klimabündnis 3/2015

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Verlagspostamt 1150 WIEN – P.B.B. – GZ02Z031986M

03/2015

ZEITSCHRIFT VON KLIMABÜNDNIS ÖSTERREICH

Foto: Sergey Nivens

Die Welt, wie sie uns gefällt?

FINANZIERT DURCH

Entwickeln – Entfalten

Zusammenarbeiten

Reform oder Transformation Die HüterInnen des Regenwaldes Auf der Suche nach einem neuen Gleichgewicht

Betriebe: Von Eferding bis Nepal Gemeinden: Everybody is welcome Wege zur Nachhaltigkeit

... S. ... S. ... S.

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... S. 7 ... S. 13 ... S. 17


klimaintro

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Willkommen im Klimabündnis!

DIE WELT VERSTEHEN

Foto: Elisabeth Mondl

Tausende Menschen flüchten vor Krieg, Hunger und Elend. Mit TTIP, dem geplanten Handelsabkommen zwischen der Europäischen Kommission und den USA, geistern vier Buchstaben regelmäßig durch den medialen Blätterwald. Die UNO ersetzt die MDGs (Millenium Developement Goals) durch die SDGs (Sustainable Developement Goals). Und ab Ende November wird in Paris wieder tagelang, in vielen Sitzungen und vielen Details über unser aller zukünftiges Klima verhandelt. Klingt schwierig, ist es auch. So komplex die Welt auch scheint oder geworden ist, es zeigt eines ganz klar auf: wir leben auf keiner Insel. Grenzen in den Köpfen bringen uns genauso wenig weiter wie das Pochen auf nationalstaatliche Grenzen. Das hilft in der Flüchtlingsfrage nicht und es löst noch viel weniger die Klimaproblematik. Der Klimawandel endet nicht einfach so vor irgendeinem Zaun. Der auch bereits bei der Gründung des Klimabündnis vor mehr als 25 Jahren genutzte Spruch aus der Nachhaltigkeitsbewegung „global denken, lokal handeln“ ist heute zeitgemäßer denn je. Die Basis ist gegenseitiges Verständnis und Wertschätzung. Nur so können auch gemeinsame Lösungen in einer noch so komplexen Welt gelingen. Mit der vorliegenden Ausgabe versuchen wir etwas Licht ins Dunkel zu bringen. Wir informieren Sie über die SDGs warum gerade die lokale Ebene so wichtig ist und wie indigene Gesellschaften mit diesen Veränderungsprozessen umgehen. Wir gehen auf die anstehende Klimakonferenz in Paris näher ein und beleuchten diese vor allem auch aus der Sicht unserer PartnerInnen am Rio Negro in Brasilien. Wir erzählen aber auch, wie in jeder Ausgabe, Erfolgsgeschichten. Die Klimabündnis-Gemeinde Krumpendorf in Kärnten ist eine der Vorreitergemeinden im Bereich Flüchtlingshilfe. Der Klimabündnis-Betrieb Fairytale fairbindet mit Mode mit gutem Gewissen Menschen. Die Klimabündnis-Schule LFS Edelhof wiederum setzt auf Biolandwirtschaft und liefert KlimaschutzKnow-how direkt an den Rio Negro. Nutzen Sie auch unseren Faltbogen im Mittelteil. In Grafiken, vielen Zahlen und kurzen Texten zeigen wir Ihnen, wie die Welt jetzt aussieht, wie wir uns die Welt in Zukunft vorstellen und – noch wichtiger – was jede und jeder Einzelne ganz einfach dazu beitragen kann. Ihr PETER MOLNAR

Geschäftsführer Klimabündnis Österreich Medieninhaber, Herausgeber, Verleger: Klimabündnis Österreich, Prinz-Eugen-Straße 72/Top 1.5, A-1040 Wien, T: 01/5815 881, E: office@klimabuendnis.at • Redaktion: Emil Benesch, Brigitte Drabeck, Friedrich Hofer, Hannes Höller, Marion Kaar, Johann Kandler, Patricia Kandler, Thomas Kautnek, Christian Salmhofer, Anna Schwerzler, Andreas Strasser, Sonja Wöhrenschimmel-Wahl • AutorInnen: Thomas Brose, Martina Daim, Martina Nagl, Georg Priesner, Irene Schrenk • Graphik & Layout: Andreas Strasser • Anzeigen: Anita Zrounek • Druck: Druckhaus Schiner, mit Druckfarben auf Basis nachwachsender Rohstoffe • Papier: Desistar, aus 100 % Altstoffen • Erscheinungsweise: viermal jährlich • Offenlegung laut §25 Mediengesetz: Die Zeitschrift klimabündnis dient der Information aller PartnerInnen, MitarbeiterInnen der beigetretenen Gebietskörperschaften, der tragenden Organisationen, der miteingebundenen Initiativen und Gruppen sowie allgemein an den Themen Klimaschutz, Umwelt- und Entwicklungspolitik Interessierter. © Wien 2015 für alle Beiträge bei Klimabündnis Österreich.

gedruckt nach der Richtlinie „Druckerzeugnisse“ des Österreichischen Umweltzeichens Druckhaus Schiner Krems • UW 714

Gemeinden:

• Oberösterreich: Grieskirchen. • Steiermark: Bad Gleichenberg, Gratwein-Straßengel, Raaba-Grambach und Riegersburg. • Tirol: Telfs. Bildungseinrichtungen:

• Kärnten: VS Sörg (Liebenfels). • Niederösterreich: Landeskindergarten Schmidsdorf

(Payerbach), Landeskindergarten Weinburg, VS Großharras und VS Stronsdorf. Oberösterreich: Gemeindekindergarten Kirchschlag, Kindergarten Alberndorf, SCHOLA – Schule für selbstbestimmtes Lernen (Linz).

Betriebe:

• Kärnten: Oberbucher-Strasser (Klagenfurt). • Niederösterreich: Weltladen St. Pölten. • Oberösterreich: ASZ Eberschwang, ASZ Kobernaußer-

wald, ASZ Mettmach, ASZ Region Ried/Innkreis, ASZ Taiskirchen • Vitalaris (Ansfelden) • Bezirksabfallverband Ried/Innkreis (Aurolzmünster) • Pfarre Diersbach • ELITE Personenbeförderung KG (Edt b. Lambach) • Lucias Naturladen, Sport und Fitnessverein Top Gym (Enns) • Kleiderladen Gebrauchtwaren (Engerwitzdorf/Schweinbach) • Energiebezirk Freistadt, Helios Sonnenstrom • BAV Freistadt (Freistadt) • NETs.werk Hörsching • Bio Baumschule Guger, Bio Baumschule Faletshofer-Wildlifegarden (Kematen an der Krems) • Caritas für Betreuung und Pflege, Christian Josef Schränk, Kepler Salon, Erwin Krinninger online Werbung am Netz e.U., Initiative Sonnenhaus Österreich, Michael Lackinger Ges.m.b.H, onLINE Werbeagentur P & P, Sarah Stumptner - Kräuterspiele, Zum rostigen Esel E.U. (Linz) • LED Pro GmbH (Marchtrenk) • SAMO Marketing GmbH (Offenhausen) • Ernst & Rosa Gumplmayr (Ried i. d. Riedmark) • Kurhaus – Barmherzige Brüder, Weltladen Schärding (Schärding) • CAROLINE (Scharnstein) • Andrea Stangl, City Kino Steyr GmbH, Die Hoflieferanten (Steyr) • LightWear OG (Vöcklabruck) • Kraftstoff – Gerlinde Huber, Sonis Laden, Magdalena Glasner – Vorratskammer, Z*INNOVATIONS (Wels). Steiermark: Myego (Zwaring-Pöls), SEBA Mureck GmbH & Co KG (Mureck) und Hubmann Kaufhaus GmbH (Stainz).

In Österreich haben sich alle Bundesländer, über 950 Städte und Gemeinden, mehr als 970 Betriebe sowie rund 470 Schulen und Bildungseinrichtungen dem Klimabündnis angeschlossen. Europaweit sind es 1.700 Städte und Gemeinden in 24 Ländern.

Willkommen im Bodenbündnis! Gemeinden:

• Oberösterreich: Ebensee und Lochen am See. • Niederösterreich: Rabenstein an der Pielach.

Diese Publikation wurde mit Unterstützung der Europäischen Union und der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit hergestellt. Für den Inhalt ist allein Klimabündnis Österreich verantwortlich. Der Inhalt kann in keiner Weise als Standpunkt der unterstützenden Organisationen angesehen werden.


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Ziele für nachhaltige Entwicklung Die SDGs (Sustainable Developement Goals) ersetzen die Ende des Jahres auslaufenden Milleniumsentwicklungsziele (MDGs), die nur die Entwicklungsländer betrafen. Hier die 17 Ziele, die Ende September auf der UN-Vollversammlung in New York angenommen wurden.

2015: Reform oder Transformation? Collage: a.s • Fotos: Coloures-pic & oekostrom AG, a.strasser

Viele Fragen, eine gängige Praxis und ein Lichtblick.

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ür die entwicklungs- und klimapolitische Landschaft werden heuer wichtige Weichen gestellt. Die EU hat 2015 zum europäischen Jahr für Entwicklung ernannt, die UNO verabschiedete vor kurzem Ziele zu nachhaltiger Entwicklung (SDGs) und in Paris findet der seit Kyoto bedeutendste Klimagipfel statt. Aber bringt dieses Jahr tatsächlich eine neue Dynamik mit sich oder werden alte Muster der Verhandlungslethargie fortgeführt? Reichen Reformansätze aus, die globalen Probleme anzupacken? Ist das gegenwärtige Gesellschaftssystem überhaupt in der Lage, die Probleme an der Wurzel anzupacken? Bisherigen Abkommen und Maßnahmen konnten den Klimawandel und die weltweite Armut nicht ausreichend eindämmen. Sollten deshalb nicht andere Ebenen, wie z. B. die Gemeinden, eine viel wichtigere Rolle spielen?

Die gängige Praxis Das derzeitige wachstumsorientierte System ist von fossilen Energieträgern abhängig. Es versucht den ansteigenden Ressourcenhunger der Bevölkerung zu stillen, stößt aber gleichzeitig an seine sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Grenzen. Die globale Erwärmung setzt sich fort, die Biokapazität unserer Erde ist ausgelastet, die sozioökonomischen Asymmetrien zwischen Nord und Süd wachsen weiter, die Regenwald- und Biodiversitätsverluste gefährden zunehmend das ökologische Gleichgewicht und eine ökonomische Krise jagt in diesem fragilen Wirtschaftssystem die nächste. Es stellt sich die Frage, ob eine Reform der angewandten Instrumente der

Vereinten Nationen ausreichend wäre. Oder sollte nicht besser eine Transformation hin zu einer Gesellschaft anvisiert werden, die nicht erst interveniert, wenn es eigentlich schon zu spät ist? Begriffe wie „Grünes Wachstum“ oder „Grüne Ökonomie“ sind Modelle, die der Wirtschaft einen grünen und gerechten Anstrich verpassen. Sie sind aber auch Teil des eigentlichen Problems – die Ökonomie hat immer noch Vorrang gegenüber allen anderen Aspekten der Gesellschaft. Wenn wir nicht auf Kosten der Natur und unserer Mitmenschen handeln wollen, muss ein neues Modell nachhaltiger Entwicklung kritisch mit dem Thema Wachstum umgehen.

1. Armut in jeder Form und überall beenden Den Hunger beenden, Ernährungssicherheit

2. und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters

3. gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern

Inklusive, gerechte und hochwertige Bildung

4. gewährleisten und Möglichkeiten des lebenslangen Lernens für alle fördern

Geschlechtergerechtigkeit und Selbstbestimmung

5. für alle Frauen und Mädchen erreichen

Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung

6. von Wasser und Sanitärversorgung für alle gewährleisten

Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger

7. und zeitgemäßer Energie für alle sichern

Dauerhaftes, inklusives und nachhaltiges Wirt-

8. schaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern Eine belastbare Infrastruktur aufbauen, inklusive

9. und nachhaltige Industrialisierung fördern und

Ein Lichtblick

Innovationen unterstützen

Die SDGs und das Europäische Jahr für Entwicklung beziehen bereits eine möglichst breite Öffentlichkeit ein. Dennoch wird deutlich, dass abseits der internationalen Verhandlungen der Begriff der Eigeninitiative an Bedeutung gewinnt. Probleme sollten demnach vermehrt auf anderen Ebenen gelöst werden. Viele Klimabündnis-Mitglieder gehen seit vielen Jahren mit gutem Beispiel voran. Gesellschaftliche Diskurse sollten daher nicht nur Nebeneffekte der Verhandlungen und Beschlüsse hoher politischer Gremien sein. Im Gegenteil: Das lokale und regionale Engagement in den Bereichen Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung sollte vielmehr Grundlage und Erfolgsbedingung für einen wirkungsvollen, globalen und nachhaltigen Entwicklungsweg bilden. THOMAS KAUTNEK

info! www.klimabuendnis.at/aktuelles/eyd2015

10. Ungleichheit innerhalb von und zwischen Staaten verringern Städte und Siedlungen inklusiv, sicher,

11. widerstandsfähig und nachhaltig machen Für nachhaltige Konsum- und

12. Produktionsmuster sorgen

Umgehend Maßnahmen zur Bekämpfung des

13. Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen Ozeane, Meere und Meeresressourcen im Sinne

14. einer nachhaltigen Entwicklung erhalten und nachhaltig nutzen

Landökosysteme schützen, wiederherstellen und

15. ihre nachhaltige Nutzung fördern, Wälder nach-

haltig bewirtschaften, Wüstenbildung bekämpfen, Bodenverschlechterung stoppen und umkehren und den Biodiversitätsverlust stoppen Friedliche und inklusive Gesellschaften im Sinne

16. einer nachhaltigen Entwicklung fördern, allen

Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und effektive, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen

17. Umsetzungsmittel stärken und die globale Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung wiederbeleben

sustainabledevelopment.un.org • euractiv.de


klimabündnis

„Vom Reden zum Handeln“ war das Motto der VertreterInnen indigener Völker aus aller Welt Ende September in der Schweiz.

Foto: Juliana Splendore

Auf dem Weg nach Paris In Bern präsentierten Ende September zwanzig VertreterInnen indigener Völker aus aller Welt vor TeilnehmerInnen einer internationalen Konferenz ihre Vorschläge für Paris. „Wir können nicht vom Klimawandel reden ohne die Rechte indigener Völker zu erwähnen“, erklärte der Vertreter Afrikas, Hindou Oumarou Ibrahim. Edwin Vasquez, Präsident der COICA (Dachverband indigener Organisationen des Amazonasbeckens), erklärte, dass in den 240 Millionen Hektar indigener Gebiete der Region 32,8 % des Kohlenstoffs (28.247 Millionen Tonnen) gespeichert sind und fordert die Anerkennung weiterer 100 Millionen Hektar als indigene Territorien. Allerdings seien laut einer Studie, die im Juni 2014 in der Zeitschrift „Carbon Management“ präsentiert wurde, 40 % der indigenen Territorien durch Erschließungsprojekte für Bergbau und agroindustrielle Projekte bedroht. Um sie zu sichern wären 2 bis 4 Milliarden US-Dollar nötig. Daher fordert die COICA direkten Zugang zum Klimafonds der UNO. http://communitylandrights.org/ In Lima gründeten im Oktober die Finanzminister der 20 vom Klimawandel besonders betroffenen Länder, darunter Äthiopien, Bangladesch, Ghana, Nepal, Tuvalu und die Philippinen, die V 20 (V steht für Verletzlichkeit – Vulnerability und versteht sich auch als Gegengewicht zu G 20, den führenden Industrie- und Schwellenländern) und forderten die Einrichtung einer Versicherung gegen extreme Wetterphänomene und Naturkatastrophen, die aus privaten und öffentlichen Quellen finanziert werden soll. Sie erwarten für ihre Länder bis 2030 Kosten von bis zu 355 Milliarden Euro, wenn nicht wirksame Maßnahmen gegen den Klimawandel umgesetzt werden. www.taz.de/Buendnis-gegen-Klimawandel/ !5240563/ JOHANN KANDLER

Gemeinden und indigene Völker gestalten Entwicklung in der Fläche. Johann Kandler und Maximiliano Menezes (FOIRN) erläutern Bgm. Stadler (St. Pölten), wie es am Rio Negro gelingt, den Regenwald zu erhalten.

Kommunale Regenwaldhüter Was haben Gemeinden in Österreich und indigene Gemeinschaften gemeinsam?

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as Klima-Bündnis verankert als einziges europäisches Städtenetzwerk die Themen Umwelt und Entwicklung fest in seiner Struktur. Die gerade diskutierten globalen Nachhaltigkeitsziele (siehe Seite 3) fordern diesen Ansatz als wichtige Voraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung. Wie sich lokaler und globaler Klimaschutz verbinden lassen, zeigt die mehr als 20-jährige Zusammenarbeit von KlimabündnisMitgliedern in Österreich mit der FOIRN am Rio Negro in Brasilien konkret auf.

Die globale Bedeutung der Regenwälder Die Lebensweise der Indigenen hat dazu geführt, dass wir die Regenwälder heute noch als CO2-Senken in unsere globalen Klimaschutzstrategien einbeziehen können. Wären sie so verschwenderisch mit den Ressourcen umgegangen, wie wir dies tun, würde es schon lange keine Regenwälder mehr geben. 55 % des in den Tieren und Pflanzen befindlichen Kohlenstoffs ist in indigenen Territorien und anderen Schutzgebieten zu finden. Außerdem reguliert der Regenwald Wasserkreisläufe weit über Amazonien hinaus. Was passieren kann, wenn diese Kreisläufe aus den Fugen geraten, konnte Anfang des Jahres in großen Megastädten wie São Paulo beobachtet werden. Aufgrund großer Trockenheit waren die Pegel der großen Wasserreservoirs, die über 10 Millionen Menschen versorgen, so weit gesunken, dass das Wasser stark rationiert werden musste.

Gemeinsame Realitäten in unterschiedlichen Welten Indigene Völker müssen sich in ihren anerkannten Gebieten auch um Bildung, Gesundheit und Infrastruktur kümmern. Außerdem befassen sie sich mit ihrer ökonomischen Entwicklung, denn selbst in abgelegenen Gebieten bestehen Kontakte mit der westlichen Zivilisation. Ebenfalls benötigen sie Energie und Transport. Bildung, Gesundheit, Infrastruktur und ökonomische Entwicklung sind letztlich auch Themen, die Gemeinden in Europa bei ihrer Arbeit berücksichtigen müssen.

Gemeinden in Europa und Indigene als bedeutende Klimaschützer Indigene Völker sind gemeinsam mit Gemeinden in Europa strategisch wichtige Akteure im Klimaschutz. Beide verstehen Klimaschutz als ganzheitlichen Ansatz, der alle Lebensbereiche einbeziehen muss. Große Hoffnungen werden in ein Abkommen gesetzt, dass auf der Klimakonferenz in Paris verabschiedet werden soll. Auch das Klima-Bündnis wird dort sein, um mit konkreten Beispielen zu zeigen, dass Kommunen in Europa und indigene Völker in Amazonien bereits jetzt ihren Teil zur Lösung beitragen. THOMAS BROSE *)

info!

www.klimabuendnis.org

klimabuendnis.at/partnerschaft-mit-indigenen *) Thomas Brose ist Geschäftsführer der europäischen Geschäftstelle des Klima-Bündnis und für Kooperation mit indigenen Völkern zuständig.

Fotos: Klimabündnis Österreich

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Schulangebote, Gesundheitsversorgung und Verdienstmöglichkeiten fördern die Zuwanderung nach São Gabriel da Cachoeira.

Suche nach neuem Gleichgewicht Indigene Gesellschaften versuchen, ihre Identität trotz dynamischer Veränderungsprozesse zu bewahren.

Fotos: Johann Kandler • Egon Heck

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lobale Trends dringen in den letzten Jahren auch in entlegene Regionen wie den Rio Negro vor und im Zusammenwirken mit politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen in Brasilien bedingen neue Herausforderungen. „Immer mehr Familien ziehen aus den entlegenen Dörfern in die größeren Orte oder in die Stadt, wo die schulische und gesundheitliche Versorgung besser ist, weil die Regierung zu wenig im Landesinnern investiert“, erzählt Almerinda Ramos de Lima, Präsidentin der FOIRN. In den letzten Jahren wurden Sozialbeihilfen eingeführt und die Renten angehoben, auch die LehrerInnengehälter sind besser geworden. Insgesamt fließt zunehmend Geld in die Region, die Leute kaufen durch den Einfluss des Fernsehens mehr Konsumgüter, oft auf Raten, verschulden sich und suchen Arbeit. Da gibt es jedoch nur wenige Möglichkeiten. Arbeitslosigkeit, Alkoholkonsum, Kriminalität und Gewalt belasten die Familien, die gemeinschaftlichen sozialen Strukturen werden geschwächt. In der Nähe der wachsenden Orte kommt es zur Übernutzung der natürlichen Ressourcen – Fisch, Land und Waldprodukte werden knapp!

Entwicklung ja, Bergbau nein Jetzt häufen sich Versprechen, durch Abbau von Bodenschätzen Arbeitsplätze und Wohlstand zu schaffen. Die

FOIRN sieht eine große Bedrohung für den Regenwald und will das durch Aufklärungsarbeit und politischen Druck verhindern. Gleichzeitig wird an einem Plan gearbeitet, um die traditionelle Beziehung mit der Natur und damit das Gleichgewicht unter den neuen Bedingungen aufrechtzuerhalten. „Früher lebten die Menschen an den Orten, wo es fruchtbares Land, genug Fisch, Wild und Waldfrüchte gab, auch die Bevölkerungszahl war angepasst. Der Tauschhandel funktionierte ohne Geld und die Schamanen achteten darauf, dass die Regeln zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts zwischen den Menschen und der Natur eingehalten wurden“, erklärt Almerinda.

Sustainable Developement Goals (SDGs) können helfen Die FUNAI als zuständige Behörde für indigene Belange unterstützt die Erstellung eines PGATI – Plan zur Verwaltung der Naturressourcen und des indigenen Territoriums. Dabei sollen in einem Informations- und Diskussionsprozess neue Regeln festgelegt werden. Wegen vieler gegensätzlicher Interessen in der Region (Bergbau, Händler, Anglertourismus, Politik, Militär etc.) ist die Umsetzung schwierig. Der UNO-Beschluss für nachhaltige Entwicklungsziele könnte die Bemühungen unserer Partner unterstützen und damit zum Regenwald- und Klimaschutz beitragen. JOHANN KANDLER

info!

www.klimabuendnis.at

Steigende Gewalt gegen Indigene In Brasilien hat die Agrarbusiness- und Bergbaulobby seit Beginn des Jahres nach einem der teuersten Wahlkämpfe des Landes im Nationalkongress die Mehrheit und macht nicht nur Präsidentin Dilma das Leben schwer. Sie verhindern die Anerkennung indigener Gebie-te und Förderprogramme und wollen die Verfassungsrechte indigener Völker aushöhlen. Das politische Klima fördert auch die Gewalttätigkeit gegen die UreinwohnerInnen. Ende August überfielen Großgrundbesitzer mit ihren Komplizen in Mato Grosso do Sul eine Gruppe Guaraní-Kaiowá, ermordeten einen Mann und verletzten viele andere, darunter auch Frauen und Kinder. Laut Indianermissionsrat CIMI wurden 2014 138 Indigene ermordet und 137 nahmen sich aus Verzweiflung das Leben. 785 Kinder starben wegen fehlender gesundheitlicher Assistenz. Damit wird der Genozid fortgeführt, warnen Menschenrechtsorganisationen und Kirchen.

In ihrem Bericht an die UN-Menschenrechtskommission im vergangenen September bezichtigen sie den brasilianischen Staat, die Verfassungsrechte der Indigenen nicht umzusetzen. Währenddessen wird die Expansion der Exportprodukte wie Soja, Eukalyptus, Zuckerrohr, Mais und Rindfleisch gefördert, die auch hauptverantwortlich für die Waldzerstörung und den weltweit höchsten Pestizideinsatz sind. JOHANN KANDLER www.cimi.org.br


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Foto: Franz Hackl, Radlobby Steyregg

SternRADLn der Radlobby Oberösterreich. Einfahrt der Konvois aus OÖ. Gemeinden zur RAD-PaRADe in Linz über die Nibelungenbrücke.

Der Fleischkonsum in Europa hat zugenommen. Würde jede/r ErdbewohnerIn so viel Fleisch essen wie ein/e Durchschnitts-EuropäerIn, müssten 80 % des global verfügbaren Ackerlandes ausschließlich zur Fleischproduktion genutzt werden.

DANKEschön!

Landgrabbing

an alle TeilnehmerInnen der 16. Europäischen Mobilitätswoche!

Der Griff der Großen nach dem Land der Kleinen

DANKE DANKE DANKE DANKE DANKE

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an über 450 Städte und Gemeinden, an über 120 Unternehmen, an 80 Pfarren und an über 60 Bildungseinrichtungen. an alle, die sich aktiv beteiligt und damit zum Erfolg beigetragen haben.

ie Europäische Mobilitätswoche ist mittlerweile weltweit die größte Kampagne für sanfte Mobilität, an der Städte und Gemeinden aus über 40 Ländern teilnehmen. Mit über 450 teilnehmenden Städten und Gemeinden holte sich Österreich auch heuer wieder Platz 1. In ganz Österreich fanden während der Mobilitätswoche und am autofreien Tag über 1.000 Aktionen und Aktivitäten statt: z. B. 10 % Rabatt auf Fahrräder, -anhänger und E-Bikes, ÖBB-VorteilsCard gratis zum Kennenlernen, zahlreiche Ticketvergünstigungen im öffentlichen Verkehr am 22.9., dem autofreien Tag, Radparaden und Radsternfahrten, Rasen auf künftig zu beruhigenden Straßenabschnitten, Straßenfeste, Mobilitätsfeste oder Tests von E-Fahrzeugen. Die Mobilitätswoche vom 16.–22.9. zeigte auch dieses Jahr wie vielfältig ein autofreier Lebensstil sein kann. Das diesjährige Motto „wähle–wechsle–kombiniere“ ermutigte, über die Vielzahl zur Verfügung stehender Verkehrsmittel nachzudenken, bewusst für jeden Weg das optimale Verkehrsmittel zu wählen und dabei an Klimaschutz, eigene Gesundheit, Zeit und Geldtasche zu denken. Stehen diese Grundgedanken bei der Verkehrsmittelwahl im Vordergrund, ist meist eine nachhaltige Mobilitätsauswahl garantiert. IRENE SCHRENK www.mobilitaetswoche.at

B

oden ist unsere Lebensgrundlage. In Klimabündnis-Gemeinden gibt es bereits Lösungsansätze für die erforderliche Trendumkehr. Radfahren und Bahnfahren, Wohnen in kompakten Siedlungsstrukturen mit fußläufiger Erreichbarkeit der Dinge des täglichen Lebens, Bio-Lebensmittel und maßvoller Genuß von tierischen Lebensmitteln. Es geht in allen Lebensbereichen um Qualität vor Quantität, Nutzen statt Besitzen und daß weniger Verbrauch mehr Gesundheit und Lebensqualität bringt. Initiativen sind wichtig. In Österreich gab es 1960 noch 2.400 m2, 2014 nur 1.600 m2 Ackerland pro Kopf. Unser Lebensstil verbraucht immer mehr Boden. Der Klimawandel verschärft den Bodenverlust zusätzlich.

Mit unserem Boden auskommen … Wir verlieren den eigenen Boden und bedienen uns am Boden anderer. Vor 40 Jahren waren Rinder am Amazonas eine Seltenheit. Heute weiden 80 Millionen Stück auf ehemaligen Regenwaldflächen in Amazonien, wofür 20 % des AmazonasRegenwaldes gerodet und zahlreiche indigene Völker – die ursprünglichen BewohnerInnen des Waldes – vertrieben wurden. Der südlich angrenzende Trockenwald Cerrado und seine Menschen werden seit 20 Jahren dem Anbau von Soja geopfert. Explodierender Fleischkonsum nach westlichem Vorbild löst Landraub und Waldzer-

störung aus. Durch die jährlich als Viehfutter nach Österreich importierten 600.000 t Gensoja besetzen wir in Südamerika ehemalige Waldflächen von 2.000 km2, diese Fläche ist halb so groß wie das Burgenland.

… beugt Landraub und Flucht vor Derzeit eignen sich Agrarkonzerne, Investitionsfonds oder Staaten große Ländereien, die bisher von der lokalen Bevölkerung für kleinbäuerliche Nahrungsmittelerzeugung, Viehwirtschaft, zum Jagen oder Sammeln genutzt wurden, an. Allein in Afrika wurden laut FAO in den letzten drei Jahren 200.000 km2 Land von ausländischen Investoren akquiriert. Menschen im ländlichen Raum Afrikas wurde somit auf einer Fläche der zweieinhalbfachen Größe Österreichs von einem Tag auf den anderen die Lebensgrundlage entzogen. Danach bleibt vielen nur noch die Flucht – in die Elendsviertel regionaler Städte und weiter. Auch die Nachfrage nach billigem Palmöl heizt die Situation an. Die Anbaufläche von Ölpalmen hat sich in den letzten 15 Jahren verdoppelt. 33.000 t Palmöl haben 2013 ihren Weg an die Zapfsäulen österreichischer Tankstellen gefunden – beigemischt zum Treibstoff. Ein Umdenken ist gefragt. Bringen wir unseren Ressourcenverbrauch wieder auf ein zukunftsverträgliches Maß. Weniger ist mehr. EMIL BENESCH | MARTINA NAGL www.bodenbuendnis.or.at www.klimabuendnis.at/jahrdesbodens

Info!

Hier finden Sie Aktivitäten zum internationalen Jahr des Bodens und ein umfangreiches Angebot an Materialien zum Thema.

Grafik: © Fleischatlas/Heinrich-Böll-Stiftung

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klimabetriebe

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Ingrid Gumpelmaier-Grandl, Chefin von Fairytale Fair Fashion in der Partnerschneiderei in Kathmandu bei der Erstellung der neuen Kollektion.

Von Eferding nach Nepal und zurück Mode mit gutem Gewissen fairbindet Menschen.

Fotos: Fairytale Fair Fashion

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airytale Fair Fashion gehört zu den Modelabels in Österreich, die seit längerem neue Wege gehen. Weg von der Profit-Maximierung auf Kosten von Mensch und Umwelt hin zur Kooperation auf Augenhöhe. Begonnen hat alles vor Jahren in Eferding, als Ingrid Gumpelmaier-Grandl überlegte, wie steigende Nachfrage nach schöner Kleidung in ihrem Weltladen zu befriedigen wäre. Durch Zufall lernte ihr Mann auf einer Reise in Nepal den Besitzer einer Schneiderei kennen, der Aufträge brauchte. Dies war der Start von Fairytale Fair Fashion – mit Vorteilen für beide Seiten. Eine PV-Anlage am Dach der Schneiderei sollte das dieselbetriebene Notstromaggregat ersetzen. Für die dazu nötige Finanzierungskampagne SOLiPOWER bekam Fairytale den OÖ Landesumweltpreis 2014.

Das Motto „Von Mensch zu Mensch – von der Produktion über die Vermarktung bis zum Tragen der Mode!“ zeigt sich auch in der Marketing-Strategie: Die gelernte Kindergarten- und Hortpädagogin ist weniger an Messen interessiert – außer der WearFair&mehr – als am direkten Kontakt mit den Käuferinnen. Dafür tourt sie durchs Land und hält Vorträge mit Modenschauen. Models sind dabei immer Frauen aus dem Ort. Sie präsentieren farbenfrohe Mode aus Jerseymaterial, made in Nepal. Markenzeichen sind Ornamente, die Nepal und Österreich symbolisch miteinander verbinden. Nepal, bekannt als Bergsteiger- und Wandermekka, wurde zuletzt von schweren Erdbeben heimgesucht. Bilder totaler Zerstörung, Menschen vor dem Nichts – so die Situation in der Hauptstadt Kathmandu, wo die kleine Partnerschneiderei von

Name: Fairytale - Fair Fashion e.U. Standort: Eferding Mitarbeiter: 2 Klimabündnis-Betrieb seit: 2013

FAIRytale liegt. Aus Nepal kamen Apelle, gerade in diesem Jahr zu kommen – ob als TouristIn oder HändlerIn. Alle MitarbeiterInnen der kleinen Schneiderei sind wohl auf und der Betrieb steht noch. „Wegen der Nachbeben musste die Produktion längere Zeit ruhen. Die Sicherheit ging vor. Die Beschäftigten konnten länger bei ihren Familien bleiben und bekamen eine Übergangszahlung“, so die Designerin. Sie plante die Herbstkollektion neu und kümmert sich um eine Spendenaktion für die Betroffenen. Fair miteinander zu arbeiten bedeutet auch, in schlechten Zeiten zusammenzustehen. Den letzten großen Auftritt hatte das Label auf der WearFair&mehr in Linz. SONJA WÖHRENSCHIMMEL-WAHL

info!

www.fairytale-fashion.at

Magdas: Wir tschaft und Soziales im Tandem

Foto: Paul Kranzler • magdas Social Business

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as haben ein Wiener Hotel in schönster Lage und ein Handy-Recylingbetrieb in Wien-Floridsdorf gemeinsam? Auf den ersten Blick den Namen magdas, auf den zweiten eine Idee, die Nobelpreisträger Muhammad Yunus in Indien entwickelte: Ein soziales Problem mit wirtschaftlichen Mitteln zu lösen. magdas Social Business wurde 2012 als Caritas-Tochter gegründet, mit dem Ziel, Langzeitarbeitslosen, Flüchtlingen und Menschen mit Beeinträchtungen eine Chance am Arbeitsmarkt zu bieten. Und: Die Betriebe von magdas Social Business wollen aus eigener Kraft ohne öffentliche Förderungen erfolgreich sein. „Wir haben uns zum Ziel gesetzt, dass 50 Prozent unserer MitarbeiterInnen Menschen sein sollen, die geringe oder gar keine Jobchancen haben“, erzählt Geschäftsführerin Gabriela Sonnleitner. Magdas Hotel ist das Leitprojekt der Gruppe. Es ist Österreichs erstes Social-Business-Hotel und europaweit das erste von Flüchtlingen und Hotelprofis gemeinsam geführte. Es erfreut sich regen Zuspruchs, die Auslastung liegt, obwohl es erst seit sechs Monaten offen hat, bereits bei über 60 Prozent. CNN und BBC haben sogar darüber berichtet.

Medienbekannt ist auch magdas Recycling: dieses Unternehmen verarbeitet Handys aus der Ö3-Wundertüte. „Jährlich sortieren unsere MitarbeiterInnen 450.000 Handys – kaputte werden umweltgerecht entsorgt, noch funktionstüchtige weiter verwertet“, so Sonnleitner. Und magdas Social Business will sich weiter entwickeln: „Die Idee des Social Business hat noch viel Potenzial in Österreich und magdas hat viele gute Ideen dazu“, ist Sonnleitner überzeugt. Dass bei der Caritas auch der Klimaschutz zählt, zeigt sich daran, dass magdas Recycling sich nun auf den Weg macht ein Klimabündnis-Betrieb zu werden! Emil Benesch www.magdas-hotel.at • www.caritas-wien.at


klimabündnis

Klimaschutz und globales Engagement LFS Edelhof: Know-how sorgt für internationale Auftritte.

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ie Landwirtschaftliche Fachschule Edelhof (LFS) ist seit Jahren bekannt für innovative Ideen sowie regionales und internationales Engagement. „Als Fahnenträger für neue Ideen wie Hackschnitzelheizung, ökologische Waldbewirtschaftung, Biolandbau u. a. schlug uns oft ein rauer Wind entgegen“, erzählt Herbert Grulich, ein vielfach engagierter Pädagoge. Die Ausbildung umfasst konventionelle und biologische Landwirtschaft, Waldbewirtschaftung und den Zweig Pferdemanagement. Dazu kommen Bildungsangebote wie Imkerei und Bodenseminare. Insgesamt bewirtschaftet die Schule ca. 128 Hektar, davon 60 biologisch und sie betreibt auch eine Saatzucht. Zahlreiche Klimaschutz-Projekte wurden bisher umgesetzt: So wurden eine Hackschnitzelheizung und vier PV-Anlagen in-

stalliert. Boden-, Erosions- und Windschutz spielen ebenso eine Rolle wie die Reduktion des Energie- und Ressourcenverbrauches. In der Verpflegung werden regionale und saisonale Lebensmittel verwendet, im Hofladen – ein SchülerInnen-Projekt – eigene Bioprodukte verkauft. In den Unterricht fließen auch Themen wie Regenwald und die Klimabündnis-Partnerschaft mit indigenen Organisationen ein. Internationale Austausche fanden mit PartnerInnen in Sibirien, Rumänien, Serbien, Tschechien, Polen und Ungarn statt.

Rundholzbaukurse mit der Haberlfräse Diese Kurse gibt es an der LFS seit Jahren. Auch Klimabündnis-PartnerInnen vom Rio Negro lernten die an eine Motorsäge angebaute Haberlfräse dort kennen. Auf Einla-

dung der FOIRN, dem Dachverband indigener Organisationen am Rio Negro, führten die Lehrer Herbert Grulich, Josef Beneder und Johannes Bichl, gemeinsam mit Johann Kandler vom Klimabündnis, im März 2015 einen Kurs in São Gabriel da Cachoeira in Nordwestbrasilien durch.

Austausch war eine Bereicherung Acht Teilnehmer aus der Region lernten im Zuge des gemeinsamen Baus eines Modellhauses die Anwendungsmöglichkeiten der Haberlfräse kennen. Weitere 120 TeilnehmerInnen eines parallel verlaufenden Seminars im Bereich Gesundheit verfolgten den Baufortschritt und zeigten großes Interesse an Folgekursen, die dann von den Einheimischen durchgeführt werden sollen. „Es ist eine ganz andere Welt, dennoch gibt es ähnliche Probleme wie bei uns“, resümierte Josef Beneder seine Eindrücke. PATRICIA KANDLER

Info!

www.lfs-edelhof.ac.at

Fotos: Johann Kandler • Herbert Grulich, LFS Edelhof

Das spezielle Know-how und die ausgefeilte Technik der LFS Edelhof kam auch unseren PartnerInnen am Rio Negro zugute: Stolze Absolventen eines Rundholzbaukurses.

Name: Landwirtschaftliche Fachschule Edelhof, Zwettl Standort: Edelhof, 3910 Zwettl Klimabündnis-Schule seit: 1998 Kontakt: Herbert Grulich

Klimameilen-Kampagne Sommersieger 2015

Ständchen des Klimameilen-KampagnenSommersiegers für den Herrn Minister.

Bundesweit nehmen auch heuer wieder zahlreiche Schulen und Kindergärten an der vom Klimabündnis organisierten und vom Ministerium für ein lebenswertes Österreich geförderten Klimameilen-Kampagne teil. Jetzt gab es eine Zwischenbilanz: Bundesminister Andrä Rupprechter gratulierte der VS Pergkirchen in Oberösterreich zu ihrem Erfolg. Im Rahmen der Kampagne sammelten die SchülerInnen in nur einer Woche mehr als 1.000 Klimameilen, eine tolle Leistung für die 63 Kinder der Klimabündnis-Schule. Sie verzichteten nicht nur aufs Elterntaxi, sondern auch auf den Bus. Die engagierten Lehrerinnen holten die Kinder an den Bushaltestellen ab, marschierten zur Schule und legten dabei 900 km zu Fuß zurück.

Als Belohnung für das fleißige Sammeln von Klimameilen gab es einen Besuch im Tiergarten Schönbrunn. An- und Abreise erfolgten, klimafreundlich mit einem Bus, den ÖBB-Postbus wie jedes Jahr zur Verfügung gestellt hat. Klimameilen-Kampagne 2015 Die Klimameilen-Aktion findet jedes Jahr europaweit zwischen März und November statt. Noch können kostenlose Materialien wie Sammelalben und Klimameilen-Sticker für teilnehmende Kinder bestellt werden. Alle 2015 europaweit gesammelten Klimameilen werden bei der UN-Klimakonferenz MARTINA DAIM in Paris präsentiert. www.klimabuendnis.at/schulen-oesterreich

Foto: Christopher Fuchs, BMLFUW

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FDieie Welt, Faltbogen Welt wie sie uns gefällt?

U

nsere Wachstumsgesellschaft ist ein vermeintlich unerschütterliches Konstrukt. Sogar die Wirtschafts- und Finanzkrise konnte die Wachstumseuphorie nicht bremsen. Allerdings sollte der Menschheit klar werden, dass es auf einem begrenzten Planeten kein unbegrenztes Wachstum geben kann. Die weltweiten Ungleichheiten verschärfen sich, Rohstoffe gehen zur Neige und Armut, Arbeitslosigkeit und Verschuldung spiegeln p g weiterhin die prekären p Verhältnisse unserer Gesellschaften wieder.

Alles best

Reales BIP in Bil. US-

Reales BIP in Bil. US-Dollar

Aber sehen Sie selbst, was sich mit grenzen nlosem Wachstum alles ändert ändert. Und überlegen Sie selbst, was sich alles durch entsprechende Maßnahmen wenden ließe ... neue Kraftfahrzeuge in Mrd.

Anleitung zum Falten: Falten Sie die Hälfte der Seite 9 nach hinten bzw. die Seiten 10 und 11 entlang der punktierten Linie nach Innen zur Heftmitte. Dann lesen Sie: „Alles bestens, oder?“ Entfalten Sie dann bitte mit uns die Welt.

Atmosphärisches Kohlenstoffdioxid in ppm

Entfalten


Die äußeren Hälften der Doppelseite über die punktierte Linie nach Innen zur Heftmitte falten ...

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l, globa think al! oc act l

klimabündnis

Kooperation statt Konkurrenz

PARTNERSCHAFT Traditionelle Land- und Waldwirschaft schützt den Regenwald

Wir werden FAIRTRADEGemeinde

n Die Indigenen leben seit Jahrtausende gen, bele mit und vom Regenwald. Studien die am dass anerkannte indigene Territorien sind biete besten geschützen Regenwaldge 55 % . eisen und eine hohe Biodiversität vorw hen ndlic des sich in Tieren und Pflanzen befi n torie Kohlenstoffs sind in indigenen Terri Mit . nden und anderen Schutzgebieten zu fi a“ pret eigenen Methoden wie der „terra lten wird die Fruchtbarkeit der Böden erha ist lt ielfa und gefördert. Auch die Planzenv der en am Rande von Siedlungen oder Weg t sons als er Indigenen um ein vielfaches höh en thod im Wald. Ihre Bewirtschaftungsme t. sind in Brasilien als Kulturerbe anerkann

Offe nh gegen eit über zur Fluc h gezw unge t ne Mens chen n

klungsFür Entwic arbeit zusammen eintreten

mit Welt offenheit der Polit ik der Angst be gegnen

Ressour cen weltweit „fairteilen”

Einhalt un Mensch g der enrech te!

Die PartnerInnen der österreichischen ro Klimabündnis-Mitglieder am Rio Neg der von iet Geb ein in Brasilien bewohnen Dort hs. rreic Öste e eineinhalbfachen Fläch sind 99,9 % des Regenwalds intakt. www.klimabuendnis.at/partners indigenen

chaft-mit-

ENERGIE Der Murecker Energiekreislauf

Grafik: a.strasser • Jan Engel • pictrider/fotolia Karte: earthobservatory.nasa.gov

Ein Weg aus der Abhängigkeit Die Gemeinde Mureck versteht es, mit regionalen Ressourcen eine dezentrale Erzeugung und Verwendung von Energie sicherzustellen. Eine auf gegenseitigem Vorteil beruhende Kooperation mit 500 LandwirtInnen aus der Region ermöglicht es mit Raps, Altspeiseölen, Holz und anderen nachhaltigen Ressourcen Biodiesel, Nahwärme und Biogas zu erzeugen. Diese Art der Regionalisierung schützt nicht nur das Klima und die Ressourcen – sie bietet wirtschaftliche Stabilität, steigert die regionale Wertschöpfung und führt uns aus der fossilen Abhängigkeit. www.mureck.gv.at • www.seeg.at

Energieverbra uch reduzieren

f 100 % Umstieg au e Energien erneuerbar ihr rufen Sie Potential regionales ab!

auf Energieeffizienz setzen - z. B. mit LED Straßenbeleuchtung und thermischer Sanierung

Sharing economy - Tauschkreise bilden - langlebige, reparierbare Produkte gemeinsam nutzen

Nicht v ergesse n! 28. No vemb

er Weltwe iter Akt ionstag www.s yst

emchan not-c l i m a t e c h geange.a

t


klimabündnis weniger Fleisch, mehr pflanzliche Nährstoffe, vegetarisch ernähren

Boden sparen – wir treten de m Bodenbündni s bei!

statt Symptombehandlung das Problem an der Wurzel anpacken

Vorrang für biologische, fair gehandelte und regionale Produkte

HAFT

Einsatz für Bio & Soziales in Seeham und dem Regionalverband Flachg auer Seenland : Gasthäu

ser, Hotels oder der österreichw erste bio-faire eit Laden in der G emeinde Seeham bieten BewohnerInne n und Gästen viel vom Bio-Apfelsaft bi s hin zum Bio-Ziegenkäse . Mehr als 80 % der LandwirtInnen prod uzieren nach bi ologischen Richtlinien und 30 % der Verm ieterInnen führen Bio-Prod ukte. Seeham ist Teil der Klima- und Energiemodellregion Flac hgauer Seenla nd, die unter anderem Carsha ring in einigen Gemeinden etabliert ha t. Der Carsharin g-Verein aus Seekirchen bietet aktuell Fa hr- und Bringdienste fü r Flüchtlinge im Ort an. Weiters werde n von der Regi on mit Energie.Sozial.Grenz enlos Familien mit sehr geringem Eink ommen bei En ergiethemen im Alltag unte rstützt.

www.seeh

am-info.at • w ww.rvss.at

Divestment: Abzug von Kapital aus ethisc h und ökologisch fragwürdig en Investitio nen

MOBILITÄT

Vorrang für Gehen, Radeln und Öffis

Nachhaltige Mobilität in Ottensheim

reduce, reuse, recycle hstoffe z. B. Ro minium wie Alu

meine Gemeinde macht KlimaCheck und KlimaBilanz!

LANDWIRTSC

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... und das ist r Ihr persönliche ck Post-it-Blo

Die Marktgemeinde Ottensheim geht mit mit gutem Beispiel voran, wie man silität Mob en vativ inno und n attraktive lidua Indiv n erte orisi mot den n epte konz ilen foss der it verkehr reduziert und som Abhängigkeit entgegenwirkt. Mit Maßnahmen in den Bereichen wird Infrastruktur und Dienstleistungen ilität Mob ige halt nach in Ottensheim die te ebau ausg gut Das zt. eset umg in die Tat ektivi öffentliche Verkehrsnetz, die Attra ng rung der Haltestellen, die Installieru ung Öffn die ern, rräd von Gemeindefah der der Busspur für Fahrgemeinschaften, Einsatz von Jugend- und Sammeltaxis e und das am Gemeindeamt erhältlich Linz nach is grat um ket, Bahnschnuppertic he ildlic vorb sind dies all – ngen zu gela Beispiele nachhaltiger Mobilität. www.0ttensheim.at

Tanken wir kein Palmöl !

ngsRaumplanu : u konzept ne „Gemeinde der kurzen Wege”


Was uns an der Welt nicht gefällt ... ● 1,5 Milliarden Menschen leben in von Konflikten bedrohten und fragilen Staaten (Human Development Report 2014).

e Anbaufläche von Ölpalmen hat sich in den letzten ● Die 15 Ja Jahren weltweit verdoppelt. Dadurch wurden Menschen he vertrieben und die Artenvielfalt, wie am Beispiel derr Orang Utans ersichtlich, stark dezimiert.

-Dollar

● Mit 5.300 Milliarden US-Dollar entspricht die globale Subventionierung fossiler Energieträger 6,5 Prozent Su des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) und ist somit d höher als die gesamten finanziellen Förderungen für den Gesundheitssektor (IWF). ● Würden alle ErdbewohnerInnen so viel Fleisch verzehren wie ein/e Durchschnitts-EuropäerIn, so müssten 80 % des weltweit verfügbaren Ackerlandes ausschließlich für die Fleischproduktion genutzt werden. Wälder werden zunehmend gerodet. So leben in Amazonien 20 Millionen Menschen und bereits 80 Millionen Schlachtrinder (Weltagrarbericht). ● In der Europäischen Union werden jedes Jahr pro Person durchschnittlich 179 Kilogramm Lebensmittel weggeworfen (EU-Studie: Preparatory study on food waste across EU 27).

Regenwaldverlust* in Prozent der Fläche

● Die gesamte globale EZA entspricht weniger als der Hälfte des Bruttonationaleinkommens Österreichs. Seit 2012 ist sie zudem geringer als der Jahresumsatz des Apple-Konzerns (OECD, Statistik Austria, Statista 2014). ● 70 % aller Exporte aus Entwicklungsländern bestehen aus Rohstoffen. Der Ausverkauf des globalen Südens und die Spekulationen am Weltmarkt erschweren eine nachhaltige Entwicklung. ● Der Energieverbrauch von Subsahara-Afrika ist geringer als jener von Spanien. Der gesamte Kontinent Afrika verursacht lediglich 2,3 % der globalen CO2Emissionen (Africa Progress Report 2015).

Flächennutzung in Prozent der Landfläche

● Die pro Kopf in Österreich zur Verfügung stehende landwirtschaftliche Fläche hat sich in 65 Jahren um 1/3 verringert. Der Druck sich an Land außerhalb Österreichs zu bedienen steigt kontinuierlich an. ● Wenn alle Menschen der Erde den österreichischen, ressourcenintensiven Lebensstil führen wollten, bräuchten wir zweieinhalb Planeten (Plattform Footprint).

wir die Welt l

● In Österreich wurden im Jahr 2013 den Treibstoffen 33.000 t Palmöl aus Ländern des Südens beigemischt und an Tankstellen getankt (aus Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage/BM für ein lebenswertes Österreich).

Die Kurvengrafiken übernehmen wir mit freundlicher Genehmigung aus dem Atlas zur Globalisierung aus dem taz Verlag. Siehe dazu auch Seite 15 in dieser Ausgabe. Idee und Konzept: Emil Benesch, Brigitte Drabeck, Hannes Höller, Patricia Kandler, Johann Kandler, Thomas Kautnek, Andreas Strasser.

ens oder?

● Gegenwärtig sind weltweit 59,5 Millionen Menschen auf der Flucht. Bei gleichbleibenden globalen Erwärmungstrends könnten bis zum Jahre 2050 allein 200 Millionen Klimaflüchtlinge zum Großteil aus dem globalen Süden auf humanitäre Hilfe angewiesen sein g (UNHCR/Internationale Organisation für Migration). (U


klimakommunal

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Foto: Dullnig / Die Grünen Kärnten

Beim Benefizkonzert, das unter dem Motto „Welle der Hilfsbereitschaft“ stand, feierten Flüchtlinge gemeinsam mit TouristInnen und BewohnerInnen – über 1.000 Menschen gezählt.

Everybody is welcome! Krumpendorf in Kärnten zeigt, wie der Alltag von Flüchtlingen verbessert werden kann und gleichzeitig der Ort davon profitiert.

A

lles begann Anfang Juli. Eine Bewohnerin aus Krumpendorf ging, wie sonst auch, mit ihrem Hund an der Leine am Nordufer des Wörthersees spazieren. Täglich begegneten ihr jetzt auf dieser Runde Menschen aus anderen Ländern. Immer wenn sie sich näherte, wichen diese zurück. Zwei Wochen lang hat sich die Dame gewundert, bis es ihr reichte. Seither hat sich die Situation völlig umgedreht. Die, die vorher zurückgewichen

sind, kommen jetzt auf sie zu und spielen mit ihrem Hund. Fotos davon werden auf Facebook geteilt. In Krumpendorf in Kärnten hat sich seit Juli vieles geändert. „Sehr vieles zum Positiven“, ergänzt Matthias Köchl. Er ist einerseits Abgeordneter zum Nationalrat und andererseits Tourismus-, Flüchtlingsund Kulturreferent sowie Verantwortlicher für öffentliche Erholungsanlagen in Krumpendorf am Wörthersee. Mit dem Start der Sommerferien wurde in seiner Gemeinde auf dem Areal der Polizeikaserne ein Erstaufnahmezentrum für AsylwerberInnen errichtet. Mit einem Schlag wohnten 3.400 EinwohnerInnen in ihren Häusern neben bis zu 240 Flüchtlingen in Zelten.

Foto: Gemeinde Krumpendorf am Wörthersee

Ängste & Sorgen

Zur Gemeinde Name: Krumpendorf am Wörthersee Politischer Bezirk: Klagenfurt Land EinwohnerInnen: 3.419 Fläche: 11,85 km2 Klimabündnis-Gemeinde: seit 2007 Bürgermeisterin: Hilde Gaggl

Krumpendorf liegt am Nordufer des Wörthersees. Das Gemeindegebiet ist das kleinste des Bundeslands Kärnten.

Unsicherheit war zu spüren, Ängste und Sorgen wurden aber auch ausgesprochen. Vor allem die Tourismusbetriebe fürchteten um ihr Geschäft. In einem vom Fremdenverkehr lebenden Ort nicht ganz unwesentlich. Aufgewirbelt durch Berichte in Massenmedien kam es auch zu 12 Stornierungen. Klingt viel, wenn man die andere Seite der Medaille nicht betrachtet. Und die glänzt in Krumpendorf ordentlich. Denn mit den Flüchtlingen rollte auch eine Welle der Hilfsbereitschaft durch den Ort. Mittendrin als Drehscheibe Pfarrer Hans Peter Premur, Harald Grave von „Lust auf Gerechtigkeit“ und Christian Salmhofer vom Klimabündnis in Kärnten. In Krumpendorf Fortsetzung Seite 8

Flüchtlinge & Gemeinden Die Flüchtlingsdebatte erfasst ganz Österreich. Jede Gemeinde ist gefordert – spätestens seit der Bund ein Durchgriffsrecht im Asylbereich gesetzlich fixiert hat. Im Gesetz ist pro Gemeinde ein Richtwert von 1,5 % der Bevölkerung angegeben. So viele Flüchtlinge soll jede Gemeinde aufnehmen. Erfüllt eine Gemeinde diese Quote, kann der Bund trotzdem ein Quartier für bis zu 450 weitere Flüchtlinge am Gemeindegebiet einrichten. Klimabündnis-Gemeinden wie Krumpendorf in Kärnten gehen mit gutem Beispiel voran. Viele andere folgen bereits. Wie sie das am besten tun können, zeigt das offene Handbuch „Wege aus der Asylquartierkrise“. 100 BürgermeisterInnen aus ganz Österreich haben in Alpbach in einem 60-seitigen Handbuch Ratschläge, Auskünfte und Erfahrungen für die erfolgreiche Integration von Flüchtlingen in Gemeinden zusammengefasst. Nützliche Adressen und Links befinden sich ebenfalls in diesem Leitfaden. Das Dokument ist als Open Source, als „offene“ Datei, konzipiert und kann von Interessierten ergänzt und weiter verbreitet werden. alpbach.org/de –> buergermeisterinnen-treffen


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Start zur Vergleichsfahrt verschiedener Verkehrsmittel in Knittelfeld. Sieger waren hier Fahrrad und E-Bike.

klimatelegramm: News aus Ländern und Gemeinden Fotos: Marianne Weiss • Marietta Wolf Fotos: sahlia_web • Steffi Greiter Klimabündnis Steiermark

VCÖ-Preis für ÖffisChOOL • Der VCÖ-Mo-

Fahrrad – Auto 4:1 • Bei fünf Verkehrsmit-

bilitätspreis Österreich 2015 in der Kategorie „Gesellschaftlicher Wandel“ ging an die VVT ÖffisChOOl. Sie ist seit April 2013 ein gemeinsames Projekt des VVT und Klimabündnis Tirol. VVT steht für Verkehrsverbund Tirol. Ziel der VVT ÖffisChOOl ist Bewusstseinsbildung in Schulen für den öffentlichen Nahverkehr: Kinder im Alter zwischen neun und elf Jahren sollen so zu den Öffi-FahrerInnen von morgen werden. Besonderer Wert wird auf sicheres Verhalten im Verkehr und an Haltestellen gelegt. Großes Thema ist auch der Klimaschutz. www.vvt.at/school www.klimabuendnis.at/tirol

telvergleichsfahrten, die anlässlich der Europäischen Mobilitätswoche in den steirischen Klimabündnis-Gemeinden Hartberg, Knittelfeld, Deutschlandsberg, in der Lipizzanerheimat und in Graz stattfanden, schnitten die Fahrräder besonders gut ab. Die von Klimabündnis Steiermark im Auftrag des Landes organisierten Fahrten, bei denen Einkäufe und Besorgungen wie im Alltag zu erledigen waren, zeigten, dass Fahrräder und Öffis für viele Wege eine gute Alternative zum Auto sind. Für die Einkäufe waren Welt- und Bioläden sowie ausgewählte Nahversorger anzusteuern. A.S. www.mobilitaetswoche.at

WearFair & (immer) mehr • Zur 8. Aufla-

EURONET 50/50 Max • Die SchülerInnen der

ge der Messe für öko-faire Angebote in den Bereichen Mode, Ernährung und Lifestyle sowie Mobilität,Geldanlagen und Tourismus kamen an drei Tagen rund 13.000 BesucherInnen in die Linzer Tabakfabrik. Begleitet wurde die Messe von einem attraktiven Rahmenprogramm für Groß und Klein – darunter auch die stilvolle Raddemo „Fesch am Rad“. Anlässlich der Flüchtlingskrise wurde eine Tombola mit 1.000 von den 135 AusstellerInnen zur Verfügung gestellten Preisen organisiert. Der Reinerlös von 5.300 Euro ging an den Verein Prosa, der sich für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge einsetzt. Veranstalter der Messe sind Südwind, GLOBAL 2000 und Klimabündnis Oberösterreich. S.W.-W. www.wearfair.at

NMS und Musikmittelschule Gerlitz in Hartberg sparten im Rahmen des europaweiten Energiesparprojekts Euronet 50/50 Max in den Bereichen Strom und Wärme fast 68.000 kWh ein. Dafür erhalten sie nun von der Stadtgemeinde Hartberg die Hälfte der eingesparten Kosten von 6.893.- als Bonus. Auch für die Stadtgemeinde lohnte sich das Projekt, denn viele der umgesetzten Maßnahmen wirken langfristig. Aufgrund des Erfolges – fast alle der österreichweit rund 25 teilnehmenden Schulen erzielten Einsparungen – wird das Projekt in der Steiermark im Auftrag des Landes ab Herbst 2015 in 13 weiteren steirischen Schulen umgesetzt. F.H. www.klimabuendnis.at/5050 www.euronet50-50max.eu/de

Matthias Köchl (m.) mit Monika Fitzinger und Harald Grave von „Lust auf Gerechtigkeit“. Fortsetzung von Seite 7 gibt es viele sozial engagierte Personen. Diese gewachsene Szene riss den Großteil der Bevölkerung mit. Das deutlich sichtbare Symbol für eine Willkommenskultur war eine große Leuchtschrift mit der Botschaft „Everybody is welcome“. „Wir wollten von Beginn weg die Trennung zwischen den Flüchtlingen und den BewohnerInnen vermeiden“, erklärt die Bürgermeisterin Hilde Gaggl. Bei allen Aktivitäten stand somit das Gemeinsame im Vordergrund. Als tägliches Angebot gab es Deutschkurse – durchgeführt von 25 Ehrenamtlichen. Fahrräder wurden gesammelt, der Fußballverein organisierte jede Woche ein Fußballspiel. Die Sonntagsmesse wurde mehrsprachig gehalten. Rund um das Flüchtlings-Zeltlager entwickelte sich ein aktives Dorfleben. Köchl: „Mein Job ist es, für gute Stimmung im Ort zu sorgen. Wir hatten noch nie so viele Veranstaltungen in einem so kurzen Zeitraum in Krumpendorf. Und das alles ohne einen einzigen Cent Steuergeld und alles bei freiem Eintritt und kostenloser Verpflegung.“

Christian Salmhofer von Klimabündnis Kärnten mit Leckerbissen von der Krumpendorfer Biobäckerei Nadrag für die Gäste.

Fotos: Dullnig • Die Grünen Kärnten

Jörg Angerer (VVT) und Anna Schwerzler (Klimabündnis Tirol) mit VCÖ-Preis und gratulierenden Ministern: Hundstorfer (li.) und Rupprechter (re.)


klimakommunal

Vertrauen durch Kooperation mit den Sicherheitskräften: GR Stefanie StathopoulosDohr und Pfarrer Hans Peter Premur bei einem Gespräch mit Eduard Kovacevic.

Welle der Hilfsbereitschaft Zwei bis drei Events gehen in Krumpendorf pro Woche über die Bühne. „Wir haben uns bei der Bewerbung an die Einheimischen gerichtet. Flüchtlinge kommen ja ohnehin. Genutzt haben wir dazu bestehende Feste und Veranstaltungen. Den Auftritt des Gesangsvereins haben wir zum Beispiel mit Musik- und Trommlergruppen aus vielen Nationen und Altersschichten kombiniert. Auf einmal waren über 1.000 Leute da und haben mitgefeiert“, so Köchl über das Erfolgsrezept in seiner Gemeinde. Einer der Höhepunkte war ein von der Künstlergemeinschaft

Klagenfurt und Umgebung rund um Martin Sadounik von Matakustix organisiertes Benefizkonzert. Unter dem Titel „Welle der Hilfsbereitschaft“ feierten in der Waldarena Flüchtlinge gemeinsam mit TouristInnen und BewohnerInnen aus Krumpendorf. Als angenehmer Nebeneffekt kamen neben Sach- und Kleiderspenden noch 9.000 Euro an Spendengeldern zusammen.

Rekordzahlen Den 12 Stornierungen steht im Endeffekt ein großer Anstieg in den Nächtigungszahlen gegenüber. Für die Touris-

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musbetriebe war es der beste Juli seit fünf Jahren. Viele haben, gerade weil so viel los ist, ihren Urlaub verlängert. Viele nutzten ihren Aufenthalt zudem auch für gemeinsame Ausflüge. Sie sind einfach mit zuvor wildfremden Menschen aus ganz anderen Kulturen zum Pyramidenkogel gefahren. Sie werden sich jetzt vielleicht noch fragen, was die Dame mit dem Hund eigentlich gemacht hat. Warum gingen die Flüchtlinge plötzlich auf sie und ihren Hund zu? Ganz einfach, sie hat nachgefragt. Die Antwort war ziemlich simpel: Dort, wo diese Menschen herkommen, gibt es nur wilde Hunde und die sind richtig gefährlich. Hunde als Haustiere kennen die meisten nicht. „Ein schönes Beispiel, das zeigt, worum es bei der ganzen Flüchtlingsdebatte wirklich geht. Durchs Reden kommen die Leute zusammen“, so Matthias Köchl. HANNES HÖLLER

Info! www.krumpendorf.at

Klima-Porträt Patrícia Kandler • Klimabündnis Österreich ... ist in Acre, einem brasilianischen Bundesstaat am Amazonas, geboren, absolvierte das Kolleg für Tourismus und Freizeitwirtschaft in Innsbruck, arbeitete einige Jahre im Tourismus im In- und Ausland und studiert derzeit Umweltpädagogik in Wien. Seit 2011 ist sie bei Klimabündnis Österreich im Bereich Klimagerechtigkeit und Klimabündnis-Partnerschaft am Rio Negro tätig.

Fotos: Klimabündnis Österreich

Du bist ja in einem „Dritte-Welt-Land“ geboren und aufgewachsen. Was bedeutet das für dein Handeln und Leben? Meine Kindheit in Brasilien und die Arbeit meiner Eltern, die sich als EntwicklungshelferInnen für Menschenrechte und Umweltschutz einsetzten, haben mich geprägt. Schon als Kind war ich bei Landbesetzungen und Kundgebungen landloser Bauern und Bäuerinnen und Favela-BewohnerInnen dabei, habe miterlebt wie wertvoller Regenwald zerstört und Familien aus ihren Häusern vertrieben wurden. Positiv sind mir Solidarität, Engagement und Lebensfreude in Erinnerung geblieben. Daher war und ist es mir wichtig, mich im Umwelt- und Sozialbereich zu engagieren. Von den indigenen Völkern Südamerikas kommt das Konzept des „Buen vivir – gutes Leben“. Was versteht man darunter? Das Konzept „Buen vivir“ beinhaltet Wertschätzung anderer Menschen und Kulturen, Respekt vor der Natur und die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen durch Anpassung an die vorhandenen Ressourcen. Damit ist es umfassender als der Begriff „Nachhaltigkeit“. Darum denke ich, dass wir etwa durch die Klimabündnis-Partnerschaft von den indigenen Völkern sehr viel lernen können.

Im Dorf Acariquara erzählen die Menschen über ihre Bemühungen zur Sicherung der Fischbestände. Welche Handlungsmöglichkeiten siehst du? Jede/r kann zu Klimaschutz und -gerechtigkeit beitragen. Etwa durch verantwortungsvolles Konsumverhalten, was nicht Verzicht bedeutet, sondern Positives für einen selbst und andere bringt. Was trägst du selbst zu einem besseren Klima bei? Beim Konsum achte ich auf Regionalität, biologischen Anbau, Saisonalität, fairen Handel und Langlebigkeit. Ich besitze kein Auto und bin daher zu Fuß, mit dem Fahrrad, dem Longboard und den Öffis unterwegs. Meine Geräte betreibe ich mit Ökostrom und ich engagiere mich ehrenamtlich. kontakt! patricia.kandler@klimabuendnis.at


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klimanews

Was Moore mit Klimaschutz zu tun haben

N

ur drei Prozent der Landflächen der Welt sind mit Mooren bedeckt. Sie speichern aber mehr Kohlenstoff als alle Wälder der Erde zusammen. Eine 15 Zentimeter mächtige Torfschicht enthält auf gleicher Fläche in etwa gleich viel Kohlenstoff wie ein 100-jähriger Wald. In den Mooren werden die pflanzlichen Reste kaum abgebaut, vielmehr werden sie konserviert. Moore sind daher auch eine Schatzgrube für ArchäologInnen und BiologInnen, die tausend Jahre alte gut erhaltene Funde erbringen. Ein feuchtes Moor dient auch als wertvollster Le-

bensraum für überdurchschnittlich viele Pflanzen und Tiere, die auf der Roten Liste stehen. Lange Zeit als nutzlos gesehen wurden die Moore für Äcker und Wiesen großflächig entwässert. Trockengelegt entsprechen die Treibhausgas-Emissionen eines Moores pro Hektar etwa einer 185.000 km langen Autofahrt. Wie nachhaltige Nutzung von nassen Mooren funktioniert, zeigt der vielfältig nutzbare Rohstoff Schilf. Schilf vereint Klimaschutz, Landwirtschaft und Naturschutz.

Diesem Ziel stehen die europäische und nationale Agrarpolitik häufig entgegen. Subventionierte Unvernunft wie Maisanbau auf Moorböden ist umgehend einzustellen. Darin sind sich das Europäische Bodenbündnis und der international renommierte Experte der Universität Greifswald, Professor Hans Joosten, einig. Das Bodenbündnis verabschiedete dazu bei der Jahreskonferenz im Juni die Wagenfelder Erklärung. MARTINA NAGL | CHRISTIAN SALMHOFER

info! www.bodenbuendnis.or.at www.klimabuendnis.at/bodenbuendnis

klima & wetter • News aus den Archiven Sommer-Bilanz • national: Der Sommer 2015 war sowohl Gletscherberichte • Auch wenn unsere im Tiefland als auch auf Österreichs Bergen Ignacio Kilo Jimena

Fourteen E

Abb.: earthobservatory.nasa.gov

Taifun, Hurrican, Tropensturm und tropisches Tiefdruckgebiet zur gleichen Zeit ...

Wetterereignisse simultan • Anfang September erfassten die Cameras von GOES-15 vier tropische Wirbelstürme, die sich gleichzeitig über den Pazifischen Ozean vor der Westküste Nordamerikas zogen. Alle waren tropische Wirbelstürme in den verschiedenen Stadien der Reife. Die drei stärkeren Stürme, der Taifun Kilo, der Hurricane Jimena und der tropische Sturm Ignacio erreichten die Stärke 4. Jedoch bedrohte keiner von ihnen Land. Auslöser der außergewöhnlichen Sturmserie ist der El-Niño-Effekt, der gegenwärtig den menschengemachten Klimawandel verstärkt und die Meerestemperaturen ansteigen lässt – eine ideale Voraussetzung für die Entstehung von Wirbelstürmen. www.nasa.gov

Eisriesen weniger an Masse verlieren und vereinzelt sogar zulegen, global schmelzen sie im Rekordtempo. Wie das World Glacier Monitoring Service in Zürich aus Daten von über 2.300 Gletschern vorrechnet, wird die durchschnittliche Schmelze des 20. Jahrhundert im 21. um das zwei- bis dreifache übertroffen. Hauptursache: steigende Temperaturen. Zuwächse seien regional und zeitlich begrenzt. www.ingentaconnect.com

Warme Winter – heiße Sommer • Seit 2012 plagt Kalifornien eine Dürre. In der Sierra Nevada, einem der schneereichsten Gebiete der USA, das bisher genug Schmelzwasser lieferte, fehlen Niederschläge. Die Wassermenge in der Schneedecke vom April 2015 entsprach nur 5 % des Durchschnitts der Jahre von 1951 bis 2.000. So ein Tief, das ermittelten ForscherInnen aus Baumringen, gab es seit 500 Jahren nicht. Infolge des Klimawandels sei künftig häufig Vergleichbares zu erwarten: im Winter wenig Schnee, im Sommer wenig Wasser für Haushalt, Landwirtschaft und Stromproduktion. Und dazu hohes Flächenbrandrisiko. www.nature.climate.com

der zweitwärmste seit Beginn der Temperaturmessungen, lediglich im Jahr 2003 war der Sommer noch wärmer. Der Temperaturanstieg der letzten Jahrzehnte, im Zuge des anthropogen verursachten und natürlichen Klimawandels, setzt sich unvermindert fort. Der September war mit heißen, aber auch kalten Temperaturspitzen übers Monat gemittelt normal. Noch nie war es in der Messgeschichte in der zweiten September-Hälfte so warm wie heuer. Spitzenreiter war Gumpoldskirchen in Niederösterreich mit 35,5 °C. www.zamg.ac.at

• global: Im August 2015 strahlten die Landund Ozean-Oberflächen des Planeten eine Temperatur von 15,6 °C ab. Das war der wärmste August seit 136 Jahren. Dieser Wert übertraf den bisherigen Rekord von 2014 um 0,09 °C. Da schon die Monate Februar, März, Mai, Juni, Juli und September mit TemperaturRekorden aufwarteten, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass 2015 das wärmste Jahr der Klimageschichte wird, laut Statistiken bei 97 %. www.ncdc.noaa.gov/sotc/global F. HOFER | C. SALMHOFER | A. STRASSER

Foto: Remigius Konietzny

MoorschützerInnen und MoornützerInnen ziehen an einem Strang.


klimapolitik

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Von den indigenen Völkern können wir einiges lernen – mit wenig gut leben, ausgewogene Beziehungen zur Umwelt, Teilen und Solidarität – das sind die entscheidenden Werte für unser aller Zukunft. Die traditionelle Gastfreundschaft am Rio Negro lernten Herbert Grulich, Josef Beneder und Johann Kandler auf Einladung der FOIRNPräsidentin Almerinda Ramos kennen.

Wege zu einer nachhaltigen Entwicklung

Foto: Privat

Aloisio Cabalzar im klimklündni abündniss -Gespräch über Nachhaltigkeit und den Gipfel in Paris. Selbst wenn indigene Völker manchmal die Logik des Marktes übernehmen, wie z. B. wenn sie Holz verkaufen, ist es gerechtfertigt zu sagen, dass sie eine andere Sicht der Welt haben und auf eine ausgewogene Beziehung zur Umgebung achten – auch deswegen, weil nach ihrer Kosmovision andere Wesen, wie die Pflanzen und Tiere, dieselben Existenzrechte haben wie die Menschen. Ihre Handlungsweisen sind nachhaltiger und verursachen wenig Umweltimpakt, weil ihre Technologien und Aktivitäten durch die Erfahrung von Generationen mit dem Ökosystem an dieses angepasst sind.

Wie unterscheiden sich westliche und indigene Gesellschaften voneinander? Verallgemeinerungen sind auf beiden Seiten schwierig, aber indigene Völker unterscheiden sich stark in ihrem ökonomischen System und den sozialen Beziehungen mit der Umwelt von unserer kapitalistischen Gesellschaft, die vorwiegend merkantilistisch ist. Die Indios sind meist überrascht vom Materialismus, vom Konsumismus und der Güterabhängigkeit der Weißen, wie schwer sie sich tun beim Teilen, und mit welcher Gier sie den Gewinn suchen, selbst wenn sie die Umwelt schädigen oder zerstören.

Welche Herausforderungen stellen sich für Indigene, um ihre Kultur zu erhalten? Die Mehrheit der indigenen Völker will keine Isolierung, sondern eine positive und ausgewogene Beziehung zur nationalen Gesellschaft. Sie wollen respektiert werden – mit ihrer Lebens- und Wirtschaftsweise, ihrer Sprache, ihren Ritualen etc., auch mit den unvermeidlichen Veränderungen. Daher ist es wichtig, dass ihre Rechte, die durch die brasilianische Verfassung und internationale Abkommen garantiert sind, durch entsprechende politische Maßnahmen umgesetzt werden, was leider nicht passiert und somit viel Schaden verursacht. Die große Herausforderung besteht darin, auf allen politischen Ebenen adäquate und dauerhafte Maßnahmen einzufordern. Dafür braucht es Strategien und Netzwerke, die unterstützen, Widerstand leisten und Druck auf die zuständigen Gremien ausüben. Am Rio Negro müssen die indigenen Organisationen einerseits die Gemeinschaften informieren und ihre

Zur Person Aloisio Cabalzar, ist Anthropologe, und seit 1991 für das ISA (Institut für Soziales und Umwelt) am Rio Negro als Berater für indigenes Bildungswesen, interkulturelle Studien und angepasste Ressourcennutzung. Derzeit Doktorratsstudium am IHEID in Genf.

Rechte von der Regierung einfordern und gleichzeitig Projekte zur Verbesserung der Lebensbedingungen formulieren und umsetzen. Dank der Partnerschaft mit den Klimabündnis-Gemeinden, -Städten und -Ländern in Österreich ist das am Rio Negro möglich. Was erwarten die indigenen Völker vom kommenden Klimagipfel in Paris? Die indigenen Völker haben eine Schlüsselrolle für den Umwelt- und Klimaschutz in der Amazonasregion, die auf unserem Planeten aufgrund der Biodiversität als Kohlenstoffspeicher, des Wasserreichtums u. a. einzigartig ist. Gleichzeitig steigt der Druck durch die herrschende Wachstumsideologie, die auf rasche Gewinne abzielt und durch eine kurzsichtige Politik unterstützt wird. Heute ist klar, dass Naturschutz und die Anerkennung der indigenen Kulturen und Territorien verschiedene Seiten derselben Münze sind. Indigene Gebiete machen 27,5 % des Amazonas aus. Viele Studien haben gezeigt, dass die indigene Nutzungsweise für die hohe Biodiversität und das Entstehen ganzer Landschaften verantwortlich ist. Angesichts der ungünstigen politischen Rahmenbedingungen müssen die institutionellen Netzwerke ihre Zusammenarbeit ausbauen, um eine umfassende nachhaltige Entwicklung in Paris und darüber hinaus voranzutreiben.

Foto: Klimabündnis Österreich

Was bedeuten die UN-Nachhaltigkeits Ziele für die Klimabündnis-Partnerschaft mit den indigenen Organisationen am Rio Negro? Die SDGs, die Sustainable Developement Goals, beinhalten einige Prinzipien, Leitlinien und Aktionsvorschläge, die von den indigenen Organisationen seit zwei Jahrzehnten umgesetzt werden. Somit stärken und fördern sie die indigene Bewegung und ein ökologisch orientiertes Programm für das Amazonasbecken. Die Abkommen und Dokumente der UNO dienen als wichtige politische und inhaltliche Referenz, ihre Umsetzung erfolgt allerdings meist in langwierigen Vermittlungsprozessen.

JOHANN KANDLER

INFO!

www.socioambiental.org

www.klimabuendnis.at/partnerschaft-mit-Indigenen


klimapolitik

Foto: Markus Gmeiner

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klimapolitik-Splitter Meilensteine auf dem Weg zum Gipfel • Ob die Weltklimakonferenz Ende November in Paris ein Erfolg im Kampf gegen den Klimawandel wird, bleibt offen – die Vorzeichen sind weitgehend positiv. Immerhin bekräftigten beim Klimatreffen Ende September in New York 40 Regierungschefs eine Transformationsstrategie für ein Ende des fossilen Zeitalters, wie es schon im Juni von den G7-Staaten im deutschen Elmau angekündigt worden war. Und Ende Oktober einigten sich die Unterhändler in Bonn auf einen Rahmenentwurf für einen Klimaschutzvertrag. Die EU will in Paris als Vorreiter mit ambitionierten Reduktionszielen ein Erreichen des sogenannten 2°-Zieles sicherstellen. Mit ihr hinterlegten 146 weitere Staaten fristgerecht ihre Ziele für den Pariser Gipfel. Darunter alle Industriestaaten sowie 70 % der sogenannten „Schwellen- und Entwicklungsländer“. Für Überraschung sorgte neben China, das seine Ziele noch im Juni vorgelegt hatte, v. a. Indien. Dort sollen die Emissionen bis 2030 um über 30 % sinken. Trotz geringer Pro-Kopf-Emissionen ist das Land viertgrößter Emittent der Welt und für die künftige Klimapolitik bedeutend. Noch vor zehn Jahren schloss Indien Klimaschutzverpflichtungen aus. germanwatch.org • taz.de

Ernüchterung • Trotz vieler positiver Vorzeichen warnen ExpertInnen vor überzogenem Zweckoptimismus. Auch wenn die Hausaufgaben pünktlich abgegeben wurden, wird noch lange an Korrekturen und Nachbesserungen zu arbeiten sein. Bei der Auswertung der eingereichten nationalen Klimaziele stellten die unabhängigen„Climate Action Tracker“ fest, dass die Erderwärmung damit bestenfalls auf 2,7 °C begrenzt werden könnten, was deutlich über dem 2°-Ziel der Vereinten Nationen und weit über der erhofften 1,5°-Marke liegt, das sich die vom Klimawandel am stärksten betroffenen Inselstaaten gewünscht hatten. nature.com • faz.net • caneurope.org

der Klimapolitik ist die Lobbyarbeit der Konzerne. Wie die NGO InfluenceMap feststellt, bekämpft fast die Hälfte Gesetze zum Klimaschutz aktiv und über 90 % gehören einschlägigen Verbänden an – natürlich auch die Automobilbranche. Influencemap.org • lobbycontrol.de ANDREAS STRASSER

Einstimmig für den Klimaschutz In der Vorarlberger Gemeinde Götzis werden Projekte auf Enkeltauglichkeit und Klimarelevanz geprüft.

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ie Marktgemeinde Götzis bekannte sich bereits 1991 als 1. KlimabündnisGemeinde Vorarlbergs zum Klimaschutz und im Jahre 2011 wurde das Energieleitbild der Markgemeinde Götzis – e5 mit den Klimaschutzzielen „Energieautonomes Vorarlberg“ beschlossen. Mit dem Energie- und Klimaschutzkonzept, das im Juni von der Gemeindevertretung einstimmig angenommen wurde, sind die Zuständigkeiten und Ansatzpunkte für nötige Klimawandelanpassung für 14 Aktivitätsfelder beschrieben. Sie reichen von Fragen der Land- und Forstwirtschaft über Energie, Verkehr, Raumordnung und Biodiversität bis hin zum Katastrophenschutz.

Das Energie- und Klimaschutzkonzept baut auf den „101 enkeltauglichen Maßnahmen zur Energieautonomie in Vorarlberg“ und der „Österreichischen Strategie zur Anpassung an den Klimawandel“ auf. Alle Abteilungen und Gremien müssen nun die entsprechenden Ziele und Empfehlungen bei ihren Vorhaben berücksichtigen. Dass man in Götzis schon bisher auf dem richtigen Weg war, belegen die zuerkannten 4 e’s – bis zur höchsten Auszeichnung als e5-Gemeinde ist es nur noch ein kleiner Schritt. Bis 2050 will man dann energieautark sein. ANDREAS STRASSER www.goetzis.at www.energiezukunft-vorarlberg.at

Zukunft Regionalbahn

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ie diesjährige Regionalbahntagung, die in Feldkirchen/Kärnten am Montag, 21. September, abgehalten wurde, stand unter dem Motto „Wie kommt die Bahn zum Kunden?“ ExpertInnen von Bahnunternehmen, VertreterInnen von Ländern und Gemeinden diskutierten anlässlich der Tagung die Chancen und Herausforderungen sowie die Erfolgsmodelle der Gegenwart und Zukunft. Die Attraktivierung des regionalen Bahnverkehrs ist ein wichtiger Baustein für die Förderung der umweltfreundlichen Mobilität in den Regionen. Beispiele wie die StadtRegioTram Gmunden wurden präsentiert. Ein weiterer wichtiger Aspekt war, dass Multimodalität künftig an Bedeutung gewinnen wird und ein wesentlicher Bestandteil des modernen Lebenstils sein wird. Erstmals wurde im Rahmen der Tagung der neue cityjet der ÖBB in Kärnten präsentiert und war für die TagungsteilnehmerInnen von St. Veit bis Feldkirchen und retour erlebbar. Die hochwertige Ausstattung des Zuges setzt neue Standards im Nah- und Regionalverkehr und wurde von allen Seiten sehr gelobt. Die Tagung wurde von Klimabündnis Österreich mit Unterstützung vom BMLFUW und in Kooperation mit den ÖBB, dem Land Kärnten und der Stadt Feldkirchen veranstaltet. IRENE SCHRENK www.regionalbahntag.at

Foto: Klimabündnis

Grafik: fotolia-Delphotostock

Stolpersteine • Ein Problem für eine Wende in

Motivierte Energielehrlinge der Volksschule Markt mit Bgm. Christian Loacker.


Energiewende Veranstaltungen

17. Oktober 2015 19. Oktober 2015 02. November 2015 06. November 2015 16.–17. November 2015 25. November 2015 1. Dezember 2915

Purkersdorf (NÖ) Herzogenburg (NÖ) Vöcklabruck (OÖ) Seekirchen (S) Villach (K) Gleisdorf (Stmk) Krems (NÖ)

Mobiltelefone – Lange nutzen, schnell verwerten

H Foto: markcraemer.com/conflict-minerals

Im Herbst organisiert das Klimabündnis in Österreich sieben vom Klima- und Energiefonds geförderte BürgerInnenVeranstaltungen zu Energiewende und gelebtem Klimaschutz in Klima- und Energiemodellregionen. ReferentInnen stellen konkrete Projekte der erneuerbaren Energien, der Energieeffizienz und des Energiesparens aus österreichischen Gemeinden und Regionen vor und zeigen auf, wie sich unser Konsum und unsere Lebensweise auf andere ReG.P. gionen der Welt auswirken. klimabuendnis.at

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Goldbergbau ist Ausbeutung. Arbeiter wie hier auf dem Bild verdienen in Afrika 35 Euro im Monat.

andys und Smart Phones sind eine Goldgrube – sind doch in 40.000 Handys neben rund 60 wertvollen Rohstoffen auch 1 kg Gold enthalten. Landen die Geräte im Müll oder verstauben sie ungenutzt in Schubladen, müssen große Mengen an Gold zusätzlich gefördert werden. Gold-Produktion bedeutet Gewalt gegen lokale Bevölkerungen, Vergiftung von Wasser, Böden und Menschen durch Schwermetalle und Regenwaldzerstörung. Durch lange Nutzung und schnelle Sammlung von Handys bewahren wir Menschen

in den Regionen der Goldproduktion vor zusätzlichen Belastungen. Das Klimabündnis unterstützt die Verwertung von Altgeräten durch die Caritas im Rahmen der Aktion Ö3Wundertüte. Lange nutzen, schnell verwerten. Für ein gutes Leben für alle. Machen Sie mit! EMIL BENESCH

www.wundertuete-macht-schule.at

klimathek

Clever einkaufen für die Schule ... Einem Teil der Auflage liegt der Folder „Clever einkaufen für die Schule“ bei. www.schuleinkauf.at

Von Villach nach Paris 30 Jahre Weltklima-Konferenz Villach

16.–17. November 2015 Paracelsussaal Villach

Die KlimazeugInnen von 1985 berichten den KlimazeugInnen von heute. Der Aufbruch vor 30 Jahren und der aktuelle Stand des Wissens und des Handelns heute. www.klimabuendnis.at

BRIGITTE DRABECK | NINA OBERBUCHER | CHRISTIAN SALMHOFER | ANDREAS STRASSER

Foto: Robert Kneschke

klimatipps

Perspektive Klimawandel

Zum Jahr der Entwicklung I

Der Klimawandel ist da! Was wir tun können, verraten uns sieben Experten aus dem deutschsprachigen Raum: Vom Physiker und Biologen über den Ökonomen und Volkswirt bis zum Soziologen und vom Mediziner bis zum Dirigent. Sie bieten ein ernüchterndes Resumée aber auch einen ermunternden Ausblick – wir müssen‘s nur anpacken.

Grundwissen über 70 Jahre Entwicklungspolitik und Erfolge, wie der weltweit verbesserte Zugang zu Trinkwasser oder die sinkende Kindersterblichkeit. Aber auch die Frage, warum korrupte Gesellschaften mit unserem Geld gefördert werden. Nachvollziehbare Argumente überzeugen, dass entwicklungspolitische Praxis und Theorie kritisch zu sehen sind, die Welt aber noch sehr lange nicht ohne sie auskommen wird.

Anja Paumen/Jan-Heiner Küpper

Friedbert Ottacher/Thomas Vogel

It’s the planet, stupid!

Entwicklungszusammenarbeit im Umbruch

Sieben Perspektiven zum Klimawandel

Bilanz – Kritik – Perspektiven – eine Einführung

oekom Verlag, München, Oktober 2015 272 Seiten • € 24,95 • ISBN 978-3-86581-739-6

Verlag Brandes & Aspel, Frankfurt a.M., April 2015 172 Seiten • € 17,90 • ISBN 978-3955581114

Zum Jahr der Entwicklung II

Was kommt nach dem Wachstum?

AutorInnen unterschiedlicher Disziplinen unterziehen die Sustainable Developement Goals (SDGs), die nun die Millenium Developement Goals (MDGs) ablösen, einer kritisch-rationalen Prüfung. Welche Auswirkungen sind von den neuen Zielen für die Entwicklungspolitik zu erwarten? Welche Interessen dominieren? Welche Hoffnungen und Ideologien stecken dahinter?

Vor 40 Jahren hat der Club of Rome schon auf „Die Grenzen des Wachstums“, auf die Folgen unseres Ex- und Hopp-Konsums, aufmerksam gemacht. Dass Wachstum nicht die Lösung, sondern das Problem ist, wissen wir längst alle – was nach dem Wachstum kommt oder was „Postwachstum“ ist, erklärt der neue Atlas der Globalisierung mit Ideen, Infos und zahlreichen Grafiken.

Petra Bruns (Hrsg.)

Le Monde diplomatique/Bauer/D’Aprile et. al. (Hrsg.)

Die Post 2015-Agenda für nachhaltige Entwicklung

Atlas der Globalisierung

Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden, Mai 2015 208 Seiten • € 14,95 • ISBN 978-3-86581-746-4

Verlag TAZ, Berlin, Neuauflage Juli 2015 176 Seiten • € 25,- • ISBN 978-3937683577

Weniger wird mehr


Das Klimabündnis ruft anlässlich des Europäischen Jahres für Entwicklung ung zum Nachdenken und Diskutieren über globale Nachhaltigkeitsziele auf.

Wir stellen Ihnen die Kampagnen-Elemente gerne kostenlos zur Verfügung. Machen Sie mit! Sprechen Sie Ihre Mitmenschen an! Nutzen Sie die Klimabündnis-Kampagnen Elemente www.overdeveloped.eu/de

Retouren an Postfach 555, 1005 Wien

Die Fakten zeigen, es muss sich was ändern. Wir können etwas ändern – und das kann so einfach sein. Gutes Leben ist einfach! Werden Sie Teil der Kampagne, geben Sie den Anstoß zu einem klimafreundlichen Miteinander.


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