus Sonne, Wind, Wasser und Biomasauch die Streuung der Teilnehmergemeinse. Das zweite wichtige kommunale Handden im Hinblick auf die vorgegebenen
DIE QUAL DER WAHL. Eine hochkarätige internationale Expertenjury wählte die 19 beispielhaften Klimaschutz-Projekte für den Climate Star aus. 102 Gemeinden und Regionen aus 13 europäischen Ländern bewarben sich um die Climate Star Auszeichnung in einer der drei Kategorien: ■ KATEGORIE 1: bis 10.000 Einwohner (25 Einsendungen) ■ KATEGORIE 2: bis 100.000 Einwohner (39 Einsendungen) ■ KATEGORIE 3: über 100.000 Einwohner (39 Einsendungen) KRITERIEN. Die Projekte wurden von der Jury nach ihrer Wirksamkeit im Verhältnis zum Aufwand, nach ihrem Innovationsgrad, nach der Breitenwirkung, der Übertragbarkeit und Vorbildwirkung für andere Gemeinden und nach dem Beitrag zum CO2-Reduktionsziel beurteilt. DIE JURY-MITGLIEDER: Wim Kersten (Niederlande), Friends of the Earth, Policy Advisor im Europaparlament Dr. Kora Kristof (Deutschland), Leiterin der Energieabteilung des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie Prof. Dr. Stefan P. Schleicher (Österreich), Institut für Volkswirtschaftslehre, Karl-Franzens-Universität Graz Mag. cand. Henrike Wegener (Deutschland), Europäische Koordinatorin der Klimawette „The Bet – European Youth fighting Climate Change“ Ph. D. Andrzej Wiszniewski (Polen), Projektkoordinator, Ecofund, Warschau Mag. Silvia Zamboni (Italien), Journalistin und frühere Umwelt-Bürgermeisterin von Bologna. ■ Herbst 2002 / UMWELT & Gemeinde
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KLIMA & Bündnis lungsfeld – Mobilität, Stadtentwicklung und Landnutzung – ist mit insgesamt 25 Projekten vertreten. Es zeigte sich, dass Städte und Gemeinden ihre Planungskompetenz im Verkehrsbereich aktiv für Klimaschutz und nachhaltige Stadtplanung nutzen. Aus der Gesamtschau der eingereichten Unterlagen im Bereich Mobilität lässt sich eine Tendenz zu einer Vielzahl von kleinteiligen, erst in der Gesamtbilanz wirksamen Einzelmaßnahmen der Kommunen ablesen. U&G: Wie sehen die Perspektiven für die Zukunft aus? ALBER: Klimawandel und Klimaschutz werden in diesem Jahrhundert dominierende Themen sein. Wenn das Kyoto-Protokoll zur Klimarahmenkonvention in Kraft getreten ist, wird Klimaschutz zur Pflichtaufgabe werden, und dies wird alle Ebenen der Politik betreffen. Viele Städte und Gemeinden haben im Klimaschutz eine wichtige Vorreiterrolle gespielt. In Zukunft müssen wir noch einen Schritt weiter gehen. Im Sinne von „Klimaschutz-Mainstreaming“ müssen in allen planerischen und investiven Entscheidungen Klimaschutzkriterien berücksichtigt und die Bemühungen verstärkt werden, die Vielfalt der Erfahrungen und Lösungen in kommunale Routineprozeduren zu übersetzen und in das alltägliche Verwaltungshandeln zu integrieren – der Climate Star als Preis mit Zukunft ist eines unserer Werkzeuge dafür. ■
MAG. WOLFGANG MEHL, Geschäftsführer & Bundeskoordinator des Klimabündnis Österreich: „Für die Klimabündnis-Arbeit in unserem Wolfgang Mehl Land und das starke Engagement der Regionen und Gemeinden ist die Verleihung des Climate Star in St. Pölten eine große Anerkennung auf internationaler Ebene. Der Climate Star ist die größte Auszeichnung seiner Art und damit eine echte Chance für den Klimaschutz.“ ■
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UMWELT & Gemeinde / Herbst 2002
„WIR BAUEN AUF DAS KLIMABÜNDNIS“. Das Klimabündnis geht jeden etwas an, und jeder kann etwas für den Schutz des Klimas tun. Davon ist Niederösterreichs Umweltlandesrat Wolfgang Sobotka überzeugt. Für Niederösterreich ist das Klimabündnis das „Dach der Umweltpolitik“. Und das mit Erfolg. Während in Österreich die CO2Emissionen noch immer steigen, kann Niederösterreich die erste Positiv-Meldung in Richtung Treibhausgas-Senkung verkünden. Sobotka berichtete beim Klima-Gipfel im südafrikanischen Johannesburg im September des Jahres: „Trotz Wirtschaftswachstum und steigendem Verkehrsaufkommen konnten wir den CO2-Ausstoß bisher um 500.000 Tonnen pro Jahr senken. Das liegt an den vielen niederösterreichischen Gemeinden, die Mitglieder beim Klimabündnis sind und exzellente Arbeit leisten.“ Für Sobotka ist das Klimabündnis „ein Werkzeug zu mehr Lebensqualität. Es unterstützt und fördert die kleinräumige Bewirtschaftung des Landes. Durch nachwachsende Rohstoffe aus den Wäldern und von den Feldern bleiben Arbeitsplätze in den Regionen erhalten und es werden sogar neue geschaffen.“ So könne die Absiedlungstendenz aus wirtschaftlich schwächeren Regionen gebremst werden. Um die Klimabündnis-Ziele zu erreichen, setzt Sobotka im Bereich Verkehr auf einen breiten Maßnahmen-Mix – von der Verkehrsspar-Gemeinde bis hin zum Sprit sparenden Fahren, vom Doppelstockwagen der Bahn für Pendler bis zum besser fließenden Autoverkehr durch Kreisverkehre statt Kreuzungen. Sobotka: „Das ist wirklich ei-
ne sehr bunte Palette kleiner Maßnahmen, und es dauert, bis sich dadurch beim Klimaschutz spürbar Umweltlandesrat was bewegt. Richtig Mag. Wolfgang erfolgreich werden Sobotka wir erst sein, wenn sich alternative Energien im Wohnbau und im Verkehr durchgesetzt haben.“ Mit allen Maßnahmen von der optimierten Wohnbauförderung bis zum Umweltmanagement für die Industrie will Sobotka die KlimabündnisZiele erreichen: „20 Prozent der nötigen Schritte sind umgesetzt, 40 Prozent auf Schiene. 40 Prozent harren allerdings noch der Umsetzung.“ ■
DAS KLIMABÜNDNIS IN NIEDERÖSTERREICH. Das Land Niederösterreich ist seit 1993 Mitglied des Klimabündnis. In Niederösterreich sind bereits über 200 Gemeinden dabei, 50 Prozent der Bevölkerung leben mittlerweile in Klimabündnis-Gemeinden. 1998 waren es noch 36 Gemeinden, rund 20 Prozent der Bevölkerung waren involviert. Seit 2000 bündelt das Land seine Förderungen schwerpunktmäßig für zwei Jahre in speziellen „Klimabündnis-Re-
gionen“. Die erste dieser Regionen war Bruck-Hainburg-Schwechat im Osten des Landes. Der Stadt Bruck ist es dabei gelungen, ihren CO2-Ausstoß auf die Hälfte zu reduzieren. Nun startet der Klimabündnis-Schwerpunkt Bucklige Welt im Süden des Bundeslandes. Klimabündnis-Österreich-Geschäftsführer Wolfgang Mehl lobt das Land und die Gemeinden: „Niederösterreich ist tatsächlich überdurchschnittlich engagiert, in jeder Hinsicht.“
KLIMABÜNDNISGEMEINDEN IN NIEDERÖSTERREICH
Litschau Drosendorf Raabs/Thaya Waidhofen/Thaya Schwarzenau
VERKEHR: Gerade im ländlichen Raum bleibt das Auto Fortbewegungsmittel Nummer eins. Umwelt-Landesrat Wolfgang Sobotka will deshalb „eine Verhaltensänderung und damit eine Werteänderung herbeiführen: Verkehrssparen muss ein Schlagwort werden wie Mülltrennen oder Energiesparen“. In der landesweiten Initiative „Ich fahre spritsparend“ sollen die Menschen zu einer ökologischen Fahrweise motiviert werden. Das Einsparungsziel liegt bei 20 Prozent des Treibstoffbedarfs. Bei entsprechender Beteiligung macht das 20 Millionen Liter Treibstoff und somit 50.000 Tonnen CO2 pro Jahr. Das ist Sparsamkeit, die allen etwas bringt, erklärt Sobotka: „Ökonomisches Fahren ist ein Gewinn für die Umwelt, für die Sicherheit und nicht zuletzt auch für die Geldbörse jedes einzelnen Fahrers.“
Weitersfeld Retz
Pernegg
Echsenbach Allentsteig
Retzbach
Horn
Zwettl (S)
Mistelbach (S)
Hollabrunn Ziersdorf
Grafenschlag Albrechtsberg
Oberndorf Yspertal (S) Ma. Taferl Pöchlarn
Krems
Katzelsdorf
Sitzendorf/Schmida Maissau
Gföhl
Ottenschlag
Poysdorf (S)
Gaubitsch
Gars/Kamp
Rastenfeld
Staatz Fallbach
Eggenburg
St. Leonhard/W.
Bad Großpertholz
SeefeldKadolz
Sigmundsherberg
St. Bernhard
Großschönau
Kreuzstetten Senftenberg
Stetteldorf/W.
Rohrendorf Nussdorf
Zwentendorf
Leitzersdorf Hausleitern Tulln
Dunkelsteinerwald
Herzogenburg Kapelln
Mauerbach Ma. Anzbach Pressbaum
Spillern
Korneuburg Langenzersdorf Klosterneuburg
Prottes Wolkersdorf (S) Angern/March Großebersdorf Bisamberg Gänserndorf Hagenbrunn Strasshof Deutsch Wagram Gerasdorf
Enzersfeld
Asperhofen (S) Gablitz Neulengbach Purkersdorf (S) Großenzersdorf Kirchstetten Tullnerbach Hainburg Böheimkirchen EichLaab/Walde Schwechat Wolfsgr. Fischamend St. Georgen/Ybbs Ober-Grafendorf graben Breitenfurt Wieselburg Perchtoldsdorf Strengberg Zeillern Kasten Berg Vösendorf Himberg Bischofstetten Kaltenleutgeben Haslau-Ma. Ellend Mank Ma. Lanzendorf Amstetten Blindenmarkt Haidershofen Ma. EnzersBrunn/Gebirge Aschbach Mkt. Enzersdorf/Fischa Hofdtetten-Grünau Oberndorf/Melk Gießhübl Mödling Euratsfeld dorf Höflein Prellenkirchen Rabenstein/Pielach Schwadorf Texing Biedermannsdorf Neuhofen/Ybbs St. Peter/Au Purgstall/E. Wr. Neudorf Göttlesbrunn Rauchenwarth Eschenau Gumpoldskirchen Kematen Pfaffstätten Bruck/Leitha Biberbach Baden Traiskirchen Kirchberg/Pielach Trautmannsdorf/L. Ramsau Randegg Behamberg Scheibbs Loosdorf (S) Allhartsberg Blumau/Neurißhof Kleinzell Loich Mannerdorf/L. Frankenfels TattenErtl Ebreichsdorf Pottenstein dorf Waidhofen/Ybbs (S) Hof/Leithaberge Schwarzenbach/Pielach Schönau Au/Leithaberge Gaming (S) Muggendorf Leobersdorf Matzendorf Felixdorf Mkt. Piesting Miesenbach Langau Bad Fischau Wiener Neustadt (S) Katzelsdorf (S) Wimpassing/ Schwarzau/Steinf. Lanzenkirchen Schwarzatal Neunkirchen Erlach Reichenau Ternitz Klimabündnisgemeinde Pitten Payerbach Prigglitz Klimabündnisgemeinde + Bromberg Gloggnitz ”KKIK – Klüge Köpfe im Klimabündnis” Raach Warth (S) Semmering Wiesmath Grimmenstein beigetretene Schule (S) Lichtenegg Hollenthon ”KKIK – Klüge Köpfe im Klimabündnis” Edlitz Aspangbergbeigetretene Schule (S) Mkt. Aspang St.Peter Krumbach Zöbern Kirchschlag Bad Schönau Hochneukirchen Hofamt Priel
WIRTSCHAFT: In Niederösterreich unterstützt das Land Betriebe, die innerbetriebliche Abläufe von der Beschaffung bis zur Müllentsorgung auf Umwelt-Effekte hin durchleuchten lassen. Diese Umweltmanagement-Systeme bringen oft kräftige Einsparungs- und Verbesserungsideen für die Betriebe. Umwelt-Landesrat Wolfgang Sobotka und Wirtschafts-Landesrat Ernest Gabmann wollen mit ihrem seit 1998 laufenden Programm der betrieblichen Umweltförderung „einen landesweiten kontinuierlichen Verbesserungsprozess in Gang bringen.“ Auch Schulen und die öffentliche Verwaltung können sich in dieses vielstufige System einklinken.
Langau
Vitis
Gmünd
St. Valentin
Ardagger
Erlauf
Melk St. Pölten Gerersdorf Markersdorf
WOHNBAU: Das Land Niederösterreich hat seine Wohnbauförderung in Richtung Ökologie novelliert. Kernstück ist der Energieausweis, der „wie der Zulassungsschein für das Auto“ (Landeshauptmann-Vize Liese Prokop) die exakten Energiezahlen des Hauses enthält. Die Förderungen des Landes bekommen nur Bauvorhaben, die sehr gut gedämmt sind und eine EKZ von max. 60 kWh/m2.a erreichen. Für exzellentes Energiemanagement, etwa durch eine gesteuerte Wohnraumlüftung oder Warmwasserbereitung per Sonnenkollektoren gibt es Extra-Förderungen. Neu ist auch die starke Förderung thermischer Wohnhaussanierungen.
WIEN
LANDWIRTSCHAFT: In Niederösterreich gibt es bereits 3.100 Bio-Betriebe, neun Prozent der Agrarflächen werden biologisch bebaut. Damit ist Niederösterreich führend in der EU. Um die Klimafreundlichkeit auch in den Gärten durchzusetzen, startete das Land die Aktion „Natur im Garten“ mit einem umfassenden Programm für naturnahes, gesundes Gärtnern. Umweltlandesrat Wolfgang Sobotka: „Wir haben bei Untersuchungen feststellen müssen, dass viele Gärten deutlich überdüngt und mit Pestiziden überlastet sind. Die Naturgartenidee greift in unserem Bundesland sehr gut und wird mit großem Interesse angenommen.“ ■
Für Umweltlandesrat Sobotka ist das Klimabündnis ein Weg zu mehr Lebensqualität.
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KLIMA & Bündnis
„... DENN ES GEHT UM UNSERE ZUKUNFT“. Der Klimawandel könnte zum Kernthema dieses Jahrhunderts werden. tastrophen in Mitteleuropa, geDIE ZUKUNFT DES KLIMAgen veränderte Monsun-Regen in SCHUTZES STEHT AUF DEM Asien und gegen im Pazifik verSPIEL. Die Zukunft des Klimasinkende Inseln? Bremst es das schutzes liegt in den Händen beängstigende Schrumpfen der Russlands. Nur wenn der RieGletscher und Schmelzen der Polsenstaat mitzieht, wird aus kappen, hilft es gegen extreme dem Kyoto-Protokoll ein verStürme und Unwetter, bewahrt es pflichtendes Instrument zur Reuns künftig vor verheerenden Hitduktion des Treibhauseffekts. zeperioden und Dürre überall auf Derzeit bemühen sich die KonUniv.-Prof. Stefan der Welt? Kurz: Sichert das Ratitrahenten Europa und USA Schleicher: „Erst fizieren dieser Vereinbarung darum, Russland für die eigewenn Russland über das Senken des CO2-Ausne Politik zu gewinnen, und beim Kyoto-Protonoch steht nicht endgültig fest, stoßes, dass der Treibhauseffekt koll dabei ist, wird wer schlussendlich die besseeingedämmt wird? es endlich ernst mit ren Karten haben wird. dem Klimaschutz.“ Stefan P. Schleicher, VorsitES WIRD WÄRMER. Denn der Klizender des Österreichischen Klimabeirats, mawandel, lange als überzogenes Horbringt die Bedeutung dieses Tauziehens auf rorszenario genussfeindlicher Umweltapoden Punkt: „Erst wenn Russland beim Kyostel hingestellt, ist nun unübersehbare Reato-Protokoll dabei ist, wird es endlich wirklität geworden. Das zeigen die katastrolich ernst mit dem Klimaschutz.“ phalen Wetterereignisse des vergangenen Ist das Kyoto-Protokoll, dieses internatioSommers in Europa und das belegen auch nale Abkommen zur Reduzierung der Treibdie Zahlen der Wissenschafter auf der hausgase, tatsächlich ein Rezept gegen ganzen Welt. Helga Kromp-Kolb, Profesden Klimawandel, gegen Hochwasserkasorin für Meteorologie an der Universität
für Bodenkultur in Wien, nennt für Österreich dramatische Werte: „Aus den Daten der Zentralanstalt für Meteorologie lässt sich ein ziemlich gleichmäßig verlaufender Temperaturanstieg von 1,8° C in den letzten 150 Jahren ablesen, und zwar steigen die Temperaturen in höheren Lagen rascher als im Flachland. Weltweit ist die Temperatur in diesem Zeitraum aber nur um 0,6° gestiegen, in Europa um 0,8°.“ Es sind verschiedene Gründe für das rasche Ansteigen der Temperatur in Österreich. Kromp-Kolb nennt z.B. die Lage des Landes: „In den Küstengebieten geht die Erwärmung langsamer vor sich, weil sich die Ozeane langsamer erwärmen als das Land.“ Auch der Wind spiele eine große Rolle, sowie die Lage Österreichs an der Schnittstelle dreier Klimazonen. Für die nächsten hundert Jahre prognostiziert Kromp-Kolb in Österreich einen Temperaturanstieg von drei bis vier Grad. Die internationalen Daten, etwa vom im Auftrag der UNO arbeitenden Expertengremium Intergovernmental Panel of Climate Change (IPCC), belegen ähnlich Düsteres: In den nächsten hundert Jahren sei mit einem Ansteigen der globalen Durchschnittstemperatur um 1,4 bis 5,8 Grad Celsius zu rechnen. Ernst Ulrich von Weizsäcker, langjähriger Direktor am UNO-Zentrum für Wissenschaft und Technik in New York und Präsident des 1991 gegründeten Wuppertal-Instituts für Klima, Umwelt und Energie in Deutschland, spricht unmissverständlich von einem „Pfad, von dem es kein Zurück gibt“, von einem irreversiblen Prozess.
Hochwasser, Dürrekatastrophen, Waldbrände – lange als Wetterkapriolen abgetan, zeigen sich immer deutlicher als Auswirkungen des Klimawandels.
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einsatz der Schneekanonen signalisieren bereits die alarmierende Entwicklung, die sich in der kommenden Generation massiv auszuweiten droht. Klassische Schiregionen wie etwa der Arlberg und Schladming seien akut gefährdet, meint Schleicher.
Jahres in Neu Dehli, Indien, präsentierte der frühere deutsche Umweltminister Klaus Angaben in kg CO2/kWh (Endenergie) Töpfer eine UNO-Studie mit dramatischen 0,37 Zahlen aus der Versicherungswirtschaft: 0,30 Die Schäden durch Naturkatastrophen 0,30 0,27 würden im kommenden Jahrzehnt weltweit 0,20 jährlich 153 Milliarden Euro kosten – das 0,20 ist fast das Dreifache des österreichischen 0,16 0,10 Bundesbudgets. Schon die weltweiten Folgen der Katastrophen in diesem Jahr ver0,00 0,00 schlängen unglaubliche 71,5 Milliarden TEURER KLIMAWANDEL. AuffälEuro. Töpfer, Direktor des Umlig ist schon jetzt, dass weltprogramms der Vereinten in den vergangenen Nationen (UNEP), betont: „Der Jahren die Schadensausmaße Was derartige Wärme-Zuwächse in der Klimawandel, der mit von MenPraxis bedeuten können, hat der am Instidurch Unwetter in den Alpen raschen verursachten Emissionen tut für Volkswirtschaft der Universität Graz pide angestiegen sind. Vermuverbunden ist, ist schon unterlehrende Klimaexperte Stefan P. Schleicher rungen sowie Lawinendramen wegs. Es werden die ärmeren errechnet: „Die Winter werden extremer wie in Galtür stimmen höchst Teile der Welt sein, die ärmewerden“, erklärt er, mit gefährlich starken nachdenklich. „Obwohl eine ren Menschen, die am meisten Niederschlägen und Stürmen, aber auch Verbindung zum Klimawandel leiden werden, denn sie haben einem deutlich spürbaren Temperaturannicht mit Sicherheit herstellbar weder das Geld noch andere stieg. Die Schneefallgrenze werde sich in ist, passen die Ereignisse doch Dr. Ernst Ulrich von Ressourcen, um damit fertig zu höhere Lagen zurückziehen, mit massiven gut ins Bild“, meint Schleicher. Weizsäcker: „Die werden.“ Auswirkungen auf den WinterfremdenverDas belegt auch das massive InLeidtragenden sind Dass sich der Klimawandel bekehr und Konsequenzen für die gesamte teresse der großen Versichehauptsächlich die sonders spürbar in den so geösterreichische Wirtschaft. rungsgesellschaften am Thema Entwicklungsländer nannten Entwicklungs- und Vor allem über so genannten Mittellagen Klimawandel. Die versicherten und Staaten auf Schwellenländern bemerkbar bis zu 1.200 Meter Seehöhe, den klassiSchäden nach Winterstürmen Meereshöhe ...“ machen wird, betont auch EUschen Schiregionen, schwebe das Damowaren beispielsweise 1999 minUmweltkommissarin Margot Wallström klesschwert einer immer unsichereren destens doppelt so hoch wie die bis dahin (siehe Seite 5). Umwelt-Visionär WeizSchneedecke. Der boomende Event-Tourisheftigsten Schäden im Winter 1990. säcker hebt deutlich hervor: „Die Leidtramus rund um die Schipisten und der DauerBeim Klima-Gipfel Ende Oktober dieses CO2 EMMISSIONEN VERSCHIEDENER ENERGIETRÄGER
GLOSSAR: TREIBHAUSEFFEKT: Der Treibhauseffekt ist Hauptursache für die bereits merkbare Klimaveränderung. Er wird durch die Anreicherung von Spurenelementen in der Atmosphäre, allen voran Kohlendioxid, verstärkt. Hauptverantwortlich dafür sind zwei Faktoren: ■ Die Verbrennung enormer Mengen fossiler Brennstoffe zur Energiegewinnung und für den motorisierten Verkehr.
BIOMASSE
FERNWÄRME WIEN
ERDGAS
ELEKTRISCHER STROM
HEIZÖL EXTRA LEICHT
KOKS
QUELLE: STADT WIEN MA 22
0,40
■ Die fortschreitende Zerstörung der tropischen Regenwälder. TREIBHAUSGASE: Treibhausgase sind Gase in der Atmosphäre, die verhindern, dass die langwellige Infrarotstrahlung auf direktem Weg von der Erdoberfläche ins Weltall gelangt. Sie heizen die Atmosphäre auf und verhalten sich wie die Glasscheiben eines Treibhauses. Es handelt sich dabei um CO2 (Kohlendioxid), CH4 (Methan), N2O (Lachgas/Distickstoffoxid), FKW (Vollfluorierte Kohlen-
wasserstoffe), HFKW (Teilfluorierte Kohlen-Wasserstoffe) und SF6 (Schwefelhexafluorid). CO2-AUSSTOSS: Der CO2-Ausstoß wird berechnet, und zwar in Österreich anhand jener Daten, die das Umweltbundesamt über den Verkauf von fossilen Brennstoffen wie Kohle, Erdöl und Erdgas sammelt. KYOTO-PROTOKOLL: Das KyotoProtokoll gilt als erster Meilenstein der politischen Aktivitäten für den Klimaschutz. Es wurde im Dezember 1997 beim großen Gipfel im japanischen
Kyoto ausverhandelt. Der Inhalt: Die reichsten Industrieländer verpflichten sich zu einer Reduktion der Treibhausgas-Emissionen von 5,2 Prozent gegenüber den Werten von 1990. Zielperiode: 2008 – 2012. Die Zielwerte der einzelnen Länder sind im Vertragstext angeführt. Die Staaten können selbst entscheiden, ob sie die Vertragsziele im Inland oder durch Emissionshandel mit dem Ausland erfüllen. Noch tritt das KyotoProtokoll nicht verbindlich in Kraft, denn dafür müssen es Herbst 2002 / UMWELT & Gemeinde
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KLIMA & Bündnis lungspolitik: „Ich denke da zum Beispiel an das Königreich Bhutan, das zwischen Indien und China liegt. Dort sorgen kleine Photovoltaik-Paneele auf den Häusern für die Stromversorgung. Dieses System kommt in Summe viel billiger als etwa die Energieversorgung durch Dieselmotoren.“ Entwicklungshilfe durch High-Tech, durch exzellente Produkte aus den Labors der besten Wissenschafter? „Genau“, sagt Schleicher, „denn nur mit der Technologie von morgen können sich diese Länder unabhängig von Kohle und Öl entwickeln. Dazu gibt es keine Alternative, wenn wir konfliktfreie Strategien wollen. Denn es geht ja schließlich um unser aller Zukunft.“
genden sind hauptsächlich die Entwicklungsländer und Staaten auf Meereshöhe, während die Verursacher im Norden vergleichsweise unbeschadet davonkommen. Die Folge ist ein erhebliches Maß an Empörung, das gemeinsam mit den klimatischen Veränderungen weiter zunehmen wird.“ Stefan P. Schleicher, der für den Österreichischen Klimabeirat bei der Klimakonferenz in Neu Dehli war, spricht über die beängstigende Sprengkraft dieser Erkenntnisse: „Die ärmeren Länder wissen das und wehren sich nach allen Richtungen. In der Pazifik-Region beispielsweise bereiten die Verantwortlichen bereits die Absiedlung für hunderttausende Menschen innerhalb der kommenden zwei Jahrzehnte vor.“ HIGHTECH FÜR DIE NACHDRÄNGENDEN STAATEN. Die größten Gefährdungen für das Weltklima könnten aber noch vor uns liegen. Schleicher rechnet vor: „Wenn China den gleichen Ölverbrauch pro Kopf entwickeln würde, wie er in den USA Alltag ist, müsste die heutige Erdölproduktion mehr als verdoppelt werden – und das geht niemals, so viel Erdöl finden wir nie.“ Was hilft dagegen? Was schafft Gerechtigkeit? Volkswirtschafts-Professor Schleicher glaubt: „Wir brauchen für die große Mehrheit der Weltbevölkerung eine ande-
nicht nur 55 Staaten ratifizieren. Die Unterzeichner müssen gemeinsam auch für 55 Prozent des Treibhausgas-Ausstoßes verantwortlich sein. Nach dem Ausscheren der USA aus dem Kyoto-Protokoll setzt Europa nun auf die Teilnahme Russlands. EU-KLIMAPOLITIK: Die EU-Staaten haben sich im Rahmen des Kyoto-Protokolls auf eine Reduktion der Treibhausgase um acht Prozent festgelegt. Innerhalb der EU ist der Handlungsbedarf sehr unterschiedlich verteilt und 10
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Der Meeresspiegel steigt, weil sich durch den Temperaturanstieg in den Alpen die Schneedecke zurückzieht, Gletscher und Polkappen schmelzen. re Wirtschaftspolitik.“ Nur High-Tech könne verhindern, dass sich die ärmeren Länder den angestrebten Wohlstand mit extremer Umweltschädigung, die uns alle belastet, erkaufen. Er spricht von einem nötigen Paradigmenwechsel in der Entwick-
hängt auch vom jeweiligen industriellen Entwicklungsstand und dem derzeitigen CO2-Ausstoß pro Kopf ab. Während beispielsweise Dänemark seine Treibhausgas-Ausstoß um 21 Prozent senken muss, darf Portugal seinen Ausstoß noch um 27 Prozent steigern. Österreich muss seine Werte bis zur Zielperiode um 13 Prozent senken. Nach derzeitigem Stand steigt der Ausstoß in Österreich noch immer (1990 bis 1999 um 2,8 Prozent), die Kurve ist aber mittlerweile deutlich abgeflacht.
IM ALLTAG ANSETZEN. Es gilt, überall auf der Welt klimafreundliche Lösungen zu suchen. Unzählige Ansatzpunkte sind möglich, in allen Lebensbereichen lässt sich etwas bewegen. Ideen dafür liefern die Siegerprojekte des Climate Star 2002-Wettbewerbs. Man muss nur anfangen, etwas zu tun. Deshalb wirbt auch die EU so massiv um Russland: Mit der Unterschrift des riesigen Staates kann das Kyoto-Protokoll in Kraft treten. Und dann wird es – trotz aller Abstriche und Gegengeschäfte, Rechenkunststücke und Ausweichmanöver – Ernst mit dem Klimaschutz. ■
AGENDA 21: Die Agenda 21 ist der Beschluss der 2. Umweltkonferenz der Vereinten Nationen 1992 beim Umweltgipfel in Rio. Es ist das „Handlungsprogramm für das 21. Jahrhundert für eine nachhaltige Entwicklung“. Neu an der Agenda 21 ist die Verknüpfung ökologischer, ökonomischer und sozialer Fragen in einem Ansatz einer globalen Partnerschaft. Die „Lokale Agenda 21“ beschreibt die Verantwortung der Kommunen für die nachhaltige Entwicklung.
ÖSTERREICHISCHER KLIMABEIRAT (ACCC, Austrian Council on Climate Change): Seit 1991 beschäftigte sich die Österreichische CO2-Kommission mit den Herausforderungen des Klimawandels für Österreich, seit 1996 hat der Österreichische Klimabeirat den Auftrag übernommen, die Politik in Sachen Klima zu beraten und zu unterstützen. Elf Universitäts-Professoren aus unterschiedlichen Disziplinen gestalten die internationalen Forschungsprogramme zum Klimawandel mit. ■
EINE VISION UMSPANNT DEN GLOBUS. „Lokal handeln, global verantworten.“ Nach diesem Motto unterstützen die Klimabündnis-Gemeinden in Europa ihre südamerikanischen Projektpartner beim Schutz des Regenwaldes im Amazonasbecken. Das Klimabündnis wurde 1989 gegründet und ist heute bereits in 13 europäischen und acht südamerikanischen Staaten aktiv. KLIMASCHUTZ KENNT KEINE GRENZEN. Beim Klimaschutz kommt es auf den Beitrag jedes Einzelnen an. „Das Klima hört schließlich nicht vor der eigenen Haustür auf“, betont Mag. Wolfgang Mehl, Geschäftsführer und Bundeskoordinator von Klimabündnis Österreich. „Aber um gegen den Treibhauseffekt und die globale Erwärmung wirklich etwas ausrichten zu können, muss Klimaschutz weltweit in Angriff genommen werden.“ Mittlerweile haben sich mehr als 1.000 europäische Städte und Gemeinden im Klimabündnis mit den indigenen Völkern am Amazonas zusammengeschlossen. Die Entscheidungen im Kimabündnis fallen basisdemokratisch. In den Vollversammlungen werden die politische Linie, wichtige Projekte, aber auch die finanziellen Beiträge und die Auflagen für die Mitgliedschaft
beschlossen. Mag. Wolfgang Mehl ist besonders stolz, dass sich in Österreich nicht nur die großen Städte, sondern auch die kleineren Gemeinden intensiv engagieren. 460 österr. Städte und Gemeinden sowie alle neun Bundesländer gehören dem Klimabündnis an. Das Europäische Büro des Klimabündnisses befindet sich in Frankfurt/Main (s. Serviceteil S. 31). DIE KLIMABÜNDNISZIELE. ■ Halbierung der CO2 Emissionen bis 2010 und Reduktion aller klimarelevanten Gase ■ Unterstützung der Bündnispartner beim Erhalt der tropischen Regenwälder ■ Verzicht auf den Einsatz von H-FCKW und FCKW sowie auf die Verwendung von Tropenholz. SCHUTZ DER GRÜNEN LUNGE. Mit 7,6 Mio Quadratkilometern ist der amazonische Regenwald das größte noch zusammenhängende Regenwaldgebiet und flächenmäßig mit Europa vergleichbar. Er beheimatet die Mehrzahl der auf der Erde vorkommenden Tier- und Pflanzenarten. Durch seine Zerstörung werden auch die
Amazonasregion – Lebensraum der indigenen Bündnispartner/innen.
Existenzgrundlagen und Kulturen der über 400 indigenen Völker, die im Amazonasbecken leben, vernichtet. Zahlreiche indianische Organisationen haben sich gebildet, für die das Fortbestehen indigener Lebensweisen und das Überleben des Regenwaldes untrennbar miteinander verbunden sind. Durch die Klimabündnispartnerschaft werden konkrete Projekte für den Erhalt des Regenwalds sowie für die Verbesserung der Lebensbedingungen in Amazonien unterstützt und mitfinanziert; zum Beispiel der Kauf von Booten und der Aufbau eines Sprechfunknetzes zur Verbesserung der Kommunikation und zur Vermarktung der erzeugten Produkte oder zur Hilfe bei der Sicherung der Landrechte. ■
INFO
DAS KLIMABÜNDNIS IN AMAZONIEN. In diesen Ländern ist die COICA (der Dachverband der nationalen Indianerorganisationen aus der gesamten Amazonasregion und damit Kooperationspartner der europäischen Klimabündnis-Kommunen) aktiv: BOLIVIEN (Fläche: 1.100 km2, Einwohner: 8,4 Mio.) BRASILIEN (FL: 8.510.000 km2, E: 176 Mio) ECUADOR (FL: 285.000 km2, E: 13,4 Mio) FRANZ. GUYANA (FL: 91.000 km2, E: 182.000) GUYANA (FL: 215.000 km2, E: 700.000) KOLUMBIEN (FL: 1.140.000 km2, E: 41 Mio) PERU (FL: 1.290.000 km2, E: 28 Mio) SURINAM (FL: 165.000 km2, E: 440.000) VENEZUELA (FL: 910.000 km2, E: 24,3 Mio)
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SIEGER& Projekte
SAUBERE KRAFT FÜR DAS KLIMA. Energie ist beim Klimaschutz ein zentrales Thema. Nach wie vor sind es vor allem die fossilen Energieträger, die das Räderwerk der westlichen Welt antreiben. Diese nur begrenzt vorhandenen Brennstoffe sind es allerdings auch, die die CO2-Emissionen verursachen. Viele Climate Star-Siegerprojekte zeigen, welche Alternativen es zu den fossilen Brennstoffen gibt und wie man klimafreundlicher leben kann, ohne auf Komfort zu verzichten. CHANCEN FÜR KLIMAFREUNDLICHE ENERGIE. An der dänischen Küste bei Kopenhagen rotieren Windräder für saube-
ren Strom. In den österreichischen Wäldern wächst der Brennstoff Holz üppiger nach, als er entnommen wird. Und im spanischen Barcelona brennt die Sonne auf Kollektoranlagen statt auf blanke Dachziegel und liefert unermüdlich sauberes Warmwasser. Jede Region hat ihre Chancen, klimafreundlich Energie zu gewinnen. Ob Sonne oder Wind, Wald oder Felder, überall gibt es Möglichkeiten, sich aus der Abhängigkeit von Kohle, Erdgas und Erdöl zu lösen, ohne sich von Atomenergie abhängig zu machen.
Viele Climate Star-Projekte zeigen Alternativen zu fossilen Brennstoffen , z.B. Windkraft.
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Das Problem ist, dass der Umstieg auf die neuen Technologien, an denen überall intensiv geforscht wird, nicht immer ohne Risiko ist. Meist gehört auch heute noch eine gehörige Portion Pioniergeist dazu, und es kann dauern, bis sich die Investitionen rechnen. Ohne staatliche Förderung und ohne Initialzündung durch die Kommunen und Länder gelingen trotz aller fantastischen Fortschritte im technischen Bereich nur selten wirklich große Würfe. VERNETZT DENKEN. „Außerdem“, sagt Susanne Schidler von Institut für Technikfolgen-Abschätzung der Akademie der Wissenschaften in Wien, „reicht es nicht aus, nur in einem einzigen Bereich in Richtung Klimaschutz zu gehen. Das ist so wie bei einem Getriebe: Nehme ich ein Rädchen heraus, optimiere es und setze es wieder ein, kann es sein, dass das ganze Getriebe nachher schlechter funktioniert als vorher.“ Wirklich nachhaltige Politik setze vernetztes Denken voraus. Die Einbeziehung der betroffenen Bevölkerung und umfassende Lösungen sind daher gefragt. KLEINE SCHRITTE FÜHREN ZUM ERFOLG. Das belegt etwa das große dänische Siegerprojekt „Dogma 2000-Cities“, das von Albertslund ausgehend fünf Städte, inklusive der Hauptstadt Kopenhagen, zu beachtlichen CO2-Einsparungen verpflichtet. Die beteiligten Kommunen setzen auf einen umfassenden Mix an Maßnahmen – von Sonnenenergie bis Fernwärme, von Radfahr-Initiativen bis zu Niedrigenergiehäusern. Oft sind es Initialzündungen, die ganze Wellen positiver Folgeentwicklungen nach sich ziehen. So hat der Gemeinderat von Heidelberg beschlossen, ein Viertel des
Strombedarfs aus zertifizierter Öko-Quelle zu beziehen. Durch einen speziellen Vertrag wird der Aufpreis für den Ökostrom in alternative Projekte, wie Photovoltaik-Anlagen, investiert. In Modena konnte durch sparsamere neue Ölbrenner Energie und damit Geld gespart werden, das ebenfalls in weitere Energiesparmaßnahmen fließt.
tungssystems in öffentlichen Gebäuden, Erdgasversorgung und Fernwärme.
ENERGIESPAREN RECHNET SICH. Dieses Prinzip gilt auch für die Wirtschaft: In Niederösterreich unterstützt das Land Betriebe, die interne Abläufe von der Beschaffung bis zur Müllentsorgung durchleuchten lassen. Diese Umweltmanagement-Systeme bringen oft kräftige Einsparungs- und Verbesserungsideen. Dieses Sparen durch Umweltschutz belegt, was der deutsche Wissenschafter Ernst Ulrich von Weizsäcker in seiner „Faktor 4“Theorie vorrechnet. Durch eine „Effizienzrevolution“ könnten Naturgüter „mindestens vier mal besser genutzt werden als bisher. Umweltschutz würde damit für die Wirtschaft vom Kostenfaktor zum Nutzfaktor.“ ■
In HERNING werden Gas, Elektrizität und Wärme in einer Müllverbrennungsanlage, einer Deponiegasanlage und in Biogasanlagen erzeugt. Fernwärmesysteme verwenden alternative Energiequellen, wie Holz-Pellets und Hackschnitzel, Biogas, Deponiegas und Stroh. Das Projekt „Sicheres Radfahren“ soll den Verkehr vom Auto auf das Fahrrad verlagern.
GEMEINSAM ETWAS BEWEGEN. In Dänemark haben sich fünf Städte zusammengeschlossen, um sich gemeinsam effektiv für die Umwelt einzusetzen. Diese „Dogma 2000“-Städte sind Albertslund, Ballerup, Fredericia, Herning und die Landeshauptstadt Kopenhagen. Umweltmanagement für eine nachhaltige Stadt: Albertslund ist Initiator des Gemeinschaftsprojekts „Dogma 2000“, das eine enge und verbindliche Kooperation zwischen Städten für eine nachhaltige Entwicklung anstrebt. Die Kosten sind in die Budgets der Städte integriert.
FREDERICIA hat sich eine 20%ige CO2Reduktion von 1997 bis 2005 vorgenommen. Die Fernwärme macht rund 80% der gesamten städtischen Wärmeversorgung aus.
Naturgüter besser nutzen macht Umweltschutz vom Kosten- zum Nutzfaktor.
ALBERTSLUND hat sich eine 50%ige CO2Reduktion von 1986 bis 2010 zum Ziel gesetzt. Der Energiespar-Plan schreibt die Anbindung ans Fernwärmenetz für Wohnhäuser und Industrie vor. Seitdem wurden zahlreiche Umweltprojekte realisiert. Albertslund ist immer wieder Vorreiter in Sachen Energie (1983 hatte Albertslund das größte solare System in Europa), ließ das Fernwärmeheizwerk EMAS-zertifizieren und kümmert sich intensiv um Öffentlichkeitsarbeit für den Umweltschutz. BALLERUP hat sich eine 20%ige CO2-Reduktion von 1988 bis 2005 zum Ziel gesetzt. Um dieses Ziel zu erreichen, setzt Ballerup auf verschiedene Bereiche: Ökologisches und energiesparendes Bauen, Gebäudesanierung, Niedrigenergie-Gebäude, Sonnenkollektoren (in der Größe von 4 bis 75 m2 pro Haus) für Warmwasserversorgung, Erneuerung des Beleuch-
KOPENHAGEN hat sich eine 35%ige CO2Reduktion von 1990 bis 2010 vorgenommen. 96% der Wärmeversorgung stammt aus Fernwärme-Heizwerken. Die Müllverbrennung deckt 26% des Wärmeverbrauchs. 20 Windräder, die mittlerweile ein Wahrzeichen Kopenhagens als Umwelthauptstadt geworden sind, tragen 3% zur Stromversorgung bei. Jährliche Einsparungen von 850.000 Tonnen CO2 wurden durch den Umstieg auf Fernwärme, Erdgas und Anbieten von Energieberatung erzielt. ■
„DOGMA 2000 FÜR STÄDTE & UMWELT“. Die Dogma-Städte in Dänemark: ALBERTSLUND (29.000 Einwohner/innen), BALLERUP (46.000 EW), FREDERICIA (48.000 EW), HERNING (58.000 EW), KOPENHAGEN (500.000 EW). ■ Ausgezeichnet mit dem CLIMATE STAR IN DER KATEGORIE 3. ■ KONTAKT: Stadtverwaltung Albertslund, Umweltabteilung, Susanne Kremmer, Tel.: +45 4368 6820, e-mail: susanne.kremmer@albertslund.dk
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SIEGER& Projekte PERPETUUM MOBILE FÜR DIE UMWELT. Modena reduziert die Heizkosten in öffentlichen Gebäuden durch bessere Brennwertkessel. DAS EINGESPARTE GELD WIRD IN WEITERE ENERGIESPARMASSNAHMEN INVESTIERT. So finanziert sich Umweltschutz von selbst. Aus einem Testlauf der Abteilung für Energiemanagement der Stadt Modena vor sieben Jahren entstand ein Programm zur Heizanlagenmodernisierung in öffentlichen Gebäuden. Dabei wurden bisher 28 überaltete Wärmeerzeuger, vor allem Erdgaskessel, durch Brennwertkessel ersetzt. Die Bilanz nach sechs Jahren fällt besser aus als erhofft: Die Ersparnisse durch die besseren Brenner liegen bei € 175.000 ,– pro Jahr, 26% der Brennstoffe konnten eingespart werden.
MODERNE BRENNWERTKESSEL IN ÖFFENTLICHEN GEBÄUDEN. ■ MODENA (178.000 Einwohner), Italien ■ Ausgezeichnet mit dem CLIMATE STAR IN DER KATEGORIE 3 ■ MODERNISIERUNG DER HEIZUNGSANLAGEN IN ÖFFENTLICHEN GEBÄUDEN: Durch Austausch von 28 überalteten Brennern konnten 26% Prozent an Erdgas eingespart werden. Die Stadtverwaltung hat eine Gratis-Beratung zur Energieeffizienz im Gebäudebereich und eine Energieeffizienz-Website eingerichtet, dazu einen E-Mail-Service: www.comune.modena.it ■ KONTAKT: Ing. Sandro Picchiolutto, Energiemanager der Stadt Modena, e-mail: sandro.picchiolutto@comune.modena.it
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Werden diese neuen Kessel großflächig für die städtischen Beheizung eingesetzt, könnte der Erdgasverbrauch in Modena bis 2005 um 1.500.000 m3 gesenkt werden. Dadurch würde der CO2-Ausstoß für Gebäudeheizungen um zwei Prozent sinken. ■
GROSSABNEHMER FÜR ÖKOSTROM. Überzeugende Idee: Im deutschen Heidelberg hat sich der Gemeinderat entschlossen, ein Viertel des Strombedarfs aus Ökostrom zu decken. DAS INTELLIGENTE PROJEKT RECHNET SICH – FÜR DIE UMWELT UND FÜR DIE STADT. Der Heidelberger Gemeinderat beschloss im Frühjahr 2001, ein Viertel des gesamten Strombedarfs aller städtischen Einrichtungen mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen abzudecken. Im Jahr sind das rund sieben Millionen Kilowattstunden Ökostrom, die Stadt vermeidet 4400 Tonnen Kohlendioxid. Heidelberg ist somit wahrscheinlich der größte Ökostromkunde in Deutschland. Der Aufpreis von 325.000 Euro, den die Stadt Heidelberg jährlich für den Bezug von Öko-Strom zu zahlen hat, wird von der Stadtwerke Heidelberg AG zweckgebunden in die Förderung oder Errichtung neuer Ökostrom-Anlagen investiert. Davon profitieren vor allem Schulen oder
städtische Sportanlagen. Sie bekommen Photovoltaikanlagen, diese Projekte werden in den Unterricht einbezogen. Im Heidelberger Zoo entsteht ein Biogas-Blockheizkraftwerk, das Tierexkremente, Futterreste sowie Fruchtreste aus der Saftherstellung zur Energieversorgung nutzt. Dieses Projekt wird in die Zoopädagogik eingebunden. Außerdem stellt Heidelberg städtische Dachflächen für private Gemeinschaftsanlagen zur Verfügung. ■
"ZERTIFIZIERTER ÖKOSTROM FÜR STÄDTISCHE LIEGENSCHAFTEN". ■ HEIDELBERG (139.000 Einwohner), Deutschland ■ Ausgezeichnet mit dem CLIMATE STAR IN DER KATEGORIE 3 PROJEKT: Ein Viertel des Strombedarfs der Stadt, rund sieben Millionen Kilowattstunden, wird mit zertifiziertem Ökostrom gedeckt. Der ÖkostromAufpreis wird in neue Ökostrom-Anlagen investiert. Der Ökostrombezug im Bündelvertrag bringt günstigere Lieferkonditionen. So kann die Stadt die Mehrkosten von 325.000 Euro nicht nur kompensieren, sondern in der Summe sogar 100.000 Euro einsparen. ■ KONTAKT: Amt f. Umweltschutz u. Gesundheitsförderung, Klaus Bermich, D-69117 Heidelberg, e-mail: ralf.bermich@heidelberg.de
Im Heidelberger Zoo entsteht ein Biogaswerk. Der Ökostromaufpreis wird z.B. in Solarenergie investiert.
ENERGIE VON OBEN. Gratis, abgasfrei und besonders im Süden immer verfügbar. Die Sonne ist die größte Energiequelle, die wir kennen – man muss diese Kraft nur richtig nutzen. Die Sonne wird richtig modern. Gute Architekten planen ganz selbstverständlich so, dass die Sonne ihre Vorzüge für ein Haus entfalten kann: Licht und Wärme fallen im Winter ausreichend in die Räume, im Sommer werden die Fensterfronten vor der prallen Hitze abgeschirmt. Allein die Ausrichtung der Bauten nach Süden spart Heiz- und Kühlkosten. SONNENGEWÄRMTES WASSER. Doppelt effizient wird die Sonne dann, wenn man sie zur Warmwasseraufbereitung nutzt. „Auf der ganzen Welt ist diese Form der Sonnenkraft-Nutzung sinnvoll, man spart dadurch enorm viel an fossiler Energie ein,“ sagt Serdar Sariciftci, Physiker am Institut für Chemie der Universität Linz. Durch Förderungen müsse sichergestellt werden, dass der Anreiz zum Umsteigen auch für Einfamilienhaus-Besitzer groß genug ist. Ein gutes Beispiel dafür ist das Climate Star-Siegerprojekt Barcelona, wo man die solare Warmwasseraufbereitung für Neubauten und Generalsanierungen zum Gesetz macht und gleichzeitig finanziell fördert. Eine Zukunftsperspektive bietet das Siegerprojekt aus Kirchberg in Niederösterreich, wo Absorberelemente für Solaranlagen aus Industrie-Abfallprodukten gewonnen werden. STROM AUS DER SONNE. Ein „wahrhaft gewaltiges Potenzial für die Zukunft“ sieht Sariciftci in der noch wenig genutzten Photovoltaik, der Stromerzeugung aus Sonnenkraft. Die dafür notwendigen Anlagen basieren auf Siliziumzellen aus der Welt-
raumforschung und sind derzeit noch sehr teuer. Sariciftci sucht Wege, durch Kunststoff-Elemente die kostengünstige Massenproduktion zu ermöglichen. Dass es sich bei der Photovoltaik um eine Zukunftshoffnung handelt, sehe man am starken Interesse internationaler Erdölkonzerne, meint der Physiker. Strom aus Sonnenkraft kann sich trotzdem heute schon rechnen, wie man am Beispiel des Siegerprojekts Zwischenwasser (Österreich) sieht. ■
AUF DEM WEG ZUR SONNE. Die Stadt Barcelona verordnet den Einsatz jener Energie, die im sonnigen Spanien fast das ganze Jahr im Überfluss und noch dazu gratis zur Verfügung steht. EINE IDEE WIRD ZUM GESETZ. Ohne die Sonne geht in Barcelona künftig nichts mehr: Wer ein Haus bauen oder generalsanieren will, ist verpflichtet, Sonnenkraft zu nutzen und damit 60 Prozent des Warmwasserbedarfs abzudecken. Denn der Stadtrat von Barcelona schreibt die Nutzung der Solar-Energie vor – und fördert sie. Das rechtliche Werkzeug dafür ist die "Ordenanza Solar Térmica", der "Energieverbesserungsplan" (PMEB). Das Konsortium "Barcelona Energie Agen-
tur" wickelt den Energieverbesserungsplan in Barcelona ab, fördert und überwacht seine Einhaltung. Eine kontinuierlich aktualisierte Diagnose der Energiesituation der Stadt wird erstellt, und außerdem wurden mittlerweile 54 Projekte im Rahmen des PMEB durchgeführt. Einige privat-öffentliche Initiativen im Rahmen
Barcelona setzt auf die Kraft der Sonne. dieser Partnerschaft verbuchen bereits Erfolge, ebenso das Projekt für Sportzentren und Schulen, "Go Solar". Barcelona hat große Ziele: Die Partnerschaft für erneuerbare Energie, "Barcelona Renovable 2004" strebt bis zum Anfang des Jahres 2004 an: Photovoltaik-Systeme mit einer Gesamtleistung von 1,35 MWp, 10.000 m2 Solarkollektoren, Biomasse für Fernwärme und Kühl-Systeme, Anwendung von bio-klimatischer Architektur in städtischen Planungen und Gebäudedesign. Barcelonas Energiebedarf soll zu 100% aus erneuerbarer Energie gedeckt werden. ■
BARCELONA AUF DEM WEG ZUR SONNE. ■ STADT BARCELONA, 1,460.000 Einwohner, Spanien. ■ Ausgezeichnet mit dem CLIMATE STAR IN DER KATEGORIE 3. ■ OPTIMIERUNG DER SOLARENERGIE: Von öffentlichen Initiativen zu gesetzlichen Instrumenten. ■ KONTAKT: Toni Pujol-Vidal, Barcelona Energy Agency, E-08012 Barcelona, c/Torrent de l'Olla, 218-220, Tel: +34 932914891, e-mail: tpujol@barcelonaenergia.com
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SIEGER& Projekte SONNENKOLLEKTOR AUS WERTVOLLEM ABFALL. Ein klimabewusster Tüftler aus Kirchberg an der Pielach in Niederösterreich entwickelte einen Sonnenkollektor aus industriellen Abfallprodukten. SONNENKOLLEKTOR-PIONIER. Vor zwanzig Jahren baute der Kirchberger Zahnarzt Josef Turon eine solare Warmwasseraufbereitungsanlage – und war damit ein Sonnenkollektor-Pionier. Turon hat für seine Sonnenkollektoren das Österreichische Patent. Das Besondere an den Sonnenkollektoren sind die Baumaterialien und die Verarbeitung: Für die Absorberfläche recycelt Turon Aluminiumplatten, wie sie in der Industrie
SOLARENERGIE AUS ABFALLPRODUKTEN. ■ KIRCHBERG AN DER PIELACH (3.200 Einwohner/innen), Österreich. ■ Ausgezeichnet mit dem CLIMATE STAR IN DER KATEGORIE 1. PROJEKT: Aus Recycling-Material und umweltfreundlichen Rohstoffen entstehen durch Verpressen, ohne Löten und Schweißen, Sonnenkollektoren. ■ MARKTGEMEINDE KIRCHBERG: Klimabündnis-Vorreiter, intensives Engagement für Biomasse-Heizungen, eine der ersten Fernwärme-Anlagen in Niederösterreich, Energiekonzept. ■ CO2 EMISSIONEN: 5 t pro Einwohner/Jahr (österreichwert: 7,5 t pro Jahr). ■ KONTAKT: Marktgemeinde Kirchberg an der Pielach, GGR Josef Ebenberger, Bgm. LKR Anton Gonaus, Tel.: 02722/7309, Fax-DW 20, www.kirchberg-pielach.at, e-mail: gemeinde@kirchbergpielach.at
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als Abfall anfallen. Diese Platten werden mit einem Kupferrohr zu einem einheitlichen Absorberelement verpresst. Halterung und Umrahmung für die Wärme erzeugenden Platten werden aus heimischen Hölzern wie Fichte oder Lärche hergestellt. Isoliert wird mit Schafwolle und Zellulosefasern. UMWELTFREUNDLICHE PRODUKTION. Bei diesem Produkt stimmt alles bis in die Details: Die Glasabdeckung ist dreigeteilt und kann beispielsweise bei Hagelschäden leicht und kostengünstig repariert werden. Turon produziert seine Absorber ohne Löten und Schweißen. Denn durch die exakte Verpressung und Ummantelung der Kupferrohre entsteht eine einheitliche Aluminium-Kupferebene. Diese Produktionsart hat er sich patentieren lassen. Sollte einer der langlebigen Kollektoren doch entsorgt werden müssen, lässt sich das Material leicht trennen und wiederverwerten. Die Sonnenkollektoren aus Kirchberg können bei Ein- und Mehrfamilienhäusern, aber auch großflächig eingesetzt werden. ■
BÜRGER KAUFEN SONNENKRAFTWERK. Ökostrom statt Atomstrom: In der kleinen österreichischen Gemeinde Zwischenwasser werden engagierte Bürger zu Stromproduzenten. PHOTOVOLTAIK-GEMEINSCHAFTSANLAGE. Die Bevölkerung von Zwischenwasser hat wieder einmal die Nase vorn: Schon vor fünf Jahren startete dort das erste Bürgerbeteiligungsmodell zur Errichtung einer 5,5 kWp Photovoltaikanlage als Gemeinschafts-Kraftwerk. 364 Bürger kauften sich mit je 72 Euro ein. 16 Vorarlberger Gemeinden kopierten das Energie-Modell von
Innovativ: Sonnenkollektoren aus industriellen Abfallprodukten in Kirchberg – PhotovoltaikGemeinschaftsanlage in Zwischenwasser. Zwischenwasser, das Ökostrom-Projekt wurde so zum Impulsgeber für die Region. Heuer gelang der nächste Coup: Die Interessensgemeinschaft Erneuerbare Energien Zwischenwasser gewann den Gemeinderat im April dafür, Dachflächen öffentlicher Gebäude für eine große Photovoltaik-Anlage zur Verfügung zu stellen und die Vorfinanzierung, Verwaltung und Abrechnung zu übernehmen. Auf zwei Dachflächen wurden Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von 30 kWp montiert. Alle Anteile waren in kürzester Zeit um je 6800 Euro an investitionsfreudige Bürger verkauft, beide Anlagen sind seit Sommer in Betrieb. ■
"SONNENKRAFTWERK DER BÜRGER". ■ ZWISCHENWASSER (3.056 Einwohner), Österreich. ■ Ausgezeichnet mit dem CLIMATE STAR IN DER KATEGORIE 1. PROJEKT: Stromgewinnung aus der Sonne als Ersatz für Atomstrom sorgt für breite Bewusstseinsbildung. Die Kosten von 205.000 Euro wurden von 30 Bürgern finanziert. Die Verwaltung der Gemeinschafts-Photovoltaikanlage funktioniert über eine Darlehenskonstruktion, das Darlehen wird durch die Stromeinspeisung zurückgezahlt. ■ KONTAKT: Bürgermeister Josef Mathis, A-6832 Zwischenwasser, Hauptstraße 14, e-mail: josef.mathis@zwischenwasser.at
NACHSCHUB AUS FELD UND WALD. Ob ein Baum im Wald verrottet oder im Pellets-Heizkessel verbrannt wird, macht für das Klima keinen Unterschied. Für den Menschen allerdings schon: Im Heizkessel liefert das Holz saubere Wärme, die Technologien dafür werden laufend verbessert. Österreich könnte sich mit diesem Know-how international eine Marktnische sichern, meinen Experten. AUF DEM „HOLZWEG“. Im Landkreis Rybnik in Polen ist man aufs Holz gekommen. Was in einer bewaldeten Gegend naheliegend erscheint, ist es vielerorts (noch) nicht. Besonders in der alten Kohle-Region Rybnik gleicht der Schritt zum nachwachsenden Rohstoff Holz einer kleinen Revolution. Dass es der richtige Schritt ist, bestätigen die Zahlen über die Treibhausgas-Einsparungen, und nun auch die Auszeichnung des Projekts mit dem Climate Star. Holz ist in vielen Regionen Europas reichlich vorhanden. In Österreich wachsen pro Jahr 1,4 Millionen Festmeter nach. Nur ein Drittel davon wird den Wäldern entnommen. Soll ein Wald gesund bleiben, braucht er Bewirtschaftung. Was dabei an Holz anfällt, ist ein umweltfreundlicher Energie-Lieferant, sowohl für Wärme als auch für Strom. Umweltminister Wilhelm Molterer rechnet mit möglichen Einsparungen von zwei Millionen Tonnen CO2-Ausstoß durch intensivere Nutzung der Biomasse. „Das entspricht einem Fünftel jener Einsparungen beim Ausstoß von Treibhausgasen, zu denen sich Österreich verpflichtet hat.“ Auch Wolfgang Streicher vom Institut für Wärmetechnik der TU Graz glaubt, dass Biomasse in Österreich künftig stark an Bedeutung gewinnen muss und wird: „Der
how zu exportieren.“ Wie Dänemark Weltmarktführer im Bereich Windkraft-Technologie ist, könnte Österreich zum führenden Experten und Exporteur für Biomasse-Technologien werden. GRÜNER STROM. „Das gilt auch für die Stromerzeugung aus Biomasse“, sagt Schleicher. Auch dort habe Österreich die Nase vorn. Zur Stromerzeugung aus Holz wird viel geforscht und entwickelt. Auch Niederösterreichs größter Energieversorger, die EVN, engagiert sich hier massiv: Im Renet Austria, dem Forschungs- und Technologie-Cluster „Renewable Energy Network Austria“, haben sich Firmen und Forschungsinstitute zusammengeschlossen und führen Pilotprojekte durch.
derzeitige Einsatz ließe sich leicht verdoppeln.“ Der Techniker sieht die stärksten Positiv-Effekte für den Klimaschutz beim Umstellen möglichst vieler Einfamilienhäuser auf den umweltfreundlichen Brennstoff Holz. „Ideal ist dabei die Pellets-Technik.“ Mit diesen klein gepressten Holzstücken befeuerte Brenner seien „so einfach zu nutzen wie Ölkessel und haben noch dazu Univ.-Prof. einen geringeren WartungsWolfgang Streicher aufwand.“ LANDWIRTE ALS ENERGIEWIRTE. Nahwärmenetze lassen sich mit Holz ebenso gut betreiben wie Fernwärmeheizwerke. Wie beim Siegerprojekt Gornij Grad deutlich wird, bringen diese Netze nicht nur Entlastung für die Umwelt. Bauern gewinnen durch die Arbeit als Energieversorger ein zweites Standbein für die Sicherung ihrer Existenz. Diese zusätzlichen Jobs in den Regionen sind der überzeugende sozialpolitische Faktor bei den nachwachsenden Rohstoffen, beim Raps für Biodiesel, speziellen Gräsern für die Biogas-Erzeugung, bei Holz-Hackschnitzel und Nutzgetreide: durch zusätzliche Arbeitsplätze in den Regionen bleibt auch das Geld dort. Stefan P. Schleicher, Volkswirtschafts-Professor an der Uni Graz, nennt noch einen weiteren Vorteil: „Im Bereich Biomasse sind wir in Österreich so gut – da gibt es große Chancen für die Wirtschaft, unser Know-
ENERGIE AUS KAFFEEFILTERN UND SALAT? Nicht nur Holz, auch Nutzgetreide oder Pflanzen wie das in Niederösterreich erfolgreich getestete hartfaserige Sudangras können zur Energieerzeugung verwendet werden. Besonders effizient gelingt das im Bereich Biogas, der langsam modern zu werden scheint. Im Schwedischen Kristianstad ist aus dem Biogas-Projekt eine Erfolgsgeschichte geworden: Dort sammeln die Bürger den Biomüll für die städtische Biogas-Anlage in Papiersäcken. Die Nahrungsmittelindustrie liefert Reststoffe aus ihrer Produktion. Und auch die Landwirte sind eingebunden und liefern Jauche ab. Aus Biomüll & Co. entsteht durch Vergärung wertvolles Biogas. Damit werden die städtischen Busse und zunehmend auch Privatfahrzeuge betrieben. Ein erster Schritt in diese Richtung ist auch das Siegerprojekt aus Thessaloniki.
LANDWIRTE FÜRS KLIMA. Auch die Landwirtschaft in Niederösterreich leistet einen Beitrag zum Erreichen der KlimabündnisZiele. Bio-Landwirte sparen durch ihre nachhaltige Wirtschaftsweise ein Drittel des Ausstoßes klimaschädlicher Gase. In Niederösterreich sind mittlerweile gut zehn Prozent der Agrarfläche auf Bio umgestellt. ■ Herbst 2002 / UMWELT & Gemeinde
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SIEGER& Projekte EINE SAUBERE SACHE. Vorreiter-Rolle fürs Klima: Die Gemeinde Gornji Grad in den slowenischen Alpen setzt auf Biomasse-Fernwärme – mit Erfolg. Umwelt- und Klimaschutz sind wichtige Themen in Gornji Grad, da die malerisch gelegene Gemeinde auf sanften Tourismus setzt. Deshalb baute die Gemeinde eine Abwasserkläranlage und führte 1994 die getrennte Müllsammlung ein. Seit Mai 2000 ist Gornji Grad als erste slowenische Kommune Mitglied beim Klimabündnis. Forstwirtschaft und Holzverarbeitung zählen in Gornji Grad, dessen 90 Quadratkilometer großes Gemeindegebiet zu 65% bewaldet ist, zu den wichtigsten traditionellen Erwerbszweigen. Nun werden die
BIOMASSE-FERNWÄME IN GORNJI GRAD. ■ GORNJI GRAD (2.700 Einwohner), Slowenien. ■ Ausgezeichnet mit dem CLIMATE STAR DER KATEGORIE 1. PROJEKT: Durch das mit modernsten Filteranlagen ausgestattete Heizkraftwerk konnte nicht nur die lokale Luftqualität erheblich verbessert werden, es werden auch zwischen 30 und 40% CO2-Emissionen eingespart. Finanziert wurden Heizkraftwerk und Wärmeleitung (4,1 Millionen Euro) jeweils zu 25% vom slowenischen Wirtschaftsministerium und dem EU-Programm Phare. 15% kommen aus dem Nationalen Umweltfonds aus Österreich. ■ KONTAKT: Toni Rifelj, Bürgermeister von Gornji Grad, Attemsov trg 3, SLO-3342 Gornji Grad, e-mail: obcina.gornji-grad@siol.net
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Holzabfälle der örtlichen Holzverarbeitungsfirma für ein Heizkraftwerk genutzt: Im Sommer 1998 wurde das in der Nachbargemeinde Vransko gelegene Heizkraftwerk mit seinen zwei Kesseln eingeweiht, ein halbes Jahr später die ersten fünfzig Haushalte aus Gornji Grad angeschlossen. Dann folgten die großen kommunalen Wärmeverbraucher wie Grundschule, Kindergarten und Gesundheitszentrum.
Holzverarbeitung hat Tradition in Gornji Grad. Acht Kilometer ist die Fernwärmeleitung inzwischen lang, 86 % aller Gebäude in der Gemeinde wurden an das Fernwärmenetz angeschlossen. ■
WO DIE KOHLE WÄCHST. Landschaftsschutz durch „neuen“ Brennstoff im Landbezirk Rybnik. EINE TRADITIONELLE KOHLE-REGION IN POLEN FÖRDERT HEIZSYSTEME FÜR ERNEUERBARE ENERGIETRÄGER. Der Kohlebergbau im Landbezirk Rybnik, einer der industrialisiertesten Regionen Polens, bestimmte das gesellschaftliche Leben und finanzierte die soziale Infrastruktur.Veraltete Heizsysteme und Kohlefeuerungen verschmutzen die Luft hier und in den benachbarten Regionen Polens und der Tschechischen Republik. Der Bezirk um die Stadt Lyski ist zu einem Drittel bewaldet. In Lyski liegen neun öffentliche Gebäude direkt am Wald, sie gehören dem Bezirk, der Kommune, der Kirche oder Firmen. Sechs Gebäude heizen
mit Kohle, drei mit Heizöl. Im Pilotprojekt „Biomasse für Zentralheizungen“ werden diese Heizungssysteme durch Biomassekessel ersetzt. Die Gesamtkosten der neuen Biomassekessel und der Installationen betragen rund 50.000 Euro. Das ist mehr als der Bezirk und die lokalen Behörden von Lyski allein aufbringen können, lohnt sich aber, weil die Einsparungen bei 8.500 Euro pro Jahr liegen. Die Heizkesselsysteme werden von lokalen Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen überwacht. Landbezirke haben kein eigenes Einkommen und sehr kleine Budgets (3,75 Mio. Euro betrug das Budget des Distrikts Rybnik 2002). Die Bezirke müssen die überregionalen Straßen überwachen, darunter fällt auch das Schneiden der Bäume. Die dabei anfallende Biomasse kann für ökologisches Heizen verwendet werden und ist kostenlos. ■
HOLZ STATT KOHLE. ■ LANDBEZIRK RYBNIK (74.600 Einwohner), Polen. ■ Ausgezeichnet mit dem CLIMATE STAR IN DER KATEGORIE 2. Das Pilotprojekt „Biomasse für Zentralheizungen“ basiert auf dem polnischen Umweltschutzgesetz und dem Programm zur Rettung der Umwelt des Landdistrikts Rybnik (in Vorbereitung). In neun öffentlichen Gebäuden werden mit Kohle und Öl gefeuerte Zentralheizungen auf Biomassekessel umgestellt. Den Investitionskosten von 50.000 Euro stehen jährliche Einsparungen durch den Gratis-Brennstoff Holz von 8.500 Euro gegenüber. „Biomasse für Zentralheizungen“ ist ein beispielgebendes Projekt, das zum Umdenken in Richtung Biomasse bei lokalen Behörden, Wirtschaft und Privathaushalten führen kann. ■ KONTAKT: Landed District Rybnik, Piotr Maslowski, ul. 3 maja 31, Rybnik 44-200, Polen, e-mail: starosta.srb@powitypolskie.pl
ALLE SAMMELN MIT.
schafft. Und das aus einer Notsituation heraus: Immer wieder gab es Beschwerden von Seiten der Bevölkerung über die Abgase aus dem Müll.
Die Biogas-Anlage Kristianstad ist die erste Schwedens, die städtischen, festen Abfall gemeinsam mit Jauche und anderer Biomasse zu Energie & Dünger verarbeitet. VORZEIGEPROJEKT BIOGAS-ANLAGE. Stadtverwaltung, Bauern, Industrie und Konsumenten, alle ziehen in Kristianstad, Schweden, an einem Strang: Vor fünf Jahren gründete der städtische Müllverband Kristanstads Renhållnings AB (KRAB) die BiogasAnlage in Karpalund. Die Bürger/innen von Kristianstad sammeln für den Betrieb der Anlage ihren organischen Abfall. Die An-
BIOGAS-ANLAGE KRISTIANSTAD. ■ KRISTIANSTAD (74.500 Einwohner/innen), Schweden ■ Ausgezeichnet mit dem CLIMATE STAR IN DER KATEGORIE 2 PROJEKT: In Kristianstad werden Biomüll und Biomasse zu Biogas verarbeitet. Seit 1999 wird die Biogas-Produktion bei der Kläranlage erweitert, die Produktion in Karpalund wird auf 40.000 MWh verdoppelt. Das Gesamtpotenzial der Biogas-Produktion beläuft sich auf 44.000 MWh im Jahr 2003. KOSTEN: ca. 12 Millionen Euro. „Biogas Kristianstad“ hat Multiplikator-Potenzial für ähnliche Projekte, denn es umfasst alle Bereiche, von der Produktion bis Marketing, sowie die Wiederverwertung von Abfällen als Dünger. ■ KONTAKT: Municipality of Kristiansta, Lennart Erfors, S-29132 Kristianstad, Västra Boulevarden 13, e-mail: lennart.erfors@kristianstad.se
Kristianstad: Biogas treibt Busse an. lage in Karpalund nutzt aber auch Jauche und organischen Abfall aus der Nahrungsmittelindustrie. Das produzierte Biogas wird in der zentralen Fernwärmeanlage verbrannt und als Treibstoff für Busse und andere Fahrzeuge genutzt: Das öffentliche Verkehrsunternehmen Skånetrafiken hat Biogas im Stadtverkehr eingeführt. 22 Öko-Busse sind seit Oktober 2002 in Betrieb. Die Stadtverwaltung stellt ihren Fuhrpark auf Biogas-Fahrzeuge um, und auch private Unternehmen fahren mit Biogas – obwohl die Fahrzeuge noch verhältnismäßig teuer sind. Durch ein Marketing-Programm soll die Zahl der mit Biogas betriebenen Busse, Lastwägen und PKWs steigern. Die Aktion läuft in Kooperation mit der privaten Gesellschaft Sydgas und mit lokalen Autohändlern. ■
ENERGIEGEWINNUNG AUS DEPONIEGASEN. Mehrfach-Nutzen:Thessaloniki hilft der Umwelt und setzt Anrainer-Beschwerden über Mülldeponie ein Ende. Zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen – das hat die Millionenstadt Thessaloniki gemeinschaftlich mit ihrem Umland ge-
DIE LÖSUNG: Das Klima schädigende Biogas aus deponiertem Abfall wird in Rohrleitungen gesammelt und vorbehandelt. In einem Verbrennungsmotor entsteht daraus Energie, die ins öffentliche Netz eingespeist wird. Nachhaltigkeit soll aber auch im Denken der nächsten Generation verankert werden: Um Kinder und Jugendliche für die Bedürfnisse der Umwelt zu sensibilisieren, kommen in Thessaloniki prominente Wissenschafter und Umweltschützer in die Schulen. Das Bildungsprogramm, das seit drei Jahren läuft, enthält die Phasen Sensibilisierung, Exkursionen in Naturräume, Informationsverarbeitung in Gruppen und Präsentation der Ergebnisse bei speziellen Anlässen. ■
„BIOGAS AUS DEPONIEABFALL“. ■ THESSALONIKI und Umland (2.000.000 Einwohner), Griechenland. ■ Ausgezeichnet mit dem CLIMATE STAR IN DER KATEGORIE 3. ORGANISATOR: Vereinigung der Gemeinden des Gebietes um Thessaloniki (ALAT). PROJEKT: Biogas aus Deponieabfall wird gesammelt, der Motor verbrennt 164 m3 Gas pro Stunde mit einem Methangehalt von 45 bis 50%. Die Energie wird ins öffentliche Netz eingespeist. KOSTEN DER ANLAGE: 500.000 Euro, inkl. USt. ■ KONTAKT: Konon Kaminos, City of Thessaloniki, Association of local authorities of greater Thessaloniki, B. Irakleiou 13, GR-546 24 Thessalonik, e-mail: ota@compulink.gr
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SIEGER& Projekte
„SPAREN BRINGT ALLEN WAS“. Der Verkehr ist einer der drei Hauptverursacher des Treibhauseffekts. Viel Fantasie und Mut sind nötig, um in diesem heiklen Bereich Erfolge für das Raumschiff Erde einzufahren. Die Ausgangssituation ist fast überall dieselbe: Das Verkehrsaufkommen nimmt ständig zu. Auf Niederösterreichs Hauptverbindungsrouten sind heute um ein Viertel mehr PKWs und LKWs unterwegs als vor zehn Jahren – Tendenz steigend. DISTANZEN WERDEN GRÖSSER. Friedrich Zibuschka, Univ.-Prof. für Verkehrswesen und Verkehrsplaner des Landes Niederösterreich, sieht die Ursache für diese Zunahme nicht in menschlichen Verhaltensmustern. „Der Mensch geht durchschnittlich 2,5 Mal am Tag aus dem Haus, daran hat sich nirgends auf der Welt während der letzten 100 Jahre etwas verändert. Ein Hauptgrund für die Verkehrszunahme sind die Distanzen, die wir zurücklegen. Arbeits- und Wohnstätten sowie die Orte, an denen man seine Freizeit verbringt, liegen heute viel weiter von einander entfernt als vor 50 Jahren,“ erklärt Zibuschka.
Die Auswirkungen auf das Klima sind enorm: Der Verkehr gilt weltweit als einer der Hauptverursacher des Treibhausgases Kohlendioxid und damit als Motor der globalen Erwärmung. ÖFFENTLICHER VERKEHR – BEDÜRFNISORIENTIERT. Im öffentlichen Verkehr liegt ein großes Potenzial zur Reduktion der Umweltbelastung. Um von den Menschen angenommen zu werden, muss er sich an ihren Bedürfnissen orientieren. Öffentlicher Verkehr muss schnell, anschlusssicher und leistbar sein, damit er dem eigenen Auto samt Parkplatzsuche, Parkgebühren und eventuellen Staus vorgezogen wird. Und er muss da sein, wo ihn die Menschen brauchen. KLIMABÜNDNISGEMEINDEN ALS VORREITER. Doppelten Vorteil für das Klima bringt der öffentliche Verkehr, wenn die Verkehrsmittel mit erneuerbaren Energieträ-
160.000 Kilo Altspeiseöl pro Jahr dienen den Grazer Verkehrsbetrieben als Antrieb.
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gern betrieben werden. Der Climate StarGewinner Graz zeigt mit der Verwendung von Biodiesel aus Altspeiseöl in 56 seiner Stadtbusse, wie zusätzlich 2.500 Tonnen Kohlendioxid eingespart werden können. Abfallprodukte nutzt man auch im schwedischen Siegerprojekt von Kristianstad: 22 Busse fahren mit Biogas, das in der städtischen Aufbereitungsanlage aus organischen Abfällen erzeugt wird. Umdenken ist ebenso bei der Raumplanung gefragt. Stefan Schleicher, Climate Star Jury-Mitglied und Professor für Volkswirtschaft in Graz fordert: „Wir brauchen eine Siedlungsstruktur, die uns weniger zur Mobilität zwingt. Das Siegerprojekt Ostfildern zeigt, wie das geht.“ Radfahrer und Fußgänger sind auf Kurzstrecken oft schneller unterwegs als motorisierte Verkehrsteilnehmer, günstiger und klimafreundlicher ist diese Art der Fortbewegung auf jeden Fall. Vorzeigeprojekte
gibt es bereits: Im schwedischen Linköping, ebenfalls mit dem Climate Star ausgezeichnet, ist es mit einer breit angelegten Kampagne gelungen, ein Drittel aller Fahrten vom Auto auf das Rad zu verlagern.
LANGENEGG: „FIFTY“ FÜR ALLE.
NACHHALTIGKEIT FÖRDERN. Gerade im ländlichen Raum bleibt aber das Auto Fortbewegungsmittel Nummer eins. Niederösterreichs Umwelt-Landesrat Wolfgang Sobotka will deshalb „eine Verhaltensänderung und damit eine Werteänderung herbeiführen: Verkehrssparen muss ein Schlagwort werden wie Mülltrennen oder Energiesparen“. In der landesweiten Initiative „Ich fahre spritsparend“ sollen die Menschen zu einer ökologischen Fahrweise motiviert werden. Das Einsparungsziel liegt bei 20 Prozent des Treibstoffbedarfs, bei entsprechender Beteiligung macht das 20 Millionen Liter Treibstoff und somit 50.000 Tonnen CO2 pro Jahr. ■
Leih-Netzkarte für den öffentlichen Verkehr und Leihauto – so forciert die 1028-SeelenGemeinde nachhaltige Mobilität.
VON DER PFANNE IN DEN TANK. Die öffentlichen Busse in Graz fahren mit Biodiesel, der aus Altspeiseöl der Gastronomiebetriebe gewonnen wird. AUCH GENUSS KANN NACHHALTIG SEIN. Problemstoffe entsorgt man am besten dadurch, dass man sie wieder in wertvolle Rohstoffe verwandelt. Die steirische Landeshauptstadt zeigt vor, wie das geht: Seit drei Jahren wird das Altspeiseöl von 250 Grazer Restaurants und Wirtshäusern kostenlos durch das städtische Umweltamt gesammelt und mit regional entwickelter Technologie (BDI-Biodiesel-International) durch die Südsteirische Energie- und Eiweißgenossenschaft (SEEG) in den erneuerbaren Energieträger Biodiesel umgewandelt.
Emissionseinsparung durch Biodiesel in Graz. 160.000 Kilo Altspeiseöl kommen pro Jahr als schadstoffarmer Treibstoff noch einmal zum Einsatz. Bereits 56 der über 100 Busse der Grazer Verkehrsbetriebe fahren heute mit Biodiesel aus Altspeiseöl, bis zum Ende des kommenden Jahres soll die gesamte Busflotte auf diese klimafreundliche Variante umgestellt werden. Die Vorteile liegen auf der Hand: neben massiven Emissionseinsparungen wird sichergestellt, dass Altspeiseöl nicht wieder in die Umwelt gelangt, das städtische Kanalsystem und die Kläranlage werden auch entlastet. Das Schnitzel bleibt damit gut wie immer und wird nachhaltig wie nie! ■
EINE UNGEWÖHNLICHE IDEE. Wie bekommt man Menschen in einer ländlichen Region dazu, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen? Die Gemeinde Langenegg kaufte eine übertragbare Jahresnetzkarte für die Region Bregenzerwald, die von allen Bürgern und Bürgerinnen um einen Euro pro Tag ausgeliehen werden kann. Die Aktion ist so gut angelaufen, dass bereits nach kurzer Zeit eine zweite Karte angeschafft wurde. Ein Biodiesel-Leihauto für die Bürger und
„VON DER PFANNE IN DEN TANK“. ■ GRAZ, Österreich (230.000 Einwohner). ■ Ausgezeichnet mit dem CLIMATE STAR IN DER KATEGORIE 3. KOSTEN (seit dem Start 1999): ca. € 60.000,–. EMISSIONSEINSPARUNGEN PRO JAHR: 2500 t CO2, 2,9 t CO, 1,0 t Partikel, 2,7 t SO2, 3,0 t Kohlenwasserstoffe. POSITIVE EFFEKTE: billigerer Treibstoff Biodiesel für Grazer Verkehrsbetriebe, Schaffung neuer Arbeitsplätze durch Sammlung und Verwertung, Steigerung des Umweltbewusstseins der Grazer Bevölkerung. ■ KONTAKT: DI Dr. Peter Gspaltl, Grazer Umweltamt, A-8010 Graz, Kaiserfeldgasse 1, Tel.: 0043(0)316 872-4303 (FAX -4309), e-mail: agenda21@stadt.graz.at
Biodiesel-Leihauto für Bürger in Langenegg.
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SIEGER& Projekte Angestellten der Gemeinde wurde angeschafft und auf den Namen „Fifty“ getauft. Kosten, Schadstoffe und Energieverbrauch können damit bei einer jährlichen Auslastung von rund 15.000 km um 50 Prozent gesenkt werden. ENERGIEBEWUSSTE BÜRGER VOR DEN VORHANG. Auf einer Schautafel wurden alle bestehenden Gebäude der Gemeinde eingezeichnet. Jedes Gebäude, das über eine moderne Holzheizung, eine Solaranlage oder eine Nahwärmeversorgung verfügt, wurde auf der Tafel mit einer Leuchtdiode ausgestattet. Ein Knopfdruck reicht, und jeder kann sich ein Bild machen, wo überall in Langenegg Energie gespart wird. ■
ENERGIEPORTRÄT LANGENEGG – JAHRESNETZKARTE – LEIHAUTO“. ■ LANGENEGG (1.028 Einwohner), Österreich. ■ Ausgezeichnet mit dem CLIMATE STAR IN DER KATEGORIE 1. KOSTEN: Energieporträt € 1.100,– Jahresnetzkarte € 610,– das Leihauto soll sich bei einer Auslastung von 15.000 km pro Jahr in sechs bis sieben Jahren amortisieren. ■ KONTAKT: Mario Nußbaumer, Gemeindeamt Langenegg, A-6941 Langenegg, e-mail: energie@langenegg.at
AUF DAS RAD GEKOMMEN. Im schwedischen Linköping strampelt man sich für das Klima ab: Um die Kohlendioxidwerte zu senken, gibt es eine Fülle an Klimaschutz-Initiativen. TÄGLICH WERDEN 40.000 WEGE, DIE KÜRZER ALS SECHS KILOMETER SIND, MIT DEM AUTO ZURÜCKGELEGT. Dieses Ergebnis einer Verkehrserhebung gab in der 134.000-Einwohner-Stadt Linköping den Anstoß zu einem herausragenden Verkehrsprojekt. Die Stadtpolitiker traten auf den Plan, um diese kurzen Wege auf das Fahrrad zu verlagern. Nur drei Jahre später ist aus der Vision eine wahre Erfolgs-Story geworden: Linköping ist heuer Schwedens „Fahrradstadt des Jahres“ und für Strecken unter sechs Kilometern steigen die Bürger jetzt auf den Drahtesel. Die drei Eckpfeiler des Programms: eine verbesserte Infrastruktur für Radfahrer, Motivation zum Umsteigen und eine bessere rechtliche Stellung von Radfahrern. Lokale Zeitungen, Radiosender und Vereine informierten die Menschen über Sicherheit auf den Straßen und die gesundheitlichen Vorteile des Radfahrens; Fahrradfeste mit Wettbewerben und historischen Umzügen wurden veranstaltet.
350 Kilometer Radwegenetz und 60 biogasbetriebene Stadtbusse verbessern das Klima in Linköping.
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Das Resultat der Aufklärungsarbeit: Die Zahl der Radunfälle mit Personenschaden hat trotz einem Drittel mehr Fahrten um 27 Prozent abgenommen. Und auch für schwere Einkaufstaschen und Regentage hat man eine klimafreundliche Lösung gefunden: Alle 60 Stadtbusse und 25 Taxis werden mit Biogas betrieben, das in einer eigenen Anlage hergestellt wird. Eine neue Biogas-Tankstelle erlaubt nun auch privaten Kraftfahrern, ihr Auto mit dem erneuerbaren Energieträger zu betreiben. ■
GESUNDES RADFAHREN UND BIOGAS-BUSSE. ■ LINKÖPING (134.000 Einwohner), Schweden. ■ Ausgezeichnet mit dem CLIMATE STAR IN DER KATEGORIE 3. EFFEKTE: 31% der Wege werden mit dem Rad zurückgelegt. Das Radwegnetz hat eine Länge von 350 km. Biogasanlage (eröffnet 1998) produziert 3.300.000 m3 Biogas jährlich. Mit der Ausweitung des Fernwärmenetzes konnten mehr als 1100 private Häuser, mehrere Schulen und Betriebe von Öl oder Strom auf Fernwärme umgestellt werden. ■ KONTAKT: Helena Kock Aström, Kommunledningskontoret, S-58181 Linköping, e -mail: helena.kock-astrom@klk.linkoping.se
„FASZINIEREND EINFACH“. Wissenschafter orten im Wohnbereich das größte Potenzial für rasch greifenden Klimaschutz. 90 Prozent sparen? So unglaubliche Werte kann man bei den Energiekosten im Vergleich zu den 70er Jahren erreichen, wenn man Häuser richtig dämmt, isoliert und alternative Energie einsetzt. PATENTREZEPT ÖKOLOGISCH BAUEN. Ob Einfamilienhaus oder kommunaler Wohnbau, wie bei den beiden Climate Star-Siegerprojekten in Hannover und Ostfildern, wer ökologisch baut, baut für die Zukunft. Ein enormes Einsparungspotenzial im Wohnbau sieht Uni-Professor Peter Streicher vom Institut für Wärmetechnik an der TU Graz: „Heute kann man Häuser zu den gleichen Kosten wie vor 30 Jahren bauen, die nur ein Sechstel bis ein Zehntel der Energie benötigen. Weder im Verkehr noch in der Industrie, den beiden anderen klimarelevanten Bereichen, sind so dramatische Einsparungen möglich.“ Die verfügbaren Technologien seien faszinierend einfach: Das Ausrichten der Häuser nach der Sonne ist der wichtigste erste Schritt, Isolierungen aus erneuerbaren Rohstoffen und Lüftungs- statt Heizsystemen sind die tragenden konstruktiven Elemente. Wärmetauscher nutzen die
Erdwärme zum Vorwärmen der Frischluft und regenerieren Wärme aus der Abluft und aus dem Abwasser. Strom liefert die Photovoltaik-Anlage. Vor allem bei der Renovierung sieht Streicher gewaltige Chancen: „Wenn man schon die Fassade etwa einer Wohnhausanlage aus den 70-ern aufreißt, bringt es sehr viel, sie gut zu dämmen und neue Fenster einzusetzen.“ Wer bei einem bestehenden Haus für eine optimale Dämmung der oberen Geschoßdecke sorgt, spart damit pro Jahr bis zu einem Drittel an Energie ein, eine Dämmung der Außenwände oder neue Fenster schlagen sich pro Quadratmeter renovierter Fläche mit bis zu 10 Liter Heizöl-Ersparnis pro Jahr zu Buche. ZUKUNFTSMODELL. In Österreich ist es Sache der Länder und Gemeinden, klimafreundliches, Ressourcen sparendes Bauen und Renovieren zu forcieren. In Niederösterreich setzt die neue Wohnbauförderung des Landes auf Nachhaltigkeitskriterien. Die Latte liegt hoch: Wohnbauten müssen einen Energieverbrauch von maximal 60 kWh pro Quadratmeter und Jahr
haben, um förderungswürdig zu sein; ab 2004 werden es gar nur mehr 50 kWh pro Quadratmeter und Jahr sein. Auch Gemeinden haben Möglichkeiten, um ökologisches Bauen zu forcieren. Im Bebauungsplan kann zum Beispiel eine Ausrichtung der Häuser nach Süden hin verankert werden. Auch mit eigenen Förderungen können Gemeinden finanzielle Anreize schaffen; viele Gemeinden vergeben Solarförderungen oder finanzielle Unterstützung beim Kesseltausch. MEHR LEBENSQUALITÄT. Der verdichtete Flachbau gilt als das Zukunftsmodell in der Raumordnung, weil er bei einem vergleichsweise geringen Bedarf an Straßenflächen und Kanalisation ein großes Maß an Infrastruktur ermöglicht. Vorteile, die man sich bei den mit dem Climate Star ausgezeichneten Projekten in Hannover und Ostfildern zu Nutzen gemacht hat. Das Ergebnis sind zukunftsweisende ModellStadtteile mit weniger Umweltbelastung, mit kurzen Wegen und guter Anbindung an den öffentlichen Verkehr – und mit mehr Wohngesundheit und Lebensqualität. ■
Ein Öko-Insel mitten in der Stadt: In Hannover Kronsberg entstehen 6.000 Wohneinheiten nach umweltfreundlichen Vorgaben.
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SIEGER& Projekte ÖKOLOGISCH BAUEN ALS GROSSPROJEKT. Verantwortung für die Umwelt bis ins kleinste Detail: Im deutschen Hannover wächst ein Niedrigenergie-Stadtteil für 12.000 Menschen. Eine Öko-Insel mitten in der Stadt: In Hannover Kronsberg entstehen 6.000 Wohneinheiten nach umweltfreundlichen Vorgaben. Die Ziele sind hoch gesteckt: Durch ein vorbildliches Qualitätssicherungs- und Qualifizierungsprogramm sollen mit flächendeckender Niedrigenergiebauweise, Nahwärmeversorgung, Nutzung erneuerbarer Energieträger und Stromsparprogramm die CO2-Emissionen
„NACHHALTIGES BAUEN FÜR DIE ZUKUNFT“. ■ HANNOVER (515.000 Einwohner/innen), Deutschland. ■ Ausgezeichnet mit dem CLIMATE STAR IN DER KATEGORIE 3. ZIELE DES PROJEKTES: 80% CO2-Minderung durch flächendeckende Niedrigenergiebauweise, Nahwärmeversorgung durch BHKW, Stromsparprogramm, Reduzierung der Abfallmengen, Trinkwassereinsparung, naturnahes Regenwassersystem, Reduzierung von LKW-Fahrten durch Vorortverwendung des Bodenaushubs. KOSTEN: 8 bis 10% bauliche Mehrkosten für die gesamten ökologischen Maßnahmen. ■ KONTAKT: Karin Rumming, Grünflächenamt, Bereich Umweltschutz, Prinzenstraße 4, D-30159 Hannover, e-mail : Karin.Rumming.36@Hannover-Stadt.de
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um etwa 80% geringer ausfallen als bei herkömmlichen Siedlungen. Die Abfallmengen sollen ebenfalls um 50% reduziert werden. Rund 3.000 Wohnungen, 2.000 Arbeitsplätze und die dazu gehörige Infrastruktur, wie Grundschule, Kindergärten und Gesundheitszentrum, sind bereits geschaffen. Zusätzlich werden Anlagen für Nahwärme, Sonnenenergie und Windkraft errichtet. Doch ökologisches Bauen ist noch viel mehr: Das Regenwasser aller Bau- und Verkehrsflächen wird an Ort und Stelle zurückgehalten und wie bei einem natürlichen, unbebauten Grundstück erst verzögert wieder abgegeben. Innovativ ist auch die Nutzung des anfallenden Bodenaushubs: Vor Ort diente er zur Errichtung zweier Aussichtshügel auf dem Gebiet der Siedlung, für Lärmschutzwälle zur nahe gelegenen Autobahn und für Trockenbiotope. Damit konnten rund 100.000 LKW-Fahrten durch besiedelte Gebiete vermieden werden. ■
OSTFILDERN: EINE STADT DER KURZEN WEGE. Eine besondere Chance für Raumplanung wird vorbildlich genützt: Mitten im heutigen Stadtgebiet entsteht ein ModellStadtteil mit 3.500 Wohnungen. Wo früher amerikanische Streitkräfte stationiert waren, entsteht heute ein neuer Stadtteil, der in vielerlei Hinsicht Modellcharakter hat. Auf 150 ha Gesamtfläche mitten in der deutschen Stadt Ostfildern entstehen 3500 Wohnungen für 8.000 bis 10.000 Menschen. Der Scharnhauser Park soll ein dichter Stadtteil werden. So wird die Fläche nicht zersiedelt und eine Stadt der kurzen Wege entsteht. Denn die Haltestellen des schienenge-
Ostfildern: Modellstadtteil Scharnhauser Park. bundenen Nahverkehrs sollen überall im Scharnhauser Park innerhalb von 500 Metern Umkreis erreichbar sein. Ein weiterer wichtiger Faktor ist eine Stadtbahnlinie, die seit September 2000 den Ballungsraum Stuttgart über den Scharnhauser Park direkt mit Ostfildern verbindet. Auch zum Thema Energie hat man sich einiges überlegt. Ziel ist ein zur Sonne hin orientierter Stadtteil in Südhang-Lage, in dem Sonnenenergie optimal genutzt werden kann. Niedrigenergiehaus-Standard und zahlreiche Kollektorenflächen sind seit Beginn fester Bestandteil der Planung. Ein Holzhackschnitzel-Heizwerk soll 80% der Heizenergie der Fernwärme für den Stadtteil bereitstellen und durch Kraft-Wärme-Kopplung bis zur Hälfte seines Strombedarfs decken. ■
MODELLSTADTTEIL SCHARNHAUSER PARK. ■ OSTFILDERN (32.068 Einwohner/innen), Deutschland. ■ Ausgezeichnet mit dem CLIMATE STAR IN DER KATEGORIE 2. PROJEKT: Realisierung eines neuen Stadtteils für 8.000 bis 10.000 Menschen auf dem fortgeschrittensten Stand von Bautechnik und Ökologie, unter gleichzeitiger Berücksichtigung soziologischer und ästhetischer Anforderungen. ■ KONTAKT: Stadt Ostfildern, Herr D. Scharbau, D-73760 Ostfildern, e-mail: D.Scharbau@Ostfildern.de
„DIE URLAUBSQUALITÄT DARF NICHT LEIDEN“.
mus. Klimaschutz bringt Lebensqualität, und die ist das zentrale Kriterium für beide – für die Einheimischen, die das ganze Jahr über in einer Ortschaft wohnen und für den Gast, der nur einige Tage kommt, um sich zu erholen und zu entspannen. U&G: Ist „Urlaub vom Auto“ ein Zukunftsmodell? ZELLMANN: Jein. Urlauber halten sehr viel von öffentlichen Verkehrsmitteln, vor allem, wenn alle anderen sie benützen und sie selber dafür mit ihrem Auto bis vor die Haustür fahren können. Damit auch die Gäste klimafreundlich mobil werden, müssen zwei Voraussetzungen geZellmann, Leiter des Ludwig geben sein: Der öffentliche Verkehr Boltzmann-Instituts für Freimuss sich wirklich an den Bedürfzeit- & Tourismusforschung Peter Zellmann, nissen der Tourist/innen orientieren in Wien. Leiter des Ludwig und die Einheimischen müssen konU&G: Sind Tourismus und KliBoltzmann-Institusequent mit gutem Beispiel voranmaschutz ein Widerspruch? tes für Freizeit- & gehen. Wenn die Einheimischen mit ZELLMANN: Nein, auf keinen Tourismusforschung dem Auto fahren, wird den Gästen Fall. Urlauber haben ein hokaum einleuchten, warum sie mit dem Bus hes Umweltbewusstsein, sie setzen saubefahren sollten. re Luft und reines Wasser voraus. Das bedeutet aber, dass man eine intakte Umwelt U&G: Was erwartet der Tourist denn heute? nicht extra verkaufen kann, sie ist vielmehr ZELLMANN: Es gibt zwei Trends: Zum einen Voraussetzung für funktionierenden Tourismuss eine Region multifunktional sein und
Klimaschutz wird auch für Tourismus-Regionen zum Thema, wie das mit dem Climate Star ausgezeichnete Projekt in Bad Hofgastein und Werfenweng zeigt. Das Siegerprojekt setzt auf autofreien Urlaub – das ist eine Möglichkeit fürs Klima und gleichzeitig für Bewohner/innen und Gäste etwas zu tun. Klimaschutz verbessert die Lebensqualität. Auch den Verantwortlichen des Siegerprojekts Gornij Grad in Slowenien ist bewusst, dass nur eine gesunde Umwelt Erholungswert besitzt. KLIMASCHUTZ & TOURISMUS. Wie weit sind sie tatsächlich vereinbar? Und worauf muss man dabei achten? Antworten auf diese Fragen gibt Tourismus-Experte Peter
Bad Hofgastein/Werfenweng: Urlaub vom Auto ohne Einbuße an Mobilität. Den Gästen macht es sichtlich Spaß.
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SIEGER& Projekte damit einen hohen Erlebniswert bieten, denn die klassischen Zielgruppen haben sich aufgelöst und die Urlauber sind nicht mehr so berechenbar wie früher. Auch kleine Regionen müssen sich daher von den All-Inclusive-Clubs einiges abschauen. Zum anderen gibt es ein neues Verständnis für Qualität. Die Gäste haben eine hohe Erwartungshaltung, die es zu befriedigen gilt. Dem mit zahllosen Sternen und Hauben entgegenzutreten, wäre aber nicht der richtige Weg, vielmehr liegt es an den Mittelklasse-Betrieben, mit den Freizeitanbietern in der Region zu kooperieren. ■
AUF DIE SANFTE TOUR. „Urlaub vom Auto“ kann man in den Salzburger Tourismusgemeinden Werfenweng und Bad Hofgastein genießen – und das ohne Einbuße an Mobilität. „ALTERNATIVE“ FORTBEWEGUNGSMITTEL. Umweltschonen macht anziehend: „Sanfte“ Mobilität und autofreier Tourismus sind im Pongau der Schlüssel zum Er-
Bürgerbefragung in Bad Hofgastein/Werfenweng. folg. Ein sattes Plus von 7,5 Prozent bei den Nächtigungszahlen konnten jene Hotels und Pensionen aus Werfenweng und aus Bad Hofgastein einfahren, die sich zu der Gruppe „Urlaub vom Auto“ zusammengeschlossen haben. Die Gäste der Sanft Mobil Beherbergungsbetriebe können auf umweltfreundliche Elektromobile, Elektro-Fahrräder und Scooter umsteigen und kostenlos per Bus vom und zum Bahnhof fahren. Außerdem erhalten sie acht Gutscheine für verschiedene ermäßigte Eintritte, Freifahrten etc. Das Prinzip der ökologischen Mobilität funktioniert rund um die Uhr: In Werfenweng fährt man gratis mit dem Nachtmobil, in Hofgastein gibt es Postbusse und Leihfahrräder. Eine Mobilitätszentrale bietet Gästen, die ohne Auto anreisen möchten, umfassenden Service in Sachen Buchung, Transfer und Fortbewegung im Ur-
laubsort. Das Angebot reicht von elektronischer Fahrplanauskunft über Reiseinformation und Fahrkartenbestellung bis hin zu Mobilitätsberatung. Der Erfolg gibt den beiden Gemeinden recht: Die Nächtigungszahlen in den „Urlaub-vom-Auto“-Betrieben liegen weit über dem Ortsdurchschnitt. Der Anteil der mit der Bahn nach Werfenweng angereisten Dauergäste stieg innerhalb von drei Jahren um fast das Dreifache, damit wurden 1,2 Millionen Pkw-Kilometer und 375 Tonnen an CO2-Emissionen eingespart. ■
„SANFTE MOBILITÄT – AUTOFREIER TOURISMUS“. ■ WERFENWENG (800) und BAD HOFGASTEIN (6.700), Österreich. ■ Ausgezeichnet mit dem CLIMATE STAR IN DER KATEGORIE 1. ERFOLG: Beide Gemeinden können einen Zuwachs an Übernachtungen registrieren, der deutlich über dem österreichischen Durchschnitt liegt. In der Saison 2000/01 reisten bereits 25% der Dauergäste mit dem Zug nach Werfenweng (21 beteiligte Betriebe) an, 1997/98 waren es noch 9% gewesen. Bad Hofgastein (22 beteiligte Betriebe) hat eine Fußgängerzone im Ortszentrum eingerichtet und Schulprojekte initiiert. UNTERSTÜTZUNG: Umwelt- und Landwirtschaftsministerium, Verkehrsministerium, Wirtschaftsministerium, Land Salzburg, die Gemeinden Bad Hofgastein und Werfenweng, Europäische Union. Mit diesem Projekt hat der Pongau im Rahmen des EU-Projekts „Alps Mobility“ auch Partner in fünf italienischen Alpenregionen gefunden. ■ KONTAKT: Harald Schareiter, Umweltamt der Marktgemeinde Bad Hofgastein, A-5630 Bad Hofgastein, e-mail: marktgemeinde@bad-hofgastein.salzburg.at,
Präsentation der neuen, umweltfreundlichen E-Mobile.
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Gemeindeamt, Dr. Peter Brandauer, A-5453 Werfenweng, e-mail: bgm-werfenweng@salzburg.at
AUF FRUCHTBAREM BODEN. Sparsamer Umgang mit Energie und erneuerbaren Ressourcen: Schulen vermitteln Verantwortung für die Umwelt. EIGENTLICH MAG LISA KEINE REGENWÜRMER. „Igitt!“ sagt das achtjährige Mädchen und starrt doch gebannt auf die rosa Tiere, die sich da im Abfall tummeln. Die Lehrerin erklärt der Klasse, wie die kleinen Würmer im Komposthaufen aus Jausenbrotresten, verfaulten Äpfeln und Küchenabfällen wertvolle Erde machen. Nach der Stunde verstehen die Kinder, wie wichtig es ist, die Kreisläufe in der Natur zu schließen. „Mögen tu ich sie noch immer nicht“, sagt Lisa schließlich, „aber ich find’s toll, was sie machen“. KLIMASCHUTZ HÄLT EINZUG IM UNTERRICHT. Aus gutem Grund – wie Niederösterreichs Umweltlandesrat Wolfgang Sobotka meint: „Kinder erfahren und erleben die Natur mit allen Sinnen. Sie begreifen die Zusammenhänge und werden als Erwachsene danach handeln. Bei Kindern fällt das Wissen über die Zusammenhänge von Umweltschutz und Klimabündnis auf fruchtbaren, nachhaltigen Boden.“ Kinder behalten ihr Wissen nicht lange für sich. Sie sind stolz auf das Gelernte und brennen darauf, es anzuwenden. Damit werden schon die Jüngsten zu großartigen Multiplikatoren innerhalb der Gesellschaft. „Wenn Kinder von etwas wie Mülltrennung oder dem Gärtnern mit Nützlingen überzeugt sind, achten sie nicht nur in ihrem Alltag darauf. Auch Eltern, Großeltern und andere nahestehende Menschen lernen diese Dinge von den Kindern“, ist Sobotka, der selbst an einer höheren Schule unterrichtet hat, überzeugt. LERNEN MIT ALLEN SINNEN. Klimaschutz kann auf vielfältigste Weise vermittelt werden, zum Beispiel durch Fächer oder Klassen übergreifende Projekte, Exkursionen
zu Solaranlagen, zu Windparks oder Biobauern oder durch die kreative oder künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema Müll. Die Schüler/innen des Herrenberger Schickhardt-Gymnasiums (D) haben mit der Hilfe von Experten das Haus der Zukunft entwickelt, in dem weder Ressourcen schonender Umgang mit Energie noch menschliche Bedürfnisse zu kurz kommen. Am Lessing-Gymnasium in Norderstedt (D) haben Schüler/innen selbst eine funktionierende Solaranlage entworfen und geplant. Lernen für das Leben können Schüler/innen auch im griechischen Thessaloniki: Um Kinder und Jugendliche für die Bedürfnisse der Umwelt zu sensibilisieren, kommen prominente Wissenschafter und Umweltschützer in die Schulen. In Niederösterreich sollen bereits die Jüngsten für den Klimaschutz gewonnen werden, z.B. mit dem Spiel „Katzensprung“ das an 750 Volks- und Sonderschulen ausgeteilt wurde. ■
SOLARPRAXIS ERFAHREN. Die Schüler/innen des LessingGymnasiums in Norderstedt, Deutschland, haben selbst eine Solaranlage geplant und gebaut. UMWELTDIDAKTIK MUSS NICHT TROCKEN SEIN: Mut, Ausdauer und Umweltwissen – um diese Kompetenzen zu vermitteln, gibt es im Lessing-Gymnasium in Norderstedt ein besonderes Projekt: Die Schüler/innen haben die Planung und den Bau einer Photovoltaik-Anlage von Anfang an in die Hand genommen, um ein Umweltprojekt ganz nah an der Realität kennen zu lernen. Anfänglich war eine Klein-Solaranlage geplant, die Teile des Energiebedarfs der Cafeteria decken sollte. Im Projektunterricht wurde aber bald klar, dass eine „kleine“
Norderstedt: Seit April 2001 liefert die Solaranlage aus Schülerhand der Stadt umweltfreundliche Energie.
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SIEGER& Projekte HERRENBERG: HÄUSLE MIT ZUKUNFT. Norderstedt – Einbeziehung der Bevölkerung. Solaranlage nicht wirtschaftlich betrieben werden kann. So entwickelte sich die Idee, etwas richtig Großes zu bauen. Technische, finanzielle, wirtschaftliche und rechtliche Fragen beschäftigten die verschiedenen Arbeitsgruppen. Profis halfen bei der Erkundung von Fördermöglichkeiten und der Beschaffung von Zuwendungen und Spenden. Die Anstrengungen haben sich gelohnt: Seit April 2001 speist die Solaranlage elektrische Energie in das Netz der Stadtwerke Norderstedt ein. In den ersten zwölf Monaten hat sie fast 25.000 kWh eingespeist und lag damit 4,6% über der Ertragsprognose. ■
PHOTOVOLTAIKANLAGE AUF DEM LESSINGGYMNASIUM. ■ NORDERSTEDT (73.300 Einwohner), Deutschland. ■ Ausgezeichnet mit dem CLIMATE STAR IN DER KATEGORIE 2. PROJEKT: Erzeugung von Sonnenstrom, (Umwelt-)Pädagogik, Eigenständige Planung und Umsetzung durch Schüler/innen, Vorbildwirkung für die ganze Stadt, Bewusstseinsbildung für die Solarenergienutzung, Einbeziehung der Bevölkerung im Sinne der Agenda 21. KOSTEN: ca. € 250.000,– ■ KONTAKT: Klimaschutz-Koordination Norderstedt, Birgit Farnsteiner, D-22846 Norderstedt, e-mail: agenda21@norderstedt.de
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Am Schickhart-Gymnasium erfahren die Schüler ökologisches Bauen im Praxisunterricht. DIE GENERATION DER ZUKUNFT PLANT IHR IDEALES HAUS. Wo soll es am besten stehen? Aus welchen Materialien soll es gebaut werden? Woher kommen Heizenergie und Wasser? Und wie sieht der Garten aus? Diese und viele andere Probleme, die jeden Häuslebauer früher oder später beschäftigen, lernen die Schüler des Schickhart-Gymnasiums im deutschen Herrenberg ganz praktisch kennen. Gemeinsam mit Architekten, Baubiologen, Städteplanern und anderen Experten planten und bauten sie virtuell das Haus der Zukunft und konnten vor Ort Informationen recherchieren, diskutieren, abwägen und über deren Zukunftsfähigkeit entscheiden lernen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Schüler eignen sich Fachwissen an und üben mit Finanzmitteln umzugehen und Kosten von nachhaltigen und nicht-nachhaltigen Entscheidungen zu vergleichen. SOLARSTROM REDUZIERT CO2-EMISSIONEN. Eine netzgekoppelte Photovoltaikanlage mit 30 KWp maximaler Leistung wurde auf dem Dach des SchickhardtGymnasiums installiert und im Sommer in Betrieb genommen. Die Anlage erzeugt etwa 27.000 kWh Solarstrom im Jahr und spart dabei etwa 16 t Kohlendioxidemissionen ein. Leistung, Ertrag und eingesparte Kohlendioxidemissionen werden auf Schautafeln angezeigt, die Anlagedaten können über einen Datenlogger abgerufen werden. Rund 70 Herrenberger Bürger finanzierten die Photovoltaikanlage durch den Kauf von 100 W-Anteilen und vermieten ihre Anteile für die nächsten 20 Jahre an die
Stadtwerke, die ihrerseits den Betrieb und die Betriebskosten des Sonnenkraftwerks übernehmen. Je nach Finanzierungsart und Marktzins können die Anteilskäufer den Rückfluss ihrer Investitionskosten einschließlich einer kleineren Rendite erwarten. SOLARENERGIENUTZUNG IM STÄDTISCHEN FREIBAD. Klimafreundlich ist in Herrenberg auch die Erwärmung des Wassers im städtischen Freibad: Auf dem benachbarten Stadiondach liegen 400 m2 Solarabsorbermatten. ■
Herrenberg – Schulprojekt „virtuelles Haus“.
„HÄUSLE MIT ZUKUNFT“. ■ HERRENBERG (30.500 Einwohner/ innen), Deutschland ■ Ausgezeichnet mit dem CLIMATE STAR IN DER KATEGORIE 2. PROJEKT: Virtuelle Planung und Bau eines zukunftsfähigen Hauses unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien. Bürgerbeteiligung, Erfahrung mit Solarenergienutzung, Werbung für Solarenergie. Klimaschutz, CO2-Emissionsminderung, Energieeinsparung, Photovoltaikanlage auf dem Schuldach, Solaranlage für das Freibad auf dem Stadiondach: Einsparungen/a: 150.000 kWh Erdgas, rund 40 Tonnen CO2. ■ KONTAKT: Dr. Konrad Herz, e-mail: KonradHerz@aol.com, Maya Wulz, e-mail: wwulz@t-online.de, D-71083 Herrenberg,
KLIMABEWUSSTSEIN AUF KNOPFDRUCK. „Man muss den Menschen den Klimaschutz praktisch begreifbar machen“, betont Wolfgang Mehl, Geschäftsführer und Bundeskoordinator des Klimabündnis Österreich. U&G: Wie können Gemeinden ihre Bürger/innen zum Klimaschutz bewegen? MEHL: Menschen können nur mittragen, was sie verstehen. Das zeigt sich beim Siegerprojekt Greußenheim und bei vielen anderen Projekten. Wir müssen den Menschen vor Augen führen, warum wir etwas für das Klima tun müssen und was sie davon haben. Gemeindefunktionäre haben starke Vorbildwirkung, besonders in kleineren Gemeinden. Wenn der Bürgermeister selbst auf das Fahrrad steigt oder zu Fuß geht, sehen die Bürger, dass etwas dran sein muss an diesem Gedanken.“ U&G: Wo müssen die Gemeinden ansetzen? MEHL: Indem sie den Bürger/innen begreifbar machen, welche Vorteile kli-
mafreundliches Handeln bringt. Jeder Häuslbauer muss sehen, wie viel Geld er auf der Straße liegen lässt, wenn er nicht die Kraft der Sonne nutzt und durch kurzsichtiges Sparen bei der Dämmung laufend deutlich höhere Energiekosten bezahlen muss. Jeder Pendler muss begreifen, dass ihm durch öffentliche Verkehrsmittel Staus, Parkplatzsuche und ständig steigende Benzinpreise erspart bleiben und dass er damit genau die Luft vor Verschmutzung bewahrt, die er selber atmet. U&G: In welchem Rahmen vermittelt man das am Besten? MEHL: Dafür gibt es kein Patentrezept, aber viele zukunftsweisende Projekte. Die Gemeindezeitung ist ein wichtiges Instrument,
Kein Patentrezept für Bewusstseinsbildung. Klimaprojekte sollen in den Schulen verankert werden.
aber man kann noch mehr tun. Klimaschutzprojekte sollen in den Schulen und Vereinen der Gemeinde verankert werden; viele Projekte, die sich um einen Climate Star beworben haben, setzen schon ganz gezielt auf diesen Aspekt. Wunderbar ist auch die Idee des Preisträgers Langenegg, wo auf einer Tafel alle Gebäude der Gemeinde, in denen alternative Energieträger genützt werden, mit Leuchtdioden ausgestattet wurden. Das ist Bewusstseinsbildung auf Knopfdruck. ■
DEN TREIBHAUSEFFEKT STOPPEN HELFEN. Alternative Energie soweit das Auge reicht: Greußenheim in Deutschland sagt mit einer Fülle von Projekten dem Klimawandel den Kampf an. Die Bürger sind es in der 1.700-Seelen-Gemeinde Greußenheim, die beim Umweltschutz das Sagen haben. In Workshops, Events, Bürgerforen und Publikationen entwickeln sie ihren ganz persönlichen Beitrag, um dem Treibhauseffekt entgegenzuwirken. Ausgangspunkt war die Agenda 21, ein Beschluss der Umweltkonferenz der Vereinten Nationen 1992 in Rio: Kommunen übernehmen Verantwortung für die nachhaltige Entwicklung. Herausgekommen ist eine Fülle an Projekten rund um Klimaschutz und Alternativenergien. 70 Hektar intensives Ackerland wurden in eine Streuobstwiese umgewandelt; der Nitratgehalt des Trinkwassers reduzierte sich dabei fast um die Hälfte. Im Neubaugebiet Eselsweg hat ein zentrales Heizwerk die vielen einzelnen Heizölbrenner abgelöst und versorgt die Haushalte nun mit Energie aus kalt gepresstem Pflanzenöl. Dieses reine Pflanzenöl (Rapsöl) findet auch als Treibstoff in PKW’s bei privaten Abnehmern Verwendung und Herbst 2002 / UMWELT & Gemeinde
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DIE RICHTIGE ADRESSE ZUM KLIMABÜNDNIS:
Prima Klima durch Biosprit und Sonnenkraft. sichert so den Absatz der Landwirte in der Region. Andere Familien nutzen die Photovoltaik zur Stromerzeugung. Im gegenüber liegenden Ortsteil versorgt eine Holzhackschnitzelheizanlage neun öffentliche Gebäude und mehrere Haushalte mit Wärme und Warmwasser. So werden pro Jahr 70.000 Liter Heizöl gespart. ■
„ENERGIEMIX 2002: DEN TREIBHAUSEFFEKT STOPPEN HELFEN“. ■ GREUSSENHEIM (1.700 Einwohner/innen), Deutschland ■ Ausgezeichnet mit dem CLIMATE STAR IN DER KATEGORIE 1. PROJEKTE: Heizkraftwerk (Pflanzenöl), Holzhackschnitzelanlage, Solaranlagen, Photovoltaik, Erdwärmespeicher, Niedrigenergiehaus, Pflanzenölmotoren im PKW, Wasserschutzgebiet mit Lehrpfad als Streuobstwiese, Vernetzung von Biotopen, landschaftsgerechte Gestaltung im Dorf. ■ KONTAKT: Raimund Fischer, Agenda 21-Beauftragter der Gemeinde Greußenheim, Sonnenstraße 9. D-97259 Greußenheim, e-mail:hedirai@t-online.de, http//www.Greußenheim.de
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■ KLIMA-BÜNDNIS/ ALIANZA DEL CLIMA E.V., D-60486 Frankfurt am Main, Galvanistr. 28, Tel.: 0049-69/717139-0, Fax: 0049-69/717139-93, e-mail: europe@klimabuendnis.org, Internet: www.klimabuendnis.org
e-mail: oesterreich@umweltberatung.at, Internet: www.umweltberatung.at
■ KLIMABÜNDNIS ÖSTERREICH, A-1060 Wien, Mariahilfer Str. 89/24, Tel.: +43-1/5815881, Fax: 5815880, e-mail: office@klimabuendnis.at, Internet: www.klimabuendnis.at (Viele Links zu diversen Organisationen)
■ SÜDWIND NÖ-SÜD, A-2700 Wiener Neustadt, Bahngasse 46, Tel.: +43-2622/24832, Internet: www.oneworld.at
■ KLIMABÜNDNIS NIEDERÖSTERREICH, A-3100 St. Pölten, Wiener Straße 35, Tel.: +43-2742/26967, Fax: DW-30, e-mail: niederoesterreich@klimabuendnis.at ■ MAG. WOLFGANG SOBOTKA, Niederösterreichs Landesrat für Finanzen, Raumplanung & Umwelt, A-3109 St. Pölten, Neue Herrengasse 1, Tel.: + 43-2742/9005-0 Das Land Niederösterreich Internet: www.noel.gv.at ■ UMWELTBÜRO NIEDERÖSTERREICH, Tel.: +43-2742/22 633, e-mail: thomas.balluch@umweltbuero.at, Internet: www.umweltbuero.at ■ „DIE UMWELTBERATUNG“ VERBAND DER ÖSTERREICHISCHEN UMWELTBERATUNGSSTELLEN, A-1140 Wien, Linzerstraße 16/3. Stock, Tel.: +43-1/804 84 67, Fax: 803 32 32 32,
■ „DIE UMWELTBERATUNG“ NIEDERÖSTERREICH, A-3100 St. Pölten, Wiener Straße 54, Stiege A, Tel.: +43-2742/71829, Fax: DW 120
■ EUROPÄISCHES PROGRAMM FÜR DEN KLIMAWANDEL, (European Climate Change Programme), Internet: http://europa.eu.int/ comm/environment/climat/eccp.htm ■ ÖSTERREICHISCHER KLIMABEIRAT, (ACCC, Austrian Council on Climate Change), Internet: http://www.accc.gv.at – Die Seite bietet tolle Links zu internationalen Organisationen und Forschungsstellen. ■ PLATTFORM FÜR INNOVATIVE ENERGIE-TECHNOLOGIE, Initiative des Verkehrsministeriums mit Vernetzung aller relevanten Uni-Institute, Forschungsstellen, Agenturen und zahllosen Infos bis hin zu den Anbietern, Internet: www.energytech.at ■ ENERGIEVERWERTUNGSAGENTUR, (Austrian Energy Agency), Internet: www.eva.wsr.ac.at ■ ÖGUT, Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik, Internet: www.oegut.at ■
EUROPAWEITES ENGAGEMENT FÜR DEN KLIMASCHUTZ. 103 europäische Städte und Gemeinden bewarben sich mit innovativen Projekten um den Climate Star. ■ KATEGORIE 1 – (BIS 10.000 EW.): Aspach (D) Bad Hofgastein (A) Bellusco (I) Bruck/Leitha (A) Cutigliano (I) Ebensee (A) Ebreichsdorf (A) Eschenau (A) Feldkirch (A) Gaspoltshofen (A) Geesthacht (D) Gleisdorf (A) Globasnitz (A) Gornji Grad (SLO) Greußenheim (D) Griesheim(D) Grimmenstein (A) Gurk (A) Herrenberg (D) Hirschberg (D) Illnau-Effretikon (CH) Kirchberg/Pielach (A) Kremsmünster (A) Kristianstad (S) Laatzen (D) Landed District Rybnik (PL) Langenegg (A) Lecco (I) Lembach (A) Lienz (A) Luxenburg (L) Luzern (CH) Mäder (A) Mandelbachtal (D) Markt-Hartmannsdorf (A) Merzig (D)
Mörfelden – Walldorf (D) Oederan (D) Roeser (L) Schamebeck (D) Uhldingen-Mühlhofer (D) UnterrabnitzSchwendgraber (A) Weiz (A) Werfenweng (A) Winsko (PL) Wolfurt (A) Wolkersdorf (A) Ziersdorf (A) Zwischenwasser (A) ■ KATEGORIE 2 – (10.000 – 100.000 EW.): Altötting (D) Amstetten (A) Ansfelden (A) Aquin, Jeremie (Haiti) Baden (A) Delmenhorst (D) Dillingen – Saar (D) Ditzingen (D) Donauschingen (D) Ebersbach Fils (D) Einbeck (D) Emden (D) Engen (Hegau) (D) Ettlingen (D) Galway (IRL) Garbsen (D) Herdecke (D) Hollabrunn (A) Illich-Graffenstaden (F) Norderstedt (D) Nürtingen (D)
Ostfildern (D) Portomaggiore Ferrara (I) Rybnik (PL) Rydultowy Municipality (PL) Saalfelden (A) Schenkenfelden (A) Schwaz (A) Somma Lombardo (I) Springe/Deister (D) St. Nikolai (A) St. Pölten (A) Tulln (A) Tuttlingen (D) Villach (A) Waidhofen an der Ybbs (A) Wolfurt (A) Wolkersdorf (A) Würselen (D) ■ KATEGORIE 3 – (ÜBER 100.000 EW.): AG Düsseldorf, Köln, Münster (D) Albertslund (DK) Barcelona (E) Basel (Kanton) (CH) Berlin (D) Bern (E) Bristol (GB) Brussel (B) Buckinghamshire (GB) Calw (D) Dublin (IRL) Landkreis Elbe-Elster (D) Landkreis Emsland (D) Erlangen (D) Frankfurt a. Main (D)
Freiburg i. Breisgau (D) Fürstenfeldbruck (D) Göteborg (S) Graz (A) Grenobloise (F) Hagen (D) Hamburg (D) Hannover (D) Heidelberg (D) Landkreis Kassel (D) Leicester (GB) Lille (F) Linköping (S) Linz (A) Mainz (D) Malmö (S) Modena (I) Mühlheim an der Ruhr (D) München (D) Münster (D) Bundesland Oberösterreich (A) Oslo (N) Ostholstein (D) Parma (I) Potsdam (D) Reggio Emilia (I) Remscheid (D) Rheinisch-Bergischer Kreis (D) Saarbrücken (D) Salzburg (A) Southampton (GB) Stuttgart (D) Thessaloniki (GR) Wien (A) Wolfsburg (D) Wuppertal (D)
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