Klimabündnis Zeitschrift 2/2012

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Verlagspostamt 1150 WIEN – P.B.B. – GZ02Z031986M

02/2012

zeitschrift von klimabündnis österreich

Nachhaltige Wege • Von Rio zum Rio Negro • Klimabündnis-Porträts Rio-Negro-Delegation in Österreich Rio 92 bis Rio+20

... S. 4 ... S. 13

Gemeinde St. Pölten Kindergarten Bunte Knöpfe Betrieb KWB

... S. 7 ... S. 10 ... S. 11


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klimaintro

Foto: Gudrun Stöger

Diese Ausgabe der Klimabündnis-Zeitschrift steht ganz im Zeichen von RIO+20. Von 20. bis 22. Juni findet in Rio de Janeiro die UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung, als Folgekonferenz des ersten „Earth Summit“ in Rio im Jahr 1992, statt. Rio, Umweltkonferenz – was hat das mit mir zu tun? Wie betrifft mich das? Viel mehr und viel direkter als Sie auf den ersten Blick vermuten würden. Das wurde mir beim Besuch unserer beiden VertreterInnen der indigenen Klimabündnis-PartnerInnen vom Rio Negro vor wenigen Wochen deutlich vor Augen geführt. Maximiliano Menezes und Camila Sobral Barra haben eindrucksvoll und aufrüttelnd geschildert, dass ihr Lebensraum im Amazonas-Regenwald immer stärker unter Druck gerät. Immer mehr Ansuchen zum Abbau von Gold, Bauxit, Nickel und anderen Rohstoffen gehen bei der brasilianischen Regierung ein. Das Klimabündnis und seine Mitglieder nehmen deshalb RIO+20 zum Anlass, Bilanz zu ziehen und aufzuzeigen, wie viele „Hausaufgaben“ auf nationaler wie auf internationaler Ebene immer noch anstehen. Das Klimabündnis organisierte, unterstützt von der ADA (Austrian Development Agency), im Vorfeld von RIO+20 die Initiative der österreichischen Umwelt- und Entwicklungsorganisationen „RIO+20 – Gerechtigkeit in einer endlichen Welt“. Bei mehr als 40 Konferenzen, Workshops und Diskussionspanels haben wir „Mut zum Wandel“ gemacht. Und auch wenn Rio weit weg ist, das Thema stieß auf großes Interesse. Auch die Klimabündnis-Gemeinden in ganz Europa haben bereits im Vorfeld der Rio-Konferenz ein Zeichen gesetzt (siehe S. 14). Bei der Internationalen Klimabündnis-Jahreskonferenz wurde eine Resolution für ein „Indigenes REDD+-Konzept“ verabschiedet. Damit sollen die Rechte indigener Völker an ihrem Lebensraum bei zukünftigen Klima-Wald-Schutzverträgen abgesichert werden. Ebenso verabschiedet wurden die „Milleniumskonsumziele“: weniger Energie- und Wasserverbrauch, Steuern auf Luxusgüter, bessere und reduzierte Arbeitszeiten. Klimaschutz bedeutet eine Anpassung unseres eigenen Lebensstils nach den Kriterien von Effizienz, Suffizienz („Genügsamkeit“) und Gerechtigkeit. Wir merken immer mehr, dass unser Konsum- und Mobilitätsverhalten zu Abholzung von Regenwald (u.a. Sojaanbau, Palmölplantagen, Rohstoffhunger) und gnadenloser Ausbeutung der (letzten) Ressourcen führt (peak oil, peak gas – peak everything!). Deshalb ist es an der Zeit innezuhalten und seinen eigenen Lebensstil nach Verschwendung, Übermäßigkeit und Konsumverhalten zu kontrollieren. Die Änderungen müssen bei uns beginnen und nicht in China, Indien oder Brasilien.

Fotos: Privat Klimabündnis NÖ

Rio+20 – die Zukunft, die wir wollen?

Neu im Klimabündnis:

Zwei neue Mitarbeiterinnen gibt es in Niederösterreich: Bianca Bauer unterstützt seit Jänner 2012 die Betreuung der Schulen und Kindergärten. Victoria Matejka ist seit Februar Projektmitarbeiterin bei den Mobilitätsprojekten Klimastaffel, Klimafit zum Radlhit und Europäische Mobilitätswoche.

Willkommen im Klimabündnis! Gemeinden:

• Niederösterreich: Alland, Ladendorf und Pyhra. • Oberösterreich: Eitzing, Lengau, Pollham und Schärding. • Tirol: Axams. Betriebe:

• Niederösterreich: Biohof Adamah (Glinzendorf), Kollar GmbH (Lilienfeld), City Center Amstetten, Rosenarcade Tulln. • Oberösterreich: Energie-Fields-Baumanag-

ment e.U. (Aurolzmünster), Evangelisches Altenheim (Bad Goisern), Gerner-Edaphos (Traiskirchen/Innkreis), Gruppenpraxis Dr. Deim Dr. Schütz OEG (Kirchschlag), Jesuiten Linz - Alter Dom und Ignatiushaus (Linz), Karl Reidinger GmbH (Eberstalzell) und Reiterhof Pelmberg Steiermark: GRÜBL Automatisie(Hellmonsödt). rungstechnik GmbH (Stubenberg), zotter Schokoladen Manufaktur GmbH (Riegersburg). Kärnten: Sonnenhof-Raderhof, Ferienhotel Alber, AH Alpengarten Hotel GmbH, Säuleck Appartement, Landhaus Fiausch, Eggerhof Gasthaus-Restaurant, Pension Rabischnig, Pension Jägerhof, Almgastwirtschaft Hochalmblick, Ferienhaus Melcher, Hotel-Restaurant Sonnenhof, Carinthia Appartements, Sportcafe und Gästehaus Kofler (alle Mallnitz).

Kindergärten und Schulen:

• Kärnten: Montessori Kindergarten „Bunte Knöpfe“ Klagenfurt • Niederösterreich: Kindergärten: !Biku

Villa St. Pölten, St. Georgen am Ybbsfelde, Zöbern. Volksschulen: VS Rabenstein, VS Rabenstein/Tradigist, Privat-VS Wolfpassing. Hauptschulen: ÖKO-FitHS Gmünd, HS Grünau-Rabenstein und HS Weitra. Neue Mittelschule: NMS Brunn/Maria Enzersdorf. Oberösterreich: Kindergärten: Ansfelden, Audorf, Freindorf, Haid I, Haid II und Haid III, Kremsdorf (alle Ansfelden). Volksschulen: VS Haid, VS Munderfing, VS Schwertberg und VS Stadl-Paura. Neue Mittelschule: NMS 2 Haid bei Ansfelden.

Viel Spaß beim Lesen! Ihr Peter Molnar

Geschäftsführer Klimabündnis Österreich Medieninhaber, Herausgeber, Verleger: Klimabündnis Österreich, Hütteldorfer Straße 63-65 / Top 9-10, A-1150 Wien, T: 015815881, E: office@klimabuendnis.at • Redaktion: Emil Benesch, Brigitte Drabeck, Friedrich Hofer, Hannes Höller, Johann Kandler, Christian Salmhofer, Anna Schwerzler, Robert Stögner, Andreas Strasser, Sonja Wöhrenschimmel • AutorInnen: Peter Czermak, Maria Hawle, Natalie Weiss • Graphik & Layout: Andreas Strasser • Anzeigen: Elfriede Hecher • Druck: aPrint, Klagenfurt, mit Druckfarben auf Basis nachwachsender Rohstoffe • Papier: Recyclingpapier aus 100% Altpapier • Erscheinungsweise: viermal jährlich • Offenlegung laut §25 Mediengesetz: Die Zeitschrift klimabündnis dient der Information aller PartnerInnen, MitarbeiterInnen der beigetretenen Gebietskörperschaften, der tragenden Organisationen, der miteingebundenen Initiativen und Gruppen sowie allgemein an den Themen Klimaschutz, Umwelt- und Entwicklungspolitik Interessierter. © Wien 2012 für alle Beiträge bei Klimabündnis Österreich.

In Österreich haben sich alle Bundesländer, über 930 Städte und Gemeinden, über 670 Betriebe und rund 310 Schulen und Bildungseinrichtungen dem Klimabündnis angeschlossen.

Covergestaltung: Andreas Strasser • Fotos: earthobservatory.naso.gov/images, Luiz, Licht-Sujet Rio+20: Lea Klement, nach einer Idee von Julia Baschinger.


klimabündnis

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Klimabündnis-Treffen

Österreichische Jahreskonferenz • Im April fand in Hall in Tirol die Jahreskonferenz von Klimabündnis Österreich statt. Im Mittelpunkt standen „intelligente“ Städte und Gemeinden, die auf nachhaltige Entwicklung mit hoher Lebensqualität setzen. Die vorgestellten Best Practice Beispiele sind in einem Tagungsband erhältlich. 8 www.klimabuendnis.at/tirol

Mehr Klimabündnis geht nicht Flüchtlingshaus der Caritas in Salzburg gedämmt.

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Foto: Isocell/Neumayr/MMV

an nehme eine KlimabündnisSchule in einer KlimabündnisGemeinde und einen Klimabündnis-Betrieb. Und man erhalte ein vorbildliches lokales Klimaschutzprojekt in einem weiteren Klimabündnis-Betrieb in einer weiteren Klimabündnis-Gemeinde. 44 SchülerInnen der Höheren land- und forstwirtschaftlichen Schule Ursprung in Elixhausen haben ihre praktische Ausbildung für eine nachhaltige Maßnahme genutzt. Sie haben den 200 m2 großen Dachboden des Caritas Flücht-

lingshauses in Salzburg gedämmt. Die dafür benötigten Materialien sponserte das Neumarkter Unternehmen Isocell. Das Flüchtlingshaus der Caritas in Salzburg ist ein Wohnhaus für Asylwerber und bietet Platz für bis zu 47 Personen. Caritas-Direktor Hans Kreuzeder und die technische Leiterin von Isocell, Gabriele Leibetseder, danken besonders den SchülerInnen und Schülern der HLFS unter Leitung von Professor Konrad Steiner, die mit hohem körperlichen Einsatz und großem Eifer bei der Sache waren. Hannes Höller

info! hlfs.ursprung.at

Foto: Markus Danner

HLFS Ursprung: eine Klimabündnis-Schule zeigt in Kooperation mit Gemeinde und Betrieben vor, was bei guter Kooperation alles machbar ist.

Klimaschutz mit nachhaltiger Beschaffung

20. OÖ Klimabündnis-Treffen • Thema beim

Oberösterreichischen Jahrestreffen in Linz Mitte Mai war klimafreundliche und faire Beschaffung. Präsentationen erfolgreicher Projekte zeigten den Stellenwert der Beschaffung für den Klimaschutz auf. Alle Vorträge und Materialien unter: 8 www.klimabuendnis.at/oberoesterreich

Internationale Jahreskonferenz • Details

zur Klimabündnis-Jahreskonfernz in St. Gallen (Schweiz) im Heftteil Klimapolitik auf Seite 14.

Die Klimaschutz-Oscars

Das Klimabündnis prämierte die besten Klimaschutzprojekte Europas mit dem Climate Star.

Foto: NLK Johann Pfeiffer

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ereits zum fünften Mal hat das Klimabündnis Europa den Climate Star an Gemeinden und kommunale Netzwerke in ganz Europa verliehen. Insgesamt wurden im Schloss Hof in Niederösterreich in vier Kategorien 20 Projekte aus neun Ländern vor den Vorhang geholt. Darunter Städte wie Bozen, Zürich oder Leipzig. Und darunter auch sechs Klimabündnis-Gemeinden und eine Region aus Österreich. In der Kategorie „bis 10.000 EinwohnerInnen“ wurden Gallneukirchen in OÖ (WeltUmweltWochen – Klimagenusswochen 2011), Großschönau in NÖ (Bauen und Energie am Sonnenplatz),

Kötschach-Mauthen in Kärnten (1. Lerngarten für erneuerbare Energien), Seeham in Salzburg (1. Biodorf Österreichs) und Wieselburg in NÖ (My bag is not plastic) vom Gastgeber, NÖ-Umweltlandesrat Stephan Pernkopf, sowie von Pirita Lindholm vom Klimabündnis-Büro in Brüssel ausgezeichnet. Schwaz in Tirol (Schwaz mobil) war in der Kategorie „bis 100.000 EinwohnerInnen“ erfolgreich, die Bucklige Welt in NÖ (E-Mobil Bucklige Welt) in der Kategorie „kommunale Netzwerke“.

Projektnachlese!

www.climate-star.org

Hannes Höller

Umweltlandesrat Stephan Pernkopf und Moderatorin Christa Kummer mit dem Climate-StarGewinner aus der Buckligen Welt, LAbg. Bgm. Franz Rennhofer (v.l.)


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klimabündnis

Blick in das FOIRN-Büro: Mit modernen Mitteln weiter zukunftsverträglich bleiben.

Die Partnerschaft im Klimabündnis inspiriert und stärkt den Rücken im Kampf gegen zerstörerische Entwicklungen und für einen zukunftsfähigen Lebensstil.

Die BotschafterInnen der Nachhaltigkeit Drei Wochen reiste die Delegation vom Rio Negro durch Österreich.

Fotos: Johann Kandler • Archiv Klimabündnis

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ie leben unsere indigenen PartnerInnen am Rio Negro? Wie wirkt sich der Klimawandel auf sie aus? Und wie könnte ein gemeinsamer zukunftsfähiger Lebensstil aussehen? Der Besuch von Camila Sobral Barra (ISA) und Maximiliano Correa Menezes (FOIRN) von unseren Partnerorganisationen am Rio Negro in Amazonien gab Antworten auf diese Fragen. Auf der dreiwöchigen Reise durch Österreich, die Slowakei und Ungarn wurden die Gäste in Klimabündnis-Gemeinden, -Betrieben und -Schulen, bei der Jahreskonferenz in Hall in Tirol genauso wie bei der ClimateStar-Gala herzlich empfangen (siehe auch Fotos auf der Heftrückseite).

Bei allen Begegnungen wurde einerseits deutlich, dass das Motto „think global, act local“ aktueller denn je ist. Andererseits aber auch wie viel die beiden Welten voneinander lernen können. „Ich war überrascht und beeindruckt von der Vielfalt der Projekte und den unterschiedlichen Lösungsansätzen. Das ist eine große Inspiration für uns“, fasste Camila Sobral ihren Eindruck von den vielfältigen Aktivitäten in Österreich zusammen.

Vorbilder beim Klimaschutz

Wie wichtig Initiativen in Europa für die Menschen in Amazonien sind, wurde durch die Berichte über die Situation am Rio Negro anschaulich. „Der Klimawandel wird für uns immer öfter spürbar. Zuletzt haben zu Jahresbeginn, zu dieser Zeit unübliche Regen-

Infos • Materialien • Vorträge

Johann Kandler, der 20 Jahre in Amazonien gelebt und die Delegation vom Rio Negro begleitet hat, kommt gerne mit beeindruckenden Bildern zu Vortrag und Diskussion in ihre Gemeinde. Fotos, Videos und Hintergrund-Materialien zur Partnerschaft mit den indigenen Völkern und den Projekten am Rio Negro finden Sie unter: 8www.vamos-actnow.eu 8www.klimabuendnis.at

Die Delegationsreise wurde finanziert durch die EU. Gefördert von der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit.

fälle, den Beginn der Anbausaison unmöglich gemacht“, erzählt Max. Dabei haben die indigenen Völker Amazoniens den Klimawandel nicht verursacht. Ganz im Gegenteil. Unsere Partner haben in ihrem Einflussbereich auf einer Fläche von knapp 1,5 mal Österreich 99,94% des Regenwaldes erhalten – und schützen durch ihre angepasste Lebensweise bis heute erfolgreich auch unser Klima. Insofern sind sie uns in Sachen Klimaschutz und Umgang mit natürlichen Ressourcen weiter voraus und ein Vorbild. Zum Glück für uns alle, wollen unsere BündnispartnerInnen am Rio Negro diesen Weg beibehalten. Dazu werden Schwerpunkte im Bildungsbereich gesetzt. In immer mehr Schulen der Region werden – neben dem brasilianischen Lehrplan – auch die eigene indigene Sprache und Kultur und das Wissen über die langfristige Nutzung des Waldes und der Flüsse für ein nachhaltiges Leben weitergegeben. „Wir wollen, dass unsere Kinder in beiden Kulturen zu Hause sind, in der indigenen und der brasilianischen. Sie sollen sich in beiden Kulturen zurechtfinden können und nicht verloren sein, wenn sie in der einen oder der anderen leben,“ erläutert Max.

Rückenwind aus Österreich

„Die ressourcenschonende, zukunftsverträgliche Lebensweise wird von der brasilianischen Regierung dennoch alles andere als unterstützt. Brasilien setzt auf Erdölbohrungen im Atlantik, auf den Ausbau eines Atomkraftwerkes bei Rio, Megastaudämme in Amazonien und


die Abänderung des Forstgesetzes (codigo florestal) zu Gunsten der Interessen der Großagrarlobby. Das Führungsgremium der FOIRN, dem ich angehöre, muss sich immer öfter mit Interessen an Schürfrechten für Bergbau in unserem Gebiet auseinandersetzen. Wir werden zur Zeit von der brasilianischen Regierung als Hindernis für den Fortschritt gesehen“, fasst Max den Stand der Dinge zusammen. In dieser Situation ist die Klimabündnis-Partnerschaft der indigenen Völker am Rio Negro mit den Gemeinden und Städten in Österreich besonders bedeutsam. Dementsprechend wurde der Besuch genutzt, um die weitere langfristige Zusammenarbeit zu bekräftigen und zu intensivieren. Wie sehr die Leistungen unserer indigenen PartnerInnen in den Klimabündnis-Gemeinden gewürdigt werden und wie sehr ihre Schilderungen aufrüttelten, zeigte die am öftesten gestellte Frage. Sie lautete: „Wie können wir helfen?“ Die Antwort von Camila und Max: „ Gegenseitig voneinander wissen und lernen sowie gemeinsame Projekte entwickeln. Und besonders naheliegend für uns: Anstrengungen verstärken, um den Druck auf die indigenen Völker Amazoniens und den Regenwald zu verringern. Und das hängt ganz eng mit dem Lebensstil, dem Konsumverhalten und den Wirtschaftsinteressen in Europa zusammen.“ Stichworte dafür: Soja als Futtermittel, Agrotreibstoffe oder die Beteiligung österreichischer Firmen an zerstörerischen Großkraftwerken wie Belo Monte. Emil Benesch

Georg Künz aus Nüziders bestaunt neue Kakaopflanzungen in San José de Palmar. Sein Aufgabengebiet ist aber die Hilfe beim Ausbau erneuerbarer Energie-Projekte.

Großartige Erfolge im Chocó Eine Petition wird ernst genommen. Und das Kakao-Projekt bringt Hoffnung für die gesamte Region.

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ichtige Fortschritte gelangen Klimabündnis Vorarlberg und seinen ProjektpartnerInnen in der Provinz Chocó in Kolumbien. Bei ihrem Besuch im Herbst anlässlich des 20-Jahr-Jubiläums von Klimabündnis Vorarlberg bat die Bürgermeisterin von San José de Palmar, Angela Escobar, ihre BündnispartnerInnen um Hilfe gegen großflächige Besprühung landwirtschaftlicher Kulturen mit Pestiziden, die angeblich nur den Coca-Anbau verhindern sollen, aber auch den wachsenden biologischen und fairen Landbau bedrohten. Die vom Vorarlberger Landtag an Kolumbiens Staatspräsidenten gerichtete Petition führte, so Escobar, zur Einstellung dieser Praktiken.

Kakao-Projekt auf Erfolgskurs

Auch ein bereits Anfang 2011 mit der Agrarbank Kolumbiens verhandeltes Abkommen konnte zu einem positiven Abschluss gebracht werden. Aufgrund der von Vorarlberger Klimabündnis-Gemeinden und dem Land übernommenen Haftung konnte die Gemeinde Investitionen von fast 400.000 Euro im Landwirtschaftssektor tätigen. Sie kommen dem Aufbau von Kakao-Pflanzungen zugute – 138 Hektar konnten neu bepflanzt werden. Auch Kredite, die für gewöhnlich nicht an Kleinbauern vergeben werden, wurden gewährt. Das bedeutet für rund 90 Familien Sicherheit – insgesamt werden so etwa 500 „legale“ Arbeitsplätze bzw. Einkommen in der Region gesichert. Das als Pilotprojekt für ganz Kolumbien angedachte Vorhaben erweckt besonderes

Interesse. So wünscht sich eine Nachbargemeinde eine Ausweitung des Projekts. Das Interesse verdankt sich – neben wirtschaftlichen – auch sozialen Auswirkungen des Projekts, das auch eine Einbindung anderer staatlicher Institutionen in das Gemeindegeschehen ermöglicht. So werden Klimabündnis-Mittel im Bildungsprojekt vom Staat verneunfacht – wodurch Aufbau und Betrieb einer Schule und eines Internats für Kinder von Kleinbauern ermöglicht werden. Bemerkenswert ist vor allem, dass auch die Militärs Interesse zeigen, da das Projekt die Kultur stärkt, die Anbauflächen für Coca geringer werden und die Gewalt insgesamt zurückgeht. Sie zeigten sich angenehm überrascht und boten auch Unterstützung und Zusammenarbeit an.

Energieprojekte im Aufbau

Seit etlichen Wochen ist der Vorarlberger Energieexperte, Georg Künz, im Chocó um bestehende Kleinwasserkraftwerke und Biogasanlagen, die von Klimabündnis Vorarlberg finanziert wurden, zu überprüfen. Zu seinen Aufgaben gehört auch eine Bestandsaufnahme für neue Wasserkraftwerke sowie für potenzielle Fotovoltaikund Warmwassersolaranlagen. Künz war neben seinem Beruf als e5-Teamleiter in Nüziders und als Mitglied der ARGE Erneuerbare Energie tätig. Den geplanten viermonatigen Aufenthalt im Chocó absolviert der engagierte Elektrotechniker und rüstige Neo-Pensionist ehrenamtlich. Andreas Strasser 8 www.klimabuendnis.at/vorarlberg

Foto: Guillermo Pino

Regenwald. Der Lebensraum unserer Partner als Thema im Unterricht.


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Auftakt zur Rio+20 Konferenz bei uns in Österreich-

Die Klimastaffel ist heuer erstmals e-mobil Premiere bei der 12. Österreich-Rundfahrt: Erstmals begleitet ein Elektroauto die Klimastaffel.

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wei Wochen lang führt die vom Lebensministerium unterstützte Klimastaffel durch 40 KlimabündnisGemeinden in Österreich. Wie immer, klimafreundlich mit Fahrrad oder Bahn und, wie immer, gemütlich in kurzen Etappen. Los geht es am 22. Juni in Wien. Der Startschuss fällt beim neu eröffneten FahrRADhaus am Friedrich-SchmidtPlatz. Eine Radtour führt durch die Klimabündnis-Bezirke in Wien und en-

det beim Karlstag am Karlsplatz. Die Klimastaffel tourt noch bis zum 4. Juli über Niederösterreich, die Seenregion in Salzburg bis in den Süden nach Osttirol, Kärnten und der Steiermark. Im Rahmen der Klimastaffel findet auch heuer wieder die Solarrally von 22.-24. Juni in Oberösterreich statt. Mitmachen werden bei der 12. Auflage der Klimastaffel auch heuer wieder GemeindevertreterInnen, Schulklassen, Vereine und Privatpersonen.

Die Klimastaffel führt zum 12. Mal durch Österreich. Mit dabei: Peter Molnar (Klimabündnis Österreich), Christian Rakos (proPellets) und Minister Niki Berlakovich (v.l.).

Foto: Klimabündnis Österreich

Die E-Auto-Premiere

Erstmals wird ein von Renault Österreich zur Verfügung gestelltes Elektroauto die Tour begleiten. „Wir machen nicht nur Werbung für klimafreundliche Mobilität, sondern stellen auch gleich unter Beweis, dass E-Fahrzeuge auch für Transportzwecke einsetzbar sind. Der Renault Kangoo Z.E. wird zudem zu 100 % mit erneuerbaren Energieträgern gespeist. Dafür sorgt eine Kooperation mit der Ökostrom AG“, so Organisatorin Michaela Hauer vom Klimabündnis.

Klimaquiz

Bei der Klimastaffel kann jeder und jede mitmachen. Bei der Klimastaffel gibt es aber auch Wissenswertes zum Klimaschutz. Beim Klimaquiz warten Fragen wie „Wie viele kg Pellets braucht man, um 1 Liter Heizöl zu ersetzen?“ Einer, der die Antwort weiß, begleitet die Klimastaffel: Christian Rakos. Er ist Geschäftsführer von proPellets Austria und seit drei Jahren Hauptsponsor der Klimastaffel. „ Klimastaffel und Pellets, das passt perfekt zusammen. Wenn von Klimaschutz die Rede ist, denken viele Menschen als erstes an Ökostrom. Tatsache ist aber, dass der Bereich, in dem wir am meisten fossile Energie verwenden, die Beheizung von Gebäuden ist. Eine Tonne Pellets bringt im Vergleich zu Gas eine Einsparung von rund einer Tonne CO2, im Vergleich zu Öl eine Einsparung von 1,3 Tonnen CO2 – ein schöner Beitrag zum Klimaschutz. Der Kostenvorteil gegenüber Heizöl extraleicht liegt derzeit bei 55 %, gegenüber Erdgas bei 47,5 %“, so Rakos. Bei ausgewählten Klimastaffel-Stationen gibt es auch heuer wieder PelletsSäcke solange der Vorrat reicht. Natalie Weiss | Hannes Höller

info!

www.klimastaffel.at www.propellets.at


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Indigener Besuch im Rathaus in St. Pölten: Christiane Barth (Klimabündnis NÖ), Ingrid Leutgeb-Born und Bgm. Matthias Stadler (beide St. Pölten) mit Maximiliano Menezes, Camila Sobral Barra und Johann Kandler (v.l.).

Foto: Wolfgang Mayer

klimakommunal

Vom Regenwald zum Klimafrüchtebaum

Niederösterreich zählt über 340 Klimabündnis-Gemeinden. Die erste ist auch die größte: die Landeshauptstadt St. Pölten. aximiliano Menezes und Camila Sobral Barra nahmen Platz und breiteten ihre Landkarte vom Rio Negro aus. Bürgermeister Matthias Stadler und die Leiterin des Referates Umweltschutz-Lebensraum, Ingrid Leutgeb-Born, lehnten sich nach vorne und hörten gespannt zu. Was hat sich in den 20 Jahren der Klimabündnis-

Partnerschaft am Rio Negro getan? Wie wirkt sich der Klimawandel aus? Und wie sieht das Bildungswesen aus? Die beiden Gäste aus Brasilien plauderten über ihren Alltag im Regenwaldgebiet am Amazonas. St. Pölten war Station der Delegationsreise unter dem Motto „RIO+20 – Gerechtigkeit in einer endlichen Welt“. Und das nicht zufällig. St. Pölten ist von Beginn weg Teil der Partnerschaft mit den Indigenen Völkern am Rio Negro. 1991 trat St. Pölten als 1. Gemeinde in Niederösterreich dem Klimabündnis bei. Seitdem hat sich viel getan.

Das Erfolgsrezept LUP

Zur Gemeinde Name: St. Pölten

Bundesland: Niederösterreich

Foto: www.St.Pölten.gv.at

Bezirk: St. Pölten Lage: Die Stadt liegt am Fluss Traisen

und befindet sich im nördlichen Alpenvorland, südlich der Wachau. Sie zählt somit zum Mostviertel. EinwohnerInnen: 52.000

Klimabündnis-Gemeinde: seit 1991 Bürgermeister: Matthias Stadler

„St. Pölten zählt mittlerweile 52.000 EinwohnerInnen. Damit das Wachstum in klimaverträglichen Bahnen verläuft, wurde ein klimaschutzoptimiertes Entwicklungskonzept erstellt. Klimaschutz und Konzepte, das gehört in St. Pölten eng zusammen: Vom Energiekonzept über das Landschaftskonzept, den Windatlas, das Radwegekonzept bis zum Buskonzept,“ so Leutgeb-Born. Sie ist seit 20 Jahren im Fachbereich Umweltschutz in der Landeshauptstadt tätig und leitet seit Jänner 2010 das Referat Umweltschutz-Lebensraum. Gleichzeitig ist sie auch Vorsitzende des Fortsetzung Seite 8

Foto: Werner Jäger

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Kurz-Interview mit Bürgermeister Matthias Stadler

Sie haben die indigene Delegation vom Rio Negro eingeladen. Was hat Sie beeindruckt? Interessant und schön ist es, aus erster Hand zu erfahren, was mit der Unterstützung aus Österreich erreicht wurde. St. Pölten ist seit 21 Jahren Klimabündnis-Gemeinde und konnte mithelfen, dass das Regenwaldgebiet langfristig gesichert wird. Und wir konnten mithelfen, dass die Lebenssituation der Indigenen verbessert werden konnte. Was können wir von den Indigenen lernen? Vor 20 Jahren ist beim Umweltgipfel in Rio der Begriff Nachhaltigkeit groß aufgekommen. Was Nachhaltigkeit bedeutet, zeigen uns unsere indigenen PartnerInnen am Rio Negro. Sie leben von und mit der Umwelt. Sie schaffen es, ihren Lebensraum gleichzeitig zu nutzen und zu erhalten. Und das bereits seit 1.000 Jahren. Wie betrifft eine Konferenz wie RIO+20 eine Stadt wie St. Pölten? Umweltgipfel wie dieser sorgen weltweit für Schlagzeilen. Das Thema erreicht so die breite Masse. Wichtig ist aber auch die Umsetzung. Genau daran arbeiten wir auf lokaler Ebene. Wir nehmen die globalen Ziele ernst und sind auf einem guten Kurs. Mit der Umsetzung unseres Energiekonzeptes wird St. Pölten die 2020-20 EU-Ziele erreichen.


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Auftakt einer Seminarreihe für klimafreundliches Einkaufen in Liezen.

klimatelegramm: News aus Ländern und Gemeinden FahrRad-Vernetzung • Seit 2008 wer-

Klimabewusst • In Liezen startete die Se-

8 www.klimabuendnis.at/oberoesterreich

8 www.klimabuendnis.at/einkaufen

minar-Reihe Einkaufen.Klima.Bewusst, die Klimabündnis Steiermark im Auftrag der Klimaschutzkoordinatorin des Landes in den Bezirken durchführt. Ziel ist es, klimabewusstes Konsumverhalten zu forcieren und dauerhafte Maßnahmen zu erarbeiten. Diskutiert wurden u. a. die Einrichtung eines Arbeitskreises sowie verstärkte Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung. Erste konkrete Maßnahme: Umstellung des Schulbuffets im BSZ Liezen auf gesunde und klimaschonende Jause!

Klimazwerge • Als erstes Bundesland

nimmt Niederösterreich KlimabündnisKindergärten flächendeckend auf. FamilienLandesrätin Barbara Schwarz und Umweltlandesrat Stephan Pernkopf starteten im April, gemeinsam mit Klimabündnis NÖ, die Klimaschutz-Offensive. 25 Klimabündnis-Kindergärten lautete das Ziel. Ein Ziel, das schneller als erwartet, erreicht werden dürfte. Der Kindergarten Zöbern ist bereits der 10. Klimabündnis-Kindergarten in Niederösterreich. Das Klimabündnis berät PädagogInnen bei der Wissensvermittlung, informiert bei Elternabenden und zeigt Umsetzungsmöglichkeiten auf. Vom Weg in den Kindergarten, über die tägliche Jause bis zum Griff an den Lichtschalter.

8 www.klimabuendnis.at/noekindergaerten

14 auf einen Streich • In der Oberkärntner Nationalpark- und Klimabündnis-Gemeinde Mallnitz – auch als „alpine pearl“ bezeichnet – konnten gemeinsam mit Landesrätin Beate Prettner Anfang Juni nicht weniger als 14 neue Gastronomie- bzw. Tourismusbetriebe als Klimabündnis-Betriebe ausgezeichnet werden. Alle wollen sich in den nächsten fünf Jahren verbessern. Bei Strom laufen die 14 Betriebe zu 53 % mit erneuerbarer Energie und bei Wärme sind es bereits 60%. 8 www.klimabuendnis.at/kaernten

Bio-Energie • I6.000 Biokisterl liefert der

Familien-Landesrätin Barbara Schwarz, Umweltlandesrat Stephan Pernkopf mit Petra Schön vom Klimabündnis NÖ.

Biohof Adamah pro Woche an 8.500 KundInnen. Darunter 120 Schulen und Kindergärten. Der Hof in Glinzendorf (NÖ) setzt auch auf erneuerbare Energie. Bei der Beitrittsfeier als 14. NÖ-Klimabündnis-Betrieb wurde bereits die 3. Photovoltaikanlage eröffnet. Wer sinnvoll investieren will, für den gibt es SonnenstromBausteine und die Sonnenstrom-Beteiligung.

8 www.klimabuendnis.at/noebetriebe

Fotos: Archiv Klimabündnis

Fotos: NLK - Reinberger • Andrea Binder/Land Oberösterreich • Archiv Klimabündnis

den Gemeinden in OÖ umfassend und kostenfrei zur Förderung des Alltagsradverkehrs beraten. Aktuell sind das 50. Die Beratung wird vom Land OÖ und Klimabündnis OÖ finanziert. Beim heurigen Vernetzungstreffen der FahrRad-Beratung konnten 22 Gemeinden mit dem BYPAD Zertifikat (Bicycle Policy Audit) ausgezeichnet werden. Das 1999 ins Leben gerufene EU-Projekt soll die Radverkehrspolitik in Gemeinden und Regionen verbessern.

Fortsetzung von Seite 7

Umweltschutzkomitees. Eine Einrichtung, die bereits 1974 installiert wurde, lange bevor das Thema Umweltschutz in den österreichischen Rechtsvorschriften Einzug gehalten hat. Interessierte BürgerInnen können in diesem Forum Kritik, Ideen, Anregungen und Wünsche einbringen und erhalten Umweltinformationen aus erster Hand. Wie aus einem Konzept und der Berücksichtigung der Bedürfnisse der Bevölkerung ein Klimaschutz-Musterprojekt wird, zeigt am besten der Stadtbus LUP. 2008 wurde das Stadtbussystem eingeführt. 23 erdgasbetriebene Busse sind umweltfreundlich auf zehn Linien unterwegs, bedienen über 350 Haltestellen und werden in kurzen Intervallen (10 Minuten in den Stadtkern) geführt. Bereits im ersten Jahr nutzten 3,5 Millionen Fahrgäste dieses Angebot – die Fahrgastzahl konnte um 41 % gesteigert werden. Sanfte Mobilität wurde durch die Erweiterung der Fußgängerzone auf insgesamt über 21.000 m2, 26 Tempo-30-Zonen, die Öffnung von Einbahnen und Fußgängerzonen für RadlerInnen, 177 km Radwege, Leihradl nextbike-Standorte sowie ein Anrufsammeltaxi am Wochenende kontinuierlich umgesetzt. St. Pölten ist auch fixer Bestandteil der vom Klimabündnis organisierten Mobilitätswoche. Im vergangenen Jahr wurde diese mit dem RadTag am Rathausplatz eröffnet. Angeführt wurde die mittlerweile zur

Fotos: Werner Mayer • Werner Jäger

Munderfing – eine von 22 Gemeinden, die eine BYPAD Auszeichnung erhielten.


Fotos: Gemeinde St. Pölten

klimakommunal

Tradition gewordene Radtour durch die Stadt von Bürgermeister Stadler. Mit dem Rad oder mit dem Bus können seit vergangenem Jahr die „grünen Adern“ – die Grünzüge der Stadt erreicht werden. „Stadtwandern mit dem LUP“ heißt das neue Angebot. Aber auch der Bereich Energie hat in St. Pölten einiges zu bieten. Und das, obwohl eines der größten KlimaschutzProjekte vergraben ist. Mit 31 Kilometern wurde die längste Fernwärmeleitung Österreichs gebaut. Rund 6.000 KundInnen in 950 Gebäuden werden mit Abwärme aus dem Heizkraftwerk der EVN in Zwentendorf- Dürnrohr versorgt. 21 Millionen Kubikmeter Erdgas sowie 40.000 Tonnen CO2 werden so

jährlich eingespart. Das Klimabündnis verlieh dafür 2009 den europäischen Klimaschutzpreis Climate Star. Forciert wird auch die Nutzung von Windenergie. 15 Windräder hat St. Pölten bereits. Vier neue Windräder sind geplant. Bürgermeister Stadler: „Wenn wir diese Anlagen dazubekommen, könnten wir 65 % des Energiebedarfs durch Windkraft abdecken.“

17. St. Pöltner Umweltpreis

Auch die Kinder werden frühzeitig mit dem Thema Klimaschutz vertraut gemacht. Seit 1994 gibt es den Um-

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welttag, seit 1996 den Umweltpreis für Schulklassen: Am 2. Juni fand die Preisverleihung für die St. Pöltener Umweltpreise 2012 zum 17. Mal statt. Beim Umwelttag, ebenso wie bei anderen öffentlichen Veranstaltungen, sind fair gehandelte oder regionale Produkte selbstverständlich. Fairen Kaffee und fairen Orangensaft genossen übrigens auch die beiden Gäste aus Brasilien. Und zum Abschluss ihres Besuches präsentierten ihnen Bürgermeister Stadler und die Leiterin des Umweltreferates, Leutgeb-Born, noch einen ganz speziellen Baum: den Klimafrüchtebaum. Er steht im Innenhof des Rathauses und auf seinen aus Holz gefertigten Früchten sind die größten Klimaschutzprojekte der Stadt angeführt. Hannes Höller

Info! www.st.pölten.gv.at

Klima-Porträt

Julia Baschinger, Klimabündnis Österreich

ist seit September 2010 beim Klimabündnis. Die geborene Oberösterreicherin absolvierte den Kunst-Zweig des Bundesoberstufenrealgymnasiums Linz. Danach folgte ein freiwilliges Umweltjahr beim Klimabündnis und ein Praktikum bei der Jugend Umwelt Plattform JUMP. Julia Baschinger ist bei Klimabündnis Österreich für die Projektkoordination Rio+20 zuständig.

Fotos: privat, Katharina Schiffl

Was erwartest du dir persönlich von der Neuauflage des Rio-Gipfels? Ich erwarte mir eine Bewusstseinsänderung und verpflichtende Auflagen bzw. Forderungen für die nächsten Jahre. Immerhin ist der Umweltschutz ein Thema, das jede(n) betrifft. Daran sollten sich die Entscheidungsträger erinnern und Lösungen finden, bei denen unsere Erde nicht systematisch kaputt gewirtschaftet wird. Wie wichtig ist den Jugendlichen der Umwelt- bzw. Klimaschutz? Beim Jugend-Forum Rio+20, bei dem Jugendliche aus ganz Österreich ein Jugend Positionspapier verfassten, wurde deutlich, dass dieses Thema uns sehr wohl ein großes Anliegen ist. Es wurde viel diskutiert, welche Wege und Möglichkeiten es in der Zukunft geben kann, die sowohl die sozialen als auch die ökologisch fairen Standards garantieren. Jede(r) dieser 60 Jugendlichen war in seinem/ihrem persönlichen Denken so weit, zu erkennen dass es so nicht weitergehen kann und es jetzt konkreten Handelns und nicht noch weiterer Gespräche bedarf.

Julia Baschinger bei der Pressekonferenz zum Auftakt für Rio+20 Was macht dir bei deiner Arbeit besondere Freude? Was nicht? Bei einer NGO zu arbeiten hat einen großen Nachteil: Ergebnisse erreicht man nicht von heute auf morgen. Es erfordert Zeit, Geduld und Engagement. Genau das macht die Arbeit aber auch spannend. Ich kann mich gründlich mit einem Thema auseinandersetzen und mit KollegInnen daran arbeiten, dass es in Zukunft als selbstverständlich gelten wird, einen nachhaltigen Lebensstil anzustreben. Was machst du selbst für Umwelt- und Klimaschutz? Wer was ändern will, muss zuerst seinen Lebensstil reflektieren. Ich kaufe nur mehr Secondhand-Kleidung, esse kein Fleisch, spare Strom, bin fast nur mit Öffis unterwegs und vermeide jeglichen Plastikmüll. Was hat für dich höchste Priorität, was ist am wichtigsten? Das Bewusst-Machen, in welchem Wohlstand wir leben und wie schonungslos wir die Erde ausbeuten und Ressourcen verschwenden. A.S.

kontakt! julia.baschinger@klimabuendnis.at


klimabündnis

Die kleinen Forscherinnen in der Energie-Ecke: Wie kriegt man Strom aus der Batterie, wie kommt er überhaupt hinein? Und wenn sie leer ist, was dann?

Das Energie-Reich der Kinder Fotos: Montessori-Kindergarten

Im Klagenfurter Montessori-Kindergarten wird das Thema Energie für die Kleinen groß geschrieben.

K

inder durch die bloße Aufforderung „Strom sparen!“ zu Klimaschützern machen zu wollen, funktioniert nicht. Frühe Lernprozesse zum Thema ENERGIE zu fördern bedeutet um Vieles mehr, denn in der frühen Kindheit geht es immer um Lernen aus eigenen Erfahrungen. Im Klagenfurter Montessorikindergarten „Bunte Knöpfe“ knöpfen sich die Kinder das Thema ENERGIE in all seinen Facetten vor. Sie sind dabei, wenn es eine Eisblockwette gibt, sie kochen mit dem Solargriller, sie lassen sich das Weltklima vom Kasperl erklären. Sie besuchen mit der Bahn zu jeder

Jahreszeit einen Biobauer oder fahren zum Bioboten, der ihnen die tägliche Jause in den Kindergarten bringt. Einmal in der Woche bereiten sie das Essen selbst zu. Im Garten wird ein Hochbeet gebaut und bepflanzt. Außerdem gehen die Kleinen regelmäßig in den Wald – um Müll zu sammeln oder einfach Materialien zum Spielen. Auch die Eltern werden eingebunden und lernen am „Naturwissenschaftlichen Aktionstag“, wie man wie man aus Wasserrädern Strom erzeugen kann oder wie Solarautos funktionieren. Sie erforschen, wie viel Wasser in Gemüse steckt. In ihrer eigenen Forscher-Ecke

Klimafee und -kasperl

Großer Bahnhof für die Kleinen auf der Fahrt zum Biobauer. dürfen sie zu Themen wie Sonne, Wind oder Mobilität experimentieren. Die Kleinen erkunden ihre Umwelt mit großer Neugier: Wieso geht Eis auf Wasser nicht unter? Wie funktioniert eine Glühbirne? Warum brennt eine Kerze? In keinem anderen Alter sind Kinder an Phänomenen ihrer Umwelt so interessiert wie im Alter zwischen Vier und Sieben. Christian Salmhofer

info!

www.klimabuendnis.at/schulen

Montessorikindergarten „Bunte Knöpfe“

Lakeside B10A, 9020 Klagenfurt • Mitglied seit: 2012 Klimabündnis-Koordinatorin: Margit Motschiunig www.klagenfurt.at • kg.bunteknoepfe@klagenfurt.at

Klimapuppen

Die Klimafee Lila bittet den Kasperl um Hilfe. Das Ulmendorf ist verschmutzt und niemand weiß warum. Der Kasperl macht sich sofort auf den Weg. Gemeinsam mit Klimafee Lila und dem Schmetterling geht er der Ursache auf den Grund. Lautstarke Unterstützung erhalten diese von den Klimazwergen. Und das sind bei den Aufführungen des Puppentheaters „Kasperl und die Klimafee“ die Kinder der Kindergärten. Im Anschluss an das vom Lebensministerium geförderte Stück findet ein Workshop statt, bei dem die Inhalte des Puppentheaters nochmals mit den Kindern auf spielerische Weise aufbereitet werden. Ingrid Leidenfrost, Stefan Ratheiser, Eva Schaumberger und Hansi Schaumberger touren in Zweierteams durch ganz Österreich – und das natürlich mit klimafreundlichen Verkehrsmitteln. Maria Hawle

Andreas Ulbrich gehört zur Oberliga der Puppenspieler. In Zeiten moderner Medien zeigt er, wie sich der Klimawandel mit der Kunst des Puppenspiels darstellen lässt. Die Kinder fiebern in seiner Klimashow im wahrsten Sinne des Wortes mit. Auch Erwachsene werden in den Bann von Ingenieur und Klimaschützer Klimanski gezogen, der sich gegen Erzfeind Petroli, den Ölmagnaten erst mal durchsetzen muss. Denn dieser versucht gemeinsam mit dem Klimatod alles zu verhindern ist, was das Klima schützt. Seit 2011 gibt es zu „Klimanski schützt das Weltklima!“ auch eine Kindergarten-Version.

INFO! www.klimabuendnis.at/kindergarten -> Aktivitäten

INFO! www.puppenspieler.at • www.klimashow.at

christian Salmhofer

Fotos: Dominik Simm • Klimabündnis Österreich • www.puppenspieler.at

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klimakommunal

Zum Betrieb KWB-Geschäftsführer Erwin Stubenschrott setzt auf Innovationen: Bereits 2003 ging das Kompetenzzentrum in Betrieb.

Schaugarten & Gemeinwohl 1994 startete KWB als kleines VierMann-Unternehmen. Heute beschäftigt „KWB Die Biomasseheizung“ 220 MitarbeiterInnen am Standort St. Margarethen/Raab in der Oststeiermark und weitere 135 Mitarbeitende in vier Tochtergesellschaften. Vom Einfamilienhaus bis zur Wohnanlage werden mittlerweile 60.000 KundInnen europaweit mit Wärme versorgt. KWB setzt auf hausgemachte Innovationen. 2003 wurde ein Kompetenzzentrum gebaut, 2006 das größte private Forschungs- und Entwicklungszentrum für Biomasse in Europa. Im Juli wird Europas größter Energie-

Schaugarten eröffnet. Auf 22.000 m2 in 30 Parzellen werden Alternativen zur herkömmlichen Landwirtschaft aufgezeigt: Misch- statt Monokultur, Agrofrost (Energiehölzer werden mit Getreidesorten kombiniert und im Fruchtfolgeanbau gepflanzt) und seltene Energiegräser. Untersucht wird die Wirkung auf die Bodenstruktur und den Humusgehalt. Auch abseits des Schaugartens setzt KWB auf erneuerbare Energien. Zwei Elektroautos wurden heuer angeschafft, eine Solartankstelle eingerichtet und eine zweite Photovoltaikanlage (10 kWp) geht in Kürze in Betrieb.

Foto: Archiv Klimabündnis

Foto: KWB • Kunztfoto

Der Klimabündnis-Betrieb KWB steht für Kraft und Wärme – aber auch für Forschung, Vielfalt und Gemeinwohl.

Das mitgebrachte Federballspiel muss mit den neuen Freunden gleich ausprobiert werden.

Name: KWB Die Biomasseheizung Inhaber: S. Jantscher, E. Stubenschrott Bundesland: Steiermark Standort: St. Margarethen a. d. Raab Gründung: 1994 Klimabündnis-Betrieb: seit 2002

Gemeinwohl-Ökonomie

„Wir geben Energie fürs Leben“, lautet die Vision von KWB. Eine Vision, die der Geschäftsführer und überzeugte Biobauer, Erwin Stubenschrott, von Beginn an geprägt und gelebt hat. Gemeinwohl-Ökonomie würde man heute dazu sagen. Und genau zu diesem Thema organisierte KWB deshalb auch eine Veranstaltung für UnternehmerInnen. „ Mit der Gemeinwohl-Bilanz wird die finanzielle Erfolgsmessung umgestellt auf die Messung dessen, was wirklich zählt. Und das sind Werte wie Menschenwürde, soziale Gerechtigkeit, Solidarität, ökologische Nachhaltigkeit und demokratische Mitbestimmung”, so Stubenschrott. Hannes Höller

info! www.kwb.at

Der Solar-Euro für den Regenwald Aus Besuch am Rio Negro enstand dauerhafte Partnerschaft

Markus Gregorič war 2001 als Gemeinderat und Umweltausschussobmann der Kärntner Klimabündnis-Gemeinde Globasnitz/Globasnica Teilnehmer der österreichischen Rio Negro-Delegation. Der Eindruck von der Begegnung mit den Regenwald-IndianerInnen mündete in nachhaltiges, partnerschaftliches Engagement: Der seit 2005 als selbständiger Solarteur Tätige legt pro Quadratmeter installierter Solarkollektor- oder Photovoltaik-Fläche einen Euro für die indigenen PartnerInnen auf die Seite. Im Vorjahr kamen so durch den Ein-MannKlimabündnis-Betrieb über 400 Euro zusammen. „Manche Probleme der indianischen Minderheit erinnerten mich damals an eigene Erfahrungen als Kärntner Slowene. Das traditionelle Wissen der Indigenen ist Grundlage für eine nachhaltige Nutzung des Regenwaldes. Es kann uns dabei helfen, unser eigenes Öko- und Sozialsystem besser zu verstehen,“ sagt Gregorič. Andreas Strasser

INFO! www.solarmark.at

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klimanews

1992

2010

„Europa bei Nacht“ im Jahr von Rio 1992 und vor Rio 2012 „Europa bei Nacht“ ist eine indirekte Veranschaulichung der Hauptquellen des Treibhausgases CO2. Deutlich erkennt man die Verstärkung der Lichtemissionen zwischen 1992 und 2010. Die

Stadt- und Industriezentren Europas sind besonders leuchtstark. Zugleich sind die starken Lichtquellen wie London, Paris oder Rom auch die Zentren eines immensen Energieverbrauchs.

Besonders auffällig ist, welchen dunklen Kontrast der weniger dicht besiedelte Alpenraum zur hochindustrialisierten Poebene in Italien oder anderen Regionen bildet. Christian Salmhofer

info! earthobservatory.nasa.gov

Abb.: http://esamultimedia.esa.int/ images/ imageoftheweek/ Europe-1992-2010-compare-subset_H

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klima & wetter • News aus den Archiven

Im Hintergrund jenes NOAA-Observatorium, das die Rekordwerte im April gemessen hat.

Foto & Grafik: www.noaa.gov • montage a.s.

Rekord-CO2-Werte • Lange herrschten

auf der Erde konstante Verhältnisse: Auf eine Million Luftteilchen kamen 280 CO2Moleküle (280 ppm). Mit der Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts stieg der Anteil stetig. Nun melden Forscher von NOAA, der amerikanischen Wetterbehörde, in der Arktis, erstmals das Durchbrechen der magischen Grenze von 400 ppm für den Zeitraum eines Monats. Vergleichbare Messungen gab es zuletzt kurzzeitig

auch in Alaska, Finnland, Island, Norwegen und im Nordpazifik. Mitte der 1960er Jahre machte der Zuwachs noch 0,7 ppm pro Jahr aus. Mitte der 1980er wurde die 350 ppm-Marke überschritten. Mittlerweile beträgt der Zuwachs 2 bis 3 CO2-Moleküle pro einer Million Luftteilchen im Jahr. Wir Menschen haben den CO2-Anteil in der Atmosphäre bisher um 40 Prozent erhöht. Treibhausgase sind wichtig für den Wärmehaushalt der Erde – ein zu geringer Anteil hätte ein Sinken der Temperaturen auf eiszeitliches Niveau zur Folge. Unser Problem ist das Gegenteil: Nach Angaben der UNEP stieg die Durchschnittstemperatur in den letzten 130 Jahren um 0,8 °Celsius. Die vom NOAA-Messnetz für den Norden festgestellten Werte würden nach ExpertInnen bald global zu messen sein und das bedeutet wieder einen Schritt näher an der 2 °C-Grenze, ab der das Klimasystem kippen soll. Als oberste Grenze gilt ein Wert von 450 ppm – bei der Geschwindigkeit des Anstiegs wahrscheinlich nicht lange zu halten: 1992 waren es 360 ppm, 2010 bereits 393. 8 www.noaa.gov

Frühlings-Bilanz 2012 • national: Der Frühling 2012 mit den

Monaten März, April und Mai war der siebent wärmste seit Messbeginn 1767. Im April war es wegen einer kräftigen Südströmung, die Saharaluft zu uns brachte, um 1,3 °Celsius wärmer als im langjährigen Mittel. In Waidhofen/Ybbs wurde am 28. April mit 32 ° ein neuer Aprilhöchstwert erzielt. In der zweiten Maihälfte registrierten viele Mess-Stationen die bisher tiefsten, jemals gemessenen Werte. Dennoch war der Mai insgesamt um 1,2 ° wärmer als das Mittel der Klimaperiode 1970 bis 2000. 8 www.zamg.ac.at

• global: Der Monat April war seit Beginn der globalen Buchführung im Jahr 1880 der bisher fünftwärmste. Mit einer Durchschnittstemperatur von 14,35 °C war es der 36. April und der insgesamt 326. Monat, der über dem Mittel des 20. Jahrhunderts lag. Der letzte April mit unterdurchschnittlichen Temperaturen war 1976 – der letzte Monat mit einer unterdurchschnittlichen Temperatur war der Februar 1985. 8www.ncdc.noaa.gov/cmb-faq/anomalies Christian Salmhofer | Andreas Strasser


klimapolitik

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Rio+20: Neustart für die Nachhaltigkeit?

Foto: © Parlamentsdirektion

Du warst 1992 als NGO-Vertreterin mit der österreichischen Regierungsdelegation beim Gipfel in Rio. Wie war die Stimmung? Zunächst großartig, da erstmals umwelt- und entwicklungspolitische Fragen in ihrem Bezug zueinander auf der Tagesordnung standen und zudem erstmals auch NGOs in den offiziellen Vorbereitungsprozess der Konferenz eingebunden und in manchen Regierungsdelegationen auch aktiv vertreten waren. In dieser Phase fand eine globale Vernetzung unterschiedlichster Organisationen statt. Ich war damals für den ÖIE (jetzt Südwind) Ko-Vorsitzende eines Netzwerks nördlicher NGOs. Auch in der österreichischen Regierungsdelegation waren damals das erste Mal NGOs mit dabei – neben dem ÖIE, Global 2000 und die Gesellschaft für bedrohte Völker. Allerdings mischte sich in die anfängliche Aufbruchsstimmung auch rasch Skepsis und später Ernüchterung.

Zur Person

Brigid Weinzinger war 1992 als Vertreterin von ANPED (Alliance of Northern Peoples on Environment and Developement) mit der österreichischen Regierungs-Delegation in Rio. Die gelernte Dolmetscherin war Kampagnen-Koordinatorin des ÖIE und trug als solche federführend zum Start und Aufbau des Klimabündnisses in Österreich bei. Weinzinger war danach Bundessprecherin von Global 2000, NÖ.-Landtagsabgeordnete und Nationalratsabgeordnete für die Grünen. Sie arbeitet heute selbständig im Consultung und bei www.denktier.at

Dennoch gab es Schritte nach vorne ... Als Erfolge der Rio-Konferenz sind sicher die Biodiversitätskonvention und die Klima-Rahmenkonvention zu nennen. Und das zu einem Zeitpunkt, wo die USA durch die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen ziemlich blockiert waren und eine eher wenig konstruktive Rolle in den Verhandlungen spielten. Was sie später von Klimagipfel zu Klimagipfel als „Bremser“, auch ohne Wahlen, immer wieder bewiesen. Beim Blick zurück, was hat sich bewegt seit 1992? In manchen Bereichen gab es Fortschritte. In einigen zeigte sich, dass Klimaschutz auch ein Geschäft sein kann – mit allen Vor- und Nachteilen. In manchen ging nichts voran, in anderen gibt‘s fatale Entwicklungen. Im Bereich der Landwirtschaft wäre viel mehr möglich, wenn natürlich Gewachsenes und kleinere Strukturen nicht so aus dem Blickfeld geraten wären, wertvolle Flächen nicht der Spekulation oder dem Energiehunger zum Opfer fielen, Tierschutz- und Tierrechte ein anderes Gewicht bekämen. Eine Änderung in der Tierhaltung ist auch ein Beitrag zum Klimaschutz. Insgesamt geht der ganze Prozess schleppend langsam. Viele Themen wurden mit Rio einfach abgehakt und erst gar nicht in die Umsetzungspläne aufgenommen. Man denke nur an viele Punkte in der Agenda 21. Was erwartest du von der Neuauflage, vom Neustart 20 Jahre später? Die Rio-Konferenz war damals ein Riesenereignis, das trotz allem Wirbel und

aller Erwartungshaltungen bei weitem nicht die gewünschten Resultate brachte. Ich glaube nicht, dass nun 20 Jahre später Großartiges passieren wird. Entwürfe deuten eher auf eine Verwässerungsstrategie hin, den Wunsch, Vereinbartes zu entschärfen. Und die globale „Krise“ rechtfertigt möglicherweise andere Prioritäten. Wichtige Forderungen von Staaten, NGOs und ExpertInnen bleiben in der Warteschleife – in Wirklichkeit kann man etwas pessimistisch ausgedrückt nur hoffen, dass zumindest die UN-Gepflogenheit, nicht mehr hinter einmal vereinbarte Formulierungen zurückzuweichen, eingehalten wird. Deine Empfehlung für das Klimabündnis und seine Partner in Sachen Rio+20? Die Stärke des Klimabündnis ist sicher, ganz konkrete Umsetzungsschritte zum Klimaschutz vor Ort – also in Österreich und im Regenwald – durchzusetzen. Dass das Bündnis so groß wird und eine so erfolgreiche Entwicklung macht, auch in der erfolgreichen Kooperation mit den indigenen Völkern, hätte 1992 wohl niemand gedacht. Allerdings wurden die Reduktionsziele, die ja für 2010 angepeilt wurden, meilenweit verfehlt. Auf den Schwung von damals und die positive PR durch das Klimabündnis folgen nun die Mühen der Ebenen. Die zu bewältigen und nicht nachzulassen, halte ich für wichtiger und relevanter als den Rio +20-Prozess selber.

Info!

www.uncsd2012.org www.rioplus20.at

Collage: a.strasser • Quellen: earthobservatory.nasa.gov, UNEP-Sujet green economy, Ignatius Wooster, restart_icon

Brigid Weinzinger im klimabündnis klimabündni-Gespräch mit Andreas Strasser


Roberto Espinoza, Diego Escobar (beide COICA) und Camille Gira (Bürgermeister der Gemeinde Beckerich und Vorstandsmitglied) bei der Jahreskonferenz in St. Gallen

Klimabündnis-Resolutionen • Bei der Internationalen Klimabündnis-Jahreskonferenz in St. Gallen wurden Milleniumskonsumziele und ein REDD+-Konzept verabschiedet. „Weg vom Wachstum“ lautete das Motto der Jahreskonferenz des Klimabündnis Europa. Zwei Resolutionen in diese Richtung wurden beschlossen. Da wären zum einen die Milleniumskonsumziele (weniger Energie- und Wasserverbrauch, Steuern auf Luxusgüter, bessere und reduzierte Arbeitszeiten). Die europäischen Regierungen wurden aufgerufen, diese Ziele in die nationalen Strategien für das Abschlussdokument von Rio+20 aufzunehmen und sich verbindlich zur Reduktion des Ressourcenkonsums zu verpflichten. Die zweite Resolution wurde von der indigenen Partnerorganisation COICA eingebracht. Mit dem „Indigenen REDD+Konzept“ soll das Aufweichen der Landrechte aufgrund von internationalen Klimaverträgen verhindert werden. In fünf Ländern des Amazonasgebietes soll das Funktionieren von Regenwaldschutz durch Klimaverträge untersucht werden, bevor es zu einem globalen REDD-AbHannes Höller kommen kommt. 8 www.klimabündnis.org UN-Klimakonferenz in Bonn • Ein Schritt

vor, zwei Schritte zurück – so die ernüchternde Bilanz der Vorbereitungen für den nächsten großen Klimagipfel im Dezember in Doha (Katar). Dabei war in Durban Ende 2011 alles klar gewesen: Man hatte sich darauf geeinigt, bis 2015 ein Abkommen zu schließen, das ab 2020 – anders als beim Kioto-Protokoll, das nicht von allen ratifiziert wurde – alle Länder umfasst und zu Treibhausgas-Reduktionen verpflichtet. Doch viele wollen nun nichts davon wissen und nicht nur hinter die Vereinbarungen von Durban, sondern noch weiter zurück: Wenn Kanada, Russland und Japan sich wie angekündigt Ende 2012 vom Kioto-Protokoll verabschieden, stehen die Chancen, nötige Emissionsreduktionen für das Halten des 2 °C-Limits bei der Erwärmung zu erAndreas Strasser reichen, eher schlecht. 8 www.germanwatch.org

Foto: Dr. H. Nosko

Foto: Climate Allince

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Am 16. September findet der 1. Österreichische Regionalbahntag statt – als Auftakt zur Europäischen Mobilitätswoche.

Regionalbahn & Flächenbahn Die Regionalbahnen der Zukunft sind die Zukunft der Bahn 1990 wurde die Vinschgerbahn in Südtirol aufgrund mangelnder Attraktivität und Fahrgastfrequenz stillgelegt. Zehn Jahre später ging sie in den Besitz des Landes über. Es wurde saniert, investiert und 14 Jahre nach Stilllegung wiedereröffnet. Seit dem gilt die Vinschgerbahn als der Prototyp des Erfolgsbeispiels der Attraktivierung von Regionalbahnen mit Fahrgaststeigerungen von einer Million Fahrgäste (bei Busbetrieb) auf drei Mio. pro Jahr. Von diesen Verhältnissen können die Südburgenländer nur träumen. Am 1.8.2011 wurde der Personenverkehr auf der Bahnstrecke nach Oberwart eingestellt. Auch im Güterverkehr droht nun eine ähnliche Entwicklung - die Region ist in einer Abwärtsspirale und verliert weiter an Attraktivität für Unternehmen und BewohnerInnen. Im Tourismus fehlen attraktive Verkehrsangebote, vor allem auch in Kombination mit ÖV+Rad. PendlerInnen haben mit höheren Buskosten zu rechnen und

stehen vor der Wiener Stadteinfahrt im Autostau. Eine Bahnverbindung nach Ungarn, Richtung Wachstumsregion Szombathely, rückt in weite Ferne. Doch auch in Österreich gibt es Beispiele erfolgreicher Bahnattraktivierung, etwa mit der Übernahme und Attraktivierung der Pinzgauer Lokalbahn durch das Land Salzburg, wo die Fahrgastzahlen seitdem mehr als verdoppelt wurden. Auch die Einführung von S-Bahnsystemen in der Steiermark, in Kärnten und Tirol brachten einen deutlichen Attraktivitätsschub und durchwegs Fahrgaststeigerungen. Und all dies hilft dem Klima, ist doch der CO2-Ausstoß von einem S-Bahnfahrgast 90% geringer als von einem/einer AutofahrerIn. Bei der Tagung „Regionalbahn und Flächenbahn – ein Netzwerk, das bewegt“ am 13.9. in Bürmoos werden vom Klimabündnis gemeinsam mit der Salzburger Lokalbahn Good-PracticeBeispiele der Regionalbahn-Attraktivierung (u.a. Vinschgerbahn) vorgestellt und die Voraussetzungen der Regionalisierung von Bahnleistungen diskutiert. Peter Czermak

INFO!

www.mobilitaetswoche.at

Einladung zum Regionalbahntag am 16. September • Im Rahmen der Europäischen Mobilitätswoche 16. bis 22.9.12 wird vom Klimabündnis mit Unterstützung des Lebensministeriums am Sonntag, 16.9. der Österreichische Regionalbahntag ausgerufen, um die Leistungen der Regionalbahnen vor den Vorhang zu stellen. Gemeinden, Regionen, Regionalbahnbetreiber, Fahrgast-Initiativen sind eingeladen, lokale Aktivitäten bei Bahnhöfen und Regionalbahnen zu setzen. Die mögliche Aktions-Palette reicht von Sonderfahrten, Bahnhofsfesten, Dankesaktionen für Fahrgäste, Einbeziehung der Bahn in Rätselralleys, Straßenmalaktionen am Bahnhofsvorplatz u.a.m. Das Klimabündnis unterstützt die Aktivitäten mit Aktionsvorschlägen und Mobilitätswochen-Materialien (Infomaterial, Giveaways) 8 www.regionalbahntag.at


klimatipps

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Apfel, Kirsche oder doch lieber heiß? Wie ein Architekt aus Oberösterreich die Lösung für gesünderes Trinken und weniger Müll fand.

D

ie Idee ins Rollen gebracht hat die Tochter im Frühling 2011. Sie erzählte ihrer Familie vom Müllproblem, das der Getränkeautomat in ihrer Schule mit sich brachte. Der Vater, Architekt Günther Vrecun aus Bad Schallerbach, überlegte daraufhin, wie man Verpackungsmüll vermeiden und gesündere Getränke anbieten könnte. Seit September 2011 versorgt die „nature box“ 34 Betriebe und Schulen mit ihren Bio-Saftkonzentraten und Heißgetränken im eigenen Automaten. Auch Kaffee und Heiße Schokolade sind biologisch und Fairtrade-zertifiziert. Und man

sei bestrebt, sich stärker regional auszurichten und nur saisontypische heimische Früchte zu verwenden, heißt es. Abgefüllt werden die Säfte aus der nature box in kompostierbare Becher aus Maisstärke bzw. Hartpapier oder in Aluflaschen der Schweizer Firma SIGG. Vrecun hat die Automaten für diese Flasche adaptiert, „weil sie langlebig ist und die Getränke unverfälscht aufbewahrt“. Die Resonanz auf die Säfte ist sehr gut und auch das System mit den Trinkflaschen läuft erfolgreich, obwohl es mancherorts noch Aufklärungsarbeit bedarf, warum biofaire Getränke Sinn machen. Sonja Wöhrenschimmel

INFO!

www.naturebox.at

klimathek Alpen-Vision

Die Internationale Alpenschutzorganisation CIPRA entwirft in ihrem Jahresbericht 2011 die Vision klimaneutraler Alpen. Das ist keine Absage an globales Denken – damit soll die Notwendigkeit einer neuen Umwelt- und Ressourcenpolitik aufgezeigt werden. Im Projekt „My Clime-mate“ engagieren sich auch Jugendliche aus fünf Alpennationen.

Zur Lage 2012

CIPRA International

Klimaneutrale Alpen. Jahresbericht 2011

Living Planet

Der neue Mitte Mai von der Internationalen Raumstation ISS aus präsentierte Bericht des WWF warnt vor dem Raubbau, den wir an unserem Planeten betreiben. Derzeit brauchen wir einen halben Planeten mehr als wir zur Verfügung haben. Hochgerechnet werden es 2030 zwei Planeten sein. Und bei Beibehaltung der Ausbeutung und Verschwendung wären es bis zum Jahr 2050 sogar drei. WWF

Living Planet Report 2012

Biodiversity, biocapacity and better choices

download: www.wwf.at/de/living-planet-report-2012

Nina Oberbucher | Christian Salmhofer | Andreas Strasser

Schaan 2012 | 11 Seiten | download: www.cipra.org/de

Der neue Bericht des Worldwatch Institute nimmt die UN-Konferenz in Rio zum Anlass, Ideen und Visionen zu präsentieren. Dazu gehören u. a. eine nachhaltige Verkehrs- und Stadtentwicklung, eine zukunftsfähige Form der Energieerzeugung, eine menschengerechte Unternehmenskultur oder eine Landwirtschaft, die gesunde Lebensmittel für alle produziert. Worldwatch Institute (Hg.)

Zur Lage 2052

Randers, Co-Autor des ersten Berichts an den Club of Rome „Die Grenzen des Wachstums“ (1972), erstellte nach den updates 1992 und 2004, gestützt auf Prognosen führender WissenschafterInnen, ein Szenario für die nächsten 40 Jahre. Trotz überwiegend düsterer Prognosen glaubt er nicht an einen Kollaps, denn ein Anpassungsprozess an die Grenzen unseres Planeten habe bereits begonnen. Jorgen Randers

Zur Lage der Welt 2012. Rio 2012 und die

2052. Der neue Bericht an den Club of Rome

Eichborn Verlag, Köln 2012 286 Seiten • € 19,99 • ISBN 978-3865812902

oekom Verlag, München 2012 • www.oekom.de 448 Seiten • € 24,95 • ISBN 978-3-86581-398-5

Architektur einer weltweiten grünen Politik

Klimabewusst Konsumieren

Schockiert über die Folgen, die gigantische Plastikberge auf unsere Umwelt und Gesundheit haben, beschloss die Steirerin mit ihrer Familie, einen Monat ohne Plastik zu leben. Ein undogmatisch unterhaltsames Buch. Die Botschaft: Jede/jeder kann im Kleinen die Welt verbessern! Aus einem Monat Selbstversuch wurden mittlerweile zwei Jahre. Sandra Krautwaschl

Eine globale Prognose für die nächsten 40 Jahre

UNEP-Bilanz zum Stand der Dinge

Nur 4 von 90 erreicht, so das UNO-Programm (UNEP) in „GEO-5“ über die schleppende Umsetzung vereinbarter Ziele. So würden schon heute 43 % der eisfreien Erdoberfläche für Landwirtschaft und Wohnen genutzt. Hält der Trend, wäre die gefährliche 50-%-Marke bereits 2025 erreicht. Ein Kollaps des Gleichgewichts hätte Konsequenzen für die Fähigkeit, die Weltbevölkerung ausreichend ernähren zu können, mahnen die Autoren.

Plastikfreie Zone

UNEP: GEO5 • Global Environment Outlook

Heyne Verlag 2012 • 288 Seiten • € 8,99 • isbn 978-3453602298

Valetta 2012 • download: www.unep.org/geo/pdfs/geo5 525 Seiten • ISBN 978-92-807-3177-4

Wie meine Familie es schafft, fast ohne Kunststoff zu leben

Environment for the future we want


Fotos: Archiv Klimabündnis Österreich

RETOUREN AN POSTFACH 555, 1080 WIEN

Besuch vom Rio Negro


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