klimabündnis 3/2013

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Verlagspostamt 1150 WIEN – P.B.B. – GZ02Z031986M

03/2013

ZEITSCHRIFT VON KLIMABÜNDNIS ÖSTERREICH

Foto: Christina Diwold

Unsere Ressourcen •

Schonen & Vermeiden

Reparieren & Wiederverwerten

WearFair & mehr: Die Messe für ein gutes Leben ... S. 3 Leben statt produzieren – Kreisläufe am Rio Negro ... S. 4 Die plastiktaschenfreie Stadt ... S. 7 Ernährung & Verschwendung ... S. 14

Computer-Welt: Green & social IT Die Welt reparieren – zahlt sich’s aus?

... S. 11 ... S. 13


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klimaintro

Von 27. – 29. September geht in der Tabakfabrik in Linz die WearFair & mehr über die Bühne. Die größte nachhaltige Mode- und Lifestylemesse Österreichs bietet heuer neben nachhaltiger Mode auch Informationen zu biofairer Ernährung, sanfter Mobilität, ethischen Investments und ökologischen Tourismusangeboten. Wir hoffen, dass die Ausweitung des Messeangebotes der gestiegenen Aufmerksamkeit für einen nachhaltigen Lebensstil gerecht wird, und freuen uns auf Ihren Besuch. Die Messe organisieren wir gemeinsam mit Südwind und GLOBAL2000. Weniger erfreulich sind jedoch manche Entwicklungen der letzten Monate. Der Schiefergasboom in den USA, die geplante Ausbeutung der Arktis und das (vorläufige) Scheitern der Yasuní-Initiative in Ecuador zeigen brutal auf, dass sich unsere Gesellschaft scheinbar ganz klar dazu entschieden hat, unsere Erde bis zur letzten Ressource auszubeuten. Die Gefährlichkeit der Schiefergasgewinnung wird ignoriert und in Industriekreisen wird nur mehr von den sagenhaft niedrigen Gaspreisen in den USA geschwärmt. Die Folgen werden wieder einmal den zukünftigen Generationen umgehängt.

VCÖ-Mobilitätspreis 2013 Klimabündnis-Partner ausgezeichnet In Oberösterreich wurde die „mobilcard Krenglbach“ ausgezeichnet. Krenglbach ist Klimabündnis-Gemeinde. Projektinitiator Norbert Rainer – vormals Regionalstellenleiter von Klimabündnis OÖ (Bildmitte) – nahm mit Bruder Gerhard und GR Burgstaller den Preis von LR Anschober (links) und VCÖ-Geschäftsführer Novak (rechts) entgegen. In Kärnten überzeugte die Klimabündnis-Gemeinde Weißensee mit dem Naturpark-Projekt „Sanfte Mobilität“. Von links nach rechts am Foto: Bürgermeister Weichsler, LR Holub, Naturpark-Chef Schier und ÖBB-PostbusRegionalmanager Kletz. www.vcoe.at Fotos: Land OÖ Andrea Binder, Kröpfl

Foto: Elisabeth Mondl

WEARFAIR & MEHR

Durch das Abschmelzen des Eisschilds kann jetzt endlich die Ausbeutung der Arktis beginnen – die Claims werden gerade abgesteckt und eine bisher unberührte Natur devastiert. Wie so etwas aussieht, habe ich 2009 bei meiner Klimabündnisreise in den ecuadorianischen Regenwald gesehen, wo das gesamte Ökosystem von der Erdölgewinnung im Regenwald betroffen ist. Das Gleiche soll jetzt auch im Yasuni Nationalpark passieren. Wir vom Klimabündnis stellen einen anderen Weg vor. Wir organisieren Schulworkshops, Messen, Ausstellungen und Lehrgänge um aufzuzeigen, dass ein anderer Lebensstil mit geänderten Ess- und Konsumgewohnheiten nicht einen Verzicht darstellt, sondern eine Verbesserung der Lebensqualität bedeutet. Mit mehr Zeit, Freiraum und Freude – Werte, die wir allerdings in keiner Bilanz finden können.

Willkommen im Klimabündnis! Gemeinden:

• Oberösterreich: Afiesl, Hellmonsödt und Schönegg. Bildungseinrichtungen:

• Niederösterreich: VS I Guntramsdorf-Hauptstraße. • Oberösterreich: Pfarrcaritas Kindergarten St. Martin in Gallneukirchen. • Steiermark: Kindergarten Lassing, Kindergarten Jägersteig Judenburg. • Tirol: Kindergarten „Haus der Sonne“, Rum und VS Imst Unterstadt.

Ihr

Betriebe: PETER MOLNAR

Geschäftsführer Klimabündnis Österreich Medieninhaber, Herausgeber, Verleger: Klimabündnis Österreich, Hütteldorfer Straße 63-65/Top 9-10, A-1150 Wien, T: 015815881, E: office@klimabuendnis.at • Redaktion: Emil Benesch, Brigitte Drabeck, Friedrich Hofer, Hannes Höller, Johann Kandler, Christian Salmhofer, Anna Schwerzler, Robert Stögner, Andreas Strasser, Sonja Wöhrenschimmel-Wahl • AutorInnen: Thomas Brose, Peter Czermak, Nicole Ginter, Jutta Kellner, Martina Nagl, Georg Priesner, Ursula Stadler, Maria Zögernitz • Graphik & Layout: Andreas Strasser • Anzeigen: Anita Zrounek • Druck: Druckhaus Schiner, mit Druckfarben auf Basis nachwachsender Rohstoffe • Papier: Desistar, aus 100% Altstoffen • Erscheinungsweise: viermal jährlich • Offenlegung laut §25 Mediengesetz: Die Zeitschrift klimabündnis dient der Information aller PartnerInnen, MitarbeiterInnen der beigetretenen Gebietskörperschaften, der tragenden Organisationen, der miteingebundenen Initiativen und Gruppen sowie allgemein an den Themen Klimaschutz, Umweltund Entwicklungspolitik Interessierter. © Wien 2013 für alle Beiträge bei Klimabündnis Österreich. gedruckt nach der Richtlinie des Österreichischen Umweltzeichens „schadstoffarme Druckerzeugnisse“ Druckhaus Schiner Krems • UW 714

• Oberösterreich: Fairytale – Fair Fashion (Eferding). • Steiermark: Pfarre Gratkorn, Stiasny Mobilitätsma-

nagement (Graz).

Willkommen im Bodenbündnis! Gemeinden:

• Niederösterreich:

Grafenwörth. Oberösterreich: Auberg, Langenstein, St. Marien und Tragwein.

In Österreich haben sich alle Bundesländer, über 954 Städte und Gemeinden, über 789 Betriebe und rund 373 Schulen und Bildungseinrichtungen dem Klimabündnis angeschlossen. Europaweit sind es 1.660 Gemeinden.


klimabündnis

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Die WearFair zeigt nicht nur faire und ökologische Mode. In der Erweiterung zur Lifestyle-Messe geht es jetzt auch um Ernährung, Mobilität „& mehr“.

WearFair & mehr Die Messe für ein gutes Leben

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ie WearFair&mehr ist Österreichs größte Messe für ökologische und faire Mode und besteht seit dem Jahr 2008. Heuer vergrößert sich die WearFair & mehr, wie sie jetzt heißt, um die Bereiche Mobilität, Ernährung, Lebensstil, ethische Geldanlagen und Reisen. „Wir freuen uns auf diese Messe. Mit der Erweiterung tragen wir dem gesteigerten Interesse vieler KonsumentInnen Rechnung. Es sind Menschen, die sich mit gutem Gewissen anziehen wollen UND mit dem Rad ,sanft mobil‘ sind, Bio-Lebensmittel bevorzugen, sich für alternative Geldanlagen interessieren und mehr“, so Ulrike Singer vom Mit-Organisator Klimabündnis OÖ. Der Bereich Mode deckt von Streetwear, Basics, Design bis zu Business alle Zweige ab. Im Bereich Mobilität kann man Fahrräder und Zubehör kaufen wie auch das eigene Rad reparieren lassen und sich über E-Mobilität informieren. Die Sparte Ernährung präsentiert an die 20 AusstellerInnen und ihre Vielfalt an biologischen und mit Liebe hergestellten Produkten.

Fotos: Christina Diwold

Nachhaltigkeit leben

„Wir wollen all jene ansprechen, die sich für einen nachhaltigen Lebensstil interessieren und mit unserer Messe einen guten Einstieg in das Thema finden wollen.“ Diese Lebensstilmesse lädt nicht nur zum Kaufen ein, sondern bietet auch Information und Hilfe zum Selberma-

chen. In der Reihe „Nachhaltigkeit im Selbstversuch“ stellen sich drei Persönlichkeiten vor, die ihr Leben nachhaltiger ausgerichtet haben: Mirko Javurek spricht über seinen autofreien Alltag, Nunu Kaller über ihr Jahr ohne Kleidershopping und Sandra Krautwaschl von ihrem Familienleben ohne Plastik. Geschichten wie diese inspirieren zum Nachmachen. Weitere Inspirationen bietet das Rahmenprogramm mit Höhepunkten wie der Modenschau der AusstellerInnen, der Rad-Show von Bikeprofi Dominik Raab, Workshops, Klimamönch Edmund Brandner, Kochen mit dem Kochcontainer, der stilvollen Radfahrt „Fesch am Rad“ und vielem mehr.

Mach es selbst

Die Nähküche hilft den BesucherInnen, ihre mitgebrachte Kleidung zu verändern. Das Repair Café hilft beim Reparieren kaputter Geräte. Bürgerbeteiligungen sind ein weiterer Schwerpunkt der Messe: Crowdfunding, das individuelle Investieren in Projekte und Firmen wird ebenso vorgestellt wie ein Beteiligungs-Modell für Sonnenstrom. „Wir wollen mit der WearFair & mehr bewusst machen, wie viel gutes Lebensgefühl, Freude und Lebensqualität in nachhaltigem Lebensstil und bewusstem Konsum stecken können“, so Uta Varty, die Geschäftsführerin der Messe. SONJA WÖHRENSCHIMMEL-WAHL

info! www.wearfair.at

27. - 29. S eptember 2013 Tabakfabr ik Linz Ö ffnungsz eiten: Freitag , 27. Septembe r Samstag, 28. Septem ber Sonntag, 29 . Septemb er Tickets: W eekend-T icket: Tagestick et:

14 :00 - 23 :00 Uhr 10:00 - 20 :30 Uhr 10:00 - 16 :00 Uhr E 10,erm. E 7, E 6 ,erm. E 4 ,-

Freitag N achmitta g Special für alle Be / Eintritt b sucher nu is 17 Uhr: r E 4 ,-


4 „Wir können zwar nicht wie die Indigenen denken, aber wir können mit den Indigenen denken.“ Georg Grünberg, Anthropologe, der drei Jahre am Rio Negro lebte und die Klimabündnis-Partnerschaft mitbegründete.

Zahlen & Fakten ● Ein großer Regenwaldbaum kann bis zu 300 Liter Wasser pro Tag aufnehmen und über die Blätter an die Luft abgeben. Alle Bäume zusammengerechnet verdunsten eine Wassermenge, die den wasserreichsten Fluss Amazonas übertrifft. Deshalb ist der Regenwald so wichtig für die Entstehung von Regen. ● In der Trockenzeit konsumiert eine Familie durchschnittlich 3 kg Fisch pro Tag und auf bis zu 2 Tonnen Fisch kann eine Gemeinde mit 25 Familien pro Monat kommen. ● Auf einem Hektar Regenwald sind über 400 Baumarten zu finden – zehnmal mehr als in ganz Mitteleuropa. ● 20 % des Regenwalds in Brasilien sind bereits unwiederbringlich zerstört – für Viehweiden, großflächigen Anbau von Monokulturen etc. ● In einem einzigen Fluss im Amazonasbecken schwimmen mehr Fische als in allen Flüssen der USA zusammen. B.D.

Die runden Kalender, die für Anbau, Ernte, Zucht, Jagd oder Fang verwendet werden, sind Symbole für den Kreislauf der Natur.

Das Tipiti ist eine Maniokpresse. Die geschälte und geriebene Wurzel wird damit „entsaftet“, anschließend wird die Masse z.B. zu Fladen weiter verarbeitet.

Leben statt Produzieren ... I n Wirtschaftsbilanzen werden neben sozialen Folgen zunehmend die Kosten der Wiederinstandsetzung zerstörter Natur eingerechnet. CO2-Berechnungen sind ein Beispiel. Damit wird Bewusstsein für ökologische Fragen geschaffen. „Jedoch muss sich noch zeigen, inwieweit sich diese Berechnungen auf einen besseren Umgang mit der Natur auswirken“, schreibt Marcus Hawel im Artikel „Resurrektion der Natur“ *).

Indigene als Hüter des Regenwalds

Indigene Völker der Regenwälder werden im Zusammenhang mit Kreislaufwirtschaft und Schutz der Ressourcen oft zitiert. „Das ist nicht verwunderlich, sehen sie doch die Erde als Person mit großem Herzen, die den Menschen alles gibt und muss!“,, so Abadio Green der man danken muss! Stócel. Seit Jahrtausenden bewirtschaften sie das sensible System Regenwald, ohne es zu zerstören. zerstören

Schöpfungsgeschichte am Rio Negro

„Die Fische sind unsere Verwandten“, erklärt einem Rodrigo Freire beim Besuch des MUSA (siehe Infokasten). „Das heißt nicht, dass wir den Unterschied nicht wahrnehmen, sondern dass für uns der Begriff Verwandtschaft viel weiter gefasst wird“, so Freire weiter. Nach der Schöpfungsgeschichte der Völker am Rio Negro entstanden Pflanzen, Tiere und schließlich die Menschen in mehreren Verwandlungsschritten, sie sind daher miteinander verwandt und konnten ursprünglich direkt miteinander sprechen. Alle in diesem sozialen Kosmos stehen in Beziehung zueinander.

Landwirtschaft im Regenwald in Zeiten des Klimawandels

Die Menschen Mensch haben aufgrund ihrer Beobachtungen in der Natur und der Beobachtung Sternkonstellationen einen „ökoloSternkonstel (vergleichbar einem gischen Kalender“ Kale Bauernkalender) erstellt, nach dem FesBauernkalen Ba B Rituale, Feldarbeiten, Sammelte e und Ritua aktivitäten a kktivitäten sowie Jagen und Fischen geplant und durchgeführt wurden. ge g eplant un Die Verfügbarkeit von D ie eingeschränkte eingesch fruchtbaren fr rruchtbaren Böden und Fischen in den Schwarzwasserflüssen ließ auch NutSchwarzwas S zungs- und un Verteilungsregeln entstehen, die für eine ausreichende Versorgung sorgun aller Gemeinschaften sorgten. sorgt Darüber hinaus gibt es die „heiligen Orte“, die neben ihrer ihr spirituellen Bedeutung auch eine wichtige Funktion a als a Rückzugsraum für Tiere und Fische haben, weil sie von den Menschen kaum betreten werden.

Fotos: Instituto Socioambiental ISA, FOIRN

Fisch ist die wichtigste Eiweißquelle für die Menschen am Rio Negro. Es gibt über 900 Fischarten.


Fotos: Brigitte Drabeck, Anré Baniwa

Die Menschen am Rio Negro beobachten sorgenvoll die Wetteranomalien, weil ihr traditionelles Ernährungssystem zunehmend gestört wird.

Ecuador bestreitet 0,6% der Erdöl-Weltproduktion, dennoch ist es das viertärmste Land in Südamerika.

... Kreisläufe am Rio Negro

Neuer alternativer Entwicklungspfad in Ecuador ist Geschichte

Dieses traditionelle System verändert sich durch die Einflüsse von außen, aber auch zunehmend infolge des Klimawandels. KlimaforscherInnen waren überrascht, als die Yanomami durch Beobachtungen – etwa der Regenmenge und -dauer – zu ähnlichen Erkenntnissen über den Klimawandel kamen, wie sie selbst. Auch die PartnerInnen am Rio Negro stellen bereits höhere Temperaturen, zeitliche Verschiebungen bei Niederschlägen, Blüte- und Erntezeiten oder einen Rückgang der Fischbestände als Folgen des Klimawandels fest. Das führt zu Problemen in der Nahrungsmittelversorgung und stört das kulturell-spirituelle Leben, das für Ausgleich und Gleichgewicht im Gesamtsystem sorgt.

Übersetzer der Welten

Dem Klimabündnis ist es seit über 20 Jahren ein Anliegen, als „Übersetzer zwischen den Kulturen“ zu agieren und

Gemeinden, Städten, Bildungseinrichtungen etc. in Österreich die Lebensweisen Indigener näherzubringen. „Das Kennenlernen anderer Kulturen und ihrer sozialen und ökologischen Verhaltensweisen ist immer eine Bereicherung und oft ergeben sich daraus neue Denkansätze und Alternativen zur Lösung eigener Probleme“, erklärt Experte Johann Kandler vom Klimabündnis, der selbst zehn Jahre im Amazonasgebiet lebte. „Unsere Gesellschaft muss für einen wirksamen Klima- und Ressourcenschutz dem Erhalt einer intakten Natur oberste Priorität einräumen“, sagt Kandler und meint abschließend: „Wichtige Bereiche in diesem Paradigmenwechsel stellen unter anderem die biologische Landwirtschaft und der faire Handel dar.“ BRIGITTE DRABECK

info! www.klimabuendnis.at/regenwald

*) Quellen: Gesellschaftliche Bündnisse zur Rückgewinnung des Naturbezugs (2010), Bestellung im Klimabündnis Webshop; Manejo do Mundo (2010)

MUSA – Gemeinsam Leben „Gemeinsam leben“ ist mehr als ein Imperativ zwischen Menschen und anderen Lebewesen. „Das Amazonien-Museum in Manaus hat sich zum Ziel gesetzt, der städtischen Bevölkerung die kulturelle, biologische, soziale und politische Vielfalt des Amazonasbecken näherzubringen“, erklärt uns Rodrigo Freire bei unserem Besuch in Manaus im März 2013. Am Rand der 2-Millionen Metropole gelegen, bietet dieses Freilichtmuseum Anschauungsunterricht im Urwald. Auf 100 Hektar werden zurzeit schwerpunktmäßig Informationen über „Menschen und Fische“

sowie „Frösche, Fischen und Moose“ gezeigt. Viele Anschauungsobjekte und Informationstafeln entführen den/die BesucherIn in die Geheimnisse der Tropenwelt. Zum Beispiel existiert eine Fischart, die sich zur „Überwinterung“ während der Trockenzeit in den Flussboden gräbt. Seit 2009 gibt es dieses interaktive Museum. Um auch weiterhin seinen Bestand zu garantieren, sind Unterstützungen willkommen. Bei Möglichkeit und Interesse wenden Sie sich an: rodrigo.freire.floresta@gmail.com J.K. www.museudaamazonia.org.br

Präsident Correa erklärt Yasuní-ITT-Initiative für gescheitert Mitte August hat der ecuadorianische Präsident Rafael Correa die Yasuní-Initiative für gescheitert erklärt. Der Präsident unterschrieb ein Dekret, das den Treuhandfonds auflöst, der für die Sammlung der internationalen Kompensationsgelder für die Nicht-Förderung des Erdöls unter einem der weltweit artenreichsten Regenwaldgebiete zuständig ist. Das nationale Erdölunternehmen Petroamazonas wird in den nächsten Wochen mit der Förderung beginnen. Die Ankündigung aus dem Jahr 2007 der Regierung Ecuadors hatte national und international für sehr viel Aufsehen gesorgt: Das Land bot an, die rund 920 Millionen Tonnen Erdöl unter dem Yasuní-Nationalpark nicht zu fördern, wenn die Hälfte der zu erwarteten Einnahmen von der Weltgemeinschaft erstattet wird. Ecuador wollte für den Fonds 100 Millionen US-Dollar einwerben und für eine nachhaltige Entwicklung unabhängig vom Erdöl einsetzen. **) Correa abschließend: „Die Weltgemeinschaft betreibt eine große Heuchelei, denn die reichen Länder, die auch für die größten Verschmutzungen verantwortlich sind, sind nicht bereit für die Umweltdienstleistungen, die vom Regenwald erbracht werden, zu bezahlen“ (ElComercio.com vom 16. August 2013). THOMAS BROSE

www.indigene.de **) In den UN-Treuhandfonds für Yasuní haben Italien, die Re-

gion Wallonien, Spanien und Luxemburg gemeinsam bereits knapp 8 Mio. USD eingezahlt. Österreich hat keinen Beitrag geleistet. Das Klimabündnis informiert seit vielen Jahren über die Zerstörungen und Verseuchungen durch Erdölförderung in Amazonasgebiet. Es unterstützt die Initiative Ecuadors, das Öl im Nationalpark Yasuní im Boden zu lassen. Bereits 2005 und auch 2009 reisten Delegationen mit GemeindevertreterInnen aus verschiedenen europäischen Ländern in die Region.


6 bisher 20 Städte und Gemeinden beigetreten, darunter ländliche Gemeinden im Waldviertel, mittelgroße Städte, aber auch Landeshauptstädte wie Bregenz, Klagenfurt und Wien. Klimabündnis Österreich ist offizieller Unterstützer des Konvents und bestens mit dem Konvent-Büro in Brüssel vernetzt.

Mehr als 300 BürgermeisterInnen aus 36 Ländern zu Gast im EU-Parlament in Brüssel bei der Auszeichnungsfeier für die 2012 dem Konvent beigetretenen Städte und Gemeinden.

Konvent der BürgermeisterInnen Klimabündnis Österreich als offizieller Unterstützer der europäischen Klimaschutzinitiative.

S

eit 2011 setzt sich das Klimabündnis dafür ein, den Konvent der BürgermeisterInnen in Österreich besser bekannt zu machen. Der Konvent ist eine europäische Klimaschutzinitiative, getragen von allen EU-Institutionen, um die energiepolitischen Ziele der EU – nämlich bis 2020 20% CO2-Einsparung durch Steigerung der Energieeffizienz und Nutzung nachhaltiger Energiequellen – zu errei-

chen und wendet sich direkt an Städte und Gemeinden. Die unterzeichnenden Gemeinden verpflichten sich, ihre Energieverbräuche von einem frei wählbaren Basisjahr ab 1990 um mindestens 20 % bis 2020 zu senken. Per dato sind mehr als 5.000 Gemeinden aus 48 Ländern mit 170 Millionen EinwohnerInnen der Initiative beigetreten. In Österreich sind dem Konvent

Klimaschutz in Wien

Michael Sattler, Klimaschutzkoordination der Stadt Wien, bei der Auszeichnungsfeier des Konvent in Brüssel im Juni 2013 .

Als eine der ersten Städte Europas hat sich Wien 1991 dem Klimabündnis angeschlossen. Im Jahr 1999 hat der Wiener Gemeinderat ein umfassendes und ambitioniertes Klimaschutzprogramm (KliP Wien) mit mehreren hundert konkreten Maßnahmen in den Handlungsfeldern Fernwärme/Stromerzeugung, Wohnen, Betriebe, Mobilität und Stadtverwaltung beschlossen. Dieses ursprünglich auf rund zehn Jahre angelegte Programm wurde seither konsequent und erfolgreich umgesetzt. Im Jahr 2009 beschloss der Wiener Gemeinderat eine Fortschreibung des Klimaschutzprogramms („KliP II“) bis zum

SEAP-PLUS ist eines von mehreren internationalen EU-Projekten, in denen das Klimabündnis die Konvent-Initiative gezielt bewirbt, Gemeinden bei Veranstaltungen und Workshops über die Vorteile eines Beitritts informiert sowie Städte und Gemeinden bei der Erarbeitung ihrer CO2-Bilanzen und Aktionspläne für nachhaltige Energie (SEAPs) zusammen mit regionalen Energieagenturen unterstützt. Regelmäßiger Erfahrungsaustausch und Kooperationsvereinbarungen zwischen europäischen ProjektpartnerInnen, Gespräche mit Energieversorgern, um verlässliche und genauere Energieverbrauchsdaten zu bekommen, sowie eine umfassende Kommunikationskampagne sind weitere Eckpunkte von SEAP-PLUS. GEORG PRIESNER

info!

www.seap-plus.eu www.klimabuendnis.at/com www.konventderbuergermeister.eu

Jahr 2020. KliP II enthält neben der Fortsetzung der bisher schon erfolgreichen Maßnahmen auch zusätzliche neue Maßnahmenpakete. Ziel ist es, bis 2020 die jährlichen Pro-Kopf-Treibhausgasemissionen Wiens im Vergleich zum Basisjahr 1990 um 21 % zu verringern. Durch die Umsetzung der Klimaschutzmaßnahmen konnten bis dato bereits Jahresemissionen von rund 3,7 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten vermieden werden. „Gestärkt durch die Erfolge im Klimaschutz und die internationale Anerkennung trat Wien im Oktober 2012 dem Konvent der BürgermeisterInnen bei. Im Juni 2013 reichte Wien den nachhaltigen Aktionsplan für Energie – sozusagen die Übersetzung des Wiener Klimaschutzprogramms in das vom Konvent geforderte Datenformat – mit der Verpflichtung einer 21 %-igen Reduktion der Pro-Kopf-Jahresemissionen an Treibhausgasen bis 2020 im Vergleich zu 1990 in Brüssel ein“, berichtet Christine Fohler-Norek, KlimaGEORG PRIESNER schutzkoordinatorin von Wien. www.wien.gv.at/umwelt/klimaschutz/konvent-bgm.html

Fotos: Georg Priesner

SEAP-PLUS


klimakommunal

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Die Menschen hinter dem Projekt „verwenden und verschwenden“: Bürgermeister Günther Leichtfried und Stadträtin Irene Weiß (4.v.r.) mit den Freiwilligen im Haus der Zukunft.

Wieselburg: die plastiktaschenfreie Stadt In der niederösterreichischen Klimabündnis-Gemeinde gibt’s ein Kilo Brot um 50 Cent und Bio-Unterwäsche im Schloss.

E

r ist ganz neu und trotzdem steht er schief da: der Bücherschrank am Hauptplatz. Er hat genau das, was Projekte von Irene Weiß so besonders machen. Wenn die Stadträtin mit ihrem Team etwas anpackt, dann denkt man sich am Ende immer: Eigentlich eine ganz simple Idee, eigentlich schon längst notwendig und eigentlich kann das ja jede Gemeinde machen. Ein Bei-

Fotos: Stadt Wieselburg

Zur Gemeinde Name: Wieselburg Bundesland: Niederösterreich Bezirk: Scheibbs Lage: Wieselburg liegt im Mostviertel

in Niederösterreich. Die Fläche der Gemeinde umfasst 5,43 km2. EinwohnerInnen: 4.000 Klimabündnis-Gemeinde: seit 1999 Bürgermeister: Günther Leichtfried

spiel ist das vor vier Jahren ins Leben gerufene Projekt „verwenden statt verschwenden“.

„verwenden statt verschwenden“

Seit März 2009 werden im Haus der Zukunft unter diesem Titel Lebensmittel vom Vortag verkauft. Am Anfang war die Idee von Umweltstadträtin Irene Weiß und Sozialstadträtin Sabine Rottenschlager sowie der erste Lieferant, Bäckermeister Karl Neubacher. Nach zwei erfolgreichen Jahren wurden die Wieselburger Supermärkte Billa, Penny und Spar auch dazugewonnen. Mit Backwaren wird die Aktion seit einiger Zeit auch von der Firma Haubenberger und der Bäckerei Wurzer versorgt. Bis zu zwölf MitarbeiterInnen halten das Projekt am Laufen – sie alle arbeiten unentgeltlich. Jeden Dienstag und Freitag sammeln die Freiwilligen die Waren ein und bringen sie ins Haus der Zukunft. Von 14 bis 16 Uhr gibt’s dann einen Kilo Brot oder vier Stück Gebäck um 50 Cent, Joghurt oder Butter um 20 Cent. „Wir sind nicht nur Klimabündnis-, sondern auch Bodenbündnis-Gemeinde und haben uns als solche dazu verpflichtet, sorgsam mit den Ressourcen Fortsetzung Seite 8

Günther Leichtfried Bürgermeister der Stadt Wieselburg Verwenden statt verschwenden. Leben WieselburgerInnen bewusster? Davon bin ich überzeugt – wenn vielleicht auch nur in Nuancen. Die vielen Aktivitäten der letzten 10 bis 15 Jahre haben einen Bewusstseinsbildungsprozess eingeleitet, der bei uns bei Jung und Alt angekommen ist. Stärkt das den Zusammenhalt in der Gemeinde? Menschen, die ähnliche Ziele haben, empfinden automatisch das Gefühl, miteinander ein Stück des Weges gehen zu müssen. Daher wird die Identifikation mit den verschiedenen Aktivitäten größer, die Energie auf die Umsetzung der Projekte fokussiert und die Initiativen werden erfolgreich durchgeführt. Gerade das Ziel, Wieselburg plastiktaschenfrei zu machen, hat gezeigt, welche Kräfte frei werden können und dass man viele Menschen mobilisieren und motivieren kann. Wie kann die Gemeinde den Ressourcenverbrauch weiter senken? Als eine von wenigen e5-Gemeinden in Niederösterreich haben wir noch viele Hausaufgaben vor uns. Das reicht von einer weiteren sinnvollen Nutzung der Energiereserven bis zu einem völlig veränderten Mobilitätsverhalten.


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Der Kochcontainer erinnert, wieviel an Lebensmitteln verschwendet wird.

Repair Café Vorchdorf • Um Geräte länger im Gebrauch zu erhalten und Ressourcen zu schonen, sind in den letzten Jahren in Amerika und Europa „Repair Cafes“ entstanden – auch in Vorchdorf (OÖ). Dort können Interessierte bei Kaffee und Kuchen ihre kaputten Geräte reparieren. „Nicht nur unsere Blitzgneißer (die Elektronik-Gruppe von OTELO) wissen zu helfen, sondern auch andere fleißige Bastler und Handwerker“, erzählt Bettina Hutterer von OTELO (Offenes Technologielabor), die mit Stefan und Andreas Reiter hinter dem Cafe steht. Repariert wird alles, von Laptops über Mixer bis zu Kleidung und mehr. S.W.-W.

Im Müllcontainer kochen • Mit einem

otelovorchdorf@gmail.com

www.klimabuendnis.at/oberoesterreich

Müllcontainer kochen? Ja, das geht! Der bei Veranstaltungen eingesetzte Kochcontainer von Künstler Andreas Strauss zieht die Menschen an. Er verbindet zwei Themen: die Wertschätzung guten Essens und die Tatsache, dass in Österreich jährlich mehr als 157.000 Tonnen Lebensmittel im Müll landen. Die Zutaten sind besonderen Ursprungs: „Gemüse, das nicht mehr gekauft wird, stellen uns Biobauern zur Verfügung“, erklärt Projektverantwortliche Schernhorst. Gekocht wird übrigens von „echten“ KöchInnen und auch schon mal vom Klimabündnis-Team selbst. S.W.-W.

Restlkochen • Rund 166.000 Tonnen original verpackte bzw. angebrochene Lebensmittel landen bei uns jährlich im Restmüll – pro Kopf ca. 20 kg im Wert von 125 €. Diese Zahlen bewogen den Abfallwirtschaftsverband Weiz, ein Projekt dazu zu starten. Bei einer Veranstaltung mit Klimabündnis Steiermark – Einkaufen. Klima.bewusst – konnte auch die Kammer für Land- und Forstwirtschaft als Partner gewonnen werden. Nicht nur beim Einkauf, auch bei der Resteverwertung lassen sich Abfälle vermeiden. 14 Restlkochkurse mit praktischen Rezepten zeigten, was sich daraus noch zaubern lässt. Für die TeilnehmerInnen gehören Lebensmittelreste wohl der Vergangenheit an. N.G. www.klimabuendnis.at/steiermark

Eisblockwette am See • 2.000 kg Eis wur-

Die Hort-„Müllonie“ • Charly Kunststoff

den im Februar eingehaust. Am 4. August lag die Temperatur vor dem Parkbad Krumpendorf (K) bei 36 °C. Mit der manpower von 15 Asylwerbern aus Pirk wurde die Dämmschicht vom Eisblock gehoben. Zum Vorschein kam ein etwa 750 kg schwerer Eisaltar. „Ein einfaches Experiment, das uns zeigt, wie Wärmedämmung funktioniert und wie Ressourcen geschont werden können“, freute sich Bürgermeister Peter Nemec. C.S.

oder Rudi Restmüll heißen die Gefährten, die im Schülerhort KIDSMIX in Volders (T)Mülltrennen zum Spaßfaktor machen. Die Kinder füttern z.B. Paula Papier mit Papieresten und achten darauf, dass Paula und ihre Freunde nicht zu dick werden. Beim Einkauf gesunder Jause wird auf unnötige Verpackung verzichtet. Die Müllonie besteht aus sechs lustigen Mülleimern. Zu Charly Kunststoff, Rudi Restmüll und Paula Papier gehören noch Gigi Glas, Ali Alu und Bio Bob. Erfunden hat die Müllonie Ursula Stadlwieser, die im Hort ein Klimaschutzjahr durchführte. U.S.

www.klimabuendnis.at/kaernten

Fotos: Klimabündnis OÖ, AWV Weiz, Klimabündnis Tirol, Grüne Kärnten.

klimatelegramm: News aus Ländern und Gemeinden

Das hunderttausendste Brot kaufte Maria Ebner (r.). Als Danke gab es eine Torte. Fortsetzung von Seite 7 des Bodens umzugehen – das geht alle etwas an. In Österreich landet jedes fünfte Stück Gebäck im Müll. Genau deshalb haben wir auch bewusst auf eine Sozialkarte verzichtet. Bei uns soll jeder einkaufen können“, so Weiß. Das klappt auch: Die KundInnen kommen aus allen Bevölkerungsschichten, mittlerweile gibt es auch eine Stammkundschaft. Der finanzielle Gewinn aus dem Verkauf wird sozialen und soziokulturellen Zwecken zugeführt. Und er wird wieder investiert. Die erste Investition war eine Kühlvitrine. „Nicht zu selten ist die zwei Meter lange Kühlvitrine um 14 Uhr vollgestopft und nach 16 Uhr leer geräumt.“ Weiß: „Verschenkt wird bei uns aber nichts. Ganz einfach aus Prinzip: Lebensmittel haben einen Wert und sie müssen uns etwas wert sein.“

My bag is not plastic

Die zweite Investition aus dem Projekt „verwenden statt verschwenden“ war der Ankauf von Papiertaschen. Bezogen wurden diese vom Haus Lichtbogen, einer Sozialeinrichtung für psychisch kranke Männer. Papiertaschen? Da war doch noch etwas mit Wieselburg. Stimmt, Wieselburg wurde 2012 vom Klimabündnis für das Projekt „My bag is not plastic“ mit dem Climate Star, dem europäischen Klimaschutzpreis, ausge-

www.muellonie.at

An einem Tag voll, am nächsten leer – der offene Bücherschrank lebt.

Fotos: Stadt Wieseburg

Repair Cafés. Bei Kaffee und Kuchen werden nicht nur Leib und Seel‘ zusammengehalten.


klimakommunal

Foto: NLK Johann Pfeiffer

LR Pernkopf (2.v.l.) und Pirita Lindholm (m.) vom Klimabündnis überreichten Bürgermeister Leichtfried (l.) und Umweltstadträtin Weiß (4.v.r.) den Climate Star.

zeichnet. Weniger Plastiktaschen – das war das simple Ziel. Ein Ziel, das die Stadtgemeinde Wieselburg anlässlich von „10 Jahre Klimabündnis-Gemeinde“ mit einem Weltrekordversuch kombinierte. 3.650 verschiedene Stofftaschen – für jeden Tag im Klimabündnis eine – sollten zum Weltrekord führen. Eine Bestmarke, die mit 4.315 Taschen weit überschritten wurde. Selbst gestaltete oder signierte Taschen schickten u.a. Bundespräsident Heinz Fischer, Moderatorin Chris Lohner oder Kabarettist Josef Hader. Kombiniert wurde der Weltrekordversuch mit weiteren Aktionen: Stofftaschen wurden an alle Haushalte verteilt; Bauernmärkte, Adventmärkte

oder Ballveranstaltungen wurden ebenso wie viele Betriebe plastiktaschenfrei. Die Stadtgemeinde stellte Betrieben 10.000 Stück der „WieselburgTasche“ gratis zur Verfügung. Im Gemeinderat wurde die Resolution für ein plastiktaschenfreies Wieselburg einstimmig angenommen. Die Einzelhandelskette Spar bot Alternativen zum Plastikknotenbeutel an.

Offener Bücherschrank

Die dritte große Investition aus den Mitteln von „verwenden statt verschwenden“ wurde heuer getätigt. Seit Mai steht am Hauptplatz beim Eingang zum Schlosspark ein offener

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Bücherschrank. 24 Stunden am Tag können Bücher gebracht oder kostenlos genommen werden. „Als nächstes kommt ein Kinderbücherschrank mit Sitzgelegenheiten für Kinder dazu“, plant Weiß natürlich schon wieder voraus. Noch einen Schritt weiter ist der Verein „regional, fair, natürlich“, bei dem Weiß Geschäftsführerin ist. 20 MitarbeiterInnen arbeiten unentgeltlich im Laden „gern & gut“. Im Geschäft im Schloss Wieselburg gibt es, größtenteils auf Biobasis, alles außer tierische Produkte: von Lebensmitteln über Kosmetik, Wasch- und Putzmittel, Babykleidung und fair gehandeltem Schmuck bis zu Bio-Unterwäsche. Bleibt nur noch die Frage, warum der Bücherschrank schief da steht. „Damit die Tür automatisch zufällt“, so Weiß. Da ist sie wieder, diese ganz simple Idee. HANNES HÖLLER

Info!

www.wieselburg.at www.mybagisnotplastic.at

Klima-Porträt Sonja Wöhrenschimmel-Wahl Klimabündnis Oberösterreich

Fotos: Privat, Sonja Wöhrenschimmel-Wahl, Karan Wansch

... studierte Textilkunst und Design an der Kunstuniversität Linz. Arbeit als Modedesignerin, 2007 Start des grünen Modeblogs sowie des gleichnamigen Modelabels. 2010 oö. Journalistenakademie. Seit 2010 Mitorganisatorin der WearFair, seit 2012 Pressearbeit bei Klimabündnis Oberösterreich. Zu Hause auf einem Biobauernhof im Mühlviertel.

Was ist das schönste, spannendste an deiner Arbeit? Ich kann meine unterschiedlichen Interessensgebiete zusammenführen und über Themen schreiben, die mir wichtig sind. Immer mit der Frage: Wie schaffe ich es, meine Artikel so zu formulieren, dass sie von den Zeitungen gedruckt und von den Menschen gelesen werden? Und: unser Team – ich freue mich, ein Teil davon zu sein. Was ist dir in Umwelt- und Klimaschutzfragen wichtig? „Was kann ich als einzelner Mensch schon bewegen?“ In Gesprächen merke ich, wie wenig sich Menschen angesprochen fühlen, wenn es um das Thema „Klima“ geht. Diese Frage gilt es mit vielen positiven Beispielen zu beantworten, die zum Nachmachen anregen. Es ist wichtig, uns Menschen in die Klimaschutz-Thematik hereinzuholen. Die Erde wird trotz Klimaerwärmung und Katastrophen weiter existieren, wie sie es schon immer getan hat. Wir Menschen sind da sensibler.

Textilkunst von Sonja Wöhrenschimmel-Wahl nicht ohne Natur ... Wie hältst du es mit Umwelt- und Klimaschutz persönlich? Unser E-Bike ist DAS Alltagsverkehrsmittel für mich. Damit fahre ich zum Zug in die Arbeit. Mit dem Radanhänger transportiere ich meine Buben ebenso wie unsere Einkäufe. Ansonsten: Selbernähen, Reparieren, aus Altem Neues bauen. Die Kleidung für die Kinder und für mich ist großteils Secondhand. Mein Mann baut auf unseren Feldern Biogetreide an und erzeugt Strom mit einer 5 kWp-Photovoltaikanlage. Und: Bei uns gibt es Fisch aus dem eigenen Teich, wenn mein Mann es schafft, einen zu fangen! A.S.

kontakt! sonja.woehrenschimmel@klimabuendnis.at

blog: http://fraujonason.blogspot.com


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klimabündnis

Kreatives Gestalten mit Müll. Die Kinder der Volksschule Großmugl in Niederösterreich lernten, wie das geht.

Vom Kasperl bis zum Müllsong

Foto: VS Grossmugl

Wie Kinder den bewussten Umgang mit Ressourcen spielerisch erlernen.

D

ie Klimafee Lila bittet Kasperl um Hilfe. Das Ulmendorf ist verschmutzt und niemand weiß, warum. Gemeinsam mit der Klimafee, dem Schmetterling und den Kindern findet er die Ursache heraus. Das Kasperltheaterstück richtet sich an die Jüngsten im Klimabündnis: an Kindergartenkinder. Im anschließenden Workshop erfahren und erlernen die Kleinen spielerisch, wie sie Müll vermeiden und richtig trennen. „Darauf aufbauend bieten wir zwei Workshop-Reihen für Schulen. Damit decken wir in Niederösterreich

vom Kindergartenalter bis zur 8. Schulstufe die gesamte Grundausbildung ab“, so Christiane Barth vom Klimabündnis Niederösterreich. Für Erst- bis ViertklässlerInnen gibt es die vierteilige WorkshopSerie „Wasser, Abfall, Biolandbau und Kreisläufe“. In Kleingruppen wird Fragen wie „Wie erkenne ich Bioprodukte?“ oder „Wie wird Abfall verwertet“ auf den Grund gegangen. In der 5. bis 8. Schulstufe werden ebenfalls vier Workshops zu den Themen Abfall und Kreisläufe angeboten. Bei den Größeren steht forschendes Lernen im Mittelpunkt. Im Klassenverband wird ein Interessenschwerpunkt gewählt – zum Beispiel „Lebensmittel im Müll“. In der Praxis kann das dann so ablaufen: Als Einstieg wird der Film „Taste the waste“ gezeigt, danach suchen

die SchülerInnen mit den ReferentInnen nach Lösungen. Und im vierten Teil gibt’s eine Exkursion, zum Beispiel zum lokalen Abfallverband. Der Kreativität kann aber auch freier Lauf gelassen werden. So können etwa Müllsongs komponiert oder Schmuckstücke gebastelt werden. Alle Workshops dauern jeweils zwei Übungseinheiten und können auch einzeln gebucht werden. Den PädagogInnen bietet das Klimabündnis als Unterstützung auch Unterrichtsmaterialien an: das 64-seitige Klimazwergeheft mit Weltkarte und Würfelspiel für Kindergärten sowie die Klimawerkstatt I und II für Schulen mit Theaterstücken samt Aufführrechten, Liedern, Gedichten, Aktionsideen und Experimenten. HANNES HÖLLER

Info!

klimabuendnis.at/noe

Klimaschutz in der Schultasche Buntstifte, warmes Wasser und wasserdichte Kübel. Das ist alles, was für den Volksschulworkshop „Klimaschutz in der Schultasche“ benötigt wird. Und schon erfahren und erkunden die Kinder, ob es einen Baum in ihrer Schultasche gibt und wo im Klassenzimmer überall ein Wald steht. Papierschöpfen wird auch noch ausprobiert. Das Lebensministerium fördert österreichweit 20 Workshops. M.Z. klimabuendnis.at/schulworkshops

Nachfüllen statt wegwerfen Wer sagt, dass Leuchtmarker, Kugelschreiber, Klebeflaschen zum Wegwerfen sind? Die können viel mehr! Es sind die einzigen, die mit gutem Gewissen ausgenützt werden wollen! Nachfüllen geht leicht, kostet weniger und gibt ein gutes Gefühl. Eine Suchmöglichkeit zum schnellen Finden von Nachfüll-Produkten und die besten Umwelt-Tipps für den Büro- und Schuleinkauf finden Sie unter den nachfolgenden Adressen. JUTTA KELLNER

Katja und Emil beim Ausprobieren von Nachfüllungen. Es funktioniert!

www.schuleinkauf.at www.bueroeinkauf.at

Einem Teil dieser Ausgabe ist der Infofolder „Clever einkaufen fürs Büro“ beigelegt. Eine Initiative des Lebensministeriums in Kooperation mit dem Österreichischen Papierfachhandel.

Foto: BMLFUW/Kern

Wer clever ist, macht wenig Mist – ob im Büro oder in der Schule


klimabetriebe

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Aus Altem was Neues machen. Compuritas-Chef Wetzl auf Expansionskurs mit ungewöhnlichen Lösungen. Rechts der klimafreundliche Firmentransporter.

PC-Welt: Green & social IT Fotos: Compuritas

Wie ein Kleinbetrieb dafür sorgt, dass die digitale Welt etwas klimafreundlicher und sozialgerechter wird.

S

eit 2009 hilft Rüdiger Wetzl in der Computer-Welt überall, wo’s Anwendern weh tut: bei Pannen mit Reparaturen, bei hohen Kosten mit Einsparlösungen, bei Neuanschaffungen mit effizienten und langlebigen Geräten – auch über den eigenen Webshop – und, wo Geld für vieles fehlt, mit nachhaltigen und sozial verträglichen Angeboten. Aus Altem Neues machen ist ein Prinzip von Compuritas. Ausrangierte PCs werden zu neuen zusammengesetzt, die Bedürftigen oder NGOs zugute kommen. So erhielten etwa Jugendliche des Don Bosco Flüchtligswerkes Zugang zu PCs, Internet und Social Networks.

Blickpunkt Ressourcenschonung

Schon die richtige Einstellung des Ruhezustand-Modus hilft Sparen. Nicht jede/r muss alles drucken – zentrale Druckerinseln reduzieren den Papierverbrauch um bis zu 30 %. Durch Verlängerung der Lebensdauer um drei bis vier Jahre lassen sich pro Gerät bis zu 22o kg CO2, 15 kg Chemikalien, 160 kg fossile Brennstoffe und 900 Liter Wasser einsparen. Effizienz gilt auch im eigenen Reich: Die Einrichtung stammt großteils aus re-use, der Strom vom Klimabündnis-Betrieb AAE Naturstrom. Auto gibt’s bewusst nicht – alle Wege werden mit Rad und Anhänger, Öffis oder via Carsharing zurückgelegt.

Unterwegs mit dem Rad-Amt Ottensheim

Name: Compuritas Inhaber: Rüdiger Wetzl Bundesland: Steiermark Standort: Graz • Gründung: 2009 Klimabündnis-Betrieb: seit 2013

Ausgezeichnet unterwegs

Wetzl und Team bekamen dafür u.a. den ÖGUT-Umweltpreis und den Österreichischen Klimaschutzpreis. Compuritas ist Mitglied im bundesweiten RepaNet. Erfahrung in der Vernetzung, Kooperationen mit kompetenten PartnerInnen und das durchdachte Unternehmenskonzept sind solide Basis für die geplante Expansion, für die Förderungen bereitstehen. Die Nähe zu NGOs bleibt. So sorgt Compuritas dafür, dass die IT bei Klimabündnis Steiermark problemlos und ressourcenschonend läuft. ANDREAS STRASSER

info!

www.compuritas.at

Behind the Screen ... Neue Filme im KlimaForum

Foto: radamt Ottensheim

Die Fahrrad-Selbsthilfe-Werkstatt Das vom offenen Technologielabor OTELO gegründete Radamt ist eine Fahrrad-Selbsthilfe-Werkstatt. Herwig Kolar und Birgit Lehner stehen hinter dieser Initiative, die sich aus privaten Spenden finanziert und seit Mai 2012 allen Fahrrad-BesitzerInnen Unterstützung bei Arbeiten rund um ihr Rad anbietet. Jeden Montag von 18 bis 21 Uhr hat das „Radamt“ im Alten Amtshaus am Marktplatz Ottensheim für RadbastlerInnen geöffnet. Wenn das Zweirad einen „Platten“ hat, die Gänge eingestellt werden müssen oder eine optische Auffrischung schön wäre, ist man beim Radamt an der richtigen Adresse. Dort geben Fahr-

BBB: Bike-Bastel-Barties. radfreunde Tipps für die Reparatur – das Reparieren und Umgestalten führen die RadbesitzerInnen selbst durch. Benötigte Ersatzteile stehen vor Ort zur Verfügung. SONJA WÖHRENSCHIMMEL-WAHL

radamt.blogsport.eu

Bilder sagen mehr als tausend Worte. Das Klimabündnis bietet im Rahmen des Projekts KlimaForum auch einen Filmverleih. Neu im Angebot sind zwei Filme, die sich um das Thema Ressourcen drehen: „Die Akte Aluminium – die dunkle Seite des glitzernden Leichtmetalls“ und „Behind the Screen – Das Leben meines Computers“. H.H. klimabuendnis.at/klimaforum


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klimanews

Hitzerekorde im Sommer 2013 Bei uns fiel die 40°-Marke. Die eigentlichen Hitzerekorde gab es aber in Sibirien mit bis zu 16° über dem langjährigen Mittel. Die Karte zeigt die Temperaturabweichungen vom Normalwert über Asien und Teilen Europas vom 5 bis 12 August 2013. Rund um den Hot Spot in Nordsibirien (in der Karte rot) erkennt man deutlich die Regionen, die zum Ausgleich die Tiefdruckgebiete (blau) gebucht haben. Von Kasachstan bis nach Ostsibirien zieht sich der Gürtel kühlerer Luftmassen. Rund um den Amur, den Grenzfluss zwischen China und Russland, fielen so viele Niederschläge wie noch nie. Meteorolo-

gInnen zufolge gab es heuer die größte Flut in der Geschichte des Landes. Allein in den ersten zwölf Augusttagen fielen 300 Millimeter Regen. Der Erwärmungstrend ist in Russ-land stärker ausgeprägt als in anderen Erdteilen. Seit Mitte der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts steigt die Temperatur um 0,51° C pro Jahrzehnt – global nur um 0,17° C pro Jahrzehnt. CHRISTIAN SALMHOFER

Abb.: http://earthobservatory.nasa.gov/IOTD

N

icht nur bei uns wurden Rekorde gebrochen. Besonders auffällig war heuer ein blockierendes Hoch über Nordsibirien. In Norilsk, wo die Durchschnittswerte im Juli normalerweise bei 16° Celsius liegen, wurden 32° Celsius erreicht. Das blockierende Hoch hat den Jetstream abgelenkt. Die Tiefdruckgebiete mit Regen, die sonst von West nach Ost ziehen, mussten ihre Zugbahnen ändern. Die Hitzewelle sorgte für viele Waldbrände. Während sie normalerweise an der Südgrenze der Taiga halt machen, wanderten sie bis zum Polarkreis auf den 65. Breitengrad.

info! earthobservatory.nasa.gov/IOTD

klima & wetter • News aus den Archiven

Afrika

Abb.:http://eoimages.gsfc.nasa.gov

Wüstenstaub von Kontinent zu Kontinent geweht.

Aus Afrika an den Amazonas • Hunderte Millionen Tonnen Staub aus den Wüsten Afrikas werden jährlich von den Passatwinden über den Atlantik geblasen. Eine Woche oder länger dauert diese Reise. Sie düngen Ozeane und große Ökosysteme. Etwa 40 Mio. Tonnen lebenswichtiger Mineralien, wie Eisen und Phosphor, gehen jährlich über dem Amazonas-Regenwald nieder. In Florida stammen bis zu 80 % aller niedersinkenden Staubkörnchen aus Afrika. SpaziergängerInnen, die über die Inseln der Bahamas oder der Florida Keys wandern, laufen eigentlich über afrikanischen Boden. http://journals.ametsoc.org/doi/abs

Eldorado in der Arktis? • Der durch den

fortschreitenden Klimawandel bedingte Abtauprozess im hohen Norden hat durch zunehmend leichter befahrbare Meeresstraßen den lange vorbereiteten run auf die großen Ressourcen-Lager sowie auf neue Jagd- und Fanggebiete eröffnet. 1996 wurde der Arktische Rat als Forum für den Interessensausgleich zwischen Anrainerstaaten und indigenen Völkern des Nordens gegründet. Sein reales Gewicht, eine zerstörerische Entwicklung bremsen zu können, wird allgemein als sehr gering eingeschätzt. Dass mit der Übernahme des Vorsitzes durch Kanada Anfang September nun eine Politikerin mit indigenen Wurzeln den Rat leitet, ist doch ein Hoffnungsschimmer. In ihrer Antrittsrede erklärte Leona Aglukkaq, eine „nachhaltige und verantwotungsvolle Entwicklung mit den Völkern des Nordens“ zur Chefsache. Wie eine solche aussehen könnte, hat der Rat mit umfassenden Studien wie Arctic Climate Impact Assessment gezeigt. Neue Informationen und Publikationen gibt es als Download. www.arctic-council.org • www.pame.is www.inuit.org

Sommer-Bilanz 2013 • national: Nur der Juli 2006 war wärmer als der von 2013. Bei Sonnenscheindauer und Trockenheit wurden die höchsten Werte der Messgeschichte verzeichnet. Mit 2,2 Grad über dem langjährigen Mittel war es der zweitwärmste Juli seit Messbeginn 1767. Mit österreichweit nur 35 % der normalen Regenmenge war der diesjährige der trockenste Juli seit Beginn der Niederschlags-Messung 1858. Der August geht mit einer Temperaturabweichung von 1,3 °C als einer der wärmsten Monate in die Messgeschichte ein: Platz zehn in der Messreihe seit 1767. Am 8. August wurde erstmals die 40 °C Marke erreicht: 40,5 °C in Deutsch-Altenburg (N), 40,3 °C in Neusiedl am See (B) und 40,0 °C in Güssing (B). www.zamg.ac.at

• global: Rund um den Globus war es in vielen Gebieten zu warm und in einigen allerdings auch zu kalt. Fasst man alle Daten rund um den Erdball zusammen, lag der Juli 2013 um 0,61 °C über den Temperaturen, die im 20. Jahrhundert gemessen wurden. Mit durchschnittlich 15,8 °C war es der drittwärmste Juli seit es genaue Messungen gibt. www.ncdc.noaa.gov/sotc/global/2013 CHRISTIAN SALMHOFER | ANDREAS STRASSER


klimapolitik

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R.U.S.Z- MitarbeiterInnen bei der Reparatur einer Waschmaschine. Jährlich werden in Österreich 1,4 Millionen Haushaltsgeräte neu gekauft – aneinandergereiht eine Schlange von Wien bis Straßburg.

Die Welt reparieren – zahlt sich’s aus? Sepp Eisenriegler im klimklündni abündniss-Gespräch über Ressourcenverschwendung

Auch für das tägliche Reparaturgeschäft? Rein wirtschaftlich zahlt sich Reparieren nicht aus. Wir arbeiten gerade kostendeckend. Analyse, Ersatzteil-Recherche, Neben-, Overheadkosten stehen in keinem Verhältnis zum Neukauf immer billigerer Geräte. Wir reparieren Hauhaltsgeräte, Unterhaltungselektronik, EDV und hauchen kaputten Spendengeräten neues Leben ein. So reduzieren wir Elektro-Schrott und CO2-Emissionen. Die Wiederverwendung der Elektrogeräte senkt diese um ein Vielfaches – bei Computern in einem Verhältnis 1:10, bei Waschmaschinen und Geschirrspülern 1:5. Energieeffizienz wird vom Nutzerverhalten wesentlich stärker beeinflusst, als vom vorzeitigen Neukauf.

Zur Person

Sepp Eisenriegler, Sozialökonom und Social Entrepreneur gründete nach Initiierung von „die umweltberatung“ das Reparatur- und Service-Zentrum R.U.S.Z, das ReparaturNetzWerk Wien und das Demontage- und Re-cycling-Zentrum. Er war Mitbegründer der Dachverbände für Sozialwirtschaft auf Bundes- (RepaNet) und EU-Ebene (RREUSE) und ist führend in der Obsoleszenz-Debatte.

Kontakt! sepp.eisenriegler@rusz.at

Die Lebensdauer der Geräte wird immer kürzer – steckt da ein System dahinter? Ja. Wir sprechen da von Obsoleszenz – der raschen Alterung eines Produkts. Technische Obsoleszenz verdankt sich dem Einsatz billiger Materialien. Geplante Obszoleszenz entlarvt sich durch „Sollbruchstellen“ oder limitierende Zählwerke. Geräte streiken dann einfach. Drucker z.B. verlangen einen Tonerwechsel, obwohl der noch nicht nötig wäre. In der PC- und Unterhaltungselektronik wechseln Moden schnell. Statussymbole wie Handys werden rasch durch neue ersetzt – das ist psychologische Obsoleszenz. Forcierte Ressourcen-Verschwendung, noch mehr Elektronikschrott – gibt’s da ein Reparatur-Konzept? Wo setzt man an? Auf allen Ebenen und v.a. auch auf der politischen – da bewegt sich etwas. Verschrottungsprämien zu streichen ist gut, aber zu wenig. Für die Produktion muss es durchdachtere Richtlinien geben. Oberste Prinzipien: Langlebigkeit und Reparierbarkeit. In der EU-2020-Strategie bekommt Ressourceneffizienz eine wichtige Rolle und jetzt werden Dinge wie eine Leasing-Society angedacht, wo Nutzen vor Besitzen kommt. Wenn in jeder Hinsicht optimale Geräte auch gemietet werden können, eröffnet das neue Möglichkeiten für alle. Reagieren Hersteller auf Kritik? Gibt’s Interesse an Kennzeichnung guter Produkte? Der Unmut, der Druck ist größer geworden und das lässt sich auch nicht mehr einfach aussitzen wie früher. Ich lade die HerstellervertreterInnen ein, am Update der Norm für Langlebigkeit und Repara-

rierbarkeit mitzuarbeiten. Und die KonsumentInnen lade ich ein, mit Umweltzeichen ausgezeichnete Geräte zu kaufen – allerdings erst, wenn die alten nicht mehr wirtschaftlich zu reparieren sind. Auch der Handel denkt um. Mit Schnäppchen kommen eher nur große Elektronikmärkte durch, bei denen mit Accessoires und anderem mehr Profit gemacht wird als mit den angebotenen Geräten selbst. Sind KonsumentInnen weiter nur auf Schnäppchen aus oder ändert sich da was? Fast die Hälfte traut den Produzenten nicht mehr. Ein Umdenken findet statt. Das Interesse an Second-Hand-Produkten oder dem Teilen von Produkten steigt. Gute Altgeräte stehen hoch im Kurs. Neue Konsummuster zeichnen sich ab. Wir müssen mehr wollen. Durch längere Nutzungsdauer und sparsamen Betrieb ist am meisten für Umwelt- und Klimaschutz herauszuholen. Vor allem, wenn man dabei bleibt, anstatt gleich wieder ein noch effizienteres Gerät anzuschaffen. „Die Kunst des Reparierens“ – wird die am Ende doch noch vergoldet? Da schwingt sehr viel Romantik mit. Aber wenn wir die Erfahrungen mit Reparaturkaffees oder mit unseren Lehrlingsprojekten – Reparieren lernen – genau betrachten, gibt es auch bei jungen Leuten großes Interesse. Sprüche wie „Geiz ist geil“ oder „Hau weg den Dreck!“ kommen bei vielen nicht mehr an. Und das stimmt doch optimistisch. ANDREAS STRASSER

Info!

www.rusz.at • www.repanet.at www.rreuse.org

R.U.S.Z ist seit 2000 Klimabündnis-Betrieb

Fotos: R.U.S.Z – Reparatur- und Service-Zentrum

Der Welterschöpfungstag kam heuer früher als im Vorjahr. Mitte August war das Jahresmaß an Ressourcen schon verbraucht. Müsste unser Planet nicht zur Reparatur – und: Zahlt sich’s noch aus? Es bleibt uns unabhängig von Mühe und Kosten wohl nichts übrig. Allerdings ist nicht der Planet an sich in Gefahr – es sind seine BewohnerInnen. Grundsätzlich bin ich da aber optimistisch.


klimapolitik-Splitter

Erschöpft • Der Welt-Erschöpfungstag (Earth

Overshoot Day) war heuer bereits am 20. August. Seit diesem Tag leben wir „auf Pump“, wir nehmen uns mehr von den Ressourcen als vorhanden sind. Ein Planet reicht für unseren derzeitigen Lebensstil nicht mehr aus. 2050 bräuchten wir drei Planeten Erde. Was jede/r dagegen tun kann: Umstieg auf einen klimafreundlichen und ressourcenschonenden Lebensstil. M.N. www.footprint.at

Taufe von Wetterphänomenen ... • Neuer Vorschlag aus den USA: Tiefdruckgebiete, Wirbelstürme etc. sollen nicht mehr mit Vornamen in alphabetischer Reihenfolge bezeichnet werden, sondern die Namen jener Politiker erhalten, die behaupten, es gäbe keinen Klimawandel. C.S. www.youtube.com/watch?v=efAUCG9oTb8 ... und Müllinseln • Um auf Plastikmüll in den Meeren aufmerksam zu machen, ernennt die UNESCO große Müll-Inseln zu Staaten, die so zu Mitgliedern der Vereinten Nationen werden. Einer davon, so groß wie Indien, ist der „Garbage Patch State“ im Nordpazifik. A.S. unesdoc.unesco.org • garbagepatch.info

Bodenbündnis-Fest 6. November 2013 Tulln an der Donau 1. Vernetzungstreffen für AbsolventInnen des Lehrgangs „KommunaleR BodenschutzbeauftragteR“, für AkteurInnen aus Bodenbündnisgemeinden und jene, die es noch werden wollen. www.klimabuendnis.at

Auf den Äckern bleibt viel liegen. Bei Kartoffeln z.B. fast die Hälfte.

Ernährung & Verschwendung

Noch bevor wir etwas wegwerfen, geht schon viel verloren.

G

egenwärtig sind große Kampagnen gegen die Verschwendung von Lebensmitteln angesagt: 400 Euro könne ein Haushalt durch sorgsamen Umgang pro Jahr sparen. Doch Verschwendung bei den VerbraucherInnen macht nur einen Teil des Kuchens aus. Vom Acker bis zur Mülltonne geht die Hälfte verloren. Bei Erdäpfeln bleibt die Hälfte schon am Acker liegen – weil sie zu klein sind. Es ist die geringe Wertschätzung der Lebensmittel, die so etwas zulässt. Lebensmittelabfälle werden als Kollateralschäden eines hocheffizienten, auf Masse, Überangebot, Verfügbarkeit und Niedrigstpreise getrimmten Ernährungssystems akzeptiert. „Überangebot, Preisverfall und die permanente Verfügbarkeit von Waren führen zu einem sorglosen Umgang und zur Verschwendung von Lebensmitteln auf dem Weg vom Acker bis zum Teller“, sagt Petra Teitscheid vom Institut für Nachhaltige Ernährung und Ernährungswirtschaft in Münster. Um wie von der EU-Kommission gefordert bis 2020 eine Halbierung vermeidbarer Lebensmittelabfälle zu erreichen, ist die Einführung einer Quote von mindestens 15 % Bio- und FairTrade-Lebensmitteln im Handel und der Außer-Haus-Verpflegung

notwendig. Mit dieser harten Maßnahme würde der Preis gehoben, aber auch der Blick auf die Qualität der Produkte geschärft und die Produktion in Richtung einer ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft verstärkt. Der Kunde ist beim Kauf von Bio-Produkten weniger entfremdet von der Urproduktion und akzeptiert Naturprodukte eher so, wie sie sind. Die Bio-Branche kann das Themenfeld der Lebensmittelverschwendung gepaart mit Ehrlichkeit und Transparenz für sich besetzen. Dazu braucht es aber ein kundennahes und gut ausgebildetes Fachpersonal. Das Bio-Angebot im Supermarkt erinnert durch die Massenproduktion schon zu sehr an den konventionellen Markt. Nur eine neue Wertschätzung unserer Lebensmittel im gesamten Produktlebenszyklus kann eine Wende im Konsumverhalten bringen. Die Bio-Branche muss hier vorangehen! Dazu müssen alle Beteiligten der Lebensmittelkette etwas beitragen und nicht nur der VerbraucherInnen ist in der Pflicht, etwas zu unternehmen. Eine Schuldzuweisung auf einzelne Glieder der Kette hat keinen Sinn. CHRISTIAN SALMHOFER Info!

Foto: Nobapix/MAST/strasser

IPCC-Leaks • Erneut geriet der Report des UNO-Klimarates Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) verfrüht an die Öffentlichkeit – geplant war das erst für Ende September. Die Daten lassen trotz scheinbarer Pause – zurückzuführen auf Wetterschwankungen, Wärmeaufnahme tieferer Schichten der Ozeane – eine weitere Erwärmung erwarten. Der Meeresspiegelanstieg wird gegenüber älteren Reporten nach oben korrigiert, ebenso die Häufigkeit von Hitzewellen und Sturzregen. Frostperioden würden seltener, wird kolportiert. A.S. www.spiegel.de • www.ipcc.ch

www.tastethewaste.com www.fao.org/docrep

Europäische Mobilitätswoche 16. – 22. September Wer ist die oder der schnellste im ganzen Land? Vom Stadtumland in die Stadt hinein – wer ist am schnellsten und am besten unterwegs? Mit der Bahn? Mit dem (Elektro-)Rad? Mit dem Auto? Von 16.-20. September wird in fünf Landeshauptstädten getestet. Tippen auch Sie auf der Wettbörse und gewinnen Sie eine ÖSTERREICHcard für ein ganzes Jahr freie ÖBB-Bahnmobilität. P.C.

Zur Wette und den Ergebnissen! www.mobilitaetswoche.at/wettfahrten

Fotos: Sommer • Praschl/ÖBB/Klimabündnis

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klimatipps

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Nachhaltig beschaffen – eine Orientierung für Gemeinden Die Broschüre zur nachhaltigen Beschaffung für Gemeinden ist unter Mitarbeit des Klimabündnis entstanden. Darin finden sich umfassende Informationen zu 15 Produktgruppen: von Papier- und Büromaterialen, Textilien und Reinigungsmitteln über Elektro- und IT-Geräte, alles Wissenswerte zur Organisation von Veranstaltungen als Green Events, bis hin zu klimafreundlicher Mobilität. Außerdem: alles über Stromversorgung und Straßenbeleuchtung sowie den Winterdienst.

Österreich liegt beim Ressourcenverbrauch mit 57 Kilogramm pro Person und Tag in Europa weit vorne. Die größten Importmengen betreffen vor allem Metalle und fossile Energieträger. 40 Prozent der Ressourcen entfallen auf den Konsum von Elektronik (Computer, Kameras...), oder Papierprodukten. Ein/e durchschnittliche/r KonsumentIn ersetzt das Mobiltelefon ca. alle eineinhalb Jahre. Europa benötigt daher Ressourcenimporte aus anderen Weltregionen, um das Konsumniveau aufrechtzuerhalten.

info! http://issuu.com/klimabuendnis/docs/ nachhaltige_beschaffung

Ein erster Schritt zur Lösung des Ressourcenproblems ist das Recyceln von Rohstoffen. Würde die Recyclingquote EU-weit 70 Prozent betragen, könnten innerhalb der EU bis zu 322.000 neue „green jobs“ geschaffen werden. Dazu müssten allerdings zusätzliche 115 Millionen Tonnen Glas, Papier, Plastik, Metall sowie Holz und Bioabfälle recycelt werden und nicht wie jetzt deponiert oder verbrannt werden. BRIGITTE DRABECK

INFO!

Foto: Global 2000/Friends of the Earth Europe

REdUSE – weniger ist mehr

www.reduse.org

klimathek

China & Afrika ...

Petra Navara

Was macht Herr Lin in Afrika? Eine Reportage

Edition Steinbauer, Wien 2013 200 Seiten • € 22,50 • ISBN 978-3-902494-68-9

Weniger wollen

Ressourcen schonen

Robert Skidelsky und Edward Skidelsky

Reller / Marschall / Meissner / Schmidt (Hrsgb.)

Vom Wachstumswahn zu einer Ökonomie des guten Lebens

Eine Einführung in den nachhaltigen Umgang mit Rohstoffen

Eine Kritik der Unersättlichkeit auf hohem Niveau. Dabei erwischt es sowohl Wachstums-PredigerInnen als auch uns KonsumentInnen. Wir sind viermal reicher als vor 100 Jahren und totzdem viel abhängiger von einem System, in dem manche zu viel und viele nicht genug haben. Mit sieben „Basisgütern“ wird dazu ermuntert, Wirtschaft als moralisches Handeln neu zu denken. NINA OBERBUCHER | CHRISTIAN SALMHOFER | ANDREAS STRASSER

Vielen im Klimabündnis wird die Autorin dieser ungewöhnlichen Reportage über neue Entwicklungen in Afrika bekannt sein: Sie war 20 Jahre in der Entwicklungszusammenarbeit tätig und mehr als ein Jahrzehnt Geschäftsführerin der Partnerorganisation Horizont3000, die für die Abwicklung der Klimabündnis-Projektpartnerschaft am Rio Negro verantwortlich ist. Chinas Engagement in Afrika führt in Diskussionen oft in eine Sackgasse. Von neuen Kolonialherren, rücksichtsloser Ausbeutung der Ressourcen und der gelben Gefahr ist rasch die Rede. Navara, die zur Zeit in Uganda lebt, setzt sich mit diesen Vorwürfen auseinander. In der Analyse historischer und wirtschaftspolitischer Hintergründe sieht sie die Interessen Chinas, Europas und Amerikas nun in Afrika aneinander geraten. Sie kommt dabei v.a. über persönliche Zugänge und sensible Beobachtung des Alltags zu anderen Bildern, die LeserInnen gefangen nehmen und verlocken, anders und etwas genauer hinzusehen.

Wie viel ist genug?

Der Umgang mit knapper werdenden Ressourcen ist ein hochaktuelles Thema. Die HerausgeberInnen analysieren globale Stoffkreisläufe und die Verfügbarkeit unterschiedlicher Rohstoffe interdisziplinär. Kulturgeschichtliche, ökologische, ökonomische und soziale Aspekte werden miteinbezogen, um Möglichkeiten für zukunftsfähige Denk- und Handlungsstrategien zu eröffnen.

Ressourcenstrategien

Kunstmann Verlag, München 2013 318 Seiten • € 19,95 • ISBN 978-3-88897-822-7

Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2013 256 Seiten • € 29,90 • ISBN 978-3534259144

Vom consumer zum prosumer

Richtig verschwenden ...

Unser Lebensstil ist nur auf Kosten anderer leistbar. Schon die Produktion von Alltagsgegenständen wie Handys oder Kugelschreibern wirkt sich unmittelbar auf Kinderarbeit, umkippende Gewässer und Versteppung ganzer Landstriche aus. Die AutorInnen zeigen die fatalen ökologischen, politischen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen unseres Lebensstils.

„Was Menschen produzieren, ist v.a. Müll und meistens giftig,“ sagen die Autoren, Begründer des Cradle to Cradle-Konzepts. Dessen Grundgedanke ist, Produkte so zu planen, dass sie niemals zu Müll werden, Materialien endlos wiederzuverwerten und schädliche zu eliminieren. Die Entwürfe zeigen, dass wir mehr können, als Dinge immer nur „etwas weniger schlecht und etwas weniger schädlich“ zu machen.

Armin Reller / Heike Holdinghausen

Michael Braungart / William McDonough

Warum wir unseren Lebensstil ändern müssen ...

The Upcycle: Auf dem Weg in eine neue Überflussgesellschaft

Wir konsumieren uns zu Tode

Westend Verlag, Frankfurt/Main 2013 224 Seiten • € 14,99 • ISBN 978-3-86489-049-9

Intelligente Verschwendung

Oekom Verlag, München 2013 • www.oekom.de 224 Seiten • € 17,95 • ISBN 978-3865813169


RETOUREN AN POSTFACH 555, 1080 WIEN

Fotos: Klimabündnis Steiermark, Klimabündnis Tirol, Klimabündnis NÖ, VS Hinterbrühl, Klimabündnis OÖ, Ottensheim, AWV Weiz, Otelo, Repair Café, Karin Wansch, R.U.S.Z - Reparatur und Service Zentrum, Archiv Klimabündnis Österreich.

Ressourcen schonen


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