klimabündnis 1/2015

Page 1

Verlagspostamt 1150 WIEN – P.B.B. – GZ02Z031986M Collage: a.strasser (Fotos: Aleksander Mijatovic/Maria Hawle/photka/a.strasser)

01/2015

ZEITSCHRIFT VON KLIMABÜNDNIS ÖSTERREICH

Klimafreundliche Beschaffung • •

von weit weg Die fliegenden Flüsse Amazoniens

... S.

4

Gold liegt schwer im Magen

... S.

5

Unser Boden in fernen Ländern

... S. 14

von ganz nah Wer zahlt, schafft an!

... S.

3

Wie das Geld in der Region bleibt

... S.

8


klimaintro

BEIM BESCHAFFEN KÖNNEN ALLE GEWINNEN!

Foto: Elisabeth Mondl

Diese Ausgabe dreht sich um das Thema „nachhaltige Beschaffung“. Klingt sperrig, ist aber vor allem auf kommunaler Ebene ein zentrales Element im Klimaschutz. Aber was steckt überhaupt hinter diesem Begriff? Nachhaltig beschaffen heißt, hochwertige und umweltfreundliche Produkte und Leistungen zu kaufen, die den Anforderungen von Nachhaltigkeit, Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit gerecht werden. Bei deren Herstellung oder Erbringung zudem soziale Standards wie gerechte Löhne eingehalten werden. Die nachhaltige Beschaffung geht in der Regel über den Einkauf hinaus und schließt auch die Nutzung der Produkte und damit auch das Verhalten der Nutzenden ein. Der Kaufpreis alleine ist somit nicht das einzige Entscheidungskriterium. Eine Win-Win-Win-Situation. Auf der einen Seite werden so ArbeitnehmerInnen gerecht entlohnt und fair behandelt, auf der zweiten werden Ressourcen geschont und langfristig reduzieren sich auch die Kosten für die Beschaffenden. Zahlreiche Klimabündnis-Gemeinden, -Betriebe und -Schulen übernehmen dabei oft schon seit vielen Jahren eine Vorbildfunktion. Wie sie das machen und was andere davon lernen können, lesen Sie auf den folgenden Seiten. Von den Initiativen „ÖkoKauf Wien“ und „SO:FAIR“ bis zu einem Interview mit dem Bürgermeister der Gemeinde Mäder, Rainer Siegele. Natürlich blicken wir auch wieder über den Tellerrand. Wir zeigen, dass Beschaffung viel mit Bodenverbrauch zu tun hat. Im „Internationalen Jahr des Bodens“ werden der Verbrauch und der bewusste Umgang mit der nicht erneuerbaren Ressource Boden thematisiert. In den Fokus rücken wir außerdem das Thema Gold. Oder wussten Sie, dass Österreich ein richtiger Global Player in diesem Bereich ist? Im Parlament haben wir zu diesem Thema gemeinsam mit FAIRTRADE Ende März die österreichischen Abgeordneten zum Nationalrat informiert. Für Klimabündnis-Gemeinden besonders interessant: Im Mai soll mit einem neuen Gesetz die Bundesvergabeordnung nach den Kriterien des fairen und sozialen Handels ausgerichtet werden.

Neu im Klimabündnis: Dennis Fricken, Geograph, ist seit Herbst 2014 bei Klimabündnis Tirol und unterstützt das Team bei Schulworkshops, den SoMo-Days sowie bei allgemeinen Bürotätigkeiten. Rahel Ganzenbacher studiert an der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik und ist seit März bei Klimabündnis Niederösterreich für Sekretariats- und Projektmitarbeit zuständig. Daniel Sperl, Umwelttechniker, koordiniert seit Februar bei Klimabündnis Vorarlberg die Partnerschaftsprojekte in Kolumbien und unterstützt die Regionalstelle in der Öffentlichkeitsarbeit.

Willkommen im Klimabündnis! Gemeinden:

• Niederösterreich: Weinburg. • Steiermark: Mortantsch. Bildungseinrichtungen:

• Niederösterreich: Kindergärten Maria-Theresia, Rotheau und Ziersdorf; Volksschule Waldegg. • Steiermark: Kindergarten Schloss Lustbühel und PVS (Praxisvolksschule) Hasnerplatz, Graz. • Tirol: Volksschule Häselgehr. Betriebe:

• Niederösterreich: Katharina Bancalari (Hohenberg). • Oberösterreich: Technologiezentrum Inneres Salzkam-

mergut GmbH (Bad Ischl), Kleiderladen (Engerwitzdorf), Gemeindeamt, VS Lacken, Kindergarten Lacken (Feldkirchen a. d. Donau), eMoC GmbH – doppler bike & walk, Mag. Veronika Minichberger – Bilanzbuchhaltung, Roth GmbH – Sport 2000 (Gallneukirchen), wildlifegarden (Kematen), Orchideen Handlbauer KG (Lichtenberg), Andreas Hartl, Leopold Grabmair, Kroissmayr Metalltechnik GmbH, Rad & Sport Kiesl GmbH (Linz), Schön für behinderte Menschen gemeinnützige GmbH (Micheldorf), Papplab (Ottensheim), studio b, Wandelgänge e. U. (Reichraming), CreAd – Werbung mit Sinn (Steinbach am Ziehberg). Salzburg: Tischlerei Anton Hirscher (Adnet), Hotel Gasthof Langwies (Bad Vigaun), Elsenwenger Gmbh Tischlerei (Eugendorf), Hotel Tauernhof – Theresia Harml KG (Flachau), Alwi Immobilien GmbH (Grödig), Best Western Hotel Imlauer (Altstadt Salzburg), Best Western Hotel Bräu Imlauer, Crowne Plaza Salzburg – The Pitter, Teppichwerkstatt Einy (Stadt Salzburg), Kinderhotel Post (Unken), Bio Teppichwäsche Einy (Wals-Siezenheim). Wien: HORIZONT3000 (Bestätigung am neuen Standort 1160 Wien).

• Ihr PETER MOLNAR

Geschäftsführer Klimabündnis Österreich Medieninhaber, Herausgeber, Verleger: Klimabündnis Österreich, Prinz-Eugen-Straße 72/Top 1.5, A-1040 Wien, T: 01/5815 881, E: office@klimabuendnis.at • Redaktion: Emil Benesch, Brigitte Drabeck, Friedrich Hofer, Hannes Höller, Marion Kaar, Johann Kandler, Patricia Kandler, Christian Salmhofer, Anna Schwerzler, Andreas Strasser, Sonja Wöhrenschimmel-Wahl • AutorInnen: Martina Daim, Johannes Fechner, Jutta Kellner, Petra Schön • Graphik & Layout: Andreas Strasser • Anzeigen: Anita Zrounek • Druck: Druckhaus Schiner, mit Druckfarben auf Basis nachwachsender Rohstoffe • Papier: Desistar, aus 100 % Altstoffen • Erscheinungsweise: viermal jährlich • Offenlegung laut §25 Mediengesetz: Die Zeitschrift klimabündnis dient der Information aller PartnerInnen, MitarbeiterInnen der beigetretenen Gebietskörperschaften, der tragenden Organisationen, der miteingebundenen Initiativen und Gruppen sowie allgemein an den Themen Klimaschutz, Umwelt- und Entwicklungspolitik Interessierter. © Wien 2015 für alle Beiträge bei Klimabündnis Österreich. gedruckt nach der Richtlinie „Druckerzeugnisse“ des Österreichischen Umweltzeichens Druckhaus Schiner Krems • UW 714

In Österreich haben sich alle Bundesländer, über 960 Städte und Gemeinden, rund 920 Betriebe sowie rund 450 Schulen und Bildungseinrichtungen dem Klimabündnis angeschlossen. Europaweit sind es 1.700 Städte und Gemeinden in 24 Ländern.

DEVELOPING EUROPE Versorgungssicherheit vor Ort stärken Internationale Jahreskonferenz und Mitgliederversammlung des Klima-Bündnis 22.–25. April • Dresden • Deutschland

www.klimabuendnis.org

Fotos: Klimabündnis Tirol • Privat

2


3

Klimaschonende Lösungen gibt es für alle Bereiche des Beschaffungswesens: Für den Büroalltag, das kommunale Bauen und für all die kleinen Besorgungen.

Wer zahlt, schafft an! W

er zahlt, schafft an. Besonders viel schafft das öffentliche Auftragswesen an. Es macht knapp ein Fünftel des europäischen Bruttoinlandsprodukts aus. Aus guten Gründen gelten für Aufträge der öffentlichen Hand eine Reihe von Regelungen. Man könnte auch erwarten, dass die Ziele des Umwelt- und Klimaschutzes gerade in diesem Bereich gut verankert sind. Sind sie aber nicht. „Umweltfreundliche öffentliche Beschaffung ist freiwillig“, stellte Robert Kaukewitsch von der EUKommission anlässlich der Tagung 15 Jahre ÖkoKauf Wien im Oktober fest – mit einigen Ausnahmen wie z. B. Gebäude- und Energieeffizienzrichtlinie. Es bleibt also Städten und Gemeinden weitgehend überlassen, wie ernst sie umweltfreundliche Beschaffung wirklich nehmen und so betreibt nur die Hälfte überhaupt irgendeine Art umweltfreundlicher Beschaffung. Es geht auch besser. Die Niederländer zum Beispiel beschaffen auf nationaler Ebene nur mehr „green“, die Kommunen ziehen nach.

● Eine Verstärkung der Nachfrage nach nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen ist der beste Hebel für nachhaltige und klimaschonende Angebote. ● Wenn der Beschaffer auch die Lebenszykluskosten tragen muss, sind nachhaltigere Angebote oft auch finanziell günstiger. ● Die Wirkungsanalyse aus Wien zeigt, dass „ÖkoKauf Wien“ jährlich Kosten von 1,5 Millionen Euro und 15.000 Tonnen CO2 einspart. Dazu kommen bis zu 40 % weniger Reinigungsmittel bei gleicher Reinigungsleistung, weniger Lösungsmittelausstoß in Innenräumen durch umweltfreundliche Bauprodukte. ● Öffentliche Auftraggeber sollen als Vorbild für private KonsumentInnen und Unternehmen agieren und die Anbieter bewegen, ihr Angebot an nachhaltigeren Lösungen zu steigern. www.oekokauf.wien.at www.nachhaltigebeschaffung.at

„ÖkoKauf Wien“ Die Stadt Wien setzt mit ÖkoKauf Wien seit fünfzehn Jahren auf klare Kriterien für die Beschaffung und einen Erlass des Magistratsdirektors. Demnach sind alle Ergebnisse von „ÖkoKauf Wien“ verbindlich anzuwenden. Anlässlich der Tagung „15 Jahre ÖkoKauf Wien“ wurden aktuelle Themen – von TTIP bis zu den Chancen von großen und kleineren Betrieben bei der Auftragsvergabe – diskutiert und die Ergebnisse festgehalten. Jetzt gibt es sogar Interesse seitens der Wirtschaftsuniversität Wien, Fragen, die aufgeworfen wurden, mit wissenschaftlichen Arbeiten zu klären. Vor allem Klimabündnis-Gemeinden sind dazu eingeladen, den Einkauf Ihrer Gemeinde ins Visier zu nehmen. Wenn der Entschluss einmal gefasst ist, hier etwas zu verbessern, dann gibt es keinen Mangel an guten Empfehlungen und Unterlagen. JOHANNES FECHNER *)

info!

http://sppl.at

Foto: Paris Tsitsos

Fotos: „ÖkoKauf Wien“

Das Beschaffungswesen als steuernde Größe für mehr Nachhaltigkeit?

Wenn Argumente fehlen ...

Ausstellung

15 Jahre „ÖkoKauf Wien“ 16. – 17. April Rathaus Wien

*) Der Autor berät als geschäftsführender Gesellschafter der 17&4 Organisationsberatung und Lehrbeauftragter u. a. die Stadt Wien bei der Weiterentwicklung der ökologischen Beschaffung und ist Bildungskoordinator für klima:aktiv. www.17und4.at

Wie ist die Lage in Österreich? Wir warten noch auf die Ergebnisse der Evaluation des Aktionsplans „Nachhaltige Beschaffung“, erfuhren aber vorab, dass die Befragungsergebnisse aus den Gemeinden relativ ernüchternd waren. Auf den Webseiten des Aktionsplanes finden sich aber einige Good-Practice-Beispiele.

Nachhaltig beschaffen – eine Orientierung für Gemeinden Download unter: nachhaltigebeschaffung.at

Die Ausstellung „15 Jahre ÖkoKauf Wien“ ist Mitte April nochmals im Rathaus Wien zu sehen. Sie wurde von Studierenden der Universitat für angewandte Kunst in Wien mit natürlichen, umweltfreundlichen Materialien und heimischen Holzarten gestaltet. www.oekokauf.wien.at


4

Intakter Regenwald am Rio Negro sichert globale Wasserkreisläufe.

Die Wasserspeicher von Rio de Janeiro und São Paulo in Brasilien trocknen infolge der Rodung des Amazonas-Regenwaldes zunehmend aus.

Die „fliegenden Flüsse“ Amazoniens

D

ie brasilianischen Metropolen São Paulo, Rio de Janeiro und Belo Horizonte leiden, wie Tausende Städte und Gemeinden im Zentrum und im Südosten Brasiliens, seit über einem Jahr an Wasserknappheit. Fast 50 Millionen Menschen sind betroffen und nachdem die aktuellen Niederschläge unter dem langjährigen Durchschnitt liegen, schwindet die Hoffnung, dass sich die Stauseen und Grundwasserreserven auffüllen.

Die Ursachen der Dürre Antonio Donato Nobre, ein renommierter brasilianischer Wissenschaftler, hat nun auf der Basis von 200 wissenschaftlichen Studien über den Regenwald des Ama-

zonas einen Bericht unter dem Titel „O futuro climático do Amazonas“ (Die Klimazukunft des Amazonas) erstellt. Er beweist, dass durch die fortschreitende Regenwaldzerstörung die Wasserkreisläufe in dem hochkomplexen Ökosystem zerstört werden. Infolgedessen verringern sich die atmosphärischen Wasserströme, die durch die Anden in Richtung Süden gedrängt werden. Die schwindende Regenmenge hat schwerwiegende Folgen für die Wasserversorgung, die Stromproduktion und die Landwirtschaft.

Geheimnisse teilweise gelüftet Viele Studien lassen erkennen, dass der Regenwald, sowie seine Interaktion mit der Atmosphäre, die Summe eines hochkomplexen Zusammenspiels einer astronomischen Zahl von Lebewesen darstellt, die weit über das menschliche Vorstellungsvermögen hinausgeht. Die Bäume transportieren das Wasser vom Boden mittels Transpiration in die Atmosphäre,

Trocknet Brasilien aus? ● Ein Baum transpiriert bis zu 1.000 Liter Wasser pro Tag. ● Im Regenwald verdunsten 20 Mrd. Tonnen Wasser pro Tag. Um die dabei verbrauchte Energie zu produzieren, bräuchte das Wasserkraftwerk Itaipú (14 MW/Tag) 145 Tage. ● Aus dem Amazonas fließen täglich 17 Mrd. Tonnen Wasser in den Atlantik. Das sind 200 Mio. Liter pro Sekunde. ● 762.979 km2 wurden im brasilianischen Amazonasgebiet bisher zerstört, weitere 2.018.079 km2 sind durch Holzeinschlag und teilweise Rodung degradiert.

www.kooperation-brasilien.org www.dw.de/brasilien-trocknet-aus/a-18264456

wo es durch Luftströmungen weiter ins Landesinnere verfrachtet wird. Die Entstehung des Regens in der staubfreien Luft war lange unerklärlich, bis sich gezeigt hat, dass die Bäume selbst kleinste Gaspartikel freisetzen, die zur Kondensation führen. Die überbordende Transpiration in Verbindung mit der intensiven Kondensation bei der Entstehung der Wolken und Regenfälle erzeugt einen Unterdruck über der Landfläche im Vergleich zum angrenzenden Meer und zieht mit großer Saugkraft feuchte Luft an, wodurch für weiteren Regen gesorgt wird. Diese „Biopumpe“ verteilt im Zusammenwirken mit der zerfurchten Waldoberfläche und anderen Faktoren die entstehende Energie, was die Entwicklung von zerstörerischen Stürmen verhindert.

Nur intakter Regenwald schützt vor Klimawandel Nobre weist darauf hin, dass bereits 20 % des Regenwaldes zerstört und weitere 20 % degradiert sind, wodurch das Gleichgewicht zwischen Vegetation und Klima erheblich gestört wird, mit schwerwiegenden lokalen und globalen Auswirkungen. Um Schlimmeres zu vermeiden, schlägt er eine intensive Information über die wissenschaftlichen Erkenntnisse vor. Damit soll die weitverbreitete Ignoranz verringert und Unterstützung für den sofortigen Zerstörungsstopp der Natur und deren Wiederherstellung bewirkt werden. Nur durch eine globale Mobilisierung aller verfügbaren Kräfte kann das Schlimmste verhindert werden. JOHANN KANDLER

info!

www.klimabuendnis.at > Rio Negro

Fotos: Patricia & Johann Kandler

Die Regenwaldzerstörung in der Amazonas-Region verursacht anhaltende Trockenheit im Südosten Brasiliens.


Gold sparen in der Praxis. Handys lange nutzen und danach schnell abgeben. „Caritas Services“ verarbeitet die per Ö3-Wundertüte gesammelten Geräte in Wien-Floridsdorf.

Gold liegt schwer im Magen Fotos: Fabian Anger, Emil Benesch

Die Sammlung alter Handys kann Entlastung bringen.

G

oldgräber stehen im Fluss und waschen mit Pfannen Gold aus den Flusssanden. Dieses Bild kennen wir aus Filmen und Jugendbüchern. Tatsächlich werden heute weltweit 85 % des Edelmetalls großindustriell produziert – in Minen auf Flächen so groß wie ganze Städte, unter massivem Einsatz von Maschinen und Chemikalien wie Zyanid. Die wenigen im industriellen Goldbergbau benötigten Arbeitskräfte sind spezialisierte Facharbeiter, sie werden vom Minenunternehmen von weither mitgebracht. Anstelle der erhofften Arbeitsplätze bringt der industrielle Goldbergbau einer Region gravierende Probleme, wie sich uns beim Lokalaugenschein in der größten Goldmine Lateinamerikas in der peruanischen Region Cajamarca gezeigt hat.

Die Wertschöpfung geht, der Schaden bleibt Beim Abbau des Goldes durch Zyanid lösen sich Schwermetalle, die Böden und Flüsse vergiften. Tagein, tagaus nehmen die Menschen im Umkreis von 20 km um die Yanacocha-Mine über Lebensmittel und Trinkwasser die giftigen Schwermetalle Arsen, Cadmium und Blei auf. Laut einer Studie der Universität Barcelona in Mengen, die weit über den Grenzwerten der europäischen Agentur für Ernährungssicherheit und der WHO liegen. Neben den Schäden bleibt einer Region nach dem Goldabbau wenig. Nachdem seit 1993 in der Mine Yanacocha 750 t Gold aus der Erde geholt und außer Landes gebracht worden waren, wurde Cajamarca, wo die Mine liegt und bis heute betrieben wird, nach 20 Jahren Goldförderung kürzlich zur ärmsten Region von ganz Peru.

Das Klimabündnis lädt ein: Handeln wir gemeinsam Es liegt in unserer Hand, vom Goldabbau betroffene Menschen und Regionen zu entlasten. Orientieren wir uns hinsichtlich unseres Goldverbrauchs an den Zielen „reduce, reuse, recycle“ und fragen wir fair und giftfrei produziertes Gold nach. Im Bereich Altgeräte können wir schon jetzt Schritte setzen. 10 % des jährlich weltweit geförderten Goldes wandern in den ElektronikBereich und selbst in 10.000 Handys ist 1/4 kg Gold enthalten. Gleichzeitig liegen etwa in Deutschland 85 Millionen nicht mehr gebrauchte Handys in Schubladen zuhause herum. In diesen Altgeräten sind neben knapp 60 Rohstoffen auch über 2000 kg Gold gebunden und einer Verwendung entzogen. Eine solche Praxis erhöht den Druck, mehr Gold zu fördern, mit all den bekannten negativen Begleiterscheinungen. Ressourcen wie Gold sind effizient und sparsam eingesetzt, wenn wir Althandys nach möglichst langem Gebrauch schnell einer Sammlung zuführen.

Klimabündnis unterstützt Caritas und Ö3-Wundertüte In Österreich werden jährlich 2 Millionen Handys gekauft. Bis zu 500 000 alte Handys sammelt „Caritas Services“ im Rahmen des Projekts Ö3-Wundertüte im Jahr. 60 % dieser Altgeräte werden nach Einbau einer

„Wasser ja, Gold nein!“ ist auf vielen Hauswänden in der peruanischen Region Cajamarca zu lesen. neuen Tastatur und dem Bespielen mit neuer Software als Handy weiterverwendet. Der Rest der gesammelten Geräte wird zur Rückgewinnung der Rohstoffe in drei Fabriken in Europa geschreddert. Das bringt auch Menschen und Regionen, die unter der Goldproduktion leiden, eine Entlastung. Suchen Sie eine Abgabe- und sinnvolle Verwertungsmöglichkeit für Althandys? Wir laden Sie ein. Machen Sie bei der Sammlung mit. EMIL BENESCH

Gold ... ● Im vergangenen Jahr wurden weltweit 3.114 Tonnen Gold aus dem Boden geholt. ● Die Trennung des Goldes vom Gestein erfolgt zu 99 % mit den Umweltgiften Zyanid und Quecksilber. ● Allein in Lateinamerika führte Goldabbau zwischen 2001 und 2013 zur Zerstörung von Regenwald im Ausmaß von 1.680 km2. ● Bis zu 3 % der globalen Goldproduktion landen jährlich in Österreich. ● Für die Produktion von 1 kg Gold werden 137 kg Zyanid eingesetzt. ● Das europäische Parlament hat für den Goldabbau ein Zyanidverbot gefordert.

Klimabündnis-Ziele für den Umgang mit Gold – reduce, reuse, recycle ❶ Weniger ist fair! Verbrauchen wir weniger Gold! ❷ Verwenden wir Produkte, die Gold enthalten, wieder. ❸ Gold ist für den Müll zu wertvoll! Recyclen wir Gold. ❹ Machen wir die Goldproduktion fair und giftfrei! Fragen wir nach „fair mined“ und „FAIRTRADE“-Gold. www.klimabuendnis.at/gold

Die Klimabündnis-Delegationsreise nach Peru erfolgte im Rahmen des EuropeAid-Projektes „From Overconsumption to solidarity“.

info! www.overconsumption.eu Weitere Infos und Bilder im Reiseblog klimabuendnis.wordpress.com/category/delegationsreise-nach-peru


6

Infoabend zu sozial fairer und Öko-Mode sorgte für rege Diskussionen in St. Pölten.

klimatelegramm: News aus Ländern und Gemeinden Fotos: Leopold Salcher • Josef Vorlaufer • Fabian Anger.

Energie für die Schule • Der Gemeindeverband Karnische Region mit den KlimabündnisGemeinden Kötschach-Mauthen und Hermagor ist Teil der 112 Energie Modellregionen Österreichs. Eines der vielen Projekte ist das „Energiebüchlein“ für Schulen. Die AutorInnen, Sabrina Barthel (Verein energie:autark) und Ruth Klauss-Strasser (mindmove), entwickelten diesen Leitfaden für den Unterricht gemeinsam mit SchülerInnen und PädagogInnen der NMS Lesachtal und Hermagor. Die e5-Gemeinde Kötschach-Mauthen stellt schon bisher mit dem Projekt Lerngarten von energie:autark für kleine PionierInnen jede Menge Spannung rund um alles Erneuerbare und Nachwachsende bereit . A.S. www.energie-autark.at

Stockerlplatz. Vizebgm. Maria Vassilakou nimmt für Wien den Award entgegen.

Faire Mode • Mode ist anziehend und sorgt für Gesprächsstoff – so auch bei dem von Klimabündnis NÖ, SO:FAIR und der Stadt St. Pölten organisierten Infoabend. Mit einem Filmausschnitt, einem Vortrag und der Präsentation sozial fairer Bekleidung und Ökomode der St. Pöltner Geschäfte Göttin des Glücks, Grüne Erde, Gutding und dem Weltladen wurde die schöne und die hässliche Seite der Mode thematisiert. „Üblich ist leider, dass NäherInnen z. B. pro T-Shirt nur 1 % von dem Preis erhalten, den wir zahlen. Sie verdienen fast immer zu wenig, um ihre Grundbedürfnisse abdecken zu können“, so Angelika Swoboda-Moser vom Klimabündnis NÖ. Diskutiert wurde anschließend bei einem Imbiss des Frauenprojektes „fairwurzelt“! P.S. niederoesterreich.klimabuendnis.at

Genussmarkt • Vom 16. bis 17. April 2015 findet eine Neuauflage des Genussmarktes im Arkadenhof des Wiener Rathauses statt. FAIRTRADE Österreich stellt in Kooperation mit ÖkoKauf Wien, verschiedenen Unternehmen und zahlreichen NGOs wie Klimabündnis Österreich ein stetig wachsendes Angebot fair produzierter Produkte vor. Von Lebensmitteln über Blumen bis zu Mode und Heimtextilien reicht die Palette. Verkostungen, Mitmachaktionen und Führungen für Schulen runden dieses Erlebnis für die Sinne ab. S.W.-W. www.fairtrade.at/fairerleben

Unter Mitarbeit der Bevölkerung werden Brunnen und Wasserstellen gebaut.

Bodenbündnis-PartnerInnen im Senegal 2014 stand der Senegal immer noch auf der von den United Nations geführten Liste der 48 „Least developed countries“. Seit 2013 unterstützt das Klimabündnis gemeinsam mit dem Bodenbündnis Projekte von HORIZONT3000 im Senegal. Acht lokale Partnerorganisationen im ländlichen Bereich arbeiten vor Ort an Projekten zu Ernährungssicherung, Umweltschutz, Landrechte, Wassermanagement, Alphabetisierung, Nahrungsmittel-Diversifizierung und demokratische Landorganisation. In den Regionen von Kaolack, Thiés, Fatick, Kaffrine und Tambacounda konnte die Ernährungsund Einkommenssituation durch gezielte Förderung nachhaltiger Landwirtschaft, Verarbeitung und Vermarktung der Produkte aus Landwirtschaft und Fischerei verbessert werden. Durch Aufforstungsprojekte wird der Boden vor Erosion und Versalzung geschützt. Mit dem Vortrag „Boden braucht Partner“ informiert das Klimabündnis über die landwirtschaftliche Situation dieses westafrikanischen Landes und die Maßnahmen, die BodenbündnispartnerInnen vor Ort umsetzen. Eine Kombination mit einer Ausstellung von HORIZONT3000 vermittelt einen authentisch-künstlerischen Einblick zum Thema Senegal und Klimagerechtigkeit. PATRICIA KANDLER

Großer Mobilitäts-Preis für Wien • Bei der 15. Auflage der weltweit größten Kampagne für sanfte Mobilität kam mit der Klimabündnis-Gemeinde Wien erstmals eine österreichische Gemeinde unter die Top 3 und schaffte damit unter mehr als 2.000 Städten und Gemeinden aus 44 Ländern ein beachtliches Resultat. Mit am Podest: Gesamtsieger Oestersund (Schweden) und Murcia (Spanien). Der Award wurde in Brüssel von Violeta Bulc, Kommissarin für Mobilität, und Generaldirektor Karl Falkenberg, DG Umwelt, an Wiens Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou überreicht. Die Europäische Mobilitätswoche findet jährlich von 16. bis 22. September statt und wird in Österreich seit dem Jahr 2000 vom Kli-

mabündnis im Auftrag des Umweltministeriums abgewickelt. Österreich liegt mit teilnehmenden Städten und Gemeinden seit Jahren im europäischen Spitzenfeld – 2014 mit 543. „Klimaschonende Mobilitätsangebote erhöhen die Lebensqualität, schaffen Arbeitsplätze und sichern eine lebenswerte Umwelt. Den Städten und Gemeinden bleibt im öffentlichen Raum mehr Platz für Kommunikation und Grünbereiche, die Verkehrssicherheit wird verbessert. Ich freue mich, dass erstmals eine österreichische Stadt für ihr Engagement um nachhaltige Mobilität beim European Mobility Award im internationalen Rampenlicht steht“, betont Umweltminister Andrä Rupprechter. I.S. | A.S. www.mobilitaetswoche.at

Filmangebot zum Thema Die Welt im Ausverkauf Dokumentarfilm von Alexis Marant F 2010, 54 Minuten, ab 16 Jahren

Gold über alles Dokumentarfilm von Robert Nugent F/Australien/Guinea 2007, 52 Minuten, ab 16 Jahren www. klimabuendnis.at/vortraege

Diese Angebote werden durch Mittel der EU und der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit gefördert.

Foto: Eva Pilipp/HORIZONT3000

Stolze AutorInnen bei der Präsentation des Energiebüchleins der Karnischen Region.


klimaporträt

7

Ein Schnappschuss von einem der Fachsymposien zu fairer Beschaffung.

Foto: Klimabündnis OÖ

SO:FAIR. Lobbying für die gute Sache.

W

ir sorgen für bessere Arbeitsbedingungen und für die globale Verminderung von Armut. Den Hebel setzen wir bei der öffentlichen Beschaffung an“, fasst Ulrike Singer vom Klimabündnis OÖ ihre mittlerweile jahrelange Erfahrung als Leiterin der Initiative SO:FAIR – für soziale und faire öffentliche Beschaffung – zusammen. Das Volumen ist beträchtlich: Rund 40 Mrd. Euro gibt die öffentliche Hand pro Jahr für Beschaffung aus. SO:FAIR unterstützt die Beschaffungsverantwortlichen auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene wie auch öffentliche Einrichtungen. Und das praxinah – mit Vorträgen, Modenschauen und Filmvorführungen. Wie man

als öffentliche Einrichtung oder Gemeinde in faire Beschaffung einsteigt, ist unterschiedlich. Es kann der FAIRTRADE-Kaffee bei Sitzungen sein, die Werbetasche aus FAIRTRADE-Baumwolle oder ökofaire Arbeitsbekleidung für die Belegschaft. Die Stadt Traun etwa ist auf der Suche nach fairer Arbeitskleidung für ihre MitarbeiterInnen an SO:FAIR herangetreten. Mittlerweile ist ein Gutteil der Belegschaft zu deren Zufriedenheit mit robuster und hautfreundlicher Bekleidung ausgestattet. Ziel ist die komplette Umstellung auf ökofaire Bekleidung. Neben Lebensmitteln und Textilien stehen auch Steine auf der Agenda von SO:FAIR.

Steine als wichtiger Baustoff kommen großteils aus China und Indien. Trotz hoher Frachtkosten sind sie billiger als heimische Natursteine. Der Preis für diese Diskrepanz: unerträgliche Arbeitsbedingungen, unter denen oft auch Kinder leiden müssen sowie eine Lebenserwartung von durchschnittlich nur 40 Jahren. „Aufgrund geänderter EU-Richtlinien ist es jetzt einfacher, diese Kriterien in Ausschreibungen explizit einzufordern. Hierbei hilft unser Vergabejurist Florian SchönthalGuttmann“, so Ulrike Singer. SONJA WÖHRENSCHIMMEL-WAHL

info! www.sofair.at

Klima-Porträt Georg Künz Klimabündnis Vorarlberg

Fotos: Roswitha Künz Mercedes Cifuentes Martinen

... wuchs auf einem Bauernhof im Bregenzerwald auf. Der gelernte Elektrotechniker ist e5-Teamleiter der Klimabündnis-Gemeinde Nüziders, war mit INTERSOL in Bolivien und zweimal bei den PartnerInnen von Klimabündnis Vorarlberg im Chocó (Kolumbien). Künz – seit 2012 Vorstandsmitglied – ist seit dem Vorjahr Obmann von Klimabündnis Vorarlberg.

Welche Rolle spielt das Klimabündnis bei Ihrer Arbeit? In meiner Arbeit als Teamleiter im e5-Programm „Energieeffiziente Gemeinden“ spielen die Klimabündnis-Ziele eine große Rolle. Unser Lebensstil entscheidet letztlich auch über die Lebensbedingungen der UreinwohnerInnen in Lateinamerika. 500 Jahre nach Eroberung durch Spanien erleben die Indigenas immer noch Tod und Vertreibung durch die Gier multinationaler Konzerne. Was sind demnach die größten Herausforderungen? Wir müssen die Informationsarbeit und die Bewusstseinsbildung verbessern. Und v. a. die Vernetzung unter den Klimabündnis-Gemeinden, unter allen PartnerInnen in diesem Bündnis vorantreiben. Durch gemeinsames Auftreten mit Gleichgesinnten können wir bei uns vor Ort viel für den Klimaschutz tun, unsere Lebensqualität verbessern und, was sehr wichtig ist, unsere PartnerInnen im Projektgebiet Chocó bei Konflikten unterstützen, ihre Situation verbessern helfen und die Entwicklungszusammenarbeit an die Veränderungen durch die Globalisierung anpassen.

Bildlegende Bildleg gende

Georg Künz in Consuelo Bajo, wo Klimabündnis Vorarlberg bei der Errichtung der Trinkwasserversorgung und eines Geburtshauses hilft. Was tun Sie für den Klimaschutz, was ist Ihnen selbst wichtig? Mein Auto ist über ein Jahrzehnt alt, an die Anschaffung eines neuen ist nicht mehr gedacht: Unsere Verkehrsverbundkarte ist eine ausgezeichnete Alternative zum Auto. Für kurze Wege innerhalb der Gemeinde reichen die Füße oder das Rad. Unsere PV-Anlage ist seit 1994 in Betrieb und die Selbstbau-Thermosolaranlage sorgt seit 1991 immer noch für Warmwasser. Klima verbündet und verbindet alle – teilen wir unseren Wohlstand mit denen, die fast nichts haben, wir haben immer noch genug. Wir müssen die Völker im Chocó in ihrem Bemühen um mehr Bildung und um Verbesserung ihrer Lebenssituation begleiten und unterstützen, das ist auch Teil der Wiedergutmachung. A.S. kontakt! georg.kuenz@klimabuendnis.at


8

klimaregional

In der steirischen Klima- und Energie-Modellregion Hartberg spielt der nachwachsende Rohstoff Holz aus der Region eine besondere Rolle: Knapp die Hälfte der Heizwärme wird daraus erzeugt.

Wie Klimaschutz funktioniert und das Geld in der Region bleibt. Jeder Euro für Ölimporte ist ein verlorener Euro. Jeder Euro für Bioenergie schafft Jobs und Wohlstand.

und Energiefonds über die Klimaund Energie-Modellregion Hartberg konnten diese Effekte nun erstmals konkret beschrieben werden.

schen an der Veredelung von Holz zum wertvollen Brennstoff. Und nicht zu wenig: Um die Heizwärme für ein Einfamilienhaus mit Nahwärme aus Biomasse zu erzeugen, sind 24 Arbeitsstunden nötig – allesamt in der Region. Im Vergleich dazu: Auch Öl schafft Beschäftigung – allerdings in erheblichem Ausmaß außerhalb der Region. Konkret bedeutet das, dass mit einer Ölheizung nur drei regionale Arbeitsstunden anfallen.

Baum fällt – Arbeitsplatz entsteht

D

er konsequente Einsatz von Holz anstelle von Öl und Gas reduziert teure Energieimporte und schafft Arbeitsplätze und Wertschöpfung in der Region. In einer Studie der Österreichischen Energieagentur im Auftrag des Österreichischen Klima-

Die Nutzung von Bioenergie ist in höchstem Maße regional beschäftigungswirksam. Von der Waldpflege über den Transport bis zur Produktion von Scheitholz oder Hackgut – entlang der gesamten Wertschöpfungskette arbeiten Men-

Regionale Wertschöpfung (Wartung, Betrieb) in Mio. Fossil Biogen 0

1

2

3

4

5

Direkte regionale Beschäftigung (VZÄ) für Wartung und Betrieb Fossil Biogen 0

5

10

15

20

25

35

30

Geldabfluss (Mio. ) Fossil Biogen 0

1

3

2

4

5

6

7

8

9

10

CO 2 -Emissionen (Tausend Tonnen/Jahr) Fossil Biogen 0

5

10

15

20

25

30

35 Quelle: ÖBMV, AEA

Regionale Effekte durch die Raumwärmebereitstellung in der KE-Modellregion Hartberg; Energiemix 47 Prozent Biomasse


klimaregional

9

Fotos: Stadtgemeinde Hartberg • Österreichischer Biomasse-Verband

Die Technologien zur Verfeuerung von Biomasse stammen aus Österreich. So bleibt auch die Wertschöpfung durch die Produktion der Anlagen im Inland.

Direkte regionale Wertschöpfung durch den Betrieb von Heizanlagen in Arbeitskräftestunden (h/TJ)

Herr und Frau Österreicher wohnen in der KEM-Region Hartberg All diese Zahlen stammen aus einer Studie, die sich erstmals intensiv mit der Wertschöpfung bei der Heizwärmeerzeugung auseinandergesetzt hat. Als Modell diente die Klima- und Energie-Modellregion Hartberg und ihre ca. 12.600 EinwohnerInnen. Zum einen deshalb, weil der Anteil von Stadt- und Landbevölkerung annähernd gleich hoch ist. Zum anderen ist auch der derzeitige Energiemix interessant: Knapp die Hälfte der Heizwärme wird durch Holz aus der Region erzeugt, der Rest großteils durch Heizöl. Das Ergebnis der Studie spricht eine klare Sprache und wird noch deutlicher, wenn man Extremszenarien betrachtet: Würde die Region Hartberg komplett mit Biomasse heizen, stiege die Zahl der Arbeitsplätze durch Betrieb und Wartung der Heizanlagen im Vergleich zu einer Komplettabdeckung mit fossilen Energien von 8,5 auf 61. Der Geldabfluss aus der Region für Brennstoffe, Betrieb und Wartung der Anlage würde sich um 13,5 Mio. E reduzieren und die CO2Emissionen durch das Heizen würden um 56.000 Tonnen verringert werden.

200 Durch Heizsystem beim Endverbraucher

150

Umwandlung zu

100

Energie, Transport

50

Fällen/Rücken, Holztransport

0

Nahwärmeanlage

Scheitholzheizung

Scheitholz im Kachelofen

Ölheizung* Gasheizung*

Quelle: ÖBMV, AEA

Hinzu käme, dass sich die Brennstoffkosten für die Bevölkerung durch den Umstieg auf Biomasse stark verringern würden. Diese Zahlen machen klar: Heizen mit Holz reduziert den Geldabfluss, schafft

Wertschöpfung in der Region, spart Brennstoffkosten und schützt das Klima. Kurz gesagt: Gute Wärme wächst nach.

info!

www.biomasseverband.at www.wärmeausholz.at

Szenarien für regionale Effekte durch Wärmebereitstellung der KEM-Region Hartberg 100 % Fossil (8,5 Vollzeitäquivalente/a für Betrieb und Wartung der Heizanlagen)

58.000 t CO 2 /a

CO 2

15,1 Mio. € aus der Region/a

Status quo* (35 Vollzeitäquivalente/a für Betrieb und Wartung der Heizanlagen)

CO 2

32.000 t CO 2 /a

8,1 Mio. € aus der Region/a

100 % Biomasse

1600 t CO 2 /a CO 2

(61 Vollzeitäquivalente/a für Betrieb und Wartung der Heizanlagen)

1,6 Mio. €

aus der Region/a

Quelle: AEA, KEM Hartberg, *47 % Bioenergie


10

klimabündnis

Umweltgerechtes Handeln steht für Waldzeller SchülerInnen im Vordergrund. Das umfasst alle Bereiche – sorgsamen Umgang mit Ressourcen und Fairness.

Von jung auf fair und nachhaltig Nachhaltiges Lernen an der Neuen Mittelschule Waldzell.

U

nsere Kinder verbringen einen großen Teil ihrer Zeit in der Schule und was sie sich dort an Werten und Wissen aneignen, begleitet sie in ihrem weiteren Leben. Gut, wenn es Werte wie die der NMS Waldzell im Innviertel sind – Fairness und umweltgerechtes Handeln. Fair sein. Im Jahr 1989, zur 25-Jahr-Feier der Schule, werden zum ersten Mal fair gehandelte Produkte aus der „dritten Welt“ verkauft. Diese Aktion hat mittlerweile Tradition. Die Basis für dieses Engagement liegt in den Händen von Menschen wie der Lehrerin Elisabeth Kraml, die „Fair sein – wie geht das?“ ab der 1. Klasse in ihrem Religionsunterricht verankert hat. Als besonders beliebte und erfolgreiche Aktion hat sich die Schoko-

pralinen-Aktion im Oktober entpuppt. Die Schülerinnen und Schüler verkaufen fair gehandelte Pralinen und unterstützen mit dem Erlös Projekte in der „dritten Welt“. Direktor Max Reiter sieht im Weitertragen des „Eine-Welt-Gedankens“ einen wichtigen Beitrag der Mädchen und Buben und er betont, dass dieses Bewusstsein auch in den Schulbetrieb strahlt: „Wir haben uns zum Ziel gesetzt, Fair Trade-Schule zu werden.“ Vor der eigenen Haustür handeln. Hier setzt die NMS Waldzell gleich auf mehreren Ebenen an. Ein besonderes Augenmerk gilt der Erziehung zu umweltgerechtem Handeln. Dazu zählt das eigene Konsumverhalten ebenso wie der verantwortungsvolle Umgang mit unseren

begrenzten Ressourcen. Von richtiger Mülltrennung, umweltfreundlich in die Schule zu kommen, Energiefresser in der Schule aufzuspüren, in der Kreativwerkstatt alternative Energiegewinnungssysteme zu bauen und einen Schulgarten mit Obst und Gemüse zu betreiben – dieses umfassende Aktionsspektrum setzen die LehrerInnen mit ihren SchülerInnen um. Und dieses Wissen nehmen die Kinder mit nach Hause in ihre Familien. Würdigung für engagiertes Handeln. Dass diese Schule 2013 den ENERGIE STAR des Energiesparverbandes OÖ gewonnen hat, ist nur logisch. Dahinter stehen engagierte Lehrerinnen und Lehrer, wie etwa „Klimapionier“ Martin Huber, der als Lehrer sehr viel Zeit und „vor allem Herzblut in die Erhaltung einer intakten Umwelt investiert“, wie Direktor Max Reiter betont. Ausblick. Ein neues Großprojekt wird der Neubau des mittlerweile 50-jährigen Schulgebäudes werden. Und natürlich wird dieses Gebäude neueste pädagogische Entwicklungen mit einer umweltfreundlichen Energietechnik verbinden, umfassend gedacht eben. SONJA WÖHRENSCHIMMEL-WAHL

Info!

www.hswaldzell.at

Klimameilen-Kampagne 2015 – sammeln wir Klimameilen! Auch 2015 startet wieder die Klimameilen-Kampagne des Klimabündnis, die europaweit stattfindet. Dabei sollen Kinder, Jugendliche, Eltern und PädagogInnen zu einer gesunden und klimafreundlichen Mobilität motiviert werden. An vielen Kindergärten und Schulen ist sie bereits zu einem jährlichen Fixpunkt geworden. Mehr als 27.000 Kinder und Jugendliche aus 240 Bildungseinrichtungen beteiligten sich im vergangenen Jahr allein in Österreich daran und sammelten mehr als 506.000 Klimameilen. Mitmachen können Kindergärten, Schulen und Horte von der 1. bis zur 8. Schulstufe. Jeder zu Fuß, mit dem Rad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückge-

legte Schul- bzw. Kindergartenweg zählt und wird mit einem Aufkleber für das persönliche Sammelheft belohnt. Das macht nicht nur Spaß, es ist auch gesund und schützt das Klima. Die Klimameilen-Kampagne startet jetzt und läuft bis 15. November. Alle Klimameilen, die bis dahin gesammelt werden, werden bei der UN-Klimakonferenz in Paris präsentiert. Das Klimabündnis unterstützt mit den bewährten GratisMaterialien (Medientexte, Sammelalben und Klimameilen-Sticker für jedes teilnehmende Kind), passenden Projektideen und Workshops. MARTINA DAIM www.klimameilen.at

Foto: NMS Waldzell

Name: Neue Mittelschule Waldzell Standort: 4924 Waldzell Klimabündnis-Schule seit: 2014 Kontakt: Martin Huber hswaldzell.at


klimabetriebe

11

Wer mehr über gesundes Wohnen, nachhaltiges Bauen und anderes sucht, ist im Haus der Baubiologie in vielerlei Hinsicht bestens aufgehoben.

Nachhaltig bauen und leben Das Haus für Baubiologie und nachhaltige Beschaffung.

Fotos: Jaume Vidal/Klimabündnis Steiermark

O

b es um Planen, Bauen oder Sanieren geht, um die Auswahl von Bau-, Dämmstoffen, Farben, um Heiz- und Haustechnik oder anderes rund um das Thema Wohnen – im Haus der Baubiologie gibt es auf fast alles eine Antwort.

Beschaffung und Bewirtung Seit 2009 betreibt der gleichnamige 1996 gegründete Verein ein gemietetes Objekt als Drehscheibe für behagliches Wohnen und Leben, die kontinuierlich nach außen und nach innen in Fragen der Nachhaltigkeit weiterentwickelt wird. Darauf achten Projektleiter Karl Kukovetz, gelernter Tischlermeister, Vorsitzender Martin Meissnitzer und ihr Team auch in kleinsten Bereichen: So erhalten BesucherInnen der zahlreichen Veran-

Name: Haus der Baubiologie Standort: Graz Klimabündnis-Betrieb seit: 2004

staltungen fair gehandelte und biologische Köstlichkeiten nicht im Einweggeschirr. Gereinigt wird mit naturnahen Mitteln. Und beim Recyclingpapier wie bei anderen Büromaterialien wird auf Qualität geachtet. Auf die vielen Fragen antworten ExpertInnen der Baubiologie. Bei der Auswahl von Produkten hilft die Informationsplattform biobaustoffe.at. Erhältlich sind die Materialien über ein breit gefächertes Netzwerk von zur Zeit über 50 Firmen, denen – so wie dem Verein – Gesundheit und Klimaschutz große Anliegen sind.

Wien ist z. B. Fragen der Innendämmung bei erhaltenswerten, denkmalgeschützten Bauten gewidmet – ein anderes der Weiterbildung von HandwerkerInnen im Bereich der Bau-Ökologie. Und bald sollen alle Produkte hinsichtlich ihres ökologischen Fußabdrucks bewertet sein. Vorwärts kommen Vereinsmitglieder in Graz fast ausschließlich mit dem Rad. Das Vereins-E-Bike wird an der eigenen Tankstelle mit Ökostrom gespeist. Das Haus der Baubiologie ist für Veranstaltungen auch zu mieten. ANDREAS STRASSER

Zukunftsprojekte

info!

www.hausderbaubiologie.at

Vereinsmitglieder sind auch als ForscherInnen aktiv: Ein Projekt in Kooperation mit den TUs in Graz und Wien sowie der BOKU

Foto: Business frauen center Kärnten

Spezialitätenkaffees sorgsam geröstet „Wir schätzen das Genussmittel Kaffee und gehen bei Röstung und Verarbeitung schonend damit um, fördern ökologischen und fairen Anbau und versuchen bestmöglichste Transparenz zu schaffen“, betont Larissa Barisic, von der Klagenfurter Rösterei Exzelsior, die auf dem Weg zum Klimabündnis-Betrieb ist. Frau Barisic hat in Hamburg Kaffee-Management studiert. Den Betrieb hat sie von ihrem Vater übernommen, der sein Handwerk noch bei einer der großen Röstereien in Triest erlernte und an seine Tochter weitergab. Reisen in die Ursprungsländer helfen bei der Auswahl seriöser Partner und bester Rohkaffeebohnen, was konstante Qualität gewährleisten und den Weg vom Feld bis in die Tasse nachverfolgbar machen soll.

Seit drei Jahren werden biologisch zertifizierte Rohbohnen aus Zentral- und Südamerika sowie aus Indonesien in schonender und thermisch fein abgestimmter Langzeitröstung in der traditionellen Trommel veredelt. Die einzelnen Kaffeesorten gibt es über die Grenzen hinaus in der Gastronomie, in Supermärkten und Weltläden – serviert werden sie auch bei Klimabündnis-Veranstaltungen. Neuestes Projekt ist die Röstung einer Spezialitätenlinie der EZA fairer Handel, die aktuell in Wiener und Salzburger Weltläden, frisch geröstet aus der Schütte, also offen, zu haben ist. Nächstes Thema ist die Energie – und nicht nur jene, die verwendet wird, denn beim Rösten wird’s mitunter heiß. A.S. www.exzelsior.at

Larissa Barisic (Exzelsior-Kaffee, rechts) bei einer Kaffeeverkostung am Businessfrauen-Center Kärnten mit Klimabündnis-Betrieb-Chefin Almut Knaller (Naggleralm), die im März zur Unternehmerin des Monats ausgezeichnet wurde.


12

klimanews

CO2-Emissionen bald im Griff?

Die gute Nachricht für das Klima: Der globale Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) aus dem Energiesektor ist im Vorjahr nicht angestiegen. Die Emissionen aus diesem Bereich machen etwa 70% der menschengemachten Treibhausgase aus. 2014 blieben die Emissionen mit nur etwa 32,3 Milliarden Tonnen auf dem Niveau von 2013. 2014 war erst das vierte Jahr seit Aufzeichnungsbeginn, in dem die CO2-Emissionen nicht über dem Vorjahr lagen. Das war nur Anfang der 1980er Jahre, als sich die USA in einer Rezession befanden, 1992, als die Schwerindustrie des ehemaligen Ost-

Der CO2-Gehalt der Atmosphäre steigt und liegt aktuell mit 400 ppm so hoch wie nie zuvor. Allerdings stieg der globale CO2-Ausstoß aus dem Energiesektor 2014 erstmals nicht an. Grund dafür: die erneuerbaren Energien. blocks zusammenbrach, sowie 2009 während der globalen Wirtschaftskrise der Fall. Der Rückgang verdankt sich v. a. dem nachlassenden Verbrauch von Steinkohle in China, die das Rückgrat der Energieerzeugung ist und nicht nur das Klima beeinflusst, sondern auch die Luft verschmutzt. Die chinesische Regierung setzt seit einigen Jahren auf saubere erneuerbare Energieträger. Dazu kommt, dass in vielen OECD-Staaten die Wirtschaft noch lahmte oder ebenfalls vermehrt erneuerbare Energie ins Netz eingespeist wird und der Kohleverbrauch sinkt.

Erstmals zeigt sich der Sinn von „Klimaschutzmaßnahmen“. In den letzten zehn Jahren wurden durch Verbrennung von Kohle, Öl und Gas jedes Jahr im Durchschnitt 2,4 % mehr CO2 emittiert. Nun stieg zwar die globale Wirtschaftsproduktion um 3 %, aber die Emissionen blieben gleich. Die Daten zeigen: Klimaschutz funktioniert. Es gibt allerdings einen Wermutstropfen: Der CO2-Gehalt stieg im Februar 2015 auf über 400 ppm. CHRISTIAN SALMHOFER

Abbildung: www.nasa.gov

Erstmals seit vier Jahrzehnten stagniert der globale CO2-Ausstoß. Doch der Schein trügt.

info! www.esrl.noaa.gov/gmd/ccgg/trends/#mlo

klima & wetter • News aus den Archiven Die Jahres-Bilanz 2014 • national: Der Winter 2014/15 war über das Russland Nordpol

Nordamerika

Grönland Europa

Abbildung: National Snow Ice Data Center • nsidc.org

In weiß die aktuelle arktische Eisausdehnung. In orange jene der 80er Jahre bis 2010.

Arktis: Eisdecken-Negativrekord • Seit 1979 beobachten Satelliten das arktische Meereis. In der frostigen Dunkelheit der Polarnacht wächst der weiße Panzer – bis zum Spätsommer verliert er nach und nach an Masse. Wie aus aktuellen Daten des US-amerikanischen National Snow and Ice Data Center hervorgeht, ist das Eis in diesem Winter so wenig gewachsen wie noch nie. Die erreichte Maximalausdehnung lag am 25. Februar deutlich unter dem langjährigen Schnitt. Anfang März lagen die Temperaturen in der Barentsee um bis zu 10 °C über dem Mittelwert. Verglichen mit der durchschnittlichen Ausdehnung in den Jahren von 1981 bis 2010 ging in der Arktis eine Eisfläche von über einer Million Quadratkilometer verloren. nsidc.org/data/seaice_index • www.the-cryosphere.net

Regenwald-Klima • Studien der Universität Oxford zur Atmungsfunktion des Regenwaldes und wie Bäume auf häufiger auftretende Dürreperioden reagieren zeigten, dass das Wachstum unverändert bleibt, die Photosyntheseleistung und damit die CO2-Aufnahme aber um ca. 10 % sinkt. Forscher aus Leeds errechneten für die gesamte Amazonasregion im letzten heißen Jahrzehnt sogar auf einen Rückgang der CO2-Bindung um bis zu 30 %. www.nature.com

Einbruch der Schneedecke • Bei der Analyse der Schneedecke in Österreich über die letzten 120 Jahre stellten Forscher der Universität Innsbruck einen kontinuierlichen Rückgang der weißen Decke seit 1980 fest. Das AnalyseInstrument namens Amundsen gestattet ein Nachzeichnen unserer Schneegeschichte in Quadratkilometerauflösung. Die Daten bestätigen, was wir ohnehin schon bemerkten: Die Winter werden kürzer und die Schneedecken dünner. Das betrifft nicht nur den Tourismus, wo man sich, solange es ausreichend kalt ist, mit Beschneiungsanlagen helfen kann, sondern zunehmend auch die Energiewirtschaft. www.uibk.ac.at/geographie

gesamte österreichische Tiefland gerechnet mit einem Plus von 2,3 °C im Vergleich zum 30-jährigen Mittel der zehntwärmste in der Messgeschichte der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), die bis dato 248 Jahre umfasst. In den inneralpinen Tälern belegt der vergangene Winter mit +2,6 °C im Vergleich zum 30-jährigen Mittel Platz 4. Auf Österreichs Bergen bedeutet ein Plus von 1,0 °C Rang 34. www.zamg.ac.at

• global: Die Nationale Ozean- und Atmosphärenverwaltung NOAA (USA) ermittelte: Seit Beginn der Datenaufzeichnungen 1880 war es weltweit von Dezember bis Februar im Durchschnitt noch nie so mild. Im Schnitt lagen die Temperaturen an Land und auf See in den drei Winter-Monaten 0,79 Grad über dem Mittelwert des 20. Jahrhunderts. Im letzten Jahrhundert lag das Mittel bei 12,1 Grad. Damit wurde der bisherige Rekordhalter, der Winter 2006/07, laut der US-Behörde um 0,04 Grad übertrumpft. www.ncdc.noaa.gov/sotc/global/ F. HOFER | C. SALMHOFER | A. STRASSER


klimapolitik

13

Die Öko-Mittelschule Mäder ist im Baubereich eines der Vorzeigemodelle für funktionierende klimafreundliche Beschaffung. Die ökologische und gesunde Lernumgebung lässt von den nächsten Generationen weitere nachhaltige Impulse erwarten.

Beschaffung für das Klima – wie geht das? Rainer Siegele im klim klündni abündniss-Gespräch zu Fragen nachhaltiger Beschaffung.

Foto: A. I. Schnabel

Welche Probleme gab es auf diesem Weg, welche Widerstände? Probleme gab es in der Tat. Für den Einsatz von Recyclingpapier im Bürobereich waren die damals im Einsatz befindlichen Geräte nicht wirklich ausgelegt. Zum reibungslosen Gebrauch bedurfte es auch einer technischen Weiterentwicklung. Widerstände sind allem Neuen gegenüber selbstverständlich. Da vergaberechtskonforme Ausschreibungen keine Landes- und keine nationalen Grenzen haben dürfen, gab es selbstverständlich Ängste, etwa, dass Aufträge ins Ausland vergeben und Arbeitsplätze bei uns gefährdet werden könnten. Die waren, wie die Entwicklung bei uns zeigt, aber unbegründet. Denn selbstverständlich war uns die Fortsetzung der Kooperation mit lokalen und regionalen Partnern ein Anliegen.

Zur Person Rainer Siegele, gelernter Bautechniker, ist seit 1993 Bürgermeister der Vorarlberger KlimabündnisGemeinde Mäder, seit 1995 Obmann des Umweltgemeindeverbandes und war von 1999 bis 2012 1. Vorsitzender der „Allianz in den Alpen“.

Kontakt! rainer.siegele@maeder.at

Was war ausschlaggebend für den Erfolg? Um auf dringliche Fragen der Abfallwirtschaft gemeinsame Antworten zu finden, wurde 1992 der Umweltverband Vorarlberg gegründet. Ziel war es, jenseits von End-of-pipe-Lösungen, am Ende des Produktzyklus weniger Abfall zu haben. Das heißt, schon im Vorfeld bei der Wahl von Produkten auf Langlebigkeit, auf Reparierbarkeit zu achten und so die Weichen in Richtung Nachhaltigkeit zu stellen. Das ist im Büro-Bereich deutlich gelungen. So konnte etwa durch das Augenmerk des seit 2002 aktiven ÖkoBeschaffungsService (ÖBS) auf Energieeffizienz bei EDV-Geräten der betreffende Stromverbrauch um 80 % reduziert werden. Durch gemeinsame Beschaffung ließen sich, was anfangs angezweifelt wurde, die Anschaffungskosten um ein Viertel verringern. Und der regionale Wertschöpfungsanteil ist auch nicht geringer geworden – das motiviert ... ... und erklärt, warum alle 96 Gemeinden im Land auch eifrig mit dabei sind. Das auch deshalb, weil der Zeitaufwand für Beschaffungsvorgänge nur mehr halb so groß ist und der intensive Austausch zwischen ExpertInnen und GemeindemitarbeiterInnen ständig neue Impulse bringt. Motivierend ist auch, dass unsere Nachfrage auch bei den Anbietern zum Umdenken führt – so hat z. B. ein Konzern sein Angebot an Recyclingpapieren erheblich erweitert. Die Welt der Büros ist aber nur ein kleines Segment der kommunalen Beschaffung. Das stimmt, im Bereich des Bauens etwa geht es um andere Mengen. Seit 2006 gibt es das Servicepaket Nachhaltig:Bauen in der Gemeinde – eine Begleitung durch

den gesamten Planungs- und Bauprozess, bei der auf Erfüllung festgelegter energetischer und ökologischer Kriterien geachtet wird. Dieses Paket hilft, energieeffiziente Gebäude mit hoher Wirtschaftlichkeit zu errichten und die baustoffbedingte Innenraumbelastung um über 80 % zu senken. Ein Beispiel dafür ist unsere 1997 errichtete Öko-Hauptschule – jetzt: Öko-Mittelschule. Inzwischen wurden landesweit über 60 solcher Bauvorhaben realisiert. Was steht in Zukunft auf der Tagesordnung? Der ÖBS hat viele neue Kunden – wie z. B. das Land, die Wirtschaftskammer, Krankenhäuser – mittlerweile insgesamt über 180 öffentliche Auftraggeber. Unsere Arbeit muss im nationalen und internationalen Austausch weiterentwickelt werden. Sind da die neuen EU-Richtlinien zur öffentlichen Beschaffung auch hilfreich? Die verpflichtende Berücksichtigung ökologischer und sozialer Kriterien bei der Vergabe hilft uns natürlich. Die Frage ist wie die neuen EU-Richtlinien in nationales Recht einfließen. Wir unterstellen Ihnen, dass auch die private Beschaffung vorbildlich ist. Weitgehend. Für etwas Unabhängigkeit sorgen ein eigenes Waldstück und der eigene Garten. Brot wird selbst gebacken, Erspartes stützt erneuerbare Energieträger und das Auto wird, so weit möglich, wenig genutzt. ANDREAS STRASSER

INFO!

www.maeder.at www.naturschutzrat.at www.umweltverband.at www.oebs-shop.at

Foto: Gemeinde Mäder

Das Ländle gilt als Musterland der Beschaffung. Von nationaler Nachhilfe aus dem Westen war die Rede. War der Weg zu dieser Rolle einfach? Natürlich ist aller Anfang schwer. Unser erster nachhaltiger Beschaffungsvorgang war 1996 die Einführung von Recyclingstoffen bei Hygienepapieren – WC-Papier, Papierhandtücher – und in der Folge von Recyclingpapier im Bürobereich.


14

klimapolitik

klimapolitik-Splitter Klima-Gipfel-Vorbereitungen • Im Vorfeld des

Beschaffungs-Klima • Nach über zweijährigen Verhandlungen beschloss das Europäische Parlament neue Richtlinien zur öffentlichen Beschaffung. Auftraggeber dürfen bei Entscheidungen auch Gesichtspunkte der Sozial- und Umweltverträglichkeit, Fragen von Herstellungs- und Verarbeitungsverfahren sowie anerkannte ökologische und soziale Zertifikate berücksichtigen. Bemängelt werden darf, dass die neuen Richtlinien es bedauerlicherweise weiterhin gestatten, nach dem Billigstbieter-Prinzip zu entscheiden. „Was lange währt, wird halb gut“, titelt man folgerichtig sogar bei finanzen.net. S.W.-W. | A.S. electronicswatch.org • web.ensie.org

Soweit das Auge reicht – Sojaplantagen. Wo vormals Regenwald Lebensraum für Tiere, Pflanzen und Menschen bot, entstehen Monokulturen für landwirtschaftliche Produkte.

Unser Boden in fernen Ländern Soja, Rindfleisch, Leder oder Palmöl – dafür werden in den Tropen riesige Waldflächen illegal abgeholzt.

F

ür die Herstellung von Soja, Rindfleisch, Leder und Palmöl werden in den Tropen riesige Waldareale illegal abgeholzt. Ein großer Teil der Produkte landet in Europa. 2012 führte die EU solche Waren im Wert von rund 60 Milliarden Euro ein – fast ein Viertel der global gehandelten Menge. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Brüsseler Umweltorganisation fern. Die Nachfrage in Europa ist einer der größten Katalysatoren für illegale Abholzung in den Tropen. „Der EU-Verbrauch zerstört nicht nur die Umwelt und trägt zum Klimawandel bei“, so Studienautor Sam Lawson. „Da die Entwaldung illegal ist, befeuert sie die Korruption, führt zu Einkommensverlusten, Gewalt und Menschenrechtsverletzungen.“ KritikerInnen würden bedroht, angegriffen und getötet. Der Löwenanteil der Produkte aus illegalen Rodungen kommt aus Brasilien, gefolgt von Indonesien und mit Abstand Malaysia, Paraguay, Argentinien und Uruguay. Die Be-

Foto: Johann Kandler

nächsten UN-Klimagipfels im Dezember in Paris beschloss die EU Anfang März die im Februar angekündigte Emissionsminderung von mindestens 40 % bis 2030 gegenüber dem Wert von 1990. NGOs und ExpertInnen orten dringenden Bedarf zur Nachbesserung. Bemängelt werden neben dem bescheidenen Ziel das Fehlen konkreter Hinweise zur Umsetzung und von Aussagen zur finanziellen Unterstützung der Länder des Südens bei Anpassungs- und Klimaschutzmaßnahmen. Zudem seien in Land- und Forstwirtschaft immer noch Schlupflöcher vorhanden. Gelobt wird nur das Festhalten am Langfristziel, das eine Reduktion um 80 bis 95 % bis 2050 vorsieht. A.S. germanwatch.org • climatenetwork.org

deutung anderer Lieferanten dürfte in Zukunft wachsen, prognostiziert Lawson mit Verweisen auf weitere lateinamerikanische und einige afrikanische Staaten sowie Papua-Neuguinea, Kambodscha und Laos.

Aktionsplan Plan gegen Abholzung gefordert „Die EU hat eine gute Gelegenheit, die Entwaldung zu stoppen, wenn sie sich mit ihrem Handel und ihrem Verbrauch an Agrargütern befasst.“ Es gibt eigene EU-Vorschriften für Holzimporte und demnach darf Holz aus unerlaubten Rodungen in Europa nicht in den Verkehr gebracht werden. Händler sind zu besonderer Sorgfalt verpflichtet. Doch inzwischen würden Bäume vor allem illegal gefällt, um Platz für Landwirtschaft zu schaffen. CHRISTIAN SALMHOFER

info! www.fern.org

www.agrarfoto.com

Dieter Schütz/pixelio.de

TÄGLICH WIRD IN ÖSTERREICH EIN BAUERNHOF VERBAUT LEBENSMITTELVERSORGUNG GEFÄHRDET

2015 ENS ES BOD D R H A J Nicht nur die zunehmenden Schäden durch Naturkatastrophen, auch die tägliche Verbauung von 22,4 Hektar Boden (=durchschnittliche Größe eines Bauernhofes) gefährden die Versorgung mit heimischen Lebensmitteln. www.hagel.at


Landgrabbing

klimatipps

15

Einem Teil der Auflage liegt der Folder „„CLEVER EINKAUFEN FFÜRS BÜRO“ bei.

Einkaufshilfe: Klimafreundliche h Bü Büroartikel tik auf Knopfdruck

Die Ausstellung thematisiert den Griff nach tropischem Regenwald und Ackerboden – und was wir damit zu tun haben. Wir EuropäerInnen beanspruchen viel mehr Anbaufläche für unseren Konsum an Nahrungsmitteln und Rohstoffen, als wir in Europa selbst zur Verfügung haben. Beispiele aus Amazonien und Afrika zeigen, welche Folgen dies für die Menschen dort hat.

V

www.klimabuendnis.at

Foto: Fabian Anger

Das Land, das wir uns nehmen.

or allem als Gemeinde oder Betrieb in einem Umwelt- oder Klimaschutz-Programm stellt sich die Frage, wie auch der Büroeinkauf umweltfreundlicher erfolgen kann. Dazu ist es gut zu wissen, was von grünen Werbebotschaften auf Produkten, in Katalogen oder bei Online-Bestellungen zu halten ist. Sicherheit und Zeitersparnis bei der Suche nach garantiert umweltfreundlichen Artikeln bietet die Initiative »Clever einkaufen fürs Büro« des Ministeriums für ein lebenswertes Österreich. Über einen Online-Produktfinder sind an die 3.900 Artikel mit Suchmaske auf Knopfdruck abfrufbar.

Die unabhängig empfohlenen Artikel werden bei den bekannten Markenherstellern recherchiert und nach den Kriterien von »Clever einkaufen fürs Büro« ausgewählt. Dieses Service steht allen NutzerInnen frei zur Verfügung. Gemeinden als Erhalter von Schulen können zusätzlich den Schuleinkauf thematisieren. Um auch hier umweltfreundliche Produkte leicht und rasch finden zu können, bietet die Initiative PädagogInnen und Eltern ein vergleichbares Service für den Schuleinkauf. JUTTA KELLNER

www.bueroeinkauf.at • www.schuleinkauf.at

klimathek

Klimabündnis Factsheets Verschiedene Factsheets bieten Zahlen, Fakten, Hintergründe und Handlungsvorschläge zu den Themen Fairer Handel, Papierverbrauch, Fleischkonsum und Agrotreibstoffe. Download unter: www.klimabuendnis.at/fact-sheets

Bodenbündnis Jahrestagung

2015

Moorschutz als kommunaler Beitrag zum Klimaschutz Moorschutzzentrum • Diepholz/Wagenfeld Niedersachsen, Deutschland

info!

www.bodenbuendnis.org

ECOVATION Die Konferenz für innovationsfördernde & nachhaltige Beschaffung

30.9.– 1.10.2015 Graz, Eventzentrum Schlossberg

info!

www.bbg.gv.at

NINA OBERBUCHER | CHRISTIAN SALMHOFER | ANDREAS STRASSER

11. und 12. Juni

Umdenken – anders handeln

Ausgezeichnet: Ernährung mit Stil

Unternehmen, MitarbeiterInnen und KonsumentInnen sind in sich gespaltene AkteurInnen, die oft selbstzerstörerisch gegen ihre eigenen langfristigen Interessen handeln. Die Autoren zeigen, wie wir uns aus diesem Dilemma befreien und zu einer neuen gesellschaftlichen und unternehmerischen Vernunft finden können, die nachhaltigen Erfolg und neue Lebensqualität verspricht.

Ein optisch wie inhaltlich besonderer Leckerbissen ist dieses Kochbuch, das den Fragen der Beschaffung unserer Lebensmittel mit zahlreichen Infografiken nachgeht und Folgen unseres Ernährungsstils für die Umwelt aufzeigt. Das mehrfach mit Preisen bedachte Buch – u. a. die schönsten Bücher Österreichs 2013 – bietet dazu ein Kalendarium, das monatsgetreu zeigt, welches Obst und Gemüse wann regional verfügbar ist.

Christian Scholz, Joachim Zentes

Susanne Pretterebner, Hubertus Schüler

Schizo Wirtschaft

Rezepte für die Zukunft

Nur radikales Umdenken und Andershandeln kann uns helfen

Ein Handbuch

Campus Verlag, Frankfurt/Main, März 2015 280 Seiten • € 25,70 • ISBN 978-3-593-50330-1

Becker Joest Volk Verlag AG, Hilden, März 2015 168 Seiten • € 37,- • ISBN 978-3954530724

Inspirierende Alternativen

Chance oder Illusion?

Angesichts des ungebremst fortschreitenden Klimawandels versucht Autorin Naomi Klein, uns mit einem provokanten Titel aus kollektiver Ohnmacht zu wecken. Dieser signalisiert, dass es nicht nur um CO2-Emissionen geht, sondern um ein verantwortungsvolles Nutzen der vielen erfolgversprechenden Alternativen – Leugnen, Ignoranz und rücksichtsloses business as usual treffen nicht nur die ohnehin Gefährdeten, sondern uns alle.

Fragen der Nachhaltigkeit werden von der Politik vielfach ins Private abgeschoben. Doch ökologisch korrektes Einkaufen ist zu wenig für eine Wende. Damit wir KonsumentInnen mit unserer Nachfragemacht wirklich etwas bewirken können, muss Nachhaltigkeit auch als öffentliche Aufgabe anerkannt sein, mahnt der Autor, Leiter des Büros für Technikfolgenabschätzung im deutschen Bundestag.

Naomi Klein Die Entscheidung – Kapitalismus vs. Klima

Ende einer Illusion

S. Fischer Verlag, Frankfurt/Main, März 2015 704 Seiten • € 26,99 • ISBN 978-3100022318

oekom Verlag, München, November 2015 128 Seiten • € 9,95 • ISBN 978-3865813091

Armin Grunwald Warum ökologisch korrekter Konsum die Umwelt nicht retten kann


29.–31. 05. 2015

Messe Wels

Ideen, die bewegen.

www.mobilityfair.at

Radbazar ● Familienpicknick ● Kinderradspaß Kostenloser Radcheck ● Radprofi Tom Öhler ● Symposium Über 30 AusstellerInnen ● und vieles mehr auf der MOBILITYFAIR

Veranstalter:

Retouren an Postfach 555, 1005 Wien

Gefördert von:


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.