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Österreichische Post AG, MZ 02Z031986 M Klimabündnis Österreich, Prinz-Eugen-Straße 72/1.5, 1040 Wien
durchatmen die Klimabündnis-Zeitschrift.
Wir kaufen jetzt bewusst Nachhaltige Beschaffung
Der Weg zum nachhaltigen Einkauf. Liebe PartnerInnen des Klimabündnis, wir haben unserer Zeitschrift diesmal den Titel „Wir kaufen jetzt bewusst“ gegeben. Sie fragen sich vielleicht: Ist das überhaupt möglich? Und ist das der richtige Ansatz?
Foto: Klimabündnis
Wenn Sie mitverfolgen, wie sich der Earth Overshoot Day entwickelt, werden sie vermutlich skeptisch sein. An diesem Tag hat die Menschheit insgesamt bereits alle Ressourcen beansprucht, die das Ökosystem Erde in diesem Jahr nachhaltig bereitstellen kann. Für den Rest des Jahres leben wir danach im ökologischen Defizit (overshoot). Weltweit war der Overshoot Day heuer bereits am 2. August. In Österreich sogar noch deutlich früher: am 11. April.
Aus der Redaktion:
Unsere Zeitschrift können Sie jetzt mit noch besserem Gewissen lesen. Ab sofort wird durchatmen von der Druckerei gugler in Melk nach dem Cradle to Cradle-Konzept produziert. Wie in der Natur gibt es keinen Abfall – alle Substanzen bleiben in Kreisläufen erhalten.
SO:FAIR Bestbieter
Gütesiegel
Unser Konsumverhalten muss sich also schleunigst ändern. Städten, Gemeinden, Bildungseinrichtungen und Betrieben kommt dabei eine besondere Rolle zu. Einerseits durch ihre eigene Beschaffung und andererseits als Vorbild. Die Beschaffung sollte sich an den drei Eckpfeilern eines nachhaltigen Lebensstils orientieren: Suffizienz, Effizienz und Gerechtigkeit. Kaufen Sie nur das, was Sie wirklich brauchen. Achten Sie auf die Lebensdauer sowie Haltbarkeit. Wählen Sie als Entscheidungskriterium die Gesamtkosten aus Einkauf und Gebrauch. Meist sind die billigsten Angebote nicht die besten. Gütesiegel bieten wiederum eine gute Orientierung, wenn Sie nach ökologischen und fairen Produkten und Dienstleistungen suchen. Um auf die Einstiegsfrage zurückzukommen: Ja, es ist möglich. Wie, das zeigen wir Ihnen wieder mit Good-Practice-Beispielen. Diesmal aus Traun, Köstendorf, St. Pölten und Feldkirchen. Schlagen auch Sie diesen Weg ein – beim privaten Konsum genauso wie in der Beschaffung. Gemeinsam können wir viel bewegen! Siga esse caminho você também – no consumo privado bem como na contratação pública. Juntos fazemos a diferença!
Markus Hafner-Auinger Geschäftsführer Klimabündnis Österreich
Gesamtkostenprinzip
Cradle to Cradle
naBe
Beschaffungsgruppen
Ausschreibung Direktvergabe
Medieninhaber, Herausgeber, Verleger: Klimabündnis Österreich, Prinz-Eugen-Straße 72/Top 1.5, A-1040 Wien, T: 01/581 58 81, E: office@klimabuendnis.at • Redaktion: Hannes Höller, Lisa Prazeller, Richard Schachinger, Andreas Strasser • Graphik: Daniela Waser | Icons von https://thenounproject.com lizensiert unter CC BY 3.0: Tree by Grant Taylor, People by Doub.co, Network by Guilhem, Austria by Sergey Demushkinlipi, Speech Bubbles by lipi, Garland by Oksana Latysheva, Task by Yo! Baba, Tree by Creative Mania • Layout: Andreas Strasser • Anzeigen: Anita Zrounek • Druck: Gugler GmbH, Melk, mit Druckfarben auf Basis nachwachsender Rohstoffe • Papier: Pureprint • Erscheinungsweise: viermal jährlich • Offenlegung laut §25 Mediengesetz: Die Zeitschrift des Klimabündnis Österreich dient der Information aller Mitglieder, PartnerInnen sowie allgemein an den Themen Klimaschutz, Klimagerechtigkeit und Klimawandelanpassung Interessierter. © Wien 2017 für alle Beiträge bei Klimabündnis Österreich.
Titelfoto: Karl Grübler, Leiter der Landhausküche in St. Pölten – Interview auf S. 7. Foto: Klimabündnis
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gedruckt nach der Richtlinie „Druckerzeugnisse“ des Österreichischen Umweltzeichens Gugler GmbH • UW 609
Foto: BMLFUW / Christopher Fuchs
LEITARTIKEL
Vom Klopapier zu interaktiven Displays 40 Milliarden Euro pro Jahr. Das Potential für nachhaltige öffentliche Beschaffung in Österreich ist enorm. Für ökologische Reinigungsmittel und Druckpapiere gibt es eine eigene Datenbank. Die Initiative „Clever einkaufen fürs Büro“ bietet eine Übersicht über umweltfreundliche Büroartikel. Wer an energieeffizienten IT-Geräten interessiert ist, kann einen Lebenszykluskosten-Rechner nutzen. In die Welt der Energieeffizienz kann man auf der Webseite topprodukte.at eintauchen. Von LED-Lampen über Haushaltsgeräte bis zum Ofen gibt es Vergleiche und Bewertungen.
Bei Baumaterialien steht wiederum die Datenbank „baubook ökologisch ausschreiben“ zur Verfügung. Für Feste bietet die Green Events Austria Tipps. Als unabhängiges Gütesiegel für Umwelt und Qualität ist zudem das Österreichische Umweltzeichen bekannt. Beschaffungsverantwortlichen im öffentlichen Bereich stehen heute viele Wege für eine nachhaltige Beschaffung offen. Begonnen hat alles mit einzelnen Projekten zum umweltfreundlichen Einkauf von Städten wie Linz und Graz. Villach war die erste Stadt, die ab 1994 fair gehandelten Kaffee bzw. Tee ausgeschenkt hat. 1998 hat die Stadt Wien das Programm „ÖkoKauf Wien“ ins Leben gerufen. „Bei uns waren umweltfreundliches Klo- und Kopierpapier die ersten Produkte“, erinnert sich Dietmar Lenz. Er ist beim Umweltverband in Vorarlberg für verdurchatmen 4/2017
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LEITARTIKEL
Faire Bio-Bananen & das Klimafrühstück. Was früher zäh war, ist heute selbstverständlich. Bis 2006 war ich bei der Firma Spar für den Zentraleinkauf zuständig. Zwei meiner Babys, auf die ich besonders stolz bin, sind faire Bio-Bananen und faire Rosen. Ich war bei der Geburtsstunde dabei und habe sie gemeinsam mit FAIRTRADE Österreich in den Markt eingeführt. Mittlerweile werden sie im kompletten Handel angeboten. Auch in unserer Gemeinde versuchen wir die Botschaft des fairen Handels weiterzugeben. Das gelingt uns gemeinsam mit unserem lokalen Einzelhändler beim bereits traditionellen Klimafrühstück sehr gut. Biologische und faire Produkte können gekostet werden, gleichzeitig liefern wir auch Infos wie die Herkunft dazu. Mit einem Zeichenwettbewerben binden wir zudem immer unsere Kinder ein. Das Feedback ist sehr gut. Zuletzt kamen über 130 Leute. Bewährt hat sich auch unser JungfamilienGeschenkkorb. Auf diesem Weg können wir auf nachhaltige Produkte hinweisen. Er enthält unter anderem Bio-Waschmittel, Stoffwindeln und eine LED-Leuchte. Herbert Wandl Bürgermeister von Gerersdorf
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der Leuchten einbringen. Auf Bundesebene wurde 2010 im Ministerrat der Österreichische Aktionsplan zur nachhaltigen öffentlichen Beschaffung (naBe-Aktionsplan) angenommen. Der naBe-Aktionsplan enthält neben Zielen und Maßnahmen auch konkrete Umweltkriterien für Produkte aus 16 Beschaffungsgruppen. Federführend ist das BMLFUW. „Wir unterstützen die Koordination der Aktivitäten auf Bundes- und Länderebene und nutzen Synergien“, so Karin Hiller vom BMLFUW. Das größte Potential sieht Hiller bei den Gemeinden, für die sie auch einen Tipp hat: „Verankern Sie mit einem Gemeinderatsbeschluss die Umsetzung eines nachhaltigen Beschaffungskonzepts. Das erleichtert der Verwaltung die Arbeit. Auf unserer Website www.nachhaltigebeschaffung.at bieten wir dazu ein Muster für so einen Beschluss.“ HANNES HÖLLER
MITGLIEDERPORTRAITS EZA Fairer Handel Standort: Köstendorf, Salzburg-Umgebung MitarbeiterInnen: 80 Klimabündnis-Betrieb seit: 2001
Foto: EZA Fairer Handel/mawi
Kolumne
Foto: Philipp Monihart
gaberechtliche Begleitung im ÖkoBeschaffungsService zuständig. „2001 sind wir gestartet, mittlerweile umfasst unser Angebot 46 Produktgruppen. Die nächste Gruppe ist interaktive Displays für Schulen – als Nachfolge für Schultafeln“, so Lenz. Gemeinden profitieren mehrfach: reduzierter Zeitaufwand sowie höhere Rechtssicherheit für Ausschreibung, Vergabe und Beschaffung. Lenz: „Wir bieten hochwertige Produkte, die mit fertig verhandelten Verträgen beschafft werden können. Das Auftragsvolumen ist Jahr für Jahr größer geworden. Heute beträgt es bereits 5,3 Millionen Euro“. Viele Bundesländer sind dem Beispiel gefolgt. Seit 2015 stellt das Beschaffungsservice Niederösterreich LED Straßenleuchten für Gemeinden zum Kauf bereit. Die Gemeinden wurden über den gesamten Prozess mit eingebunden. Sie konnten ihre Expertise u.a. bei der Erstellung der Kriterien oder bei der Bemusterung
Mexikanische Kaffeekleinbauern in Chiapas mit Kaffee Organico. Ihre Genossenschaft ist Partnerorganisation der EZA
Fairer Handel als gelebte Praxis
Die EZA hat den Fairen Handel 1975 in Österreich begründet und setzt sich für menschenwürdige Arbeitsbedingungen, umweltschonende Produktionsweisen und Transparenz entlang der Lieferkette ein. Zugleich schärft die EZA das Bewusstsein für Fairen Handel. Das Sortiment ist immer größer geworden. Neben Lebensmitteln wie Kaffee, Tee und Schokolade gibt es heute auch Bio-Kosmetik, sozial- und umweltverträgliche Kleidung, Modeaccessoires und Kunsthandwerksartikel. Die EZA beliefert vor allem Weltläden, den Lebensmitteleinzelhandel sowie den Naturkostfachhandel. Dahinter stehen rund 150 Partnerorganisationen in Lateinamerika, Afrika, Asien und dem HANNES HÖLLER Nahen Osten.
MITGLIEDER
Erfolgsprinzip: Qualität vor Quantität
Das größte Lob ist, dass wir jetzt keine Beschwerden mehr hören.
Fotos: Stadtgemeinde Traun
Traun Standort: Linz-Land, Oberösterreich EinwohnerInnen: 24.295 Klimabündnis-Gemeinde seit: 1994
Sozial-fair eingekleidet: die Feuerwehr und MitarbeiterInnen im Kindergarten.
Die Einkaufsliste für Kleidung wurde immer länger. Gleichzeitig stiegen aber auch die Beschwerden. Das war weder für die Stadt Traun noch für deren MitarbeiterInnen zufriedenstellend. „Damals war klar, dass wir etwas ändern müssen“, denkt Michaela Meindl zurück. Die zentrale Einkäuferin der Stadtgemeinde recherchierte und kam zum Schluss, dass der Weg zum Erfolg nur über „Qualität vor Quantität“ führen kann. Seit 2013 wird jetzt sozial-faire Kleidung gekauft. Mit fairen Bio-Poloshirts oder Arbeitsmänteln werden die MitarbeiterInnen der Feuerwehr, Wasserwehr, des Schülerhorts und Kindergartens sowie Reinigungskräfte ausgestattet. Die MitarbeiterInnen des Schwimmbads erhielten zudem 30 Sonnenbrillen aus Natur- und Recyclingmaterialien. „Das größte Lob ist, dass wir jetzt keine Beschwerden mehr hören. Der Umstieg auf faire Kleidung hat sich bewährt. Was sich nicht geändert hat, sind die Ausgaben – und das ist ebenso positiv“, so Meindl. Durch Auszeichnungen wie den Europäischen Fair Cotton Award und den SO:FAIR Award fiel es auch leichter, Unterstützung von politischer Seite zu bekommen. Ein einstimmiger Gemeinderatsbeschluss für nachhaltige Beschaffung war eine zentrale Weichenstellung. H.H.
Das Umweltteam und die Schmankerlstraße
Foto: Ursula Puchinger
Nachhaltige Beschaffung zieht sich NMS Feldkirchen an der NMS Feldkirchen durchs Standort: Graz Umgebung, ganze Schuljahr. „Wir führen seit Steiermark 2004 das Umweltzeichen und sind Klimabündnis-Schule seit: 2005 ÖKOLOG-Schule. Alle machen mit – SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern“, so Ursula Puchinger vom Umweltteam. Auf ökologische und soziale Kriterien wird geachtet. Vom Putzmittel über Papier bis zur IT. Kooperationen gibt es mit dem Umweltbildungszentrum Die Slow-Food-Gruppe legte beim Hochbeet gleich selbst Hand an. und dem Abfallwirtschaftsverband Graz Umgebung. Im Rahmen der 50-Jahr-Feier der Schule wurde das Thema Slow Food aufgegriffen. Zunächst recherchierten die SchülerInnen zu Themen wie Permakultur, Käseherstellung und Wurstverarbeitung. Daran schlossen Lehrausgänge zu Produktionsbetrieben. In einer Schmankerlstraße konnten die Gäste bei der Schulfeier regionale, saisonale und biologische Lebensmittel verkosten. HANNES HÖLLER durchatmen 4/2017
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PARTNERSCHAFT
SO:FAIR
Frauen der Kaffeekooperative „KNCU“ in Tanzania.
Städte sich zu einer sozial verantwortlichen Beschaffung bekennen. Gestartet haben wir diese Initiative vor mehr als 10 Jahren gemeinsam mit Südwind, FAIRTRADE, Florian Schönthal-Guttmann Unternehmensberatung, Clean Clothes Kampagne, IFZ und ÖkoKauf Wien. Wir beraten Städte, Gemeinden und öffentliche Einrichtungen zu sozial fairer Beschaffung und organisieren Informations- und Netzwerkveranstaltungen. Unser Schwerpunkt liegt auf Produktgruppen, die im Inland nicht produziert werden können (wie Kaffee oder Baumwolle) oder die derzeit hauptsächlich importiert werden (wie Textilien, Steine, IT-Geräte). Zudem bieten wir Kriterienkataloge, Schulungen und eine Sammlung von Good-Practice-Beispielen. Nicht zuletzt schafft die Initiative Öffentlichkeit für das Thema und holt mit dem SO:FAIR Award besonders engagierte öffentliche AuftraggeberInnen vor den Vorhang. Gefördert wird SO:FAIR derzeit von der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit sowie den Ländern NÖ, OÖ und Salzburg. www.sofair.at
Globale Ziele san ned deppat 17 UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung. Klingt kompliziert, ist es aber nicht. Das Klimabündnis erklärt in einem kompakten Heft die Zusammenhänge und zeigt Wege auf. Passend zu unserem Schwerpunkt lautet Ziel 12: Nachhaltiger Konsum und Produktion. www.klimabuendnis.at/sdg-booklet
Ratgeber für Städte und Gemeinden Das BMLFUW hat gemeinsam mit dem Klimabündnis die Broschüre „Nachhaltig beschaffen – eine Orientierung für Städte und Gemeinden“ erarbeitet. Der praktische Leitfaden richtet sich an Beschaffungsverantwortliche und unterstützt beim Einkauf nachhaltiger Produkte oder Dienstleistungen. www.nachhaltigebeschaffung.at/good-practice-beispiele 6
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Foto: Tineke D‘haese
Foto: Klimabündnis
Können Sie mit Fairem Handel etwas anfangen? Wissen Sie, warum sie zu fair gehandelten Produkten greifen sollten? Kennen Sie vielleicht sogar einige? Höchstwahrscheinlich werden Sie nicken und sich denken, was diese Fragen sollen. Wenn wir nach unseren größten Erfolgen in der Partnerschaft mit indigenen Völkern befragt werden, sprechen wir immer auch über fairen Handel. Das, was heute für immer mehr selbstverständlich ist, war es zur Zeit der Gründung des Klimabündnis vor 27 Jahren keinesfalls. Gemeinsam mit Partnern wie der EZA, Südwind und den Weltläden haben wir dazu beigetragen, das Bewusstsein für sozial und fair hergestellte Produkte in Österreich zu schärfen. Bei Besuchen unserer PartnerInnen vom Rio Negro haben wir immer auch fair gehandelte Lebensmittel mit dabei. Faire Schokoriegel oder fairer Kaffee werden gerne verkostet und sorgen für Energie. Für viele GemeindevertreterInnen ist das ein schöner Einstieg in eine Welt, in der menschenwürdige Produktionsbedingungen auch in den Ländern des Südens garantiert sind. Als Leiterin des Projekts SO:FAIR freut es mich, dass immer mehr Gemeinden und
Foto: Klimabündnis
Foto: FreePhotosArt/Pixabay
Bericht von Felicitas Egger, Klimabündnis Oberösterreich
Biologisch gut fair kocht
KarlOmann, Grübler,Volkswirtin Leiter derund Landhausküche Ines UmweltsystemSt. Pölten beim Amt der an verschiedenen wissenschafterin, arbeitete Niederösterreichischen Landesregierung. Forschungsinstituten, derzeit am Institut für ökologiDer gelernte Koch ist seit vier Jahrzehnten in als sche Ökonomie der WU Wien sowie selbständig der Gastronomie tätig. Für die konsequente Moderatorin und Prozessbegleiterin. Aktueller Verwendung fairer, ist regionaler und biologischer Arbeitsschwerpunkt die Entwicklung und UnterLebensmittel wurde er unlängst mit dem stützung sozial-ökologischer TransformationsprozesSO:FAIR ausgezeichnet. se. Sie warAward FEMtech Expertin des Monats April.
Karl Grübler im Interview.
Wie stellt man einen Betrieb wie die Landhausküche in St. Pölten auf „bio“ und „fair“ um? Karl Grübler: Man muss wissen, was man will: Uns ist wirtschaftliche, ökologische, soziale und moralische Verantwortung wichtig. Und auch das Wissen, dass selbst kleine klimafreundliche Anpassungen unserer Speisen große Wirkung haben. Hilfreich war dabei natürlich auch der Landtagsbeschluss, den Anteil an Bio-Lebensmitteln in Landeseinrichtungen auf mindestens 25 % anzuheben – da liegen wir inzwischen weit darüber. Welche Tipps haben Sie für KollegInnen und Interessierte, die Ähnliches andenken? Man braucht einen langen Atem und viel Geduld. Wir haben Bio-Lebensmittel erstmals vor ca. 25 Jahren eingesetzt. Der Weg zu einem „bio“ und „fair“ ausgerichteten Gastronomie-Betrieb geht nur in vielen kleinen Schritten und auch nur mit BegleiterInnen, die Experimenten und Veränderungen gegenüber offen sind. Und ohne eine Einbeziehung der Gäste – wir haben rund 1.400 pro Tag und über 300.000 im Jahr – funktioniert eine Umstellung nicht. Auf die kommt bei so einem Vorhaben auch einiges zu: Viel Neues und vermutlich auch teurer … ? Wir haben dazu vorab eine Umfrage gestartet, um sehen zu können, wie das ankommt. Wir haben gewusst, dass Interesse für ein Bio-Angebot besteht und auch die Bereitschaft vorhanden
Foto: Wolfgang Simlinger
NACHGEFRAGT
ist, für qualitativ hochwertigere Produkte etwas mehr zu bezahlen. Das war für uns ein wichtiger Aspekt auf diesem Weg. Und teurer müssen die Speisen bei anderer Gestaltung des Menüplans nicht werden. Wenn man regional und saisonal einkauft, zudem die Fleischportionen etwas reduziert und köstliche Alternativen anbietet, ist bio leistbar. Dabei geht es nicht um Verzicht: Unser Motto ist „Klasse statt Masse!“. Und wenn Fleisch auf den Teller kommt, ist es zu 100 % regional und aus biologischer Landwirtschaft. An den Zahlen und am Zuspruch der Gäste gemessen ist das Konzept also aufgegangen? Ja und vor allem deshalb, weil alle an einem Strang ziehen: Die Politik, die MitarbeiterInnen, unsere Gäste und auch unsere Lebensmittel-ProduzentInnen und Zuliefernden. Letztere sind in unserem Alltag in speziellen Schwerpunktwochen auch persönlich mit Infoständen und -tischen im Speisesaal eingebunden. Der direkte Kontakt zwischen KonsumentInnen und ProduzentInnen ist uns sehr wichtig. Da findet ein reger Austausch statt, z. B. vor kurzem mit ExpertInnen der Gartenbauversuchsanstalt und Bio Austria über die Möglichkeit, Wintergemüse auch bei Minusgraden ohne beheiztes Glashaus und damit klimafreundlich zu ziehen. Herzlichen Dank für das Interview. Das Interview führte Andreas Strasser. Die ungekürzte Version finden Sie unter www.klimabuendnis.at/nachgefragt
Beschaffungstipps im Lehrgang
Foto: Klimabündnis Tirol / Reuter
Im März startet der nächste Klimaschutz-Lehrgang in Knittelfeld. Dass man „nachhaltig beschaffen“ auch lernen kann, präsentieren die Vortragenden Gudrun Walter (Land Steiermark), Elisabeth Schinzel (Südwind) und Hans Preitler (Marktgemeinde Gratkorn). www.klimabuendnis.at/lehrgaenge
Natürlich feiern wir! Ob Silvesterfeier, Sportveranstaltung oder Gemeindefest – mit gutem Gewissen feiert man besser. Von der Anreise über die Verpflegung bis hin zur Abfallvermeidung gilt es viele Kriterien zu beachten, die eine nachhaltige Veranstaltung ausmachen. Die GREEN EVENTS-Initiativen sind in jedem Bundesland vertreten und stehen den VeranstalterInnen mit Rat und Tat zur Seite. www.greenevents.at durchatmen 4/2017
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Woran Sie sozial faire Kleidung erkennen: Die Fair Wear Foundation ist eine Organisation, die gemeinsam mit ihren Mitgliedsunternehmen an der Umsetzung von sozialen Standards in den Fabriken arbeitet. Damit trägt sie wesentlich zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen der NäherInnen bei. Bekleidung, die in den Weltläden angeboten wird, wird nach den Standards des Fairen Handels produziert. ProduzentInnen aus dem Süden sind keine Almosen-EmpfängerInnen, sondern unternehmerisch handelnde Frauen und Männer. Für FAIRTRADE-Baumwolle erhalten die Bauern einen Mindestpreis, der als Sicherheitsnetz zu verstehen ist. Liegt der jeweilige (Welt)Marktpreis darüber, muss der höhere Marktpreis bezahlt werden. Zusätzlich erhalten die ProduzentInnen eine Prämie für soziale und ökologische Projekte. Der Global Organic Textile Standard ist als weltweit führender Standard für die Verarbeitung von Textilien aus biologisch erzeugten Naturfasern anerkannt. Auf hohem Niveau definiert er umwelttechnische Anforderungen entlang der gesamten textilen Produktionskette - auch soziale Kriterien spielen eine Rolle.
Retouren an Postfach 555, 1008 Wien, P.b.b. MZ 02Z031986 M
15 Jahre Klimameilen: Erstmals siegte ein Kindergarten – der KIGA Empersdorf in der Steiermark.
Foto: Klimabündnis Steiermark
www.cleanclothes.at www.wearfair.at