Klimabündnis-Zeitschrift 4/2012

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Verlagspostamt 1150 WIEN – P.B.B. – GZ02Z031986M Foto: Beto Ricardo | ISA (Instituto Socioambiental)

04/2012

ZEITSCHRIFT VON KLIMABÜNDNIS ÖSTERREICH

Energiegeladen •

Pioniere

Visionäre

20 Jahre Klimabündnis in der Steiermark 1. Indigene Präsidentin am Rio Negro 1. Energieautarke Gemeinde

Energiebesuch im Waldviertel Energie-Workshop in BONUS-Schule Erneuerbare Energieperspektiven

... S. ... S. ... S.

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... S. 6 ... S. 10 ... S. 13


klimaintro Neu im Klimabündnis:

Foto: Gudrun Stöger

WAS BLEIBT VON DOHA? Nichts – und das ist wahrscheinlich auch gut so. Solange die großen Vier bei den CO2-Emissionen, China mit einem Anteil von 28 %, die USA mit 16 %, die Europäische Union mit 11 % und Indien mit bereits 7 % (lt. CarbonBudget 2012) – keine Einigkeit beim Klimaschutz haben, machen solche Megakonferenzen einfach keinen Sinn mehr. Ein Dilemma ist auch, dass die nächste Klimakonferenz in Warschau geplant ist, wobei gerade Polen in der Europäischen Union einer der großen Bremser für eine ambitioniertere Klimaschutz-Politik der EU ist. Die Europäische Union ist erfreulicherweise einer der wenigen Regionen der Welt, wo der CO2-Ausstoß (von hohem Niveau aus) seit 1990 um 2,8 % gesunken ist. Damit werden die lokalen Initiativen, die Hoffnung machen, immer wichtiger. Mureck, die 1.600 Einwohner zählende Stadt an der Grenze zu Slowenien, kann ein Vorbild für viele „energieautarken“ Gemeinden in Europa sein, da nicht nur Wärme und Strom aus Erneuerbaren erzeugt wird, sondern auch eine „Biodieselanlage“ (aus regionalem Altspeiseölen und Rapsöl) Mureck im Mobilitätsbereich bilanziell energieautark macht. Die Betreuung unserer Partnerschaft am Rio Negro wird im Laufe des Jahres 2013 von Elisabeth Moder übernommen (Interview im Heft), wobei wir der langjährigen Betreuerin, Brunhilde Haas-De Saneaux, einen großen Dank für Ihre tolle Arbeit im Projektgebiet aussprechen wollen. Ein weiteres großes Dankeschön geht an Norbert Rainer, der jetzt die Klimaschutzagenden im Land Oberösterreich betreut und deshalb die Regionalstellenleitung in Oberösterreich vertrauensvoll in die Hände von Ulrike Singer und Robert Stögner gelegt hat. Es freut uns, wenn die ExpertInnen des Klimabündnis in höheren Verwaltungsbereichen Verwendung finden – die Welt wird es gut brauchen können. In diesem Sinne wünsche ich allen Mitgliedern, MitarbeiterInnen und FreundInnen des Klimabündnis ein ruhiges und gesegnetes Weihnachtsfest und viel Glück im neuen Jahr! Viel Spaß beim Lesen!

Monika Barisitz, Absolventin der Handelsschule Innsbruck, arbeitet seit Oktober 2012 bei Klimabündnis Tirol in den Bereichen Buchhaltung und Bürodaministration. Neu bei Klimabündnis Österreich in Wien: Patricia Kandler studiert Umweltpädagogik in Wien und arbeitet seit Dezember 2011 im Bereich Klimagerechtigkeit mit.

Kathrin Link aus Bayern arbeitet seit Oktober 2012 im Rahmen des freiwilligen Ökologischen Jahres an Schulund Bildungsprojekten mit. Anita Zrounek, die mehr als zehn Jahre die Büroleitung beim FORUM Umweltbildung über hatte, ist seit Oktober für Sekretariat und Büroleitung zuständig ( jeweils v.l.).

Willkommen im Klimabündnis! Gemeinden:

• Steiermark: Kaindorf. Kindergärten und Schulen:

• Niederösterreich: Kindergarten Kirchengasse u. Teichmanngasse/Traisen, VS Hinterbrühl, VS Fels am Wagram und Privat-VS Mary Ward St. Pölten. • Oberösterreich:

VS Arbing, VS Grünbach bei Freistadt, VS Langenstein, VS Wartberg an der Krems, HS Ansfelden und HS Lembach. Salzburg: VS Elixhausen. Steiermark: VS Eggersdorf. Wien: Schülerhort der Privat-VS Lutherschule, Evangelische VS Lutherschule.

• •

Betriebe:

• Oberösterreich: Attersee Baumpflege, Dachs Karl Tech-

nisches Büro (beide Seewalchen), Beham techn. Handels GmbH (Ried), City Kino Gemeinnützige GmbH und Moviemento Programmkino Gemeinnützige GmbH (beide Linz), Krankenhaus St. Josef (Braunau am Inn). Salzburg: Alumero Sytematic Solutions GmbH, b.it Büroservice & IT-Center, W&H Dentalwerk Bürmoos, eurofunk Kappacher GmbH, Geschützte Werkstätten GmbH, Hotel Lammertalerhof, Hotel – Pension Wagnermigl, Infinite GmbH, Musikhaus Lechner GmbH, Miele Werk Bürmoos GmbH, Roberts Malerei, SAG Aluminium Lend GmbH, Salzburger Festspiele, Salzburger Kunstverein, Steinwender Installations-GmbH&Co KG und Tischlerei Johann Struber. Steiermark: Grübl Automatisierungstechnik GmbH (Stubenberg am See), Zotter Schokoladen Manufaktur GmbH (Riegersburg), bellaflora Gartencenter GmbH (Fohnsdorf), Schloss Thanegg (Gröbming), Weltladen (Judenburg). Wien: Thermaflex-Flexalen Rohr- und Isoliersysteme GmbH, Südwindagentur/Verein Südwind Entwicklungspolitik, TB-Holzinger Ingenieurgesellschaft mbH, bellaflora Gartencenter GmbH (Wien-Donaustadt), Clemens Schneider Handelsagentur e.U. gobaX Österreich.

Ihr

PETER MOLNAR

Geschäftsführer Klimabündnis Österreich Medieninhaber, Herausgeber, Verleger: Klimabündnis Österreich, Hütteldorfer Straße 63-65 / Top 9-10, A-1150 Wien, T: 015815881, E: office@klimabuendnis.at • Redaktion: Emil Benesch, Brigitte Drabeck, Friedrich Hofer, Hannes Höller, Johann Kandler, Christian Salmhofer, Anna Schwerzler, Robert Stögner, Andreas Strasser, Sonja Wöhrenschimmel • Autorinnen: Thomas Brose, Maria Hawle, Elisabeth Moder, Georg C. Priesner • Graphik & Layout: Andreas Strasser • Anzeigen: Anita Zrounek • Druck: aPrint, Klagenfurt, mit Druckfarben auf Basis nachwachsender Rohstoffe • Papier: Recyclingpapier aus 100% Altpapier • Erscheinungsweise: viermal jährlich • Offenlegung laut §25 Mediengesetz: Die Zeitschrift klimabündnis dient der Information aller PartnerInnen, MitarbeiterInnen der beigetretenen Gebietskörperschaften, der tragenden Organisationen, der miteingebundenen Initiativen und Gruppen sowie allgemein an den Themen Klimaschutz, Umwelt- und Entwicklungspolitik Interessierter. © Wien 2012 für alle Beiträge bei Klimabündnis Österreich.

Bezirke in Wien:

• Alsergrund (der 9. Wiener Bezirk) trat dem Klimabündnis als 5. Bezirk bei.

In Österreich haben sich alle Bundesländer, über 930 Städte und Gemeinden, über 720 Betriebe und rund 340 Schulen und Bildungseinrichtungen dem Klimabündnis angeschlossen.

Fotos: Privat • Hannes Höller. Klimabündnis Österreich

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klimabündnis

KlimapionierInnen wurden bei der 20-Jahr-Feier in der Steiermark vor den Vorhang geholt. Gemeinsam blickt man auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit zurück.

20 Jahre Partnerschaft Klimabündnis & Land Steiermark Rückblick auf erfolgreiche Zusammenarbeit mit langjährigen WegbegleiterInnen.

A

uf Einladung von LH-Stv. Siegfried Schrittwieser feierten Mitte November Land und Klimabündnis Steiermark den 20. Geburtstag ihrer Kooperation. Im Mittelpunkt standen dabei Personen aus Wissenschaft, Verwaltung, Gemeinden und Betrieben, die sich als PionierInnen schon vor 20 Jahren um KlimaschutzMaßnahmen verdient gemacht haben.

Gelebte Partnerschaft Das Klimabündnis setzte mit Unterstützung des Landes bereits viele Projekte um. Eine Aufwertung erfuhr der Klima-schutz mit Andrea Gössinger-Wieser, die 2009 zur steirischen Klimaschutzkoordinatorin ernannt wurde. Mit dem Beschluss eines Klimaschutzplanes und dem Start der Kampagne „Ich tu’s“ wurden Rahmenbedingungen für die Zukunft gesetzt. „Die Bewusstseinsbildung ist und wird auch in Zukunft ein Schwerpunkt bei der Arbeit für den Klimaschutz sein“, betonte LH-Stv. Siegfried Schrittwieser. FRIEDRICH HOFER

Alfred Stingl machte 1991 Graz zur ersten österreichischen Klimabündnis-Gemeinde.

Klimabündnis Steiermark im Rückblick 1990: Gründung des Klimabündnis in Frankfurt (D) und Verabschiedung des Manifests europäischer Städte zum Bündnis mit den Indianervölkern Amazoniens. Die Stadt Graz tritt als erste Gemeinde Österreichs dem Klimabündnis bei. 1992: Das Land Steiermark tritt als Bundesland dem Klimabündnis bei. 1998: Die HS Gleisdorf, das BORG Deutschlandsberg und die NMS Neumarkt werden die ersten Klimabündnis-Schulen. 2000: Als erster Betrieb tritt die ENW Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft m.b.H. in der Steiermark dem Klimabündnis bei. Am Tag des Jubiläums wurden acht neue Betriebe in das Klimabündnis aufgenommen. 2012: Kaindorf in der Oststeiermark tritt als 90. Gemeinde der Steiermark und 935. Gemeinde Österreichs dem Klimabündnis bei. www.klimabuendnis.at/steiermark

VS Egg ist Sieger der Kindermeilen-Kampagne 2012

Foto: VS EGG • Klimabündnis Österreich

Fotos: Klimabündnis Steiermark

Rückblick der Klimaschutzpioniere „Der damalige Grazer Bürgermeister Alfred Stingl hatte für das Bündnis zwischen europäischen Städten und Amazonasvölkern ein offenes Ohr“, berichtete der ehemalige Leiter der Energieabteilung Karl Heinz Lesch, der 1990 den Grazer Beitritt zum Klimabündnis einfädelte. 1992 überzeugte Manfred Rupprecht als Leiter der Umweltabteilung des Landes die zuständigen PolitikerInnen von der Idee des Klimabündnis-Beitritts. Klimapionier Gottfried Kirchengast, inzwischen Chef des Wegener Centers, plädierte, die Anstrengungen zu maximieren: „In den letzten 20 Jahren sind viele der vorhergesagten Szenarien der Klimaforschung eingetroffen. Manche sind sogar übertroffen worden, wie das Beispiel der Halbierung des arktischen Sommereises zeigt.“

346 Schulen und Kindergärten – ein neuer Rekord – nahmen an der Kindermeilen-Kampagne in Österreich teil, die vom Lebensministerium unterstützt wird. Der Sieg ging diesmal an die VS Egg in Vorarlberg (Bezirk Bregenz). „Das Besondere an der VS Egg: Alle 89 Kinder von der 1. bis zur 4. Schulstufe sammelten mit autofreien Schulwegen insgesamt 5.120 Klimameilen“, so Gabriele Greußing von Klimabündnis Vorarlberg. Als Dankeschön und Preis gab es einen Besuch von Klimaclown Monsieur Hugo. Auf seinem bunten Fahrrad drehte er seine Runden und plauderte mit den SchülerInnen über Radfahren, zu Fuß gehen und Energiesparen. MARIA HAWLE

info! www.klimabuendnis.at/klimameilen

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FOIRN feiert 25 Jahre und wählt die erste Frau an die Spitze Vom 5. bis 8. November fand die 17. Vollversammlung der Föderation der indigenen Organisationen vom Rio Negro in der renovierten „Maloca“ (Haus des Wissens) in São Gabriel da Cachoeira statt. Nach der Einweihung durch die Schamanen und den Begrüßungsritualen debattierten 230 VerteterInnen der verschiedenen Völker und Dorfgemeinschaften über wichtige Themen wie die Stärkung der indigenen Organisationen, die Teilnahme und Gleichstellung der Frauen, die Umsetzung einer nachhaltigen Regionalentwicklung, die Verbesserung der gesundheitlichen und schulischen Versorgung, eine Stellungnahme zur geplanten Gesetzesänderung bezüglich des Abbaus von Bodenschätzen in indigenen Gebieten sowie die Rolle ehemaliger Führungskräfte in politischen Funktionen. Eine Überraschung mit historischer Bedeutung brachten dann die Wahlen am letzten Tag – nachdem die Frauen erst 2010 bei einer Statutenänderung ihr Kandidaturrecht für den Vorstand durchgesetzt hatten, wurde Almerinda Ramos de Lima zur ersten Präsidentin gewählt. Obwohl Frauen in der indigenen Bewegung immer sehr aktiv waren, konnten sie bisher aufgrund traditioneller Rollenverteilung keine Führungspositionen einnehmen. Gemeinsam mit den anderen Vorstandsmitgliedern wird Almerinda Ramos in den kommenden 4 Jahren die indigene Bewegung leiten. Klimabündnis Österreich gratuliert und wünscht der Partnerorganisation weiterhin viel Erfolg! JOHANN KANDLER,

Im Namen von Klimabündnis Österreich

Das neue FOIRN-Direktorium (v.l.): Marivelton Barroso (Bare), Nildo Fontes (Tukano), Almerinda Ramos de Lima (Tariano), Renato Matos (Tukano) und Isaías Fontes (Baniwa).

Präsidentin für 23 Völker Almerinda Ramos de Lima, die neue FOIRN-Präsidentin im klimabündniss-Gespräch mit Elisabeth Moder. Wie fühlen Sie sich jetzt, eine Woche nach der Wahl zur Präsidentin der FOIRN? Ich fühle mich gut. Gut und entschlossen. Ich bin bereit, eine so große Institution, wie es die FOIRN ist, zu führen, obwohl ich eine Frau bin. Wie sind Sie zum Engagement in der indigenen Bewegung gekommen? Indirekt seit ich 15 bin, denn mein Vater war eine Führungsperson, ein Mitbegründer der FOIRN, und hat sich für die Demarkierung des Landes eingesetzt. Er hat auch unsere regionale Organisation am Rio Uaupes, die UNIDI, begründet. Das ist also eine lange Geschichte. Ich habe mich immer dafür interessiert, was mein Vater gemacht hat. Die Familie hat darunter gelitten, dass mein Vater oft unterwegs war, in einem einfachen Boot, nur mit Paddeln, und dass er z.B. in der Zeit nicht für die Familie fischen konnte. Nach seiner Rückkehr hat er darüber erzählt, was er gemacht hat, und er hat immer gesagt: Ich tue das für das Wohl meiner Kinder! Was haben Sie bisher beruflich gemacht? Ich habe immer von unserem Land gelebt, also von der Landwirtschaft. Ich hatte nie großes Interesse an einem monetären Einkommen, an einem Gehalt. Nur ein Jahr habe ich als Portugiesisch-Lehrerin gearbeitet, nachdem ich die Schule im Internat abgeschlossen hatte. Aber ich war immer engagiert, habe nach der Klosterschule in der Katechese gearbeitet, und dann in der

Frauenorganisation. Dort habe ich viel gelernt! Seit 2010 bin ich Präsidentin dieser Frauenorganisation. Was sind die ersten Gedanken, wenn Sie an Regenwald denken? Regenwald, Wald, damit ist die Natur gemeint, oder? Also ich mache mir Sorgen, ob wir die Natur erhalten können – nicht nur für uns Indigene, sondern für uns alle. Welches besondere Erlebnis verbinden Sie mit dem Wald? Welche Gefühle haben Sie für den Wald? Ich fühle mich wohl im Wald, aufgenommen, zuhause, beschützt. In der sauberen Luft, ohne Verschmutzung fühle ich mich wohl. Ich möchte nie von da weggehen. Welche Schwerpunkte wollen Sie in Ihrer Amtszeit setzen? Wo wollen Sie ansetzen? Ich möchte die Arbeit der bisherigen Führung fortsetzen und versuchen, ein paar konkrete Dinge umzusetzen und voranzutreiben. Zuallererst bei der Demarkierung von Land, in den Gebieten, wo das noch nicht passiert ist. Aber auch in sozialen Fragen, Kultur, Bildung, Gesundheit. Welche Hoffnungen verbinden insbesondere die Frauen mit Ihnen? Die Frauen erwarten sich sehr viel von mir! Die Frauen wollen in ihrer Gemeinschaft und in der Gesellschaft allgemein Wertschätzung erfahren, sie wollen vor

Fotos: Beto Ricardo / ISA • FOIRN

Die Maloca, das Haus des Wissens, Ort der Vollversammlung und Wahllokal.


Johann Kandler im Juni 2004 in der von Texaco kontaminierten Region in Ecuador.

Ort, in den Basisorganisationen, mehr Unterstützung bei dem, was sie erreichen wollen. Sie möchten geschätzt und unterstützt werden bei dem, was sie tun, in den Bereichen Kunsthandwerk, Kultur, Gesundheit. Sie wollen mehr Unabhängigkeit haben. Manchmal brauchen sie etwas logistische Unterstützung. Ich hoffe, etwas dazu beitragen zu können! Die Yanomami-Frauen z.B. haben mich schon gefragt, ob ich ihnen dabei helfen kann, eine eigene Frauenorganisation zu gründen, und ich habe ihnen schon Unterstützung zugesagt!

Wie wünschen Sie sich, sollen die indigenen Völker am Rio Negro in zehn Jahren leben? Sie sollen in Würde leben, gemäß den Gesetzen und den Rechten, die in der brasilianischen Verfassung festgelegt sind – die jedoch leider noch nicht zur Gänze umgesetzt sind. D.h. sie sollen gemäß ihren Bräuchen leben, ihre eigene Kultur erhalten, ihre eigene gesellschaftliche Organisation. Außerdem sollen sie eine gute Schulbildung erhalten und eine ausreichende Gesundheitsversorgung von guter Qualität.

Rekordstrafe für Erdölkonzern

Was war Ihr erster Eindruck von der Partnerschaft mit HORIZONT3000 und dem Klimabündnis? Ich war sehr beeindruckt und sehr glücklich, dass es jemanden gibt, der sich so für uns interessiert und einsetzt! Und zwar Gruppen und NGOs aus einem anderen Land – dass sich die mehr für uns interessieren als unsere eigene Regierung hier! Ich bin auch sehr beeindruckt, dass das eine Kooperation ist, die schon so lange besteht – und ich glaube und hoffe, dass sie weiter bestehen wird, noch viele Jahre. Ja, dass sie nie aufhört!

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Was wünschen Sie sich für die künftige Zusammenarbeit mit uns? Ich wünsche mir, dass dieses Interesse und der Einsatz für immer fortbestehen, dass es einen Austausch von Informationen und Ideen gibt, auch wenn wir fern voneinander leben. Und dass unsere Projekte und Vorhaben weiter unterstützt werden, denn diese Unterstützung ist ganz zentral für uns: So können wir hier nachhaltig leben. Es gibt noch viele Schwierigkeiten, wie z.B. ein Auskommen in unseren Dörfern zu finden, ein Einkommen zu haben.

www.vamos-actnow.eu/de www.klimabuendnis.at

Almerinda Ramos de Lima, in der Sprache ihres Volkes, den Tariano, auch Nanai genannt, 39 Jahre, zwei Kinder und ein Enkelkind, ist seit dem 15. Lebensjahr in der indigenen Bewegung aktiv. Seit 2007 arbeitet sie in der Frauenorganisation AMIDI, zu deren Obfrau sie 2010 gewählt wurde. Als Präsidentin der FOIRN vertritt sie nun 23 Völker am Rio Negro.

Elisabeth Moder arbeitet bei Horizont 3000 als Projektreferentin und ist Sektorverantwortliche für die Themen Menschenrechte und Zivilgesellschaft. Für das Klimabündnis betreut sie seit diesem Jahr die Projekte am Rio Negro. Elisabeth Moder hat die Vollversammlung der FOIRN vor Ort miterlebt.

1967 begann Texaco mit der Erdöl-Förderung in Amazonien. Für die Behebung der Schäden, die der Konzern dabei seither verursacht hat, wurde Texaco-Chevron Mitte Oktober zu Zahlungen in der Rekordhöhe von 19 Milliarden US-Dollar verurteilt. Ganz anders als der Firmenname nahe legt – er kommt von Texas, einem Wort indigenen Ursprungs, das Freund und Verbündeter bedeutet – verhielt sich der Konzern gegenüber den indigenen Völkern Amazoniens. Mitten im AmazonasRegenwald Ecuadors, einem der 17 globalen Hotspots der Artenvielfalt, wo 10 % der Pflanzenarten der Welt gedeihen und die Menschen traditionell in enger Verbindung mit dem Wald leben, wurde eine Erdölproduktion aus dem Boden gestampft. In einem Gebiet von der Größe Niederösterreichs entstanden Straßen, Pipelines und Ölanlagen. Die Hinterlassenschaft im tropischen Regenwald: 916 nicht isolierte Becken mit giftigen Ölrückständen. Über die Jahre wurden 64 Millionen Liter Öl und 76 Milliarden Liter Förderwasser ungeklärt in Flüsse und Seen geleitet. Zahlreiche krebserregende Stoffe gelangten so in Böden, Wasser und Nahrungskreisläufe von Mensch und Tier. Gesundheitliche Probleme gehören bis heute zum Alltag der Menschen. Die Krebsrate in der Nähe der Ölfelder ist bis zu 30 fach erhöht. Einige indigene Gemeinden sind komplett verschwunden. 30.000 geschädigte BewohnerInnen der Region – Indigene und zugewanderte SiedlerInnen – schlossen sich zur „Frente de Defesa de la Amazonía“, der Koalition zur Verteidigung Amazoniens zusammen und leiteten 1993 gerichtliche Verfahren gegen den Erdölkonzern ein. Ihr historischer Erfolg im Prozess gibt Hoffnung, dass das Urteil globale Signalwirkung und Einfluss auf den Umgang von Ölkonzernen mit Menschenrechten und nationalen Umweltgesetzen haben wird. EMIL BENESCH www.texacotoxico.org • www.indigene.de

Foto: iArchiv Klimabündnis Österreich

Fotos: Beto Ricardo / ISA • FOIRN • Horizont3000

Die neue Präsidentin erhält Glückwünsche von Maria Diva Moreira (Tariana), Carmem Figueiredo (Wanano) und Judite Teixeira (Wanano) (v.r.n.l.)


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Werkzeuge für ein besseres Klima Mehr Lebensqualität für alle und Energiewende als Ziele des EU-Projekts „Klimaschutz und Energiewende in Kommunen“. „In den nächsten zwei Jahren werden wir mit unseren Partnern aus Bayern Kommunen, Schulen und Betrieben beider Länder die Themen Klimaschutz und Energiewende näher bringen und ihnen Werkzeuge für konkrete Maßnahmen in die Hand geben.“ Renate Schoissengeier koordiniert das

Projekt und freut sich über gute Resonanz. Viele GemeindevertreterInnen und Engagierte besuchten bisher die Tagungen zu Elektromobilität, innovativer Beleuchtung sowie Exkursionen zu PV-Anlagen und Passivhäusern. 2013 stehen u.a. diese kostenfreien Aktionen auf dem Programm:

Studienreise ins Waldviertel Tschechische Delegation auf Energiebesuch im Waldviertler Kernland.

100% RES communities

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m Rahmen des „Intelligent Energy Europe“-Projekts „Der Weg zur Energieautarkie in ländlichen Regionen“ besuchte eine Delegation von 17 tschechischen BürgermeisterInnen, GemeinderätInnen und EnergieexpertInnen im September die Partnerregion Waldviertler Kernland. Im Mittelpunkt stand der Erfahrungsaustausch über realisierte Projekte im Bereich erneuerbarer Energieträger sowie erfolgreiche Energieeffizienzmaßnahmen in öffentlichen Gebäuden, Unternehmen und privaten Haushalten. Beeindruckt zeigten sich die Gäste v.a. von der Vielzahl umgesetzter Projekte in der Region um Ottenschlag: vom Windpark über mehrere Biomasseheizwerke und Biogasanlagen, von Photovoltaikanlagen auf den Dächern der

SONJA WÖHRENSCHIMMEL-WAHL

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www.kek-bo.eu

Gemeindeämter, Schulen und Kindergärten bis zu energiesparsamen LED-Straßenbeleuchtungen in einigen der 13 Gemeinden der Klima- und Modellregion. Dazu Obmann Dieter Holzer: „Derzeit erzeugen wir bereits 36 % der nötigen Energie in der Region. Unser selbstgestecktes Ziel ist, bis 2030 energieautark zu werden!“ Ziel dieses EU-Projektes mit ländlichen Regionen aus elf verschiedenen Ländern ist es, nachhaltige Energiekonzepte für die Regionen zu entwickeln bzw. – wie im Fall des Waldviertler Kernlands – das vorhandene Energiekonzept mit Unterstützung des Klimabündnis und den Energieagenturen der Regionen zu evaluieren. Mit dem Beitritt zum „Konvent der Bürgermeister/innen“ werden die Regionen und Gemeinden zusätzlich Teilnehmer der größten europäischen Klimaschutzinitiative, welche vom Klimabündnis offiziell unterstützt wird. GEORG C. PRIESNER

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www.klimabuendnis.at/com

Fotos: Klimabündnis Österreich • Klimabündnis Oberösterreich

Besuch der bayerischen Delegation beim Klimabündnis-Betrieb Fronius in Wels, wo Lösungen zur Energiesteuerung, Batterieladesysteme und Solarelektronik entwickelt werden.

• Green Peers. SchülerInnen ab dem 13. Lebensjahr werden im Bereich Klimawandel und Klimaschutz ausgebildet. Sie können ihr Wissen authentisch und glaubwürdig weitergeben. • E-Rally2013. Elektromobilität, auf zwei oder vier Rädern, ist alltagstauglich, umweltfreundlich und kann hier hautnah erfahren werden. • Klima- und Energiecoach. Diese Ausbildung befähigt Gemeinde-VertreterInnen und klimaengagierte Personen, konkrete Projekte mit den BürgerInnen umzusetzen. Die Inhalte des Lehrgangs: Energie, Mobilität und Bodenschutz. „Nur mit gemeinsamer Arbeit erreichen wir mehr Klimaschutz und eine positive Energiewende über unsere Landesgrenzen hinaus“, bekräftigt Regionalstellenleiterin Ulrike Singer vom Klimabündnis OÖ. „Besuchen Sie unsere Homepage und stöbern Sie durch unsere vielfältigen Angebote! Melden Sie sich an und helfen Sie mit, mehr Lebensqualität in Ihr Umfeld und unsere beiden Länder zu bringen!“


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Karl Totter (2.v.l.) und sein gleichnamiger Sohn (2.v.r.) mit Bürgermeisterin Waltraud Sudy, Peter Molnar (l.) und Fritz Hofer (r.) vom Klimabündnis im neuen Klimaschutz-Energiegewächshaus.

Murecker Energie-Pioniere Von der Idee am Biertisch zur 1. energieautarken Gemeinde. Ein Porträt der steirischen Klimabündnis-Gemeinde Mureck.

Fotos: Stadtgemeinde Mureck • Klimabündnis Österreich/Hannes Höller

Zur Gemeinde Name: Mureck Bundesland: Steiermark Bezirk: Radkersburg Lage: Mureck liegt im Süden der Stei-

ermark an der slowenischen Grenze. In unmittelbarer Nähe zur Stadt befinden sich die Murauen mit nahezu unberührter Natur. EinwohnerInnen: 1.600 Klimabündnis-Gemeinde: seit 1998 Bürgermeisterin: Waltraud Sudy

Karl Totter. Er ist die treibende Kraft hinter all den Klimaschutz-Projekten in Mureck. Totters Blick schweift über das acht Hektar große Gelände – den Energiepark Mureck. Er zählt auf: „1991 haben wir die Biodieselanlage in Betrieb genommen, 1993 begannen wir mit der Altspeiseölverwertung. 1998 folgte die Holz-Nahwärme, 2004 die Biogasanlage, 2010 die 1. Photovoltaikanlage, 2011 und 2012 die 2. und 3. Ausbaustufe der Photovoltaikanlage und im Oktober die Eröffnung des Klimaschutz-Energiegewächshauses.“ In Planung sind Windund Wasserkraftanlagen. Heute wird Totter regelmäßig auf die Schulter geklopft. Kein Wunder, er hat in der strukturschwachen Umgebung jede Menge Arbeitsplätze geschaffen. „Derzeit sind es 24, 2014 werden es 30 sein und wenn wir mit dem Gemüseanbau loslegen, kommen wir auf 50 bis 60“, rechnet Totter vor. Mit glänzenden Augen erinnert er sich an den Start zurück: „Es war eine Idee am Biertisch. Wir wollten weg vom Öl und haben uns überlegt, wie wir das schaffen. Am Anfang war es sehr schwierig. Das wichtigste war Überzeugungsarbeit. Bei den ersten AnFortsetzung Seite 8

Bürgermeisterin Stadtgemeinde Mureck Foto: Stadtgemeinde Mureck

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ir lesen das Straßenschild: Bioenergiestraße. Und wir blicken uns um und nicken uns zu. Stimmt, hier gibt’s wirklich sehr, sehr viel erneuerbare Energie. Wir sind in Mureck, in der Südoststeiermark – in der 1. energieautarken Gemeinde Österreichs. Nur einen Steinwurf von Slowenien entfernt. „Früher hieß der Weg hier Pestkreuzweg“, erklärt einer, der es wissen muss:

Waltraud Sudy

Energieautarke Gemeinde Österreichs – hört sich gut an. Stimmt. Noch schöner ist aber, dass man in der Bevölkerung die Begeisterung merkt. Es ziehen hier alle bei uns mit. Das beginnt schon bei den Kleinsten – über 200 SchülerInnen arbeiten derzeit am Projekt „Freiraum Klima“. Klimaschutz, kann man mit Recht sagen, wird bei uns gelebt. Das ist auch ganz einfach zu erklären: Man geht jeden Tag am Energiepark vorbei und hat Klimaschutz so immer im Blick. Wie hat die Gemeinde die Klimaschutz-Projekte unterstützt? Wir sind mit gutem Beispiel vorangegangen und haben begonnen, alle öffentlichen Gebäude mit Energie aus dem Energiepark Mureck zu versorgen. So konnten wir auch die Bevölkerung überzeugen, dass das der richtige Schritt ist. Wo gibt es in Ihrer Gemeinde noch Nachholbedarf? Der schwierigste Bereich ist die Mobilität. Die Verbindungen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln sind nicht optimal. Mit der Bezirkszusammenlegung wird das noch einmal schwieriger. Wir werden dem Bezirk Feldbach zugeteilt. Eigentlich wollten wir nach Leibnitz – dorthin gibt es wesentlich bessere Verbindungen.


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Bezirksvorsteherin Martina Malyar (m.) mit GF Peter Molnar (l.) und Michaela Hauer (r.)

Fotos: energie-autark Kötschach-Mauthen • www.energie.ktn.gv.at • Klimabündnis Österreich • Klimabündnis Tirol

klimatelegramm: News aus Ländern und Gemeinden Gold für Bündnis-Gemeinden • Von den 25 Ende November in Brüssel mit dem European-Energy-Award® in gold ausgezeichneten e5-Kommunen waren drei aus Österreich: Dornbirn, Feldkirch aus Vorarlberg und Kötschach-Mauthen aus Kärnten – alles Klimabündnis-Gemeinden. Europaweit nehmen über 1.000 Kommunen an diesem Programm teil, in Österreich sind es über 120. Alle neun bisher „Vergoldeten“ sind zugleich auch Klimabündnis-Gemeinden. A.S.

Neuer Bezirk im Bündnis • Der neunte Wiener Bezirk, Alsergund, ist seit kurzem Klimabündnis-Partner. Die Schwerpunkte des einstimmig beschlossenen Klimaschutzprogramms liegen in den Bereichen Energie, Mobilität und Konsum. Besonders wichtiger Punkt im Progamm, so Bezirksvorsteherin Malyar, ist auch die Öffentlichkeitsarbeit. Wien trat 1991 dem Klimabündnis bei. 2007 folgte Wieden als erster Klimabündnis-Bezirk, 2008 Neubau und Hietzing, 2010 die Josefstadt.

www.e5-gemeinden.at • www.energie-autark.at

www.klimabuendnis.at • www.wien.gv.at

Energiegeladene Frauen • Unter diesem Motto stand eine Fachtagung in der Klimaund Energie-Modellregion Feldkirchen und Himmelberg in Kärnten. Energie- und FrauenreferentinLRin Beate Prettner holte fünf Expertinnen in Sachen Nachhaltigkeit vor den Vorhang: Sabine Kinz als Modellregionsmanagerin, Birgit Knaus von BIO AUSTRIA Kärnten als Ernährungsexpertin, Barbara Prucker vom Land als Energierechtsexpertin, Ivonne Maier, Expertin für Holzbau, und Elisabeth Löcker als Expertin für nachhaltiges Bauen. Die Energiewende, so die Intention der Tagung, ist nicht nur den Männern vorbehalten. A.S. www.energie.ktn.gv.at/fachtage

Gemeinden im Mostviertel in NÖ startete das vom Klimabündnis NÖ betreute Projekt „Wandelbares Mostviertel. Fit in die Klimazukunft“. Ziel ist es, die Gemeinden auf die Folgen der lokalen Klimaänderungen vorzubereiten, und gleichzeitig die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen sowie ökologischen Ressourcen darauf abzustimmen. H.H.

Verkehrsinitiative • Wie man kostengünstige und flexible Mobilität für alle sicherstellt, diskutierten GemeindevertreterInnen aus Tirol und Südtirol im Innsbrucker Landhaus. Im Zentrum: das Interreg IV A Italien-Österreich-Projekt Mobilität ohne Barrieren. Ziel dieses Projekts ist es, Hemmschwellen gegenüber umweltfreundlicher Mobilität abbauen zu helfen. Mit innovativen Ansätzen wie z.B. ÖV-, Rad- und PedelecKursen für SeniorInnen und MigrantInnen.

www.klimabuendnis.at/wandelbares.mostviertel

A.SCH.

Wandelbares Mostviertel • In sieben

Inmitten einer der schönsten Aulandschaften Österreichs steht die Murecker Schiffsmühle. Fortsetzung von Seite 7 schlüssen von Privaten mussten wir noch lange reden. Je länger das Projekt lief, desto einfacher wurde es und rgendwann kamen die Leute von alleine auf uns zu.“ Und dann führt er uns schon genau dort hin, wo es im Frühjahr sprießt und blüht: ins weltweit erste Klimaschutz-Energiegewächshaus. Die Eckdaten sprechen für sich: Das Dach ist 12.400 m2 groß und durchgängig mit speziellen Photovoltaikmodulen bedeckt. Pro Jahr werden etwa eine Million Kilowattstunden Sonnenstrom erzeugt und ins öffentliche Netz eingespeist. Damit könnte man rund 250 Vier-Personen-Haushalte versorgen. Und direkt unter den Photovoltaikmodulen wachsen Biogemüse, Blumen, Ziersträucher und Heilkräuter. Betrieben wird das einzigartige Gewächshaus vom langjährigen Ja!-Natürlich-Lieferanten, dem Wiener Bio-Gärtner Auer. „Die Idee zum Gewächshaus kam uns, als wir wieder einmal diskutiert haben. Wir haben uns die Frage gestellt, ob es sinnvoll ist, wenn wir über die fruchtbare Erde, die wir hier haben, weitere Photovoltaikzellen darüberstellen und somit den Boden langfristig nicht landwirtschaftlich nutzen können. Die Antwort war „Nein“. Also haben wir uns auf die Suche gemacht,

www.mobilitaetohnebarrieren.at

Drei PV-Anlagen speisen Strom von erneuerbaren Energieträgern ein.

Foto: Hannes Höller • Stadtgemeinde Mureck

Energieprofis aus Kötschach-Mauthen bekamen den European-Energy-Award Gold.


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Foto: Klimabündnis Österreich, Hannes Höller

Nomen est omen - Peter Molnar und Karl Totter (r.) in der Bioenergiestraße. Früher hieß die Zufahrt zum Energiepark Mureck „Pestkreuzweg“.

wie wir beides kombinieren können. Gemeinsam mit der BOKU Wien haben wir Versuche gestartet und dann begonnen, das Projekt umzusetzen.“

Wenn alle mitmachen Neben dem Initiator haben die Klimaschutz-Projekte noch eines gemeinsam: die Einbindung der Bevölkerung. Das war schon bei der Rapsverarbeitung der Fall. Etwa 500 Landwirte aus der Region sind Mitglieder der SEEG, die Biodiesel aus Raps und Altspeiseöl erzeugt. Seit 2001 ist die SEEG übrigens Klimabündnis-Betrieb. Der nächste Meilenstein war die Nahwärme für die Stadt Mureck. 250 Objekte sind an das Abwärmenetz der

2-MW-Biomasse-Heizkessel angeschlossen. So werden 90 % des Gesamtwärmebedarfs in Mureck gedeckt. Auch bei den Photovoltaikanlagen setzte Totter auf BürgerInnenbeteiligung. „Man kann schon sagen, dass wir Pioniere waren“, blickt er zurück. Und erklärt auch, wie er das Interesse dafür ganz praktisch abtestete: „Ich hab in meinem Büro gefragt, wer sich vorstellen könnte, 5.000 Euro für so eine Beteiligung beizusteuern. Das war den meisten zuviel – also sind wir mit dem Preis heruntergegangen auf 1.000 Euro. Nach oben hin ist der Einsatz auf 10.000 Euro beschränkt. Unser Grundprinzip ist: Wir nehmen die, die wenig oder nur ein

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bisserl Geld haben.“ Ein Konzept, das aufging: 380 BürgerInnen aus der Region beteiligten sich an den Photovoltaikanlagen.

Ausgezeichnete Gemeinde Die Aktivitäten in Mureck haben sich schnell herumgesprochen. Bereits 1996 besuchte eine Delegation aus China die Klimabündnis-Gemeinde. Und bei Klimaschutz-Preisen räumt Mureck auch mit schöner Regelmäßigkeit ab. Vom Umweltschutzpreis des Landes Steiermark über den World Energy Globe, den europäischen Solarpreis bis zur „Innovativsten Gemeinde Österreichs“. Und das, obwohl Totter lieber Praktiker als Glänzer ist: „Sicher könnten wir unsere Erfolge noch besser verkaufen. Wir haben aber zu wenig Geld für Marketing. Und außerdem arbeiten wir lieber.“ HANNES HÖLLER

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www.mureck.gv.at

Klima-Porträt

Fotos: Karin Wansch, Privat

Kathrin Mitterhofer, Klimabündnis Oberösterreich Die geborene Osttirolerin absolvierte die Handelsakademie in Lienz und studierte an der Universität für Bodenkultur Umwelt- und Bioressourcenmanagement mit den Schwerpunkten Klimaschutz und Ländliche Entwicklung. Seit April 2010 ist sie bei Klimabündnis Oberösterreich mit der Schulbetreuung, der Koordination Umweltzeichen für Schulen, dem Sekretariat und der Projektassistenz betraut.

Kathrin Mitterhofer klimafreundlich mit dem E-Bike unterwegs.

Was wissen die Kinder, mit denen du arbeitest, über Klimaschutz und die Partnerschaft mit den Völkern im Regenwald? Die Kinder wissen teilweise schon sehr viel über das Klima und die Umwelt. Sie erzählen stolz über ihr Wissen und was sie sogar selbst umsetzen. Bei der Erlebnisausstellung Felix & Maria, die auch die Bündnispartnerschaft in den Mittelpunkt stellt, interessieren sich die Kinder am meisten dafür, wie die Kinder am Rio Negro in die Schule kommen, was sie essen oder wie sie ihre Freizeit verbringen.

Wie sieht dein persönlicher Beitrag zum Klimaschutz aus? Ich versuche Klimaschutz aktiv zu leben. Ich besitze kein Auto und fahre mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Fahrrad. Beim Kochen achte ich v.a. bei Fleisch und Fisch auf die Herkunft. Unsere vier hauseigenen Schafe sind da eine große Stütze. Mein Gemüsegarten liefert wertvolles Biogemüse und im Winter beziehe ich alle zwei Wochen die Biokiste vom Biohof und Klimabündnis-Betrieb Achleithner. Der Strom für unser Haus kommt großteils aus einer Photovoltaikanlage.

Gibt es Erfolge bei deiner Arbeit? Was gefällt dir am besten? Für mich ist die Arbeit mit den Bildungseinrichtungen besonders wichtig. Wenn Kinder von klein auf lernen, wo und wie man das Klima mit einfachen Dingen schützen kann, wird es zur Gewohnheit und es bedarf keiner besonderen Anstrengung mehr, dies auch im Erwachsenenalter fortzuführen. Kinder sind unsere Zukunft, diejenigen, die mit unseren Fehlern und denen ihrer Großeltern und Urgroßeltern leben lernen müssen. Doch sie haben die Chance, es besser zu machen.

Wünsche an das Christkind für ein anderes Klima? Klimaschutz wirkt immer sehr komplex und die Situation für einzelne unveränderbar. Ich denke, jede/r kann und soll einen Beitrag leisten. Das hat nicht unbedingt mit Verzicht zu tun und kann auch zu erheblicher Verbesserung der Lebensqualität führen. Mein Wunsch an das Christkind: dass jede/jeder sein/ihr Potenzial erkennt und aktiv wird. A.S.

kontakt! kathrin.mitterhofer@klimabuendnis.at


klimabündnis

Die Ausstellungsmacher präsentieren ihr Werk. Alternativen im Umgang mit Energie wurden nicht nur für die Schule, sondern auch für‘s Elternhaus ausgearbeitet.

bildhafte Weise, dass sich ökologisches Verhalten positiv auswirkt. Wer statt fernzusehen „stromfrei“ spielte, bekam einen Bonuspunkt. Die vierten Klassen wiederum machten das „Energiesparen über die Schule hinaus“ zum Thema ihrer Überlegungen. Am 19. Oktober war es dann soweit, alle Klassen präsentierten ihre Resultate in einer Ausstellung. „Vielen Dank allen Lehrerinnen und Frau Direktorin Ulli Baumgarten für die produktive Zusammenarbeit!

Foto: Klimabündnis Oberösterreich

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Energie-Workshop in der BONUS-Schule Eberstalzell Was ist Energie? Wie gehen Kinder mit diesem Thema um und wie würden sie Energie sparen?

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berstalzell. Auf Einladung der Direktorin Ulli Baumgarten besuchte Referentin Heidi Stacherl vom Klimabündnis OÖ im Oktober die Volksschule Eberstalzell. Mit den SchülerInnen erar-

Was ist das BONUS-Modell? SchülerInnen und LehrerInnen reduzieren durch ökologische Maßnahmen und Verhaltensänderung den Energieverbrauch und helfen dem Schulerhalter Geld zu sparen. Als Belohnung soll die Schule an den eingesparten Energiekosten beteiligt werden.

INFO! www.klimabuendnis.at/oberoesterreich

beitete sie Vorschläge für ein bewusstes Umgehen mit der wertvollen Ressource Energie. „Wer liefert Strom?“ Die ersten Klassen stellten auf Plakaten erneuerbare und nicht erneuerbare Energiequellen vor. „Auch wir können Strom sparen“, überlegten sie und sammelten Ideen für stromfreie Beschäftigungen, wie Zeichnen statt Fernsehen. „Wer verbraucht Energie und geht es auch anders?“ Die zweiten und dritten Klassen fanden ökologische Alternativen für daheim: Nassrasieren statt elektrisch, Besen statt Staubsauger. Ihr „Klassen-Energiespar-Plakat“ zeigte auf

Die Schule arbeitet schon jetzt vorbildlich und mit den rund 80 jungen ExpertInnen kann in Sachen Klimaschutz nichts mehr schief gehen“, lobt Heidi Stacherl vom Klimabündnis OÖ das Engagement aller Beteiligten. SONJA WÖHRENSCHIMMEL-WAHL

Info!

www.klimabuendnis.at/schulen

Volksschule Eberstalzell Am Schulberg 2, 4653 Eberstalzell • Mitglied seit: 2009 Ansprechperson: Direktorin Ulli Baumgarten vs.eberstalzell@eduhi-at

Klimaschutz auf künstlerische Art „Jedes Kind hat eigene Fähigkeiten und Interessen. Genau deshalb packen wir das Thema Klimaschutz von verschiedenen Seiten an. Heuer mischen wir Naturwissenschaft mit Kunst“, so Direktorin Gerlinde Kronberger. An der Volksschule Bisamberg ist das Projekt „Wasser“ in allen Klassen bereits angelaufen. Gemeinsam mit KünstlerInnen aus der Marktgemeinde beschäftigen sich die SchülerInnen mit allem, was das Wasser bietet und ausmacht. Die Ergebnisse werden im Rahmen einer Straßengalerie präsentiert. Der Schwerpunkt des heurigen Schuljahres liegt aber im Bereich „Energie und Umwelt“. Neben der Beschäftigung in den Unterrichtseinheiten gibt es für alle Altersstufen auch Workshops von Klimabündnis und IG Windkraft sowie Lehrausgänge in das Altstoffzentrum oder in die Fossilienwelt. Die 3. Klasse besucht zudem ein Passivhaus und nimmt Häuser mit der Thermo-

kamera genauer unter die Lupe. „Gerade die letzten beiden Punkte zeigen, wie wir mit unseren Aktivitäten mit der Gemeinde und der Bevölkerung verbunden sind. Die Führung im Passivhaus leitet die Mutter eines Kindes und die Aktion mit der Thermokamera organisiert Umweltgemeinderat Günter Trettenhahn“, freut sich die Direktorin über die gute Zusammenarbeit. Trettenhahn lehrt an der Uni Wien Physikalische Chemie und vermittelt seit über zehn Jahren auch den SchülerInnen in Bisamberg die Grundlagen in diesen Bereichen. Schöner Nebeneffekt der innovativen Ideen: Für das Projekt „Energie und Umwelt“ gibt es Geld aus dem Fonds zur Förderung und Finanzierung von Bildungsinitiativen zur Nachhaltigkeit in den Bereichen Umwelt und Gesundheit. HANNES HÖLLER

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www.klimabuendnis.at/schulen

Foto: Hannes Höller

In der Volksschule Bisamberg in NÖ wird Naturwissenschaft mit Kunst kombiniert.


klimabetriebe

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Zum Betrieb

Landesrat Max Hiegelsberger (r.) und Landtagsabgeordnete Maria Buchmayr (Mitte) gratulierten dem neuen Klimabündnis-Betrieb Winkler Markt.

Einmal regional bitte! Fotos: Klimabündnis Oberösterreich • Winkler Markt

Seit Mitte September ist der Winkler Markt in Oberösterreich Teil der Klimabündnis-Familie.

B

egonnen hat es 1899. Die „Winkler Gemischtwarenhandlung“ wird in Altenberg gegründet. Von Generation zu Generation weitergegeben, wächst und entwickelt sich das Unternehmen beständig weiter. Der als regionaler Nahversorger bekannte Familienbetrieb hat sich „schon seit jeher bemüht, Lebensmittel von Lieferanten aus der Nähe zu beziehen“, erklärt die Marketingverantwortliche Petra Winkler. Ein Drittel aller Lieferanten stammt aus Oberösterreich, mehr als die Hälfte davon aus dem Mühlviertel. So bleibt der Transportweg kurz und die Wertschöpfung in der Region. Dies gilt auch

für die rund 90 MitarbeiterInnen der drei Standorte Altenberg, Linz-Auhof und Gramastetten, die fast zur Gänze im näheren Umland wohnen. Geheizt wird mit Biomasse, der Fuhrpark ist mit kompakteren Autos bestückt als früher.

Was hat der Klimabündnis-Betrieb als Nächstes vor? „Eine weitere Ökologisierung, und das Schritt für Schritt“, lautet die Antwort von Einkäufer Ing. Josef Strutz-Winkler. MitarbeiterInnen wie auch KundInnen sind in diesen Prozess eingebunden: Sie erhalten bald die Möglichkeit, sich

N Name : Wi Winkler kl M Markt kt Inhaber: Familie Winkler Bundesland: Oberösterreich Standorte: Auhof, Altenberg, Gramastetten Gründung: vor 110 Jahren Klimabündnis-Betrieb: seit 2012.

an einer firmeneigenen PV-Anlage zu beteiligen, auch eine Stromtankstelle ist geplant. Zuerst gilt es aber noch mehr zu vermitteln, was Klimaschutz konkret bedeutet und dass „jeder von uns etwas zum Positiven verändern kann“. Wie hält es Herr Strutz-Winkler privat mit der Nachhaltigkeit? Er warte auf ein deutsches Elektroauto, mit dem er die kurzen Strecken zu seinen Filialen abgasfrei bewältigen könne – denn auch hier gilt für ihn „je regionaler, desto besser“. SONJA WÖHRENSCHIMMEL-WAHL

info!

www.winklermarkt.at

Foto: Klimabündnis Österreich

Immer mehr Betriebe setzen auf Klimaschutz Wie können Klimabündnis-Gemeinden ihre CO2-Emissionen senken? Am besten in Abstimmung mit ihren lokalen Unternehmen. Im Durchschnitt stehen bis zu 50 % der Kohlendioxid-Emissionen einer Gemeinde in Zusammenhang mit ihren Betrieben. Umso erfreulicher, dass nicht nur die Zahl der Klimabündnis-Gemeinden, sondern auch jene der Klimabündnis-Betriebe kontinuierlich steigt. Gefeiert wurde in Linz (25 neue Klimabündnis-Betriebe) genauso wie in Salzburg (16), Graz (8) und Wien (5). Aktueller Stand: Österreichweit gibt es bereits über 720 Klimabündnis-Betriebe. HANNES HÖLLER

INFO! www.klimabuendnis.at

Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou mit den fünf neuen Klimabündnis-Betrieben in Wien.


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klimanews

Klimawandel in der grünen Mark Neue Klima-Studie mit Prognosen bis 2050 für die Steiermark erschienen.

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m Auftrag des Landes Steiermark hat das Wegener Zentrum für Klima und Globalen Wandel in Graz einen Blick in die Zukunft gewagt. In enger Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen des Landes Steiermark wurden auf Basis von 24 Klimamodellen Klimaszenarien bis 2050 berechnet. Die Ergebnisse zeigen, dass die Temperatur pro Jahrzehnt um etwa 0,3 ° C ansteigen wird. Dabei wird für den Winter eine stärkere Erwärmung erwartet. Das führt logischerweise zu einer starken Abnahme der Tage mit Schneedecke. Der Trend zu wärmeren Sommermonaten wird mit einer

Zunahme des Energiebedarfs für Kühlung einhergehen. Abgeleitet von den Temperatur- und Niederschlagsänderungen können nun Szenarien für die Grundwasserneubildung in Teilen der Steiermark oder über landwirtschaftlich relevante Trockenheit erstellt werden. Durch die hohe räumliche Auflösung von einem Kilometer ist eine detaillierte regionale Analyse möglich. Die Ergebnisse sind für jeden Bezirk der Steiermark abrufbar. CHRISTIAN SALMHOFER

info! http://www.wegcenter.at Download www.umwelt.steiermark.at/cms/

klima & wetter • News aus den Archiven Herbst-Bilanz 2012 • national: Der klimatologische Herbst

New York

Global Carbon Budget • Wer wissen

Miami

Abb.: earthobservatory.nasa.gov/IOTD • • CDIAC Data; Le Quéré et al. 2012; Global Carbon Project 2012

USA: Hurrikan „Sandy“ bei Nacht.

„Sandy“ • Der Hurrikan, der im Oktober die US-Ostküste heimsuchte, wurde nach der griechischen Sagenfigur „Kassandra“ benannt. Die seherischen Fähigkeiten, die die Götter Kassandra verliehen hatten, entpuppten sich jedoch als Fluch: Das Vorhergesagte wurde immer ignoriert. Das ist das Wesen der Tragödie: man weiß, was zur Katastrophe führt und reagiert nicht. Zuvor erlebten die USA den heißesten Sommer und die schlimmste Dürre seit 50 Jahren. Warnungen und Prognosen werden weiterhin ignoriert – es bleibt bei business as usual. www.zeit.de/wirtschaft/2012-10

möchte, wer schuld ist am CO2 Anstieg in der Atmosphäre, wohin das CO2 verschwindet oder wie stark seine Konzentration ist, findet die Antworten im alljährlich Anfang Dezember veröffentlichten „Global Carbon Budget“. 35 Wissenschafter aus zehn Ländern geben uns einen Überblick über den globalen CO2-Haushalt. Zwar hat China 2011 80 % zum weltweiten Anstieg beigetragen, aber da China die Produkte für die globalen Supermärkte produziert, tauchen die Emissionen versteckt als graue Energie in unseren Haushalten auf. www.globalcarbonproject.org China +9,9 % USA -1,8 % EU27 -2,8 % India +7,5 %

CO2-Emittenten im Vergleich seit 1960. Rechts: Änderungen gegenüber 2011.

bezieht sich auf die Monate September, Oktober, November. Österreichweit gesehen war der Herbst 2012 um 1,2 °C wärmer als das vieljährige Mittel. Das resultiert aus einem zu warmen September, einem nahezu normalen Oktober und einem, mit einer Abweichung von +2,4 ° C, zu warmen November. Ungewöhnlich warm war es auf den Bergen, mit einer Abweichung von +1,9 °C. Seit Beginn der Aufzeichnungen 1851 war es in den Bergen nur zwei Mal wärmer als im Herbst 2012. Die höchste Temperatur in diesem Herbst wurde mit 32,3 ° C am 11. September in Zwerndorf (NÖ) registriert. www.zamg.ac.at

• global: Die globale Durchschnittstemperatur war an der Oberfläche im Oktober um 0,63 °C höher als im 20. Jahrhundert. Damals betrug die Durchschnittstemperatur 14 ° C. 2012 war der fünft wärmste Oktober seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1880. Der September 2012 war global gesehen mit 15,67 °C der Wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen. www.ncdc.noaa.gov/sotc/global/2012/ CHRISTIAN SALMHOFER | ANDREAS STRASSER

Abb.: wegcenter.at

Erwartete saisonale Temperaturänderung für 2021-2050 im Vergleich mit dem Zeitraum 1971-2000 in ° Celsius.


klimapolitik

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Die Energiewende lässt weiter auf sich warten, wenn wir nicht selbst bei unserem Lebensstil mitanpacken. Geeignete Rahmenbedingungen könnten die Sache aber erheblich voranbringen.

Energie: Erneuerbare Perspektiven abündniss-Gespräch mit Andreas Strasser Adolf Gross im klimklündni

Foto: © Energiezukunft

Das gilt dann wohl auch für das DesertecProjekt – Solarenergie aus Nordafrika soll via Tiefseekabel zu uns fließen. Wir haben in Europa genug Potential, um uns mit erneuerbarer Energie zu versorgen und sollten zuerst unsere Hausaufgaben machen. Bei derartigen Projekten müsste zudem sichergestellt sein, dass die Bevölkerung vor Ort einen umfassenden Nutzen davon hat. Demokratiepolitisch und punkto Versorgungssicherheit sind solche Großprojekte – in der Hand weniger Investoren – sehr kritisch zu se-

Zur Person Adolf Gross studierte Elektrische Energietechnik und Energiewirtschaft in Graz. Zahlreiche Publikationen und Forschungsarbeiten zu Fragen effizienter Energienutzung und erneuerbarer Energieträger als Universitätsassistent. Seit 1996 ist Gross in der Vorarlberger Landesregierung für den Bereich Energie verantwortlich, war Geschäftsführer des Energieinstituts und ist seit 2011 Leiter des Fachbereichs Energie, Klimaschutz und klimarelevante Ressourcen. Gross ist in zahlreichen Gremien zum Thema Energiepolitik und Klimaschutz vertreten. In Vorarlberg ist er Gesamtleiter des Programms Energieautonomie.

Kontakt!

Adolf.Gross@vorarlberg.at

hen. Letztlich lenken solche Unternehmungen von grundlegenden Fragen ab und erwecken den Schein, wir könnten einfach so weitermachen wie bisher. Wie sieht unsere nationale Situation aus? Die Situation ist differenziert nach Sektoren zu bewerten. Erfolge und positive Entwicklungen sind im Bereich Gebäude (-sanierung), also bei der Raumwärme, zu verbuchen. Viel bewegt sich auch in der Abfallwirtschaft und bei der Reduktion fluorierter Kohlenwasserstoffe. In den Problembereichen Verkehr, mit dem nach wie vor stark steigenden Tanktourismus, dem Stromverbrauch allgemein und dem Energie- und Ressourcenverbrauch in der Industrie kommen wir allerdings zu wenig voran. Fehlen da wirksame Rahmenbedingungen oder geeignete Mechanismen? Ziele und Strategien gibt es viele. Löblich ist, dass es in allen Bereichen von Bund und Ländern Förderungen für Klimaschutz gibt. Das reicht aber nicht. Vom Kyotoziel sind wir weit entfernt und es sieht so aus, dass wir auch die Ziele bis 2020 nicht einhalten werden. Es müssen auch die großen Themen angegangen werden. Ohne fiskalische Maßnahmen, ohne Besteuerung von Ressourcen und Emissionen, wird sich wenig tun. Setzt man solche Rahmenbedingungen nicht, bedeutet das eine hohe detailgenaue Regelungsdichte mit entsprechendem Verwaltungsaufwand. In diese Richtung zielt – neben vielen anderen Regelungen – auch das in Diskussion befindliche Energieeffizienzgesetz.

Würde man die großen Lenkungsmaßnahmen setzen, wäre vieles einfacher. Was aber auch Nachteile mit sich bringen und Widerstände auslösen könnte ... In so sensiblen Handlungsfeldern muss man natürlich entsprechende Ausgleichsmechanismen vorsehen. Es geht nicht darum, die Haushalte höher zu belasten – Einnahmen müssen sinnvoll eingesetzt werden: Im Bereich Verkehr muss etwa auf den Ausbau und die Attraktivierung der Öffis setzen. Eine Pendlerpauschale, die den motorisierten Individualverkehr und so auch problematische Raumordnungskonzepte stützt, ist der falsche Weg. Man muss preislich dort eingreifen, wo man steuern will und auf anderen Ebenen Ausgleichsmaßnahmen setzen. Im Industriebereich könnten das steuerliche Anreize sein. In Vorarlberg sind die Kommunen mit den vielen e‘s besonders aktiv – auch bundesweit geht die Entwicklung voran. Ist das der richtige Ansatz für eine Wende? Die Veränderung muss von unten kommen. Die Kommunen sind die Promotoren auf diesem Weg. Sie haben aber durchwegs finanzielle Probleme. Da helfen auch Regulative wie das Klimaschutzgesetz nichts. Sie brauchen konkrete, maßgeschneiderte Programme, um so vielfältige Aufgaben bewältigen zu können. Voraussetzung, um einen echten Wandel zu unterstützten, ist für die Kommunen eine aktive Bürgerbeteiligung – dazu sind sie durch ihre Bürgernähe natürlich auch prädestiniert.

Fortsetzung Seite 14

collage: a. strasser (Fotos: oekostrom AG, ÖBB, Christian Salmhofer, a. strasser)

Wie sehen Sie Projekte wie den Megastaudamm Belo Monte in Brasilien? Solche gigantischen Anlagen sind ein massiver Eingriff in Ökosysteme und in traditionelle Lebensräume. Die Notwendigkeit erneuerbare Energieträger auszubauen, darf nicht ohne ökologische und ethische Rücksichten erfolgen.


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klimapolitik

Christiana Figueres erhält von Thomas Brose und Helmut Hojesky sowie den beiden VertreterInnen der internationalen Jugenddelegation 2,5 Millionen Klimameilen.

Doha und wie weiter ... ? Ein Rückblick zur Klimakonferenz von Thomas Brose, Geschäftsfüher des Europäischen Klima-Bündnis.

Foto: www.klimabuendnis.org

E

ine Woche verbrachten wir in Doha, der Hauptstadt Qatars, dessen Reichtum vor allem auf Erdöl und Erdgasreserven aufgebaut ist. Doha gleicht einer einzigen Baustelle, ein Hochhaus scheint größer und prächtiger als das andere. Die horrenden Einnahmen führen zu unglaublichen Verschwendungen. Der Wüstenstaat hat den höchsten Wasserverbrauch pro Kopf weltweit. Das Wasser wird komplett aus dem Meer mit Entsalzungsanlagen gewonnen. Nicht gerade inspirierende Umstände, um nötige Weichenstellungen in der Klimapolitik zu setzen. Für unser Bündnis konnten wir mit der traditionellen Übergabe der Kindermeilen an Frau Christiana Figueres, die Vorsitzende des Klimasekretariates, einige positive Impulse setzen. Begleitet wurde die Übergabe von Helmut Hojesky von der österreichischen Delegation sowie Ralien Dekkers und Liset Medden von der internationalen Jugenddelegation. Damit konnten wir deutlich machen, wie sehr sich Kinder für den Klimaschutz einsetzen und damit ihren Teil beitragen und von den PolitikerInnen zukunftsweisende Entscheidungen fordern. Mehr als 2,44 Millionen Kindermeilen konnten 2012 gesammelt werden, davon 637.337 allein in Österreich. Auch unsere indigenen PartnerInnen aus Amazonien waren mit einer Delegation angereist, um den RegierungsvertreterInnen ihre Anliegen und Lösungsvorschläge zu präsentieren.

Mittlerweile wissen wir, dass die Klimakonferenz mit sehr schwachen Ergebnissen zu Ende gegangen ist. Das Kyoto-Protokoll wurde zwar verlängert, repräsentiert aber nur noch 15 % der globalen Emissionen. Ein neues weltweites Abkommen ist erst für 2020 angestrebt. Damit gewinnt die zentrale Botschaft und Strategie des Klima-Bündnis immer stärkeres Gewicht: „Die entscheidenden Weichenstellungen kommen von der lokalen Ebene. Städte, Gemeinden und Regionen müssen die notwendigen Transformationen weiterhin voranbringen. Vernetzung, Kooperation und neue Allianzen sind dabei entscheidende Werkzeuge.“ THOMAS BROSE Info!

www.klimabuendnis.org www.kinder-meilen.de/results

Klima-Gipfel-Splitter Der Gipfel in der Presse, aus Sicht der NGOs und WissenschafterInnen Medien-Reaktionen über den Gipfel reichten vom „Gipfel der ganz kleinen Schritte“ (Die Zeit) über „Klimapolitik ist wieder out“ (die taz), bis zum „diplomatischen Eiertanz namens Klimapolitik“ (der Standard). NGOs waren enttäuscht: Greenpeace beklagte „ein substantielles Scheitern, das nur jene bejubeln, die an kognitiver Dissonanz leiden.“ Für Global 2000 ist das KyotoProtokoll nur noch eine „symbolische Geste für den Klimaschutz“, für den WWF wurde dieser gar „in die Wüste geschickt“ und Germanwatch sah ein„klägliches Scheitern“. Für die vom Klimawandel betroffenen Länder des Südens ist das Ergebnis beschä-

Wenn es zu Weihnachten freie Wünsche gäbe, was käme da auf Ihre Liste? Klimaschutz muss einfach ernster genommen werden und auf die politische Agenda kommen, er sollte eine Bedeutung wie etwa die Maastrichtkriterien erlangen. Entsprechende strukturelle Lenkungsmaßnahmen müssen gesetzt werden. Und letztlich wünsche ich mir – und das ist die Basis langfristig erfolgreichen Klimaschutzes – ein kritisches Hinterfragen unseres überzogenen Wohlstands- und Wachstumsmodells. Etwas mehr Genügsamkeit, hin zu einem klimafreundlichen, klimagerechten und gleichzeitig erfüllenden Lebensstil. Ohne diese Schritte, ohne Suffizienzdiskussion sind die Probleme nicht zu bewältigen. Technische Effizienz allein bringt uns nicht weiter, sie kann den Verbrauch von Ressourcen, von Energie – wir können das ständig beobachten – auch anheizen. Eine Empfehlung für das Klimabündnis ... Der Zugang, dass Klimaschutz nur erreichbar ist, wenn wir über nationale Grenzen hinweg solidarisch handeln, ist für den Erfolg der Bemühungen essentiell. Ohne globale Gerechtigkeit gibt es keinen hinreichend wirksamen Klimaschutz. Das Bündnis ist auf dem richtigen Weg.

Info! www.energieautonomie-vorarlberg.at

mend, auch weil es wieder keine Zusagen zur finanziellen Schadensmilderung gab. „Für euch geht es darum, wie gemütlich ihr lebt. Für uns, ob wir leben“, zitiert die Berliner TAZ den Delegierten des Inselstaates Nauru. Nach dem 18. Klimagipfel meldeten sich WissenschafterInnen zu Wort, die eine Einstellung solcher ergebnislosen Mega-Treffen fordern. Für die einen münde die CO2Fixierung des UNO-Klimaprogramms in eine Experten-Technokratie, für andere sei das Thema Klimawandel für die UNO eine Nummer zu groß. Es brauche den überregionalen Verhandlungsrahmen, effizienter könnten aber Foren für Staaten, Wirtschaft und NGOs sein, die sich regionalen Klimaproblemen widmen. ANDREAS STRASSER www.spiegel.de/wissenschaft/natur/

Foto: Vass Gergely (reflex)

Fortsetzung von Seite 13


klimatipps

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Workshop klima.gerecht Wir, das sind die etwa 700 Millionen Menschen, die der world consumer class angehören, konsumieren tagtäglich „ein Stückchen Regenwald“. Zwar werden schon seit Jahrzehnten Zusammenhänge zwischen Regenwaldzerstörung und Aluminiumverbrauch oder Fleischverzehr benannt. Aber wer weiß schon, dass unsere Hühner, Schweine und Rinder mit Soja aus Südamerika gemästet werden? Auf Basis des Fairplay-Fußballspieles vom Klimabündnis wurde ein einzigartiger Workshop konzipiert, der sich diesen Themen annähert: Wie hängen der eigene Ressourcenverbrauch, die Zerstörung

neu!

des Regenwaldes, Menschenrechtsverletzung und der Klimawandel zusammen? Die SchülerInnen erhalten verschiedene Rollen und können dadurch Empathie und Verständnis für die komplexe Problematik der Klimagerechtigkeit mit Schwerpunkt Regenwald entwickeln. Nach dem Konzept des „Buen vivir“ finden die SchülerInnen in diesem zwei Unterrichtseinheiten umfassenden Workshop heraus, was ein gutes Leben im Einklang mit Natur und Mitmensch sein könnte. MARIA HAWLE

INFO!

Foto: Archiv Klimabündnis Österreich

Neues Klimabündnis-Angebot für 7. bis 13. Schulstufe.

www.klimabuendnis.at oder bei Ihrer Regionalstelle

klimathek

Klimagerechtigkeit Ein Beitrag zur aktuellen Debatte. Das Betrachten nationaler CO2-Budgets ist durch die Globalisierung obsolet geworden. Eine Lösung des Klimaproblems ist nur mit einem Lebensstil, der die Dilemmata der Klimagerechtigkeit mit einbezieht, möglich. Hrsg.: Klimabündnis Forschungsinstitut Christian Salmhofer Das Dilemma mit der Klimagerechtigkeit 20 Seiten, Wien 2012.

Klimagerechtigkeit in Bildern 2013 behandelt eine Ausstellung das Thema Klimagerechtigkeit.

Info!

emil.benesch@klimabuendnis.at

Finanziert durch die Europäischen Union Gefördert durch die Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit

NINA OBERBUCHER | CHRISTIAN SALMHOFER | ANDREAS STRASSER

erhältlich bei allen Klimabündnis-Regionalstellen Download: www.vamos-actnow.eu/de>Klimagerechtigkeit

Erneuerbare Energien global

Ursachen und Folgen der Erwärmung

Der Umstieg auf erneuerbare Energien ist eine Grundvoraussetzung für effektiven Klimaschutz. Ihre Einführung und Förderung in Entwicklungsländern wird vor dem Hintergrund der Mechanismen des KyotoProtokolls untersucht. Dabei geht es neben einer Beschleunigung dieses Prozesses auch um Fragen der effektiveren Umsetzung internationaler Klimapolitik.

„Das Klimabuch“ macht das komplexe Thema Klimawandel in anschaulichen Infografiken begreiflich. Die globale Erwärmung verändert das Leben auf der Erde. Wie hängen die Phänomene zusammen? Wer ist dafür verantwortlich? Wo zeichnen sich Folgen ab? Nach dem erfolgreichen Infografik-Band »Das Atombuch« folgt nun »Das Klimabuch« in gewohnt reduzierter und zeitloser Optik.

Sylvia Borbonus

Esther Gonstalla

Erneuerbare Energien in Entwicklungsländern

Das Klimabuch (mit einem Vorwort von Mojib Latif) Ursachen und weltweite Auswirkungen der globalen Erwärmung

Wuppertaler Schriften zur Forschung für eine nachhaltige Entwicklung Band 2 • Oekom Verlag, München 2012 272 Seiten • € 34,90 • ISBN 978-3-86581-405-0

Erdgeschoss Verlag, Hamburg 2012 • www.erdgeschoss-verlag.de 120 Seiten • 38 Infografiken • € 29,90 • ISBN 978-3-943-11804-9

Die Welt von morgen

Neue Machtverhältnisse

Über 150 neue Karten und Infografiken bieten uns im vierten großen Atlas der Globalisierung wieder erstaunliche Einblicke. Zu den Themen gehören Chinas Aufstieg zum Exportweltmeister, der neue Seeweg durch’s Packeis, der Kampf um eine klimagerechte Landwirtschaft, Japan nach Fukushima u. v. a. Der beste politische Reiseführer durch die Welt.

Auf Basis langjähriger Recherchen skizzieren Globaljournalist Kleber und Co-Autorin Paskal Fragen des Klimawandels aus der Sicht von Gewinnern und Verlierern. Extreme Wetterereignisse gefährden hochkomplexe Gesellschaften. Infolge des Klimawandels verschieben sich die Machtverhältnisse und eine eisfreie Arktis eröffnet zudem eine neue Dimension im Wettkampf um Ressourcen.

Der Atlas der Globalisierung

Claus Kleber / Cleo Paskal

Die Welt von morgen

Spielball Erde

Le Monde diplomatique, Berlin 2012 176 Seiten, broschiert • € 14,- • ISBN 978-3-937683-38-6 gebunden • € 24,- ISBN 978-3-937683-39-3 • mit Downloadcode

Machtkämpfe im Klimawandel C. Bertelsmann Verlag, München 2012 320 Seiten • € 19,99 • ISBN 978-3570101346


RETOUREN AN POSTFACH 555, 1080 WIEN

Fotos: Klimabündnis Steiermark, Gemeinde Weiz, Gemeinde Kremsmünster, energie:autark KötschachMauthen, oekostrom AG, ENW, PORG Volders, AEE, a.strasser, Archiv Klimabündnis Österreich.

Energiegeladen


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